Title: Armageddon, Part 5 - Lester
Author: Tegan

Fandom: Angel / Buffy
Rating: PG
Category: Fight, Liebe, Zauberei
Characters, Pairing: Giles, Willow, Xander, Riley, Graham, Forest, Holland Manners, Lilah Morgan, Lindsey McDonald / Moira Summers

Summary: Wolfram & Hart beschließt, einen alten Feind der Jägerin zurück zu holen, um das Ziel zu erreichen, das sie sich vorstellen. Währenddessen steht Moira einem der geheimnisvollen Soldaten gegenüber ...

Disclaimer: Die Charaktere von Angel und Buffy gehören nicht mir, sondern Joss Whedon, David Greenwalt und anderen. Diese Story ist FanFiction, mit der weder Geld verdient, noch Rechte verletzt werden sollen. Ich schreibe sie nur zu meinen Vergnügen.

Note: Ja, der nächste Teil von Armageddon ist tatsächlich fertig. Ich weiß, dass ich lange dafür gebraucht habe, aber wenn die Inspiration fehlt, sitzt man vor dem Computer und denkt sich “Was jetzt?” Dieses Gefühl werden sicher einige von euch kennen. Jetzt möchte ich noch meiner Freundin Susi danken, die nicht nur mit Geduld all meine Stories liest, obwohl ein paar davon nicht wirklich ihr Fandom sind, sondern auch quasi meine Verwalterin ist, was das Internet betrifft. Susi, wie das gemeint ist, wirst du schon verstehen.


Armageddon, Part 5 - Lester
written by Tegan
© 2004

~ 1. ~

“Sei vorsichtig, Xander! Der Karton ist schwer”, warnte Moira den schwarzhaarigen jungen Mann aus Sunnydale. “Keine Sorge! Ich mag zwar bei weitem nicht so stark sein wie du, aber das kriege ich schon hin. Traust du mir so wenig zu?” erkundigte sich der Angesprochene herausfordernd und hob den besagten Karton auf, wo sich Moira nicht so sicher war, ob er diesen auch wirklich tragen konnte. Nur mit Mühe konnte sich Xander ein Stöhnen verkneifen und schleppte den Gegenstand vom Lift in das Apartment, das sich bereits mit Moiras Sachen füllte.

Das freie Wochenende von Lindsey nutzte die Jägerin, um ihren Plan in die Tat umzusetzen, und mit ihrem Freund zusammen zu ziehen. Es kam selten vor, dass er ein ganzes Wochenende zu Hause und nicht in der Firma verbrachte. “Ich traue dir eine ganze Menge zu”, rief Moira ihm nach. Viel hatte sie im Haus ihrer Freunde nicht zurück gelassen. Nur ihre Möbel und einige andere - für sie nicht so wichtige - Besitztümer blieben dort, falls es sich doch einmal ergab, im Haus zu übernachten. Ansonsten hatte sie alles zu Lindsey begleitet.

Eigentlich hatte ihre Gang nicht damit gerechnet, dass ihr Umzug so schnell erfolgte. Doch Moira wollte es rasch über die Bühne bringen, da sie es nicht erwarten konnte, mit Lindsey zu leben. Zwar verspürte Giles noch Bedenken, dass es wirklich richtig war, ihre Beziehung nach dieser kurzen Zeit auf diese Art und Weise zu festigen, aber ihm entging auch nicht die Zufriedenheit, die durch Moira strömte. Lindsey hatte ihr ein Glück geschenkt, wie sie es selbst wohl nicht mehr für möglich gehalten hatte. Und ihr Wächter war froh, dass sein Schützling überhaupt ihre Zukunft planen konnte.

“Sag mal, ist deine Firma auch damit einverstanden, dass ich bei dir einziehe?” fragte Moira, als sie den letzten Umzugskarton im Wohnzimmer abstellte. “Das Haus gehört zwar Wolfram & Hart, aber ich wohne hier. Keine Sorge, sie werfen dich schon nicht auf die Straße”, beruhigte Lindsey sie und hoffte, dass seine Antwort ausreichte, um Moira zufrieden zu stellen. Seine Vorgesetzten mußten nicht unbedingt Wind von der Sache kriegen. Wenn sie davon erfuhren, würden sie erwarten, dass Lindsey sie über diesen Umstand aufklärte. Immerhin mußte es seinen Grund haben, weshalb er mit der Jägerin zusammenzog. Dadurch würde jedoch nur ans Licht kommen, dass er sie liebte und seine Firma seit Wochen belog, was das Projekt Moira Summers anging. Und Lindsey hatte nicht vor, die Wahrheit zu gestehen.

“Sie leben sehr komfortabel, Lindsey”, bemerkte Giles, als er sich in dem Apartment umsah, das jetzt das zu Hause für seine Jägerin darstellte. “Das gesamte Gebäude ist im Besitz meiner Firma. Sie legen viel Wert darauf ihren Angestellten einen guten Lebensstil zu verschaffen.” “Nur ein zufriedener Mitarbeiter ist ein guter Mitarbeiter”, pflichtete Giles ihm bei. “Sie werden doch nicht anfangen zu predigen, Giles, oder? Sie sind zwar ein verdammt guter Wächter, aber glauben Sie mir, als Geistlicher würden Sie durchfallen”, kommentierte Moira amüsiert.

“Ich will mich nur überzeugen, dass du hier auch alles hast, was du brauchst.” “Ich habe ihn, Giles. Mehr brauche ich nicht, um glücklich zu sein”, erwiderte sie und blickte dabei Lindsey an. Der Engländer wurde darauf aufmerksam, wie intensiv sich die Beiden in die Augen sahen, und verstand. Diskret ging er zu Willow, um den Waffenbestand, den Moira mitgenommen hatte, zu kontrollieren. Doch er tat das eher, weil er zwischen Lindsey und Moira nicht stören wollte.

Lindsey trat zu seiner Freundin und legte ihr einen Arm um die Taille. Er genoß das Gefühl, sie in seinen Armen zu halten. Bei ihr vergaß er die gefährliche Situation, in die er jeden Tag, der verstrich, mehr hinein geriet. Die Atmosphäre bei Wolfram & Hart war angespannt und er stand im Büro unter Beobachtung, dass war ihm klar. Holland Manners wurde langsam mißtrauisch, weil Lindsey es geschickt verstand, ihm aus dem Weg zu gehen, um sich nicht mit den Forderungen, die man ihm mitgeteilt hatte, auseinandersetzen zu müssen.

Inzwischen interessierte es ihn auch nicht mehr, was man mit ihm tat, wenn bei Wolfram & Hart alles ans Tageslicht kam. Das Einzige, was für ihn noch von Bedeutung war, war die Tatsache, Moira von seiner Firma fern zu halten und irgendwann den Mut aufzubringen, ihr seine Lügen offen zu legen. Aber je mehr Zeit verging, desto schwerer fiel es ihm, ihr alles zu beichten. Lindsey wußte, er würde sie verlieren, wenn Moira hinter den Absichten seiner Vorgesetzten kam. Sie würde nicht bleiben, wenn ihr bewußt wurde, dass er auf sie angesetzt worden war - egal, wie sehr er sich in sie verliebt hatte.

“Lindsey, stimmt etwas nicht?” riß Moiras Stimme ihn aus seinen Gedanken. “Alles in Ordnung”, murmelte er. “Du siehst aber nicht so aus. Bereust du es etwa schon, dass du mich gebeten hast, zu dir zu ziehen?” Für einen langen Augenblick sah er sie an, erkannte die Sorgen, die sie sich über sein nachdenkliches Verhalten machte. Er schenkte ihr ein zärtliches Lächeln, damit Moira nicht auf die Idee kam, weiter zu bohren, was mit ihm los war. Ihm war durchaus klar, dass er ihr in der letzten Zeit sehr zurückhaltend erschien. Und wenn er es nicht schaffte, dies vor ihr sein zu lassen, würde Moira wirklich das Gefühl bekommen, dass er ihr etwas verheimlichte.

“Niemals werde ich diesen Schritt bedauern. Du hast mein Leben bereichert, Moira. Ich weiß jetzt, wie leer es war, bevor du mir begegnet bist.” “Ich verspreche dir, dass es nie mehr so sein wird wie früher, Lindsey. Warum sollte ich das Beste verlassen, dass mir jemals passiert ist?” erklärte sie lächelnd und verschloß seine Lippen zu einen hauchzarten Kuss. “Also, wo kann ich meine Waffen verstecken?” wechselte sie das Thema. “Du kannst deine Waffenkiste unter das Bett schieben, wenn dir das genügt”, schlug Lindsey vor.

“Perfekt! Ich habe meine Waffenkiste schon immer unter dem Bett verstaut, damit sie keiner findet.” “Willst du deinen Einzug auch feiern oder sollen wir uns verabschieden? Wenn ihr alleine sein wollt, dann sagt uns rechtzeitig Bescheid” mischte sich Xander grinsend in die Unterhaltung ein. “Du hast Recht! Es wird Zeit, dass wir auf dieses Highlight in meinen komplizierten Leben anstoßen”, erwiderte Moira. “Ich kümmere mich darum, Liebling”, sprach Lindsey und verschwand in der Küche, wo er für genau diesen Zweck eine Flasche Sekt gelagert hatte.

Auch die Gläser waren für diesen Anlaß bereits hergerichtet. Lindsey holte den edlen Tropfen aus dem Kühlschrank. Er war gerade damit beschäftigt, die Gläser aufzufüllen, als er eine Hand in seinen Rücken spürte. “Tut mir leid, dass Giles noch immer etwas mißtrauisch in deiner Nähe ist”, entschuldigte sich Moira für die Ausführungen ihres Wächters. “Du bedeutest ihm sehr viel. Er liebt dich wie seine eigene Tochter. Und nach den schrecklichen Erlebnissen mit Lester ist es kein Wunder, das er noch nicht bereit ist, mir zu vertrauen. Ich an seiner Stelle würde nicht anders reagieren”, erklärte Lindsey mit einem kurzen Lächeln.

“Du bist so verständnisvoll. Womit habe ich dich nur verdient? Es gibt Tage, da glaube ich, dass du meinen geheimsten Träumen entsprungen bist - so als hätte eine höhere Macht entschieden, dich Realität werden zu lassen”, seufzte Moira zufrieden und schmiegte sich an ihn. “Bist du dir auch wirklich sicher, Lindsey?” hakte sie unvermittelt nach und betrachtete ihn mit einem ersten Gesichtsausdruck. “Worüber soll ich mir sicher sein?” “Das du einen Versuch mit meinen Leben wagen willst. Es sind zwei verschiedene Dinge, ob wir nur eine Beziehung führen oder auch zusammen wohnen”, sprach sie ruhig.

“Ich will, dass wir beides kombinieren, Moira. Ich liebe dich und will dich bei mir haben. Mit den Gefahren in deinen Leben komme ich klar. Zwar fällt es mir schwer, Zeuge zu sein, wenn du verletzt bist, doch ich werde lernen, es zu akzeptieren. In erster Linie sehe ich dich nicht als Jägerin.” “Sondern?” “Als die wunderbare Frau, die du bist und die ich mit meinen ganzen Herzen verehre”, gestand Lindsey freimütig. “Das du mich so toll findest, hast du mir noch nie gesagt”, erwiderte Moira fröhlich.

“Wärst du nicht so mit deiner Pflicht beschäftigt, wäre es dir schon längst aufgefallen. Hast du das Gefühl, dass ich dich vernachlässige?” “Wie kommst du jetzt auf diese Idee?” “Über die Hälfte eines Tages verbringe ich im Büro. Ich weiß selbst, dass ich zuviel arbeite. Du kommst da oft zu kurz.” “Mach‘ dir darüber keine Gedanken. Ich bekomme genug von dir, dass versichere ich dir. Du gibst mir sehr viel, Lindsey. Selbst wenn es nur ein paar Minuten am Morgen sind, die ich dich sehe, reicht es aus, um mich zu beflügeln”, lächelte die Jägerin und gab sich völlig seinem leidenschaftlichen Kuss hin.

Ihre Gäste und auch der Sekt waren vergessen. Die Beiden versanken in den zärtlichen Intimitäten, die sie austauschten. “Wir müssen wieder ins Wohnzimmer. Deine Freunde warten”, flüsterte Lindsey, als sie sich voneinander lösten. “Das wäre mir beinahe entfallen. Dann gehe ich wieder zu ihnen und werde mich mal erkundigen, wie weit Giles mit den Recherchen über diese Soldaten ist. Ich kriege sie einfach nicht mehr aus dem Kopf. Ihr eingreifen in die Dämonenwelt paßt überhaupt nicht zu dem, was ich in den Jahren als Jägerin kennen gelernt habe”, sprach sie kopfschüttelnd und verließ die Küche.

Als Lindsey Moira wenig später mit einem Tablett Gläser folgte, führte Giles die Gedanken aus, die er sich um diese geheimnisvollen Soldaten machte. “Wir müssen davon ausgehen, dass sie für uns eine Gefahr darstellen. Bis wir nichts genaueres über sie wissen, werden wir von dieser Ansicht auch nicht abweichen. Auf deiner Patrouille solltest du vorsichtig sein, Moira. Von deiner Erzählung weiß ich, dass sie moderne Schußwaffen getragen haben. Die entscheidende Frage lautet: Was für ein Interesse haben diese Männer an den Dämonen?” sprach Giles mit einem eher ratlosen Schulterzucken.

“Die können sich noch zu einem ernsthaften Problem entwickeln. Und solange ich nicht über ihre Aktivitäten Bescheid weiß, kann ich nicht ruhig schlafen”, kommentierte Moira. “Ich habe ein schlechtes Gefühl, wenn ich nur an diese Kerle denke.” Ein unwohler Schauer rieselte über ihren Rücken. Ihr Instinkt sagte ihr, dass von den Soldaten nichts gutes ausging. “Vielleicht ist ja eine Verschwörung der Regierung dafür verantwortlich”, warf Xander scherzend ein. “Diese Theorie ist doch sehr weit hergeholt, Xander. Ich halte das für unwahrscheinlich. Es muß einen anderen, vernünftigeren Grund geben. Was für einen Sinn hat diese Einmischung überhaupt? Bis jetzt sind wir ganz gut alleine klar gekommen. Wir brauchen kein Militär, dass meint, meine Arbeit besser machen zu können. Dämonen jagen ist mein Job”, beschwerte sich die Jägerin.

“Reg dich nicht auf, Liebling. Der Auftritt dieser Soldaten wird sich mit der Zeit garantiert klären”, sprach Lindsey neben ihr. Er stellte das Tablett auf dem Glastisch ab und die Anwesenden griffen jeder nach einem Glas. “Ich komme trotzdem nicht drum herum, mir über ihre Existenz Sorgen zu machen”, murmelte Moira. “Du kannst im Augenblick sowieso nichts an der Situation ändern. Also hilft es dir auch nicht, wenn du ständig darüber nachdenkst. Dein Einzug ist jetzt wichtiger”, erklärte Lindsey.

“Da muß ich dir zustimmen. Solange mir keiner von denen über den Weg läuft, damit ich ihn ausfragen kann, werden wir nichts über diese Gruppe Soldaten erfahren”, sprach Moira ihre Befürchtung aus. Gemeinsam stieß die Gang mit der Jägerin und ihrem Anwalt auf ihre Zukunft an. “Ich erwarte, dass du dein Training nicht aus den Augen läßt, Moira, auch wenn du nun hier wohnst”, sprach Giles streng. “Darüber brauchen Sie sich nicht den Kopf zerbrechen. Sie haben für das Training einen eigenen Raum eingerichtet. An der Erfüllung meiner Pflichten wird sich nichts ändern”, versprach Moira zuversichtlich.

“Davon gehe ich aus. Sagen Sie, Giles, wissen Sie, wie es Faith geht?” erkundigte sich Moira. “Ihr Zustand hat sich nicht verändert. Sie liegt noch immer im Koma.” “Wie stehen Ihre Heilungschancen?” “Nicht besonders gut. Und sollte sie dennoch aufwachen, wird sie sich mit der Polizei auseinandersetzen müssen. Für das, was sie getan hat, wird sie strafrechtlich verfolgt werden.” “Ich weiß. Welche Strafe hat sie wohl zu erwarten?” “Sie hat Menschen getötet, Moira. Das Gefängnis wird ihr nicht erspart bleiben”, erklärte Lindsey. “Sie wissen von der Sache mit Faith?” hakte Giles verwundert nach.

“Moira hat mir alles erzählt.” “Auch das mit Lester?” “Ja, ich weiß über alles Bescheid.” “Das hast du mir gegenüber nie erwähnt, Moira”, bemerkte der Wächter. “Ich dachte, dass wäre selbstverständlich, dass Sie das wissen. Immerhin ist Lindsey der Mann in meinen Leben. Es ist doch logisch, dass ich ihn über alles informiere, was ich erlebt habe.” “Nun, wenn Sie die Geschichte mit Lester kennen, werden Sie hoffentlich verstehen, dass ich mein Mißtrauen nicht so einfach ablegen kann”, kommentierte Giles und blickte Lindsey wissend an.

“Natürlich tue ich das. Sie sind Moiras Wächter und wollen nicht, dass sie wieder verletzt wird.” “Lester hat uns allen Schaden zugefügt. Er erschien glaubhaft - bis zu dem Moment, als er Moira in eine tödliche Falle lockte. Die Erkenntnis, das jemand, den wir bei uns aufgenommen haben, ein solch falsches Spiel mit uns treibt, hat jeden Einzelnen in Moiras näherem Umfeld erschüttert. Vielleicht neige ich deshalb dazu, Fremden gegenüber von Anfang an skeptisch zu sein”, führte der Engländer aus.

“Aber Lindsey ist kein Fremder mehr. Er ist mein Freund und hat unser volles Vertrauen verdient”, mischte sich Moira wieder ein. Nein, dass habe ich nicht, dachte Lindsey beschämt. Niemand zweifelte an den Worten, die er aussprach. Keiner - schon gar nicht Moira - sah, dass es nur Lügen waren, um die Jägerin für seine Firma zu gewinnen. Dabei hatte sich alles für ihn verändert. Er dachte, er hätte sein Leben unter Kontrolle. Doch dann war Moira aufgetaucht und hatte ihm die Augen geöffnet. Von Tag zu Tag sah er mehr das abgrundtiefe Böse, das Wolfram & Hart beherrschte. Und das sie die Kriegerin der Menschheit auf ihre Seite ziehen wollten, war nur ein weiterer Punkt auf einer langen Liste von Skrupellosigkeit und Machtgier.

Eine gute Stunde später verabschiedete sich die Gang, um sich auf den Heimweg zu machen. Außerdem befiel jeden das Gefühl, dass Moira und Lindsey ihr gemeinsames Reich lieber in trauter Zweisamkeit weiter feiern wollten. Als die Tür hinter Giles ins Schloß fiel, stieß Moira einen zufriedenen Seufzer aus. “So gerne ich sie habe, bin ich doch froh, dass wir endlich alleine sind.” “Hast du heute noch etwas besonders vor?” “Was hältst du von einem schönen Schaumbad in deinen traumhaften Badezimmer?” gab sie frech zurück.

“Keine Vampirjagd heute?” “Nein, heute will ich keine Dämonengeschichten mehr hören. Morgen kümmere ich mich wieder darum. Auch eine Jägerin braucht einmal einen freien Abend.” “Zu diesen guten Vorsatz sage ich sicher nicht nein. Deinen Wünsche füge ich mich gerne”, erklärte Lindsey grinsend und zog Moira bestimmend in seine Arme. Mit einem verführerischen Lächeln küßte Moira ihn und entzog sich geschickt seiner Umarmung. Sie ging ins Badezimmer, wohl wissend, dass Lindsey ihr folgen würde. Er hörte, wie sie das Wasser aufdrehte und sah die einzelnen Kleidungsstücke, die aus dem Raum flogen.

Kopfschüttelnd betrachte er das Chaos am Boden, das Moira damit anrichtete. Sie verstand es, ihm einen Köder hinzuwerfen. Ihr war bewußt, dass er nicht anders konnte, als anzubeißen. Allein ein Blick in ihre wunderschönen Augen genügte, um dafür zu sorgen, dass er schwach wurde. Lindsey stellte die Musikanlage an und wartete, bis sanfte Töne das Apartment ausfüllten. Erst dann ging er ins Badezimmer, um sich ganz der Verführung hinzugeben, die Moira mit ihm beabsichtigte ...

~ 2. ~

[Zwei Wochen später]

Graham und Riley befanden sich im Eßsaal der Universität, wo sie Moira nicht aus den Augen ließen. Bis jetzt hatte ihre Beobachtung nicht viel ergeben, außer der Tatsache, dass sie Vampire und Dämonen jeglicher Art ohne große Anstrengung ins Jenseits schickte. Wenn sie auf der Jagd war, waren die Soldaten äußerst vorsichtig, damit sie von ihr nicht entdeckt wurden. Ihnen war aufgefallen, dass Moira außergewöhnliche Instinkte besaß, die es ihr möglich machten, jede kleine Unstimmigkeit aus einigen Metern Entfernung zu spüren.

“Wie ist es möglich, dass sie Dämonen tötet, als wäre dies ihr Job?” murmelte Graham, dem dieser Umstand einfach keine Ruhe ließ. “Ich habe keine Ahnung, doch es gefällt mir nicht. Willow könnte in Gefahr sein.” “Wie läuft es mit ihr?” hakte der Soldat nach. Ihm entging nicht das verliebte Lächeln, das über Rileys Lippen huschte. “Sie ist eine tolle Frau - charmant, witzig, einfühlsam und ehrgeizig.” “In den letzten Wochen hast du dich oft mit ihr getroffen. Wie weit seit ihr?” “Sei nicht so neugierig”, wich Riley aus.

“Komm‘ schon! Ein wenig kannst du mir ruhig erzählen”, drängte Graham seinen Freund. “Unsere Dates sind traumhaft. Ich fühle mich sehr wohl bei ihr.” “Das klingt nach einem aber.” “Es gibt immer wieder Situationen, da habe ich das Gefühl, dass sie mir etwas verschweigt. Von einer Sekunde auf die andere zieht Willow sich zurück, egal, wie offen sie sein kann.” “Denkst du, dass hängt mit unserer Hobby-Dämonenjägerin zusammen?” “Das kann ich beim besten Willen nicht sagen. Vielleicht ist der Grund auch nur ihre letzte Beziehung, wo sie sehr enttäuscht wurde”, sprach er nachdenklich.

“Sie hat dir schon von ihrer Vergangenheit erzählt?” “Ja. Ihr letzter Freund hat sie betrogen.” “Der muß ja ein Idiot gewesen sein, wenn er ein so süßes Mädchen hintergeht.” “Allerdings. Willow hat keine genauen Details genannt, doch das, was sie mir mitteilte, hat gereicht.” “Seit ihr jetzt ein Paar oder nicht?” brachte Graham die Sache auf den Punkt. Riley blickte ihn einen Moment lang an. “Ich denke schon, dass wir das sind. Ich würde sie jedenfalls als meine Freundin bezeichnen.” “Habt ihr das nicht geklärt?” “Nicht so richtig”, mußte Riley einräumen.

Während sich Graham und Riley unterhielten, war Willow damit beschäftigt, ihrer besten Freundin die Unterlagen der letzten Stunden von Professor Walsh‘ Unterricht auszuhändigen. “Ich sollte mir wirklich angewöhnen, meinen Schlaf außerhalb des Colleges nachzuholen”, murmelte Moira frustriert. “Du hast eine anstrengende Pflicht zu erledigen, da kann dir niemand einen Vorwurf machen”, beruhigte Willow sie. “Wie soll ich Maggie Walsh das erklären? Irgendwann wird sie mich zur Rede stellen, ich weiß es. Und was sage ich ihr dann? Tut mir leid, Professorin, ich konnte für die Prüfung nicht lernen, weil ich Vampire zur Strecke bringen mußte?” spottete Moira und strich sich eine lange Haarsträhne zurück, die ihr ins Gesicht fiel.

“Das klingt nicht besonders überzeugend, auch wenn wir wissen, dass es der Wahrheit entspricht.” “Du sagst es. Ich muß mir wirklich etwas anderes einfallen lassen. So kann es jedenfalls nicht weitergehen.” “Wir werden schon eine vernünftige Lösung für dieses Problem finden, Moira. Aber jetzt erzähle mir, wie es mit Lindsey läuft. Kommt ihr klar, jetzt, wo du mit ihm eine Wohnung teilst?” wechselte Willow das Thema. Moira lächelte zart, als sie den Namen ihres Freundes vernahm. Alleine das reichte aus, um sie ins Schwärmen zu bringen.

“Es ist wunderbar. Lindsey ist ein Engel.” “Inwiefern?” “Bevor er morgens das Haus verläßt, macht er mir Frühstück, und stellt es neben dem Bett ab. Er duldet meinen Musikgeschmack, obwohl sich der grundsätzlich von seinem unterscheidet. Manchmal glaube ich wirklich, dass ich das alles nur träume.” “Du kannst es ruhig für Realität halten.” “Dessen bin ich mir bewußt. Und wie geht es mit Riley voran? In den letzten Tagen hast du viel Zeit mit ihm verbracht”, stellte Moira sachlich fest.

“Er ist echt niedlich. Ich bin es nicht gewohnt, so umworben zu werden, wie Riley es tut. Er gibt mir Sicherheit und alles, was ich brauche.” “Ich wußte doch, dass du dich in ihn verliebt hast.” “Sieht man mir das so deutlich an?” “Ich kenne dich lang genug, um darauf aufmerksam zu werden, Willow. Riley ist ein guter Mann - normal, solide und sehr nett. So beurteile ich ihn jedenfalls.” “Er ist mehr als das. Ich habe ihm von Oz erzählt”, sprach Willow mit einem ernsten Ausdruck in den Augen.

“Alles über Oz?” “Ich habe ihm nicht gesagt, dass mein letzter Freund ein Werwolf war. Aber das er mich hintergangen und betrogen hat. Riley weiß es.” “Und wie hat er reagiert?” “Sehr verständnisvoll. Ich bin froh, dass ich ihm begegnet bin. Dank Riley konnte ich die Sache mit Oz vollständig verarbeiten.” “Darüber bin ich sehr erleichtert. Los Angeles hat uns beiden Glück gebracht.” “Ja, es war die richtige Entscheidung, hier her zu kommen. Du hattest Recht, als du dich entschlossen hast, diesen Schritt zu wagen. Sunnydale steht in Verbindung mit den schlechten Dingen, die wir erlebt haben”, führte Willow aus.

“Das hat sicher auch mit dem Höllenschlund zu tun, der solange aktiv war. Doch den haben wir endgültig still gelegt. Es ist sehr ruhig geworden seit der Höllenschlund geschlossen ist. Und wenn Dämonen dort den Weltuntergang planen, wären wir trotzdem die Ersten, die davon erfahren würden. Zur Zeit sorge ich mich viel mehr über diese Soldaten. Es zerrt an meinen Nerven, dass wir noch immer nicht mehr wissen.” “Das geht nicht nur dir so. Auch Giles findet das sehr unheimlich. Wir haben nur keine Ahnung, an welcher Stelle wir noch recherchieren sollen, um an Informationen zu gelangen”, seufzte die junge Hexe schwer.

“Sie laufen mir auch nicht mehr über den Weg. Ich habe das Gefühl, sie meiden mich. Und bist jetzt ist mir noch keiner aufgefallen, der sich in meiner Nähe seltsam verhält, so dass man darauf schließen könnte, wer der Soldat war, der mich erkannt hat.” “Vielleicht hatte Xander doch Recht, als er meinte, eine Verschwörung steckt dahinter.” “Das glaube ich noch immer nicht, Willow. Welches Interesse hätte die Regierung auch daran, die Dämonenwelt auszuspionieren”, gab Moira zu Bedenken.

“Und wenn er damit gar nicht so Unrecht hat? Könnte doch sein, dass die Regierung tatsächlich Wind von der Sache bekommen hat.” “Wieso haben die mich dann nieder geschlagen?” erkundigte sich Moira herausfordernd. “Vielleicht weil sie nichts von deiner Identität wissen und jetzt genau so verwirrt sind wie wir.” “Du meinst, dass diese Soldaten gar keine Kenntnisse über die Existenz einer Jägerin haben? Das sie gar keine Ahnung haben, was ich eigentlich tue?” hakte die auserwählte Kriegerin verblüfft nach.

Bejahend nickte Willow. Dieser Gedanke war ihr schon vor einiger Zeit gekommen, doch bis jetzt hatte sie noch nicht die passende Gelegenheit gefunden, es auch anzusprechen. “Damit könntest du gar nicht so falsch liegen, Willow. Sie haben jedenfalls nicht so reagiert, als hätten sie erwartet, der Jägerin gegenüberzustehen.” “Und wir sollten nicht vergessen, woher das Militär seine Befehle erhält. Wenn es richtige Soldaten der US-Armee waren, dann können sie den Auftrag, Dämonen einzufangen, nur von der Regierung erhalten haben.” “Ich finde diese Behauptung dennoch absurd”, kommentierte Moira trocken.

“Mir ist das auch nicht geheuer, aber wir sollten diese Möglichkeit wenigstens in Betracht ziehen”, schlug Willow vor. “Mit dieser Option müssen wir uns beschäftigen. Ich will endlich erfahren, was diese Soldaten mit den Dämonen machen, die sie in ihre Gewalt bringen. Die Vorstellung, dass sie mit ihnen bloß eine Tasse Kaffee trinken, halte ich nicht für sehr glaubwürdig.” “Ich werde mich darum kümmern und meine Recherchen in Richtung Armee lenken”, versprach Willow, als sie ihr Buch zuschlug.

Die beiden Frauen packten ihre Sachen zusammen und erhoben sich von dem Tisch, an dem sie sich zurück gezogen hatten. Als sie den Raum verlassen wollten, erblickte Willow Riley, wie dieser sich von seinem Freund verabschiedete und auf sie zukam. “Ich lasse dich besser alleine”, raunte Moira ihr zu. Sie begrüßte Riley fröhlich, als sie an ihm vorbeiging, und verließ die Cafeteria. Am Gang holte sie ihr Handy hervor, das ein Geschenk von Lindsey war, und wählte dessen Nummer.

Lindsey saß gerade in einer Besprechung mit Lilah Morgan und einem Mandanten, als das Klingeln seines Handys ertönte. Genervt blickte seine Kollegin ihn an. “Entschuldigen Sie mich”, sprach Lindsey, als er das kleine Gerät hervorholte und aufstand. “McDonald”, meldete er sich geschäftlich. “Ich hoffe, ich störe dich nicht bei einem wichtigen Termin”, ertönte Moiras Stimme. Ein kurzes Lächeln huschte über Lindseys Lippen, als die Glastür zum Besprechungsraum hinter ihm zufiel. Mit nur einem Satz schaffte Moira es, ein warmes Gefühl in ihm auszulösen, dem er sich gar nicht entziehen wollte.

“Gibt es einen bestimmten Grund, weshalb du mich anrufst?” “Ich wollte nur deine Stimme hören. Verstoße ich damit gegen ein Gesetz, Herr Anwalt?” zog Moira ihn auf. “Mir würde keines einfallen. Aber ich hege trotzdem den Verdacht, dass du etwas ganz anderes willst.” “Willow hat mich auf eine Idee gebracht - was diese Soldaten angeht.” Lindsey warf einen Blick zu Lilah, die ihn stumm aufforderte, wieder zu dem Gespräch zu stoßen. “Können wir darüber reden, wenn ich zu Hause bin? Ich habe eine Besprechung, Liebling”, erklärte Lindsey.

“Tut mir leid, ich wollte dir nicht dazwischenfunken.” “Das hast du nicht. Und zerbrich‘ dir nicht so sehr deinen hübschen Kopf über diese Gestalten. Hab Geduld, Moira, es wird sich mit Sicherheit aufklären”, sprach er ihr Mut zu. “Davon gehe ich aus. Ich liebe dich”, erwiderte sie und beendete das Gespräch. Für einen langen Moment blickte Lindsey auf sein Handy und ließ es dann wieder in seiner inneren Jackentasche verschwinden. Ihr Anruf war genau zur richtigen Zeit gekommen. Es hatte ihm eine kurze Pause von der trockenen Unterhaltung geschenkt, die er zu führen hatte.

Lindsey straffte die Schultern und ging wieder hinein, um den Mandanten zu beraten. Er war wegen Betruges angeklagt und Wolfram & Hart sollten einen Freispruch erwirken. “Ich hoffe, Sie haben sich gut amüsiert”, bemerkte Lilah spitz. “Es ging um ein Geschäft”, erwiderte er bloß. Er würde seiner Firma keinen einzigen Hinweis darauf geben, dass sich in seinen Privatleben soviel verändert hatte. Die Liebe, die er für Moira empfand, ging nur ihn allein etwas an - egal, ob sie die Jägerin war oder nicht.

In der Zwischenzeit verschwand Moiras Handy in ihrem Rucksack. Sie beobachtete Riley und Willow, wie sie sich zärtlich küßten und ein paar einschmeichelnde Worte wechselten. “Sie geben wirklich ein schönes Paar ab”, sprach sie zu sich selbst und reihte sich dann in die Menge der Studenten ein, die an der Cafeteria vorbei strömten. Das Willow bereit war, sich ernsthaft auf Riley Finn einzulassen, nahm ihr die Sorgen, die sie sich insgeheim gemacht hatte. Es war ein eindeutiges Zeichen dafür, dass Oz Vergangenheit war. Riley würde es gelingen, ihre Freundin wieder glücklich zu machen, davon war Moira felsenfest überzeugt.

“Hast du heute Nachmittag schon etwas vor?” erkundigte sich Riley, als er mit Willow die Universität hinter sich ließ. “Eigentlich nicht. Willst du etwas unternehmen?” “Ich würde gerne mit dir zum Strand fahren, um ein wenig zu entspannen.” “Das hört sich gut an.” “Dann kannst du mir auch mehr von deinem Leben in Sunnydale erzählen.” “So viele spannende Geschichten gibt es da nicht”, wich Willow aus. “Ich bin mir sicher, dir fallen noch einige ein”, wischte Riley ihren Einwand beiseite. Dies war der einzige Weg, der ihm einfiel, um mehr Informationen über Moira Summers zu erhalten.

“Wir werden sehen. Holst du mich in einer Stunde ab?” “Ja. Ich muß zuvor noch etwas im Studentenheim erledigen, doch dann widme ich mich völlig dir.” “Das klingt vielversprechend”, sprach Willow lächelnd und genoß seinen Kuss. Sie berührte ihn zärtlich an der Wange, bevor sie sich auf den Heimweg machte. Riley blieb an den Ort, wo sie ihn zurück gelassen hatte, solange stehen, bis er sie nicht mehr sah. Erst danach schlug er den Weg zu seiner Verbindung ein. Innerhalb der Initiative stand eine Besprechung mit Maggie Walsh an. Sie wollte den aktuellen Stand ihrer Nachforschungen hören. Doch Riley wußte, er mußte die Frau, die er so sehr respektierte, enttäuschen. Die Wahrheit sah düster aus. Nach wie vor wußten sie rein gar nichts über Moiras Absichten, weshalb sie sich in die Dämonenwelt einmischte.

Seufzend warf Lindsey einen Blick auf seine Armbanduhr. Er hatte einige Besprechungen und ein Geschäftsessen hinter sich. In ihm erwachte die Sehnsucht nach Moira. Er vermißte sie über den Tag und war froh, wenn er nach Hause kam, um mit ihr ein paar romantische Stunden verbringen zu können. Doch zuerst hatte er noch ein schwieriges Gespräch zu überstehen. Holland Manners hatte seine bedeutungsvollsten Mitarbeiter zusammen gerufen. Er hatte dafür keinen Grund angegeben, aber Lindsey wußte instinktiv, es ging um Moira. Das Projekt verlief in völlig andere Richtungen, als die Seniorpartner und Holland Manners sich das vorgestellt hatten.

Und nun mußte er ihnen Rede und Antwort stehen, weshalb die Jägerin noch immer nicht die Räume von Wolfram & Hart betreten hatte. Langsam bekamen die Seniorpartner das Gefühl, dass Lindsey die ganze Sache unnötig in die Länge zog. Dieses Gespräch, das kurzfristig angeordnet worden war, diente ausschließlich dazu, damit er sein Verhalten rechtfertigte. Sie werden mich nicht zu dem bringen, was sie mit Moira vorhaben, dachte er entschlossen und stieß die zweiflügige Tür auf.

“Lindsey, auf Ihre Pünktlichkeit ist immer Verlaß”, sprach Holland, der am Ende des langen Tisches saß und ihn erwartungsvoll anblickte. Er deutete auf den Stuhl an seiner rechten Seite. Lindsey wich vor dem Blick seines Vorgesetzten nicht zurück und folgte ruhig dessen Aufforderung. Innerlich war er jedoch nicht so gelassen wie er sich äußerlich gab. Seine Nerven zitterten wie noch nie zuvor. Er wußte, was Mitarbeiter erwarteten, wenn sie sich der Firma gegenüber nicht mehr loyal zeigten. Wolfram & Hart bestraften so etwas mit einem qualvollen Tod.

Lilah Morgan betrat mit zwei weiteren Anwälten den Raum und sie setzten sich auf die letzten freien Stühle. “Da nun alle eingetroffen sind, nach denen ich verlangt habe, können wir anfangen. Die Seniorpartner sind beunruhigt. Das Projekt um die Vampirjägerin weist kaum Ergebnisse auf, die sie zufriedenstellen. Lindsey, können Sie mir erklären, warum Sie die Jägerin noch nicht her gebracht haben, so wie ich es Ihnen befohlen habe”, erkundigte sich Holland scharf.

“Das ist nicht so einfach. Sie vertritt die Meinung, nicht auf eine Anwaltskanzlei angewiesen zu sein.” “Dann lassen Sie sich etwas einfallen. Es wird doch nicht so schwer sein, ihr eine Lüge aufzutischen, die glaubhaft ist”, knurrte Holland. “Bei allem Respekt, Mr. Manners, Moira Summers ist eine intelligente Frau. Sie hat immer alleine gekämpft und weiß, dass sie unsere Hilfe nicht braucht. Ihr klar zu machen, dass sie an ihrem jahrelangen System etwas ändern soll, ist keine Arbeit von heute auf morgen”, erklärte Lindsey sachlich.

“Und wenn sie auch nur einen Anhaltspunkt erhält, welche Dinge in diesen Gebäude wirklich geschehen, wird sie uns mit allem bekämpfen, was ihr zur Verfügung steht. Die Linie dazwischen ist sehr dünn und ich muß achtgeben, über was ich sie in Kenntnis setze.” “Ist die Jägerin schwierig?” “Ein wenig. Nach wie vor ist sie auf der Hut, scheint niemanden so recht zu vertrauen, den sie nicht aus Sunnydale kennt”, log Lindsey und betete innerlich, dass dies überzeugend klang.

“Hat sie Ihnen von ihrer Vergangenheit erzählt?” hakte Holland nach. “Ein paar Dinge konnte ich in Erfahrung bringen.” “Hat die Jägerin einen Mann namens Lester erwähnt?” Sobald Lindsey den Namen von Moiras Ex-Freund wahrnahm, lief eine Erstarrung durch seinen Körper. Dieser Kerl hatte ihr geschadet, wo er eine Möglichkeit sah. Er hatte ihren Tod gewollt. Und durch die Erzählung Moiras konnte er nicht behaupten, diesen Hexenmeister besonders gut leiden zu können.

Warum kam die Sprache nun auf Lester? Moira hatte ihn eigenhändig getötet. Er war schon lange kein Thema mehr. Wollte Wolfram & Hart ihn etwa ins Spiel bringen? Ein ungutes Gefühl zog sich durch seine Brust. Seine Firma beschäftigte sich viel mit Ritualen und Zaubersprüchen. Dadurch bestand durchaus eine Chance, dass sie Lester unter Umständen sogar auf diese Welt zurückholen konnten. Wenn dies tatsächlich geschah, würde Moira eine Begegnung mit ihrem schlimmsten Alptraum nicht gut aufnehmen. Lester hatte ihr schon einmal das Leben zur Hölle gemacht, und wenn es in seiner Macht stand, würde Lindsey verhindern, dass dieser eine solche Handlung noch einmal in Betracht zog. Aber all das mußte er für sich behalten. Holland Manners durfte keinen Verdacht bekommen, dass Lindsey gegen seine Entscheidungen war, die er in Bezug auf die Jägerin traf.

“Es fällt ihr nicht leicht über diese Geschichte zu sprechen.” “Doch sie hat sich Ihnen anvertraut?” bohrte Holland nach. Ein leichtes Nicken war Lindseys einzige Antwort. “Dann brauche ich Sie über den mächtigen Hexenmeister ja nicht weiter aufklären.” “Er ist gefährlich.” “Nur für die Jägerin und ihre Freunde. Wir müssen dafür sorgen, dass sie geschwächt wird. Ihre Freunde geben ihr Stärke.” “Und was wollen Sie damit sagen?” “Wir werden Moira Summers von ihrer Gang trennen, damit sie anfällig für Ihren Vorschlag ist, Lindsey. Wir werden diese unliebsamen Subjekte beseitigen und ihr einen Feind entgegenstellen, den sie alleine nicht in die Knie zwingen kann”, beschloß Holland und lehnte sich in seinen teurem Ledersessel zurück.

Die Qual seiner Lügen und das schlechte Gewissen, das daraus entstand, überwältige Lindsey wie ein einziger Schlag. Die Bedeutung hinter diesen Worten war ihm deutlich bewußt. Es schnürte ihm regelrecht die Luft ab. Er glaubte, nicht mehr richtig atmen zu können. “Sie wollen Lester wieder zum Leben erwecken”, murmelte er entsetzt. “Genau das ist unser Plan. Er ist der Einzige, der der Jägerin den Wind aus den Segeln nehmen kann.” “Aber ... er ist nicht vertrauenswürdig”, begehrte Lindsey heftig auf, um dieses riskante Vorhaben zu stoppen.

“Wir werden ihn schon kontrollieren können”, sprach Holland zuversichtlich. “Und was genau soll er tun?” “Der Jägerin den Krieg ansagen. Er weiß, wie man sie schwächen kann. Wenn er ihre Freunde getötet hat, wird er sie quälen, wo er nur kann. Irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, an dem sie völlig verzweifelt ist. Da werden Sie sich einschalten und Moira Summers unser Angebot unterbreiten. Sie wird nicht anders können als es anzunehmen.” “Und dann? Lester wird noch immer für uns arbeiten. Moira wird niemals Menschen vertrauen, die ihr diesen Kerl auf den Hals hetzen”, zischte Lindsey aggressiv.

Die Entschlossenheit, mit der Lindsey gegen diese Idee vorging, kam Holland Manners seltsam vor. Fragend hob Holland eine Augenbraue. Seit einiger Zeit verhielt Lindsey sich anders. Dieses neue Verhalten war ihm ein Rätsel. Er entfremdete sich immer mehr von seinen Arbeitskollegen und dem Unternehmen. Nach wie vor war er ein genialer Anwalt, der stets das Beste für seine Mandanten herausholte, doch ansonsten ging er jeglicher Konversation innerhalb von Wolfram & Hart aus dem Weg. Und so sehr er sich auch bemühte, dies nicht zu deutlich zu offenbaren, war es Holland dennoch nicht entgangen.

“Haben Sie etwas daran auszusetzen?” “Ich will nur, dass Ihnen klar ist, wie unsicher diese Vorgehensweise ist”, besänftigte Lindsey seinen Chef. “Lester ist nur Mittel zum Zweck. Er soll uns helfen, die Jägerin zu uns zu führen. Und wenn dies geschehen ist, wird er beseitigt. Ms. Summers selbst wird nie von diesen Trick erfahren. Stellt das noch immer ein Problem für Sie dar, Lindsey?” “Nein, Mr. Manners, gewiß nicht. Ich will nur die Gewißheit haben, dass alles ohne großartige Zwischenfälle und nach unserer Zufriedenheit abläuft”, erklärte er unbeeindruckt.

“Ich teile diese Meinung mit Ihnen. Lilah wird sich um die Vorbereitung des Rituals kümmern. Sobald alles erledigt ist, informieren Sie mich, verstanden?” sprach Holland und richtete seine Aufmerksamkeit auf die Anwältin. “Sie können sich auf mich verlassen. Es wird schnell und ohne Aufsehen vonstatten gehen”, versprach diese. “Ich weiß, dass meine Mitarbeiter stets das Herausragendste für diese Firma wollen. Lindsey, bleiben Sie an der Jägerin dran, und stehen Sie ihr bei, wenn sie den Verlust ihrer Freunde erlebt. Sie wird eine Schulter brauchen, an der sie sich ausweinen kann”, meinte Holland und erhob sich.

Die Anwälte warteten, bis ihr Chef den Raum verlassen hatte, und gingen wieder an ihre Arbeit. “Auf diesen Lester bin ich schon sehr neugierig. Er hat der Kriegerin viel Ärger bereitet und ihr eine Angst wie kein anderer Gegner eingejagt. Er muß etwas besonderes sein, wenn er dazu in der Lage war”, kommentierte Lilah, die an Lindseys Seite das Büro hinter sich ließ. “Sie scheinen nicht sehr scharf auf dieses Kennenlernen zu sein. Sagen Sie bloß, Lindsey, Sie sorgen sich um Ihr Mädchen?” amüsierte sie sich über den ernsten Gesichtsausdruck ihres Gegenübers.

“Haben Sie etwas gesagt, Lilah?” schreckte Lindsey aus seinen Gedanken, der ihr nicht einmal richtig zugehört hatte. Zu sehr fürchtete er sich vor dem, was Wolfram & Hart für einen Schmerz bei Moira mit ihrer Tat hinterlassen würden. Sie würde es niemals verkraften, die Menschen zu verlieren, die ihr soviel bedeuteten. Und er würde mit dem Wissen darüber nicht leben können. Wenn er schwieg und sie diesen Verlust erlebte, würde er sich dies nie verzeihen. Es würde ihm nicht gelingen, ihr jemals wieder in die Augen sehen zu können.

“Fürchten Sie sich um die Sicherheit Ihrer Kleinen?” wiederholte Lilah ihre Frage. “Meine Kleine?” sprach Lindsey verwirrt. “Die Jägerin, schon vergessen? Das Mädchen, die unter Ihrer Beobachtung steht?” “Sie kann ganz gut auf sich selbst aufpassen. Es ist nicht nötig, dass ich mich um sie sorgen muß”, erklärte er knapp und ließ Lilah einfach stehen. Das, was er gerade zu ihr gesagt hatte, war nur eine weitere Lüge. Lindsey empfand die schrecklichste Angst seines Lebens. Nicht einmal die Begegnung mit dem Werwolf hatte ihn so verängstigt wie das Vorhaben, das unweigerlich auf Moira zusteuerte.

Lindsey hatte sein Büro erreicht und warf die Tür mit einem lauten Geräusch ins Schloß. Er riß eines der Fenster auf, um frische Luft in seinen Gesicht zu spüren. Vielleicht half das, damit er sich beruhigte. Niemals hatte er es soweit kommen lassen wollen. Aber das, was Wolfram & Hart jetzt gegen Moira planten, mußte er unterbinden. Es mußte einfach einen Weg geben, um sie davor zu bewahren. Lindsey konnte unmöglich dabei zusehen, wie man die Frau, die er mehr liebte alles andere, zerstörte. Und es gab nur eine Möglichkeit, die ihm einfiel, um all das nicht wahr werden zu lassen. Er mußte Moira die Wahrheit gestehen, selbst wenn er drohte, sie dadurch für immer zu verlieren.

~ 3. ~

Rockige Musik hallte durch das Apartment als Lindsey seinen Aktenkoffer neben der Tür abstellte und sein Jackett auszog. Moira stand im Wohnzimmer und bearbeitete den Sandsack, den sie in einer Ecke aufgestellt hatte. Sie trug ein weißes Top und eine enganliegende Trainingshose. Egal, welche Kleidung sie auch bevorzugte, sie sah in allem bezaubernd aus. Moira schien zu spüren, das er den Raum betreten hatte, da sie sich mit einem strahlenden Lächeln zu ihm umdrehte.

Das machte es Lindsey nicht gerade leichter mit der Wahrheit heraus zu rücken. Dieses Geständnis würde das Schwerste werden, was er jemals in seinen Leben hatte durchführen müssen. Moira griff nach der Fernbedienung für die Stereoanlage und drehte die Lautstärke auf eine leisere Stufe. “Kann ich dir jetzt von der Idee erzählen, auf die Willow mich gebracht hat oder willst du zuerst etwas essen?” erkundigte sie sich. “Ich muß mit dir reden”, begann Lindsey und ließ sich schwach auf die Couch fallen. Seine Nachdenklichkeit sagte genug aus, damit Moira bewußt wurde, dass ihm etwas schwer auf der Seele lastete.

Sie ließ den Sandsack außer acht und setzte sich neben ihm. Mit einem aufmunternden Blick griff sie nach seiner Hand und umschlang sie mit der ihren. “Kann ich trotzdem anfangen? Ich muß das loswerden, Lindsey”, drängte sie ungeduldig. “Erzähle schon, was dich beschäftigt”, forderte er sie mit einem milden Lächeln auf. Er liebte ihre Sponanität und die Begeisterung, mit der sie an so viele Dinge heran ging. Sie erfüllte ihn mit Leben. Und wenn sie ihn verließ, würde sie all das mitnehmen und ihn in der Einsamkeit zurücklassen.

“Erinnerst du dich daran, dass Xander bei meinen Einzug eingeworfen hat, die Soldaten könnten zu einer Verschwörung der Regierung gehören?” “Du hast das damals für absurd gehalten”, murmelte Lindsey. “Vielleicht hat er damit aber genau ins Schwarze getroffen. Wenn das richtige Soldaten waren, gehören sie der US-Armee an.” “Und was will das Militär von Dämonen?” “Das weiß ich noch immer nicht, doch wenn ich mit dieser Vermutung Recht habe, kommen die Befehle von ganz oben. Findest du das jetzt völlig abgedreht?” erkundigte sich Moira mit einem Stirnrunzeln.

“Nein, eigentlich nicht. Ich muß zugeben, so abwegig ist das gar nicht, wenn man ernsthaft darüber nachdenkt”, kommentierte Lindsey. “Es kann doch sein, dass die gar nichts über die Existenz der Prophezeiung und der Jägerin wissen.” “Du meinst, dass sie sich nicht erklären können, woher deine Stärke kommt und du die Dämonen besiegen kannst?” hakte er nach. “Sie stellen sich genau so viele Fragen wie wir über ihre Identität. Zwar sagt das noch immer nicht viel aus, doch es ist ein Anfang, in welche Richtung wir recherchieren müssen”, führte sie ihre Erzählung zuende.

Moira streckte ihre Hand aus und strich Lindsey zärtlich durch das Haar. Sie beugte sich zu ihm und küßte ihn mit all der Liebe, die mit jedem neuen Tag, der verging, stärker wurde. “Wieviel du mir bedeutest, ist dir gar nicht klar, Lindsey McDonald. Wenn jemand dein Leben bedrohen würde, würde ich bis zum letzten Blutstropfen kämpfen, um dich zu retten. Niemand darf dich mir wegnehmen. Das würde ich nicht verkraften. Es würde mich zerbrechen, nicht mehr in deiner Nähe sein zu können. Ich würde für dich sterben”, gestand sie ungewöhnlich offen.

“Sag so etwas nicht”, widersprach er. Seine Stimme war fast nur ein Flüstern. Energisch schüttelte er den Kopf und erhob sich. Unruhig wanderte Lindsey auf und ab. Die Worte, die er soeben erfahren hatte, machten es ihm unmöglich, sie jetzt auf diese grausame Art und Weise zu verletzen, wenn er eine Beichte vor ihr ablegte. Ich habe ihre Liebe, ihr Vertrauen zu mir einfach nicht verdient, dachte er immer und immer wieder. Er konnte diesen Gedanken nicht mehr abschütteln. Es brannte sich in seine Seele und hielt ihn gefangen.

“Lindsey, was ist los? Seit Tagen schon verhältst du dich so seltsam. Du wirkst oft so geistesabwesend. Willst du mir nicht sagen, was dich bedrückt. Du kannst mit mir über alles reden”, sprach Moira sorgenvoll. “Hast du Probleme in der Arbeit? Bereitet dir ein Fall Schwierigkeiten?” “Das ist es nicht”, wich Lindsey aus. Die Fürsorglichkeit, mit der Moira sich um seinen Zustand erkundete, zerriß sein Herz in tausend Einzelteile. Sie kümmerte sich so liebevoll um ihn und er beging einen solchen Verrat an ihr. Wie konnte er erwarten, dass sie ihm verzieh, wenn er selbst nicht dazu in der Lage war.

“Was ist es dann? Verdammt, Lindsey, rede mit mir! Sag irgend etwas, um mir zu erklären, was dich so sehr mitnimmt! Ich will dir doch nur helfen”, begehrte Moira heftig auf. “Das kannst du aber nicht”, erklärte er wütend. Der Zorn, den er in sich spürte, richtete sich allein gegen ihn. Wie hatte er auch nur glauben können, dass dieses ganze Projekt einen guten Ausgang haben würde? Warum, zum Teufel, hatte er sich überhaupt bereit erklärt, es zu übernehmen? Er würde nicht in diesen Schwierigkeiten stecken, wenn er es von Anfang an abgelehnt hätte, daran zu arbeiten.

Moira hielt es auf der Couch nicht mehr aus und kam an seine Seite. Zart legte sie ihm eine Hand auf die Wange. “Erzähl es mir”, bat sie eindringlich. “Was auch immer es ist, wir werden eine Lösung finden.” Bittend sah sie ihn an, wollte erfahren, was ihn anscheinend so sehr quälte. Es war der Augenblick, an dem er den Mund aufmachen und seine ganzen Lügen gestehen sollte. Doch ihm fehlte der Mut. Er brachte es nicht übers Herz, ihr denselben Schmerz zuzufügen, wie Lester es einst getan hatte. Lindsey schaffte es nicht, ihr in die Augen zu sehen und ihr mitzuteilen, welche Rolle sie bei Wolfram & Hart spielen sollte.

“Es geht nur um eine Entscheidung, die mein Vorgesetzter bezüglich einer Mandantin getroffen hat. Ich bin damit nicht einverstanden”, seufzte er schwer. “Und warum sagst du ihm das nicht?” “Holland zu widersprechen ist keine gute Idee. Im Endeffekt wird er sowieso tun, was er beschlossen hat - egal, wer dagegen ist.” “Und was willst du jetzt tun?” erkundigte sie sich. “Ich werde versuchen, meine Mandantin vor Schaden zu schützen. Mehr steht nicht in meiner Macht.” “Du wirst schon das Richtige tun, Lindsey, davon bin ich überzeugt”, sprach Moira zuversichtlich. Um ihm aufzubauen, schlang sie ihre Arme um seinen Nacken und spendete ihm mit ihrer Umarmung Trost und Zuversicht.

Lindsey hielt die Jägerin einfach nur fest, betete innerlich, dass er wirklich wußte, wie er die tödliche Gefahr, die auf Moira zu rollte, von ihr und ihren Freunden abwenden konnte. Es mußte einfach einen Weg geben, Lesters Rückkehr aufzuhalten, ohne das Wolfram & Hart mißtrauisch wurden. Er bewegte sich schon seit Wochen auf dünnen Eis. Und es war nur eine Frage der Zeit, bis es unter ihm nachgeben und er einbrechen würde. Seine Gewissensbisse nahmen immer mehr zu. Und der Tag würde unweigerlich kommen, an dem jede Seite über die Wahrheit in Kenntnis gesetzt werden würde. Lindsey spürte, dass eine Katastrophe auf sie alle zukam und dies würde mehr als nur Moiras Vertrauen fordern, das ihm aus den Händen gleiten würde.

[Drei Tage später]

“Es ist alles vorbereitet”, verkündete Lilah fröhlich. “Sie waren fleißig. Sind Sie sicher, dass Ihnen in der Hektik kein Fehler unterlaufen ist?” hakte Lindsey mißtrauisch nach. “Im Gegensatz zu Ihnen, arbeite ich effektiv, um die Wünsche der Firma auf den einfachsten Weg zu erfüllen”, sprach die Anwältin ironisch. “Gute Arbeit, Lilah”, lobte Holland seine Angestellte zufrieden. “Hat die Jägerin eine Ahnung, was auf sie zukommt, Lindsey?” “Nein, sie ist völlig ahnungslos”, erklärte er, bemühte sich, die Bitterkeit in seiner Stimme nicht durchbrechen zu lassen.

“Alles verläuft genau nach Plan. Nehmen Sie sich heute Nacht nichts vor, Herrschaften. Um Punkt Mitternacht wird der Hexenmeister Lester aus der Hölle zurück auf die Erde geholt. Wir machen den schlimmsten Alptraum der Jägerin wieder lebendig. Lilah, holen Sie die Schriftrolle von Abashan aus dem Tresorraum. Diese benötigen wir für die Wandlung. Der Tacor-Dämon ist bereit?” “Ja, Sir. Er wartet nur darauf, das Ritual beginnen zu können.” “Fabelhaft! Dieses Ritual wird etwas besonderes. Sorgt dafür, dass alles zur rechten Zeit in den Tempel kommt, damit wir rasch anfangen können”, sprach Holland und schickte seine Leute wieder an die Arbeit.

“Lindsey, bleiben Sie noch einen Moment”, rief Holland hinter den beiden Anwälten. Einem schweren Seufzer folgend nickte Lindsey zustimmend und blieb stehen. Aufmunternd klopfte Lilah ihrem Kollegen auf die Schulter und zog diskret die Türen des Büros hinter sich zu. Es bedeutete nie etwas gutes, wenn ein Vorgesetzter bei Wolfram & Hart alleine mit einem Mitarbeiter sprechen wollte. Meistens wurde einem der Kopf wegen einem Vergehen - und sei es noch so klein - gewaschen. Aber ein solches Gespräch konnte auch mit dem Tod enden.

“Was kann ich noch für Sie tun, Mr. Manners?” erkundigte sich Lindsey. “Sie werden hoffentlich nicht schwach, Lindsey.” “Ich verstehe nicht ganz. Worauf wollen Sie hinaus?” “Ich habe Sie schon immer für ein außergewöhnliches Talent gehalten und das nicht nur im Gerichtssaal. Sie sind eine Bereicherung für dieses Unternehmen, einer der besten Anwälte, die ich je gesehen habe. Sie wissen, worauf es ankommt und wie weit man manchmal gehen muß, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen”, begann Holland und blickte dabei aus dem Fenster, um das Treiben auf der Straße zu beobachten.

“Sie waren stets sehr kompetent, loyal und verschwiegen. Das sind nach wie vor die besten Eigenschaften, um in dieser Firma voran zu kommen. Schon während Sie noch studiert haben, hatte ich das Gefühl, dass Sie sich von den anderen Studenten hervorheben. Ich gab Ihnen diese Chance bei Wolfram & Hart, weil ich überzeugt war, Sie wären wie für uns geschaffen. In Ihnen steckt großes Potential, Lindsey. Sie sind noch jung und werden es noch zu viel mehr bringen, als Sie es schon erreicht haben. Die Voraussetzung dafür ist natürlich, dass Ihr Vertrauen bei uns bleibt und Sie sich nicht anderen Personen von außerhalb zuwenden”, sprach er vielsagend.

“In letzter Zeit habe ich aber Zweifel an meinen Glauben zu Ihnen bekommen.” “Gab ich Ihnen Anlaß dafür?” hakte Lindsey unbeeindruckt ein. Er wußte, dass Holland seine Veränderung sehr wohl bemerkt hatte. Doch bis jetzt hatte er die Hoffnung gehabt, dass dieser es niemals ansprechen würde. “Spielen Sie nicht den Unschuldigen, Lindsey. Wir wissen beide, dass Sie sich nicht mehr so locker und frei in diesen Räumen bewegen wie früher. Es scheint, als hätte sich Ihre Anwesenheit bei Wolfram & Hart zu einer Qual entwickelt. Korrigieren Sie mich, wenn ich mit meiner Meinung falsch liege”, kommentierte Holland gelassen.

“Ich kann Ihnen auch sagen, weshalb Sie sich gefangen fühlen, Lindsey”, setzte er sofort nach. “Tatsächlich?” Irritiert blickte Lindsey seinen Gegenüber an. “Sie fühlen sich etwas einsam, nicht wahr? In den vergangenen Jahren haben Sie sehr viel gearbeitet. Die meiste Zeit verbringen Sie im Büro. Ich habe den Eindruck, nach Hause fahren Sie nur um zu duschen, sich umzuziehen und ein wenig zu schlafen. In ihrem Alter sollte man nicht alleine leben. Nehmen Sie sich das Recht heraus, nicht mehr bis spät nachts hier herum zu sitzen”, sprach der Ältere auf den ehrgeizigen, jungen Anwalt ein.

“Sie brauchen ein Privatleben, Lindsey, jemanden, der auf Sie wartet, wenn Sie nach Hause kommen. Ansonsten verlieren Sie noch den Blick für die Probleme und Schwächen unserer Mandanten. Gehen Sie öfter aus, lernen Sie eine hübsche Frau kennen und ordnen Sie ihr Leben außerhalb dieser Kanzlei. Nehmen Sie sich die Zeit, sich der Liebe hinzugeben. Es tut Ihnen nicht gut, wenn Sie soviel alleine sind. Ich will nicht, dass Sie irgendwann verbittert zur Arbeit erscheinen. Das ist nicht die Moral und Einstellung dieses erfolgreichen Unternehmens”, meinte Holland und drehte sich zu Lindsey um.

“Haben Sie Ihre Meinung bezüglich Lester geändert?” griff er nun auf ein neues Thema zurück. “Tut mir leid, Mr. Manners, nein habe ich nicht. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass es keine besonders gute Idee ist. Vielleicht irre ich mich, aber ich traue diesem Lester nicht.” “Sie haben eine Schwäche für sie”, stellte Holland lächelnd fest. “Für wen?” “Die Jägerin hat es Ihnen angetan. Ist das womöglich der Grund, weshalb Sie einen Versuch unternommen haben, mich umzustimmen? Sie wollen das Mädchen nicht in Gefahr sehen. Erinnern Sie sich an meine Warnung, die ich Ihnen am Anfang dieses Projektes mitgeteilt habe?” erkundigte er sich und entließ Lindsey nicht aus dem scharfen Blick, mit dem er ihn betrachtete. Dies paßte so ganz und gar nicht zu dem freundlichen Tonfall in seiner Stimme.

“Ich habe es nicht vergessen”, murmelte Lindsey gequält. “Eindringlich warnte ich Sie davor, sich nicht in dieses Mädchen zu verlieben. Ich dachte, Sie hätten verstanden, wie wichtig die Jägerin für die Seniorpartner ist. Wenn Sie Gefühle tieferer Art dieser Frau entgegenbringen, könnte daraus ein ernsthaftes Problem entstehen.” “Sie verstehen das falsch, Mr. Manners. Ich hege keinerlei Emotionen für die Jägerin”, log Lindsey, obwohl ihm dies sehr schwer über die Lippen kam. Mit diesen Worten verriet er ihre Liebe und hinterging Moira damit ein weiteres Mal.

“Habe ich es verdient, dass Sie mir ins Gesicht lügen, Lindsey, nach allem, was ich für Sie möglich gemacht habe?” tadelte Holland seinen Mitarbeiter. “Ein Blick in Ihre Augen genügt, um festzustellen, wie sehr die Jägerin Sie fasziniert.” Durchdringend sah Holland ihn an. Lindsey war bewußt, dass er ein wenig seiner Gefühle einräumen mußte, damit sein Vorgesetzter nicht weiter nachfragte. Wenn er Holland nichts gab, was ihn zufriedenstellte, würde sein Mißtrauen nur noch schlimmer werden.

“Ich muß gestehen, dass sie eine sehr attraktive Frau ist. Vielleicht bringe ich ihr tatsächlich eine gewisse Schwäche entgegen”, sprach Lindsey zögernd. “Sind Sie verliebt?” “Es ist keine Liebe, aber mehr als Sympathie”, wich er geschickt aus, damit er nicht in die Situation kam, seine tiefen Emotionen, die er für Moira hegte, kategorisch zu verneinen. “In Ihrem Alter wurde ich auch oft von meiner Leidenschaft überwältigt. Solange Sie das jedoch im Griff haben, sehe ich kein Problem darin, Lindsey”, seufzte Holland und legte dem Jüngeren väterlich eine Hand auf die Schulter.

“Bekommen Sie Ihr Gefühlsleben wieder unter Kontrolle. Zur Zeit erscheinen Sie mir etwas durcheinander, was ich durchaus nachvollziehen kann, wenn man seine Freizeit mit einer solchen Frau wie der Jägerin verbringt. Aber sorgen Sie dafür, dass es Ihnen gelingt, sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren. Dieses Projekt darf nicht zu mehr für Sie werden”, sprach Holland und verließ den Besprechungsraum. Lindsey blieb alleine zurück und war sich durchaus der stummen Drohung bewußt, die in der Aussage von Holland Manners aufgetaucht war.

Wenig später ging er in sein Büro zurück. Er konnte sich selbst verfluchen, weil er so dermaßen feige war, dass er nicht den Mut fand, Moira in sein Geheimnis einzuweihen. Wenn Lindsey dies nicht tat, ließ er eine Katastrophe zur Realität werden. Wie sollte er der Jägerin erklären, dass er bei der Wiederauferstehung ihres verhaßten Ex-Freundes dabei gewesen war und nichts unternommen hatte, um diesen Alptraum zu verhindern? Sie würde ihm diese Handlung nie verzeihen.

Vor wenigen Tagen war er fast soweit gewesen all seine Lügen zu gestehen. Aber in der letzten Sekunde hatte er erst wieder einen Rückzieher gemacht. Er wollte Moira nicht verlieren, wußte aber, dass genau das geschehen würde, wenn sie die Wahrheit erfuhr. Lindsey legte den Kopf in den Nacken und schloß die Augen. Sein Schicksal hatte ihn zu einer Weggabelung gebracht, die in zwei verschiedene Richtungen führte. Er mußte eine endgültige Entscheidung treffen, welche Handlung er durchführen wollte. Und diesmal mußte er es durchziehen, ohne erneut kurz vor dem Ziel stehen zu bleiben.

~ 4. ~

Im Haus der Gang hatten sich alle nach Sonnenuntergang versammelt. Die Theorie, dass die Soldaten von der Regierung persönlich gefördert wurden, hatte bei Giles für Verwirrung gesorgt. So ganz glaubhaft fand er diese Erkenntnis noch nicht. “Vielleicht sollten wir wirklich vom Standpunkt des Militärs ausgehen und diesen Bereich näher untersuchen”, schlug Moira vor, die nach dieser Unterhaltung auf ihre nächtliche Patrouille gehen wollte.

“Ich bin noch immer nicht davon überzeugt”, murmelte Giles. “Ich habe auch Probleme, mich damit abzufinden. Andererseits könnte durchaus ein Funke Wahrheit dran sein. Immerhin waren sie gekleidet und haben sich auch benommen wie Soldaten.” “Worauf willst du hinaus?” “Sie wissen schon, Giles, strenge Haltung, detaillierte Ausführung ihres Handelns, fast lautlose Bewegungen. Ein Verhalten, wie man es von richtigen Soldaten erwartet. Ich kenne mich mit Schußwaffen zwar nicht so gut aus, aber für mich sahen die, die sie bei sich trugen, sehr professionell aus”, führte Moira sachlich aus.

“Diese Kerle wußten auf jeden Fall, was sie tun. Vertrauen Sie auf meinen Instinkt. Ich spüre, dass Willow mit ihrer Vermutung Recht hat.” “Warum bist du dir da so sicher?” hakte Giles nach. “Sie ist eine Hexe, und mir reicht das, um ihrem inneren Gefühl Glauben zu schenken”, erklärte Moira und warf ihrer besten Freundin einen stolzen Blick zu. Diese kommentierte das nur mit einem fröhlichen Lächeln. Sehnlichst hoffte Willow, dass sie sich nicht täuschte, was die Identität dieser geheimnisvollen Soldaten anging.

“Dann sollten wir diese Theorie überprüfen”, beschloß Giles. “Ich würde gerne dabei helfen, aber die Jägerin wird an der Front gebraucht. Meine Nachtwache ruft”, sprach sie mit einem schiefen Grinsen. “Sei vorsichtig! Und halte die Augen nach den Soldaten offen. Es würde uns sehr helfen, wenn du einem begegnen würdest, den wir ausfragen können”, bemerkte Giles und begleitete sie zur Haustür. “Ich warte ebenfalls auf eine solche Gelegenheit. Glauben Sie mir, wenn ich auch nur einen von denen in die Finger kriege, wird er gründlich von mir verhört”, versprach Moira und trat in die kühle Nacht hinaus. Und während die Jägerin ihrer Pflicht nachging, suchten ihre Freunde erneut nach Hinweisen auf diese seltsame Störung in der Dämonenwelt.

Zur selben Zeit befand sich Lindsey in einem alten Tempel, der einst für schwarze Rituale erbaut worden war. Dieser befand sich ungefähr eine Autostunde außerhalb von Los Angeles. Sorgfältig war dieses Gebäude für die Rückkehr Lesters ausgesucht worden, da Wolfram & Hart gewährleisten wollte, dass die Jägerin ihnen nicht dazwischenfunkte. Im Gegensatz zu Lilah und Holland Manners, die sich in seiner Begleitung befanden, fühlte sich Lindsey alles andere als wohl bei dem Vorhaben, das in wenigen Minuten vor ihren Augen beginnen würde.

Das Innere des Tempels war mit Feuerfackeln und mit vielen Kerzen ausgestattet, deren Flammen leise vor sich hin brannten. Alles mußte traditionell ausgestattet sein, um überhaupt die Voraussetzungen für dieses Ritual zu erfüllen. In der Mitte des Raumes stand eine große Box, an der fünf Vampire angekettet waren. Die Kreaturen der Nacht zogen heftig daran, um sich zu befreien, doch dies gelang ihnen nicht. In ihren gelben Augen konnten die Anwesenden ihre Angst lesen, die sie in sich verspürten. Was auch immer die Menschen mit ihnen vorhatten, den Vampiren war klar, dass es nicht gut für sie enden würde.

Von den Geschöpfen der Dunkelheit entfernt standen drei Männer in schlichten, braunen Mänteln, deren Kapuzen sie tief ins Gesicht gezogen hatten. Sie hielten ihre Köpfe gesenkt und warteten nur darauf, den Anfang des Rituals durchführen zu dürfen. Lindseys Blick fiel auf den Tacor-Dämon, der die letzten Feuerfackeln entzündete. Er war hochgewachsen, ungefähr zwei Meter groß, und trug eine einfache Bekleidung, wie sie wohl nur für Dämonen akzeptabel war. Außer dem Hemd und der Hose, wobei dieser mehr wie ein äußerst seltsamer Rock wirkte, trug er einem dunkelroten Umhang und schwere Stiefel.

Ruckartig drehte der Dämon sich um und kam auf Holland Manners zu. Seine Haut war eine Mischung aus grün und grau, je nachdem, in welchem Licht er gerade stand. Lilah mußte schwer schlucken, als sie die Finsternis in seinen Augen wahrnahm. Sie waren völlig schwarz, schienen den Menschen die Hölle zu zeigen, die er auch schon hinter sich hatte. Er nickte Holland kurz zu. “Ist alles vorbereitet?” erkundigte sich dieser unbeeindruckt. “Ich habe nur auf das Erscheinen von Wolfram & Hart gewartet”, erklärte der Tacor-Dämon mit einem breiten Grinsen.

“Ohne ein kleines Detail, das sich in den Händen der Menschen befindet, kann ich mit diesem Ritual nicht beginnen.” “Dessen bin ich mir bewußt. Wir haben das besagte Stück dabei”, sprach Holland und richtete seinen Blick aufmerksam auf Lilah. Diese holte aus ihrer Aktentasche eine Schriftrolle und überreichte sie dem Dämon. “Die Schriftrolle von Abashan”, flüsterte die Kreatur und entrollte sie vorsichtig, um das alte Papier nicht zu zerreißen. Geschickt suchte er nach dem Absatz, den er benötigte, und las es sich im Stillen kurz durch, um festzustellen, dass es sich um die richtigen Worte handelte.

Inzwischen bog Moira von der Universität ab und betrat einen Park. Ihr Instinkt hatte sie dorthin gelockt, da dieser die Anwesenheit eines Dämons gespürt hatte. Der Feind war jedoch im Schutze der Dunkelheit untergetaucht, um der Jägerin aus dem Weg zu gehen. “Das wird dir aber auch nicht viel helfen”, murmelte Moira und ging in die Knie. Angestrengt lauschte sie den Lauten einer gewöhnlichen Nacht in der Großstadt. Sie sperrte die gewöhnlichen Geräusche aus und konzentrierte sich nur noch auf das Übernatürliche, um ihren Gegner zu lokalisieren.

In der nächsten Sekunde war sie auch schon wieder auf den Beinen und bewegte sich im Laufschritt Richtung Süden. Sie rannte an ein paar Parkbänken vorbei, setzte über Gebüsche hinweg und dann sah sie ihn - einen Dämon von beachtlicher Größe und mit einem äußerst grimmigen Gesichtsausdruck. Er maß mindestens dreieinhalb Meter und hatte tödlich wirkende Hörner auf dem Kopf. Sein Körper war mit einem eigenartigen braunen Fell überzogen, was sich jedoch deutlich von den Tieren auf der Erde unterschied. An einigen Stellen konnte sie seine Haut erkennen, die ein häßliches blau aufwies.

An seinen Gelenken waren Eisenteile befestigt, die ihm wohl Schutz vor Schlägen oder Tritten spenden sollten. Außer seiner dämonischen Stärke besaß er noch eine Axt, wie Moira im künstlichen Licht - das von den Straßenlaternen kam, die im Park aufgestellt waren - erkennen konnte. Körperlich war er ihr eindeutig überlegen und auch, was seine Kraft betraf, hegte die Jägerin die Vermutung, dass er es locker mit ihr aufnehmen konnte. Aber dieser Dämon war nicht der Erste, dessen Erscheinungsbild sie bei weitem überragte. Letztendlich war keiner dieser riesigen Geschöpfe bei einer Auseinandersetzung mit der Auserwählten lebend davon gekommen.

“Suchst du vielleicht mich?” ertönte Moiras Stimme in der Finsternis. Ruckartig fuhr der Dämon herum, der in einer Mülltonne gewühlt hatte. Ein breites Grinsen huschte über seine Lippen. “Jägerin, ich werde dich in den Boden rammen”, drohte er ihr. Genervt verdrehte Moira die Augen. Drohungen dieser Art hörte sie seit ihrem ersten Tag als Jägerin. “Träum weiter, Süßer! Weißt du nicht, dass man das Eigentum von fremden Personen in Ruhe läßt? Man bringt auch nicht ihren Müll durcheinander. Die Unordnung, die du damit am Boden angerichtet hast, kann die Stadt wieder aufräumen”, kommentierte Moira trocken und griff an. Sie sprang in die Luft, um ihm einen Tritt gegen die Brust zu verpassen, doch prallte mit voller Wucht dagegen und fiel ins Gras. Mit einem freudigen Knurren packte der Dämon sie an den Haaren.

Aus der Ferne beobachteten Riley und Forest den Kampf. Sie waren in dieser Nacht für die Überwachung von Moira Summers zuständig. “Unmöglich kann sie diesen Dämon erledigen”, murmelte Riley kopfschüttelnd. “Vielleicht überschätzt sie sich diesmal”, erwiderte Forest, ohne den Blick vom Geschehen abzuwenden. “Wir sollten ihr helfen”, beschloß Riley. “Wir haben den Befehl erhalten, jeden ihrer Schritte im Auge zu behalten. Professor Walsh sagte nicht, dass wir uns einmischen dürfen”, widersprach Forest energisch.

“Dieser Dämon wird sie töten, wenn wir nichts unternehmen. Und dann werden wir nie erfahren, weshalb sie sich so gut ihrer Haut erwehren kann. Das Mysterium um ihre außergewöhnliche Stärke wird immer ein Geheimnis bleiben”, erklärte Riley forsch. Forest wandte ihm den Kopf zu und bedachte seinen Freund mit einem langen Blick. “Und wenn sie uns erkennt? Wir dürfen unsere Identität nicht preis geben.” “Wozu haben wir unsere Skimasken? Wir setzen sie auf und helfen ihr, dieses Wesen zur Strecke zu bringen. Danach verschwinden wir wieder”, schlug der Soldat vor.

“Was ist, wenn deine Idee schief geht?” “Alle Konsequenzen, die das betreffen, nehme ich auf meine Kappe. Ich bin dein Vorgesetzter, Forest, und in solchen Situationen muß ich vor Ort entscheiden, wie wir vorgehen.” “Ist das dein letztes Wort?” erkundigte sich Forest mißmutig, obwohl er wußte, dass Riley Recht hatte. Wenn sie unterwegs waren, lag es an ihm, die Befehle von Maggie Walsh auszubreiten oder einzusehen, dass sie sich einen besseren Zeitpunkt für ihre Mission aussuchten. Dies hier war eine dieser Handlungen, wo Riley alleine bestimmte, wie es weiter ging. Sie konnten auch keine Rücksprache mit der Initiative halten, da sie ihre Funkgeräte in der Zentrale gelassen hatten, um Moira durch die Geräusche keinen Hinweis auf ihre Verfolger zu geben. Dies war einfach eine Frage ihrer eigenen Sicherheit gewesen, da dieses Mädchen in der Lage war, sie grün und blau zu schlagen.

Forest griff nach seiner schwarzen Skimaske und zog sie sich über den Kopf, so wie Riley es bereits getan hatte. Die beiden Männer gaben ihre Deckung auf und stürmten los. Schmerzhaft stöhnte Moira auf, als der Dämon sie gegen den Container schleuderte. Bevor es ihr gelang, sich aufzurichten, war er schon wieder bei ihr und warf sie durch die Luft. “Jetzt habe ich aber genug”, zischte die Jägerin wütend, als sie brutal am Boden landete. Schwungvoll stieß sie sich ab und packte den rechten Arm des Dämons. Sie drehte ihn herum und versuchte nach seiner Axt zu greifen, um ihn zu erledigen.

Doch die Kreatur schien genau das erwartet zu haben. Mit einer einzigen Bewegung entriß er Moira seinen Arm und wollte nach ihr treten, aber die Jägerin konnte sich geschickt aus dem Weg rollen. In diesen Augenblick nahm sie wahr, wie sich ihnen jemand schnell näherte. Sie hob den Kopf und sah die beiden vermummten Soldaten, die zu ihrem Kampf stießen und sich um den Dämon kümmerten. Dies machte es der Auserwählten möglich, kurz Luft zu holen, bevor sie sich wieder einmischte.

Ohne sich verbal zu verständigen, gingen sie zu dritt auf den Dämon los und bearbeiteten ihn mit harten Schlägen. Riley und Forest griffen jeweils nach einem Bein des Gegners und zogen ihm den Boden unter den Füßen weg. Einem überraschten Schrei folgend fiel das Wesen wie ein Baum um. Seine momentane Hilflosigkeit nutzte Moira aus, um seine Axt in ihren Besitz zu nehmen. Die ihr fremden Soldaten beschäftigten ihn weiterhin mit roher Gewalt. Aber ein Dämon seiner Größe konnte sich leicht aus so etwas befreien. Er packte die Beiden an ihren Jacken und schleuderte sie von sich fort.

Riley und Forest segelten durch die Luft und landeten einige Meter entfernt im Gras. Sie gaben sich einem leidvollen Stöhnen hin, während sie wieder auf die Beine kamen. Durch Rileys Brust zog sich ein unangenehmer Schmerz und er befürchtete stark, dass er sich einige Rippen gebrochen hatte. Eine solche Verletzung war das Letzte, was er gebrauchen konnte. Forest legte ihm eine Hand auf die Schulter. “Bist du verletzt?” erkundigte er sich besorgt. “Das kann ... ich nicht genau sagen”, seufzte Riley schwer und richtete sich trotz seiner Qualen auf.

Währenddessen schlug Moira auf den Dämon ein, um dafür zu sorgen, dass sein Oberkörper nach vorne fiel. In ihrem Kopf war eine Idee entstanden, wie sie diese riesige Kreatur zu Fall bringen konnte. Als Riley erneut eingreifen wollte, hielt Forest ihn zurück. “Bevor du dich wieder in einen Kampf stürzt, mußt du untersucht werden. Ansonsten machst du eine mögliche Verletzung nur schlimmer.” “Wir können sie ihm nicht überlassen”, protestierte Riley heftig. “Ich glaube, jetzt kommt sie ganz gut alleine klar”, sprach Forest mit ernster Miene.

Als die beiden Soldaten ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Dämon und seine zierliche Gegnerin lenkten, schwankte dieser bereits gefährlich. Leicht kippte seine Brust nach vorne. Moira umfaßte fest den Griff ihrer geliehenen Waffe und nahm Anlauf. Kräftig stieß sie sich von der Erde ab und sprang auf die linke Schulter des widerlichen Geschöpfes. Heftig richtete sich die Kreatur auf, um sie abzuschütteln, doch da holte Moira mit der Axt aus und die Klinge bohrte sich durch sein nachgiebiges Fleisch. Sie durchtrennte Muskeln und Knochen, und enthauptete ihren Feind.

Der Körper fiel widerstandslos um, jedoch ohne Jägerin, die in der letzten Sekunde absprang und sich in Sicherheit brachte. Moira warf die Axt achtlos beiseite und stützte sich mit den Händen auf ihren Knien ab. Sie mußte mehrmals tief Luft holen, um ihre Atmung wieder zu stabilisieren. Hinter ihr standen noch immer Riley und Forest. Dieser versuchte, seinen Freund dazu zu bewegen, endlich das Weite zu suchen, bevor Moira noch auf eine dumme Idee kam und sie aushorchen wollte.

Doch Riley war nicht von der Stelle zu kriegen. Bewundernd sah er Willows Freundin an. Eine solche Handlung, wie sie es gerade vollbracht hatte, würde keinem aus der Initiative jemals gelingen. Sie stand weit über ihnen und konnte kämpfen, wie nicht einmal der beste Soldat es nach jahrelangen Training auch nur annähernd in die Tat umsetzen konnte. Wer war sie wirklich? Was waren ihre Gründe, zu tun, was sie nun einmal tat? Woher kam ihre Stärke, die sich niemand aus der geheimen Organisation erklären konnte? All diese Fragen stürzten wie aus dem nichts auf Riley ein.

Moira wandte sich ihren beiden Helfern zu. Ohne deren Einmischung hätte der Kampf wohl länger gedauert und hätte sie wahrscheinlich all ihre Kraftreserven gekostet. Eingehend studierte sie die Männer, hielt den Blick des einen völlig gefangen, der sie regelrecht anstarrte. “Als erstes muß ich mich für eure Unterstützung bedanken. Und jetzt will ich wissen, wer ihr seit”, forderte die Jägerin zu erfahren und kam näher. Forest packte seinen Begleiter am Handgelenk. “Komm‘ schon, Riley, wir müssen verschwinden! Denk an die Geheimhaltung, der wir uns verpflichtet haben”, erklärte er hastig und setzte sich in Bewegung.

Als er mitgezogen wurde, setzte Rileys Verstand wieder ein. Sie hatten viel zu lange gewartet, um im Schatten der Nacht ab zu tauchen. Hastig schlug er dasselbe Tempo wie sein Freund an. Verwirrt runzelte Moira die Stirn. Hatte sie soeben den Namen Riley vernommen? Nein, das kann nicht sein, schüttelte die Jägerin energisch den Kopf. Aber ihr Instinkt riet ihr, diesen Gedanken zu verfolgen. Bin ich etwa auf der richtigen Spur? fragte sich Moira, als sie die Verfolgung aufnahm. Noch einmal würde sie diese Soldaten nicht entkommen lassen. Diesmal würden sie ihr Rede und Antwort stehen.

Vier Straßen weiter verlangsamten die beiden Männer ihren Lauf und blieben schließlich stehen. Sie sahen über ihre Schulter, konnten Moira aber nirgendwo entdecken. “Anscheinend haben wir sie abgehängt”, erklärte Forest und entledigte sich der Skimaske. “Ich glaube nicht, dass sie noch hinter uns her ist”, pflichtete Riley ihm bei und zog sich ebenfalls die Maske aus. Als sie aus der Seitengasse heraustraten, die sie genommen hatten, zuckten sie zusammen. Vor ihnen stand eine kampfbereite Moira Summers, die sich unter Umständen auch eine Prügelei liefern würde, um von ihnen die Wahrheit heraus zu bekommen.

“Riley Finn?” stieß sie entsetzt aus und starrte Willows Freund fassungslos an. Sie hatte eine Abkürzung durch den Park gewählt, um die Beiden einzuholen. Anscheinend kannten Riley und Forest nicht alle Schleichwege in der Gegend. “Das glaube ich ja nicht! Du zählst zu diesen Soldaten, die mich nieder geschlagen haben”, warf sie ihm vor. Riley strich sich sein kurzes Haar zurück und stieß innerlich einen unschönen Fluch aus, den er aber in Gegenwart einer Frau niemals laut aussprechen würde. Schweigend standen sich die Drei gegenüber und keiner wußte so genau, wo er bei der Geschichte anfangen sollte. Die Stille der Dunkelheit wehte über ihre Köpfe hinweg.

Außerhalb von Los Angeles warteten die Mitarbeiter von Wolfram & Hart geduldig auf die Rückkehr eines lebendigen Alptraumes. Die drei Männer, die dem Tacor-Dämon bei dem Ritual halfen, gingen mit jeweils einer weißen Kerze in der Hand um die Box herum, die eigens für diesen Zweck besorgt worden war. In sicherer Entfernung begannen sie mit ihrem Text, ohne Gefahr zu laufen, dass die verängstigten Vampire sie angreifen und schwer verletzen konnten.

“Wir haben einen heiligen Schrein geschaffen und ihn mit Öl gesalbt. Wir haben vom Blut der Lebenden genommen und die lebenden Toten versammelt”, sprachen sie einstimmig und im lauten Tonfall. Respektvoll traten sie zur Seite und überließen dem Tacor-Dämon das Feld. “Und geschrieben steht, sie sollen den Weg bereiten und die Tore der Hölle sollen sich öffnen”, las dieser aus der Schriftrolle vor. “Der, welcher oben weilt, soll erbeben. Denn der, welcher unten war, soll aufsteigen. Die Welt wird erkennen, die Bestie, und die Bestie die Welt”, rief er energisch.

Die Bedeutung seiner Worte jagten den gefangenen Vampiren die grausamste Furcht ein, die sie jemals in ihrem Leben - als Mensch, aber auch als Kreatur der Finsternis - gespürt hatten. Hastig zerrten sie an ihren Ketten, kamen jedoch nicht frei. Instinktiv wußten sie, dass sie verloren waren. Solche Rituale endeten für Diejenigen, die geopfert wurden, immer mit dem Tod. Es gab für die fünf Vampire kein Entrinnen. Was auch immer die Menschen auf die Erde zurück holten, ihre Unsterblichkeit wurde Demjenigen geschenkt, um damit wieder in das Leben einzutauchen.

Ohne auf die heftige Gegenwehr der Vampire zu achten, fuhr der Tacor-Dämon ungerührt mit dem Ritual fort. Wenn es ihm gelang, den mächtigen Hexenmeister zurück zu holen, würde Wolfram & Hart ihn reichlich belohnen - mit allem, was er sich wünschte. “Fünf haben keinen Atem”, sprach er und trat hinter den ersten Vampir. Die drei Männer, die ihre Gesichter nicht zeigten, nahmen ihren nächsten Part in Angriff. “Doch sie leben”, riefen sie. Der Tacor-Dämon schritt zur nächsten Kreatur der Nacht.

“Fünf, denen Zeit nichts mehr gibt”, las er vor. “Doch sie leben”, erwiderten seine drei sterblichen Helfer. Der Weg des Dämons führte ihn zum nächsten Untoten, der für dieses Ritual auserwählt worden war. “Fünf haben keine Seele.” “Doch sie leben.” “Fünf kennen die Sonne nicht mehr.” “Doch sie leben.” “Fünf sind tot”, erklärte der Tacor-Dämon, als er hinter dem letzten Vampir stand, der an dieser Zeremonie teilnehmen mußte. “Doch sie leben”, führten die Männer in den braunen Mänteln aus.

Sobald sie diese schicksalshaften Worte zuende gesprochen hatten, zerfielen die Vampire zu Staub. Ein heftiger Wind kam hoch und riß den Aschenregen, den die Kreaturen des Schattens hinter sich ließen, mit sich. Ein wahrer Tornado hatte die Box für sich beansprucht. Der Wirbelsturm wurde immer stärker und löschte das Feuer einiger Fackeln. Mit unnachgiebiger Stimme ging der Tacor-Dämon zum lateinischen Teil des Rituals über und beschwor mit seinen Ausführungen die dunkelsten Mächte, die existierten. Es verlieh dem Ganzen die Stärke, die nötig war, um ein bereits getötetes Wesen aus der Unterwelt zurück zu holen.

Die Box wurde von einem hellen Licht erfaßt, das regelrecht im Innenraum des Tempels explodierte. Die Anwesenden mußten die Augen abwenden, um keinen ernsthaften Schaden davon zu tragen. “Erscheine, mächtiger Lester, und zeige uns deine Stärke”, rief der Tacor-Dämon, um die Sache voran zu treiben. Ihm war durchaus bewußt, dass er sein Leben verlieren würde, wenn dieses Ritual nicht das gewünschte Ergebnis erzielte. Wolfram & Hart duldeten kein Versagen und würden ihn beseitigen, sollte dies nun eintreffen.

So schnell wie das Licht gekommen war, war es auch wieder verschwunden. Die Box stand noch immer an derselben Stelle wie zuvor. “Öffnet sie sofort! Ich will wissen, ob es funktioniert hat”, befahl Holland scharf, der sich als erstes aus seiner Erstarrung löste. Die drei Helfer des Tacor-Dämons traten an die schwere Box heran und entriegelten die Verschlüsse. Die Kiste brach regelrecht in ihre Einzelteile auseinander als sie aufgeklappt wurde.

Für einen kurzen Moment glaubten die Anwälte von Wolfram & Hart, dass sie leer wäre. Lindsey wünschte es sich mehr als alles andere, doch seine Bitte wurde ihm nicht erfüllt. Geschockt konnte er nur daneben stehen und nichts unternehmen, um den Plan noch aufzuhalten. Am Boden der Box lag ein schlanker Mann. Ein gequältes Keuchen drang über seine Lippen und er zitterte am ganzen Körper. Das blonde Haar war halblang und mit unsicheren Augen blickte er sich um. Seine Verwirrung konnte man deutlich erkennen. Er schien sich nicht erklären zu können, wo er war und weshalb man ihn an diesen Ort gebracht hatte.

“Mein Gott”, sprach Lilah leise aus. “Das war nicht Gott, sondern wir mit unserer Macht”, erklärte Holland zufrieden und nahm die Schriftrolle wieder an sich, die der Tacor-Dämon ihm überreichte. “Was auch immer Ihnen auf dem Herzen liegt, wir werden es in die Tat umsetzen. Kommen Sie morgen bei uns vorbei, damit wir uns über Ihre Belohnung unterhalten können”, bemerkte er anerkennend. Der Dämon nickte und verschwand in der Dunkelheit der Nacht. Ohne ein Wort folgten ihm seine treuen Anhänger, mit deren Hilfe er das Unmögliche wahr gemacht hatte. Der Hexenmeister Lester, der brutalste Feind der Jägerin, war wieder am Leben ...

To Be Continued ...


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