Note 06/03:
Dark Shadows ist alt, Jahrgang 01, und war unsere erste und bisher auch letzte Co-Produktion. Ursprünglich unter einem anderen Pseudonym veröffentlicht und vor einiger Zeit aus dem Internet verschwunden, haben wir uns jetzt dazu entschlossen, die Story wieder online zu bringen.
Zum Abschluß noch ein Wort der Warnung: Der Text wurde weder editiert, noch sonst irgendwie verändert.
ETA 01/05:
Mittlerweile existiert eine Beta - danke vielmals, Birgitt! - doch es wird sich zeigen, wann wir beide genug Zeit finden, um die Story auch noch mal durchzugehen. Vor allem, weil HL mittlerweile nicht mehr viel mehr als eine nette Erinnerung an unsere Anfänger-Zeit in der FF-Welt ist... mea culpa.
Dark Shadows
written by Shendara and Tegan
shendara@gmx.net & angelus-vampirin@gmx.netKapitel 1
Schwert schlug gegen Schwert, Metall klirrte. Der Kampf war in vollem Gange. Zwei Männer, beide mit alten und wertvollen Schwertern, kämpften bis zum Tod miteinander. Früher waren die beiden Freunde gewesen. Freunde, die sich gegenseitig beschützt und für den jeweils anderen ihr Leben riskiert hätten.
Hätten. Diese Zeiten waren vorbei, schon seit langer Zeit. Ein Menschenleben lang, um genau zu sein. Das war der Vorteil und zugleich der Nachteil der Unsterblichkeit. Der Vorteil: Freundschaften konnten ewig dauern, während alles Vertraute um einen herum verging blieben wenigstens einige Personen vertraut.
Doch wenn aus Freundschaft Hass wurde, aus freundlichen Sticheleien Streitereien die mit dem Schwert geklärt wurden... wenn zwei Unsterbliche so von einander enttäuscht wurden, dass sie sich nur noch töten wollten...
"Du kannst mich nicht besiegen!"
"Wetten doch?" Der größere, schlankere der beiden Kämpfer wich einem Angriff gekonnt aus und brachte sich mit einem Sprung in Sicherheit. "Ich habe mehr Erfahrung, schon vergessen?" Seine Stimme triefte vor Sarkasmus. "Ich lebe schon ein Weilchen länger auf dieser Erde." Er blieb weiter in der Defensive, brachte seinen Gegner dazu, sich zu verausgaben. Und stachelte damit gleichzeitig dessen Wut auf. Und aus Wut entstanden Fehler.
Schließlich passierte der Fehler. Der ältere der beiden entwaffnete den anderen Unsterblichen und holte zum letzten, tödlichen, Schlag aus. "Es hätte nicht so enden müssen", erklärte er leise.
"Doch", erwiderte der Besiegte, ebenso leise. "Es musste so weit kommen, es gab keinen anderen Weg für uns." Ein diabolisches Grinsen umspielte seine Lippen. "Es musste soweit kommen, dass du endlich deine Schwachstelle zeigst. Du bist schwach, deshalb hattest du nie eine Chance gegen mich." Während der andere verwirrt blinzelte, redete er ungerührt weiter. "Weißt du, was dein Problem ist? Nein? Ich sag's dir - du glaubst noch immer, dass wir Freunde sind. Oder du redest dir ein, dass es wieder so werden kann, wie es war. Aber es ist vorbei, du kannst nichts mehr daran ändern." Er schloss die Augen als erwartet er den tödlichen Hieb. Doch er Sieger war zu verwirrt um diese eine, letzte Chance zu ergreifen. Er bemerkte auch nicht, wie der auf dem Boden kniende mit einer Hand langsam unter seine Jacke fuhr und dort einen Dolch herauszog. Mit einem einzigen, kräftigen Stoß trieb er die kurze Klinge der Waffe von unten in den Bauch seines ehemaligen Freundes.
"Es tut mir leid." Auch ihm fiel es alles andere als leicht.
Ein überraschter und gequälter Schrei zerriss die Stille der Nacht als der Verwundete langsam zu Boden ging, beide Hände gegen die Magen gepresst. "Warum?”, fragte er leise, er klang mehr enttäuscht als verwundert.
"Es geht nicht anders, wenn ich es jetzt nicht beende, wird es nie enden." Auch er klang betrübt, aber auch entschlossen es durchzuführen. "Du hast lange genug gelebt, dreitausend Jahre sind genug, auch für einen von uns."
"Ich bin gespannt, was du sagst, wenn du einmal dieses Alter erreicht hast." Er schloss die Augen und erwartete den Tod.
"Du hast keine Ahnung, wie es ist noch länger zu leben", erwiderte er, holte mit dem Schwert des anderen aus und beendete es.
"Nach 500 Jahren Freundschaft musste es so enden, tut mir leid."
Das Quickening erfasste ihn mit seltener Wucht, brachte ihn zum Schreien. Nicht nur über den Verlust eines Freundes, sondern auch die Erinnerungen, die Gefühle, die unendliche Macht die nun auf ihn überging. Er hatte nie geahnt, dass sein Freund eine solche Macht besessen hatte.
Sie hatten Geheimnisse voreinander gehabt, mehr als der jeweils andere gedacht hatte. Methos warf noch einen letzten Blick auf die Kopflose Leiche, dann verließ er die Lichtung, die der Ort des grauenhaften Spektakels gewesen war.
"Selber Schuld", murmelte er leise während er sich langsam auf den Weg zu seinem Auto machte. "Niemand legt sich ungestraft mit mir an."
* * *
Zwei Stunden später,
Parkplatz vor Adam Piersons Apartment"Wo warst du?"
"Was geht dich das an?", gab Methos wütend zurück. "Du bist nicht meine Mutter."
"Nein, aber..."
"Meine was? Meine Beobachterin? Danke, das weiß ich selbst." Methos würdigte Amy keines Blickes mehr und ließ sie einfach neben seinem Auto stehen. In Gedanken zählte er leise hinauf er war bei zwölf angekommen, als er hinter sich Schritte hörte. "Du bist langsamer geworden."
Amy unterdrückte den Kommentar der ihr auf der Zunge lag und versuchte ihre Stimme ruhig zu halten. "Das hängt wohl damit zusammen, dass du dich... seltsam benimmst." Sie holte ihn mit ein paar schnellen Schritten ein und packte ihn am Arm. "Was war los?", fragte sie noch einmal. "Bitte", ihre Stimme wurde sanfter. "Adam... hatten wir nicht ausgemacht, dass ich dir nicht hinterher rennen und dich beobachte muss, weil du mir hin und wieder auch mal was für meine Berichte erzählst?" - So ähnlich wie MacLeod und meinen Vater, fügte sie wortlos hinzu.
"Ich bin nicht MacLeod und du bist nicht Joe", erwiderte Methos als hätte er ihre Gedanken erraten. "Sei froh, oder möchtest du enden wie er?"
Amy wusste nicht was sie darauf erwidern sollte, stumm drehte sie sich um und ging davon. "Wir können es auch auf die herkömmliche Tour machen", rief sie, kurz bevor sie aus Methos' Sichtfeld verschwand.
Methos seufzte, schloss die Tür zu seinem Apartment auf und schleuderte Mantel und Schwert in die nächste Ecke. Er jetzt wo er allein war gestattete er es seinen Gefühlen sich zu melden. Er humorloses Grinsen umspielte seine Lippen. Im ausschalten aller Gefühle bin ich der Meister, ich habe diese Kunst wirklich perfektioniert.
Unwillig schüttelte er den Kopf und versuchte die unerwünschten Gedanken zu vertreiben. Das sind nur die Nachwirkungen des Quickening, versuchte er sich einzureden. Ich werde mich hinlegen, etwas schlafen und morgen ist alles wieder beim alten...
Warum hatte er Amy gegenüber bloß Joe erwähnt? Er hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt für diesen Ausrutscher. Es war für sie alle hart genug gewesen, und er war immerhin ihr Vater gewesen. Oder für Mac, oder für mich verdammt, warum rede ich mir ein schlechtes Gewissen ein? Es gibt absolut keine Grund dafür, es war für uns alle schwer. Doch plötzlich schob sich ein anderer, weitaus düsterer Gedanke vor. Er war selbst Schuld, er hat das Risiko gekannt und trotzdem ist er mitgekommen. Warum sollte ich mich dafür verantwortlich fühlen? Nur weil er Mac begleitet hat, begleitet um mich zu finden... nur weil er durch meine Schuld gestorben ist... das ist noch lange kein Grund sich schuldig zu fühlen, alter Mann. Nur weil ein Sterblicher noch dazu ein Freund gestorben ist und ein anderer auch fast getötet wurde? Warum mache ich mir Gedanken? Der Tod hat keine Freunde, also sollte ich mich zusammenreißen und wieder weiterleben wie früher. Früher... bevor ES passierte ...
Methos konnte nichts dagegen unternehmen, unwillkürlich kamen die Erinnerungen wieder. Müde schloss er die Augen, ließ sich auf die Couch fallen und ließ die Bilder gewähren. Er wusste, dass er sowieso nichts gegen sie tun konnte.
"Es tut mir leid." Die Worte kamen fast lautlos über seine Lippen, unmittelbar bevor er unbewusst seine Knie anzog, die Arme fest darum schlang und sich alles wieder ins Gedächtnis rief: die damaligen Geschehnisse, der Kampf von heute die Herausforderung eines alten Freundes, sein Sieg, das Quickening... all das strömte auf einmal wieder mit voller Wucht zurück in sein Bewusstsein und verdrängte die Realität komplett...
Im Vorraum der Wohnung stand Amy und versuchte ihre Tränen zurückzuhalten. Sie hatte nicht einfach so gehen können, viel zu groß war ihre Sorge um Adam oder, besser, Methos. Seit sie natürlich nicht von ihm persönlich erfahren hatte wer er wirklich war, und auch einige andere Geheimnisse kannte, war es ihr noch wichtiger alles über ihn in die Chronik zu bringen. Zumindest die Daten von Adam Pierson. Der Rest ... der landete in ihrer "Privatchronik" von der niemand anderer wusste."
Vorsichtig, etwas Angst vor seiner Reaktion habend, öffnete sie die angelehnte Tür und betrat das Wohnzimmer. Methos reagierte nicht.
"Adam?"
Noch immer keine Reaktion. Amy warf ihre Jacke über den nächsten Sessel, legte ihren Schlüssel für Methos’ Apartment beiseite und näherte sich ihm vorsichtig. "Hallo, jemand zuhause? Hör’ mal, tut mir leid, dass ich so reagiert habe, aber ...", sie verstummte als sie bemerkte, dass Methos sowieso nicht zuhörte.
Ein ungutes Gefühl ergriff von ihr Besitz und sie trat noch näher zu der zusammengekauerten Gestalt. Vorsichtig ließ sie sich neben ihm auf der Couch nieder und beobachtete ihn. Geschlossene Augen, flacher Atem, eine unnatürlich verkrampfte Haltung. Irgend etwas stimmte mit ihm überhaupt nicht, er schien zu schlafen obwohl das eigentlich nicht möglich war. Er war noch keine paar Minuten zu Hause, hatte zumindest laut Amys Vermutung gerade einen Kampf gehabt, dazu noch die Meinungsverschiedenheit mir ihr ... und jetzt schlief er?! Nein, irgend etwas lief hier definitiv falsch.
"Adam! Wach auf!" Vorsichtig schüttelte sie ihn, versuchte ihn aufzuwecken, in die Realität zurückzubringen, was auch immer. Nach einigen Minuten gab sie auf, ging in die Küche und füllte ein Glas mit Wasser. Nein, mein Lieber, du schaltest jetzt nicht ab, ich will Klarheit.
Vorsichtig schob sie ihre linke Hand unter sein Kinn, hob den Kopf sanft ein wenig in die Höhe und schüttete ihm das eiskalte Wasser ins Gesicht. "Wach auf!"
Prustend, nach Luft schnappend und uralte Flüche in noch älteren Sprachen fluchend kam der Unsterbliche wieder zu sich. "Verdammt noch mal, was soll das?”, war das erste, was Amy an seiner Tirade verstand. Verwirrt richtete er sich auf und musterte Amy überrascht. "Was tust du denn hier?"
"Ich habe mir Sorgen gemacht, du hast dich vorhin wirklich nicht gerade wie du selbst verhalten." Sie fing seinen Blick ein und hielt ihn fest. ”Und das war auch gut so, wenn ich mir dich so ansehe."
"Warum? Was ist mit mir?”
Amy schüttelte resigniert den Kopf. "Bist du wirklich so stur, dass du es nicht bemerkst? Seit... seit dem ZWISCHENFALL bist du nicht mehr du selbst." Sie gestikulierte hilflos mit beiden Händen. "Ich bitte dich, das was du hier führst kann man kein Leben mehr nennen! Schau' dich mal an, was ist aus geworden?" Sie unterbrach seinen Protest bevor der zu sprechen begann. "Du verkriechst dich, bist fast nicht mehr unter Leuten – und wenn ja, dann nur um ihnen den Kopf abzuschlagen!"
"Lass mich in Ruhe!"
"Nein, ich lass dich sicher nicht in Ruhe. Erzähl’ mir was los ist und ich versuchte dir zu helfen, oder erzähl’ mir auch nichts. Aber dann bleibe ich auch."
Die Entschlossenheit in Amy Stimme überraschte Methos. "Was willst die hören?”, fragte er resigniert.
"Die Wahrheit, und zwar von Anfang an.”
Kapitel 2
Methos blickte seine Beobachterin zweifelnd an. Sollte er es ihr erzählen? Innerlich hatte er einen Drang es zu tun, aber es gab auch ein Gefühl, dass ihn zurückhielt. Eine innere Stimme sagte ihm, dass er es ihr nicht erzählen durfte. Amy würde vielleicht... sie würde ihn wahrscheinlich dafür hassen.
”Adam, nun rede endlich”, forderte die junge Frau zornig. Er trieb sie manchmal wirklich zur Weißglut.
Der alte Mann erhob sich und ging zum Fenster. Er blickte hinaus. Überraschung lag für einen kurzen Moment in seinen Augen. Es war Nacht geworden. Das hatte er gar nicht bemerkt.
”Adam!”
Methos hörte die Ungeduld und den Zorn in Amys Stimme. Er schüttelte den Kopf. Was sollte er tun? Ihr wirklich die Wahrheit offenbaren?
Amy sah, dass Methos mit sich rang. Er schien nach den richtigen Worten zu suchen, um ihr den grausamen Zwischenfall schonend zu erzählen. Oder er beschloss mal wieder, sie ihm Dunklen tappen zu lassen und zu schweigen. Dann würde er sie wahrscheinlich hinauswerfen.
Nach endlosen Minuten drehte sich der alte Mann um und lehnte sich an das Fenstersims - mit dem Rücken zur Stadt.
”Würdest du endlich anfangen? Ich habe keine Lust bis in alle Ewigkeiten deine Ausflüchte zu hören”, meinte Amy gereizt.
”Hör auf, mich anzuschreien”, erwiderte Methos ruhig.
”Ich schreie dich nicht an”, behauptete Amy. ”Wenn du nicht sofort die Klappe hältst, werfe ich dich raus. Dann erfährst du nie, was geschehen ist.”
Amy hob ergebend die Hände. ”Schon gut. Adam, ich mache mir doch nur Sorgen um dich”, meinte sie versöhnlicher.
Methos nickte fast unmerklich mit dem Kopf. ”Willst du wirklich wissen was geschehen ist? Wie Joe starb?”
Die junge Beobachterin schluckte schwer. ”Ja, ich will wissen wie mein Vater starb.”
”Es ist keine schöne Geschichte.”
”Das habe ich auch nicht erwartet.”
”Okay. Ich erzähle dir, was geschehen ist. Und ich hoffe, dass du mich danach nicht anfängst zu hassen.”
”Warum sollte ich dich hassen?” fragte Amy verwirrt.
Der alte Mann schüttelte nur den Kopf. Wenn du es weißt, wirst du wissen, warum ich das gesagt habe, dachte er traurig. Er holte tief Luft. Es war nicht einfach für ihn, das ganze Geschehnis an die Oberfläche zu holen und es zu erzählen. Mit trockener Stimme begann er leise, alles zu erzählen ...
* * *
Jahre zuvor,
Kalamata / GriechenlandMethos stand im Schatten eines Baumes. Die Sonne erhitzte den Asphalt der Straßen. Die Leute, alles Sonnenanbeter, hasteten an ihm vorbei. Sie genossen ihr Leben. Ohne auch nur zu ahnen, dass Unsterbliche unter ihnen lebten. Der alte Mann wusste, dass die Griechen ein offenes und freundliches Volk waren. Doch genau das war es, was er jetzt nicht gebrauchen konnte.
Nach dem in Frankreich sein alter ”Freund” Tommy Santo aufgetaucht war, hatte er nur eine Möglichkeit gesehen. Verschwinden. Mal wieder. Darin war er ja schon ein Experte.
Obwohl es unglaublich heiß war, trug Methos einen Pullover. Er rührte sich nicht von der Stelle. Er stand bewegungslos unter dem Baum und beobachtete die Menschen, die an ihm vorbeigingen.
Tommy war mal ein Freund von ihm gewesen. Doch das war vorbei. Nun war er hinter Methos’ Kopf her. Und da Methos nicht gegen ihn kämpfen wollte, hatte er einfach seine Sachen gepackt und war verschwunden. Er hoffte nur, dass Duncan MacLeod und Joe ihn nicht suchen würden. Er hatte Mac eine Nachricht hinterlassen und der alte Mann hoffte, dass der Schotte sich diesmal an das hielt, was Methos sagte.
* * *
Zur selben Zeit,
Ein kleines Dorf vor KalamataJoe saß auf einer Bank im Schatten und wartete. Duncan war bei einem Mann, der im Dorf lebte. Er fuhr öfters in die größeren Städten und konnte ihnen vielleicht helfen. Joe konnte kaum glauben, dass sie nun in Griechenland waren. Er holte das Blatt Papier heraus, das Methos in seiner Wohnung gelassen hatte. Eine kurze und bündige Nachricht:
”Leute, sucht mich nicht. Es geht mir gut. Ich muss nur für eine Weile weg. Duncan, wage es nicht, mich zu suchen. Ihr würdet es bereuen.
Methos”
Der Beobachter des Schotten schüttelte den Kopf. Duncan hatte sich nicht daran gehalten. Im Gegenteil. Er hatte die Nachricht gefunden und gesehen, dass Methos verschwunden war, und hatte sofort beschlossen ihn zu suchen. Die Suche hatte lang gedauert. Lange Zeit hatten sie keine Spur von Methos gehabt. War ja auch kein Wunder. Wenn man fünftausend Jahre alt war, hatte man gelernt, seine Spuren zu verwischen. Doch Mac hatte nicht aufgegeben und schließlich hatten sie heraus gefunden, dass Methos sich in Griechenland aufhielt.
Da kam Duncan aus dem kleinen Haus heraus. Sein Schatten fiel über Joe. ”Und? Hast du etwas heraus gefunden?” fragte Joe.
Duncan seufzte und setzte sich zu seinen Beobachter. ”Er ist in Kalamata.”
”Wo?”
”Eine Stadt. Ungefähr zwei Autostunden von hier entfernt. Wir müssen sofort los, Joe.”
”Duncan, hältst du es für eine gute Idee ihm zu folgen? Ich meine, er hat doch ...”
”Ich weiß. Geschrieben, dass wir ihn nicht suchen sollen, aber damit speist er mich nicht so einfach ab”, erwiderte Duncan. Joe schüttelte den Kopf. Langsam gingen sie zum Wagen. ”Dieser Tommy Santo ist hinter ihm her und ich möchte wissen warum”, meinte Mac, als er den Wagen ausparkte und nach Kalamata fuhr. Methos wusste nicht, dass Duncan von Tommys Existenz bereits erfahren hatte.
Methos spürte plötzlich die Präsenz, als er am späten Nachmittag nach Hause ging. Er blickte sich um. Und da stand er.
Tommy Santo.
Wie hat er mich nur gefunden? fragte sich Methos sofort.
Tommy kam auf Methos zu. Ein Grinsen lag auf seinen Lippen. Methos hatte eine Hand am Griff seines Schwertes, bereit es zu ziehen, wenn es sein musste. Aber sein Gefühl wehrte sich gegen diesen Gedanken. Er wollte nicht gegen Tommy kämpfen. Er war ein alter Freund. Noch immer war es Methos unerklärlich, warum Tommy ihn plötzlich jagte. Hatte er etwas getan, was Tommys Hass auf ihn herauf beschworen hatte?
”Mein alter Freund. Du bist schwer zu finden”, sprach Tommy im harten Tonfall.
”Was willst du von mir?” fragte Methos, obwohl er die Antwort schon kannte.
”Deinen Kopf.”
”Ich kämpfe nicht gegen dich. Du bist ... ein Freund.”
”Ich war ein Freund. Jetzt bin ich dein schlimmster Feind.”
Methos trat einen Schritt zurück. Er bemerkte, dass er genau da hinging, wo Tommy ihn haben wollte. In eine verlassene Gasse.
”Woher kommt dieser Hass? Was habe ich dir getan?”
”Du erinnerst dich nicht? Das ist schade.” Tommy grinste, er zog sein Schwert aber nicht. Er ließ es stecken. Noch.
Mit drohender Stimme fuhr Tommy fort: ”Du hast meinen besten Freund getötet. Und dafür wirst du zahlen, Methos.”
”Deinen besten Freund? Wovon redest du?”
”Christopher Walker.”
Methos erstarrte. Er hatte Walker gekannt? ”Er war hinter mir her. Ich hatte keine Wahl.”
”Sicher. Das sagen sie alle. Walker und ich waren enge Freunde.”
”Und wir?”
”Das war, bevor ich erkannte, was für ein Scheusal du bist.”
In dem Moment, als Tommy sein Schwert ziehen wollte, spürte er die Präsenz. Es gab hier noch einen Unsterblichen. Methos und er blickten in die Richtung, aus der der Unsterbliche kommen musste.
Methos erkannte den Mann. Duncan MacLeod. ”Der Schotte hat nicht auf mich gehört. Ich hätte es mir denken können”, flüsterte Methos. Tommy hatte das gehört. Er erkannte die Freunde des Todes. Und hielt es für besser zu verschwinden.
”Wir sehen uns wieder”, flüsterte er Methos zu, bevor er den alten Mann zur Seite stieß und davon rannte.
Duncan und Joe kamen auf Methos zu. ”Was sucht ihr hier?” fragte der alte Mann scharf.
”Wir haben uns Sorgen gemacht”, meinte Mac.
”Ihr hättet nicht herkommen sollen. Ich hab doch gesagt, ihr braucht mich nicht zu suchen. Ihr sollt mich nicht suchen.”
”Aber ...” Methos warf den Schotten einen scharfen Blick zu.
”Das ist mal wieder typisch für dich. Du kannst einfach nicht auf mich hören. Du kannst es nicht ein einziges Mal.”
”Ich weiß, wer Tommy Santo ist”, sprach Duncan ruhig.
”Oh ... gut. Dann weißt du auch, dass ich seinen Freund Walker getötet habe und er deshalb meinen Kopf will, obwohl er ein Freund von mir war.”
”Ich weiß. Aber es ist nicht nur das.”
”Ach ja? Was ist es noch?”
”Er ist auf dich neidisch.”
Methos war fassungslos. ”Warum sollte er das? Er war ein Freund.”
”Er lebt nicht so lange wie du. Er ist neidisch auf deine fünftausend Jahre.” Methos lachte bitter auf.
”Lass mich in Ruhe.” Dann ging er davon.
”Methos!”
Duncans Ruf hielt den alten Mann nicht zurück, in seine Wohnung zu gehen, wo er jetzt lebte. Hilflos blickten Mac und Joe ihm nach.
Am nächsten Tag traf Methos am Strand ein. Er hatte eine Nachricht von Tommy bekommen. Er wollte ihm am Strand treffen. Doch Tommy erschien nicht.
Ein kleines Kind kam zu ihm. ”Sind Sie der Bekannte von Tommy Santo?” fragte das Kind.
”Ja.” Was hatte Tommy vor?
”Das hier soll ich Ihnen geben.”
”Danke.” Methos wartete, bis das Kind verschwunden war, dann faltete er den Zettel auseinander.
”Du hast mir meinen Freund genommen, nun nehme ich dir deinen”, war alles was auf dem Blatt Papier stand.
Tiefes Entsetzen machte sich in Methos breit. Duncan und Joe ... sie waren in Gefahr. Methos blickte zu dem kleinen Apartment, dass er vom Strand aus sah. Duncan hatte ihn auf den Anrufbeantworter gesprochen und ihm gesagt, dass er das Apartment mit Joe gemietet hatte und solange blieb, bis Methos bereit war, mit ihnen zu reden.
”Oh nein!”
Doch es war zu spät. Im nächsten Moment explodierte das Apartment und ging in Flammen auf.
”Nein, bitte nicht!”
Methos rannte los. Er rannte so schnell er konnte. Er stolperte über Pflanzen, rappelte sich wieder hoch und rannte weiter.
Was er vorfand, war so schrecklich, dass er es kaum glauben konnte. Das Apartment stand in Flammen.
Duncan war von der Wucht aus dem Apartment geschleudert worden, da er anscheinend am Balkon gestanden hatte. Und Joe? Methos wusste es, ohne hinzusehen. Joe Dawson hatte die Explosion nicht überlebt.
Und dann war da Tommy. ”Was hast du getan?” rief Methos verzweifelt. Mit Schrecken erkannte er, dass Tommy mit erhobenen Schwert über Duncan stand.
”Das siehst du doch.”
”Aber wie ... warum ...” Methos konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Joe war tot. Seinetwegen.
Ein kaltes Lachen kam aus Tommys Kehle. ”Die Bombe .... das ist mein Geheimnis. Du wirst bezahlen.”
”Wofür? Das ich so alt geworden bin?”
Tommy grinste. ”Such dir einen Grund aus.”
Er ließ das Schwert auf Duncan niedersausen. Duncan war zu schwach um etwas zu tun. Und Methos war zu geschockt, um sich zu rühren. Joe war tot. Weil er vor Tommy Santo geflüchtet war. Es war seine Schuld. Er hatte sich geweigert gegen ihn zu kämpfen und nun war ein Freund tot.
Da hörten sie die Sirenen. Die Feuerwehr, Notarzt und Polizei war im Anmarsch. Tommy erkannte, dass er verschwinden musste.
”Bis bald, alter Mann!”
Methos blickte ihm nach. Geschockt und verzweifelt. Was sollte er jetzt tun? Er eilte zu Duncan, der langsam zu sich kam.
Der alte Mann ließ sich neben ihn nieder. Beide blickten auf das brennende Gebäude und beide sprachen in ihrer Trauer und Verzweiflung nur einen Namen.
”Joe ...”
Kapitel 3
Gegenwart
"Und?"
"Was 'und'?"
Amy seufzte leise. "Das weiß ich doch alles schon längst. Oder glaubst du etwa, Santo hätte keinen Beobachter gehabt? Oder, dass deiner nicht dabei war?"
Jetzt hatte sie erreicht, was sie wollte: Methos' ungeteilte Aufmerksamkeit. "Du warst dabei?"
Die junge Beobachterin fauchte verächtlich. "Natürlich, oder hältst du mich für so einen Anfänger, dass ich dir nicht folgen konnte? Woher, glaubst du, hatte denn Joe die Beobachter-Informationen wo du warst? Nicht vom Hauptquartier, das müsste dir klar sein. Außerdem war ich auch einmal Walker zugeteilt - ich habe mich über Santo am Laufenden gehalten."
"Und mir nichts davon gesagt, dass er hinter mir her ist?!"
"Warum sollte ich?", gab sie kühl zurück. "Du warst es doch, der mir gesagt hat, dass unsere Beziehung anders ist, als die von Joe und MacLeod. Du warst es, der mir gesagt hat, dass er keinerlei Interesse an Interaktionen mit seinem Beobachter hat." Sie spielte ihren Trumpf aus. "Du hattest wohl Angst, dass ich dein Geheimnis entdecken könnte. Aber keine Sorge... das ist bei mir schon lange gut aufgehoben." Abrupt stand sie auf. "Mr. Pierson - ich bitte Sie, mich zu entschuldigen. Aber es mir als Beobachterin nicht gestattet, mit ihnen zu reden. Nicht, seit sie aus unserer Organisation ausgestiegen sind."
Methos starrte ihr verwirrt und unfähig, auch nur ein Wort von sich zu geben, nach, als sie mit hastigen Schritten hinausstürmte. Toll, wirklich toll. Jetzt hast du es endgültig geschafft, es dir mit den Watchern zu verderben. Er verzog missmutig das Gesicht. Keine Insider-Informationen mehr, nicht ohne Joes Zugangsdaten (gelöscht) oder Amys (geändert, wie er gestern feststellen musste).
Egal... was passiert war, war passiert und er konnte jetzt sowieso nichts mehr ändern. Aber was jetzt? Paris wird mir zu heiß, ich sollte für eine Weile - ein Jahrzehnt, oder vielleicht auch zwei - verschwinden. Pierson stirbt, damit sind die Nicht-Beobachter zufriedengestellt. Hm... ich habe schon seit Ewigkeiten keinen Autounfall mehr gehabt. Ist zwar nicht gerade angenehm, dafür aber umso wirksamer... und um das leidige Beobachter-Problem loszuwerden... untertauchen hat sich noch bei jedem von den Typen bewährt. Ich kann auch Amy so abschütteln, dass sie mich nicht finden kann.
Nein, fortlaufen würde ihm jetzt auch nicht mehr helfen, erkannte Methos. Es war zu spät, er war unwiederbringlich wieder im Spiel drinnen. Dank MacLeod... nur durch ihn wurde er sich überhaupt wieder richtig seiner Unsterblichkeit bewusst. Er war als Adam Pierson schon derart abgestumpft, hatte nur noch über die Chroniken und Berichte der Beobachter – indirekten – Kontakt mit anderen Unsterblichen... Gott, er war doch schon soweit gewesen, dass er sich eher als Beobachter denn Unsterblicher fühlte!
Adam Pierson... der Name klang wie eine Verlockung. Zu gerne würde er wieder an jenen Zeitpunkt zurückkehren können, an dem er sich entschied MacLeod zu treffen, damit seine Tarnung aufzugeben. Er wollte diesen Tag noch einmal haben – nur, um sich anders entscheiden zu können. Verdammt, was hatte er sich nur dabei gedacht?! Einem wildfremden, der Mac damals ja noch war, sein Geheimnis, seine wahre Identität preiszugeben?
MacLeod... Duncan MacLeod, vom Clan der MacLeod. Über ihn war er wieder ins Spiel gekommen, über ihn hatte er Joe kennen gelernt – durch ihn war er unvorsichtig geworden, hatte Kronos ihn finden können...
Methos schüttelte entschieden den Kopf. Nein, das war die falsche Denkweise. Er konnte und wollte nicht an allem Mac die Schuld geben, vielleicht war der Schotte zu einem kleinen Teil mitverantwortlich, im Großen und Ganzen war aber er selber schuld. Kronos hat recht gehabt, ich bin wirklich nachlässig geworden. All die Jahre bei den Beobachtern haben meiner Wachsamkeit, meiner Intuition geschadet. Er lächelte bitter. Ja, seine selbstgewählte Isolation, mit dem Ziel sich selbst zu schützen, hatte sich in einen Boomerang verwandelt der ihn nun zu erschlagen drohte. Ihn und all seine Freunde.
Freunde... gab es überhaupt noch jemanden, den er so bezeichnen konnte? Joe war tot, Mac war irgendwo, Methos hatte keine Ahnung wo – und Amy? Tja, Amy... die war ein Fall für sich. Methos konnte sie einfach nicht einschätzen. Sonst rühmte er sich immer ob seiner Menschenkenntnis, doch bei Amy Thomas versagte er kläglich. Mal schien sie ehrlich um ihn besorgt zu sein, dann wieder kehrte sie die Prinzipien (und eidtreue) Beobachterin heraus. Und was war das heute für eine seltsame Andeutung? Wusste sie etwa wirklich bescheid? Wusste sie, dass sie die Beobachterin von Methos, dem Ältesten aller Unsterblichen war? Wenn ja... hatte sie bis jetzt geschwiegen oder wusste schon jemand bescheid? Fragen über Fragen – aber keine Antworten in Sicht.
Egal, jetzt war nicht die Zeit um sich über die Vergangenheit den Kopf zu zerbrechen. Er musste sich jetzt auf die Gegenwart konzentrieren, versuchen irgendwie aus diesem ganzen Schlamassel rauszukommen. Und das vorzugsweise ohne Beobachterin.
Adam Pierson, der Student, musste möglichst Publicity-trächtig sterben, entschied er. Irgendwie öffentlich... so, dass möglichst viele Menschen es mitbekamen.
Adam Pierson, der Beobachter musste endgültig sterben. Durch Enthauptung vielleicht... das würde die, die dachten, dass er unsterblich sei von seinem endgültigen Tod überzeugen, alle anderen würden es als Unfall abtun – es kam in letzter Zeit leider öfters vor, dass Watcher entdeckt und von den Unsterblichen auf die selbe Weise wie Ihresgleichen aus der Welt geschafft wurden.
Methos, der älteste Unsterbliche der Welt würde überleben. Irgendwie, irgendwo, wie immer.
Mit einem resignierten Seufzer griff Methos nach seinem Adressbuch. Es war lange her – weit über zehn Jahre – dass er sich das letzte Mal eine neue Identität hatte basteln müssen. Damals hatte er es noch allein geschafft, heute brauchte er Hilfe. So gut er darin war, sich in Datenbanken zu hacken – nicht nur die der Beobachter – er hatte nicht die Zeit dafür. Ein neues Leben, eine neue Vergangenheit, ein neuer Name, neue Papiere... all die Vorbereitungen auf ein neues Leben nahmen in der heutigen Zeit verdammt viel Zeit und Geschick in Anspruch. Und Zeit war genau das, was er nicht hatte.
Bei diesen Überlegungen lächelte der alte Unsterbliche wehmütig. Was waren das noch für Zeiten, als man über einen Hügel ging und einer neuer Mensch war? Man ging ein paar Tagesmärsche und war in einer völlig anderen Kultur – niemand kannte einen, niemand wollte etwas über deine Vergangenheit wissen. Aber jetzt? Die Welt ist vernetzt, jederzeit kann alles über jeden einfach per Datenbank-Abfrage herausgefunden werden. Der Identitätswechsel gestaltet sich zunehmend schwieriger... wenn das so weiter geht, werden wir Unsterblichen eines Tages noch auffliegen. DNA-Tests und andere moderne Spielereien lassen es immer gefährlicher werden, sich ein neues Leben zu schaffen.
* * *
Zur selben Zeit,
Amys Apartment:"Hallo, Mac? Ja, ich bin's Amy." Amy lächelte, als sie die Überraschung in Duncans Stimme hörte. Sie war wohl die letzte gewesen, mit deren Anruf er gerechnet hatte.
"Warum ich anrufe? Sag' mal, muss ich denn immer einen Grund... okay, okay", gab die junge Frau nach. "Es geht um Methos. Er hatte heute einen Kampf – nein, er lebt noch! Verflucht, Duncan, lass' mich mal ausreden! Aber ich habe das Gefühl, dass ihm Adam Pierson mittlerweile zur Last wird und er daran arbeitet wieder unter zu tauchen. Und du weißt ja, was dann passiert. Kein Mensch kann ihn finden, weder die Beobachter noch die Unsterblichen. Er hat die seltenen Begabung, sich einfach in Luft aufzulösen."
* * *
Methos' Wohnung,
wenige Minuten später:"Ja? Wer stört?" Reichlich missmutig hatte Methos das Telefon abgenommen und wartete nun darauf, dass sein Gesprächspartner endlich anfing. Nichts da. "Hören Sie, wer auch immer Sie sind", begann er, diesmal schon deutlich ärgerlicher. "Ich habe keine Zeit für solche Spielereien, kapiert? Also lassen Sie mich in Ruhe!" Er war kurz davor, den Hörer frustriert aufzuknallen, als eine bekannte Stimme endlich antwortete.
"Adam?"
Pause. Nach einigen hastigen Atemzügen war der älteste Unsterbliche wieder soweit, dass er am folgenden Namen wohl nicht ersticken würde. "MacLeod", erwiderte er unterkühlt. Dann sagte er nichts mehr, überließ es dem anderen das Gespräch zu beginnen. Was will er von mir? Warum, in Gottes Namen, ruft er ausgerechnet JETZT an?!
Weitere Sekunden ohne Worte verstrichen und Methos hatte fest vor, dass er es nicht war, der die Stille brach.
"Wir sollten reden." Duncan klang so, als ob es ihn unendlich viel Willenskraft kostete diese Worte auszusprechen.
"Worüber?"
"Über... darüber was passiert ist." Mac klang unsicher, fast als ob er vor Methos' Reaktion Angst hätte.
Toll. Ich will verschwinden und er will reden. Warum muss er immer so ein schlechtes Timing haben? Das ist ja schon fast unglaublich. – "Du weißt, was passiert ist, ich weiß, was passiert ist. Sonst interessiert keinen, was passiert ist... was zum Henker sollten wir also bereden?"
"Hör' mal, Methos..." Ein harsches Einatmen erinnerte Mac daran, dass er den falschen Namen benutzt hatte. "... Adam, mach es dir selbst nicht so schwer. Wir sollten reden, das ist schon lange überfällig."
"Ich mir etwas schwer machen?", wiederholte Methos perplex. Was... oh nein! Das darf doch wohl nicht wahr sein! – "Amy hat geplaudert", stellte er fest. "Und mir hat sich eben noch erzählt, dass sie sich an ihren Eid hält."
"Sie macht sich Sorgen um dich", erwiderte MacLeod leise. "Genau wie ich."
Nun war Methos wirklich überrascht. "Du machst dir Sorgen um mich?" - Wie rührend, das Kind macht sich Sorgen um mich. – "Warum?"
"Weil du mein Freund bist", kam die zögerliche Antwort. Macs Stimme wurde fester und lauter, langsam aber sicher schien er sich in Fahrt zu reden. "Wir sollten uns treffen und das ganze ausdiskutieren. Wenn möglich noch bevor Adam Pierson stirbt."
Woher... Amy! Woher kennt sie mich so gut? – "Warum sollte Adam Pierson sterben?" Methos lächelte leicht bei diesen Worten. Nicht Adam stirbt, ICH sterbe – aber ich komme wieder. Adam ist nichts, nur ein Name auf einem Blatt Papier. Ich werde mich vom Namen trennen und allem was damit zu tun hatte. Die Beobachter, Seacouver, Paris... bloß von MacLeod kann ich mich durch den Tod von Pierson nicht lösen. Denn Mac hat mit mir selbst zu tun, mit Methos. Ihn kann ich nur aus meinem Leben verbannen, indem ich meinen Kopf verliere. Und das würde er noch eine Weile zu verhindern wissen. Jetzt brauchte er nur noch eine geeignete Taktik, um den Highlander auch noch loszuwerden. Zumindest temporär.
"Weil du untertauchen willst." Macs Stimme wurde sanfter und freundlicher. "Aber es gibt ein paar Leute, die das nicht wollen."
"Die da wären?"
"Amy, Amanda, ich..." Seine Stimme verklang, fast so, als ob er noch nach weiteren Namen suchte aber keine fand.
"Amanda? Ich glaube, die ist mir ihrem Nick schon ausgelastet genug." Warum konnte Mac nicht einfach aufhören? War ihn nicht klar, wie schwer er Methos damit alles machte? "Hör' auf, es bringt nichts."
"Ach nein? Du hast nicht aufgelegt, oder?" Methos hörte, wie Duncan nach Luft schnappte und sich seine nächsten Worte genau überlegte. "Könnten wir uns nicht treffen? Es ist wirklich schwer, so etwas am Telefon zu bereden."
"Von mir aus", gab Methos nach. Was schadet es schon? Mein Entschluss steht fest, ich gehe. "Wann und wo?"
"Wie wäre es bei dir? Sagen wir... in fünf Minuten?"
Kapitel 4
Ein Klopfen und die altbekannte Präsenz die in seinen Kopf erwachte. Methos seufzte. Er war da. Duncan war angekommen. Er hatte wirklich nicht lange gebraucht. Methos hatte irgendwie gehofft, dass Mac in einen Stau oder so kommen würde. Dass er nicht auftauchte. Wieder fragte er sich, was er mit Duncan bereden sollte. Sie wussten doch beide was geschehen war. Was gab es da noch großartiges zu reden? Sie konnten es doch nicht ändern.
Methos trottete zur Tür - ließ sich betont viel Zeit - und öffnete sie. Da stand er. Duncan MacLeod. Seit dem Tod von Joe hatte er den Schotten nicht mehr gesehen. Duncan blickte Methos ernst in die Augen. Schweigen entstand zwischen ihnen.
”Hallo, Adam!”, begrüßte ihn Mac, da er noch vor der Tür stand. Niemand im Haus musste hören wie er Adam Pierson mit einen fremden Namen ansprach.
”Hi, MacLeod”, erwiderte Methos - eine Spur eisig.
Methos trat zur Seite und ließ den Highlander eintreten. MacLeod zögerte einen Moment, doch dann gab er sich einen Ruck. Duncan ging ins Wohnzimmer. Nichts hatte sich hier verändert. Nicht einmal der alte Mann selbst, so fern er das jetzt schon erkennen konnte. Duncan fuhr herum als Methos geräuschvoll die Tür zuwarf.
”Also, was willst du?” fragte er barsch und ging an Duncan vorbei. Methos machte es sich auf seinen Sofa bequem.
”Wie geht es dir?”
Methos lachte verächtlich. ”Bist du hier um mit mir über alte Zeiten zu sprechen? Oder um zu wissen wie es mir geht?” Wieder lachte er. Sein Lachen klang mehr als sarkastisch. Duncan kam sich völlig veräppelt vor. Er kam sich wie ein Idiot vor.
Er räusperte sich.
”Ich ... Methos, lass uns vernünftig darüber sprechen.”
”Da gibt es nichts mehr zu sprechen. Wir können dagegen nichts mehr tun. Es ist nun mal passiert.”
”Methos, das mit Joe...”
”Joe ist tot”, erwiderte Methos wütend.
Duncan blickte seinen Freund in die Augen. Eigentlich hatte er Wut darin erwartet, aber nicht das, was er sah. Schmerz. Unbändiger Schmerz. Und Hass. Hass auf sich selbst - weil Joe wegen ihm sterben musste.
”Methos, es war nicht deine Schuld”, sprach der Highlander sanft. Er wollte nicht, dass Methos sich die alleinige Schuld für Joes Tod gab. Es war die Schuld von Tommy Santo gewesen. Dieser hatte Joe getötet. Doch der Schotte wusste, dass Methos sich trotzdem schuldig fühlte. Schuldig, weil er es nicht verhindert hatte.
”Es war auch deine Schuld”, flüsterte Methos, stand auf und trat zum Fenster.
”Was?”
Duncan blickte seinen Freund ungläubig an. Was sollte das jetzt? Was bezweckte der alte Mann damit? Methos drehte sich zu Duncan um.
”Habe ich dir keine Nachricht hinterlassen? Habe ich dir nicht ausdrücklich klar gemacht mir nicht zu folgen? Ich erinnere mich - ja, ich habe es getan. Ich hab dir gesagt, du sollst nicht nach mir suchen. Aber nein ... was hast du getan? Du musstest mir natürlich wieder folgen.” Theatralisch warf Methos seine Hände in die Höhe.
Seine Wut kam zum Vorschein. ”Du konntest natürlich mal nicht anders. Du hattest natürlich nichts besseres zu tun, als mir zu folgen. Und Joe mitzuschleppen. Du hast meine Warnungen mal wieder ignoriert. Du hast Joe nach Griechenland gebracht. Du hast ihn in Gefahr gebracht. Joe musste sterben, weil du mal wieder nicht auf mich hören konntest”, warf Methos Duncan wütend vor.
Duncan blickte beschämt zu Boden. Methos ahnte ja nicht, dass er mit seinen Anschuldigungen einen wunden Punkt bei Duncan getroffen hatte. Seit Joes Tod hatte Duncan sich genau all das vorgeworfen. Er hasste sich selbst dafür.
”Ich wollte dir helfen”, widersprach er leise.
”Du wolltest mir helfen?”, äffte Methos ihn nach. ”Wie schön. Sag mal, MacLeod, wie oft habe ich dir eigentlich schon gesagt, dass ich deine Hilfe nicht will?” Methos’ scharfer Blick bohrte sich in Duncans Seele und traf sein Innerstes aufs schmerzlichste.
”Wie oft habe ich dir schon gesagt, ich brauche deine Hilfe nicht?” wiederholte Methos sich. Duncan wich seinen Blick aus. Er konnte es nicht ertragen wenn der alte Mann ihn so ansah. So voller Vorwürfe und Verachtung. Verachtung, weil er nicht auf ihn gehört hatte. Weil er Joe in Gefahr getrieben hatte. Joe war tot. Das war eine Tatsache. Die Tatsache, dass auch Duncan dafür verantwortlich war, konnte der Highlander kaum ertragen. Und dass Methos ihm genau das sagte, was er sich dachte, tat schrecklich weh.
”Ich komme ohne dich klar. Ich bin kein kleines Kind. Du bist nicht meine Mutter, Highlander. Du hast kein Recht dich so dermaßen in mein Leben einzumischen”, fuhr Methos brutal fort. Er hatte sich in Rage geredet. Er wollte es zu Ende bringen.
Einerseits, weil viele Dinge dabei waren, die er dem Highlander schon immer einmal sagen wollte, aber nie die Gelegenheit dazu hatte. Und andererseits, weil er dadurch hoffte, dass Duncan MacLeod für immer aus seinen Leben verschwand. Vielleicht schreckte es Duncan so sehr ab, dass er sich für immer von Methos fern hielt. Was ganz nach Methos’ Wunsch war.
”Du tust gerade so, als könnte ich mich nicht selbst verteidigen. Nur weil ich nicht gerne kämpfe, heißt das nicht, dass ich es nicht kann.”
”Ich weiß”, meinte Duncan und blickte Methos mit starrer Miene an. Methos starrte zurück. Nicht bereit einfach so nachzugeben. Es war Duncan, der den Blick abwandte. So hatte er sich das Ganze nicht vorgestellt.
”Du weißt es? Schön. Und warum hältst du dich nicht daran?”
”Weil du mein Freund bist”, antwortete Mac spontan.
”Du kannst aber nicht meine Kämpfe übernehmen. Es gibt Dinge die nur mich etwas angehen. So wie Tommy Santo. Er war hinter mir her. Und nur hinter mir. Du hattest nichts mit dieser Sache zu tun. Erst, als ihr aufgetaucht sind, kam ihn in den Sinn euch zu beseitigen. Verstehst du das? Tommy Santo war ganz allein mein Problem.”
Wieder entstand eine lange Schweigeminute. Jeden von ihnen gingen verschiedene Gedanken durch den Kopf. Sie hingen für einen Moment ihren eigenen Erinnerungen nach.
”Du hättest mir nicht folgen dürfen”, griff Methos das Wort schließlich wieder auf.
”Ich wollte dir helfen. War das wirklich so falsch?”
”Ja. Joe ist tot.”
”Er hat sich auch Sorgen um dich gemacht. Joe wollte auch wissen ob du in Sicherheit warst”, sagte Duncan, stand auf und ging unruhig auf und ab.
”Er wäre mir niemals gefolgt. Er kam mit, weil du auf die Suche nach mir gingst. Du hättest es nicht tun dürfen. Ich hatte alles unter Kontrolle.”
”Alles unter Kontrolle?”, rief Duncan verächtlich. ”Das glaubst du doch selbst nicht.”
Methos blickte den Schotten ernst an. Es war sein ernst. Sein vollkommener Ernst. ”Ich hatte es unter Kontrolle.”
”Tommy hat dich gefunden”, widersprach Duncan.
”Glaubst du, ich habe das nicht einkalkuliert? Ich hatte alles genau geplant. Ich verschwinde, wenn Santo mich findet, hau ich wieder ab und verwische meine Spuren. Für immer. Dann hätte er jemand anderen jagen müssen. Das war mein eigentlicher Plan.”
”Und dann?” fragte Duncan mit zittriger Stimme. Er wusste was jetzt kommen würde. Und doch wollte er es von Methos hören.
”Dann bist du aufgetaucht. Hast mir gezeigt, dass du wieder gegen meinen Wunsch handelst. Das brachte meinen ganzen Plan durcheinander. Und am nächsten Tag starb Joe.”
Duncan seufzte. ”Glaubst du, ich habe mir nie Vorwürfe gemacht?”, begann er. ”Das habe ich, Methos. Jeden Tag, jede Stunde, seit Joe gestorben ist... mache ich mir Vorwürfe. Es ist schrecklich. Sobald ich die Augen schließe sehe ich seinen Tod vor mir. Und dann schleicht sich dieser Gedanke in mein Hirn.”
”Welcher Gedanke?”
”Du bist daran schuld. Du hast ihn mitgezerrt um Methos zu finden. Du hast Joe in Gefahr gebracht. Ich denke es jeden neuen Tag der anbricht.” Duncan schwieg. Und auch Methos sagte nichts dazu. Was sollte er auch sagen? Er war nicht dafür da die Schuldgefühle des Highlanders auszulöschen.
”Aber ich versuche damit klarzukommen. Ich laufe nicht vor meinen Problemen weg. Ich will mich nicht töten um mir eine neue Identität, ein neues Leben, aufzubauen. Ich will nicht untertauchen.”
”Das ist meine Sache. Du hast kein Recht dich da einzumischen. Das ist mein Leben. Basta”, erwiderte Methos ungerührt.
”Du kannst nicht immer vor deinen Problemen davonlaufen. Wie lange willst du so leben?” warf Duncan ihm vor.
”Ich lebe schon lange so, MacLeod. Ich sage es noch mal es geht dich nichts an. Meine Probleme sind nicht deine. Akzeptiere das doch endlich, verdammt!”
”Das kann ich nicht einfach so akzeptieren. Du läufst vor deinen Problemen davon.”
”Und? Das ist mein Bier.” Methos’ Stimme hatte einen gereizten Tonfall angenommen.
”Methos, ich will dir doch nur helfen.”
”Ich brauche deine Hilfe nicht. Wann, verdammt noch mal, siehst du das endlich ein?”, rief Methos laut.
Duncan starrte ihn an. ”Du bist wohl lieber allein. So wie früher, nicht wahr? Da hattest du keinen auf den Rücksicht nehmen musst. Jetzt ist das aber so. Wer Freunde hat muss Rücksicht nehmen.”
”Seit du in mein Leben getreten bist hast du mich immer wieder in Gefahr gebracht. Kronos, die Reiter, Kalas... ich will einfach meine Ruhe haben. Die Ruhe, die ich vor unserer ersten Begegnung hatte. Da war ich nur ein Student. Ein armer Student. Mehr nicht. Und das war gut so. Aber Adam Pierson ist auch keine gute Tarnung mehr.” Methos verstummte. Duncan blickte seinen Freund entsetzt an.
”Weißt du eigentlich noch was du da redest? Weißt du noch wer du wirklich bist?”
”Ich bin bei vollem Verstand”, sagte Methos. Starr war sein Blick auf Duncan gerichtet. Seine Augen sprühten Funken. Duncan konnte nicht fassen was Methos da redete. Er redete so, als... als ob er... Nein, dass kann nicht sein Ernst sein, dachte Mac. Er konnte doch nicht im Ernst ihre Freundschaft beenden wollen.
”Was willst du, Methos?”
Duncans Stimme zitterte als er seine Frage aussprach. Methos blickte ihn lange an. Eine sehr lange Zeit. Duncan konnte in seinen Gesicht nichts lesen. Konnte sich nicht ausmalen, was er alte Mann dachte.
”Ich will meine Ruhe haben”, sagte er schließlich. ”Ich will, dass du, Amy, und alle anderen mich in Ruhe lassen. Geht das endlich in deinen sturen Schädel rein?”
Duncan sagte nichts. Er starrte Methos nur an. Dann drehte er Methos den Rücken zu und ging zur Tür. ”Leb wohl”, sagte er und schloss sie hinter sich. Er war gegangen.
Methos ließ sich auf das Sofa fallen. Nun, es hatte geklappt. Er hatte MacLeod vertrieben. Das, was er in den letzten Minuten zu den Schotten gesagt hatte, war sein Ernst gewesen. Er wollte einfach seine Ruhe haben. Er wollte das es wieder so war wie vor der Begegnung mit dem Highlander.
Der alte Mann schloss die Augen. Er wollte nur seine Ruhe. Wollte sich aus dem Spiel raushalten. Bis der Duncan getroffen hatte war ihm das auch geglückt. Vielleicht konnte es ihm noch einmal gelingen. Das würde die Zeit zeigen.
Es gab noch einen Grund warum er so brutal ehrlich gewesen war. Seine Freunde waren in Gefahr wenn sie bei ihm blieben. Jederzeit konnte wieder so ein Typ wie Tommy Santo auftauchen. Sie konnten sterben. Und das wollte er nicht. Es war besser so. Es war besser wenn der Highlander vergaß, dass es ihn - Methos - gab. Es war besser, wenn ihre Freundschaft zu Ende ging.
”Ich will nur meine Ruhe haben”, sprach Methos leise.
Kapitel 5
"Ruhe, er will Ruhe haben." Duncan murmelte die Worte wie ein Mantra vor sich her, unfähig ihre wahre Bedeutung wirklich zu erfassen. Noch zu geschockt war er von Methos' harschen Auftreten, der Wut und der Trauer die der Unsterbliche ausgestrahlt hatte.
Doch auch wenn Methos auf seiner Ruhe bestand, wollte, dass weder er, Duncan, noch Amy oder sonst wer jemals wieder in seinem Leben auftauchte... Mac würde das nicht zulassen. Oh, nein, schwor er sich selbst. Man bekommt nicht immer, was man sich wünscht. Und er wird seine Ruhe nicht bekommen.
Abrupt blieb er stehen. Verdammt, wie konnte ich nur so blöd sein?, verfluchte er sich selbst. Erst jetzt wurde ihm klar, dass genau das Methos' Plan gewesen war. Er hatte ihn wütend gemacht, dazu gebracht die Beherrschung zu verlieren – und, schlussendlich, davon zu laufen, den alten Unsterblichen einfach so zurück zu lassen. Er erinnerte sich an seine Frage, ob Methos überhaupt noch wusste, wer er wirklich war. Und tief in seinem Inneren kannte er die Antwort: Nein, er wusste es nicht mehr.
Im Laufe von 5000 Jahren veränderte man sich, keine Frage. Auch er, Duncan, hatte sich in seinen knapp über vierhundert zur Genüge verändert. Er konnte sich nicht wirklich vorstellen, was für Wandlungen ein Mann in 5000 – oder noch mehr – Jahren durchmachen musste. Mac seufzte leise auf und machte sich auf den Rückweg. Nein, egal was Methos wollte – er konnte und wollte keine Rücksicht auf die Wünsche des ältesten Unsterblichen nehmen. Nicht in dieser Sache. Nicht nach all dem, was zwischen ihnen vorgefallen war. Ich soll verdammt sein, wenn ich ihn jetzt einfach so verschwinden lassen, ihn wieder zu dem Mythos werden lasse der er schon so lange war.
"M..." - Pass auf, MacLeod!, ärgerte er sich über sich selbst. "Adam, mach' die verdammte Tür auf, oder ich trete sie ein!" Er klopfte noch einmal, noch ein wenig lauter... nur, um noch immer keine Antwort zu erhalten. "Jetzt komm schon... ein letztes Mal noch." Bitte, mach endlich auf. Oder ich schwöre, dass ich die Tür aufbreche. Glaub' mir, Methos, du entkommst mir nicht so einfach.
"Was ist?" Ein sichtlich gereizter Adam Pierson, manchen auch bekannt als Methos, riss die Tür auf. "Hast du noch nicht genug angerichtet, Schotte? Was hast du an meinen letzten Worten nicht verstanden? Das 'Lass mich in Frieden' oder das 'Ich will dich nie wieder sehen'?" Er stand noch immer in der Tür - die gerade nur so weit offen war, dass sie miteinander sprechen konnten.
"Willst du mich nicht hinein lassen?" Macs Tonfall hatte nichts freundliches mehr an sich – es war eher ein Befehl, denn eine Frage oder gar Bitte.
"Warum sollte ich? Ich habe alles gesagt, was ich zu sagen hatte", gab Methos kühl zurück.
Ruhig, MacLeod. Ganz ruhig. Lass dich von ihm nicht provozieren. "Aber ich nicht. Schon mal was von Gleichberechtigung gehört, Adam?"
Die Art und Weise wie Mac seinen Namen betont hatte, brachte Methos dazu, die Tür ein Stück weiter zu öffnen und den Schotten herein zu lassen. "Gut, gleiches Recht für alle... von mir aus", gab er zähneknirschend nach. "Was hast du mir noch zu sagen?"
Dass du nicht gehen sollst! Dass du dich, verdammt noch mal, nicht mit Schuldgefühlen zuschütten sollst! Dass du dich nicht verkriechen musst – oder sollst. Das alles wollte Duncan laut aussprechen, doch als er seinen Mund öffnete kam nur ein flaches: "Geh' nicht", heraus. Toll, wirklich toll. Und das soll ihn jetzt aufhalten?
"Warum nicht?" Zwei Worte – aber sie reichten um den letzten Rest von MacLeods Selbstbewusstsein im Nichts verschwinden zu lassen.
"Komm mit", verlangte er.
Methos schenkte dem Schotten einen verwirrten Blick. "Was? Wohin?"
"Wirst du schon sehen." Langsam aber sicher wurde Duncan ungeduldig. "Komm einfach nur mit und lass' dich überraschen."
"Von mir aus." Methos zuckte die Schultern und gab nach. Was soll's?, dachte er sich. Bevor er hier noch eine Szene macht...
* * *
Eine Stunde später,
knapp außerhalb von Paris"Hast du jetzt endgültig dein letztes bisschen Verstand verloren, MacLeod?!" Methos starrte dem Schotten ungläubig in die Augen, erwartete eine plausible Erklärung dafür, warum Mac ihn ausgerechnet zu Joes Grab gebracht hatte. Verdammt, was erwartet er sich davon? Glaubt er, dass ich jetzt bleibe? Falsch gedacht!
"Du bist hier, damit du endlich einsiehst, dass du die Vergangenheit ruhen lassen musst, um weitermachen zu können."
"Also wirklich, MacLeod." Methos lachte abfällig. "Ich weiß über das Neuanfangen 'etwas' mehr als du, glaub mir. Und genau das werde ich jetzt auch machen. Und zwar wirklich." Er drehte sich um, bereit zu gehen.
"Bleib!" Das Wort kam wie ein Befehl, Mac rührte sich jedoch nicht von der Stelle.
Langsam drehte Methos sich wieder um, sein Blick blieb auf dem einfachen Grabstein hängen. "Warum? Ich habe den netten Stein bewundert – was willst du mehr? Das ich jetzt die großen Gewissensbissen kriege? Vergiss' es, das funktioniert bei mir nicht. Leb wohl, MacLeod." Er wandte sich wieder ab, ging diesmal wirklich davon. Seine Gefühle hatte er tief in sich versteckt, im Moment konnte er selbst nicht sagen, was er fühlte. Wut? Verzweiflung? Angst? Nein, nichts. Nicht einmal Resignation.
Er wurde zum Halten gezwungen, als eine kräftige Hand seinen Oberarm umfasst und ihn brutal zurückhielt. "Du wirst nicht gehen", knurrte MacLeod wütend. "Einmal in deiner verkommenen Existenz wirst du nicht vor den Konsequenzen deines Handelns flüchten – dafür werde ich sorgen!"
"Ach, und wer bist du? Mein Schutzengel, meine Mutter?" Methos bemühte sich seine Stimme ruhig zu halten, nicht zu schreien. Vergeblich.
"Nein. Aber jemand, der nicht mit den Erinnerungen an dich leben will – sondern, dass du bleibst. Hier. Bei deinen Freunden. Menschen, die dich für das Geschehene nicht verurteilen."
"Aber was ist, wenn ich das nicht will? Wenn ich keine Freunde mehr haben will, wenn ich, verdammt noch mal, allein sein will?!"
"Das willst du nicht wirklich."
"Und was macht dich zum Experten in Sachen 'Methos' Gefühlsleben'? Glaubst du etwa, dass du mich wirklich kennst? Nein, das tust du nicht." Mit einer schnellen Bewegung riss er sich los und ging davon, blieb jedoch nach einigen Metern wieder stehen. "Willst du mich nicht nach Hause fahren?", fragte er spitz.
"Nein. Warum sollte ich? Du hast ja kein Zuhause mehr, schon vergessen?"
Bastard!, fluchte Methos in Gedanken. Wie kommt er dazu, meine eigenen Worte gegen mich zu verwenden? Das ist unfair – das ist normalerweise mein Trick um ihn fertig zu machen. "Falsch, MacLeod", erwiderte er. "Ich habe meine Wohnung noch nicht gekündigt – ergo habe ich noch eine Wohnung. Alles klar? Gut. Wenn du jetzt so liebenswürdig wärst..."
Duncan seufzte lautlos und ging zum Auto voraus, sich dessen bewusst, dass – trotz aller guten Vorsätze – Methos mal wieder gewonnen hatte, ihn in seinem Sinne manipuliert hatte. "Ich werde es nie mehr lernen."
"Was?"
Erst jetzt wurde Mac bewusst, dass er laut gesprochen hatte. "Nichts", gab er einsilbig zurück.
"Wenn du schon redest, solltest du so reden, dass dich deine Mitmenschen auch verstehen können."
"Halt einfach nur die Klappe, ja? Es war nichts wichtiges."
"Und warum sollte ich das tun? Wer..." Methos begann wirklich zu nerven und Mac riss langsam aber sicher der Geduldsfaden.
"Wenn du jetzt nicht sofort still bist, kannst du zu Fuß nach Hause gehen!", fuhr er den älteren Unsterblichen wütend an. "Kapiert?"
Methos gab keine Antwort mehr sondern blieb einfach nur stehen. "Ich gehe."
Zwei Worte. Duncan zuckte leicht zusammen als er sie hörte. Innerlich verfluchte er sich für seine Ungeduld. Er hatte es endlich geschafft, Methos etwas von seinen Umzugsplänen abzubringen, doch nun musste er alles wieder kaputt machen. "Es war nicht so gemeint", versuchte er seine vorige Worte abzuschwächen.
"Doch, waren sie. Das wissen wir beide, Highlander." Methos wandte sich Duncan zu, begegnete ohne zu blinzeln dem Blick des Highlanders. Mac konnte dem eindringlichen Blick des anderen Unsterblichen nicht lange standhalten, wandte den Blick ab.
Waren sie nicht! Die trotzige Erwiderung lag ihm auf der Zunge, doch im letzten Moment hielt er sich zurück. Verdammt, er hat doch recht. "Hör' zu – es tut mir leid."
"Warum? Dafür, dass du die Wahrheit gesagt hast?", erwiderte Methos sanft. Duncan blickte überrascht auf. Während ihres ganzen Gespräches hatte der alte Unsterbliche entweder verletzt, zynisch und / oder defensiv geklungen – doch nie so normal wie jetzt. Die Tonlage, die Wortwahl – das war jener Methos, den Mac damals in Paris kennen gelernt hatte. Der Mann, den er als Freund betrachtete. Nicht mehr jener Fremde der sich noch mehr in sich verkroch als sonst. Methos bemerkte die Reaktion des Schotten und lächelte leicht. Vielleicht gibt es doch noch einen Weg... "Es muss dir nicht leid tun", meinte er schließlich leise. "Wenn sich jemand entschuldigen sollte, dann ich."
"Du? Wofür?", platzte es aus MacLeod heraus, noch bevor er richtig über Methos' Worte nachgedacht hatte.
"Für alles." Methos ließ sich langsam zu Boden gleiten, die Arme um die Beine geschlungen, den Kopf Müde auf den Knien abstützend. "Dafür, dass ich damals zu spät gekommen bin. Dafür..."
"Hör' auf", bat Mac leise.
Methos sah überrascht auf. "Ich dachte, das ist es, was du hören willst."
"Nein." Duncan schüttelte entschieden den Kopf. "Ich will keine Entschuldigungen, ich will kein Schuldbekenntnis – ich will bloß, dass du wieder lebst."
"Ich atme, ich rede – also lebe ich", gab Methos, leicht zynisch, zurück.
"Methos, bitte! Du weißt, wie ich es meine. Führe wieder ein Leben. Führe wieder DEIN Leben. Renn' nicht davon, versteck' dich nicht, verliere dich selbst nicht noch mehr." Die letzten Worten kamen schon eher einem Gebet denn einer Bitte gleich.
"Wie meinst du das?", fragte Methos, ehrlich überrascht. "Dass ich mich selbst nicht noch mehr verlieren soll?"
Mac holte tief Luft, bereitete sich innerlich auf das unvermeidliche vor. "Wer bist du, Methos?"
"Was soll die Frage?" In den Augen des älteren Unsterblichen spiegelte sich echte Verwirrung wieder, er hatte keine Ahnung von was Duncan sprach. "Du weißt wer ich bin. Du und ich – und noch ein paar Leute."
Unwillig schüttelte MacLeod den Kopf, begann damit, langsam vor Methos auf und ab zu gehen, brach jedoch niemals den Blickkontakt ab. "Ich meine nicht das." Er ließ sich schließlich vor Methos nieder, zwang den anderen Mann ihn direkt anzusehen. "Ich will, dass du die Augen schließt."
Erst wollte Methos protestieren, entschied sich dann jedoch dagegen. Er tat, was Mac verlangt hatte, erwartete gespannt das nun kommende.
"Versuche deine Atmung etwas zu verlangsamen und konzentriere dich..."
"Willst du mich hypnotisieren?"
"Nein." Duncan lächelte leicht. Das war nicht gerade sein Spezialgebiet. "Ich will bloß, dass du dich ganz auf dich Selbst konzentrierst. Horche in dich hinein, Methos. Suche nach dir selbst. Und dann sag mir, was du wirklich willst."
Methos nickte leicht. Er würde es versuchen. Wer weiß? Vielleicht treffe ich mich ja sogar selbst ...
Kapitel 6
... Methos fand sich in einen dunklen Raum mit fahlen Licht wider. "Wo bin ich den hier?", fragte er sich verwirrt. Er blickte sich um. Nichts war zu sehen. Doch dann vernahm Methos Schritte. "Hallo? Ist da wer?", rief er den langen, dunklen Korridor hinunter. Methos trat einen Schritt nach vorne.
Da legte sich eine Hand auf seine Schulter und hielt ihn zurück. Methos blickte sich um. Seine Augen wurden größer. Da stand er, in einfacher, alter Kleidung. "Also, jetzt kapiere ich gar nichts mehr", flüsterte er.
"Geh nicht weiter", bat sein zweites Ich.
"Wieso nicht?"
"Du stehst am Abgrund. Wenn du jetzt gehst, wirst du sehr tief fallen", sprach dieser zweite Methos. Er machte eine ausholende Handbewegung. Das Licht wurde heller. Methos wich geschockt zurück. Er stand tatsächlich vor einem Abgrund. Und er wäre hinunter gefallen, wenn sein zweites Ich nicht gewesen wäre.
"Wo bin ich hier?"
Der zweite Methos lächelte sanft. "In dir."
"Was für einen Blödsinn hat MacLeod jetzt wieder mit mir angestellt?", schimpfte Methos.
"Er hat nichts dergleichen getan. Er hat dies getan um dir zu helfen. Du musstest dich selbst finden. Nun, du hast dich selbst gefunden."
"Na, super. Also, wenn ich jetzt nicht für völlig verrückt erklärt werde, weiß ich auch nicht mehr...", spottete Methos verächtlich. Doch sein zweites Ich blieb völlig ruhig.
"Was ist los mit dir?", fragte er unvermittelt.
"Was mit mir los ist? Gar nichts", erwiderte Methos und blickte gebannt dem Abgrund hinunter. Was würde geschehen, wenn er sich da hinunter fallen ließe? Würde er nie mehr wiederkommen? Wäre er dann für immer verloren?
Die Versuchung war groß. Sehr groß sogar. Er bräuchte nur einen Fuß nach vorn setzen und sich dann fallen lassen. Dann wäre er womöglich für immer verschwunden. Genau das war es doch, was er wollte. Verschwinden. Für immer.
"Tue das nicht", ertönte seine eigene Stimme neben ihm. "Was soll ich nicht tun?"
"Mit dem Gedanken spielen, dass du dich da hinunter stürzt. Das ist nicht der richtige Weg. Nicht die richtige Lösung für deine Probleme."
"Okay, du Besserwisser, sag mir was die Lösung meiner Probleme ist", forderte Methos sein zweites Ich heraus.
Eine Hand legte sich auf seine Schulter. "Es ist nicht nur Joes Tod, nicht wahr? Dich bedrückt noch viel mehr. Du hast das Gefühl, ein Verräter zu sein. Deine Brüder sind tot. Weil du sie verraten hast."
"Ja", knurrte Methos leise.
"Lass die Vergangenheit ruhen."
"Wenn das so einfach wäre. Sie waren.... lange Zeit meine Familie. Die einzigen Menschen, die ich hatte. Wir haben alles geteilt." Methos seufzte leise. Von diesen Gedanken wusste MacLeod nichts. Dies waren Gedanken, die er mit niemanden teilte.
"Verstehst du nicht, Methos? Als Kronos wieder auftauchte, hatte sich alles verändert. Diese Welt, die Reiter ... du. Du bist reifer geworden. Du hast nicht in der Vergangenheit gelebt, so wie Kronos, Silas und Caspian. Du warst nicht mehr der Selbe. Das erkannte auch Kronos. Er wusste es."
"Was wusste er?"
"Dass du nicht mehr dazu gehörst."
Methos lachte verächtlich. "Und warum hat er mich dann gezwungen mich ihm wieder anzuschließen?"
Der zweite Methos lächelte. "Weil er es nicht wahrhaben wollte. Kronos lebte in der Vergangenheit. Hatte Ziele, die er in dieser modernen Welt nicht durchsetzen konnte. Nicht ohne dich. Er brauchte dich mehr als du ihn jemals gebraucht hast."
"Tatsächlich?", meinte Methos ironisch.
"Ja. Er wollte nicht wahrhaben, dass du ein anderer geworden bist. Er sah die Zeichen nicht. Die Zeichen, dass die Zeit der Reiter endgültig vorbei ist. Er sah sie nicht; genau wie Caspian und Silas. Doch du... du hast gesehen. Erkannt, dass diese Zeiten für immer vorbei sind."
"Trotzdem habe ich sie verraten", warf Methos ein. "Ich bin eine unendlich lange Zeit mit ihnen geritten. Wir haben wirklich alles geteilt. Wir waren... eine Familie"
"Wirklich?", Methos wich seinem eigenen scharfen Blick aus, den der zweite Methos ihm zuwarf. So war das also, dachte er sich zynisch. So fühlten sich also die Menschen, die diesen Blick ertragen mussten. Kein angenehmes Gefühl, wie Methos erkannte.
"Sie waren nie deine Familie. Warst du denn wirklich glücklich bei Ihnen?"
"Ja." Methos überlegte einen Moment. "Für eine gewisse Zeit", gab er zu.
"Siehst du?" Der zweite Methos lächelte wissend.
"Du hast irgendwann erkannt, dass du nicht mehr dazugehörst. Dass du frei sein willst. Dass du etwas anderes machen willst."
"Ja, schon... aber...", stammelte Methos.
"Sag mir, warum hast du die vier apokalyptischen Reiter wirklich verlassen? Erzähl es mir."
Methos stöhnte leise. War er wirklich so kompliziert? "Ich wollte nicht mehr", gestand er. "Mich ekelte alles an. Ich wollte von vorn beginnen. Das Töten hat mir keinen Spaß mehr gemacht."
Sein zweites Ich lächelte wissend. "Und warum glaubst du, jetzt ein Verräter zu sein? Du hast getan was nötig war, um zu überleben. Du wolltest dich ihnen nicht mehr anschließen. Und deshalb hast du einen Plan geschmiedet um sie auszuschalten." Eine kurze Stille entstand.
Langsam nickte Methos. "Das ist nichts Verwerfliches. Du wolltest nicht mehr, weil du reifer geworden bist. Weil du jetzt lebst und nicht in der Vergangenheit. Verstehst du? Verurteile dich für nichts was in deinen Augen Recht war."
"War es das? Recht?"
"Du kennst die Antwort", sprach der zweite Methos sanft.
"Okay, das sehe ich ein. Aber das mit Joe ist etwas ganz anderes."
"Du hast einen Freund verloren. Abschied tut immer weh."
"Ich konnte mich nicht einmal von ihm verabschieden. Er starb wegen mir. Es war meine Schuld."
Der zweite Methos schüttelte verneinend den Kopf. "Nein", sprach er beruhigend. "Das war es nicht. Es war nicht deine Schuld. Tommy Santo war einmal dein Freund. Du wusstest nicht, dass er auch ein enger Freund von Walker war. Und du wusstest nicht, wozu der Mann wirklich fähig war."
"Aber ich hätte es wissen müssen", warf Methos ein. Der Schmerz kehrte in sein Gesicht zurück. Hilflosigkeit und Verzweiflung machte sich in seinen Körper breit.
"Unterdrücke den Schmerz nicht. Lass ihn raus", riet ihm sein zweites Ich.
Methos sank schwach zu Boden und grub sein Gesicht in seine Arme, die er um seine Beine geschlungen hatte. Seine Schultern zuckten. Tränen bahnten sich einen Weg über sein Gesicht. Leise weinte er.
Ließ den ganzen Schmerz der vergangen Jahre heraus. Die Ereignisse in Bordeaux, Alexas Tod, die zerbrechliche Freundschaft zu MacLeod und zu guter letzt Joe Dawsons Tod. Es war ihm alles zuviel geworden. All diese Ereignisse hatten ihn zerbrochen. Völlig zerrissen.
Nach einer Unendlichkeit, so kam es ihm vor, hob er den Kopf. Er war noch immer an diesen stillen Ort. Neben ihm saß sein zweites Ich. Methos zitterte leicht. Woher plötzlich diese Kälte kam, die ihn erfasste, konnte er nicht sagen.
"Stell dich endlich deinen Problemen. Lauf nicht davor weg."
"Es ist für alle die beste Lösung", flüsterte Methos.
"Nein, das ist es nicht. Duncan ist dein Freund. Er reagiert so radikal, weil er sich Sorgen um dich macht. Vertreibe ihn nicht. Duncan MacLeod ist der einzige Freund, denn du noch hast."
"Ich will doch nur allein sein", wisperte Methos. Er wurde immer leise. Methos hatte nicht mehr die Kraft, gegen alles anzukämpfen. Überhaupt noch zu kämpfen. Und er erkannte, dass Duncan recht hatte. Richtig leben - das tat er schon lange nicht mehr. Die schrecklichen Ereignisse der letzten Jahre hatten ihn überrollt. Alles stürzte auf ihn ein. Selbst seine mühsam aufgerichtete Fassade drohte einzustürzen.
"Wenn du diesmal davonläufst, bist du für immer verloren. Denn du wirst das alles nicht überwinden, wenn du gehst."
"Was geschieht dann?"
"Der Abgrund wartet. Du wandelst auf dünnen Eis, Methos. Wenn du jetzt gehst, gibst du dich auf. Ein neues Leben, eine neue Identität, kann nicht die Erinnerung an deinen Schmerz auslöschen."
"Ich will wissen, was geschieht, wenn ich gehe", forderte Methos, den er ahnte, dass sein zweites Ich es sehr genau wusste. Er wirkte bedrückt. Besorgt.
"Du wirst wieder zu dem Ungeheuer, das du einst warst", sprach er dann ruhig.
Methos zuckte zurück. So als hätte ihn jemand geschlagen. "Aber dann... dann hätte Kronos gewonnen", warf er vorsichtig ein.
"Ja, das hätte er", bestätigte ihm sein zweites Ich. "Was willst du jetzt tun?"
"Ich will nicht wieder zu dem Monster werden, das ich mal war. Diese Zeiten sind vorbei. Ich will mich nicht selbst verlieren."
"Was willst du, Methos?", fragte sein Gegenüber sanft, aber bestimmend. Methos dachte nach. Ließ alles Revue passieren. Und in diesem Moment fiel die Entscheidung. Die Entscheidung, wie sein Leben weitergehen sollte.
"Ich will leben."
"Dann lebe", meinte sein zweites Ich schlicht.
"Aber, ich kann nicht..."
"Du musst deine Schuld überwinden. Natürlich ist das schwer. Doch Joe hätte sicher nicht gewollt, dass du dir so das Leben schwer machst. Bleibe. Fang wieder an zu leben und du wirst sehen, alles wird gut werden." Sein zweites Ich war sich da sehr sicher. "Du musst bleiben."
"Ich... werde es versuchen." Sein Gegenüber lächelte aufmunternd. "Du wirst es schaffen. Nun hast du erkannt, wer du wirklich bist."
"Ja. Ich weiß es wieder."
"Dann geh. Es wird Zeit, dich der Realität zu stellen. Vergiss nicht, wer Vergebung will, wird sie auch finden."
Und dann hatte Methos das Gefühl zu fallen...
Er schreckte hoch; blickte sich panisch um. "Methos?" fragte Duncan leise.
"Wie lange war ich weg?", fragte der ältere Unsterbliche.
"Fünf oder acht Minuten. Mehr nicht. Was ist passiert?" Methos begegnete den fragenden Blick Duncans.
Methos rappelte sich hoch. "Das muss länger gewesen sein", meinte er. "War es aber nicht. Ich hab mir schon Sorgen gemacht. Du wirktest so... ich weiß auch. Du schienst weit weg zu sein."
"Das..." Methos versagte die Stimme. Er konnte sich selbst nicht erklären, was da gerade los war. Doch er wusste, sein zweites Ich hatte recht. Er musste bleiben. Nur so konnte er wieder anfangen zu leben.
"Fahr mich nach Hause", bat er. Seine Stimme hatte einen verwirrten Klang angenommen. Er wusste, mit dem, was er erlebt hatte, nichts anzufangen. Duncan schloss die Wagentür auf. Methos stieg ohne ein Wort ein.
Sie fuhren in stiller Eintracht zurück. Bei einer roten Ampel drehte sich Duncan zu seinen Freund. Er war so still, ja, so nachdenklich. Methos war länger weggewesen, als er es geplant hatte. Zu gerne würde er wissen, was geschehen war.
"Methos?" Der alte Mann blickte nicht auf. Blickte weiter starr aus dem Fenster. "Was ist passiert?", fragte Mac vorsichtig. Er wusste, wenn er Methos drängte, würde dieser sich noch weiter vor ihm zurückziehen. "Willst du mir erzählen, was du gesehen hast?"
"Nein", kam die schlichte Antwort. Mehr kam nicht über seine Lippen. Methos war in tiefe Gedanken. Schien weit weg zu sein und Duncan nicht einmal wahrzunehmen.
Seufzend fuhr Duncan weiter und lenkte den Wagen auf die Straße, die zu Methos’ Wohnung führte.
"Ich weiß es nicht", sprach Methos plötzlich.
"Was?"
"Ich weiß nicht, was da wirklich geschehen ist. Aber... es hat mir geholfen", gestand er. Duncan nickte. Egal, was es war, es hatte Methos anscheinend zum Nachdenken gebracht. Vielleicht geht er doch nicht, hoffte Mac innerlich. Er würde es sich wünschen. Methos war sein Freund. Es war nicht gut, wenn der alte Mann solange allein war.
Der Wagen hielt vor dem Haus. Duncan stellte den Motor ab und wandte sich Methos zu. Fragend blickte er ihn an. Methos’ Hand schloss sich um den Türgriff. Er stieß sie auf, wartete mit dem aussteigen jedoch noch einen Moment.
"Ich bleibe."
Dann stieg er aus. Methos wollte die Tür zuwerfen, doch Duncan hielt die Tür auf und beugte sich über den Beifahrersitz.
"Was?", fragte er verwirrt.
"Du hast mich schon verstanden. Ich gehe nicht. Ich bleibe hier. Um... mein Leben in den Griff zu kriegen."
Verwirrt zog Duncan seine Hand zurück. Methos warf die Tür zu. Mit langsamen Schritten ging er auf das Haus zu.
Duncan sank in seinen Sitz zurück. Ein aufatmender Seufzer entrang sich seiner Kehle. Methos blieb. Natürlich konnte er ihn anlügen, aber das glaubte Duncan nicht. Er hatte ihn erlebt. Er würde bleiben, dessen war er sich sicher. Duncan fuhr weg. Methos brauchte jetzt seine Ruhe. Musste sicher über einiges nachdenken. Er würde ihn morgen anrufen. Das Auto entfernte sich von dem Haus.
Methos schloss die Tür hinter sich und ließ sich schwach auf die Couch fallen. Ermüdet schloss er die Augen.
Der alte Mann konnte selbst nicht glauben, was mit ihm geschehen war. Doch alles ergab einen Sinn. Er musste bleiben und den Schmerz überwinden. Eine andere Wahl hatte er nicht. Wenn er nicht wollte, dass er wieder zu Death mutierte.
Er seufzte. Ein leichtes Lächeln glitt über seine Lippen. Vergebung. Ja, Duncan hatte ihm vergeben. Und Amy auch. Er hatte die Vergebung gefunden. Jetzt musste er sie nur noch annehmen. Methos würde bleiben.
Und wieder anfangen zu leben ...
~ The End ~