Vorspiel
© by Shendara

"Du spinnst."

Das Urteil, schnell und gnadenlos, war genau das, was John auch erwartet hatte. Genauso, wie auch den Hauch von Aufregung in Rodneys Stimme und die Art und Weise auf die sich seine Augen auf einmal auf Johns Hals fixierten.

Statt einer verbalen Antwort entspannte John seinen Körper nur noch etwas mehr und gab Rodney sein bestes "Ich will es und ich weiß genau, dass du es auch willst"-Grinsen, das seine Wirkung bisher noch nie verfehlt hatte.

Rodney seufzte, und verdrehte die Augen, kam aber dennoch näher, und beobachtete John wie ein interessantes neues Antiker-Spielzeug. "Ich kann kaum glauben, zu was du mich treibst. Ich war normal, bevor ich dich kennen lernte!"

"Das bezweifle ich." Er konnte mit harmlosen Beleidigungen wie dieser hier leben - vor allem, wenn er gleichzeitig der alleinige Fokus von Rodneys Aufmerksamkeit war. Er wich Rodneys Blick aus und ließ seine Augen zu dem harmlosen Lederband gleiten, das neben ihm auf dem Bett lag.

Ein seltsam erstickter Laut, den John nur dank Erfahrung als unterdrücktes Stöhnen interpretieren konnte, entkam Rodney. Mit einer abrupten, absolut uneleganten Bewegung ließ dieser sich neben John auf das Bett fallen und tastete nach dem Band. "Du willst wirklich…", begann er, nur um abzubrechen und John fragend anzustarren. "Sicher?", fragte er, als John bis auf ein herausforderndes Grinsen keine Antwort gab.

Rodney holte tief Luft und traf seine Entscheidung; John konnte es an der plötzlich sicheren Art und Weise, mit der er sich bewegte, erkennen. "Du bist krank, wirklich krank", murmelte er und es war nicht klar, wen er meinte: John, sich selbst oder vielleicht sie beide.

"Darum liebst du mich." Der Kommentar sollte frech und unbekümmert klingen, doch John selbst hörte den Hauch von Unsicherheit in den Worten und verfluchte sich selbst dafür.

Rodney hingegen gab ihm nur "den Blick" und drückte John mit einer Hand für einen Moment etwas fester gegen die Matratze. "Nicht nur deswegen, aber auch, ja", murmelte er. Und täuschte John sich oder wurde Rodney dabei wirklich ein bisschen rot? Jetzt war nicht die Zeit, darüber nachzudenken, entschied er, denn in diesem Moment erreichten Rodneys Finger den Reißverschluss von Johns Hemd und zogen ihn nach unten. "Aufsetzen", befahl er mit rauer Stimme, die John das Meeting, das er in zehn Minuten über sich ergehen lassen musste, verfluchen ließ. Fast augenblicklich gehorchte er und konnte ein tiefes Einatmen nicht verhindern, als Rodneys Finger kurz über seine Brust wanderten.

"Rodney. Die Zeit…" Wenn Rodney noch einen Moment weitermachte, konnten Elizabeth, Caldwell und das Meeting zum Teufel gehen; John hatte dann etwas besseres zu tun.

"Ja, ja, ich weiß." Die Enttäuschung war fühlbar und John teilte sie hundertprozentig. Widerwillig ließ Rodney von Johns Körper ab und hob stattdessen das Lederband. "Krank", wiederholte er mit einem Grinsen, das in völligem Kontrast zu dem Wort stand.

John grinste lediglich zurück und schloss mit einem leisen Seufzen die Augen, als er spürte, wie sich das kühle Leder um seinen Hals legte.

"Wenigstens versteckt es die gröbsten Spuren von letzter Nacht", murmelte Rodney. "Nicht, dass das sonderlich beruhigend ist, wenn man bedenkt, womit…" Er brach ab, als John blind nach seinem Handgelenk tastete und kurz drückte. "Gut, okay, ich bin schon still." Eine letzte, kurze Berührung direkt am Adamsapfel und dann das Gefühl von kaltem Metall, begleitet von den leisen Geräuschen des Verschlusses.

"Enger", verlangte John und Rodney gehorchte ohne Widerwort.

"Enger geht's nicht", hauchte Rodneys Stimme in sein Ohr und kurz erschaudernd nickte John bestätigend. Noch enger und er würde sich bei jedem Schlucken selbst erwürgen. So war es gerade eng genug um ihn jedes Mal an die Existenz des Lederbandes zu erinnern.

Perfekt.

Rodney presste einen kurzen Kuss auf seine Lippen und zog sich wieder zurück, noch bevor John reagieren konnte. "Wenn du dich jetzt sehen könntest", flüsterte er. "Der Innbegriff eines willenlosen Sexsklaven." Rodney lachte leise. "Das passende Halsband zur Hundemarke."

John konnte nicht anders, er lachte kurz auf und bekam als Dank dafür die ganze Enge des Halsbandes zu spüren. Sein Lächeln verwandelte sich in ein zufriedenes Grinsen. "Heißt das, ich bin jetzt dein Eigentum?"

"Da kannst du Gift darauf nehmen", lautete Rodneys Antwort. "Und jetzt komm: Ein Meeting wartet auf uns." Rodney war von der Vorstellung genauso wenig angetan wie John selbst, doch sie waren machtlos dagegen. John verzog das Gesicht, streckte einen Arm aus und ließ sich von Rodney hoch helfen. "Von Natur aus faul, es stimmt wirklich", sagte Rodney seufzend, sobald John stand. Seine Finger wanderten noch einmal über das Halsband und vorsichtig schob er einen Finger zwischen das Leder und Johns Haut, wohl um zu überprüfen, ob es nicht zu eng war. "Heute Abend erwarte ich, dass du etwas aktiver bist. Außerdem", er legte eine kurze Pause ein und warf John ein herausfordernden Blick zu, "haben wir noch eines von diesen Dingern." Mit diesen Worten zog er seine Hand zurück, zog den Reißverschluss von Johns Hemd mit einer schnellen Bewegung hoch und trat einige Schritte zurück - wohl um der Versuchung weiterer Berührungen, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheindlichkeit an Ort und Stelle zu Sex geführt hätten, zu entrinnen.

"Gehen wir", brachte John heraus. Und verdammt, war dieser Kommentar wirklich notwendig gewesen? Wie sollte er sich auf das Meeting konzentrieren, wenn jetzt das Bild von Rodney in Lederfesseln minus Todesgefahr und Klamotten permanent in seinem Hirn verankert war? "Bastard", fluchte er leise und ignorierte Rodneys Lachen, das ihn noch auf halben Weg zum Konferenzraum verfolgte.

= Ende =
(14.08.05)

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