Title:
Der gefallene Engel, Teil 2 – Wiedersehen mit Folgen
Fandom:
Angel Summary: Nach der Rückgabe seiner Seele versucht Angel seine bösen Taten von einst wiedergutzumachen. Doch in Los Angeles kreuzt Tina erneut seinen Weg. Und ihr einziges Ziel ist es, ihren Meister zurück zu bekommen ... Disclaimer: Die Charaktere von Angel gehören nicht mir, sondern Joss Whedon, David Greenwalt und anderen. Diese Story ist FanFiction mit der weder Geld verdient, noch Rechte verletzt werden sollen. Ich schreibe sie nur zu meinen Vergnügen. Note: Der zweite Teil des gefallenen Engels (den Titel habe ich mir von einer deutschen Buffy-Folge ausgeliehen) spielt in der Gegenwart. Für Angel ist die Begegnung mit seiner ehemaligen Schülerin kein Vergnügen. Es ist eher ... ein Wettlauf gegen die Zeit. Aber ich verrate nicht zuviel, sonst habt ihr ja keinen Grund mehr, die Story zu lesen. Viel Spaß damit!
Der
gefallene Engel, Teil 2 - Wiedersehen mit Folgen ~ Prolog ~ [Los Angeles/Amerika, Jahr 1999] Angel flog durch die Luft und landete krachend zwischen einigen Müllcontainern. Benommen schüttelte er den Kopf. Das war selbst für ihn ein harter Aufprall gewesen. Doyle, sein Weggefährte und Freund, kam dem Vampir zur Hilfe. Mit einen Holzpflock bewaffnet, ging er auf den kräftigen Vampir los, den Angel bekämpfte. Der Vampir lachte den Halbdämon jedoch nur aus und schleuderte ihn gegen einen Wagen. Zornig knurrte Angel und er spürte, wie der Dämon in ihm die Oberhand gewann. In Sekundenschnelle verwandelte er sich – spitze Zähne und gelbe Augen kamen zum Vorschein. Er stürzte sich auf den Vampir und rang mit ihm. Angel schlug ihm hart in den Magen. Der Vampir ging zu Boden und riß Angel von den Füßen, so das auch er das Gleichgewicht verlor und zu Boden stürzte. Der Vampir mit Seele sprang sofort auf die Beine und ging in Kampfstellung. Sein Feind stand ihm gegenüber. „Verräter“, knurrte er provozierend. Angel wußte, wie das gemeint war. Als Angelus hatte er gewütet und die Menschen in Angst und Schrecken versetzt. Doch dann hatte ihn sein Weg nach Rumänien geführt. Dort hatte sich alles verändert. Er hatte sich an dem falschen Mädchen vergriffen – ein Zigeunermädchen. Die Stammesältesten hatten sich nach ihrer Ermordung die perfekte Strafte für ihn ausgedacht. Sie hatten ihm seine Seele zurück gegeben. Und seit dem litt Angel unter den Taten seines alten Ichs. Angel verzichtete auf einen Kommentar und schlug auf den Vampir ein. Er warf ihn auf ein altes, schrottreifes Auto. Aus dem Augenwinkel heraus, sah er, daß Doyle wieder auf die Beine kam. Angel zerschlug eine Holzkiste und vernichtete den Vampir mit dem provisorischen Pflock. „Wow! Das ... war ... war sehr aufregend“, sprach Doyle hinter dem auserwählten Krieger der ewigen Mächte. Angel drehte sich zu seinen Freund um und zuckte schwach mit den Schultern. „Nur ein Vampir, Doyle, nur ein Vampir.“ „Na hör mal“, protestierte Doyle heftig. „Der war ganz schön stark. Ich meine, ich weiß, das Vampire starke Kräfte haben, aber der ...“ Doyle unterbrach seinen Redeschwall. Er sah die ernste Miene. Angel schaute immer ernst und düster drein. Aber so ernst auch wieder nicht. „Ist alles in Ordnung? Du wirst so bedrückt“, erkundigte sich Doyle. Angel seufzte leise. „Er hat mich Verräter genannt.“ „Angel, du bist eben nicht so wie deine Artgenossen. Du tust etwas Gutes. Laß dir von dem doch nicht einreden ...“ „Ich weiß“, unterbrach Angel seinen Freund. „Es ist nur ... ich bin nicht nur der Auserwählte. Ich bin auch ein Sonderexemplar meiner Art.“ „Nimm es nicht so schwer. Du hast jetzt die Möglichkeit alles – was du getan hast – gutzumachen.“ Angel nickte leicht. „Komm, laß uns gehen.“ Angel ging zum Wagen voraus. Doyle folgte ihm. Die Beiden wußten nicht, daß sie beobachtet wurden. Auf einem Dach stand eine junge Frau. Ihr Äußeres verriet nicht ihr wahres Alter. Auf die Menschen machte sie einen normalen Eindruck; eine normale junge, blonde Frau mit einem mädchenhaften Charme. Der Wind ließ ihr Haar wehen. Ihre Hände waren in den Taschen ihres Mantels vergraben. Sie hatte den Kampf beobachtet, hatte gesehen wie Angelus jetzt für das Gute kämpfte. Tina seufzte leise. Was war nur aus ihrem Meister geworden? Lange Zeit waren sie gemeinsam durch die Welt gereist und hatten getötet und Unheil verbreitet. Irgendwann hatten sich ihre Wege getrennt. Sie hatten einfach Abstand voneinander gebraucht. Ein paar Monate später hatte Tina dieses Gerücht gehört. Das Gerücht, das Angelus seine Seele wieder hatte. Zigeuner hatten ihm das angetan. Und jetzt ... hatte sie ihn durch Zufall gefunden. Sie war nach L.A. gekommen um wieder in einer Großstadt zu leben – für einige Zeit. Und dann war ihr die Anzeige von ‘Angel Investigations‘ aufgefallen und die Unterwelt hatte ihr bestätigt, daß Angelus – jetzt Angel – diese Detektei führte. Er wollte etwas Gutes für die Menschen tun. Er wollte seine bösen Taten von einst irgendwie gutmachen. Tina schüttelte leicht den Kopf. Ein Lächeln huschte über ihre Lippen. „Angelus“, sprach sie leise und blickte dem Cabrio nach, das in der Dunkelheit davonfuhr.
~ 1. ~ „Er ist so still“, bemerkte Cordelia, als sie sah, wie Angel in seinen Büro saß und ein Buch las. Doyle hatte es sich auf dem kleinen Sofa gemütlich gemacht. „Er sieht schrecklich müde aus“, stellte er fest. „Vielleicht hatte er einen Alptraum. Das kann doch sein, oder? Träumen Vampire überhaupt?“ Cordelias Frage sichtete sich an Doyle, während sie einige Sachen in den Computer eintippte. „Ja, das tun sie. Ein Alptraum? Das könnte sein. Er ... er sieht wirklich müde aus. Angel sieht aus als hätte er sehr wenig geschlafen.“ „Ja, obwohl er ja schon tot ist und eigentlich nicht halbtot aussehen müßte. Doch er tut es. Er sieht aus als hätte er überhaupt nicht geschlafen. Einfach schrecklich“, sprach Cordelia in ihrer typischen Art. Doyle lächelte leicht. Wenn Cordelia Chase erst einmal zum reden anfing, konnte niemand sie unterbrechen. Sie redete und redete. Und dann brach Doyle mit einen Stöhnen zusammen. Verkrampft hielt er sich den Kopf. Eine Vision suchte ihn heim. „Oh Gott!“ Geistesgegenwärtig sprang Cordelia auf und riß die Tür zu Angels Büro auf. Der Vampir zuckte zusammen. Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet. „Doyle ... er hat eine Vision“, teilte Cordy ihm mit. „Hol ihm was starkes zum trinken“, befahl Angel und er sprang auf. Er eilte zu Doyle, obwohl er wußte, das er ihm nicht helfen konnte. Doyles Gesicht verzerrte sich und für einen Moment kam seine dämonische Hälfte zum Vorschein – sein stachelbestickter Nadelkopf. Doyle stöhnte leise. Die Bilder strömten auf ihn ein. Er sah entsetzliches. Und dann war die Vision auch schon wieder vorbei. Doyle sank in die Polster zurück und schloß quälend die Augen. Als er sie wieder öffnete reichte Cordelia ihm ein Glas und er schüttete den Whiskey in einen Zug hinunter. „Was hast du gesehen?“ brachte Angel die Sache auf den Punkt. Der Halbdämon richtete seinen geschockten Blick auf Angel; war unfähig, auch nur ein Wort zu sagen. „Doyle“, drängelte Cordelia ungeduldig. „Ich ... es handelte von dir, Angel“, sprach Doyle stockend. „Von mir?“ fragte der Vampir überrascht. „Ja, ich ... ich habe dich gesehen ... und eine junge Frau.“ Verwirrt blickte Cordelia von einem zum anderen. „Die Visionen haben doch immer mit ihm zu tun. Er ist schließlich dafür da diesen Menschen zu helfen.“ „Nein, nicht so. Angel kam direkt darin vor“, widersprach Doyle. „Tatsächlich?“ fragte sie unverständlich. Doyle nickte; unterließ diesen Versuch jedoch sofort wieder, da sich die Migräne bemerkbar machte, die er immer nach einer Vision hatte. „Was genau hast du gesehen?“ fragte Angel vorsichtig nach. Doyle Miene war eine Mischung aus Besorgnis und Schock. Was hatte ihn bloß so sehr aus der Fassung gebracht? „Ich konnte nicht sehen, was genau es war. Ich habe nur ... dich gesehen und diese blonde Frau. Aber es war nicht Buffy. Dazu die Leichen ... es war schrecklich. Du und die Frau ... ihr standet zwischen den Leichen und habt grausam gelacht. Ihr Name war ...“ Doyle überlegte einen Moment, aber er kam nicht drauf. „Tina“, sprach Angel trocken. „Ja, Tina war ihr Name“, bestätigte Doyle. Cordelia und der Halbdämon sahen wie Angel förmlich erstarrte. Er zuckte heftig zusammen, so als hätte jemand ihn geschlafen. Fassungslos schüttelte er den Kopf. „Das kann nicht sein“, flüsterte er. Angel fing an, unruhig auf und ab zu wandern. „Wer ist Tina?“ brach Cordelia schließlich das Schweigen. Erwartungsvoll blickte sie Angel an. Der Vampir seufzte leise und ging zur Treppe. Ohne ein Wort zu sagen ging er in seine Wohnung hinunter. „Das darf ja nicht wahr sein. Er verschwindet einfach“, protestierte Cordelia. Sie folgte Angel. Doyle zögerte leicht, ging er dann aber nach. Während Cordelia vor Neugier fast platzte, war er innerlich völlig ruhig. Er kannte diese Geschichte. Als man ihm aufgetragen hatte, Angel zu helfen, hatte man ihm auch erzählt, was mit der Vampirin Tina geschehen war. Und die Erwähnung ihres Namens, sowie seine Vision über Angel und sie beunruhigte ihn etwas. Doch noch würde Doyle über seine Bedenken schweigen. Vielleicht war ja alles nicht so schlimm. Und zuerst wollte er hören, was Angel dazu zu sagen hatte. „Angel, was ist los?“ hakte Cordelia energisch nach. Angel stützte sich auf dem Küchentisch ab und sah nicht auf. Er sprach kein einziges Wort; schien völlig seine Fassung verloren zu haben. „Angel?“ Nun schaffte er es, sich zu seinen Freunden umzudrehen. „Tina ist eine Vampirin“, gestand er mit leiser Stimme. „Sie ist ... eine sehr schöne, junge Frau. Sie war meine Gefährtin, meine Geliebte. Ich habe sie zum Vampir gemacht als ich noch Angelus war. Sie war Angelus‘ Vampirin, seine Tochter der Nacht“, flüsterte Angel und er ließ sich schwach auf dem Sofa nieder. „Das habe ich mir fast gedacht“, murmelte Doyle. „Du verstehst nicht“, widersprach Angel. „Als Angelus war ich äußerst besitzergreifend, wenn es um sie ging.“ Cordelia hatte einen Stuhl heran gezogen und setzte sich. „Wie wäre es, wenn du am Anfang der Geschichte beginnst?“ schlug sie sanft vor. Doyle lehnte an einer Säule. Angel schluckte schwer. Es fiel ihm nicht leicht, das alles zu erzählen. „Es passierte im Jahr 1885 in London. Tina war die Tochter eines angesehenen Bürgers. Ich sah sie und war sofort von ihr fasziniert. Ich erschlich mir ihr Vertrauen und machte sie zu einem Vampir. Sie war meine Schülerin und ...“ „Wo liegt das Problem?“ unterbrach Cordelia ihren Chef. Angels finsterer Blick traf sie, aber Cordelia ließ sich schon lange nicht mehr davon einschüchtern. „Okay, du hast sie zum Vampir gemacht als du böse warst. Du hast sie als deinen Besitz angesehen. Aber sie war ja nicht die Erste. Du hast einige zum Vampir gemacht und unterrichtet.“ Angel seufzte und fuhr sich durchs Haar. „Ich habe Zuneigung für sie empfunden. Angelus empfand etwas tiefes für sie“, gestand der Vampir leise. „Echt?“ rutschte es überrascht aus Cordelia heraus. Bejahend nickte Angel. Doyle hatte bis jetzt nichts gesagt. Doch nun meldete er sich zu Wort. „Tina war die Einzige für die Angelus etwas empfand, das man vielleicht sogar als Liebe bezeichnen kann“, sprach er ruhig. „Woher weißt du das?“ fragte Cordelia irritiert. Sie blickte von einem zum anderen. Doyle zuckte schwach mit den Schultern. „Immerhin wurde ich zu Angel geschickt. Ich mußte mich über ihn informieren. Jedenfalls, hat Tina Angelus viel bedeutet. Nicht einmal Darla hat je solche Gefühle in ihm geweckt. Sie beschlossen jedoch, sich für einige Zeit zu trennen. Die Beiden waren schließlich eine lange Zeit gemeinsam unterwegs gewesen. Und bald darauf bekam Angel seine Seele zurück. Tina stand Angelus in nichts nach. Er hatte ihr seine ganze Grausamkeit offenbart und ihr beigebracht genauso zu sein. Die Beiden empfanden für einander wirklich sehr viel Zuneigung.“ Angel nickte nur, um dies zu bestätigen. „Genauso war es“, murmelte er. „Und?“ fragte Cordelia. Angel blickte sie an, dann wanderte sein Blick zu Doyle. Doyle erkannte die Wahrheit in seinen Augen. Wissend nickte er leicht. „Cordy, Angelus ist noch immer da“, sprach Doyle ruhig. „Er ist noch immer in Angel und die Zuneigung für Tina auch. Angelus ist immer in Angel. Angel kämpft ständig gegen den Dämon in ihm.“ „Das weiß ich doch“, erwiderte die dunkelhaarige Schönheit hastig. „Ich weiß, daß der Dämon immer ein Teil von ihm sein wird.“ Angel erhob sich und ging unruhig in seiner Wohnung herum. „Angelus hat noch immer ein Gefühl für Tina. Das ... ich habe es unter Kontrolle, aber ...“ Er verstummte augenblicklich. „Angel, gib es etwas, was du uns verschweigst?“ hakte Doyle nach. Angel seufzte leise. „Sie ist hier“, gestand er. „Was?“ Doyles panischer Ausruf mischte sich mit dem von Cordelia. Angel hob den Kopf. „In letzter Zeit ... da habe ich viel von ihr geträumt. Ich bekam Erinnerungen über meine Zeit mit ihr.“ „Deshalb siehst du so unausgeglichen und ruhelos aus“, kommentierte Cordelia. „Ich fühle, das sie in der Nähe ist. Angelus fühlt es.“ „Du glaubst, sie weiß von deiner Anwesenheit?“ „Keine Ahnung! Es kann sein. Aber ich fühle ihre Nähe. Sie ist in Los Angeles“, murmelte Angel. „Und was willst du jetzt machen? Sie suchen?“ Leicht zuckte der Vampir mit den Schultern. „Du wirst sie nicht ausfindig machen. Wir machen das“, beschloß Doyle kurzerhand. „Machen wir das?“ fragte Cordelia skeptisch. Sie war nicht sehr begeistert von Doyles Vorschlag. „Ja, es ist zu gefährlich, wenn Angel nach ihr sucht. Wir können nicht sagen, was passiert, wenn er auf Tina trifft.“ Cordelia wußte, worauf er ansprach und auch Angel wußte es. „Angel, diese Vision war eine Warnung. Dessen bin ich mir sicher“, sprach Doyle. Doch der Vampir hörte ihm gar nicht mehr richtig zu. Doyle umfaßte Cordys Arm und führte sie zur Treppe. „Was soll das?“ protestierte sie heftig. „Es ist besser, wenn wir uns sofort an die Arbeit machen und Angel allein lassen. Diese ganze Sache nimmt ihn mit.“ „Du glaubst, das Angelus wieder ausbricht, wenn er auf Tina trifft?“ flüsterte Cordelia. „Kann sein. Aber wir müssen auf Nummer sicher gehen“, sprach Doyle nachdenklich. Die Vision war eindeutig eine Warnung gewesen. Das wußte er und es beunruhigte ihn zutiefst. Den ganzen Nachmittag waren sie damit beschäftigt Nachforschungen über Tina anzustellen. „Cordelia, schaue du bitte in den Büchern nach. Ich mache mich auf den Weg zu einer Bar, wo Dämonen gerne verkehren. Vielleicht wissen die dort mehr.“ „Okay, und was machen wir mit Angel?“ „Laß ihn in Ruhe“, riet Doyle ihr. „Ich bin bald wieder da.“ Dann fiel die Tür hinter dem Halbdämonen zu. Cordelia vertiefte sich wieder in die Bücher, die ausgebreitet auf ihrem Schreibtisch lagen. Sie war so sehr in ihre Recherchen vertieft, das sie gar nicht bemerkte, wie Angel die Treppe hochkam und sich in seinen Büro einschloß. Sie merkte es erst als Angel sich einen Kaffee holte. Er sah ganz schön mitgenommen aus. Die Erinnerungen an seine Zeit als Angelus und an Tina quälten ihn sehr. „Alles in Ordnung?“ fragte Cordelia vorsichtig nach. Angel zuckte nur mit den Schultern und ging auf ihre Frage nicht weiter ein. Er verschwand wieder in seinen Büro und schloß die Tür hinter sich. Für Cordelia ein eindeutiges Zeichen, das er auf gar keinen Fall gestört werden wollte. Besorgt beobachtete Cordy ihn einen Moment und widmete sich dann wieder ihren Recherchen. Doyle war bald wieder da. „Hast du was heraus gefunden?“ erkundigte sich Cordelia hoffnungsvoll. Verneinend schüttelte er den Kopf. „Niemand kennt eine Vampirin namens Tina. Entweder sie wissen es wirklich nicht oder sie verschweigen es uns. Es gibt nur einen Weg herauszufinden, wo sie sein könnte.“ Vielsagend blickte Doyle zu Angel. „Aber ...“ „Er kennt sie, Cordelia“, unterbrach Doyle den aufkeimenden Protest seiner Kollegin. „Tina war seine Schülerin und sie standen sich sehr nahe. Wenn jemand weiß, wo ist sie sich hier in L.A. aufhält, dann er. Ich bin mir ziemlich sicher, daß Angel weiß, wie sie denkt; wie sie handelt und vorgeht. Ich muß ihn darauf ansprechen.“ „Nein, Doyle“, widersprach Cordelia. „Was?“ Irritiert blickte Doyle sie an. Verneinend schüttelte Cordelia den Kopf. „Tue es nicht ... nicht jetzt. Du siehst doch selbst, wie fertig ihn diese Erinnerungen machen. Laß ihm ein wenig Zeit.“ „Cordelia, dein Mitgefühl in aller Ehren, aber die Sache ist äußerst ernst.“ „Und was ist, wenn du die Vision einfach falsch verstanden hast?“ „Nein, das habe ich nicht. Es war eine Warnung, das etwas schlimmes passieren wird“, sprach er mit ernster Stimme. „Okay, schon gut! Reg dich doch nicht gleich so auf, nur weil ich deine Vision in Frage stelle! Wir könnten ein Bild von ihr anfertigen. Dann brauchst du Angel damit nicht belästigen.“ „Ich habe sie nicht genau gesehen. Ich weiß nur, daß sie blond ist.“ „Klasse! Du bist echt toll“, sprach Cordelia ironisch. Doyle verdrehte die Augen. „Hast du was heraus gefunden?“ hakte er nach. „Nicht viel. Es steht nur einiges über Angelus und Tina in den Büchern. Sie waren echt grausam.“ Cordelia lief ein kalter Schauer über den Rücken. Doyle griff nach einem Buch, blätterte kurz darin und legte es schließlich wieder zur Seite. „Warum nimmt ihn das bloß so sehr mit?“ fragte Cordelia besorgt. „Weil Angel weiß, das Angelus für immer ein Teil von ihm ist. Und er erinnert sich daran wie Angelus zu Tina war. Das bereitet ihm Sorgen. Er weiß, das Angelus noch immer da ist.“ „Verstehe! Aber er kann doch nur seine Seele verlieren, wenn er einen Moment vollkommenen Glücks erlebt und Buffy ... ist kein Thema mehr.“ „Cordy, denk doch mal nach. Angel hat Angst, nicht stark genug zu sein, um gegen Angelus‘ Empfindungen anzukämpfen, wenn er Tina begegnet. Er hat Angst, die Kontrolle über seinen Dämon zu verlieren. Und du darfst nicht vergessen, der hat viele Jahre mit Tina verbracht ...“ Doyle brach ab als sich die Tür öffnete. Eine elegant, gekleidete Frau stand in der Tür. „Können wir Ihnen helfen?“ fragte Cordelia freundlich. Ein kleines Lächeln huschte über die Lippen der blonden Frau. Skeptisch blickte Doyle sie an. Sie hatte etwas an sich, was ihn störte. Bevor sie etwas sagte, ging Angels Bürotür auf und er trat hinaus. „Cordelia, könntest du bitte ...“ Mitten im Satz brach Angel ab und starrte die blonde Frau an. Doyle ahnte etwas. Er ahnte etwas böses. „T ... Tina“, sprach Angel erstarrt. Sie lächelte ruhig. „Hallo Angelus.“
~ 2. ~ Über Tinas Lippen huschte ein zufriedenes Lächeln. Angel war total von der Rolle. Er hatte nicht damit gerechnet, sie ausgerechnet in seinen Büro vorzufinden. Ihn einmal sprachlos zu sehen, amüsierte Tina. Cordelia schluckte und wich wie Doyle unwillkürlich einen Schritt zurück. „Hi. Was ... was machst du hier?“ stammelte Angel verwirrt. „Ich habe gehört, daß du hier in L.A. bist und dachte mir, ich besuche dich. Ich selbst bin durch Zufall hier gelandet.“ „Du ... siehst toll aus“, meinte Angel. „Danke.“ Mit langsamen Schritten kam Tina auf ihn zu. Instinktiv tastete Cordelia nach einen Holzpflock. Doch Angel machte keine Anstalten an einen Pflock auch nur zu denken. „Angelus ...“ „Mein Name ist jetzt Angel“, korrigierte der Vampir seine ehemalige Schülerin. „Das kam mir auch zu Ohren. Sag, gibt es hier einen Ort, wo wir uns ungestört unterhalten können?“ Unschuldig lächelte sie ihren Meister an. Angel schwankte leicht. Er wußte, das es keine gute Idee war, mit ihr allein in einem Raum zu sein. Aber andererseits ... Bejahend nickte Angel. „Gehen wir in mein Büro. Dort können wir uns unterhalten“, schlug er mit leicht zitternder Stimme vor. Tina sah ihm auch so an, daß ihr Wiedersehen ihn völlig aufwühlte. Sie schenkte ihm ein sanftes Lächeln und ging mit eleganten Schritten an ihm vorbei. „Angel?“ Besorgt sah Doyle seinen Freund an. Der Vampir schüttelte jedoch nur langsam den Kopf und folgte Tina in sein Büro. Er konnte jetzt nicht mit seinen Freunden sprechen. Er wußte nicht einmal, was genau er sagen sollte. Leise fiel die Tür ins Schloß. Doyle und Cordelia wechselten einen besorgten Blick miteinander. Das die Vampirin hier war, war keine gute Idee. Angel und Tina in einem Raum .. das konnte einfach nicht gut gehen. „Hoffentlich bleibt Angel stark“, murmelte Doyle und Cordelia nickte zustimmend. Tina hatte es sich in einen Sessel vor Angels Schreibtisch gemütlich gemacht. Mit einer anmutigen Bewegung schlug sie ihre Beine übereinander. Angel nahm hinter seinen Schreibtisch Platz. Die kleine Distanz zwischen ihnen verschaffte ihm ein wenig Sicherheit. Angel wußte nicht, wie er sich Tina gegenüber verhalten sollte. Was wollte sie überhaupt hier? Weshalb war sie gekommen? „Zuerst habe ich es nicht geglaubt, als ich hörte, das ausgerechnet du eine Detektei gegründet hast, die Menschen hilft“, sprach Tina abfällig. „Du wußtest also schon vorher, das ich hier bin?“ fragte Angel. „Ja, ich wußte es. Ich habe es vor einigen Tagen erfahren, Angelus. Was ist mit dir geschehen?“ „Ich bin ein anderer.“ „Nein, es ist dieser Fluch, der aus dir einen braven Vampir macht“, widersprach Tina energisch. „Das bist nicht mehr du. Ich sehe dir in die Augen und erkenne dich nicht mehr. Ich sehe Angelus nicht mehr. Was ist bloß mit dir passiert? Du bist doch nur so, weil man dir diesen bescheuerten Fluch aufgezwungen hast. Aber ... wirklich bist du das nicht.“ „Doch.“ Tina beugte sich vor und blickte ihm eindringlich in die Augen. „Wo ist deine Kälte? Wenn ich Angelus in die Augen sah, sah ich seine Kälte. Die ist verschwunden. Du bist nicht mehr der Gleiche“, sprach sie kopfschüttelnd. „Dir wurde dieser Fluch aufgezwungen, Angelus. Du leidest unter dem, was du getan hast. Das ist doch verrückt. Du warst auf deine Taten doch immer so stolz. Es ist doch unsere Natur – das Töten. Wir müssen es tun um zu überleben und nebenbei bemerkt, macht es noch viel Spaß.“ „Es tut mir leid, Tina“, sprach Angel auf einmal mit ernster Miene. „Was tut dir leid?“ fragte die blonde Vampirin herausfordernd. Angel stand auf und schüttelte leicht den Kopf. „Es tut mir leid, das ich dir das angetan habe – dieses Leben, diese untote Existenz. Ich habe dir dein Leben geraubt.“ „Angelus, dafür brauchst du dich nicht entschuldigen. Du hast mir beigebracht diese Existenz zu lieben und voll auszuleben. Angelus, du hast mir das wahre Leben geschenkt.“ „Ich habe dir die falschen Dinge beigebracht“, murmelte Angel beschämend. „Das sagst du jetzt. Jetzt, wo du diese Seele hast, die dich zahm macht und dafür sorgt, das du ein schlechtes Gewissen wegen deinen blutigen Taten bekommst“, sprach Tina verachtend. Still blickte Angel sie an. Tief in sich wußte er, das sie die Wahrheit sagte. Wenn er noch die Geißel Europas wäre, würde er nicht in ein solches Selbstmitleid versinken. „Ich hätte dich niemals verwandeln dürfen, Tina. Es war ein Fehler. Ich habe dir alles gestohlen, woran du einst geglaubt hast. Ich habe dir dein Leben genommen.“ „Nein, Angelus, du hast mir mein Leben geschenkt. Du hast mir gezeigt, was es heißt, richtig zu leben.“ Angel schüttelte verneinend den Kopf. „Ich brauche dir nicht erzählen, was für ein Paar wir waren. Ich erinnere mich, das Angelus entzückt von mir und meinen Taten war“, sprach Tina mit sanfter Stimme. Angel schluckte schwer. Da hatte sie recht. Ihre grausamen Taten hatten ihn begeistert. Er hatte es geliebt. Geliebt, ihr dabei zuzusehen wie sie seinen Lehren gefolgt war. Unruhig blickte Cordelia zu Angels Büro. Er unterhielt sich jetzt schon eine ganze Weile mit der Vampirin. Sie drehte ihr Gesicht zu Doyle, der das nächtliche Los Angeles beobachtete. „Willst du nichts unternehmen?“ fragte sie genervt. „Nein, Angel muß das allein schaffen. Es ist seine Vergangenheit. Den ersten Schritt, sie zu überwinden, muß er alleine machen.“ „Aber was ist ...“ „Wir sind doch hier, Cordy. Ich glaube kaum, das er es jetzt mit ihr tun wird; was er überhaupt nicht in Betracht zieht. Dessen bin ich mir sicher“, sprach Doyle seufzend. „Du hast gut reden. Zuerst, lieber Doyle, reagierst du so empfindlich auf deine Vision. Du faselst etwas davon, das die Vision eine Warnung war und jetzt ... die Beiden stehen sich gegenüber und du unternimmst nichts“, beschwerte sich die dunkelhaarige Schönheit energisch. „Cordelia, beruhige dich“, sprach Doyle sanft. „Er schafft das schon. Sie sind nicht allein. Also kann gar nichts passieren. Ich denke, jetzt wird er schon allein mit ihr fertig. Wir müssen Angel einfach ein wenig vertrauen.“ Doch Doyle war innerlich gar nicht so ruhig wie er es nach außen hin zeigte. Innerlich zitterte er. Er betete, das diese Vampirin bald wieder aus L.A. und Angels Leben verschwand. „Hast du etwa vergessen, wer du bist, Angelus? Hast du vergessen, was du einst gewesen bist; was du warst?“ sprach Tina und sie blickte ihm eindringlich in die Augen. „Du warst der Beste, der Grausamte von allen. Du warst Angelus, der mit dem Engelsgesicht, die Geißel Europas. Selbst unsere Artgenossen fürchteten dich. Deine Opfer starben fast vor Angst vor dir. Hast du das vergessen?“ Angel schüttelte leicht den Kopf. Er wollte sich nicht erinnern. Die Erinnerung tat weh. Tina stand auf und kam um den Tisch herum. „Sag mir, von was ernährst du dich im Moment? Selbst ein Vampir, der im Besitz einer Seele ist, muß sich von etwas ernähren. Was trinkst du? Wie stillst du deinen Hunger?“ fragte sie unvermittelt. „Blutkonserven“, gestand Angel. „Totes Blut.“ Angel nickte leicht. Seufzend schüttelte Tina den Kopf. „Wie lange willst du noch so leben? Weißt du eigentlich noch wie lebendes, frisches Menschenblut mit Angst vermischt schmeckt? Hast du die Angst vergessen? Das pochende Blut, wenn die Opfer versuchen zu fliehen?“ Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern. „Lebendiges, frisches Blut, Angelus, vermischt mit Angst und Hilflosigkeit. Hast du das vergessen?“ Während Tina von der Jagd schwärmte, schien Angel langsam den Verstand zu verlieren. Er stellte es sich vor. Solange war es gar nicht her, das er das letzte Mal Menschenblut getrunken hatte. Es war das Blut von Buffy gewesen, das er getrunken hatte um gesund zu werden. Es hatte so frisch und zart geschmeckt. Seit dem verlangte der Dämon in ihm nur noch nach frischen Blut. Seit dem war es schwer, den Dämon zu zähmen und unter Kontrolle zu halten. Tina blickte Angel tief in die Augen und ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie las seine Gedanken, seine Sehnsucht nach Erlösung und Blut in seinen Augen. „Ich kann dich erlösen. Laß Angelus frei.“ Nahe trat die Vampirin an ihren Meister heran. Angel wich automatisch vor ihr zurück. „Nein, ich will nie mehr Leid unter die Menschen bringen.“ „Auch, wenn du selbst dadurch leidest?“ „Ja.“ „Du kannst dich nicht ewig von toten Blut ernähren“, sprach sie als sie die Tür öffnete. Schlagartig fuhren Doyle und Cordelia herum. „Du sehnst dich nach menschlichen, frischen Blut, Angelus. Und irgendwann wirst du dem – wirst du den Dämon – nachgeben. Irgendwann hörst du auf zu kämpfen und ergibst dich. Dann schnappst du dir den nächsten Menschen und trinkst sein Blut – nur um nicht mehr zu leiden und um diese Qual nicht mehr zu spüren. Nur ... um wieder zu leben, Angelus.“ Tina verließ mit eleganten Hüftschwung das Büro. Eine grausame Stille machte sich im Büro breit. Cordelia wagte nicht jetzt etwas zu sagen. Man sah Angel an, das ihm das Gespräch mit Tina sehr nahe gegangen war. Leise seufzte der Vampir. „Angel?“ fragte Doyle vorsichtig um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. „Sie hat recht“, murmelte Angel. „Wie meinst du das?“ „Der Drang ... die Gier nach lebendigen Blut. Sie weiß, das ich mit mir kämpfe; das ist ständig dagegen ankämpfe. Sie weiß, das ich jeden neuen Tag, jede neue Stunde, die die Uhr schlägt, gegen diesen Drang kämpfe. Angelus ist noch immer da. Ich fühle ihn. Er ist in mir. Angelus wird immer ein Teil von mir sein“, sprach Angel ernst. „Angelus giert danach Menschen zu quälen und von ihrem Blut zu trinken. Ich tue alles um gegen diesen Drang anzukämpfen. Es ist ein täglicher, immer währender Kampf.“ Für einen kurzen Moment schwieg Angel. „Ich weiß nicht, ob ich diesen Kampf am Schluß gewinnen werde; ob ich eines Tages nicht doch schwach werde.“ „Niemand hat gesagt, daß es ein leichter Kampf ist, Angel“, sprach Doyle ruhig. „Es ist schwer. Es ist jeden, einzelnen Tag schwer. Es sit wie eine Sucht.“ „Hör mal, Angel: Du bist nicht mehr so. Du hast dich verändert. Du bist jetzt ein Guter“, mischte sich Cordelia ein. „Für wie lange?“ „Angel, egal was oder wer diese ewigen Mächte sind, sie haben dich ausgewählt um für das Gute zu kämpfen“, fing Cordelia ihre Rede wieder auf. Doyle wollte protestierten, aber er kam nicht dazu. „Diese Mächte wissen, wer du wirklich bist, Angel. Sie kennen dein wahres Ich. Und wenn du dir selbst nicht vertraust, solltest du auf das Urteil dieser Mächte vertrauen.“ Doyle war überrascht. Besser hätte er selbst es auch nicht formulieren können. „Und was ist ... wenn nicht einmal diese Mächte wissen, wer ich wirklich bin? Wenn sie nur glauben, mich zu kennen? Was ist, wenn mein wahres Ich Angelus ist?“ fragte er skeptisch. „Nein, ist es nicht“, riefen Doyle und Cordelia gleichzeitig. „Wenigstens jetzt seit ihr euch einmal einig“, kommentierte Angel trocken. „Angel, jetzt hör mir mal zu“, sprach Doyle und er blickte seinen Freund ernst in die Augen. „Der Kampf gegen das Böse ist nicht leicht und auch der Kampf gegen seine eigenen Dämonen ist es nicht. Ich weiß das. Du kämpfst jede Stunde gegen dein böses Ich an; gegen diese Gier nach frischen Blut. Und das beweist, daß du es wirklich ernst meinst. Du bist damit würdig. Die Mächte der Ewigkeit haben dich mit Sorgfalt ausgesucht ... weil sie dir vertrauen und der Meinung sind, das du dieser Aufgabe gewachsen bist“, erklärte Doyle. „Wie Cordelia selbst sagte, sie kennen dein wahres Ich. Sie wissen, wer du bist, Angel.“ „Und warum machst du dir dann über deine Vision mit Tina Sorgen?“ hakte Angel unvermittelt nach. Doyle schluckte schwer. Jetzt hatte Angel ihn erwischt. „Nun ...“ „Siehst du? Nicht einmal die Mächte der Ewigkeit wissen wer ich wirklich bin“, flüsterte Angel. „Vielleicht ist es eine Prüfung“, überlegte Cordelia laut. Die beiden Männer sahen sie verwundert an. „Überlegt doch einmal“, forderte sie die Beiden auf. „Vielleicht ist es eine Prüfung der ewigen Mächte für Angel. Um zu sehen, wie standhaft er wirklich ist. Immerhin wird er hier mit seiner schlimmsten Vergangenheit konfrontiert. Vielleicht wollen diese Mächte ihn bloß testen.“ „Dann würden sie mir doch keine Vision dieser Prüfung schicken“, protestierte Doyle. „Es muß doch so echt wie möglich aussehen. Das würde wenigstens ich wollen, wenn ich jemanden testen will“, meinte Cordelia. „Nein, das ist kein Test“, widersprach Angel. „Bist du dir sicher? So abwegig ist Cordys Idee gar nicht“, bemerkte Doyle nachdenklich. „Nein, Doyle. Das hier ist bitterer Ernst.“ „Okay, dann sag mir, warum diese Tina hier ist. Ich meine nicht nur in Los Angeles. Warum hat sie dich aufgesucht?“ Darüber brauchte Angel nicht lange nachzudenken. Er wußte es. „Sie will mich zurück. Tina will Angelus zurück.“
~ 3. ~ Angels Worte, die wie eine Drohung gewesen waren, gingen Cordelia nicht mehr aus dem Kopf. „Glaubst du ihm?“ fragte sie Doyle unruhig. Tinas Besuch war nun schon einige Tage her. Seit dieser Begegnung hatte sich Angel von seinen Freunden zurück gezogen. „Ja, ich glaube ihm. Ich denke, genau das ist es, was diese Tina will. Sie will ihren Meister zurück.“ Mit Schauder erinnerte sich Cordelia an die Zeit, als Angel seine Seele verloren hatte. Damals in Sunnydale war er wieder zu Angelus geworden. Skrupellos hatte er Jenny Calendar, Giles‘ Liebe, getötet. Und er hatte auch noch die Frechheit besessen die Leiche auf das Bett des Wächters zu legen. Auf alle erdenklichen Methoden hatte er Buffy und ihre Freunde gejagt und auf seelische Art gequält. Und zum Schluß hatte er Giles noch eine gründliche Folter unterzogen. Er war so grausam – so dermaßen unmenschlich – gewesen. So sollte er noch einmal werden? Eiskalt lief es Cordelia den Rücken hinab. Sie hatte Angst davor, das Angel wieder in sein altes Ich zurück verwandelt wurde. Während Cordelia über die Vergangenheit nachdachte, versuchte Angel ein wenig Schlaf zu finden. Doch es gelang ihm einfach nicht. Seit Stunden dachte er über das nach, was Tina ihm gesagt hatte. Er tauchte erneut in seine Zeit mit Tina ein – damals, als er noch böse gewesen war. Seine Gier nach Blut und seine Taten hatten ihn mit Tinas Erscheinen schlagartig eingeholt – intensiver als jemals zuvor. Mit vielen, was die blonde Vampirin gesagt hatte, lag sie im Recht. Der Dämon in ihm forderte frisches Menschenblut. Und eines Tages würde der Drang so groß – so übermächtig und unstillbar – werden, das er Angst vor seiner Reaktion hatte. Ja, er fürchtete sich vor seiner eigenen Reaktion. Den Angel konnte nicht sagen, was geschehen würde; ob er sich wirklich unter Kontrolle hatte. Der Drang wurde immer stärker – mit jedem neuen Tag. Unruhig warf Angel sich hin und her. Er fiel in einen unruhigen Schlaf. ... Die Stadt war in völlige Dunkelheit getaucht. Über die leeren Straßen fegte ein nicht zu dichter Nebel. Keine Menschenseele war um diese späte Uhrzeit in dieser trüben Gegend unterwegs. Schnelle und hastige Schritte hallten auf dem Boden wider. Jemand war in dieser tiefen, dunklen Nacht unterwegs. Jemand war auf den Straßen dieser gefährlichen Gegend unterwegs. Immer wieder blickte sich die junge, verängstigte Frau um. Sie rannte noch schneller und versuchte zu fliehen; versuchte, ihrem Verfolger zu entkommen. Doch sie wußte nicht, wohin sie fliehen konnte; wo sie vor ihm sicher war. Sie wollte nur weg – weg von dieser Kreatur, die hinter ihr her war. Ihr Atem ging schneller. Die junge Frau bog ab und lief in eine Gasse. Zu spät bemerkte sie, das es eine Sackgasse war. Sie wandte sich rasch um und wollte aus der Gasse fliegen. Doch es war zu spät. Sie saß in der Falle. Vor ihr tauchte eine dunkle, bedrohende Gestalt auf. Marina, so war ihr Name, hatte immer geglaubt, Vampire wären bloß eine Erfindung der heutigen Medien; der Autoren und Regisseuren. Sie hatte sich bitter getäuscht. Langsam kam der Vampir auf sie zu. „Marina, meine Süße, warum fliehst du vor mir? Du kannst mir nicht entkommen.“ „Bitte, laß mich gehen. Bitte, töte mich nicht“, flehte sie hilflos. Der Vampir lachte und kam noch näher. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Ihr Atem ging schneller. Sie war nicht nur wegen ihrer Flucht außer Atem, sondern auch vor Angst, die sie erfaßte. Sie schien ihr langsam, aber sicher die Lunge zuzuschnüren. Ängstlich wich Marina vor ihm zurück. „Laß mich in Ruhe!“ „Junges, frisches Blut. Blut, das vor Angst erhitzt ist“, sprach der Vampir mit flüsternder Stimme. „Ich liebe das. Zartes Blut, geprägt von Angst. Das schmeckt am Besten. Nicht wahr, Tina?“ Marina stellte es die Nackenhaare auf. Er war nicht allein. Er hatte sie nicht allein verfolgt. Hinter Marina trat eine blonde Frau aus der Dunkelheit. „Wie recht du doch hast, Angelus“, sprach sie mit eine kalten Lachen. Angelus, dachte Marina. Das war also sein Name. „Ich liebe es, wenn wir die Opfer durch die Gegend jagen. Sie denken, uns entkommen zu können. Aber dabei bestimmen wir die Regeln dieses Spiels. Und sie können nicht entkommen, wenn wir es nicht wollen“, sprach Tina. Angelus blickte seine Begleiterin stolz an und schenkte ihr ein warmes Lächeln. „Nun, was hältst du von meiner Wahl?“ erkundigte er sich. Ein Lächeln glitt über Tinas Lippen. Sie ging mit eleganten Hüftschwung an ihrem Opfer vorbei und schmiegte sich in den Arm ihres Lehrers. „Sie ist schön und jung. Ich rieche ihre Angst. Ihr Puls pocht ganz laut. Wie immer hast du dich für die Richtige entschieden.“ „Ich weiß. Komm, laß uns trinken“, sprach Angelus. Blitzschnell schoß er nach vorne und umfaßte die Kehle der jungen Frau. Gequält stöhnte Marina auf. Sie wußte, sie würde jetzt sterben. Und niemand würde jemals erfahren wie sie gestorben war. Niemand würde jemals von diesen Kreaturen erfahren, denen sie in die Falle gegangen war. Angelus zog sie vor sich und wandte sich seiner blonden Begleiterin zu. „Liebling, dir gebürtigt der erste Schluck“, sagte er und erwiderte Tinas kaltes Lächeln. Tina nahm die Hand der jungen Frau und fühlte ihren Puls. Genießerisch schloß sie für einen Moment die Augen und konzentrierte sich ganz auf das heftige Pochen unter der Haut. Dann stieß sie ihre Zähne in das Handgelenk. Das warme, von Angst geprägte, Blut floß schnell ihre Kehle hinunter. Angelus stieß seine Zähne in den Hals von Marina. Gemeinsam tranken sie von ihr. Langsam und qualvoll starb ihr Opfer. Das warme, zarte Blut erfüllte die beiden Vampire mit großer Freude. Es gab ihnen Energie und nicht nur das. Sie genossen die Angst der jungen Frau. Sie spürten sie in ihrem Blut. Die Leiche ihres bedeutungslosen Opfers polterte zu Boden – tot, blutleer. Die beiden Vampire sahen sich an. Angelus legte seinen Arm um Tinas Taille und zog sie nah an sich. Er knurrte leise. „Ich liebe dieses Spielchen“, sprach er. „Ich auch. Es ist immer wieder so erfrischend. Und es ist immer wieder aufs Neue so schön.“ Tina wandte sich aus seinen Arm und tanzte. Angelus lachte und nahm sie erneut in die Arme. Locker lag sein Arm auf ihrer Schulter und gemeinsam ließen sie die Gasse hinter sich. Sie warfen keinen Blick zurück. Das hatten sie noch nie getan. Die Frau war nur ein Opfer von vielen gewesen. Sie war bloß ein namenloses Gesicht, das einem Blick zurück nicht würdig war. An der Kreuzung blieb Angelus stehen und drehte Tina leicht zu sich. Er beugte sich zu ihr und küßte sie leidenschaftlich. Auf ihren Lippen war noch eine Spur des Blutes, das sie getrunken hatte. Er liebte ihre blutverzierten Lippen. Langsam gingen sie in der Dunkelheit davon ... Angel schreckte aus dem Schlaf. Er stöhnte leise; konnte nicht glauben, was er geträumt hatte. „Nein ... nein, das kann nicht sein“, murmelte er. Angel taumelte aus dem Bett und ging in die Küche. Er kochte Kaffee. Das brauchte er jetzt zur Beruhigung seiner angespannten Nerven. Dieser Traum ... er war so echt gewesen, so lebendig. So, als wäre es ein Zeichen gewesen. Ein Omen auf das, was noch auf ihn und seine Freunde zukommen würde. Angel lehnte sich an eine Säule und schloß gequält die Augen. Er träumte oft und auch unruhig. Aber dieser Traum war anders gewesen. Er hatte ihn genossen; hatte es genossen mit Tina gemeinsam das Blut ihres Opfers zu trinken. Und er hatte es genossen mit ihr durch die Stadt zu streifen. Er war so stolz auf sie gewesen. Er hatte sie zu dem Vampir gemacht, der sie heute war. Es waren die Gefühle von Angelus gewesen; nicht seine. „Nein, es waren nicht meine Gefühle. Ich habe es nicht genossen“, versuchte Angel sich das selbst einzureden. Angel setzte sich mit dem fertigen Kaffee an seinen Küchentisch und vergrub sein Gesicht in den Händen. Dieser Traum ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Er war so real gewesen. Was sollte er nur machen? Tief in ihm, rief Angelus, ihn frei zu lassen. Angelus wollte wieder frei sein; wollte mit Tina gemeinsam durch die Nacht streifen. Der Dämon drängte ihn; wollte, das er aufgab. „Was mache ich bloß?“ murmelte Angel ratlos. Er wußte genau, blieb er in Los Angeles waren alle in Gefahr. Er lief wirklich Gefahr wieder zu Angelus zu werden. Angel spürte, das er nicht stark genug war, Tina auf Dauer zu widerstehen. Tief in sich brannte noch die Flamme ihrer Leidenschaft. Dieses Gefühl drängte ihn dazu. Und seit Tina aufgetaucht war, wurde er sich dessen immer mehr bewußt. Angelus drängte nach draußen. Der Dämon ... er wollte wieder frei sein – für immer. Blieb er also in L.A. würde er vielleicht der Sehnsucht und diesem Drang unterliegen. Verschwand er aber ... wer half dann den Menschen, die ihn dringend brauchten? Angel schüttelte leicht den Kopf. Er wußte nicht, wie er sich entscheiden sollte; was er tun sollte. Tinas Blick schweifte durch die Bar, die nur für Dämonen bestimmt war. Dämonen und Vampire suchten hier Zuflucht und ein paar Stunden Ruhe von der Jagd und den Menschen. Die blonde Vampirin trank ein Glas Rotwein. Ihr war danach, auch wenn sie nichts dabei spürte. Neben ihr saß ebenfalls ein Vampir; ein schwacher Vampir. Er zählte zu jener Sorte, die sich leicht unterordneten und taten, was man ihnen auftrug. Auch er kannte die Geschichte über Angelus. „Was hast du vor?“ fragte der Barkeeper. Tina unterhielt sich schon eine ganze Weile mit ihm. „Ich werde ihn zurück verwandeln. Ich will meinen Lehrer wiederhaben ... meinen Meister, meinen Angelus.“ „Und wie willst du das machen? Immerhin hat der Kerl eine Seele.“ „Ich weiß schon wie man ihm die Seele wieder raubt. Ich kenne die Geschichte des Fluches. Darüber habe ich mich gut genug informiert. Und ich weiß, wie man in ihm wieder Angelus erwecken kann. Und das werde ich auch tun.“ Ihre Stimme klang kalt und äußerst entschlossen. Ja, dachte sie. Schon bald würde Angelus wieder frei sein ... Unruhig ging Doyle auf und ab. Nervös rieb er seine Hände aneinander. Sollte er es wirklich wagen? Er stand vor den Toren zu den Mächten der Ewigkeiten. Doyle wußte nicht was geschehen würde – mit Angel, mit ihnen allen. Er hatte Cordelia nicht gesagt wie groß seine Sorge tatsächlich war. Doyle blickte auf das Tor. Noch nie hatte er die Verbindung zu den Mächten aufgesucht. „Aber ich habe keine andere Wahl“, sprach er mit sich selbst. Doyle kramte in seiner Tasche herum und begann mit dem Ritual. Er bat um Einlaß zu den ewigen Mächten; bat um Gehör. Eigentlich war es ihm verboten Kontakt zu ihnen herzustellen, das war ihm klar. Aber nicht nur Angel war in Gefahr. Sollte er wieder zu Angelus werden – sollte Tinas Plan gelingen – würde die ganze Menschheit in Gefahr sein. Doyle wußte über die Geschehnisse in Sunnydale Bescheid. Er wußte, was aus Angel geworden war, nachdem dieser einen Moment vollkommenen Glücks erfahren hatte. Er wußte, das Angelus versucht hatte, die Welt zu vernichten. Das durfte nicht wieder passieren. Es durfte einfach nicht geschehen. Das Tor öffnete sich und man gewährte ihm Zugang. Doyle atmete noch einmal tief durch und tauchte dann in das grelle, weiße Licht ein. Er fand sich in einen sterilen, alten Raum wieder. Zwei Menschen standen an den Stufen und sahen ihn erwartungsvoll an. Es war eine Frau und ein Mann – beide mit goldener Haut und mit einer Toga bekleidet. Sie waren also die Sprecher der Mächte, die Doyle zu ihrem Boten gemacht hatten. „Ein niederes Wesen“, sprach der Mann abfällig. „Wie kannst du es wagen Zugang zu den Mächten der Ewigkeit zu fordern?“ Doyle schluckte schwer. Jetzt gab es kein zurück mehr. „Ich ...“ Da unterbrach die Frau ihn. „Hast du eine Gabe bei dir?“ Doyle wußte, was sie meinte und reichte ihr eine kleine Vase. „Sie ist schön. Wir hören dir zu. Was für ein Problem bedrückt dich?“ Jetzt kommt es darauf an, dachte Doyle. Er wußte, er hatte nicht viel Zeit. Er mußte präzise Fragen stellen. „Ich bin euer Bote. Ich bin der Freund des Auserwählten.“ „Das wissen wir ... Allen Francis Doyle“, sprach die Frau sanft. Überrascht blickte Doyle sie an. Er hatte nicht damit gerechnet, daß sie seinen vollen Namen kannten. „Was hatte meine letzte Vision zu bedeuten?“ brachte er sein Anliegen auf den Punkt. „Weißt du es nicht?“ fragte der Mann zurück. „Es kann einfach nicht sein, daß er zu seinen alten Ich wird.“ Die beiden Spreche der Mächte der Ewigkeiten schwiegen einen langen Moment. Doyles Gesicht verzerrte sich vor Entsetzen. Dieses Schweigen sagte mehr als tausend Worte. „Bitte, sagt mir, daß ich mit meiner Vermutung falsch liege. Angel ist euer Auserwählte. Er kann nicht mehr zu dem werden, was er einst war. Das kann – darf – nicht sein. Diese Welt braucht ihn. Er ist der auserwählte Krieger.“ Doyles Gesicht war voller Sorge. Die beiden Sprecher waren ganz still geworden und hatten ihm zugehört. Schließlich erhob der Mann seine Stimme. „Deine Vision war kein Fehler. Es wird so geschehen. Der Krieger wird wieder in sein altes Verhaltensmuster als Geißel Europas fallen. Das ist alles, was wir dir sagen können, Bote.“ Die Beiden drehten sich um. „Nein ... wartet!“ Doyle faßte Mut und trat einen Schritt nach vorne. „Wie kannst du es wagen uns aufzuhalten?“ griff der Mann ihn an. „Er ist mein Freund. Er ist für die Menschen da. Er tut doch schon längst Buße für seine Taten. Warum? Angel wird gebraucht.“ Doyle war verzweifelt. Er fühlte sich so verdammt hilflos. Die Frau schenkte ihm ein mildes Lächeln und trat zu ihm. „Es ist Schicksal, Bote. Es muß so sein. Es wurde so bestimmt. Und nichts was du tust, wird das ändern können. Der Krieger wird wieder zu seinen bösen Ich, zu Angelus“, sprach sie offen. Blankes Entsetzen breitete sich in Doyles Körper aus. Er konnte nicht glauben, was man ihm sagte. Das durfte einfach nicht sein. Es durfte nicht geschehen. „Nein ... nein“, sprach Doyle kopfschüttelnd. Er konnte es nicht fassen. Am Anfang war Angel bloß ein Job für ihn gewesen. Doch jetzt? Jetzt war er sein bester Freund. Es durfte nicht so sein. „Das kann nicht sein Schicksal sein. Das könnt ihr nicht zulassen. Bitte, helft mir! Laßt es nicht zu“, flehte Doyle inständig. „Wir können dir nicht helfen. Gegen das Schicksal sind auch wir machtlos. Der Krieger ist der Vorbote der Hölle. Er ist der größte Feind der Welt. Und nun geh“, forderte der Mann. Doch so leicht wollte Doyle nicht aufgeben. „Nein, wartet! Bitte! Ihr seit die Orakel. Ihr seit die Sprecher der Mächte der Ewigkeit. Ihr könnt nicht einfach zulassen, daß er wieder böse wird. Warum? Warum muß es geschehen? Ist es ein Test? Eine Prüfung?“ „Nein“, sprach die Frau ruhig. „Es ist seine Bestimmung. Der Krieger ist nicht dazu auserwählt gut zu sein für seine Taten zu büßen. Er ist dazu auserwählt böse zu sein“, sprach sie. „Er ist ein Mitglied der Mächte der Finsternis. Böse zu sein ... das ist das, was von ihm erwartet wird. Wir können dir nicht helfen. Er muß selbst gegen seine Bestimmung ankämpfen. Nur dann beweist er, das er würdig genug ist die Vorboten der Hölle aufzuhalten. Viele Krieger werden kommen. Die Welt wird in der Dunkelheit versinken. Nur der Krieger allein kann sie alle aufhalten.“ „Aber wie? Wie soll er das tun, wenn er nicht mehr er selbst ist?“ Das alles ergab für Doyle keinen Sinn. „Angel ist der Vorbote der Hölle. Er muß sich selbst besiegen. Er muß den Dämon in ihm besiegen. Dabei kann ihm niemand helfen. Diesen Kampf muß er alleine bestreiten. Er ist selbst für sein Handeln verantwortlich. Er selbst ist für den Weg verantwortlich, den er in der Zukunft gehen wird; den er einschlagen wird. Seine Bestimmung ist es böse zu sein. Dagegen muß er selbst kämpfen. Es wird geschehen. Er wird wieder böse. Schon bald wird es geschehen.“ Energisch schüttelte Doyle den Kopf. „Bitte, helft uns, das zu verhindern“, bat er mit Nachdruck. „Es reicht! Du hast erfahren, was du wolltest. Und nun geh!“ „Nein, nicht bevor ...“ Weiter kam Doyle nicht. Er wurde von den Beinen gerissen und flog durch das Tor. Hart landete er draußen auf dem Boden. Als er aufsah, hatte sich das Tor schon geschlossen. Wütend schlug Doyle mit der Hand gegen die Fliesen. „Nein, nein, nein! Bitte nicht! Ihr könnt Angel doch nicht einfach so in Stich lassen“, rief er. Doch er wußte, er würde keine Antwort bekommen. Die Menschheit war in Gefahr. Und auch Angel schwebte in großer Gefahr. Die Orakel wußten das, konnten aber nichts tun. Doyle sprang auf. Er mußte Angel warnen, bevor alles zu spät war.
~ 4. ~ Tina hatte alles vorbereitet um ihren Plan erfolgreich durchzuführen. Wenn sich ihr ehemaliger Lehrer nicht freiwillig zurück verwandeln ließ, würde sie eben ein wenig nachhelfen. Alkohol half bekanntlich auch bei Vampiren. Auch Vampire konnten betrunken werden, wenn sie genug getrunken hatten. Die Sonne ging unter und die Stadt erwachte erst jetzt richtig zum Leben. Tina fuhr mit ihrem Mietwagen zu Angels Büro. Im Büro waren die Lichter aus. Seine Freunde waren also nicht da. Das ist gut, dachte Tina zufrieden. Sie ging zu der Tür, die abgeschlossen war. Aber das war kein Problem für sie. Es war kein sicheres Schloß. Tina zog eine Haarnadel aus ihrer Frisur und tüftelte am Schloß herum. Es gab ein leises Klicken von sich und die Tür sprang auf. Tina schloß sie lautlos hinter sich. Ihr Gefühl sagte ihr, das Angel da war. Da entdeckte sie den Lift. Er war unten in seiner Wohnung. Sie zog das Gitter hoch und stieg ein. Der Lift ratterte nach unten. Bei dem Geräusch fuhr Angel hoch. Wer konnte das um diese späte Uhrzeit sein? Als das Gitter hochfuhr, starrte er überrascht auf seine einstige Schülerin. „Hallo Angelus“, grüßte Tina ihn und sie sah sich in seiner Wohnung um. „Du wohnst wirklich schick. Das hat sich jedenfalls nicht geändert. Egal ob Seele oder nicht – du hattest schon immer einen guten Geschmack für Wohnungen oder Häuser“, sprach sie ruhig. Wie selbstverständlich ging Tina zu seinem Küchentisch und stellte ihre mitgebrachten Sachen ab. „Was willst du hier?“ fragte Angel, nachdem er den ersten Schock überwunden hatte. Er sollte zusehen, daß er sie so schnell wie möglich wieder los wurde. „Dich besuchen“, erklärte Tina freimütig. „Es ... wäre besser, wenn du gehst.“ „Wovor hast du Angst, wenn ich bleibe?“ fragte Tina herausfordernd. „Ich habe keine Angst“, widersprach Angel, doch er wußte selbst, das es nicht sehr glaubhaft klang. „Du willst deine Seele nicht verlieren, richtig? Das ist sogar richtig süß. Aber ich vermisse den mordlustigen, arroganten Ausdruck in deinen Augen.“ „Tina, verschwinde!“ forderte Angel. „Nein, ich bleibe“, erwiderte sie entschlossen und holte die Champagnerflasche aus dem Plastiksack, den sie dabei hatte. Sie drehte sich zu Angel um und schenkte ihm ein Lächeln. „Ich dachte, wir feiern ein wenig.“ „Wir haben nichts zu feiern“, blockte Angel ab. „Doch, unser Wiedersehen. Wir haben uns lange nicht gesehen. Du warst mein Lehrer. Warum bist du so abweisend zu mir?“ Tina verzog ihre Lippen zu einen Schmollmund. Angel seufzte wehmütig. Das hatte sie sich während der Zeit mit ihm angewöhnt. Wenn er mal wieder etwas rüde zu ihr gewesen war, hatte sie genau das getan und er hatte sogar sowas wie ein schlechtes Gewissen bekommen. Es hatte seine Wirkung nie verfehlt. Doyle hastete über die Straßen. Er lief zu Cordelia. Sie mußte es unbedingt wissen. Laut klopfte er an ihre Wohnungstür. Der Halbdämon wußte, das sie schon schlafen würde, aber darauf konnte er jetzt keine Rücksicht nehmen. Die Zeit lief ihnen davon. Es ging um jede Minute. „Cordelia!“ rief er unbeherrscht. „Cordy, mach die Tür auf!“ Doyle hörte drinnen kein Geräusch. Ihre neue Wohnung war groß. Ein Geist hatte ihr gewütet, doch Cordelia hatte ihn gemeinsam mit ihren Freunden erfolgreich vertrieben. Nun war sie glücklich in ihrer neuen Wohnung. Sie gefiel ihr außerordentlich. Eine solche Wohnung hatte sie sich immer gewünscht. Zwar gab es noch einen Geist, aber Dennis war friedlich und beschützte sie. Er war ein guter Geist und Mitbewohner. „Verdammt, mach die Tür auf“, schrie Doyle. Selten verlor er so die Fassung. Aber diesmal ging es um Leben und Tod. Diesmal war Angel in großer Gefahr. Wieder hämmerte er mit den Fäusten gegen die Tür. Da wurde sie aufgerissen und Cordelia starrte ihn zornig an. „Sag mal, spinnst du? Normale Leute schlafen um diese Zeit. Was willst du überhaupt?“ Ihr Haar war zerzaust. Sie trug eine seidene, weite Hose und ein Top. Und sie war stinksauer auf Doyle. Was bildet sich dieser ... Säufer ... eigentlich ein um diese Zeit hier aufzutauchen und ein solches Theater zu veranstalten? dachte die dunkelhaarige Schönheit wütend. „Zieh dich an. Ich erkläre dir alles unterwegs“, sprach Doyle energisch. Er schob sie in die Wohnung. „Hey, was soll das? Bist du betrunken?“ fragte Cordelia empört. „Nein, es geht um Angel. Er ist in Gefahr. Und wenn wir nichts unternehmen, wird bald etwas schreckliches geschehen.“ „Was ist los?“ „Das sage ich dir unterwegs.“ „Ich ziehe mich erst an, wenn du mir sagst, was diese ganze Hektik soll“, forderte Cordelia gereizt. Doyle schluckte schwer. „Die Geschichte von Sunnydale wird sich bald wiederholen, wenn wir nichts tun“, sagte er. Cordelia fiel aus allen Wolken. Sie verstand und düste ins Schlafzimmer. Tina zog zwei langstielige Gläser aus dem Sack. Mit einem geschickten Handgriff köpfte sie die Champagnerflasche. Seelenruhig goß sie die prickelnde Flüssigkeit in die Gläser. Sie wußte, das Angel nervös war; das er Angst hatte. Sie konnte es förmlich riechen. Fast hätte die Vampirin laut gelacht. Der große Angelus hatte Angst. Angst davor, wieder zu seinen alten Ich zu werden. Mit einen zarten Lächeln drehte sie sich zu ihm um. „Komm, trinken wir ein Glas auf alte Zeiten.“ „Tina, geh! Es ist besser so. Du bringst mich zu nichts, was ich nicht will. Ich weiß, was du vorhast. Aber es wird nicht funktionieren. Ich habe mich unter Kontrolle. Es wird nie mehr geschehen.“ Ruhig sah sie ihn an. „Du unterstellst mir etwas, was ich gar nicht tun will. Ich will bloß ein wenig mit dir feiern – so von Vampir zu Vampir. Zulange bist du schon in der Gesellschaft der Menschen. Du brauchst mal wieder Deinesgleichen. Ich will dir nur Gesellschaft leisten, mehr nicht.“ Tina warf ihm einen verführerischen Blick zu. Sie schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln und zog ihren Mantel aus. Angel glaubte kaum, was er sah. Tina trug ein schwarzes Kleid mit hochhackigen, schwarzen Schuhen. Die Träger des Kleides waren im Rücken gekreuzt und vorne tief ausgeschnitten. Es reichte ihr bis zu den Knien. Wie eine zweite Haut schmiegte sich das Kleid an ihren wohlgeformten Körper. Angel schluckte schwer. Tina war noch immer eine wunderschöne Frau, daß konnte er nicht abstreiten. Und bei ihrem Anblick wurde ihm klar, daß die vergangenen Gefühle zwischen ihnen noch nicht ganz erloschen waren. Der Dämon Angelus fühlte sich erneut von ihr magisch angezogen. Augenblicklich fragte sich Angel, ob er dem wirklich auf Dauer widerstehen konnte. Ihre Absichten konnte er klar erkennen. „Verschwinde, ansonsten muß ... ich dich vernichten“, sprach Angel mit brüchiger, unsicherer Stimme. Tina kam langsam auf ihn zu. „Du würdest mich tatsächlich vernichten?“ sprach sie sanft. Sie hatte keine Angst vor ihm. Tina sah ihm an, daß er dazu niemals in der Lage war. „Ja, auch wenn es mir sehr schwer fallen würde.“ „Ich bedeute dir also noch etwas“, stellte sie lächelnd fest. „Nein, du bedeutest Angelus noch etwas“, widersprach Angel. Tina lächelte und legte ihre Hände auf seine Brust. „Er ist da. Er ist hier drinnen“, sprach sie mit verführerischer Stimme. „Du trennst das, aber das solltest du nicht. Du bist Angelus, auch wenn du es nicht wahrhaben willst. Und du weißt, das er immer da sein wird. Laß ihn frei. Ich sehe in deinen Augen, daß du dir Erlösung wünscht. Ich kann sie dir geben. Du mußt Angelus frei lassen. Gib dich der Verdammnis hin. Du wirst auf ewig die Geißel Europas sein. Du kannst das nicht trennen, da es dein ganzes Wesen ist. Du bist wie ich und wie jeder andere Dämon und Vampir. Wir sind verdammt, weil wir nunmal böse sein müssen. Gib dich deiner Natur hin.“ Tina schmiegte ihren Körper an seinen. Angel schloß die Augen. Sie wußte genau, wie sie die Mauer, die er um sich aufgerichtet hatte, durchbrechen konnte. Instinktiv wußte Angel: Vor ihr konnte er sich nicht schützen. Tina hob den Kopf und küßte ihn leicht auf die Lippen. Nun fand Angel unter größter Anstrengung sich von ihr loszureißen. Sie kam ihm viel zu nahe. „Nein, auf gar keinen Fall“, widersprach er heftig. „Du bist standhaft. Das warst du schon immer. Noch nie bist du von deiner sturen Meinung herunter gestiegen. Laß uns etwas trinken“, schlug sie vor. Tina ging zum Küchentisch zurück und holte die beiden gefüllten Gläser. Auffordernd hielt sie eines Angel hin. Skeptisch blickte er sie an. Dann streckte er zögernd seine Hand nach dem Glas aus. Tina stieß mit ihm an und trank einen Schluck. Angel wußte selbst, daß er sich auf ein gefährliches Spiel einließ. Seit kurzem besaß Cordelia ein eigenes Auto. Angel hatte ihr den Wagen besorgt. Und jetzt war sie ihm noch dankbarer dafür. Sie raste über den Highway. „Kannst du nicht schneller fahren?“ fragte Doyle neben ihr. Cordelia warf ihm einen giftigen Blick zu. „Ich fahr schon so schnell ich kann.“ „Aber das ist nicht schnell genug“, gab er zurück. „Verdammt, Doyle!“, fluchte die dunkelhaarige Schönheit ungehalten. „Der Wagen ist nicht mehr der Neuste, wie du weißt. Außerdem sehe ich schrecklich aus. Du tauchst mitten in der Nacht bei mir auf und forderst von mir mich anzuziehen und mitzukommen.“ Cordelia warf einen Blick in den Rückspiegel. Sie hatte ihr Haar nur flüchtig zusammen gebunden. Sie trug Stiefel, eine schwarze Hose und ein weißes Top. Darüber trug Cordelia eine leichte Jacke und nun raste sie mit mörderischen Tempo über den Highway. „Hoffentlich kommen wir nicht zu spät“, flüsterte sie. Ernst betrachtete Doyle seine Begleiterin. „Das hoffe ich auch“, sprach er leise. Tina saß Angel gegenüber und beobachtete ihn amüsiert. Die Hälfte der Champagnerflasche hatten sie schon gelehrt. Langsam, aber sicher wurde er betrunken. Während Tina nur an ihrem Glas nippte und erst das Zweite hatte, griff Angel erneut zur Flasche. Es war sicher schon sein fünftes oder sechstes Glas. Mit ihren Auftauchen hatte sie ihn auch deutlich an seine Taten erinnert, die ihn nun schwer mitnahmen. Seine Taten veranlaßten ihn dazu soviel zu trinken. Tina sah das gerne. War er betrunken, merkte Angel bald nicht mehr, was sie mit ihm vorhatte. Bald verlor er seine eiserne Kontrolle, die schon bröckelte, und sie hatte leichtes Spiel. „Fast habe ich vergessen, was für eine schöne Frau du bist“, sprach Angel leicht lallend. Der Alkohol machte sich bei ihm bemerkbar. Angel griff nach dem Champagner und leerte den Rest der Flasche. „Nichts mehr da“, murmelte er. „Ich habe noch etwas mitgebracht“, sprach Tina und wies auf die Tasche. Angel erhob sich und schwankte leicht zu der Tasche. Daraus holte er eine Flasche Sekt. Er schenkte Tina ein breites Lächeln und köpfte sie. „Laß ... uns feiern“, sprach er. Siegessicher erwiderte Tina sein Lächeln. Bald habe ich meinen Angelus zurück, dachte sie zufrieden. Doyle warf einen Blick zurück und stöhnte frustriert. Mit lauter Sirene war ein Polizeiwagen hinter ihnen her. Das hat uns gerade noch gefehlt, dachte der Halbdämon. „Doyle, was soll ich jetzt machen? Weiterfahren?“ fragte Cordelia. „Wenn du weiterfährst, verfolgt uns dieser Wagen bis zu Angel. Was sollen wir dem Polizisten sagen? Die Wahrheit? Unmöglich! Fahr an den Straßenrand“, meinte Doyle. Cordelia riß das Steuer herum und hielt an. „Hau ab“, sprach sie auf einmal. „Was?“ Verwirrt blickte Doyle sie an. „Ich weiß nicht, wie lange das hier dauert. Jemand muß zu Angel. Also lauf und warne ihn. Los!“ sprach Cordelia energisch. Doyle zögerte nur eine Sekunde. Dann riß er die Tür auf und flüchtete in den schützenden Schatten der Dunkelheit. Er sah, wie ein Polizist aus dem Wagen stieg und zu Cordelia ans Auto trat. Er hatte nicht bemerkt, daß jemand ausgestiegen war. Doyle machte sich auf den Weg zu Angel. Er lief so schnell er konnte. Manchmal hatte Cordelia wirklich gute Einfälle. Benebelt blickte Angel seine ehemalige Schülerin ein. Ein Gedanke nistete sich plötzlich in ihn ein; breitete sich in seinen Gehirn aus. Augenblicklich wurde ihm klar, was hier gespielt wurde. Er schreckte zurück. „Was ist?“ fragte Tina unschuldig. „Du ... miese ... Schlange! Du willst mich betrunken machen um mich zu verwandeln.“ Angel stolperte über einen Stuhl. Anmutig erhob sich Tina. „Bleib ... weg von mir. Komm mir bloß nicht zu nahe“, forderte Angel. Tina ignorierte jedoch seine Einwände und ging langsam auf ihn zu. „Angelus, nun komm schon!“ Er wandte sich von ihr ab und taumelte ins Schlafzimmer. Tina folgte ihm; würde ihn keine Sekunde aus den Augen lassen. „Verschwinde, Tina!“ „Nein, es ist soweit, Angelus. Du hast recht. Ich bin hier weil ich meinen Meister zurück will. Und ich schwöre, ich kriege meinen Angelus zurück.“ „Nein, niemals“, sprach Angel kopfschüttelnd. Nahe stand Tina bei ihm. Sie griff nach seiner Schulter. Doch er wehrte ihre Berührung ab. Angel drehte sich um und schlug zu. Sein Schlaf traf Tina hart im Gesicht, aber sie zuckte nicht einmal mit der Wimper. In Sekunden verwandelte sich die Vampirin. Sie schlug mit all ihren Kräften zurück. Nun war es Angel, der sich zu seinen wahren Ich verwandelte ... zu seinen Vampirdasein. Die beiden Vampire standen sich gegenüber und knurrten sich an. „Gut so, werde wütend“, sprach Tina zufrieden. Seine Wut schien sie noch richtig anzustacheln. Angel packte die Vampirin an ihren Schultern und warf sie auf das Bett. Er wollte sie zur Vernunft bringen; wollte sie in ihr reinprügeln, wenn es sein mußte. Doch als er sich über sie kniete und ihr in die Augen sah, lächelte Tina. Verführerisch bewegte sie sich unter ihm. „Komm, Angelus! Zeig mir, wer du wirklich bist. Du kannst dem nicht widerstehen, das weißt du so gut wie ich“, flüsterte Tina mit erotischer Stimme. Angel betrachtete sie und rang mit sich. Er focht einen Kampf mit seinen inneren Dämon aus. „Zeig mir deine wahre Natur. Du bist kein Mensch. Du bist ein Wesen der Nacht. Du bist eine Kreatur der Finsternis – auf ewig. Verleugne es nicht länger. Egal was du auch tust, du wirst nie zu den Menschen gehören. Komm zurück zu uns – den Vampiren. Du gehörst zu uns“, sprach sie eindringlich auf ihn ein. „Du weißt, daß die Flamme unserer Leidenschaft noch nicht erloschen ist. Das wird sie niemals. Wir gehören zusammen, Angelus. Ich bin dein, daß weißt du. Gib dich deinen Gefühlen hin. Unterdrücke sie nicht länger. Unsere Gefühle werden nie verstummen. Du kannst nicht leugnen, wonach dein Herz verlangt; was in deinen Blut liegt. Dein Blut verlangt nach mir. Folge diesem Verlangen.“ Angel zögerte einen Moment. Doch der Alkohol benebelte ihn. Ihre Worten drangen tief zu ihm durch. Er konnte nicht mehr klar denken. Und in diesen Augenblick entschied er sich. Angel packte Tina bei den Schultern und küßte sie. Ein glückliches Lächeln huschte über Tinas Lippen, als er diese für einen Moment freigab. Sie war am Ende ihres Ziels angekommen. In wenigen Minuten würde Angelus wieder unter ihnen weilen. Angels Hände glitten über ihren Körper während er sie leidenschaftlich küßte. Sie glitten über ihren Hals und ihre Schultern. Er zog sie nah an sich und küßte sie noch fordernder. Das Verlangen zwischen ihnen war schon immer überwältigend gewesen – so auch jetzt. Kein anderer Gedanke hatte jetzt noch in diesem Raum Platz. Angel war alles egal. Er dachte nicht mehr über die Konsequenzen nach. Er wollte nur diesen Moment auskosten. Und er wollte diese Vampirin in seinen Armen halten. Seine Gefühle für sie waren noch nie vor da. Der Alkohol hatte sein Verantwortungsgefühl in den Hintergrund gedrängt. Tina wußte später nicht mehr, wie es geschehen war, das ihr Kleid auf dem Boden gelandet war. Sie fühlte seine Hände auf ihrer nackten Haut. Leise seufzte Tina auf. Es war wundervoll und sie genoß es in vollen Zügen. Mit Freude erwartete sie seine Verwandlung. Nach so vielen Jahren spürte sie wieder seine Hände auf ihrer Haut. Leise stöhnte die Vampirin auf. Schon immer war sie in Angelus‘ Händen zu Wachs geworden. Er konnte alles mit ihr machen. Sie ließ alles mit sich geschehen. Tina legte ihren Kopf in den Nacken. Ihre hochgesteckte Frisur löste sich langsam. Die Haarnadeln fielen heraus und die Haarpracht breitete sich über die Schultern aus. Tinas Blut floß noch schneller durch ihre Adern. Angels Zärtlichkeiten brachten sie an den Rand des Wahnsinns. Erneut glaubte sie, den Verstand zu verlieren. So war das immer gewesen, wenn sie in Angelus‘ Armen ihr Glück gefunden hatte. Mit flinken Fingern zog sie ihm den Pullover über den Kopf und warf ihn auf den Boden. Sie streichelte seine Schultern und seine Brust während sie sich leidenschaftlich küßten. Angel schob sie zurück und zog sich aus. Seine Stiefel schleuderte er quer durch das Zimmer. Leidenschaftlich und voller Sehnsucht sah er sie an. Tina schenkte ihm ein verführerisches Lächeln. Nun würde er seiner unstillbaren Sehnsucht freien Lauf lassen. Sie blickte ihm in die Augen und las darin, das seine Gefühle für sie nie gestorben waren. Als Angel endlich nackt neben ihr lag, konnte es Tina kaum erwarten. Angel nahm ihre Hände und küßte zärtlich die Fingerspitzen. Selbstbewußt strichen Tinas Finger über seinen Körper. Und er tat es ihr gleich. Obwohl sie sich schon in und auswendig kannten, war es doch irgendwie neu – jedenfalls für Angel. Zunächst zärtlich, dann immer leidenschaftlicher erkundete er ihren Körper. Nichts war mehr wichtig. Nichts zählte mehr. Angel dachte nicht länger an den Fluch und an die Konsequenzen dieser einen Nacht. Der Alkohol benebelte ihn und verleidete ihn zu Dingen, die er im nüchternen, normalen Zustand nie machen würde. Es gab nur noch sie beide. Alles andere war vergessen. Und genau das wollte Tina erreichen. Nichts spielte mehr eine Rolle. Es existierte nur noch die Leidenschaft zwischen ihnen. Er war noch immer verrückt nach ihr – so wie früher, das stand für sie fest. Er weckte Gefühle in ihr wie kein anderer. Und Tina weckte dieselben Gefühle in ihm. Tina konnte und wollte nicht mehr warten. Die Vampirin wollte eins mit ihrem Meister werden; wollte die Rückkehr von Angelus endlich erleben. Zu lange hatte sie ihm nachgetrauert; zu lange auf ein Wunder gewartet. Jetzt wollte sie ihn zurück. Fordernd küßte Angel sie und seine Hände glitten selbstsicher und zärtlich über ihren Körper. Er blickte ihr in die Augen und in diesen Moment schien die Welt stillzustehen. Auffordernd sah Tina ihn an. Sie wollte, daß er es endlich tat. Und darum brauchte sie ihn nicht lange bitten. Angel konnte nicht mehr klar denken. Die alte Leidenschaft zwischen ihnen hatte ihn vollends erfaßt. Ihre Körper vereinigten sich. Glücklich lächelte Tina und umschlang seinen Nacken mit ihren Händen. Sie zog ihn noch näher an sich heran; wollte ihn tief in sich spüren. Tina war an ihrem Ziel angekommen. Und sie wußte, wenn sie nach dieser Nacht aufwachen würde, war die Seele fort, die ihn solange gefangen gehalten hatte. Dann war er wieder da – ihr Angelus. Langsam und intensiv fanden sie zueinander; gehörten dem anderen wieder so wie einst. Sie gaben alles von sich und füllten den anderen völlig aus. Gemeinsam fanden sie in einem Strudel der Leidenschaft ihre lang ersehnte Erfüllung ... Ein Donner hallte über das Büro weg und Angel fuhr aus dem Schlaf hoch. Im ersten Moment wußte er nicht, was geschehen war. Doch die Erinnerung an das, was vor wenigen Stunden passiert war, holte ihn schnell ein. Geschockt blickte er neben sich. Friedlich schlief Tina an seiner Schulter. Nun hatte Angel wieder einen klaren Kopf. Qualvoll stöhnte er auf. Er konnte es nicht glauben. Es würde erneut geschehen. „Nein“, murmelte er entsetzt und taumelte aus dem Bett. Durch die plötzliche Bewegung wurde Tina wach. „Angelus?“ sprach sie schläfrig. Der Vampir drehte sich zu ihr um. „Nein, ich will das nicht mehr erleben. Ich will nicht mehr so werden. Warum?“ Über ihre Lippen huschte ein kleines Lächeln. „Ich würde dir gern die Schmerzen ersparen, die du gleich erleben wirst, aber es geht nicht“, sprach Tina. „Du fragst mich warum? Angelus, niemand kennt mich besser wie du. Du solltest wissen warum. Du bist die Geißel Europas, der mit dem Engelsgesicht. Du bist der Beste und Grausamste von uns und du mußt es bleiben. Außerdem ... ich brauche dich, Angelus. Ich will wieder mit ihr zusammen sein – so wie einst, bevor der Fluch uns auseinander gerissen hat“, gestand Tina offen. Doch Angel hörte ihr nicht mehr zu. Irgendwie hatte er es geschafft sich unter diesen höllischen Schmerzen anzuziehen. Inzwischen war er im Wohnzimmer angekommen. Er wollte hier raus; wollte weg. Doch die Schmerzen ließen ihn nicht weiter kommen. Angel spürte, wie das altbekannte Ritual begann ... wie die Seele von ihm gerissen wurde. Er fiel auf die Knie. Verzweifelt versuchte Angel seine Seele festzuhalten. Doch er wußte, das es sinnlos war. Die dunkle Seite würde wieder über ihn schwappen und ihn zurück zu den Mächten der Finsternis führen. Gepeinigt schrie Angel auf. Ein unglaublicher Schmerz erfaßte ihn und nahm von seinen Körper Besitz. Buffy ... sie fiel ihm ein. Aber nichts konnte ihn jetzt mehr helfen. Er war verloren. Angel spürte, wie das Böse wieder die Kontrolle übernahm. Seine Seele, die er einst bekommen hatte, wurde fortgetragen. Sie verschwand in einen gleißenden Licht. Und diesmal würde es für immer sein. Angel stöhnte. Er erlitt tausend Qualen. Die Dunkelheit machte sich in ihm breit und machte ihn wieder zu einen Verdammten. Die Verdammnis hatte ihn wieder in ihrer Gesellschaft aufgenommen. Gepeinigt und besiegt beugte er den Kopf. Ein leises Stöhnen entrang sich seiner Kehle. Es war vorbei. Die Seele ... sie war frort. Nun war er wieder die Geißel Europas – Angelus, der mit dem Engelsgesicht. Während des Rituals hatte Tina sich anzogen. Vorsichtig kam sie näher. „Angelus?“ fragte sie besorgt. Sie ging auf ihn zu. Er verharrte in seiner besiegten Haltung und rührte sich keinen Millimeter. Er keuchte leise. Das Ritual hatte ihn voll erwischt. Tina wußte nicht, was sie davon halten sollte. Ging es ihm wirklich gut? War er okay? Leicht berührte sie ihn an der Schulter. In diesen Moment fuhr der Vampir herum und schoß hoch. Er packte Tina bei den Schultern und riß sie zu Boden. Die blonde Vampirin schrie entsetzt auf; wurde von seinen Überfall vollkommen überrascht. Damit hatte sie nicht gerechnet. Dann grinste er über das ganze Gesicht. In seinen Blick lag Mordlust und Arroganz. „Angelus?“ fragte sie hoffnungsvoll nach. „Hi Baby! Ich bin wieder da“, verkündete er mit kalter Stimme. „Angelus“, rief sie freudig aus. Tina strahlte über das ganze Gesicht. „Es hat funktioniert.“ „Ja, ich danke dir dafür. Dieses ständige Ich-hab-eine-Seele-und-muß-den-Menschen-helfen-Gefasel ist mir schon auf die Nerven gegangen. Ich bin wieder frei. Endlich bin ich wieder frei.“ „Ja, das bist du.“ Angelus beugte sich zu ihr und küßte sie leidenschaftlich. Mit derselben Leidenschaft erwiderte Tina seinen Kuss. „Als du hier aufgetaucht bist, wußte ich, ich kann mich auf dich verlassen. Ich wußte, du würdest mich befreien. Komm, laß uns auf die Jagd gehen. Ich brauche endlich wieder frisches, lebendiges Menschenblut.“ Leicht rieb er seine Nase an Tinas. Dann zog er sie mit hoch. Angelus suchte seine Schuhe zusammen und streckte Tina die Hand hin. Sie hakte sich bei ihm ein und verließ an der Seite ihres Lehrers die Wohnung. Doyle kam bei der Wohnung an als Angelus und Tina schon längst weg waren. Kopfschüttelnd sah er sich um – leere Flaschen von Sekt und Champagner lagen herum und dann fand er noch das zerwühlte Bett. Er seufzte schwermütig. Er war nicht schnell genug gewesen. Es war offensichtlich: Angel hatte seine Seele verloren. Das Böse hatte am Ende doch über den Vampir gesiegt. Er war wieder ein Mitglied der Verdammten. Verzweifelt ließ sich Doyle auf einen Sessel fallen und vergrub sein Gesicht in den Händen. Hilflos konnte Doyle nur die Tatsachen akzeptieren. Er konnte nichts mehr tun. Er war zu spät gekommen. Sie hatten Angel, den Krieger für das Gute, verloren. Doyle war so sehr in seine Gedanken vertieft, das er nicht bemerkte, wie Cordelia die Wohnung betrat. Der Polizist hatte sie länger als erwartet aufgehalten und er hatte ihr einen Strafzettel wegen zu schnellen Fahrens verpaßt. Sie berührte den Halbdämon leicht an der Schulter. Doyle fuhr herum und hob die Faust; bereit sein Leben zu verteidigen. „Hey! Ich bin es, Cordelia“, rief sie entsetzt. Doyle seufzte und ließ schwach die Faust sinken. „Was ist los?“ hakte Cordelia vorsichtig nach. Sie hatte eine böse Vorahnung. „Ich bin zu spät gekommen. Er ist wieder da.“ „Wer?“ flüsterte sie. Doyle erhob sich und legte seine Hände auf ihre Schultern. Dann sah er sie so ernst wie noch nie an. „Angelus“, sprach er leise. In seiner Stimme schwang seine ganze Verzweiflung mit. Cordelia konnte es nicht glauben. Sie waren beide zu spät gekommen. Sie hatten Angel verloren ... To Be Continued ... || Home || |