Rating: G, PG-15, etwas Gewalt, allerdings nicht sonderlich explizit. (Tatjana meinte, dass man – wenn man genau hinsieht – einige Andeutungen erkennt, die man als Slash deuten könnte. Ich stelle aber klar, dass das absolut nicht beabsichtigt war! *g*)
Disclaimer: Nicht meins, ich verdiene kein Geld, sie gehören mir nicht... kurz und gut: Das hier ist nur FanFiction,
ohne jeden kommerziellen Hintergedanken geschrieben. Dasselbe gilt für den Auszug aus "This Time" am Ende der Story, das © dieses Textes liegt bei Wolfsheim und Strange Way Records.

Summary: Die Reiter sind tot, die Freundschaft zwischen MacLeod und Methos scheint es ebenfalls zu sein, oder?

Zeitpunkt: Ca. zwei Wochen nach Revelation 6:8 (Irgendwie scheint fast keiner dieser Folge zu entkommen. Und ich dachte bisher, mir fiele zu dem Thema nichts mehr ein.)

Anmerkungen: Das kommt davon, wenn man um eins in der Nacht den Reiter-Zweiteiler rauskramt und während dem Video mit einer Freundin über Methos und dessen Vergangenheit spekuliert... es kommen die unglaublichsten Theorien zustande. Danke, Conny, dass du mich noch nicht für verrückt erklärt hast. Eine genaue Erklärung dafür, wie ich / wir auf diese Idee kamen, steht am Ende der Story.
Tatjana, die das gute Stück hier probegelesen hat, hat mich netterweise darüber aufgeklärt, dass die Idee zu dieser FF eigentlich irrelevant ist, da auf der Watcher-Chronicles CD-ROM wesentlich andere Angaben zu Kronos' Alter / Herkunft / Beziehung zu Methos gemacht werden. Diese – für mich neuen – Tatsachen, erheben diese Story hier natürlich zum AU. ;)
Danke an: Conny (fürs Lesen und dafür, dass du mich immer wieder daran erinnert hast, dass ich das hier noch fertig schreiben muss), Inge (fürs korrigieren) und natürlich an Tatjana, dank deren Urteil ich diese Story überhaupt veröffentliche.


The Feeling Is Gone
© 2001 by Shendara

Alpträume. Immer wieder kamen sie, raubten ihm den Schlaf, machten ihn fertig. So lange hatte er Ruhe gehabt... keine Träume, keine Qualen. Aber auch kein Leben, keine Freunde - er hatte einfach nur existiert. Existiert ohne Grund, ohne irgendetwas. Aber dann hatte er zugelassen, dass Menschen zu Freunden wurden, erlaubte es sich selbst wieder Freude am Leben zu empfinden.

Er hatte sich einen neuen - zwar kleinen, aber immerhin - Freundeskreis aufgebaut, nahm wieder aktiv am Spiel teil... damit hatte er sich nur selbst eine Falle gestellt.

Er hatte es gewusst - sobald er  zuließ, dass es wieder Freunde, Menschen die ihm etwas bedeuteten, gab, würde irgendetwas passieren und alles wieder zunichte machen. Wie es schon so oft passiert war. Wie es nie wieder passieren würde. Warum auch? Seine Freunde war er los, er war wieder allein. Und diesmal hatte er keinerlei Ambitionen, das noch einmal zu ändern. Nie mehr, egal wie viele Jahrtausende noch dazukamen.


"Hast du Methos irgendwo gesehen?"

"Ja, ebenfalls schön, dich zu sehen, Joe." Duncan MacLeod warf seinem Beobachter einen giftigen Blick zu, den dieser aber nicht einmal richtig zu registrieren schien.

"Entschuldigung. Hallo, schön dich zu sehen - weißt du, wo er ist?"

Duncan seufzte lautlos und schüttelte dann entschieden den Kopf. "Keine Ahnung, es geht mich nichts mehr an und es interessiert mich auch nicht."

"Und Schweine können fliegen", ergänzte Dawson bitter. "Es geht dich sehr wohl etwas an, MacLeod. Er ist dein Freund."

"War", verbesserte Duncan leise. "Es ist vorbei - schon vergessen? Ich habe es ihm ins Gesicht gesagt und er hat es ohne wenn und aber akzeptiert."

Joe unterdrückte den Fluch, der ihm auf der Zunge lag. "Mac", begann er leise. "Das glauben weder du noch ich wirklich." Der Beobachter holte tief Luft. "Glaubst du etwa, ich wäre begeistert? Glaubst du, ich könnte einfach so darüber hinwegsehen, dass ein Freund eine solche Vergangenheit hat? Himmel, es war schon ein Schock, als ich erfahren musste, dass er unsterblich ist, dann noch die Eröffnung, dass er Methos ist... ich dachte, jetzt hätte er seine Munition verschossen. Ich hätte nicht gedacht, dass es noch etwas Schockierenderes für mich gibt als die Enthüllung, dass er der Älteste von euch ist. Aber die Reiter des Todes? Ich habe ja nicht einmal daran geglaubt, dass es diese Typen wirklich gab..." Seine Stimme verklang und er beobachtete Duncan, sah dessen Reaktion.

"Nein,  ich kann und will es nicht akzeptieren, also werde ich es auch nicht tun. Außerdem..." Er unterbrach sich und versuchte den Satz irgendwie sinnvoll zu beenden. "... ist er sicher schon längst aus der Stadt verschwunden, vermutlich auch schon aus dem Land. Du siehst - es gibt nichts mehr zu bereden." 

"Geh’ zu ihm."

"Ich weiß nicht, wo er ist."

"Zuhause."

"Und wo ist das? Methos ist doch überall und nirgends wirklich daheim."

"Verdammt, Mac! Glaub ja nicht, dass du so einfach davonkommst. Ich versuche ja selber noch zu akzeptieren - aber du... du blockst einfach nur ab und tust so, als wäre er dir egal." Joes Stimme wurde sanfter. "Aber das ist er dir nicht. Methos ist dein Freund und du machst dir Sorgen." Mit einer knappen Handbewegung erstickte er MacLeods Protest, bevor er ihn aussprechen konnte. "Sag’ jetzt nicht, dass es nicht so ist - wir wissen beide, dass es eine Lüge wäre. Geh zu ihm, redet miteinander... von mir aus geht mit dem Schwert aufeinander los! Solange ihr euch nicht enthauptet, ist mir das egal - bloß redet wieder miteinander. Dann könnt ihr euch noch immer umbringen, wenn ihr wisst, dass es keinen anderen Weg gibt."

Duncan sagte nichts darauf. Irgendwie hat Joe recht, schoss es ihm durch den Kopf. Wir sollten reden, noch einmal alles in Ruhe durch besprechen. Dann kann ich - können wir - noch immer entscheiden, ob wir uns besser nie wieder sehen.

"Einverstanden, ich werde zu ihm gehen." - Warum eigentlich immer ich? Warum muss ich immer den ersten Schritt machen? Warum kommt nicht er zu mir, er ist daran genauso mitschuldig wie ich selbst.

"Weil du es warst, der die Freundschaft gekündigt hat, deswegen."

Mac blinzelte verwirrt. "Was?"

Dawson lächelte. "Du hast laut gedacht, MacLeod."


"Adam?"

Keine Reaktion. Seit über fünf Minuten stand er jetzt schon hier und versuchte, den alten Mann dazu zu bringen, die Tür zu öffnen.

"Bitte... mach’ auf. Wir müssen reden."

"Worüber?"

Das Wort war so leise, dass Duncan es fast nicht gehört hätte. "Über das, was vor zwei Wochen geschehen ist."

"Es gibt nichts mehr zu reden, MacLeod. 'Das war’s dann mit uns' - erinnern dich diese Worte an etwas?"

Duncan lief es eiskalt über den Rücken, als er den resignierten Klang in Methos’ Stimme hörte. Nicht beleidigt, nicht so, wie er es erwartet hatte. Einfach nur resigniert. Er hat aufgegeben. Er wird sein Leben weiterführen, und ich werde kein Bestandteil mehr davon sein. Er wird sich einen anderen Namen zulegen, eine neue Vergangenheit - er wird wieder verschwinden. - Aber nicht, wenn ich es verhindern kann.

"Ja, ich erinnere mich", gab er zähneknirschend zu. "Aber damals war ich zu entsetzt, um etwas anderes zu sagen. Du kennst mich... ich bin nun mal der Typ Mensch, der erst überreagiert und erst dann seine Fehler einsehen kann." - Und es manchmal sogar schafft, sich zu entschuldigen.

Vorsichtig drückte er gegen die Tür - nur um festzustellen, dass sie offen war. Verwundert stieß Duncan sie ganz auf und trat ein. Keine gepackten Koffer, alles war ordentlich wie immer. Bis auf Methos, der abwartend, mit verschränkten Armen da stand und ihn kühl musterte.

"Du kennst wohl die Bedeutung des Wortes 'Nein' nicht, Highlander."

"Du hast es nicht gesagt."

"Sonst beschwerst du dich immer, dass ich zu viel rede - jetzt ist es dir zuwenig." Der ältere Unsterbliche runzelte die Stirn. "Aber ich habe dir deutlich zu verstehen gegeben, dass du hier nichts verloren hast."

Mac versuchte hinter die Fassade zu sehen, zu erkennen, was Methos wirklich empfand. Ohne Erfolg. Er sah einfach nur einen Mann mit ausdruckslosem Gesicht, eiskalten Augen, ohne jedes Gefühl und die gerade, abweisende Haltung.

"Was ist los?"

"Was sollte mit mir los sein?" Eine Frage mit einer Gegenfrage beantworten - ein todsicheres Mittel, um das Gegenüber zu verunsichern. Es verfehlte auch diesmal seine Wirkung nicht.

"Ich... ich will wissen, was genau geschehen ist."

"Ach wie nett." Der pure Zynismus. "Als ob du das nicht wüsstest. Du warst es doch, der zwei meiner Brüder getötet hat."

Zwei meiner Brüder. Duncan versuchte sein Entsetzen zu verbergen. "Du hast nicht dazugehört."

Ein leichtes Lächeln erschien auf Methos’ starrer Mimik. "Ach nein? Vielleicht nicht bei dieser Version... da hast du recht. Ich wollte weg, wollte mich nicht länger mit Kronos und dessen unrealistischen Plänen in bezug auf die Weltherrschaft herumquälen." Eine kurze Pause. "Aber damals... in den Tagen der Reiter, der Bronzezeit und auch danach - sie waren meine Brüder, wir haben alles geteilt, es gab keine Geheimnisse, kein Misstrauen. Zumindest nicht bei den wirklich wichtigen Dingen. Wir waren wie eins."

Methos’ Haltung entspannte sich. Er versuchte Duncans Blick auszuweichen, als er sich aufs Bett setzte.

Er ist müde. Erst jetzt fiel Duncan auf, wie müde und erschöpft der Ältere aussah. "Aber jetzt nicht mehr."

Methos nickte nur. "Nein, denn du hast ja zwei von ihnen getötet und ich einen. Jetzt bin ich allein."

"Es ist das Spiel, Methos. Wir können es uns nicht aussuchen, es musste einmal passieren, dass sie sterben. Und du bist nicht allein. Du hast Freunde... Leute, denen du wichtig bist." Duncan schüttelte unwillig den Kopf. "Aber das ist jetzt nicht wichtig."

"Was dann?" Ehrliche Neugier klang in der Frage mit.

"Du", erwiderte Duncan sanft. Auf Methos’ verwunderten Blick reagierte er mit einem hilflosen Kopfschütteln. "Ich sehe, dass es dir nicht gut geht. Ich kann verstehen, dass..."

Methos hob abrupt den Kopf und starrte MacLeod an. "Du kannst verstehen?", wiederholte er fassungslos. "Nein, du verstehst gar nichts!" Mit einem Satz war er auf den Beinen, die Müdigkeit und die Erschöpfung verschwanden von einer Sekunde auf die andere. "Raus!", zischte er leise und deutete auf die Tür. "Verschwinde endlich! Verschwinde aus meinem Leben - du bringst nichts Gutes! Dank dir bin ich wieder im Spiel, bei den Beobachtern draußen, habe ich Cassandra wieder am Hals... alles in allem reicht es mir!"

Duncan wusste nicht, wie er auf diesen Ausbruch reagieren sollte. "Wenn du es so siehst", erwiderte er knapp und ging rückwärts Richtung Tür. Kurz davor drehte er sich um und knallte die Tür zu, sobald er draußen war.

Er sah nicht mehr, wie Methos in die Hocke ging und sein Gesicht in den Händen vergrub. Er sah nicht mehr, wie der älteste Unsterbliche nach einigen Minuten aufstand und langsam Richtung Kochnische ging. Er sah auch nicht mehr, dass Methos versuchte; die elenden Kopfschmerzen mit Tabletten und die Müdigkeit mit Kaffee zu vertreiben.

"Verdammter Highlander, schafft es immer wieder, mich an den Rand des Wahnsinns zu treiben - oder darüber hinaus."


[Eine Woche später]

"Kämpfe wie ein Mann - oder stirb wie ein Feigling!"

Nein, bitte nicht. Keine Herausforderung, kein Kampf. MacLeod musste all seinen Willen zusammennehmen, um nicht laut zu rufen. Er hatte Methos in den letzten Tagen beobachtet, jeden seiner Schritte verfolgt. Weil er Angst hatte. Er hatte die Erschöpfung des anderen erkannt und machte sich Sorgen. Sorgen, dass Methos in eine Herausforderung geraten könnte, die er nicht überleben würde. Nicht in seinem Zustand.

Es war offensichtlich, dass Methos keinen, beziehungsweise nicht viel, Schlaf fand. Duncan hatte hilflos mit ansehen müssen, wie Methos mehr und mehr abbaute. Alpträume, vermutete er, waren der Grund dafür. Und warum auch nicht? Er selbst hatte oft genug welche... nach einem besonders schweren Kampf oder nach einem besonders traumatischen Erlebnis erst recht.

Und jetzt war das Schlimmste eingetreten. Methos war herausgefordert worden.

"Nein."

Das Wort überraschte beide - Duncan und den unbekannten Unsterblichen.

"Was heißt ‚Nein’?"

"'Nein' heißt", erklärte Methos seelenruhig, "dass ich absolut kein Interesse an deinem Kopf habe und deshalb auch nicht kämpfen werde. Warum muss ich dieses Wort immer erst jedem erklären? Gehört es seit neuestem nicht mehr zum Standardvokabular?"

Duncan konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. er wusste genau, auf was sich diese Bemerkung bezog. Gut so, Methos. Mach so weiter, vielleicht gibt er auf. Lass’ dich um Himmels Willen ja nicht auf einen Kampf ein.

Der andere lachte leise. "Du hast kein Interesse an meinem Kopf? Wie schön für dich", spottete er. "Aber ich hab welches an deinem - aber wenn du nicht willst, können wir es auch auf die einfache Tour machen. Du wehrst dich nicht und ich hole mir deinen Kopf ohne Kampf."

Nein, bitte nicht. Tu’s nicht.

"Tut mir leid - so leicht kriegst du ihn auch wieder nicht", erwiderte Methos glatt. "Fang an - ich warte."

Nein! Er kann es nicht schaffen, er ist zu schwach! Alles in Duncan schrie danach, die Regeln zu ignorieren, das Schwert zu ziehen und den Kampf zu verhindern. Oder selbst zu kämpfen. Einem Menschen, der Methos nicht kannte, würde jetzt nur einen beherrschten Mann mit Schwert, bereit für den Angriff, sehen. Aber Duncan kannte Methos zu gut - er sah das leichte Zittern des Schwertes, die innere Anspannung, als der Älteste versuchte, sich zusammenzureißen. Er sah die Müdigkeit in Methos’ Augen und dasselbe Wissen, das auch er hatte:

Er hatte keine guten Chancen, den Kampf für sich zu entscheiden.

Methos wusste, dass MacLeod hier in der Nähe war. So sehr sich der Highlander auch bemüht hatte... den Buzz konnte auch er nicht abstellen. Methos wusste, dass Mac ihn verfolgte, ihn auf Schritt und Tritt beobachtete. Hoffentlich mischt er sich nicht ein und hält sich auch jetzt an die Regeln, die er sonst auch immer so stur verfolgt.

Methos wartete ab, er hatte keinerlei Ambitionen, den Kampf als Erster zu beginnen. Er seufze leise. Warum ging nichts ohne dieses ewige Kämpfen? Er hasste es mehr als alles andere. Unsterblichkeit war ein Geschenk - oder ein Fluch, je nach Sichtweise - und was taten er und seinesgleichen? Sich gegenseitig jagen und töten. Und warum? Weil es am Ende angeblich nur einen geben konnte? Methos musste ein hysterisches Auflachen unterdrücken. Ja, klar. So ist es. Es kann nur einen geben und der kriegt dann den Preis. Und wer entscheidet das bitte? Wer hat diese Regeln aufgestellt? Ich bin der älteste aller Unsterblichen, ich lebe seit über 5000 Jahren und weiß absolut nichts darüber, wie diese Regeln, das Spiel entstanden sind.

Gedanken wurden überflüssig, als der unbekannte Herausforderer mit seinem Angriff begann. Er war gut, doch Methos war besser. Er hatte keine sonderlich großen Schwierigkeiten damit, die Angriffe abzublocken. Doch was der Angreifer an Geschick nicht hatte, gleichte er mit Ausdauer aus. Eine Weile konnte Methos die Schläge ohne Probleme parieren, doch dann spürte er, wie seine Erschöpfung zunahm. Es machte sich bemerkbar, dass er in den letzten Wochen so gut wie keinen Schlaf gefunden hatte. Er versuchte in die Offensive zu gehen, trachtete nach der Kontrolle über den Kampf. Er wollte es beenden, hinter sich bringen. Warum hatte er seinen Dolch nicht mitgenommen? Diese Frage stellte er sich schon während des gesamten Kampfes, ohne eine Antwort darauf zu finden. Er hatte die Zusatzwaffe heute zuhause gelassen, weil er gedacht hatte, dass er sie sowieso nicht brauchte. So kann man sich irren.

Duncan beobachtete mit wachsender Beunruhigung den Verlauf des Kampfes. Hatte Methos anfangs noch keine Probleme mit seiner Verteidigung, konnte er jetzt deutlich erkennen, wie die Abwehr das alten Mannes schwächer und schlechter wurde. Es war ein Wunder, dass der Angreifer noch keinen Treffer gelandet hatte.

Mit diesem Gedanken schien er es verschrien zu haben - nur wenige Sekunden später parierte Methos einen Hieb um Sekundenbruchteile zu spät, und wurde vom gegnerischen Schwert getroffen.

"Verdammt!" Methos sprang überraschend gelenkig zurück und hielt sich mit dem Schwert den Gegner weiter vom Leib. Das Zittern wurde stärker und Duncan konnte sehen, dass die Verletzung recht tief war. Bitte nicht, er darf nicht...

"Na? Wo ist deine große Klappe jetzt?" Der andere spielte mit Methos, das wussten sowohl Mac wie auch der älteste Unsterbliche.

"Noch immer da - sie wird auch noch da sein, wenn du schon längst nur noch Geschichte bist", stieß Methos keuchend hervor. Er benötigte seine gesamte Selbstbeherrschung, um gerade stehen zu bleiben und sich nicht vor Schmerz zusammenzukauern.

"Du scheinst deinen Blick für die Realität verloren zu haben, oder vielleicht hattest du den auch nie." Der Mann trat vor, das Schwert hoch erhoben. "Nichts Persönliches, es gehört einfach nur zum Spiel."

"Das Spiel? Ha, das ich nicht lache! Wer noch an das Spiel glaubt, ist selber schuld. Glaubst du ernsthaft, dass es nur einen geben kann? Wenn ja... tröste dich, du wirst es bestimmt nicht sein."

"Vielleicht nicht, vielleicht auch doch. Sicher ist nur, dass du es ganz gewiss nicht sein wirst."

Regeln hin, Regeln her - Duncan konnte sich in diesem Augenblick nicht darum kümmern. Direkt vor ihm lief einer seiner besten Freunde Gefahr, seinen Kopf zu verlieren... wer dachte da an Regeln? Er nicht.... mehr. Hastig zog er sein Schwert und trat ins Licht. "Töte ihn und du stirbst gleich darauf."

Methos versuchte MacLeods Blick einzufangen, schaffte es aber nicht mehr. Duncan sah, wie Methos' Augen sich trübten, langsam, aber sicher, das Leben aus ihm wich. Er wird sterben, schoss es Duncan durch den Kopf.

"Er überlebt es sowieso nicht“, stellte Methos fest.

"Was überlebe ich sowieso nicht?"

"Mein Quickening." Methos klang schwach, für ihn selbst war alles irreal, unwirklich. Sein Blickfeld schien kleiner zu sein und verschwommen. Die Schmerzen und die Erschöpfung wichen einer Müdigkeit, die er nur zu gut kannte. Der Tod war nah, er hatte zuviel Blut verloren. "Und wenn doch... du wirst nicht mehr der selbe sein. Niemand wäre das." Der letzte Satz galt hauptsächlich MacLeod. Er spürte, wie seine Beine nachgaben, sich der Griff um sein Schwert löste. Das war das letzte, das er bewusst wahrnahm - er war bereits bewusstlos, bevor er vollends zu Boden fiel.

Duncan unterdrückte den Impuls, zu Methos zu laufen und ihn aufzufangen. Er wusste, dass es zu spät war und Methos sterben würde. Alles was er jetzt noch tun konnte, war zu verhindern, dass es sein endgültiger Tod war.

"Geh'", murmelte er leise. "Lauf' davon und komm nie wieder." Mühsam unterdrückter Ärger ließ Duncans Stimme rauer klingen, ebenso wie die Angst. "Du hast mit ihm gekämpft und du hast dich verausgabt - du hast gegen mich jetzt keine Chance. Wenn du nicht sterben willst, geh' und vergiss' den heutigen Tag."

Der andere neigte fragend den Kopf. "Du willst mich nicht bekämpfen?"

"Ich habe Wichtigeres zu tun." Macs Blick wanderte zum reglos liegenden Methos. - Ich muss einem Freund helfen.

"Wenn du meinst." Der andere wich vorsichtig einen Schritt von Methos zurück, seinen Blick noch immer starr auf Duncan gerichtet. "Ich habe keine Lust darauf, jetzt noch einmal zu kämpfen. Und noch weniger, meinen Kopf zu verlieren." Er wich langsam weiter zurück, und beobachtete schließlich aus einiger Entfernung, wie der neu aufgetauchte Unsterbliche langsam neben dem am Boden liegenden in die Knie ging und dessen Zustand überprüfte. Alex zuckte kurz mit den Schultern, dann drehte er sich um und ging. Halb erwartete er, dass in wenigen Sekunden die grellen Blitze eines Quickenings über den Himmel zuckten - es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass eine Unsterblichen-Freundschaft so geendet hätte. Doch als nach einigen Minuten noch immer keine Anzeichen zu erkennen waren, wandte er sich endgültig ab und ging. Der Typ war selber schuld, wenn er seine Chance nicht nutzte.


"Methos?" Duncan flüsterte den Namen nur leise in der Öffentlichkeit. Auch wenn sie hier anscheinend alleine waren... man wusste nie, wer zuhörte. Vor allem Beobachter waren Meister darin, alles unbemerkt mitzubekommen. Vorsichtig drehte Duncan die reglose Gestalt auf den Rücken und suchte nach der Halsschlagader. Methos lebte noch. Sein Puls war schwach und ungleichmäßig, aber vorhanden. Aber wie lange noch? Darüber wagte MacLeod nicht einmal zu spekulieren... dass Methos das ganz ohne vorübergehenden Tod überstand, bezweifelte er stark. Er musste von hier weg. Zwar bestand keine akute Gefahr, entdeckt zu werden, aber Duncan wollte, dass Methos in vertrauter Umgebung und nicht irgendwo am Boden wieder zu sich kam. Aber wohin?

~-~-~

"Zuhause."

"Und wo ist das? Methos ist doch überall und nirgends wirklich daheim."

~-~-~

Der kurze Wortwechsel mit Dawson kam ihm wieder in den Sinn, als er darüber nachdachte, wohin er Methos bringen sollte. Natürlich hatte Joe Methos’ Wohnung gemeint - aber ob das wirklich auch sein "Zuhause" war? Methos war ein wandelndes Rätsel, noch immer wusste Duncan nicht viel mehr über ihn als an dem Tag, an dem er ihn als „Adam Pierson" kennen gelernt hatte.

Steh' hier nicht sinnlos rum, sieh lieber zu, dass du ihn von hier wegbekommst. Unsicher suchte Duncan nach Möglichkeiten. Methos' Apartment kam nicht wirklich in Frage - es lag zu öffentlich und es würde Aufsehen erregen, wenn er mit einem bewusstlosen, vielleicht sogar toten, Mann durch die Gegend rennen würde. Zu ihm nach Hause? Das Hausboot lag zwar nicht wirklich öffentlich, trotzdem würde es ein Risiko sein. Zu Joe, in die Bar? Nein, das ging auch nicht. Er wollte Joe da nicht auch noch weiter mit hinein ziehen. Es reichte schon, dass Joe überhaupt da mit drin steckte, und er wollte mit Methos alleine reden. Also doch zu mir nach Hause, entschied er sich an einer Weile. Das war noch immer die bessere – wenn auch nicht beste – Wahl.

Glücklicherweise war Methos' Auto in der Nähe geparkt und der alte Mann hatte, wie immer wenn er es eilig hatte, den Schlüssel stecken gelassen. Es war kein allzu großes Problem Methos zuerst ins Auto und dann ins Hausboot zu bringen. Anscheinend war das Glück zum ersten Mal seit Wochen auf  ihrer Seite.

Was aber MacLeod am meisten verwunderte, war, dass Methos noch immer lebte. Er war zwar bewusstlos, aber noch immer am Leben. Duncan schüttelte leicht den Kopf, als er den Unsterblichen vorsichtig in sein Bett verfrachtete. Er schafft es doch immer wieder, mich zu überraschen. Wie macht er das bloß immer wieder?

Im Moment konnte er nichts tun, außer abzuwarten. Und Joe zu verständigen. Der Beobachter wollte sicher wissen, was passiert war. Er warf noch einen letzten Blick auf den bewusstlosen Methos, dann ging er zurück in den Wohnbereich.

"Joe? Ich bin's, Mac. Ich wollte nur..." Das Gespräch setzte sich fort und die beiden sprachen über verschiedenste Dinge. Beobachter, Methos... doch sowohl Joe wie auch MacLeod vermieden geflissentlich irgendeine Erwähnung von Cassandra, Kronos oder irgend etwas anderem, das mit Bordeaux in Verbindung stand. Und Duncan verschwieg Methos' Zustand und die heutige Herausforderung. Es reichte schon, wenn er sich Sorgen machte – Dawson würde es sicher noch früh genug erfahren.

"MacLeod?" Der schwache Klang von Methos' Stimme riss ihn aus seinem Gespräch mit Joe.

"Sorry, ich hab noch was zu erledigen... Ja. Wiederhören." Überrascht wandte Mac sich um und starrte auf Methos. "Du bist schon wach?"

"Was sollte ich denn sonst sein?"

"Tot."

Einige Sekunden lang folgte keine Antwort. "Vielleicht hast du recht", murmelte Methos schließlich. "Aber dann hättest du den Kampf nicht unterbrechen dürfen."

Mac, du Idiot! – "Nein, so war das nicht gemeint..."

"Wie dann?" Methos klang weder neugierig noch desinteressiert. Einfach nur sachlich. "Du sagst, dass ich tot sein sollte, dann wieder, dass ich es nicht sein sollte.." Ein leichtes Grinsen huschte über sein Gesicht. "Du solltest dich mal für einen Zustand entscheiden, Mac."

"Lebendig."

"Sehr gut, wir machen Fortschritte. Also... was hast du vorhin gemeint?"

Duncan wich dem drängenden Blick des älteren Unsterblichen aus und bewunderte stattdessen die Aussicht aus einem der Fenster. "Ich meinte... meinte, dass..." Er wandte sich um. "Hör' damit auf", bat er.

"Womit?"

"Damit, mir irgendwelche Worte in den Mund zu legen. Damit, immer von dir auf mich abzulenken. Damit, immer Geheimnisse zu haben."

"Soll ich dir jetzt meine Lebensgeschichte erzählen, oder wie?" Echte Verwunderung erklang in Methos' Stimme, ebenso wie beißende Ironie.

Ein lautes Seufzen, gefolgt von einem resignierten Abwenden des Kopfes. "Das wäre bestimmt interessant..." Duncan schüttelte leicht den Kopf. "Du machst dir das Leben nur selbst unnötig schwer, Methos."

"Ich mir? Danke, das tun schon andere für mich."

"Wer? Ich? Was habe ich getan?" Macs Stimme wurde sanfter. Er lehnte sich gegen die Wand und musterte den halb sitzenden, halb liegenden Methos. Der Unsterbliche hatte sich noch nicht vollständig erholt und Duncan bemerkte, dass Methos jede seiner Bewegungen genau bedachte. Schmerzen.

"Du hast Kronos getötet."

MacLeod wartete auf eine weitere Erklärung, doch Methos schwieg sich aus. "Wie soll ich das verstehen?", fragte er.

"Du hast doch gehört, was ich gesagt habe, oder?"

"Ich weiß, dass ich Kronos getötet habe." Ein erstickter Laut. "Ich weiß es nur allzu gut."

Methos sah fragend auf. "Was?"

"Ich werde dieses Quickening mein Leben lang nicht vergessen." – Und die Probleme, die es mit sich brachte.

"Kein Wunder – es war ja auch ziemlich eindrucksvoll."

"Ob es auch etwas zu bedeuten hatte?", fragte MacLeod unvermittelt.

Methos blinzelte überrascht und setzte sich ganz auf. "Wie meinst du das?"

Duncan wandte den Blick nicht von Methos ab, beobachtete jede einzelne Bewegung. "Das Quickening... es war mehr als nur 'eindrucksvoll', das weißt du genauso gut wie ich. Die Energie... die Verbindung. Ich möchte wissen, ob das irgend eine Bedeutung hat, ob das irgend etwas verändert hat."

"Ja, eine Freundschaft ist zerbrochen. Das bedeutet es. Nicht mehr und nicht weniger."

Mac schreckte ob dem verbitterten Tonfall in Methos' Stimme auf. "Nicht wirklich. Wir reden ja immerhin noch miteinander. Es besteht noch eine Chance."

Ein humorloses Lachen von Methos verunsicherte Mac vollends. "Du denkst, ich rede von uns? Tut mir wirklich sehr leid, aber ich denke nicht nur an dich, Highlander. Die Freundschaft, die ich meinte, ist wirklich vorbei. Immerhin hast du den einen Teil getötet."

Eine Ahnung machte sich in Duncan breit. "Kronos?" Die Frage kam zaghaft, der Name klang wie ein Fluch.

"Du lernst." Mit Schwung stand Methos auf, ignorierte dabei den Schmerz, der ihn durchfuhr. "Er war mein Freund, mein Lehrer, Tausende von Jahren, bevor auch nur dein geliebter Clan entstand. Du denkst, wir waren nur die gefühlskalten Mörder, die als Mythen in die Bibel eingingen?" Keine Reaktion. "Das waren wir auch – aber nicht nur. Wir waren genauso Menschen. Menschen mit Gefühlen. Vielleicht keinen guten, vielleicht haben wir der Welt wirklich nur Hass und Verachtung entgegengebracht. Aber das ist egal, das ist vergangen." Seine Stimme wurde leiser, bekam einen eindringlichen Unterton. "Es ist vorbei seit Tausenden von Jahren. Oder denkst du ernsthaft, dass Kronos Erfolg gehabt hätte? Ja, vielleicht hätte er ein paar Menschen getötet, na und? Vielleicht hätte die Welt in Angst und Schrecken vor den Reitern gelebt, na und? Er – Kronos – wollte die Reiter wieder auferstehen lassen, aber das war ein Traum, der sich nicht erfüllen ließ. Die Zeiten haben sich geändert, die Menschen haben sich geändert. Sie lassen sich heutzutage nicht mehr so leicht einschüchtern, lassen sich nicht mehr nur durch ein paar Überfälle unterdrücken. Man braucht dazu mehr als vier Relikte aus der Bronzezeit. Und das waren wir, bin ich noch immer. Relikte aus einer längst vergangenen Zeit."

"Nein." Duncans Stimme klang fest. "Kronos war ein Relikt – du bist es nicht. Du hast dich angepasst, bist mit der Zeit gegangen. Du hast dich an diese Zeit gewöhnt. Gott weiß, ich bewundere dich dafür, dass du das geschafft hast. Man sah an Kronos, dass es nicht jeder schafft. Und der war jünger. Zwar vermutlich nicht viel, aber immerhin..."

"Jünger?!", unterbrach Methos. "Ich glaube, ich muss dein Weltbild ein wenig zurechtrücken... ein ander Mal." Methos hatte sich langsam, von Duncan unbemerkt, zur Eingangstür bewegt. "Ich sollte besser gehen", murmelte er. "Danke, dass du meinen Kopf gerettet hast – wird nicht wieder vorkommen."

"Warum nicht? Weil du auf heiligen Boden rennst und dich versteckst, oder weil du das nächste Mal gar nicht mehr kämpfst?" Duncan versuchte noch immer, Methos' vorherige Worte  zu verstehen. Er wollte den alten Mann nicht fragen, vermutlich würde der sowieso keine zufriedenstellende Antwort geben.

"Nein, das nächste Mal werde ich nicht mehr spielen, sondern es gleich beenden." Mit diesen Worten  verließ Methos das Boot und ließ einen verwirrten Schotten zurück.

"Adam! Warte! Bitte..."

Methos blieb überrascht stehen, als Mac lauthals seinen Namen brüllte. Betont langsam und desinteressiert drehte er sich um. Duncan stand auf dem Deck des Bootes und bedeutete Methos, dass er stehen bleiben sollte. Er tat dem Schotten den Gefallen. "Was willst du?"

"Reden."

"Wir haben nichts mehr zu reden – das hast du selbst gesagt. Und ich wüsste auch nicht, worüber wir noch reden könnten. Ich habe meine Meinung klargemacht und du die deine." Methos wandte sich wieder zum Gehen.

"Nein, zuerst will ich noch etwas wissen. Bleib stehen." Duncan hatte nicht vor, den älteren Unsterblichen einfach so, ohne ein weiteres Wort, gehen zu lassen. Als Methos keine Anstalten machte, der Aufforderung nachzukommen, packte Mac ihn einfach am Arm. "Du bleibst da! Einmal wirst du bleiben, obwohl dir das Thema nicht zusagt."

"Nein." Methos' Blick überzeugte Duncan davon, dass er jetzt besser nichts mehr sagte. Mit einer unwirschen Bewegung schüttelte er Macs Arm ab und wich ein paar Schritte zurück. "Wage es nie wieder, mich festzuhalten", zischte er. "Ich hasse das. Genauso wie ich es hasse, wenn Leute, die es absolut nichts angeht, in meinem Leben herumstochern."

"Ich dachte, wir wären Freunde. Und ich dachte auch, dass man mit Freunden reden kann."

"Das dachte ich auch einmal", kam die kühle Antwort. "Bis du mich eines besseren belehrt hast. Freunde sind unberechenbarer als Feinde. Und gefährlicher."

"Warum gefährlicher?" Duncan brachte die Worte kaum über die Lippen, zu geschockt war er noch von Methos' vorheriger Aussage.

"Ein Feind kennt dich nicht so gut, kann dich dadurch auch nie so verletzen wie ein Freund." Methos wandte den Blick ab. "Ich gehe."

"Warte."

"Nein, diesmal nicht mehr." Methos wandte sich ab und ging weg.

Last Chance gone? Nein, das lasse ich nicht zu! Duncan lief dem älteren Unsterblichen nach. "Ich lasse dich jetzt sicher nicht gehen, nicht in deinem Zustand."

"Was soll denn dauernd das Gerede von meinem Zustand?!", fuhr Methos hoch. "Mir geht es gut, ich fühle mich super – es ging mir noch nie so gut wie in diesem Augenblick."

"Und deswegen siehst du aus wie ein Zombie und bewegst dich wie ein Schlafwandler?"

"MacLeod..."

"Halt' die Klappe." Duncan unterstrich die Worte mit einer knappen Handbewegung. "Sag' entweder die Wahrheit oder halt den Mund. Aber ich will nicht noch mehr Lügen hören."

"Ich hätte noch eine dritte Option..." Auf Duncans fragenden Blick hin verzog Methos amüsiert das Gesicht. "Ich gehe und lasse dich ganz in Ruhe."

"Das ist es aber nicht, was ich will."

"Wer sagt, dass immer alles nach deinem Willen geschehen muss, MacLeod? Auch auf die Gefahr hin, dich jetzt vollends zu schockieren: Die Welt dreht sich nicht um Duncan MacLeod vom Clan der MacLeod. Genauso wenig, wie sie sich um mich dreht, oder um uns Unsterbliche – kapierst du nicht?"

"Wer war Kronos?"

"Bitte was?" Völlig überrascht von dem abrupten Themenwechsel, der Frage und dem sanften Tonfall, in dem sie gestellt worden war, fiel Methos – das erste Mal seit langem – keine Erwiderung ein.

"Wer war er?", wiederholte Duncan stur. "Du hast angedeutet, dass er älter war als du... stimmt das? Hast du also all die Zeit gelogen, als du behauptet hast, der älteste Unsterbliche zu sein?"

If looks could kill...

"Das ist uninteressant. Ich BIN der Älteste von uns, verstanden?" Methos' Stimme klang distanziert und unterkühlt. "Ich lüge nicht, wenn ich das behaupte."

"Aber...?", hakte Duncan nach. Das Wort hatte unausgesprochen, aber trotzdem deutlich am Ende gestanden.

"Nichts mehr aber. Ich bin mit meinen... hm... zirka 5000 Jahren der älteste Unsterbliche. Außer natürlich, es hat sich noch irgendwo ein noch älterer versteckt. Das bezweifle ich aber." Ein kurzes Grinsen. "Von allen Unsterblichen, die ich kannte, und damit meine ich auch wirklich die uralten, die älter waren als ich – da lebt keiner mehr. Und glaub mir – ich weiß das, immerhin hab ich selbst einen Gutteil davon ins Jenseits befördert." Methos wandte sich von Duncan ab, blieb aber weiterhin stehen. "Du kannst mich nicht verstehen."

"Ich möchte es aber – aber ich kann es nur, wenn du mir dabei hilfst und erzählst."

Ein trauriges Lächeln. "Glaub mir, Duncan..."

Duncan, er hat mich 'Duncan' genannt. Mac zuckte leicht zusammen, Methos verwendete seinen Vornamen einfach zu selten. Und wenn doch... dann immer nur, wenn es ihm wirklich todernst war.

"... selbst wenn du jetzt 5000 und ich über 9000 Jahre alt wäre – du würdest noch immer nicht verstehen. Niemand kann das, niemand will das." Er holte tief Luft. "Damals, in der Kirche in Bordeaux, habe ich dir gesagt, was ich will. Kein Verständnis, keine Verzeihung – ich weiß, dass weder du noch sonst irgend jemand verstehen, geschweige denn verzeihen kann. Ich will nur eines..."

"Akzeptanz."

"Stimmt. Aber das ist das, was du nicht zustande bringst, nicht? Es ist nicht deine Art zu akzeptieren, ohne verstehen zu können. Du kannst nicht verzeihen, ohne die tieferen Gründe für das Fehlverhalten zu kennen. Aber es ist nicht so einfach."

"Ich weiß."

"Du weißt gar nichts! Du hast keine Ahnung – du bist einfach noch ein Kind!"

"Ein 'Kind', das immerhin schon vierhundert Jahre lang überlebt hat."

Methos lachte. "Vierhundert Jahre? Ja, das war die Zeit, die ich mit meinem Lehrer verbrachte. Nein", korrigierte er sich. "Das war die Zeit, die ich als Schüler mit meinem Lehrer verbracht habe. Danach..." Plötzlich, mitten im Satz, verstummte er und presste die Lippen fest aufeinander.

"Was war danach?"

Warum klingt er so... so besorgt? Er war es doch, der die Freundschaft aufgegeben hat. Er war es doch, der nichts mehr mit mir zu tun haben wollte. Warum bemüht er sich jetzt so zu verstehen, warum will er unserer Freundschaft nicht aufgegeben? Methos schüttelte leicht den Kopf, wollte damit die Gedanken vertreiben. Mac irritiert mich immer wieder aufs neue...

Duncan verstand Methos' kurze Geste falsch. "Erzähl' doch, egal was es ist – ich werde es überleben."

Du schon, aber was ist mit mir? Ich will nicht darüber reden, bin mir nicht einmal sicher, ob ich das überhaupt kann...

Warum redet er nicht mit mir, zieht sich vollkommen zurück? Ich versuche doch nur zu verstehen, möchte ihm helfen. Ich sehe doch, wie schlecht es ihm geht, dass ihn irgendetwas stark belastet. Und was auch immer es ist – wenn es einen so alten Unsterblichen wie Methos so mitnimmt... "Lass dir helfen. Lass dir von MIR helfen." Er hielt kurz inne, überlegte sein weiteres Vorgehen. "Wer war dein Lehrer? Und was hast du mit ihm gemeinsam gemacht, nach den vierhundert Jahren?"

"Getötet, gebrandschatzt, vergewaltigt. Ich denke, das dürften Cassandras Worte gewesen sein", erwiderte Methos ruhig.

"Wer. War. Es?! Verdammt, Methos! Du willst mir jetzt doch wohl hoffentlich nicht klarmachen, dass es das noch irgendwo einen fünften..."

"Es war Kronos."

"Was?"

"Bist du wirklich so blöd, oder tust du nur so?", erkundigte sich Methos. 

Duncan schnappte entsetzt nach Luft. "Du willst mir also erklären, dass Kronos – der Kronos, den ich als Koren kannte, der apokalyptische Reiter Kronos, der Typ, den ich vor ein paar Wochen von seinem Kopf befreit habe – dein Lehrer war?"

"Das will ich nicht nur, das tue ich auch." Methos stand völlig ruhig da, seine Haltung war entspannt und absolut nichts an ihm verriet seine innere Anspannung – seine Angst. Angst vor Macs Reaktion, Angst vor einer erneuten Anklage – Angst vor den Erinnerungen, die langsam, aber sicher wieder hochkamen. Erinnerungen, so alt wie er selbst, so schmerzhaft wie nichts anderes... Erinnerungen, vor denen er seit Jahrtausenden floh. "Das hier ist nicht der richtige Ort für ein solches Gespräch."

"Nein, ist es nicht." MacLeod nahm all seine Willenskraft zusammen und sah dem ältesten (?) Unsterblichen fest in die Augen. "Wir sollten, nein wir müssen, reden. Darüber. Über andere Dinge." Er deutete mit einem knappen Nicken Richtung Boot. "Bitte... komm mit und erzähl' es mir."

"Wozu? Damit du mich nachher noch einmal verurteilen kannst? Nein danke, einmal reicht."

Es tat weh, so was hören zu müssen. Aber warum akzeptiert er mein damaliges Urteil so einfach? Es ist doch sonst nicht seine Art. "Ich will dich nicht verurteilen, ich will dich verstehen. Ich will mehr über dich wissen. Mehr über den wahren Methos, den 5000 Jahre alten Mann. Den echten Menschen, der in dir steckt. Nicht eine seiner Rollen, seiner Masken."

"Diesen Mann kenne ich nicht."

Duncan zuckte ob der absoluten Gewissheit in Methos' Stimme zusammen. "Sicher doch – wer bist du sonst?"

Methos seufzte. "Ich bin vieles, und ich bin nichts. Ich war schon so gut wie alles – okay, Astronaut fehlt noch auf meiner Liste, aber sonst bin ich so ziemlich durch." Er folgte MacLeod langsam in Richtung Boot. "Vielleicht hast du recht – vielleicht sollten wir tatsächlich reden."

Duncan nickte erleichtert und wartete, bis Methos in eingeholt hatte. "Aber bitte die Wahrheit."

"Wann habe ich denn jemals etwas anderes erzählt?", fragte Methos charmant wie eh und je.

Masken. Er versteckt sich und sein wahres Wesen, zeigt keine Gefühle. Vermutlich nicht einmal vor sich selbst. Duncan gab keine Antwort, sondern öffnete einfach nur die Tür. "Und jetzt rennst du mir nicht mehr davon."

"Nein", erwiderte Methos resigniert. Duncan bemerkte die Erschöpfung und die Aufgabe in seiner Stimme. "Du willst meine Geschichte? Gut, die kannst du hören. Zumindest den Teil, an den ich mich erinnern kann..."


[Ca. 3000 BCE]

"Beweg' dich, sei nicht so langsam!"

Ich bewege mich so schnell ich kann. Müsste ich nur die Hälfte der Last tragen, wäre ich schneller. Methos verbannte den Gedanken und konzentrierte sich vollkommen auf seine Aufgabe. Wie lange noch? Wann würde er wieder zusammenbrechen, wann würde er das nächste Mal sterben? Er hatte keine Ahnung, wusste aber, dass es wohl nicht mehr lange dauern würde.

"Da, das ist er."

Methos hörte die Worte eines der Wächter, der auf ihn deutete. Was ist mit mir? Ein heftiger Schmerz unterbrach sämtliche Gedanken und veranlassten ihn dazu, die Hände fest gegen den Kopf zu pressen. Kopfschmerzen – das musste es sein. Aber er hatte noch nie welche gehabt, warum also jetzt? Was war los? Sterbe ich jetzt wieder? Aber warum diesmal dieser Schmerz?

Langsam ebbte das sonderbare Gefühl ab und Methos konzentrierte sich wieder auf seine Umgebung. Eine Gruppe von vier Männern war nähergekommen. Methos erkannte den Fürsten der Stadt, sowie zwei seiner engsten Berater. Den vierten Mann kannte er nicht, und nach einem kurzen Blick entschied Methos, dass er ihn auch gar nicht kennen lernen wollte.

"Ja, wirklich nicht schlecht." Die Stimme des Fremden klang hart und kalt. "Ich nehme ihn mit." Den schwachen Protest des Fürsten unterbrach er nach den ersten Worten. "Ich hoffe, Ihr wollt mir keine Steine in den Weg legen. Wenn ja... ich denke, dass Ihnen mein Ruf und der meiner Männer bekannt ist." Seine Stimme veränderte sich, wurde tiefer und bedrohlicher. "Ich bekomme IMMER was ich will. Entweder auf die friedliche oder aber auf die brutale Art und Weise." Er grinste. "Mir persönlich würde die brutale wesentlich besser gefallen, wenn Ihr wisst, was ich meine."

"Ich kann nicht..."

Der Mann unterbrach den Protest den Fürsten, indem er sein Schwert zog. "Wetten, Ihr könnt doch?"

Der Fürst und seine Berater wichen respektvoll zurück, während Methos seine Aufmerksamkeit nicht von diesem ungewöhnlichen Fremden abwenden konnte. Groß, langes, dunkles Haar und eine auffällige Narbe über eine Hälfte des Gesichts. Methos war neugierig und empfand eine eigenartige Faszination. Ein besonderes Gefühl, vage vertraut ging von dem Mann aus. Die Kopfschmerzen... er wusste, dass sie etwas bedeutetem, ihm nicht unbekannt sein dürften. Erneut verfluchte er den Tag vor so vielen Jahren an dem er zu sich kam, ohne jede Erinnerung an sein Leben, wer er war. Er kannte weder seinen Namen noch sein Alter. Er wusste nicht wie alt er war, woher er kam. Seine früheste Erinnerung war das Erwachen neben einer kopflosen Leiche, daneben ein Schwert. Sein Schwert, das wusste er gerade noch. Aber der Rest seines Lebens? Nein, nichts.  Ein leeres Loch.

"Kronos, so  versteht doch..."

Kronos seufzte lautlos ob des nicht enden wollenden Protestes dieser kleinen Dorfbewohner. Wo war nur die Zeit geblieben? Die Zeit, in der er an solchen Abschaum nicht einmal einen Gedanken verschwenden musste, die Zeit in der er wirklich nur mit der Elite verkehrte? Noch einmal warf er einen prüfenden Blick auf den jungen Unsterblichen vor ihm. Wie war noch mal sein Name gewesen? Mythos? Nein, Methos... ja, so hieß er. War dieser Junge wirklich all den Ärger wert? Die Antwort lautete ja. Kronos sah, dass er mit diesem Unsterblichen endlich den gefunden hatte, den er schon lange suchte. Jemanden, der es – nach einigem Training selbstverständlich – mit ihm aufnehmen konnte. Jemanden, mit dem er endlich seine Pläne verwirklichen konnte. Methos war schon länger unsterblich, Kronos spürte die Stärke des anderen Unsterblichen genau, doch anscheinend wusste er nicht was er war. Das macht einiges leichter, er wird leicht zu beeinflussen sein und keine dummen Fragen stellen.

"Was soll ich verstehen?" Kronos zog langsam, beinahe beiläufig, sein Schwert und ließ es knapp über dem Boden leicht kreisen. "Dass Ihr meinen Wünschen nicht nachkommen wollt?" Er steckte das Schwert wieder weg und zog stattdessen einen kleinen Dolch. "Ich bekomme IMMER was ich will!" Er holte aus und schleuderte den Dolch in Richtung Methos. Die Waffe traf ihr Ziel genau ins Herz und der Mann sank lautlos zu Boden. "Kann ich ihn jetzt haben?"


Schmerzen, Qual und Durst. 

Methos zwang sich dazu, die Augen zu öffnen. Was war passiert? Das letzte, an das er sich erinnern konnte, war, dass ein Dolch in seine Richtung flog... "Nein, bitte nicht..."

"Was soll nicht sein?", fragte eine unbekannte Stimme, direkt neben seinem Ohr.

Erst jetzt wurde sich Methos seiner Umgebung bewusst. Er war nicht mehr im Lager, nein, er lag in einem Zelt auf einem Felllager. Aber wie kam er hier her? Langsam klärte sich sein Blickfeld und er erkannte den Gast des Fürsten... Kronos, glaubte er sich zu erinnern. "Ich bin tot."

Kronos lachte. "Nein, du warst tot. Jetzt lebst du wieder", erklärte er. Er warf Methos einen prüfenden Blick zu. "Weißt du wer oder was du bist?"

Methos schwieg und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Ein großes Zelt mit nur wenig Einrichtung. Es schien, als ob dieser Kronos nie lange an einem Ort blieb und auch nicht gerade den Luxus suchte. "Ich bin Methos und ich kann nicht sterben", murmelte er nach einer Weile. Seine Stimme klang tonlos und resigniert. Als hätte er jede Lebenslust verloren.

Kronos unterdrückte den Impuls dem jüngeren Unsterblichen zu trösten. Was zur Hölle, ging in ihm vor? Er hatte noch nie das Bedürfnis gehabt, jemanden zu trösten – eher das Gegenteil. Er wollte verletzen, die Menschen hilflos zurücklassen, er wollte als personifizierte Angst ihre Gedanken beherrschen. Doch Methos war anderes, ihm wollte er helfen. "Du hast Recht", erwiderte er nach einiger Zeit. "Weißt du genaueres über deine Unsterblichkeit?"

Methos seufzte und fixierte Kronos mit seinem Blick. Grün-goldene Augen in denen unendlich viel Macht darauf wartete endlich ausgelassen zu werden. "Vor einigen Jahren... ich weiß nicht wie viele es genau sind, kam ich zu mir. Es war Nacht und ich lag blutüberströmt am Boden. Ich hatte Schmerzen, aber keine Verletzungen. Nicht mehr. Neben mir lag die Leiche eines Mannes, sowie zwei Schwerter. Eines war meines, der Mann hielt das seine noch in der Hand. Die Leiche war kopflos – ich habe ihm  ihn wohl abgeschlagen. Rings um mich herum war alles verbrannt... als ob ein Blitz eingeschlagen hätte." Methos verstummte und sah Kronos fragend an. "Du weißt, was damals passiert ist, oder? Du weißt, was ich bin und warum."

Ein Quickening, eines das so stark war, dass es sein Gedächtnis gelöscht hat. Kronos grinste leicht über die Anmaßung die sich Methos erlaubt hatte. Eine solche respektlose Anrede hatte er schon lange nicht mehr gehört, aber es gefiel ihm, bestätigte ihn darin, dass er die richtige Wahl getroffen hatte. Vor allem... Methos schien keinerlei Entsetzen zu verspüren, wenn er an dieses Erwachen zurückdachte. "Und was hast du gefühlt, als du die kopflose Leiche gesehen hast, den Mann, den wohl du getötet hast?"

"Nichts", kam die sofortige Antwort. Methos schloss kurz die Augen und schien nachzudenken. "Nein, falsch. Ich fühle Macht, unendliche Macht. Und Freude darüber, dass ich ihn und nicht er mich erwischt hat." Er öffnete seine Augen wieder und lächelte kalt. "Ich habe die Macht über Leben und Tod – kurz darauf fand mich der Fürst-", er spukte das Wort förmlich aus, "und ich habe mich ergeben. Es schien mir die sinnvollste Entscheidung zu sein. Ich wollte und will überleben. Und ich tue, was auch immer dafür nötig ist."


[Gegenwart]

"Was auch immer dafür nötig ist", wiederholte Duncan leise. Er glaubte, Methos zumindest ein wenig verstehen zu können.

"Meine Worte", stimmte Methos zu. "Das galt damals noch genauso wie heute. Ich bin dazu bereit, alles, und zwar wirklich alles, dafür zu tun."

"Aber das bedeutet nur, dass Kronos dein Lehrer war, nicht, dass er auch älter war."

Methos wich ein paar Schritte zurück und versuchte Duncans forschendem Blick zu entkommen. "Doch, er war älter. Glaub mir, MacLeod, er war es." Eine kurze Pause. "Ich weiß nicht, wie alt ich wirklich bin. Mein Leben begann an jenem Tag vor 5000 Jahren, an dem ich mit Amnesie neben einer Leiche erwachte. Seit diesem Tag bin ich Methos, seit diesem Tag lebe ich. Alles was davor war... war nicht mein Leben, das hat nichts mit mir zu tun. Welcher Mann auch immer früher in diesem Körper lebte – das bin nicht ich gewesen. Ich kenne nicht einmal seinen Namen." Er schüttelte leicht den Kopf. "Ich habe auch nie einen Unsterblichen getroffen, der mich aus jener Zeit kannte. Und Kronos war älter. Ich denke nicht an die Zeit vorher, das bringt nichts. Die Erinnerungen werden niemals wiederkommen."

Schweigen. Mac wusste nicht, wie er auf Methos' Erzählung reagieren sollte. Langsam aber sicher begann er zu verstehen... aber konnte er auch akzeptieren? Vor wenigen Tagen hätte die Antwort noch "Nein" gelautet – aber jetzt? "Und er hat dir alles beigebracht?"

Ein leichtes Nicken. "Stimmt. Kronos lehrte mich den Umgang mit dem Schwert, die Regeln, wie ich die Menschen am besten manipulieren konnte. Ich wurde besser und besser... bis ich eines Tages besser als Kronos selbst war. Ich war der Meister im manipulieren anderer und dem Ausarbeiten von Eroberungsplänen. Das war ungefähr zu der Zeit, als wir auch Caspian und Silas stießen. Die beiden waren gemeinsam schon einige Zeit raubend durch die Gegend gezogen, Kronos befand, dass wir vier gut zusammenpassen würden – voilà, die vier Reiter waren geboren." Methos verzog bei der Erinnerung das Gesicht. "Damit begannen die wirklich schlimmen Zeiten. Es dauerte nicht lange, bis wir alle unsere Namen weg hatten: Pest, Hunger, Krieg und Tod."

"Methos? Es gibt da etwas, dass ich schon lange wissen will..." Duncans Stimme war nur ein Hauch, er hatte Angst, dass er den alten Unsterblichen mit einer direkten Frage wieder zum gehen veranlasste. Nach all der Zeit konnte er Methos noch immer nicht einschätzen, wusste er noch immer nicht, was den alten Mann verletzte und wie weit er gehen konnte.

"Immer nur raus damit – ich habe heute sowieso meinen Erzähltag." Methos klang locker wie immer, doch Mac sah, wie verspannt er war. Methos lehnte an der Wand des Bootes, unfähig sich zu bewegen, viel zu verkrampft war seine gesamte Haltung.

Nein, ich kann und muss warten, entschied MacLeod. Jetzt war es ihm wichtiger, dass Methos wieder zu sich selbst fand. Das Vertrauen zwischen ihnen musste erst wieder hergestellt werden. Dann konnte er die Fragen stellen, die ihn schon so lange beschäftigten. Langsam kam er näher und streckte dem älteren eine Hand entgegen. "Komm her, du siehst aus, als ob du dich jeden Moment in eine Säule verwandelst-"

Was zur Hölle war den in MacLeod gefahren?! Methos hatte nicht gewusst, wie der Highlander auf seine Erzählung reagieren mochte, was seine Reaktion sein würde. Insgeheim hoffte er auf eine positive, gerechnet hatte er allerdings mit einer weiteren Verurteilung, einer endgültigen Verbannung aus Macs Leben. Sollte er, oder sollte er nicht? Methos gab dem Impuls nach und streckte langsam seine Hand aus. Doch Millimeter bevor die Seine die von Duncan berührte zog er sie abrupt wieder zurück. "Ich muss gehen."

Überrumpelt vom plötzlichen Meinungsumschwung fehlten Duncan im ersten Moment die Worte. Erst als Methos schon bei der Tür war, brachte er seinen Mund auf. "Nein, nicht. Du musst nicht..."

"Doch, ich muss. Du glaubst, dass du verstehen kannst, denkst vielleicht sogar, dass du meine Vergangenheit akzeptieren kannst. Aber glaub' mir, das kannst du nicht." Er wandte sich um und öffnete die Tür. "Ich passe nicht in dein Leben, deinen Freundeskreis. Es ist ein Wunder, dass du mich nach Bordeaux nicht getötet hast."

Die Tür fiel mit einem lauten, endgültigen Krachen wieder ins Schloss. Duncan wusste, dass es jetzt keinen Sinn machte Methos noch einmal nachzulaufen. Der alte Unsterbliche würde nicht noch einmal zurückkommen.

Es ist ein Wunder, dass du mich nach Bordeaux nicht getötet hast.

Er bekam diesen Satz nicht mehr aus seinem Gedächtnis. Irgendwie hat er Recht, flüsterte es in seinem Kopf. Du hast schon andere Freunde, die du Jahrhunderte lang kanntest, wegen wesentlich "kleinerer" Dinge getötet. Keiner von den anderen war jemals der Tod persönlich gewesen. Keiner von ihnen war als Mythos des Schreckens in die Bibel eingegangen. – Aber keiner von ihnen hat dir auch soviel bedeutet. Vom ersten Moment an, wolltest du ihn beschützen, dafür sorgen, dass er weiter überlebte, obwohl er schon so lange aus dem Spiel draußen war. Du willst auch jetzt noch, dass Methos überlebt. Denk zurück... an den Moment in dem du glaubtest, dass Gina in getötet hat. Die Angst, die Wut – die Resignation, dass er jetzt weg ist. Und dann... die Erleichterung, dass es nur ein Scherz war.

"Ich lasse dich jetzt nicht einfach verschwinden", flüstere Duncan heiser. "Ich kann und will nicht zulassen, dass du gehst." – Ich habe Angst um deinen Kopf, wie ich heute sehen konnte bist du nicht gerade in Topform. Ich habe dich gegen Silas kämpfen gesehen, ich weiß, dass du wesentlich besser als ich bist. Aber die Vorstellung heute – Methos, du bist am Ende, du hast seit Tagen keine ruhige Minute mehr gehabt. Gedanken, zu persönlich um ausgesprochen zu werden, wirbelten durch Duncans Geist. Er würde morgen wieder zu Methos gehen, würde ihm klarmachen, was Sache war. Und ich werde ihm auch sagen, was das Quickening ausgelöst hat...


Tränen brannten in seinen Augen, aber Methos tat alles um sie zu unterdrücken. Er hasste sein Leben schon lange, fragte sich bereits seit Jahrhunderten warum er solange überlebt hatte. Als er MacLeod kennen gelernt hatte, hatte er gedacht, dass er endlich eine Antwort auf diese Frage gefunden hatte. Einen Grund um weiter zu machen. Aber jetzt? Sein Leben als Adam Pierson konnte er vergessen, die Beobachter wussten bescheid. Sein Leben als Methos hatte sich zu einer einzigen Qual entwickelt, aus der er nur noch entkommen wollte. Verdammter Highlander! Warum hatte er den Kampf heute unterbrochen, warum hatte er sich nicht an die Regeln gehalten und einfach nur zugesehen? 5000 Jahre... ein ständiges auf und ab zwischen Glück und Unglück. Doch in letzter Zeit überwog eindeutig das Unglück. 

"Glaubst du etwa, ich will sterben? Denkst du, dass es nach Tausenden von Jahren nicht schwer fällt?"

Seine Worte vor zwei Jahren in Paris fielen im wieder ein. Ja, es fiel schwer, sehr schwer sogar. Doch langsam war er sich nicht mehr sicher, ob weiterleben nicht noch schwerer fallen würde. Der Tod lockte ihn schon lange. Einst, vor langer Zeit war er der Tod gewesen, jetzt wollte er ihn wieder. Allerdings nicht als Diener der massenmordend durch die Welt zog – nein, der Tod rief ihn zu sich, wollte, dass er nach 5000 Jahren endlich nicht mehr an seinem Leben festklammerte und aufgab. Und das erste Mal in seinem Leben erlag Methos der Vorstellung, wie es wohl wäre nicht mehr zu erwachen.

Nein! Das war es nicht wert. Egal was Mac jetzt dachte, egal wie schlecht es jetzt weiterging – es gab absolut keinen Grund aufzugeben. Er hatte schon oft ganz von vorne begonnen, er konnte es noch einmal tun. Und noch einmal. Und immer weiter... oder etwa doch nicht? Was gab es denn noch für Gründe für sein weiteres Überleben? Er hatte so gut wie alles gesehen, war bei so gut wie – nein bei ALLEN – wichtigen Geschehnissen der menschlichen Geschichte hautnah dabei gewesen. Es gab für ihn nichts mehr zu sehen, nichts mehr zu entdecken.

Der Tod entwickelt sich zu einer immer verführerischen Alternative...


[Am nächsten Morgen]

"Entschuldigen Sie bitte – aber wissen Sie, wo sich Mr. Pierson aufhält?" – Bitte, sagen Sie, dass er nur kurz weg ist.

"Bitte? Entschuldigen Sie, aber wer sind sie?" Die ältere Dame, die direkte Nachbarin von "Adam Pierson", musterte den überraschenden Besuch. Sie war es nicht gewohnt, dass Mr. Pierson Besuch bekam, und sie bekam wirklich alles mit, was in dem Apartmenthaus geschah. 

Typisch Rentnerin mit zuviel Zeit, schoss es Mac durch den Kopf. "Mein Name ist MacLeod – und ich bin... ein guter Freund von Adam. Wir wollten uns heute treffen-" Ja, lüg' doch gleich noch mehr. Ein Treffen ist das letzte, was Methos jetzt will... "-aber er ist nicht aufgetaucht. Also dachte ich, dass ich besser nach ihm sehe."

Die Frau schüttelte skeptisch den Kopf. "Ich bezweifle, dass Mr. Pierson gestern noch an Verabredungen dachte – so schnell wie er das Haus verlassen hat."

Er hat WAS getan?! Oh nein... bitte nicht. Das kannst du mir nicht antun, Methos. "Er ist weg?" Duncan brachte die Worte kaum über die Lippen, zu überraschend war die Enthüllung der Alten.

Madame Giraud mustere Duncan erneut argwöhnisch. "Sie sind wirklich ein Freund?", fragte sie erneut. "Dann müssten Sie doch eigentlich wissen, dass er abgereist ist, oder?"

"Abgereist?", wiederholte Duncan völlig perplex. Verdammt, er hatte damit gerechnet, dass Methos verschwinden würde, bloß nicht, dass es so bald geschehen würde. Er war so in Gedanken versunken, dass er zuerst gar nicht mitbekam, dass die Madame ihn ansprach.

"Monsieur MacLeod?"

"Hmm... ja?"

"Sie sollten jetzt vielleicht besser gehen – ich kann Ihnen leider nicht weiterhelfen."

"Oh ja, natürlich. Entschuldigen Sie bitte noch einmal die Störung."

Die Frau gab keine Antwort mehr, sondern schlug nur noch brüsk die Tür zu. Dumme Ziege! MacLeod wandte sich langsam ab und dachte über seine Möglichkeiten nach: Einfach nachhause gehen? Nein, sicher nicht. Unbewusst näherte er sich Methos' Wohnungstür, erst als er direkt davor stand bemerkte er, wohin ihn seine Schritte geführt hatten. Eine letzte Chance... er musste wissen, wohin Methos verschwunden war. Er hatte Angst um den Kopf des Alten Mannes, egal wie lange er schon ohne die Hilfe eines unsterblichen Schotten überlebt hatte. Die letzten Jahre waren hart gewesen, für alle von ihnen – Methos nicht ausgeschlossen. Die Sache mit Don Salzer und Kalas, dann das Dark Quickening, Alexa... die Probleme mit den Beobachtern und zu unguterletzt auch noch Kronos und seine Pläne mit den Reitern die Weltherrschaft zu übernehmen (was an sich schon eine Wahnsinnsidee war)... Vor allem der letzte Zwischenfall hatte die zerbrechliche Freundschaft auf eine harte Probe gestellt, und Duncan war sich nicht mehr sicher, ob sie diese Prüfung überstanden hatte.

Wofür kenne ich Amanda?, schoss es ihm plötzlich durch den Kopf. Trotz aller Tugendhaftigkeit, derer sie und andere ihn oft und gern beschuldigten, hatte er doch einiges von ihr gelernt. Und das Knacken eines solch primitiven Schlosses, wie diese Tür es hatte, war doch wirklich nur ein Kinderspiel. Sogar für ihn, der völlig aus der Übung war. Innerhalb weniger Sekunden, war die Tür offen und Mac stand in Methos' Vorraum. Sämtliche Möbel und größere Gegenstände standen noch an ihrem angestammten Platz, lediglich persönliche Dinge fehlten. Und Methos selbst natürlich. Er ist also tatsächlich verschwunden, ich glaube es einfach nicht! Duncan hatte daran geglaubt, dass Methos stark genug war, die Probleme, die durch Kronos' Auftauchen entstanden waren, zu lösen. Aber nein, der älteste aller Unsterblichen, der Überlebenskünstler entschied sich dazu, einfach zu verschwinden. Aufgrund der Tatsache, dass noch fast alles da war, erkannte Duncan, dass Methos es wohl mehr als eilig gehabt hatte zu verschwinden. Aber warum? War es Angst oder Feigheit? Oder wollte er einfach nichts mehr mit Duncan MacLeod zu tun haben?

Egal, wie auch immer die Antworten auf seine Fragen lauteten – Duncan konnte sie nur von Methos bekommen. Vielleicht... irgendwann...

... death knocking at the door... I must let him in...
life like a river flows... outside... stay alive!
ten-thousand good reasons to survive...

(This Time – Wolfsheim)


Februar 2001


So, geschafft. Statt einer Short-Story (wie ursprünglich geplant) wurde es doch etwas längeres. Ich habe versucht, so nah wie möglich an der Serie zu bleiben, sprich, eine Art "Lücke" zischen Rev 6:8 und Forgive Us Our Trespasses zu füllen. Ich hoffe, ich habe nicht all zu schlecht dabei abgeschnitten.

Wie die Idee entstand: Bei der zigsten Ansicht des Reiterzweiteilers viel mir auf, dass Methos vor Kronos nicht nur Angst, sondern sogar regelrechten Respekt hatte. Zuerst fand ich das interessant, dann fragte ich mich aber WARUM. Und als ich darüber nachdachte, kam ich nur zu einem Schluss: Kronos musste Methos' Lehrer gewesen sein! Anders gibt es das doch nicht, dass Methos wirklich fast keinen Wiederstand leistet. Abgesehen davon erklärt das, meiner Meinung nach, warum sich Methos gegenüber Kronos regelrecht unterwürfig verhält. Und auf einmal kam da die Idee zu einer Story – und ich konnte nicht anders und musste sie einfach schreiben. Die ganze Theorie entstand nach der deutschen Synchronisation – ich habe keine Ahnung, wie es im inal wirkt. Zu einem guten Teil dafür verantwortlich ist auch Conny, die nicht nur meine Theorie teilt, sondern mich auch immer antrieb, das hier zu schreiben und auch zuende zu bringen.