The Magnificent Seven

Wildcard

Originaltitel: Every Little Thing He Does
Autor: Birgitt Schuknecht (magnifica@gmx.net)

Fandom: The Magnificent Seven (Die Glorreichen Sieben)
Universe: Old West (OW)
Archiv:
Fanfiction-Paradies, Shendaras Magnificent Seven Page
Feedback: Birgitt Schuknecht (magnifica@gmx.net)
Charaktere: Chris, Ezra
Kategorie: Missing Scene
zeitliche Einordnung: Ghosts of the Confederacy/Pilot (Das Seminolendorf/Pilot)
Spoiler: für Ghosts of the Confederacy/Pilot (Das Seminolendorf/Pilot)
Zusammenfassung/Appetithappen: Chris Larabee wollte einen Betrüger für den bevorstehenden Kampf - aber er hat keine Ahnung, auf was er sich eingelassen hat.
Anzahl der Worte: 1817
Datum: 30.03.2005
Disclaimer: Ich besitze keinerlei Rechte an den Charakteren und den Ereignissen aus der Fernsehserie The Magnificent Seven; diese Rechte gehören MGM, CBS und Trilogy Entertainment. Ich beabsichtige in keiner Weise, diese Rechte zu beschneiden. Zwar besitze ich die Rechte an dieser Geschichte, habe aber keine Intention, durch sie materielle Vorteile zu erlangen.
Anmerkung: Die Originalstory wurde von Stings Every Little Thing He Does is Magic inspiriert.

 

NATHAN: Was soll'n wir denn mit 'nem Betrüger anfangen?
CHRIS: Vielleicht brauchen wir sowas.
(Die Glorreichen Sieben - Das Seminolendorf/Pilot)

 Verdammt, Larabee, wegrennen ist zwecklos. Du hättest Nathan draufgehen lassen oder dem Häuptling sagen können, wohin er sein verdammtes Gold stecken soll, aber jetzt kannst du nicht mehr zurück. Schluck den ganzen Mist runter, spül' meinetwegen mit Schnaps nach, aber ENTSPANN dich. Du musst morgen dein Bestes geben, zur Hölle!

Chris Larabee fluchte leise, warf den Zigarillo auf den Boden und zerdrückte ihn mit dem Stiefelabsatz. Er verfluchte sein Temperament, das in ihm brannte wie Höllenfeuer oder schlechter Whiskey, und den Mangel an Ärschen, in die er hätte treten können.

JD war bei Chris' wohlgemeintem Rat wütend geworden und ausgerastet. Seine Reaktion hatte in Chris nicht nur Erinnerungen wachgerufen, sondern ihm auch eine Scheißangst vor den Dingen eingejagt, die vor ihm lagen. Niemand hatte ihn gezwungen, Nathans Hals zu retten, niemand hatte ihn gezwungen, Tastanagis armseliges Angebot anzunehmen, niemand hatte ihn gezwungen, mit einer Horde von Verrückten auf einer Einbahnstraße in die Hölle zu reiten. Er hatte keine Ahnung, was zum Teufel die anderen antrieb, aber er kannte seine eigenen Gründe. Oder besser: das Fehlen von Gründen. Er hatte keinen Grund, sich irgendwo niederzulassen, keinen Grund, jeden neuen Tag willkommen zu heißen und dem Schicksal wie ein geistig gesundes Wesen gegenüberzutreten. Chris tanzte am Rande des Abgrunds, seit dem Tag, als sich der Höllenschlund vor ihm aufgetan und ihn herausgefordert hatte einzutreten. Damals war er zu sehr Feigling gewesen, als dass er seinem Schicksal in die Augen hatte sehen können - seitdem ergriff er jede Gelegenheit, diesen Fehler wieder in Ordnung zu bringen. Und merkte jeden Morgen zu seinem eigenen Erstaunen, dass er einen weiteren Tag überlebt hatte.

Nun hatte er eine Herausforderung gefunden, die sein Untergang sein mochte. Und nicht nur sein eigener, sondern der eines ganzen Dorfes und der anderen sechs Männer. Die Mündung einer Pistole an seine Schläfe knapp unterhalb der Haarlinie zu setzen, den Abzug zu drücken und so seiner miserablen Existenz ein Ende zu machen, wäre ein Gnadenakt nicht nur für ihn selbst sondern für die ganze Welt. Aber nein--

Nein, du verdammter Bastard musst Verantwortung übernehmen. Musst dich zum Anführer dieser verrückten Bande machen. Lässt sie an dich rankommen, empfindest etwas für sie. Gott, du hast JD Sohn genannt - und der Ausdruck seiner Augen und seine hitzigen Worte schmerzen dich mehr als ein Bauchschuss es je könnte. Verdammt, das hier ist Krieg! Du weißt, was in Kriegen passiert. Fremde werden Brüder, Wüsten werden Heimat, das Leben schmeckt so süß...

Es war ihre eigene Entscheidung gewesen, ihre eigene Dummheit, ihm zu folgen. Trotzdem, er fühlte sich verantwortlich. Sie betrachteten ihn als ihren Anführer. Und er ließ es einfach zu.

Idiot! Wann begreifst du's endlich? Schweigen ist Zustimmung!

Chris fühlte sich gefangen und er konnte es sich nicht leisten, seinen Instinkten zu folgen. Oder sie gar die Kontrolle übernehmen zu lassen. Er konnte nicht mehr weg - alles, worauf er hoffen konnte, war etwas Zeit des Alleinseins. Also überließ er die anderen ihren eigenen Kämpfen: JD verdaute seine ersten Begegnungen mit dem Tod, Buck die Angst, einen gerade gefundenen Freund oder besser - nein, schlechter! - einen Schützling zu verlieren, Josiah die Erkenntnis, dass seine schwarzen Vögel nicht so sehr an ihm interessiert waren wie er an ihnen.

Chris machte sich aus dem Staub, bevor er Teil einer Runde wurde, die zu eng war, als dass er seine eigenen Dämonen hätte bekämpfen können. Langsam ging er weiter durch das Lager, betrachtete die Menschen, wie sie ihren Triumph feierten, miteinander lachten. Wie sie ihn anlachten und ihm zunickten, als er durch ihre Reihen schritt.

Wir sind hier nur geduldet. Willkommen, aber es ist nur Gastfreundschaft auf Zeit. Wir haben eine Aufgabe zu erfüllen, und wenn diese erledigt ist... So verlockend der Gedanke von Zugehörigkeit ist - er ist nur Illusion.

Es war schwer, sich dieser Illusion zu verweigern. Und egal, was morgen kommen würde, sie hatten sich diese Nacht der Ruhe vor dem Sturm verdient. Er passierte die Feuerstelle, an der Nathan sich von dem hübschen Mädchen, Rain, massieren ließ. Er nickte ihm zu und Nathan hob kurz seine Hand zum Gruß, verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln.

Mann, er verdient diese Sonderbehandlung. Hat heute schließlich in mehr als einer Schlacht gekämpft...

Chris ging aus dem Lager, fort von Tastanagi mit seinen scheinbar harmlosen Bemerkungen und seinen allzu wissenden Augen, und suchte nach einem Platz, wo er sich seinen Zweifeln stellen konnte. Allein. Am Rande der Lichtung flackerte ein kleines Feuer. Der Platz, den er sich ausgeguckt hatte, war also schon vergeben. Vin war der erste auf Wache, also blieb nur einer übrig. Standish.

Zum Teufel., wann hat der sich denn weggeschlichen? Hat der nicht grade noch seine Show für die Kinder abgezogen?

Chris merkte, wie die Wut erneut aufflackerte, ärger als vorhin. Alles, was Standish tat, entzündete eine verdammt kurze Lunte in Chris. Eine Lunte, von deren Existenz er nicht mal gewusst hatte, bevor er Standish traf.

Lass ihn in Ruh!

Chris grinste bösartig.

Standish ist jetzt genau das, was der Arzt verordnet hat... Mal seh'n, was-- Das Feuer! Ja, das ist es. Standish braucht eine Lektion... die Sicherheit des Lagers... das Befolgen unausgesprochener Befehle...

Chris war klar, dass er unlogisch handelte und dass er unfair sein würde. Es gab keine wirkliche Bedrohung. Anderson würde keinen Angriff während der Nacht wagen: Das Gelände war zu steil und zu felsig; seine Männer würden sich die Hälse brechen, sollten sie irgendetwas in der Richtung versuchen. Bestände nur die geringste Gefahr eines Angriffes, hätte Chris den anderen nicht erlaubt zu trinken und er hätte Vin die Wache ganz sicher nicht allein übernehmen lassen.

Eigentlich wollte Vin nur allein sein und die Wache war ihm willkommene Ausrede gewesen. Chris hatte nichts dagegen. Er hatte nichts gegen Vin, verdammt. Er hatte nichts gegen die anderen. Von einem abgesehen...

Was Chris an den anderen bewunderte, brachte sein Blut zum Kochen, wenn er es in Standish sah.

Vins Unabhängigkeit - Chris gönnte ihm jeden Moment der Einsamkeit; Standish schottete sich ab, zu stolz und zu arrogant, um sich in die Gruppe einzufügen.

Josiahs wohlformulierte und doch ehrliche Bemerkungen bewiesen, dass er ein weiser Mann war, der nicht alle Antworten kannte, aber der die richtigen Fragen zu stellen wusste; Standishs gestelztes Geschwafel machten ihn zu einem Mann, der seinen Worten niemals Taten folgen ließ - außer vielleicht an einem Pokertisch.

Bucks Charme war harmlos und ungefährlich, zumindest für den männlichen Teil der Bevölkerung; Standish benutzte den seinen, um sich aus jedem Plan rauszuwinden, den er zu seinem eigenen Vorteil entworfen hatte.

JDs überbordende Begeisterung und Possen waren Ausdruck seiner Jugend und seines Übermutes; Standish begeisterte sich nur für Tricks und er spielte ständig irgendwelche Rollen in größeren und kleineren Betrügereien. Nichts an ihm war echt.

Nathans Geschick und Hingabe für das Heilen fanden ein verzerrtes Abbild in Standishs Können mit Karten und Münzen.

Ich wusste, was er ist, in der Sekunde, als ich ihn zum ersten Mal sah. Er ist Abschaum, nichts an ihm macht irgendeinen Sinn. Außenseiter. Ständig dreht und windet er sich... Schließt sich uns an, beschwert sich lautstark über die unbequeme Reise in der einen Minute, schläft wie ein Stein in der nächsten. Geschickt mit den Karten und seinen Waffen - und zeigt sich unbeholfen, wenn nicht gar tolpatschig, wenn es um körperliche Arbeit geht.

Chris hatte beobachtet, wie er die Dorfkinder dazu gebracht hatte, die Strohpuppen anzufertigen, mehr noch, wie er offensichtlich die ganze Arbeit auf sie abgewälzt hatte.

Ja, Chris würde unfair sein. Er hatte das Recht dazu - er war sauer. Bevor er sich der Gestalt weiter nähern konnte, die mit um den Körper geschlungenen Armen etwas abseits vom Feuer stand, sah er aus den Augenwinkeln eine Bewegung. Instinktiv duckte er sich, hatte die Waffe schussbereit in der Hand, ehe sein rechtes Knie den Boden berührte.

Was zum--

"Ezra, Ezra!" Die kleine Gestalt flog auf Standish zu, der sich umdrehte und dem Ansturm mit ausgestreckten Armen begegnete.

"Hey, ruhig! Wir wollen doch nicht das ganze Dorf in Aufruhr versetzen, nicht wahr?" Die Junge nickte und Standish kniete vor ihm nieder. Er fasste die Schultern seines späten Besuchers und lauschte aufmerksam der aufgeregten, aber jetzt geflüsterten Erzählung. Chris entspannte den Hahn des Revolvers, steckte ihn zurück ins Halfter. Er hatte das Kind erkannt, das den ganzen Tag Standish nicht von der Seite gewichen war. Als der Junge geendet hatte, stand Standish auf und hob den Jungen etwas umständlich auf den Arm.

Die Schulter... schmerzt wohl immer noch...

Standish ging an die Stelle, wo er seinen Sattel und seine Decke abgelegt hatte. Er setzte sich, lehnte sich mit dem Rücken an den Sattel und wickelte die Decke um den Jungen, hielt ihn fest in den Armen. Dann legte er sein Kinn auf den unordentlichen Haarschopf und begann zu sprechen, so leise, dass es Chris unmöglich war, etwas zu verstehen.

Wahrscheinlich bringt er ihm gerade bei, wie man beim Kartenspiel bescheißt...

Schließlich schwieg Standish, der Junge war offenbar eingeschlafen. Standish stand auf, ging mit dem Jungen auf dem Arm ins Lager.

Verdammt, Standish, kannst du denn gar nichts richtig machen? Bringst einen Mann um seinen wohlverdienten Streit...

Chris verharrte in seiner Stellung, sah den beiden hinterher, zwang sich, seine Hand zu entspannen. Er erinnerte sich an die Faszination der Kinder. Sie hatten sich um Standish geschart, kaum dass ihre Gruppe angekommen war. Natürlich war er zuerst durch seine Kleidung aufgefallen, eine Attraktion, die durch seine Manieren und die Art, wie er selbst mit den Kleinsten sprach, noch erstaunlicher geworden war. Nachdem Chris den Männern ihre Aufgaben zugeteilt hatte, hatte Standish nicht lang gebraucht, bis die Kinder ihm halfen.

Zur Hölle, er hat sie dazu gebracht, die ganze Arbeit zu machen...

Nachdem die Fallen aufgestellt waren, hatte Standish seine Kartentricks vorgeführt und die Verzauberung war vollkommen gewesen. Ein paar Eltern hatten Standish angesprochen, offensichtlich besorgt um ihren Nachwuchs. Doch er war allen mit einem charmantem Lächeln und einer aufwendigen Erklärung begegnet, und sie waren - offensichtlich beruhigt - wieder abgezogen.

Alles, was er anpackt, hat Magie... Verdammt, Larabee, reiß dich zusammen! Der Mann ist der geborene Betrüger!

Dennoch ließ Chris ein Gedanke nicht los - es wäre nachlässig und gefährlich, würde er irgendeine Auswirkung von Standishs Intrigenspiel ignorieren: Die Kinder waren erfolgreich abgelenkt worden, Angst und Aufregung hatten Begeisterung und Entschlossenheit Platz gemacht. Die ältesten unter ihnen, darunter der Junge, den Standish gerade zu dessen Eltern brachte, hatten sich sogar an dem Scharmützel beteiligt, hatten die Fallen ausgelöst, die sie selbst angefertigt hatten... Chris konnte sich bei allen Vorurteilen nicht damit herausreden, dass Standish das nicht berücksichtigt und eingeplant hatte. Mangel an Intelligenz konnte er dem Mann leider nicht vorwerfen. Er hatte eine Verbindung zu den Kindern gefunden, eine ertragreiche noch dazu...

Und du weißt nicht mal den Namen des Jungen, Larabee. Dabei hat er sein Leben in dem Kampf riskiert...

Der Ärger war verraucht und geblieben war nur Verwirrung. Vielleicht machte Standish doch Sinn. Aber Chris wollte verdammt sein, wenn er wusste, welcher Sinn das war.

|| Fiction ||