Spoiler für 02x12 (Epiphany) und 02x14 (Grace Under Pressure).

Das hier ist ein Quasi-Sequel zu Face the Future, ist aber auch leicht als Stand-Alone Story zu lesen. Das Szenario drängte sich mir nach Grace Under Pressure förmlich auf. Der Titel ist (etwas abgewandelt) aus R.E.M.'s Electron Blue, einem der schönsten und besten Songs der Band (vor allem bei einer Live-Performance. Wow.)
Für die Beta geht mein ganzer Dank - wie schon so oft - an Birgitt. :)

Our Future Has Already Begun
© by Shendara

"Du hast mir einen Schrecken eingejagt."

Rodney spürte, wie John eine Hand auf seine Schulter legte, reagierte jedoch nicht darauf. Sein Kopf pochte im selbem Rhythmus wie sein Herz und er wusste einfach, dass er sich übergeben würde, sobald er seine Augen auch nur einen Spaltbreit öffnete.

Er hasste Gehirnerschütterungen und jetzt wusste er auch wieder, warum. Und Carson konnte ihm noch so oft versichern, dass mit ihm alles in Ordnung war und er bloß ein paar Tage Ruhe und Frieden brauchte… Rodney würde es ihm erst glauben, wenn er diese gottverdammten Kopfschmerzen endlich los war.

Du vertraust schon wieder niemanden.

Wenigstens war es nicht mehr Carters Stimme, die ihm Vorwürfe machte, sondern seine eigene. Er schätzte, das war ein Zeichen dafür, dass es ihm wirklich etwas besser ging.

"Rodney?", fragte John so leise, dass Rodney ihn kaum hören konnte.

"Ich bin wach." Er stöhnte leise auf, als er sich langsam auf den Rücken drehte, doch ließ die Augen geschlossen. Nicht zusammengepresst - denn das verstärkte den Schmerz nur noch - sondern einfach nur geschlossen. Nur gut, dass er geistesgegenwärtig genug gewesen war, das Licht sofort herunterzudrehen, nachdem er nach zwei Tagen auf der Krankenstation endlich in sein eigenes Bett entkommen war. Doch das half nicht gegen das schwache Licht, das durch die Fenster fiel. Er hatte nicht die Energie aufgebracht, die Fenster zu verdunkeln. Zu schade, dass einige Dinge sogar auf Atlantis noch von Hand erledigt werden mussten.

"Ich weiß."

Rodney konnte nicht definieren, was es war, doch es war ein seltsamer Unterton in Johns Stimme, der ihn dazu brachte zu blinzeln. Tränen traten ihm in die Augen. Als sich sein Blick klärte, konnte Rodney den fast schon verzweifelten Ausdruck auf Johns Gesicht sehen und mit einem Mal wusste er wieder, warum das hier wirklich eine ganz, ganz schlechte Idee war.

Vertauschte Rollen, dachte er düster, verdrängte die Erinnerung, die an die Oberfläche kommen wolle, und schloss die Augen wieder. Anscheinend hatte er sich getäuscht; kein Übelkeitsanfall. Aber dafür waren jetzt die Kopfschmerzen noch stärker.

"Was ist?", fragte er schließlich, als Johns Schweigen anhielt. "Hast du mich nur aufgeweckt, um mich anzustarren? Das hättest du auch so tun können."

"Du hast nicht geschlafen."

Rodney seufzte. "Nein", antwortete er ruhig. "Aber fast." Als wieder keine Reaktion kam, gab er jede Hoffnung auf Ruhe auf und zwang sich in eine aufrechte Haltung.

"Hey, was soll das? Lass das!" John hielt seine Stimme bemüht leise, als er Rodney sanft wieder nach unten drückte. "Bleib liegen."

Diesen Befehl befolgte Rodney gern. Im letzten Moment erinnerte er sich im daran, sich nicht einfach nach hinten fallen zu lassen. Trotzdem stöhnte er leise auf, als sein Kopf wieder auf dem Kissen landete.

"Was willst du?", brachte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, während er abwartete, dass der Schmerz wieder auf an erträgliches Maß zurück ging.

"Ich wolle nur nach dir sehen."

Er klang nicht einmal entschuldigend, stellte Rodney resigniert fest. Und warum sollte er auch? Noch vor ein paar Monaten war es für John selbstverständlich gewesen, dass er sich in diesem Bett hier zusammenrollte und auf Rodneys Rückkehr wartete. Rodney seufzte zwar, konnte aber absolut nichts gegen das leichte Lächeln, das plötzlich auf seinem Gesicht auftauchte, unternehmen. Er sagte zwar nichts darauf, hoffte aber, dass - wie fast immer mit John - Taten mehr sagten als Worte. Er rutschte ein wenig zur Seite - eine lautlose aber eindeutige Einladung.

John grinste und stand wieder auf, um sich seiner Schuhe und Hose zu entledigen. Rodney hatte andere Auftritte erlebt und war froh, dass er sich diesmal zurückhielt und nicht wie ein übermütiger Teenager auf die Matratze sprang. Stattdessen war er so vorsichtig, dass Rodney kaum bemerkte, wie John sich neben ihn legte.

"Du kannst mich berühren", sagte Rodney schließlich, als John nach einigen Minuten noch immer keine Anstalten machte, die letzten Zentimeter zwischen ihnen zu überwinden. Nichts hatte ihn damals davon abhalten können, John zu berühren und sich zu vergewissern, dass er wirklich noch da war.

"Ich weiß", lautete Johns Antwort, doch bewegte er sich nicht. Rodney war schon fast wieder eingeschlafen und zuckte leicht zusammen, als Johns Finger schließlich seine Wange berührten. "Sorry", murmelte John, doch Rodney drehte seinen Kopf so, dass Johns Handfläche auf seiner Wange zu liegen kam. Ist schon in Ordnung sollte diese Geste bedeuten und er hoffte, dass John sie auch verstand. Ihm fehlte die Energie für Worte.

"Ich hätte dich fast verloren. Schon wieder." John kam endlich näher und Rodney begrüßte seine Körperwärme.

"Anhänglich" war zwar übertrieben, doch es war nicht abzustreiten, dass John seit seinem sechsmonatigen Ausflug in die Wildnis - komplett mit Monster und Lebensgefahr - mehr Nähe als zuvor suchte, sobald sie allein waren. Rodney glaubte nicht daran, dass irgendjemand, außer John selbst, wirklich begreifen konnte, wie es war, nach einem halben Jahr nach Hause zurück zu kommen und festzustellen, dass für alle anderen gerade einmal ein paar Stunden vergangen waren und er nicht einmal vermisst worden war.

Rodney hatte den verlorenen Ausdruck in seinen Augen gesehen, als das Gate sich hinter ihnen geschlossen und ihre Ankunft nicht einmal gesonderte Aufmerksamkeit erweckt hatte. Oh, natürlich hatte er es schnell und vollkommen zu verbergen gewusst, und Heightmeyer hatte in ihrem offiziellen Bericht erwähnt, wie außergewöhnlich schnell und problemlos John sich wieder angepasst hatte - doch sie hatte auch nicht miterlebt, wie John mitten in der Nacht erwachte und Minuten brauchte, bis er wirklich akzeptierte, dass er wieder zurück war.

"Es war sicher nicht das letzte Mal." Das war zwar absolut nicht, was er sagen wollte, doch die Müdigkeit schlug wieder zu und die Schmerzmittel schienen endlich zu wirken.

Johns Hand erstarrte, bevor er hörbar ausatmete und sich soweit zurückzog, dass sie sich kaum mehr berührten. "Ich weiß", zischte er, doch er klang resigniert als verärgert. Rodney vermisste den Kontakt augenblicklich und versuchte zu kompensieren, indem er etwas näher rückte. Er spürte die Anspannung in Johns Körper, wusste aber aus Erfahrung, dass sie vergehen würde, wenn er nur abwartete. Die Kopfschmerzen waren mittlerweile fast verschwunden und Rodney dachte daran, aufzustehen und zu überprüfen, ob seine Idee, jeden Jumper mit einem Greifarm Marke Sheppard auszustatten, realistisch war, als Johns Hand auf seiner Hüfte landete.

Rodney zuckte leicht zusammen, als kühle Finger seine Schläfe, knapp neben der Verletzung, berührten. Es tat nicht wirklich weh, war aber auch nicht angenehm. Nach einem Moment drehte er den Kopf zur Seite und Johns Finger wanderten weiter über seine Wange, bis sie auf seinem Hals lagen.

"Beckett sagt, dass du in ein paar Tagen wieder ganz der Alte bist", sagte John schließlich ruhig und leise, als hätten letzten paar Minuten nie stattgefunden.

"Das glaube ich erst, wenn es soweit ist", erwiderte Rodney abwesend, mit den Gedanken noch immer halb beim Jumper. Insgeheim freute es ihn, dass John sich anscheinend nach seinem Zustand erkundigt hatte - nicht, dass er das jemals laut zugeben würde, natürlich.

Er spürte Johns leises Lachen mehr, als er es hörte, und konnte sein eigenes Lächeln nicht länger unterdrücken.

"Komm her", murmelte John und dirigierte Rodneys Kopf auf seine Schulter. Rodney folgte willig. Zum Teufel mit dem Jumper, entschied er. Die Müdigkeit kehrte zurück und er konnte sich keine bequemere Haltung vorstellen. Johns rechte Hand kam auf seinem Nacken zu liegen, während sein linker Arm sich um Rodneys Taille legte und ihn noch etwas fester hielt. "Das nächste Mal komme ich mit", flüsterte er, das Gesicht gegen Rodneys Haare gepresst.

"Tust du nicht", gab dieser zurück. Du stirbst nicht meinetwegen den Heldentod, schwor er. John schien zu verstehen und erwiderte nichts darauf, doch sein Griff verstärkte sich für einen Moment.

"Wir reden ein anderes Mal darüber", sagte er schließlich und Rodney lachte kurz auf.

"Da kannst du dir sicher sein." Es blieb John überlassen, ob er seine Worte als Versprechen oder Drohung auffasste.

= Ende =
(22.04.06)

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