Title: Die Jägerin und ihr Vampir, Teil 2 – Die Veränderung
Author: Tegan

Fandom: Buffy – The Vampire Slayer
Rating: NC-17
Category: Love, Schmerz, Drama
Characters, Pairing: Der Buffy-Cast, Angel / Sarah

Summary: Mit Spike und Drusilla kehren zwei schwere Gegner zurück um sich an der Jägerin zu rächen. Eine einzige Nacht verändert für immer Sarahs Leben und macht ihren schlimmsten Alptraum wahr ...

Disclaimer: Die Charaktere von Buffy gehören nicht mir, sondern Joss Whedon und anderen. Diese Story ist FanFiction mit der weder Geld verdient, noch Rechte verletzt werden sollen. Ich schreibe sie nur zu meinen Vergnügen.


Die Jägerin und ihr Vampir, Teil 2 - Die Veränderung
written by Tegan
© 2000

In jeder Generation gibt es nur eine Jägerin. Sie muß sich gegen Vampire und die Dämonen der Finsternis stellen. Sie allein ist auserwählt. Sie muß bereit sein, ihr Leben für die Menschheit zu opfern. Stirbt sie, tritt die nächste Jägerin an ihre Stelle ...

~ 1. ~

Es waren schon Wochen vergangen seit Sarah Spike und Drusilla bekämpft hatte. Doch Angel wußte, daß es noch nicht vorbei war. Sie waren noch am Leben. Er spürte es. Es war noch nicht vorbei. Und jetzt, wo sie eine so bittere Niederlage eingesteckt hatten, war ihr Zorn unbegrenzt. Jetzt wollten sie Rache nehmen; grenzenlose und blutige Rache - Rache an der Jägerin. Nur ich werde das zu verhindern wissen, dachte Angel betrübt. Nein, ich sollte nicht an sowas denken. Sarah hat die Gefahr erfolgreich erledigt und vielleicht sind sie wirklich tot. Doch er bezweifelte es. Er kannte die Beiden; in und auswendig und genau aus diesem Grund wußte Angel das sie noch am Leben waren.

Angel war alleine unterwegs. Sarah war zu Hause in ihren Bett. Er hatte sie gebeten eine Nacht richtig auszuschlafen. In letzter Zeit schlief sie so unruhig. Angel hatte es bemerkt. Sie sagte es ihm nicht. Sarah wollte ihn nicht beunruhigen. Doch Angel sah es; erkannte es an den dunklen Ringen unter ihren Augen, die sie verzweifelt versuchte mit Make-up zu verstecken. Jeder andere sah es nicht. Niemand bemerkte, daß sie sehr schlecht schlief. Doch er merkte es. Ja, sie lag zu Hause in ihren Bett und schlief tief und fest. Und sie träumte.

Sarah wanderte über den Flur in Moms Haus. Was sie nicht wußte war ... das Drusilla ihr folgte. Still und lautlos; wie ein Raubtier. Die Jägerin blickte an sich hinunter. Noch immer trug sie ihren Pyjama; ihren graufarbenen Pyjama mit dem Blumenmuster. Sarah öffnete eine Tür und fand sich im Bronze wider. Was macht das Bronze auf einmal im Badezimmer? dachte sie. Sarah trat ein.

Die Leute lachten und tanzten; genossen den Abend im Bronze. Und da war Willow. Sarah blinzelte und sah zwei Mal hin. Vor Willow stand eine Tasse Cappucino. Und neben ihr saß ein Affe. Willow redete mit dem Tier und schien sich köstlich zu amüsieren. Als sie ihre Freundin sah winkte sie ihr fröhlich zu. Sarah blickte sie skeptisch an und winkte vorsichtig zurück. Dann ging sie weiter.

Sie traf ihre Mutter. Was macht Mom im Bronze? fragte sich Sarah verwundert. Ihre Mutter trank wie Willow auch einen Cappucino. „Fühlst du dich dafür schon bereit?“ fragte sie ihre Tochter und sie sah sie ernst an. „Was?“ Sarah war überrascht. Was bedeutete diese Frage? Was meinte ihre Mutter damit?

Joyce Summers lächelte ihre Tochter verständnisvoll an. Ein lautes Klirren übertönte den Lärm im Bronze. Sarah sah auf den Boden. Ihrer Mutter war der Teller ihrer Tasse aus der Hand geglitten. Laut war er am Boden zersprungen. Sarah verstand den Sinn nicht. Den Sinn hinter den Worten ihrer Mutter. Wofür sollte sie sich bereit fühlen? Joyce drehte sich um und verschwand in der Menge. Sarah sah ihrer Mutter verwirrt nach.

Und dann wanderte ihr Blick zu ihm: Angel. Er war auch da. Sarah lächelte glücklich. Er stand einige Meter von ihr entfernt. Hinter ihm spielten einige Jungs Billard. Angel lächelte. Er lächelte sie mit all seiner tiefen innigen Liebe an. Sarah ging zu ihm und erwiderte sein Lächeln. Er konnte so schön lächeln; so traumhaft schön. Sie fühlte wie ihre Liebe zu ihm überschwappte. Sie liebte ihn so sehr. Angel, du bist mein Leben, dachte sie voller Zärtlichkeit. Wie konnte ich nur ohne dich leben? Ihr Herz schlug nur für ihn. Er hatte ihren skurrilen Leben als Auserwählte erst einen Sinn gegeben. Er hatte ihr Halt gegeben. Sie wußte, er liebte sie. Und diese Gewißheit war so schön. Sarah strahlte über das ganze Gesicht während sie auf Angel zuging.

Doch dann veränderte sich ihr Blick. Entsetzen machte sich in ihren Gesicht breit. Sie sah Drusilla, die hinter Angel aufgetaucht war. Sarah sah was die Vampirin in der Hand hielt: Einen Holzpflock. Sie lächelte kalt und stieß zu. Der Holzpflock fuhr - mit der Spitze voran - in Angels Rücken und traf genau sein Herz. „Nein“, schrie Sarah verzweifelt. Sie sah wie Angel aufstöhnte.

„Angel, nein!“ Sarah streckte ihm ihre Hand entgegen. Sie wollte ihn festhalten; verhindern das er sie verließ. Angel lächelte schwach. „Sarah“, stöhnte er. „Angel, bitte nicht. Nein!“ Aber es war zu spät. Sarah erreichte seine Hand nicht, die er ihr entgegen streckte. Er zerfiel vor ihren Augen zu Asche. Drusilla baute sich vor der Jägerin auf und grinste dämonisch. „Hallo Jägerin! Ich lebe noch“ ...

Sarah fuhr mit einen lauten Schrei aus dem Bett hoch. Kerzengerade saß sie da und blickte sich panisch um. Sie hatte geträumt. Es war nur ein Traum, versuchte sie sich einzureden. Nur ein Traum. Da ging die Tür auf und ihre Mutter kam herein. „Sarah, ist alles in Ordnung?“ fragte sie besorgt. Sarah blickte ihre Mutter an. „Was?“ „Ich hab gehört das du geschrien hast. Was ist los?“ „Ich ... hab nur ... schlecht geträumt“, erwiderte Sarah und schlug die Bettdecke zurück. „Sarah?“ Die Jägerin begegnete den fragenden Blick ihrer Mutter. „War nur ein schlechter Traum“, beruhigte Sarah ihre Mutter.

Doch sie wußte das es mehr als das war. Ihre Träume waren immer ein Omen; deuteten immer auf etwas hin was in baldiger Zukunft geschehen würde. Sarah geriet in Panik. Angel, er war in großer Gefahr. Sie bemerkte nicht wie ihre Mutter das Zimmer verließ und in die Küche ging um Frühstück zu machen. Sarah ging hastig ins Badezimmer und machte sich frisch. Für eine Dusche hatte sie jetzt keine Zeit. Sie mußte verhindern das ihr Traum Wirklichkeit wurde. Sarah zog sich an, band ihre Haare flüchtig zusammen und raste aus dem Haus. Mein Gott, Angel, dachte sie. Hoffentlich ging es ihm gut.

„Angel!“ rief eine Stimme. Der Vampir öffnete verschlafen die Augen. Diese Stimme kannte er doch. „Angel, wenn du da bist mache die Tür auf.“ Das war Sarahs Stimme. Angel blickte auf die Standuhr, die in seinen Schlafzimmer stand. Um diese Zeit? So früh? „Angel, bitte mach die Tür auf.“ Ihre Stimme klang ängstlich. Panik tauchte darin auf. Es mußte etwas passiert sein. Der Vampir stand auf und zog sich seine Hose an. Dann trottete er verschlafen zur Tür. „Angel, mach auf!“ „Ja, schon gut. Ich komme schon.“ Er freute sich das sie ihn besuchte, aber sie klang völlig panisch. Was war passiert?

Er öffnete die Tür. Seine Vermutung traf ein. Sie sah besorgt und gleichzeitig wunderschön aus. Ihr Anblick erwärmte sein totes Herz. Sie trug ein hellblaues Kleid, darüber eine schwarze Jacke. Sie sah bezaubernd aus. „Was ist den los?“ fragte Angel. „Geht es dir gut?“ fragte Sarah panisch als sie die Tür hinter sich schloß.

„Natürlich. Was ist den los, Sarah?“ Sie schlang ihre Arme um seinen Nacken und schmiegte sich an ihn. Angel wurde davon völlig überrascht. Was war den nur los? Sanft schob er Sarah ein Stück von sich und blickte ihr in die Augen. „Sag mir, was dich so in Panik versetzt“, bat er einfühlsam. Er sah wie Angst in ihren Augen aufflackerte.

„Ich ... hatte einen Traum. Ein schrecklichen Traum.“ „Was hast du geträumt?“ „Ich hab ... geträumt das Drusilla noch lebt; das sie wieder da ist.“ Sarah erschauerte. Es lief ihr kalt den Rücken hinunter, wenn sie nur daran dachte, daß Drusilla noch leben könnte. „Und was hat sie getan?“ Sarah blickte Angel besorgt an. „Sie ... sie hat dich getötet - vor meinen Augen. Und ich konnte nichts dagegen tun. Du zerfielst vor meinen Augen zu Staub. Es war schrecklich. Es war so real.“ Angel zog Sarah an sich. Er streichelte über ihren Rücken und flüsterte ihr besänftigte Worte ins Ohr. Der Traum hatte sie ganz schön erschreckt; hatte sie total durcheinander gebracht.

„Es war nur ein Traum. Nur ein dummer Traum, Sarah.“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, daß war mehr als nur ein Traum. Meine Träume sind oft ein Omen, daß weißt du doch.“ „Aber nicht alle, Liebling. Du siehst doch das es mir gut geht. Ich bin am Leben. Es ist alles in Ordnung.“ Sarah blickte ihm ängstlich in die Augen. „Das sehe ich. Aber was ist wenn ...“ Angel ließ sie nicht zu Ende sprechen. Er zog sie eng an sich und küßte sie. Zärtlich drückte er seine Lippen auf ihre. Er wollte nicht das sie den Gedanken zu Ende sprach. Sie mußte es vergessen. Es war nur ein Traum. Nichts weiter als ein Traum.

Ihre Küsse wurden immer leidenschaftlicher. Sie konnten nicht genug voneinander kriegen. „Ich bin in Ordnung, Liebling“, flüsterte Angel. „Okay. Ich ... die Schule ... wartet auf mich. Ich ... muß los.“ „Ich weiß.“ Und wieder küßten sie sich leidenschaftlich. Schließlich löste sich Sarah widerwillig von ihren Vampirfreund. „Ich muß jetzt wirklich gehen, Angel. Ich muß zur Schule. Geht es dir wirklich gut?“ „Alles okay. Es geht mir gut“, sagte er mit Nachdruck. Sarah ging zur Tür. „Warte noch einen Moment“, bat Angel. Sie drehte sich zu ihm um. „Was ist?“ „Was willst du zum Geburtstag?“ fragte er unvermittelt.

„Was?“ „Sarah, du hast bald Geburtstag. Du wirst achtzehn. Was wünscht du dir?“ Sie lächelte. „Überrasche mich einfach. Ich hab alles was ich will. Dich, daß Zeichen unserer Liebe ...“ Sie hielt ihre Hand hoch und präsentierte ihm den Ring, den er ihr geschenkt hatte. „Ich laß mich einfach von dir überraschen.“ „Okay.“ Angel blickte sie zärtlich an. Und dann lag sie erneut in seinen Armen und sie küßten sich.

„Die Schule“, flüsterte Sarah. „Ich weiß. Du mußt zur Schule.“ Sie küßten und küßten sich; konnten einfach nicht aufhören. Ihre Küssen wurden von Mal zu Mal leidenschaftlicher. Sie konnten sich einfach nicht voneinander trennen. „Angel“, hauchte sie. „Ich weiß.“ Er ließ Sarah los. Angel lächelte und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht, die sich von ihrer Frisur gelöst hatte. Sarah schenkte ihm noch ein warmes Lächeln, dann verließ sie seine Wohnung und machte sich auf den Weg zur Schule.

Die Pausenhalle der Sunnydale High wurde von den Schülern besetzt. Es war laut und von überall her drang Gelächter. Giles umfaßte die Akten, die er bei sich hatte, und nahm einen Schluck seines Tees. Wie es sich nun Mal für einen Engländer gehörte trank er ausschließlich Tee. Giles war froh, daß es momentan so ruhig war.

Der Kampf gegen Spike und Drusilla war ausgestanden. Kendra war wieder zu Hause. Alles war ruhig. Und er selbst ... er konnte sich seinen Büchern widmen während Angel das Training der Jägerin übernommen hatte. In diesem Punkt gab er Sarah nur zu gerne Recht. Angel war geeigneter dafür die Jägerin zu trainieren. Außerdem konnte ihr Angel noch so manchen Griff oder Trick zeigen den Sarah noch nicht kannte. So gesehen war das Leben in Sunnydale sehr friedlich – für den Moment.

„Guten Morgen, Giles“, rief eine Stimme durch die Pausenhalle. Giles blieb stehen und drehte sich um. Xander flitzte auf den Wächter zu und blieb schlitternd neben ihm stehen. „Alles fertig für Sarahs Party morgen?“ fragte Giles. „Alles geritzt.“ Giles sah ihn unverständlich an. „Alles vorbereitet“, korrigierte sich Xander. „Gut.“ Giles und Sarahs Freunde planten eine Überraschungsparty. Die Jägerin wurde achtzehn und das mußte einfach gefeiert werden. Sie hatte es verdient. Kaum eine Jägerin war so alt wie Sarah geworden. Außerdem hatte sie eine kleine Erholung von ihrem ewigen Kampf gegen die Finsternis verdient. Sie hatte es dringend nötig.

Sein Blick fiel auf die Lehrerin Jenny Calendar, die sich mit Sarah näherte. Die beiden Frauen wirkten bedrückt. Jenny hat sich als unglaubliche Hilfe erwiesen, dachte Giles und lächelte leicht. Er mochte die Lehrerin. Auch wenn sie für seinen Geschmack etwas zu modern war. Aber sie war eine unglaubliche Hilfe für ihren Kampf gegen das Böse. Sie wußte darüber Bescheid und half wo sie nur konnte. Sie war ein typischer Technofreak, aber damit konnte Giles leben. Er mochte sie sehr. Immer wenn er die hübsche Computerlehrerin sah machte sich ein warmes Gefühl in seinen Körper breit.

Der Wächter flüsterte Xander zu: „Sarah weiß nichts von der Party. Und dabei bleibst es. Also kein Wort, Xander.“ „Klar. Ich verstehe; ganz geheime Organisation. Zielperson erfährt nichts“, scherzte er. Giles überhörte den Kommentar einfach. Das Geplapper von Xander war ihm oft unverständlich. Also hatte er beschlossen geflissentlich darüber hinweg zu hören.

„Guten Morgen, Sarah“, grüßte er seine Jägerin. Sarah nickte nur. Giles spürte sofort das da etwas nicht stimmte. Sarah sah ganz und gar nicht fröhlich aus. Sie feierte bald ihren achtzehnten Geburtstag und war so niedergeschlagen. Etwas mußte geschehen sein; etwas schlimmes mußte passiert sein. Sein Blick traf Jenny. Sie blickte Giles besorgt an. Anscheinend wußte sie schon was Sarah bedrückte. Nun, es freute ihn, daß seine Jägerin soviel Vertrauen zu der Lehrerin hatte.

Sarah wirkte sehr blaß und bedrückt. Die Gruppe setzte sich an einen runden Tisch. „Was ist los, Sarah? Du scheinst mir so niedergeschlagen zu sein.“ „Hatte ne harte Nacht“, murmelte Sarah. „Aber es war doch Angel auf Streife, oder?“ fragte Willow. „Ja. Ich hab geträumt. Von Drusilla. Das sie noch am Leben wäre. In meinen Traum hat sie Angel getötet. Es war so grausam. Er stand da vor mir und Drusilla hat ihm den Pflock von hinten ins Herz gerammt. Ich konnte nichts tun. Nichts um ihn zu retten. Ich mußte hilflos mit ansehen wie er starb. Es war schrecklich.“ Sarah schüttelte sich. Ihre Augen wanderten ängstlich von einen zum anderen. Sie hatte wenig geschlafen, daß sah man ihr an. Der Traum hatte sie ganz schön mitgenommen.

„Es geht ihm gut. Ich war bei ihm. Er ist in Ordnung.“ „Wann warst du bei ihm? Doch etwa nicht in seiner Wohnung“, rief Xander. Ein böser Blick strafte Xander. Noch immer mochte er Angel nicht. Er traute ihm nicht. Doch er sah Sarahs Angst. Aber er konnte sich noch immer nicht mit dem Gedanken anfreunden das die Beiden ein Paar waren. „Ich bin schon still“, murmelte er.

Giles wandte sich an Sarah: „Ein Omen? Denkst du das es das ist?“ Sarah zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Giles, ich weiß es einfach nicht. Ich wünschte, ich wüßte es. Angel meinte, es war nur ein Traum. Aber ich bin mir da nicht so sicher. Ich will auch nicht für eine unnötige Panik verantwortlich sein.“ „Es ist gut wenn du darauf hörst. Wenn Drusilla wirklich noch am Leben ist, ist unser Kampf noch nicht vorbei.“ Dann will sie Rache an der Jägerin, dachte Giles betrübt. Grausame, tödliche Rache.

„Könnt ihr das nicht abkürzen? Geht doch auch mit kürzeren Sätzen“, mischte sich Xander ein. „Xander, geh in deine Klasse“, antwortete Giles. „Okay, schon verstanden.“ Xander nahm seinen Rucksack und sagte: „Bin schon weg.“ Er ging ein paar Schritte, dann drehte er sich um und meinte: „Achtet mal auf die kurze Wortwahl“, kommentierte er und ging davon. Die Jägerin stand ebenfalls auf. „Ich geh dann auch mal; will ja nicht zu spät kommen.“ Doch ihre traurige Stimme zeigten Giles und Jenny das sie mit ihren Gedanken bei Angel war. Das sie sich große Sorgen um ihn machte.

„Keine Angst, Sarah! Es ist alles in Ordnung. Angel kann auf sich selbst aufpassen. Immerhin ist er über zweihundert Jahre alt“, versuchte Jenny das Mädchen zu trösten. „Hoffentlich“, flüsterte Sarah nur und machte sich auf den Weg in ihre Klasse. Jenny blickte Giles besorgt an. „Was glauben Sie, Rupert?“ „Ich denke wir sollten raus kriegen ob Drusilla wirklich noch am Leben ist. Wenn sie es ist, kommen bald dunkle Zeiten auf uns zu. Es kann natürlich nur ein Traum sein. Aber Sunnydale ist auf den Höllenschlund aufgebaut. Wir können nicht vorsichtig genug sein. Es kann mehr als nur ein Traum sein.“ „Solange Sie sich nicht sicher sind, sagen Sie das dem Mädchen nicht. Sie macht sich sonst noch mehr Sorgen.“ Giles nickte und ging in die Bibliothek. Und Jenny mußte in ihre Klasse.

[Eine alte Fabrik]

Vampire huschten herum und dekorierten den großen Raum. Sie schmückten und machten alles so wie es ihre Herrin wollte. Dalton, ein schüchterner Vampir mit Fähigkeiten als Chronist kam herein. Er trug eine Kiste in seinen Händen. „Ich hab sie“, verkündete er. „Stell sie auf den Tisch“, forderte eine Stimme hinter ihm. Dalton drehte sich um. Sein Herrscher sah schrecklich aus.

Spike war von der Jägerin beim letzten Kampf schrecklich zugerichtet worden. Er saß in einen Rollstuhl und eine schreckliche Narbe zierte sein Gesicht. Die Narbe brauchte Zeit um zu heilen. Und der einst so starke blonde Vampir brauchte Zeit um sich zu erholen. Seine Kräfte hatte er verloren. Er hatte verdammtes Glück gehabt. Glück, daß er den Kampf überhaupt überlebt hatte. Spikes Gesichtszüge waren ermüdet. Er war diesen elenden Kampf gegen die starke Jägerin satt. Sie hatte ihn zum Krüppel geprügelt. Und niemand wußte wie lange er brauchte um sich zu erholen.

Der Vampir legte die Kiste auf den Tisch, in dem Moment, als Drusilla in einen roten Kleid erschien. Sie schwebte auf Spike zu und streichelte ihm sanft über die Narben. Sie war auch beim Kampf dabei gewesen - als Zuschauerin. Und als Spike sie retten wollte wäre er fast drauf gegangen. Drusilla kümmerte sich um ihren Spike. Sie wollte das er schnell wieder gesund wurde. Und sie wollte Rache weil man ihrem Baby das angetan hatte. Drusilla glühte vor Energie.

„Willst du wirklich hier feiern?“ fragte Spike müde. „Wir könnten die Party auch woanders veranstalten. Was hältst du von Wien? Ich hasse diesen Ort. Nichts klappt so wie ich es mir vorstelle. Die Jägerin, Angel und ihre Freunde ... sie machen uns das Leben schwer.“ Dalton stellte die Kiste ab und trat einen Schritt zurück. Die Vampire schmückten den Raum. Kerzen standen überall herum und waren angezündet. Es schuf ein wunderschönes Dämmerlicht. „Die Einladungen sind schon raus“, schnurrte Drusilla in ihrer typischen Art.

Sie spürte den Frust ihres Liebsten. Sie wußte aber auch das Spike ihr nie einen Wunsch abschlagen konnte. „Meine Feiern sind immer schön. Denk doch an Spanien. Erinnerst du dich? Die Stiere?“ Drusilla legte ihre Arme von hinten um seinen Nacken. „Die Stiere“, flüsterte Spike. Er lächelte leicht. Die Erinnerung an diese Feier war sehr schön. Ja, Drusilla verstand es eine richtige Feier zu veranstalten. Sie kniete sich neben ihn und strich verführerisch über seine Schenkel. „Diese hier wird genau so schön“, flüsterte sie in freudiger Erwartung.

„Doch Sunnydale gefällt mir einfach nicht mehr. Uns wird hier nur das Leben schwer gemacht.“ „Beruhige dich, Liebster. Diesmal wird alles anders. Ich verspreche es dir.“ Sie schnurrte. Dann fiel ihr Blick auf die Blumen, die in die Stühle mit den hohen Lehnen geflochten wurden. „Nein“, kreischte sie. Hektisch riß sie die Blumen ab. „Diese Blumen sind falsch. Die gehören da nicht hin.“ Sie stöhnte. Und dann verwandelte sie sich in eine wilde Furie. Die Vampire wichen vor ihr zurück. „Ich hasse diese Blumen“, schrie sie und riß sie in ihren Wahn alle herunter.

„Drusilla, Schatz, ganz ruhig! Wir haben für diese Blumen sicher eine andere Verwendung“, sprach Spike müde. Manchmal machte sie ihn auch verrückt. Ihre Launen waren oft nicht zu ertragen. Doch dann lächelte sie wieder und er fühlte sich sofort schlecht weil er sie mies behandelt hatte. So schnell wie ihr Anfall aufgetaucht war, verschwand er auch wieder. „In Ordnung“, flüsterte sie. Ihr Blick wanderte weiter über den fein dekorierten Tisch. Sie sah die Kisten; die Geschenke. Eine große Freude machte sich in der Vampirin breit. „Spike, darf ich eines aufmachen? Bitte“, wisperte sie und lächelte freudig. Spike lächelte zurück. Zuerst wollte er nein sagen, doch Drusilla konnte er keinen Wunsch abschlagen. „Okay. Aber nur eine Kiste. Die sind für die Party“, sprach er liebevoll.

Drusilla schwebte regelrecht zu den Kisten und blickte eine nach der anderen strahlend an. Sie konnte sich nicht entscheiden in welche sie schauen sollte. Schließlich griff sie nach der ihr nächsten und öffnete sie. „Der Tod. Ich kann ihn riechen. Er riecht so gut“, meinte sie voller Schadenfreude. Fasziniert blickte sie den Gegenstand an, der in der Kiste lag. Noch wirkte er ungefährlich.

„Und wie gefällt es dir?“ „Wunderschön, Spike! Das wird die beste Party, die ich je gegeben habe.“ „Wieso denn?“ erkundigte sich Spike neugierig. „Es wird die Letzte sein“, erwiderte Drusilla kalt. Mit diesen Worten schlug sie den Deckel der Kiste geräuschvoll zu und trat zu Spike. „Es wird die Allerletzte“, sprach sie und setzte sich auf seinen Schoß. Die beiden Vampiren lachten grausam.

~ 2. ~

[Der Morgen der Party]

Sarahs Freunde hielten die geplante Geburtstagsparty streng geheim. Sarah saß auf einen Hocker und beobachtete ihre Mutter wie sie den Tisch abräumte. „Du hast wieder nicht gut geschlafen“, bemerkte Joyce. Sarah trank einen Schluck ihres Kakaos und blickte auf die Tischplatte. „Nun ... ich hab momentan Alpträume. Die vergehen wieder, Mom.“ Hoffentlich, fügte Sarah im Stillen dazu. Hoffentlich hörten diese schrecklichen Träume über Angels Tod bald auf. Sie konnte sie nicht mehr ertragen.

„Wirklich?“ Joyce blickte ihre Tochter zweifelnd an. „Sicher, Mom“, log Sarah mit erzwungener Fröhlichkeit. Sie haßte es wenn sie ihre Mutter anlügen mußte; wenn sie Joyce so aus ihrem Leben ausschloß. Sarah hatte oft den Drang gehabt ihrer Mutter die Wahrheit zu sagen, aber sie konnte es nicht. Sie wollte ihre Mutter schützen. Außerdem wußte Sarah, daß Joyce es nicht verstehen würde. Sie würde es niemals akzeptieren.

Sarah sprang auf und half ihrer Mutter den Geschirrspüler einzuräumen. Sie reichte ihrer Mutter das Geschirr und Joyce räumte es ein. Joyce war froh ein paar normale Minuten mit ihrer Tochter zu haben. Natürlich hatte sie eine Verwandlung an Sarah festgestellt, aber sie fragte nicht ... schon lange nicht mehr. „Sarah, können wir uns mal unterhalten?“ „Um was geht es denn?“ „In Kürze bist du achtzehn Jahre alt. Du wirst die Highschool beenden und in einen Jahr aufs College kommen. Du bist reifer als so manch anderes Mädchen in deinen Alter. Doch bei gewissen Dingen habe ich meine Zweifel ob es schon richtig ist das du sie ausübst. Bist du wirklich der Meinung, daß du dafür schon bereit bist, Sarah?“ Und wie in ihrem Traum glitt Joyce der Teller, den Sarah ihr reichte, aus der Hand und zersprang laut am Boden.

Blaß starrte Sarah auf den zersprungenen Teller am Boden. Mein Traum, dachte sie schockiert. Wie in meinen Traum. Oh Gott, Angel! fuhr es der Jägerin panisch durch den Kopf. Wenn dieser Teil geschah wie in ihrem Traum, dann ... dann ... Joyce erkannte die Wandlung ihrer Tochter. „Sarah?“ fragte sie besorgt. Sarah hob den Blick. „Was ... was hast du da gerade gesagt?“ stammelte sie ängstlich. „Ich hab von der Führerscheinprüfung geredet. Du wolltest ihn jetzt doch machen.“ „Oh ... ja, sicher! Sicher bin ich dafür schon bereit. Ich ... muß jetzt gehen. Ich muß zur Schule“, sprach die Jägerin hastig.

Sarah drehte sich um und riß ihren Rucksack vom Hocker. „Ich fahre dich“, bot Joyce ihr an. „Nein“, rief sie panisch und drehte sich zu ihrer Mutter um, die sie mit einen fragenden und gleichzeitig besorgten Blick musterte. „Ist nicht nötig.“ Und damit flitzte Sarah aus dem Haus und raste zur Schule. Sie mußte Giles aufsuchen; mußte ihm sagen das ihr Traum zur Realität wurde.

„Der Teller ... er glitt ihr einfach aus der Hand. So wie in meinen Traum“, beendete Sarah ihre Erzählung von den morgendlichen Geschehnis mit ihrer Mutter. „Ein Zufall“, meinte Giles. Sarah schüttelte den Kopf. „Nein. Es war wie in meinen Traum. Verstehen Sie nicht? Wenn der Teller zu Boden fliegt wird als nächstes ... Oh mein Gott! Angel! Er ist in Gefahr. Ich muß sofort zu ihm.“ Sarah war schon dabei aufzuspringen, doch Giles hielt sie davon ab. „Angel kann auf sich selbst aufpassen. Es ist Tag. Da kann ihm gar nichts passieren. Glaub mir, es geht ihm sicher gut.“ „Und was ... wenn er schon längst tot ist?“ fragte Sarah mit zitternder Stimme. „Es geht ihm gut. Er ist in Sicherheit, glaub mir“, beruhigte Giles sie.

„Aber ...“, begann sie verzweifelt. „Es geht ihm gut. Glaub mir doch! Am Tag kann ihm gar nichts passieren solange er in seiner Wohnung ist. Kommen wir auf deinen Traum zurück. Du meinst es war ein Omen?“ Sarah zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Aber ... ich spüre, Drusilla lebt noch. Sie ist nicht tot.“ „Du könntest recht haben. Ich denke, wir sollten ein wenig recherchieren. Wir werden sie finden wenn sie noch lebt.“ „Aber Angel ...“, jammerte Sarah. Sie wollte so schnell wie möglich zu ihm und sich selbst davon überzeugen, daß es ihm gut ging.

„Er ist sicher in Ordnung. Wenn es dunkel ist kannst du zu ihm gehen. Vergiß nicht, er lebt seit über zweihundert Jahren. Er kann auf sich selbst aufpassen.“ Sarah sagte nichts mehr weil sie wußte das es sinnlos war mit Giles weiter zu diskutieren. Sie ging in den Unterricht. Giles blickte er nach. Sie war mit ihren Gedanken bei Angel. „Die Party wird ihr gut tun“, flüsterte er und wandte sich seinen Büchern zu um ein genaueres Täterprofil über Drusilla zu erstellen.

Vielleicht sollte ich mich für die Party umziehen, dachte Jenny Calendar. Ihre Bücher wanderten in ihre Tasche. Jenny war mit ihren Gedanken bei der Party. Die Jägerin hatte es verdient. Außerdem hatte sie Geburtstag. Sie wurde achtzehn. Sie hatte sooft gegen die Mächte der Finsternis gekämpft - sooft ihr Leben aufs Spiel gesetzt - sie hatte es einfach verdient. Diese Party war einfach die Belohnung für all ihre Mühen in den letzten Jahren. Und als Gewißheit das sie älter wurde als so manch andere Jägerin. Und da sie mit Angel zusammen war würde er sicher auch kommen. Die Geburtstagsparty für seine Freundin würde er nicht vergessen. Er würde bei ihr sein wollen. Und so konnte sie prima berufliches mit dem Privaten verbinden.

Und dann holte eine harte Stimme mit europäischen Akzent sie aus ihren Gedanken. „Jenny Calendar!“ Jenny fuhr herum und erschrak heftig. Der Mann war hoch gewachsen, trug ein weißes Hemd und eine schwarze Krawatte. Dazu eine Weste und eine Hose aus ihrer Heimat; aus ihrer alten Heimat. Sie war schon lange nicht mehr dort gewesen. Was machte er hier? Was suchte er hier? Für Jenny war die Antwort klar. Er suchte sie. Sie - Jenny Calendar. Er war hier um zu sehen ob sie auch wirklich ihren Job tat. Oder gab es einen anderen Grund warum er sie ausgerechnet jetzt aufsuchte?

„Onkel Enyos“, sprach sie leise. Er war das Oberhaupt ihres Clans. Schon immer hatte sie sich in seiner Gegenwart eingeschüchtert gefühlt. Doch sie schuldete ihm viel. Ihm und ihren ganzen Clan. Seine Augen funkelten. Er war wütend. Aber wieso ist er das? fragte sich Jenny. „Ich hab nicht ... mit deinen Auftauchen gerechnet“, sagte Jenny. Ihre Stimme zitterte leicht. Sie hoffte er würde ihre Nervosität nicht bemerken. „Geht es dir gut?“ fragte er mit rauher Stimme. „Ja, sicher. Es geht mir gut.“ Jenny ging hinter ihren Schreibtisch, anscheinend mit der Hoffnung er würde sie vor der Wut ihres Onkels schützen. Aber sicher war er wütend. Sie konnte es verstehen. „Tut mir leid das ich mich so lange nicht gemeldet habe ... aber ich hatte wirklich viel zu tun“, meinte sie entschuldigend.

Sein Zorn flackerte auf. „Was ist so wichtig das du deine Verantwortung deinem Volk gegenüber vergißt?“ Jenny seufzte. Es war klar das er deswegen wütend war. Eigentlich dürfte nichts für sie wichtiger sein. Aber es gab so viele Dinge, die geschehen waren. Dinge, die ihre Ansichten und sie selbst verändert hatten. „Ich war beschäftigt und ...“ „Die Ältesten unseres Stammen haben Zeichen gelesen“, unterbrach Enyos sie. Jenny blickte auf.

„Etwas verändert sich“, sprach Enyos mit harter Stimme. „Nichts hat sich geändert“, erwiderte Jenny. „Der Fluch hat noch immer die selbe Wirkung wie früher.“ „Die Ältesten irren sich nicht. Sie sagen, sein Schmerz ist nicht mehr so stark. Er hat nachgelassen.“ Verdammt, dachte Jenny. Sie wußte woran das lag. Und Enyos wußte das Jenny eine Ahnung hatte. Und er wollte von ihr Antworten hören.

„Es gibt da jemanden ...“, begann sie zögernd; ein schwaches Lächeln auf den Lippen. Ich kann nicht mehr. Ich will das nicht mehr länger mitmachen, dachte Jenny betrübt. Sie würde soviel Schmerz verbreiten. „Wer ist das?“ fragte Enyos barsch. Jenny verfluchte sich selbst. Sie konnte es nicht tun. Alles würde sich ändern wenn sie es tat. Eine Liebe würde zerstört werden. Eine tiefe Liebe, die so manche Schwierigkeit schon überstanden hatte. Die Beiden waren so eng miteinander verbunden.

Sie konnte all das doch nicht zerstören. Sie hatte kein Recht dazu. Aber sie hatte eine Verpflichtung zu erfüllen. Es war die Verpflichtung ihrem Volk gegenüber, der sie folgen mußte. „Ein Mädchen“, flüsterte sie. Verzeiht mir, dachte sie. Rupert, du wirst es nicht verstehen, ich weiß, aber ich muß es tun. Sie kam sich wie eine Verräterin vor. Sie war eine Verräterin.

Der Alte funkelte sie mit seinen Augen an. „Ein Mädchen“, rief er schockiert aus. „Und du hast das zugelassen? Wie konntest du das nur tun?“ warf er ihr kalt vor. „Du kannst mir glauben wenn ich dir sage, daß Angel noch immer leidet.“ Nun war es heraus. Es ging um Angel. Und letztendlich ging es auch um Sarah. Das Mädchen, daß ihm Glück verschaffte und seinen Schmerz für einige Zeit linderte würde bald sehr leiden, Jenny wußte das und es tat ihr schrecklich leid. „Er versucht seine Taten wieder gutzumachen. Sogar mir hat er einmal das Leben gerettet“, erzählte sie.

Mit Schauder dachte sie daran zurück. Ein böser Dämon hatte von ihr Besitz ergriffen. Und Angel hatte ihn ausgetrieben. Er hatte den Dämon in sich aufgenommen und ihn bekämpft und somit vernichtet. Damit hatte er ihr das Leben gerettet. Den der Dämon hatte Angel nichts tun können, da er schon einen in sich trug. Jenny war ihm dafür so dankbar und sie hatte angefangen Angel mit anderen Augen zu sehen; hatte erkannt das er sich wirklich verändert hatte.

„Du willst vergessen? Einfach so?“ Enyos’ Stimme holte sie in die Wirklichkeit zurück. Er klang sehr verärgert. „Hast du vergessen was er einst tat? Das er die beliebteste Tochter deines Stammes getötet hat? Das er jeden, der ihm begegnet, tötete und alle die ihnen nahe standen auch vernichtete? So wie bei der Familie der Zigeunerin?“ Jenny blickte beschämend zu Boden. Sie hatte es nicht vergessen. Jeden neuen Tag wurde sie daran erinnert. „Unsere Rache fordert das sein Schmerz ewig währt. Sein Schmerz soll so weh tun wie der unsrige. Hast du vergessen was geschieht wenn er mit diesem Mädchen nur einen Moment vollkommenen Glücks erfährt?“ fuhr Enyos Jenny an.

Jenny schüttelte schwach den Kopf. Sie kannte die Geschichten über den Fluch. „Jede Minute die er glücklich ist, ist eine zuviel“, sprach Enyos hart. „Es tut mir leid wenn ich dich enttäuscht habe, aber ...“ „Glaubst du wirklich du bist Jenny Calendar?“ Er schüttelte verneinend den Kopf. Dann sprach er bestimmend: „Du bist Janna. Janna, Mitglied des Volkes Kalderash. Du bist eine Zigeunerin.“ „Das weiß ich“, erwiderte Jenny.

Ihr Gesicht nahm entschlossene Züge an. Du hast ja keine Ahnung wie es ist hier unter falschen Namen; falscher Identität, zu leben, dachte Jenny traurig. Du  weißt nicht, wie das ist wenn man Sarah, ihre Freunde und Sarahs Wächter Giles kennt. Ihr wurde warm wenn sie an Rupert dachte. Und wenn sie Angel und Sarah zusammen sah wurde ihr klar das die Beiden sich wirklich liebten - tief und innig.

„Dann beweise mir das du deine Pflichten als Janna noch immer sehr ernst nimmst“, erwiderte Enyos ernst. „Was soll ich tun?“ „Du hast lang genug zugesehen. Es wird Zeit das du in die Ereignisse eingreifst.“ „Was muß ich tun?“ fragte sie mit zitternder Stimme. Sie ahnte was ihre Aufgabe sein würde. Und sie haßte sich dafür weil sie es ausführen würde. Sie wollte den Zorn ihres Stammes nicht erleben.

„Es wird Zeit, daß sie sich trennen. Du wirst dieses Mädchen und Angel trennen. Halte sie von ihm fern. Sie dürfen sich nicht mehr sehen. Du weißt was sonst geschieht.“ Vielsagend sah er sie an. War der Fluch wirklich so schrecklich? Sie kannte viele Geschichten über ihn. Doch was stimmte wirklich von diesen vielzähligen Geschichten? Die wahren Auswirkungen waren auch ihr nicht bekannt. Sie ahnte nur was geschehen würde.

Und dann fielen ihr Angel und Sarah ein. Traurig schüttelte sie den Kopf. Die Beiden taten ihr so leid. Vor allem Sarah war Diejenige, die am meisten leiden würde. Die Jägerin und der Vampir liebten sich aufrichtig und sie waren inzwischen schon ein perfekt aufeinander eingespieltes Team, wenn sie auf die Jagd gingen. Sie sahen sich an und wußten welche Schläge und Tritte sie ansetzen mußten. Sie verstanden sich ohne Worte. Die Traurigkeit nahm von Jenny Besitz. Es tat ihr so leid, daß Sarah für etwas bezahlen mußte womit sie nichts zu tun hatte.

Ihr brach es das Herz, wenn sie nur daran dachte die Beiden trennen zu müssen. Aber sie nickte; fast mechanisch. „Ich werde mich darum kümmern. Du brauchst dir keine Sorgen machen, Onkel“, sprach sie. Ich werde mich darum kümmern, dachte sie. Doch alles in ihr wehrte sich dagegen diese schreckliche Tat an dem Liebespaar zu begehen. Doch eine alte Schuld mußte beglichen werden.

Sie hatte eine Pflicht zu erledigen. Und auch, wenn es ihr das Herz brach, sie würde diese Pflicht erfüllen. Auch wenn eine Unschuldige darunter leiden mußte. Enyos blickte sie noch einmal an, sagte „Ich erwarte deinen Bericht“ und ging davon. Jenny sank auf den Stuhl nieder und ihr wurde klar wie verwirrt ihr Leben doch war. Sie würde alles zerstören. Alles was Sarah wichtig war würde sie zerstören. Sie würde die Jägerin seelisch töten.

Sarah hatte sich den ganzen langen Tag - der einfach kein Ende nehmen wollte - große Sorgen um Angel gemacht. Der Death Boy, wie Xander immer witzelte. Angel mochte diesen Namen nicht sehr. Sarah blickte immer wieder auf die Uhr. Zuerst war sie mit Giles verabredet und dann würde sie zu Angel gehen. Sie würde das Gespräch mit Giles so kurz wie möglich halten um so schnell wie möglich zu Angel zu kommen. Sie brauchte Gewißheit. Sie mußte endlich wissen ob es Angel gut ging. Vorher würde sie keine Ruhe finden.

Die Jägerin spazierte über den Korridor in der Schule. Die Lichter waren schon abgedreht worden. „Sarah“, rief plötzlich eine Stimme. Die Jägerin drehte sich um. Jenny Calendar kam auf sie zu. „Sie haben mich erschreckt“, meinte Sarah. „Tut mir leid, daß wollte ich nicht. Ich hab eine Nachricht von Giles für dich. Er war vorhin in meiner Klasse.“ „Um was für eine Nachricht handelt es sich denn?“ fragte Sarah neugierig. „Die Pläne haben sich ein wenig geändert. Ihr trefft euch jetzt bei seinen Haus.“ Dann komme ich noch später zu Angel, dachte Sarah betrübt.

„Ich kann dich hinfahren“, schlug die Lehrerin im selben Moment vor. „Wirklich?“ fragte Sarah überrascht. Jenny nickte. „Klar.“ „Das wäre cool. Danke.“ „Komm, laß uns gleich losfahren.“ Sarah und die Lehrerin verließen die Schule und gingen zum Parkplatz wo Jennys Auto stand. Jetzt würde sie Angel vielleicht doch noch früher als geplant aufsuchen können.

Die Lehrerin fuhr sicher über die Straßen. Sarah bemerkte plötzlich das sie von der eigentlichen Straße abgekommen waren. Sie kannte die Umgebung. „Fahren wir zum Bronze?“ fragte sie. „Ich hab keine Ahnung, ehrlich gesagt. Giles hat mir eine Adresse gegeben wo ich dich hinbringen soll.“ „Ach so“, murmelte Sarah. Ihre Instinkte sagten ihr das da irgendwas faul war. Aber sie konnte nicht sagen was es war. Und dann tauchte vor ihnen ein Lastwagen und eine Laderampe auf. An den Laster waren drei verdächtige Gestalten beschäftigt. Sie hatten eine Kiste bei sich. Vampire, schoß es Sarah sofort durch den Kopf.

„Halten Sie mal“, rief Sarah. „Steig nicht aus, Sarah. Tue das nicht. Diese Typen sehen gefährlich aus“, warnte Jenny. „Das sind Vampire“, klärte Sarah die Lehrerin auf als sie die Tür aufstieß. „Sorry. Die wissen leider nicht das ich eigentlich Feierabend haben möchte. Die müssen nunmal immer zur falschen Zeit auftauchen. Ich muß meine Pflicht erledigen. Warten Sie hier.“ Und schon stieg sie aus. Jenny seufzte. Die Pflicht tun. Ja, daß mußte sie auch.

Selbstsicher schritt die Jägerin auf den Lastwagen zu. Einer der Vampire stand auf der Ladefläche. Sie erkannte ihn. Es war Dalton. Ein Mann von Spike. Diese kleine, miese Ratte, dachte Sarah. Was hatte er diesmal wieder vor? „Also, du bist echt ein Kleptomane! Jedesmal wenn ich dich sehe willst du was klauen.“ Er fuhr herum. Dalton erkannte die Jägerin. Wütend knurrte er sie an. „Red doch mal mit nen Spezialisten darüber“, schlug Sarah lässig vor. Da wurde der Motor angelassen. Sarah drehte sich um. Dies nutzte Dalton aus um die Kiste auf der Ladefläche abzustellen.

Die Fahrertür wurde aufgerissen und ein Vampir stürzte sich auf Sarah. Sie wich seinen Angriff geschickt aus, packte ihn und riß ihn aus der Kabine. Der Vampir fiel auf den Boden. Er stand wieder auf und Sarah verpaßte ihm einen harten Schlag. Bei ihrem nächsten Tritt vollführte sie in der Luft eine Drehung und kam mit dem Rücken zum Truck wieder auf die Beine. Der nächste Vampir griff sie an. Er umfaßte ihre Schulter und hob sie hoch. Dann warf er sie mit all seiner Kraft durch die Luft. Krachend landete Sarah auf der Ladefläche. Der Vampir stürzte sich auf sie. Sarahs Beine wirbelten nach oben; landeten im Magen des Vampirs. Sie nutzte seinen Schwung für sich aus und schleuderte ihn über sich. Er fiel gegen einen Stapel Kartons und blieb für einen Moment benommen liegen.

Die Jägerin sprang mit einen eleganten Sprung auf und bückte sich. Sie trat gegen eine Holzkiste und brach einen Holzpflock heraus. In diesem Moment stand der Vampir auf und Sarah brauchte nur noch die Hand ausstrecken. Der Vampir lief in die Spitze hinein und war Geschichte. Ein weiterer Vampir griff sie von hinten an und warf sie über die Schulter. Sarah landete wieder hart auf der Ladefläche. Der Vampir beugte sich über sie - gefährlich und drohend. Sie stieß ihn mit den Beinen weg und sprang auf.

Sarah wußte nicht das ihre Freunde das Bronze für die geheime Party gemietet hatten. Sie hatten sich versteckt um in traditioneller Art und Weise „Überraschung“ zu rufen. „Wo bleibt sie den nur? Sie müßte schon längst hier sein“, murmelte Angel besorgt. Er wurde ungeduldig. Giles hatte ihm erzählt wie schlecht es Sarah momentan ging; hatte ihm von der Szene mit ihrer Mutter erzählt und von Sarahs Angst um ihn. Die gleiche Szene wie in Sarahs Traum – es ließ Angel keine Ruhe mehr. Er mußte immer wieder darüber nachdenken. Angel glaubte nicht daran das es geschehen würde. Wahrscheinlich war es nur Zufall gewesen.

Sarahs Freunde hatten sich im Raum verteilt und waren in Deckung gegangen. Sie versteckten sich hinter dem großen Billardtisch auf dem die Getränke, der Kuchen und noch einige Kleinigkeiten zum Essen standen. Daneben lagen Servietten in lila und Teller. Das Bronze war hübsch dekoriert worden. Immerhin handelte es sich hier um eine Geburtstagsparty. Der Kuchen hatte genau achtzehn Kerzen, die brannten. Die Geschenke lagen neben dem Kuchen. „Ruhe! Ich glaube, sie kommt“, rief Willow aufgeregt.

Draußen schwang Sarah ihren provisorischen Holzpflock und wandte sich dem angreifenden Vampir zu. Sie sprang in die Luft, wirbelte über ihn und kam hinter ihm wieder sicher zum stehen. Von ihren Seitenwechsel verwirrt drehte sich der Vampir um. „Gute Nacht“, meinte sie sarkastisch und trieb ihn den Holzpflock ins Herz. Der Vampir zerfiel zu einen Ascheregen. Bevor sich Sarah über ihren Sieg freuen konnte tauchte der nächste Vampir vor ihr auf. Am Anfang hatte die Gruppe gar nicht soviel ausgesehen. Sie setzte zu einen Tritt an. Doch der Vampir wehrte den Tritt ab. Er packte sie und warf sie gegen die Wand des Gebäudes. Sarah schrie auf. Das tat weh. Sie sank zu Boden.

Erst jetzt begriff Angel das diese komischen Geräusche von einen Kampf her führten. Und dann hörte er den Schrei; einen schmerzerfüllten Schrei. Und er kannte die Stimme. Schnell wechselte Angel einen Blick mit Giles. Der Schrei kam von Sarah. „Oh mein Gott! Sarah! Sarah ist in Gefahr“, rief Angel und sofort überschwemmte die Angst ihn. Seine süße Jägerin war in Gefahr. Er mußte ihr helfen. Angel wollte zur Tür eilen um Sarah zu helfen. Vielleicht wurde sie mit den Dämonen nicht fertig, die sie da draußen bekämpfte. Er zweifelte daran, aber er wog sie gern in Sicherheit. Ein lauter Krach hielt Angel auf nach draußen zu eilen.

Sarah und der Vampir stürzten gerade durch das Fenster ins Bronze. Die Glassplitter flogen durch die Luft. Sie landeten auf der Bühne - beide am Boden liegend. „Sarah“, rief Angel schockiert. „Alles okay“, antwortete sie, für einen Moment überrascht ihre Freunde im Bronze zu sehen. Doch dann konzentrierte sie sich wieder auf den Vampir. Sie rollte sich zur Seite und sprang auf. Sarahs Freunde standen zögernd auf und blickten erschreckt auf die beiden Personen, die sich einen erbitterten Kampf auf der Bühne lieferten. Sarah tastete nach ihrem Holzpflock, drehte ihn in den Fingern und stach zu. Der Vampir stöhnte und zerfiel zu Staub.

Mit Entsetzen hatten ihre Freunde das Geschehene beobachtet. Sarah klopfte sich den Staub von der Kleidung und drehte sich zu ihnen um. „Hi Leute! Was ... was macht ihr den hier?“ Sie stieg von der Bühne. Angel eilte sofort zu ihr und nahm sie in die Arme. „Ist alles okay?“ fragte er. Sie strahlte ihn an; klammerte sich an ihn und seufzte erleichtert. Es ging Angel gut.

Angel wußte warum sie ihn so festhielt. Er atmete ihren Duft ein; ihren lieblichen Duft. Sie roch so gut. Leidenschaft schwappte in ihn über. Doch Angel hielt sich zurück. Es war jetzt wichtiger was geschehen war. Seine Liebe zu ihr war innig und groß. Nie würde er aufhören sie zu lieben. Will ich damit nur entschuldigen das ich nicht von ihr lassen kann? fragte sich Angel, doch er verdrängte den Gedanken sofort wieder.

„Was ist passiert?“ erkundigte sich Giles besorgt. Sarah - noch immer liegend in Angels Armen - meinte: „Die waren draußen und ...“ Ihr Blick wanderte erneut durch den Raum. „Ich wiederhole meine Frage: Was macht ihr hier?“ „Eine Party zu deinen Geburtstag.“ „Echt? Für mich?“ strahlte Sarah. „Ja“, meinte Giles. „Super.“ Ihr Gesicht strahlte. Damit hatte sie nicht gerechnet. Und sie freute sich tierisch darüber. „Oh ... danke“, rief sie. „Ihr seit echt toll.“ Sie blickte Giles an und warf ihm ein dankbares Lächeln zu. Dann blickte sie wieder auf Angel. „Bist du wirklich okay?“ fragte er noch Mal nach. „Mir geht es super“, erwiderte Sarah glücklich.

Da trat Jenny in den Raum und trug die besagte Kiste, die Dalton stehlen wollte, vor sich her. Man sah ihr an das die Kiste zu schwer für sie war. „Kann mir die mal jemand abnehmen?“ Jenny stöhnte leise. Angel und Giles kamen ihr sofort zur Hilfe und trugen die Kiste zu einen Tisch, wo sie abgestellt wurde. „Das haben die Vampire da gelassen“, erklärte Jenny den anderen. Sarah blickte neugierig darauf. „Was da wohl drin ist?“ fragte Willow neugierig.

„Keine Ahnung. Sehen wir einfach nach.“ Sarah griff unter den Deckel. „Da ist ein Riegel“, sagte sie und öffnete ihn. Angel und Giles hoben den Deckel auf. Ein Arm mitsamt Hand lag in der Kiste. Alle blickten erstaunt darauf. „Toll! Ein Arm“, spottete Sarah. Im nächsten Moment fuhr der Arm aus der Kiste, umfaßte Sarahs Hals und drückte so fest zu das sie keine Luft mehr bekam.

~ 3. ~

Sarah röchelte und schnappte nach Luft. Der Arm wollte sie erwürgen. Sie versuchte ihn von ihrer Kehle zu lösen, doch erst mit Angels Hilfe gelang es ihr. Angel zerrte den Arm in die Kiste zurück und gemeinsam mit Giles schoben sie den Deckel wieder auf die Kiste. Sarah hustete aus voller Kehle und holte tief Luft.

Sie war wie erstarrt, genauso wie ihre Freunde. Was war das soeben gewesen? Angel nahm Sarah in den Arm und beruhigte sie. Ihr Atem beruhigte sich auch wieder als sie seine wohltuende und beschützende Wärme wahrnahm. Sie wußte, in seinen starken Armen war sie sicher. „Das ist das Geschenk des Höllenschlunds an die Jägerin wenn sie Geburtstag hat“, brach Xander die Stille.

„Sarah, bist du in Ordnung? Hat das Ding dich verletzt?“ fragte Giles nervös. Gemeinsam mit Angel trat sie vom Tisch weg. „Alles okay, obwohl dieses Ding mich fast umgebracht hat“, krächzte sie. Angel streckte die Hand aus und strich hauchzart über die Stelle an der sie gewürgt worden war. Er spürte wie ihr Blut schneller durch die Adern floß. Und instinktiv war ihm klar das es die Reaktion auf seine zärtliche Berührung war. Er lächelte sie an und Sarah lächelte zurück. Jenny brach es das Herz als sie das sah. Schon bald würde sie die Beiden trennen müssen. Sie wollte nicht, aber sie hatte eine Pflicht zu erfüllen. Sie mußte es tun.

„Ich bin okay“, antwortete Sarah. „Was ... war das denn?“ ergriff Willow das Wort. „Ein Arm“, antwortete Oz sachlich. „Das trifft den Nagel auf den Kopf“, mischte sich nun Xander ein. Und dann bemerkte Sarah das Angel völlig panisch auf die Kiste starrte. Er hatte Angst. Sie fühlte es. So hatte sie ihn noch nie erlebt. „Angel, was ist los?“ fragte sie. „Unmöglich. Das kann nicht sein“, flüsterte er. „Das wird sie nicht wagen.“ „Was wird wer nicht wagen? Klär uns auf, Death Boy“, meinte Xander um ihn zu ärgern, doch Angel sprang überhaupt nicht darauf an. Er blickte auf die Kiste; konnte den Blick nicht mehr davon lassen und führte Sarah noch ein Stück vom Tisch weg.

„Angel“, sprach Sarah eindringlich. Er hob den Blick. „Es ... es ist eine Legende. Sie entstand lang vor meiner Zeit. Es ist die uralte Geschichte eines Dämons, eines sehr bösen Dämons. Er hatte den Auftrag die Welt vor der Menschheit zu befreien.“ Angel schluckte. Das konnte einfach nicht wahr sein. „Dieser Dämon trennt die Guten von den Bösen. Die Guten verbrennt er zu Asche. Noch kein Sterblicher hat je eine Begegnung mit ihm überlebt. Seine Berührungen sind tödlich. Eine kleine Berührung genügt um einen Menschen zu verbrennen. Er wird der Richter genannt.“ Giles war der Name vertraut. Das erkannte Sarah. „Der Richter ... ist er das?“ Giles sah auf die Kiste. „Nur ein Teil von ihm“, antwortete Angel. Sarah schaltete sich ein. „Ich wüßte gern mehr. Könnte mich jemand aufklären?“ fragte sie in die Runde.

„Er konnte nicht getötet werden. Richtig?“ Giles sah Angel an. Der Vampir nickte bejahend. „Der Richter konnte nicht besiegt werden. Eine Armee wurde geschickt. Viele Soldaten fielen. Doch am Ende konnte man den Richter zerstückeln. Man trennte seine Körperteile voneinander weil es ihnen nicht möglich war ihn zu töten. Die Legende erzählt, daß keine geschmiedete Waffe ihm etwas anhaben konnte“, erzählte Giles weiter und er schwieg.

Dadurch griff Angel die Erzählung wieder auf. „Die Körperteile des Richters wurden in den verborgensten Winkeln dieser Welt gebracht und tief vergraben, denn niemand sollte den Richter jemals wieder zusammen bauen. Aber ... wenn Drusilla noch lebt dann wird es geschehen. Sie ist verrückt genug für eine solche Tat“, sprach Angel kopfschüttelnd.

„Also müssen alle Teile hierher gebracht worden sein“, schloß Miss Calendar. „Von Drusilla!“ sagte Sarah ohne zu zögern. „Diese Vampire da draußen waren die von Spike.“ „Sie ist so verrückt, daß sie die Welt zerstören würde“, murmelte Angel. Sarahs Freund sah immer besorgter aus. Er schien wirklich Angst zu haben und dadurch begann sich auch Sarah Sorgen zu machen. Und ein schmerzlicher Ausdruck trat in seinen Gesicht auf. Den es wurde ihm wieder bewußt das er an Drusillas Verrücktheit schuld war. Er, als er sich noch Angelus nannte, hatte sie vollkommen in den Wahnsinn getrieben. Er tat Sarah leid. Er hatte ihr die Kurzfassung der Geschichte geliefert. Er hatte es ihr erzählt weil er ihr vertraute.

Es war Willow, die sich mit nervöser Stimme meldete. „Was machen wir den jetzt? Sollen wir ... diesen Richter zusammenbauen?“ „Auf gar keinen Fall“, antwortete Angel. „Damit würden wir eine Katastrophe freisetzen. Der Richter zählt zu den gefährlichsten Dämonen der Welt.“ Eine grausame Stille breitete sich im Bronze aus. Diesen Ausgang der Party hatte niemand gewollt. So hatten sie sich das nicht vorgestellt. Es sollte eine ruhige und schöne Party zu Sarahs achtzehnten Geburtstag werden - ohne den Höllenschlund und seine grausamen Pläne zur Weltvernichtung. Und wieder hatte der Höllenschlund es geschafft die gute Laune der Jägerin zu ruinieren.

„Wir müssen ... müssen diesen Arm aus der Stadt schaffen“, meinte Giles in die bedrückende Stimmung hinein. „Angel“, meldete sich Jenny Calendar. „Angel?“ wiederholte Sarah verwirrt. Die Lehrerin trat zu ihnen. „Ja“, bestätigte sie und wandte sich dem Vampir zu. „Sie müssen den Arm wegbringen. Bei Ihnen ist das Ding sicher aufbewahrt.“ „Hallo!“ Sarah fuchtelte mit ihrer Hand vor Jennys Gesicht herum. „Ich bin auch noch da. Immerhin bin ich die Jägerin.“ Angst kroch ihr in den Nacken. Das durfte einfach nicht sein. Angel durfte nicht gehen. Ich brauche ihn, dachte sie bedrückt und blickte zu Angel hoch. Ihr Blick sagte ihm das sie ihn brauchte und seine Augen sagten ihr das Gleiche.

Ein trauriger Ausdruck trat in den Augen von Jenny Calendar auf. Ich hasse mich selbst weil ich das tun muß, dachte sie betrübt. Sie raffte die Schultern und blickte das Mädchen an. „Willst du für Monate die Stadt verlassen?“ „Für Monate?“ rief Sarah schockiert. Dieses Ding sicher zu verwahren konnte doch keine Monate dauern. Da mischte sich Angel ein. „Sie hat Recht, Sarah. Dieser Arm muß im verborgensten Winkel der Welt begraben werden.“ „Aber, doch keine Monate“, wisperte die Jägerin traurig. „Ein Frachter könnte mich nach Asien bringen“, meinte Angel ebenso traurig. Diese lange Reise würde bedeuten das er Sarah allein lassen mußte; das er sich von ihr trennen mußte und alles in ihm wehrte sich dagegen. Doch er hatte keine Wahl. Der Richter durfte auf gar keinen Fall zusammen gesetzt werden.

„Danach könnte ich zu Fuß nach Nepal wandern und dort in einer abgelegenen, tiefen Höhle die Kiste vergraben“, fuhr Angel benommen fort. „Angel, es gibt Flugzeuge. Die stürzen heute nicht mehr so oft ab wie früher“, warf Sarah ein. „Sarah“, meinte Angel ungeduldig. Doch es tat ihm sofort leid. Traurig lächelte er. „Ich kann doch in kein Flugzeug steigen. In einen Flugzeug kann ich mich nicht vor der Sonne schützen, Liebling.“ Verzweiflung trat in ihren Augen auf. Sie wollte nicht das er ging; das er sie für eine so lange Zeit alleine ließ. Sie wollte sich nicht von ihm trennen. Und er sich nicht von ihr. Aber die Situation ließ ihnen keine Wahl. Er mußte gehen wenn sie verhindern wollten das der Richter zusammen gebaut wurde.

Angels Stimme wurde sanft und er blickte Sarah zärtlich in die Augen. „Mir gefällt das auch nicht. Mir fällt es auch schwer mich von dir zu trennen. Ich will dich nicht allein lassen, aber wir haben keine Wahl. Ich muß das Ding wegschaffen bevor es größeren Schaden anrichtet.“ „Aber du bleibst für Monate weg“, protestierte die Jägerin. „Glaubst du etwa ich würde dich vergessen? Niemals, Liebling! Ich werde dich niemals vergessen. Du wirst immer bei mir sein. Ich liebe dich. Du weißt doch das meine Liebe zu dir grenzenlos ist. Und ich verspreche dir, ich werde so schnell wie möglich zurückkommen. Ich werde mich beeilen“, versprach Angel ihr.

Tief in sich drinnen wußte Sarah das er recht hatte. Aber es gefiel ihr nicht. Und es tat ihr weh wenn sie daran denken mußte Monate von ihm getrennt zu sein. „Und ... wann gehst du?“ fragte sie zögernd - mit Angst in Stimme vor seiner Antwort. Angel lächelte traurig. „Heute Abend.“ Ein schmerzlicher Stich breitete sich im Herz der Jägerin aus. „Aber ... mein Geburtstag? Du kannst mich doch während meines Geburtstages nicht allein lassen. Und die Party ...“ Ihr versagte die Stimme.

„Ich wünschte, ich könnte es ändern, Sarah. Aber ich muß den Arm so schnell wie möglich wegbringen. Verstehst du? Das Überleben der Menschheit hängt davon ab.“ Sie nickte bejahend. Angel nahm sie in seine Arme. „Ich verspreche dir, daß wir deinen Geburtstag gebürtig nachfeiern wenn ich wieder da bin. Nur du und ich, okay?“ Mechanisch nickte sie. „Ich kann dich zum Hafen fahren“, bot sich Jenny an. Angel nickte. Alle blickten die Beiden traurig an. Sie wußten das es Beiden schmerzte sich trennen zu müssen. Aber Sarah wußte er würde zurückkommen - so schnell wie möglich. Er würde sein Versprechen halten.

„Du hast die Kiste verloren?“ rief Drusilla außer sich und funkelte Dalton an, der beschämend zu Boden blickte. „Mein Geschenk! Wie konntest du es nur verlieren?“ „Tut mir leid“, flüsterte Dalton. „Ohne diese Kiste können wir das Geschenk nicht fertig stellen“, mischte sich Spike ein. „Die Jägerin ... sie ist daran schuld. Sie tauchte plötzlich auf. Wir haben sie nicht kommen sehen. Sie war auf einmal da.“ Drusillas Hand schoß nach vorne.

Sie warf Daltons Brille auf den Boden und schwenkte ihre Finger vor seinen Augen. „Hast du einen Wunsch?“ zwitscherte sie. „Einen ... Wunsch?“ stammelte Dalton. Die Vampirin nickte und lächelte gefährlich. Dalton sah in ihren Augen was sie vorhatte. „Bitte, nicht! Ich kann die Kiste zurückholen. Ich hole sie zurück, ehrlich. Du wirst sie bekommen“, bettelte er um sein Leben. Drusilla lachte, zertrat die Brille unter ihren Absatz und rief: „Okay.“ Sie setzte ihm die kaputte Brille wieder auf und glitt auf Spikes Schoß.

Der Hafen - Sarah seufzte traurig. Sie waren da. Gemeinsam mit Angel ging sie langsam über den Steg. Am Ende des Steges stand ein Frachter. Mit diesen Frachter würde Angel nach Asien reisen. Die Kiste hatte er auf seine Schulter gehievt. Mit der freien Hand hielt er Sarahs Hand fest. In stiller Eintracht gingen sie auf den Frachter zu. Ihr Kopf legte sich auf seine Schulter. Sie schmiegte ihr Gesicht in seine Jacke und sog seinen Duft ein. Angel neigte den Kopf und küßte ihr Haar. Sie war unglücklich; todunglücklich. Der Abschied tat ihr so weh.

Einige Meter vor dem Frachter blieb Angel stehen und drehte sich zu Sarah. „Ich ... wir sollten uns hier verabschieden. Es ist besser wenn ich allein weitergehe“, flüsterte er traurig. Tränen stiegen in Sarahs Augen auf. Sie wollte ihn nicht gehen lassen. Es brach ihr das Herz. „Na gut“, flüsterte sie. Sie ließ ihren Kopf sinken. Am liebsten würde sie vor Schmerz schreien; würde sich an Angel klammern und ihn nie mehr loslassen. Angel stellte die Kiste auf den Boden ab. Er umfaßte Sarahs Kinn und hob ihr Gesicht an. „Ich verspreche, ich komme zurück.“ „Wann denn? In einem Jahr? Oder in zwei? Keiner von uns weiß wie lange es dauert. Wer sagt uns denn, ob wir dann ...“ Sarah brach ab.

„Sag es mir“, bat Angel sanft. „Wir wissen doch nicht ob wir dann noch am Leben sind. Ich meine, mein Leben könnte dann ...“ Angel packte sie bei den Schultern und schüttelte sie leicht. „Sarah, nein“, meinte er bestimmt. „Wir werden noch am Leben sein. Wir werden leben und wir werden uns wiedersehen. Ich verspreche es dir.“ „Und wenn nicht?“ „Hör auf, Liebling. Du machst dir nur unnötig das Leben schwer. Du wirst überleben und ich auch. Denk nicht daran. Tue es nicht. Schau nach vorne. Es wird weder dir noch mir etwas zustoßen.“ „Das kannst du nicht wissen“, wisperte die Jägerin. „Du auch nicht. Wir können nicht wissen was uns das Schicksal vorherbestimmt; was in ein paar Monaten sein wird. Das ist das Leben, Liebling. Aber ich komme zurück. Vertrau mir. Ich komme zu dir zurück“, versprach Angel.

Da standen sie nun. Sie standen sich gegenüber und sahen sich traurig an. Zwei Menschen, die sich trennen mußten und nicht wußten wann sie sich wiedersahen. Zwei Menschen, die sich liebten und die Seite an Seite gegen das Böse kämpften. „Ich hab noch was für dich“, meinte Angel. „Was?“ „Dein Geschenk. Ich werde nicht da sein wenn du achtzehn wirst. Deshalb gebe ich es dir jetzt gleich.“ Angel griff in seine Jackentasche und holte eine Schatulle heraus. Er reichte es Sarah. „Darf ... ich es jetzt schon öffnen?“ fragte sie. Angel lächelte. „Ja.“ Ihre Hand zitterte als sie die Schleife abband, die um die Schatulle gebunden war. Sie öffnete die Schatulle.

Auf weißen Samt lag ein goldenes Armband. „Angel, daß ist ...“ Sie verstummte. In der Mitte war ein kleines Herz und daneben stand „Für immer“. „Oh Angel!“ Er legte ihr das Armband um das Handgelenk. „Du trägst meinen Ring und dieses Armband. Es wird dich immer an mich erinnern. Ich werde dich nicht vergessen. Ich werde jede Sekunde an dich denken“, sprach er leise. „Danke. Es ist wunderschön.“ Sie blickte ihn an. Und sie wußte, es war Zeit. Sie mußten jetzt Abschied nehmen. Sie konnten es nicht mehr hinausschieben. Es mußte sein. „Bitte, geh nicht“, bat Sarah. „Ich kann nicht bleiben. Du weißt das.“ Angel beugte sich zu ihr und küßte sie. Ein letztes Mal für eine lange Zeit. Sie umarmten sich; wollten sich nicht loslassen. Es war Angel, dessen Vernunft sich meldete: „Sarah ...“

In diesem Moment sprangen zwei Vampir auf sie zu. Angel und Sarah fuhren auseinander. Sie waren schon lange auf einander eingespielt. Ein eingespieltes Team, daß schon oft miteinander gekämpft hatte. Einer der Vampire stürzte sich auf Angel, der andere auf Sarah. Sarah wurde zu Boden geworfen. Sie rollte sich ab und entkam seinen Schlägen. Sarah nutzte seine Verwirrung aus um wieder auf die Beine zu kommen. Dann schlug sie den Vampir ein paar Mal hart in den Bauch. Angel hingegen schleuderte den Vampir von sich. Der Vampir kam aber wieder schnell auf die Beine und ging mit den Fäusten auf Angel los.

Sarah zog ihr Knie an und rammte es ihren Widersacher in die Magengegend. Der Vampir krümmte sich zusammen. Ein Schrei entkam ihm. Sarah packte ihn an den Schultern und warf ihn gegen die Reling. Der Aufprall tat dem Vampir weh. Er sackte in sich zusammen. Ein paar Sekunden hatte er Zeit um sich zu erholen. Als die Jägerin erneut angreifen wollte, schoß er hoch und teilte harte Schläge aus.

Sie bekämpften sich unerbittlich. Sarah und Angel waren beschäftigt; waren damit beschäftigt sich zu wehren. Und dies nutzte der Handlanger von Spike aus um zu holen, wofür sie gekommen waren. Dalton rannte über den Steg zu der Kiste. Er nahm sie an sich. Angel teilte einen harten Schlag aus, der seinen Gegner gegen einige herumliegenden Kisten schleuderte. Er wurde unter einen Stapel Kisten begraben. Da entdeckte Sarah aus dem Augenwinkel Dalton, der sich mit der Kiste aus dem Staub machen wollte. „Angel! Die Kiste! Er hat die Kiste!“ rief sie.

Angels Gegner hatte sich befreit und hatte ihn schon wieder in einen Kampf gezogen. Doch mit trommelten Fäusten konnte Angel sich befreien und den Gegner für eine kurze Zeit in das Land der Träume schicken. Er rannte hinter Dalton her und warf ihn zu Boden. Die Kiste schlitterte über den Steg. Sarah war noch immer damit beschäftigt sich ihren Widersacher vom Hals zu schaffen. Sie warf jedoch einen kurzen Blick zu Angel, der Dalton gerade am Boden festnagelte. Sarah war abgelenkt. Dies nutzte der Vampir aus. Er packte die Jägerin und warf sie über die Reling. Mit einen lauten Schrei stürzte Sarah in das eiskalte Wasser.

„Sarah“, schrie Angel, der durch ihren Schrei aufmerksam geworden war. Dalton nutzte es aus das Angel abgelenkt war. Er schaffte es Angel von sich zu schleudern und rappelte sich hoch. Dalton lief zu der Kiste. Angels Blick wanderte zu Dalton, dann zu der Stelle an der Sarah ins Wasser geworfen war. Er wußte, er mußte eine Entscheidung treffen. Des Richters Arm oder das Leben von Sarah.

Obwohl Angel wußte das er Dalton nicht davon kommen lassen durfte konnte er nicht anders. Er mußte Sarah helfen. Das Wohl seiner Freundin war ihm wichtiger als alles andere. Dalton hatte die Kiste an sich genommen und lief davon. Angel achtete darauf nicht. Er hatte Angst um das Mädchen, daß er vergöttert liebte. „Sarah!“ Er sprang auf das Geländer und tauchte in das eiskalte Wasser ein.

~ 4. ~

Sie konnten sich nicht konzentrieren. Die Bücher für ihre Nachforschungen lagen vor ihnen, doch alle starrte nur darauf. Was ist wohl passiert? fragte sich Willow. Sie beobachtete Giles, der nervös auf die Uhr sah - zum tausendsten Mal in dieser Stunde. Er machte sich genauso viele Sorgen um die Jägerin wie ihre Freunde. Sie sollte schon längst wieder da sein. „Vielleicht“, meinte Willow. „Hat sie sich wo verkrochen. Um ein paar Minuten für sich zu sein. Immerhin war der Abschied von Angel sicher nicht leicht.“ „Kann sein“, murmelte Giles, doch er glaubte daran nicht.

„Ich bin ungern der Spielverderber, aber ich sehe das von der positiven Seite“, meldete sich Xander. Sofort strafte Willow ihn mit einen bösen Blick, doch er ignorierte es. „Seien wir mal ehrlich. Was für Chancen hätte Sarah denn das diese skurrile Beziehung tatsächlich funktioniert? Sie hätte wahrscheinlich zwei Jobs - tagsüber kellnern und nachts Vampire vermöbeln. Und Angel würde nur noch vor der Glotze hängen. Er würde sich an die schönen Zeiten erinnern als Sarah noch glaubte, daß diese Vampir-hat-Seele-Nummer echt niedlich war. Vielleicht ist es besser so das er weg muß.“ Willow stieß einen protestierenden Laut aus.

„Du bist ein solch eifersüchtiger Idiot, Xander. Wie kannst du Sarah das nur wünschen? Siehst du nicht, daß sie ihn liebt und darunter leidet?“ stieß Willow verächtlich aus. „Es spielt keine Rolle wie lange sie getrennt sind ... Angel wird so schnell wie möglich zu ihr zurückkommen und er wird sie immer lieben. Du kannst die Beiden nicht trennen. Wann kapierst du endlich das er Sarahs große Liebe ist? Und noch etwas: Du solltest mit deinen Feindseligkeiten Angel gegenüber aufhören, sonst verlierst du nämlich Sarah als Freundin.“ Xander zuckte unter Willows scharfen Worten zusammen. Er hielt es für besser den Mund zu halten. So hatte Willow noch nie mit ihm gesprochen.

Da flogen die Schwingtüren auf und Sarah trat ein. „Ich warne dich, Xander“, murmelte Willow leise. Giles sprang sofort auf. „Was ist los?“ Seine langjährige Arbeit als Wächter ließ ihn spüren das etwas passiert war. „Sie haben die Kiste. Drusillas Leute haben uns erwischt. Sie haben die Kiste an sich genommen. Wir konnten sie daran nicht hindern.“ Sarah ließ sich auf den Stuhl neben Willow fallen. Das ging schief, dachte Giles betrübt. Nun mußten sie sehen wie sie die Vampire aufhalten konnten. Wenn es wirklich Drusilla war die den Richter wieder zusammenbauen wollte war die Welt in Gefahr.

„Wo ist Jenny?“ fragte er. „Fährt Angel nach Hause. Er muß sich umziehen. Ich hab ja Klamotten hier gehabt.“ „Und warum mußtet ihr euch umziehen?“ fragte Xander, dem die Eifersucht sofort wieder übermannte. „Weil wir naß geworden sind“, antwortete Sarah und wandte sich an Giles. „Und ihr seit naß geworden, weil ...“, setzte Xander wieder an. „Nicht jetzt, Xander“, winkte Sarah ab. „Giles, was machen wir den jetzt?“ fragte sie ihren Wächter.

„Je mehr ich über den Richter erfahre, desto weniger mag ich ihn“, begann Giles. „Die Legenden stimmen. Angel hatte Recht.“ „Haben Sie daran gezweifelt?“ meinte Sarah mit einen seligen Lächeln. Das Gute daran war das Angel jetzt doch nicht abfahren mußte. Das er hier blieb; hier bei ihr. „Nun ...“, setzte Giles wieder an.

„Schau mal“, meinte Sarah und reichte ihre Hand Willow. „Das ist aber schön“, meinte Willow entzückt als sie das Armband sah. „Hat Angel mir geschenkt. Sein Geschenk zu meinen achtzehnten Geburtstag.“ „Das ist echt toll“, schwärmte Willow. „Sarah!“ Giles ungeduldiger Ruf ließ die Jägerin aufsehen. „Ja?“ „Würdest du bitte zuhören?“ „Oh ... sicher“, sprach sie mit einen entschuldigenden Lächeln.

„Eine Berührung des Richters genügt um einen Sterblichen zu verbrennen. Ein Dämon überlebt das - aber ein Mensch nicht.“ „Und wo liegt das Problem?“ mischte sich Xander ein. „Schicken wir doch Cordelia zu den Richter. Die wird ihn schon fertigmachen und wir können ruhig abwarten.“ Xanders Bemerkung wurde geflissentlich überhört. „Giles, können wir den Kerl überhaupt aufhalten?“ fragte Sarah besorgt.

Giles holte ein Buch hervor und reichte es Sarah. Er hatte einige Zeilen mit einen gelben Textmarker angestrichen. Laut las sie vor: „Keine geschmiedete Waffe kann ihn töten. Keine geschmiedete Waffe kann ihm etwas anhaben.“ Sie seufzte. „Wir müssen wissen welche Schwachpunkte er hat. Ich meine, irgendeinen Schwachpunkt muß er doch haben“, meinte Sarah - versuchend sich ihre Verzweiflung nicht anmerken zu lassen. „Wir müssen raus finden wo sie den Richter verstecken“, sprach sie energisch.

Ein Seufzer entrang sich der Kehle von Sarahs Wächter. „Das wird dauern und diese Zeit haben wir nicht.“ „Rundruf“, meldete sich Willow. „Gute Idee. Xander, fang an“, erwiderte Sarah nur. Xander ging zum Telefon und wählte eine Nummer. „Rundruf?“ wiederholte Giles verwirrt. „Ein einfaches System, Giles. Jeder von uns ruft seine Eltern an, sagt ihnen das sie beim anderen lernen und es die ganze Nacht dauern wird. Damit können wir ungestört die Welt retten ohne das unsere Eltern sich Sorgen um uns machen“, erklärte Sarah. „Wieder mal“, fügte Willow hinzu. Xander hatte seine Mutter gerade am anderen Ende der Leitung. „Mom, ich bin es, Xander. Du - Willow und ich müssen lernen. Es wird die ganze Nacht dauern“ ...

[Drei Uhr nachts]

Es war spät und noch immer keine Lösung in Sicht. Sie waren alle mit den Nerven am Ende. In der Zwischenzeit ihrer Recherchen war auch Angel gekommen. Willow sah von ihren Laptop auf und blickte zu ihren Freund hinüber. „Kaum zu glauben das Oz dabei so ruhig bleiben kann. Obwohl es zum Verzweifeln ist“, sprach sie lächelnd. „Also, ich kann es verstehen“, meinte Xander, klappte wütend ein Buch zu und griff nach dem Nächsten. „Bist ja bloß neidisch auf ihn weil du nicht so eine Geduld hast“, neckte Willow ihren langjährigen Freund. Xander schnitt eine Grimasse und begann zu lesen. Und Willow vertiefte sich wieder über ihre Recherchen am Computer. Und Oz? Er war wie Angel die Ruhe selbst.

„Angel!“ Giles blickte zu Angel, der gerade die Treppe von der Galerie herunterkam. „Hast du die Kiste gefunden?“ Ihr Verhältnis hatte sich geändert. Sie hatten ein gewissen Vertrauen aufgebaut und angefangen sich zu duzen. Es war einfacher. Außerdem zeigte es Sarah das ihr Wächter ihrem Freund vertraute. Aber es war auch nur eine Frage der Zeit gewesen; den Beide verfolgten das gleiche Ziel. Sie beide wollten Sarah schützen und ihr helfen wo sie nur konnten. Angel und Giles blickten zu der Jägerin und Angel vergaß seine Antwort.

Sarah saß an Giles’ Schreibtisch in seinen Büro. Vor ihr lag ein aufgeschlagenes Buch, doch sie war schon längst darüber eingeschlafen. Ihr Kopf lag auf ihren verschränkten Armen und sie schlief tief und fest. „Wir sollten sie schlafen lassen“, flüsterte Giles. Er blickte Sarah mitleidig an. Und Angel blickte verliebt auf seine schlafende Freundin. „Scheint, als ob sie diese Ruhe nötig hat.“ „Ja“, antwortete Angel. „Sarah schläft momentan sehr schlecht. Sie wälzt sich immer hin und her.“ Sarahs Freunde starrten Angel fassungslos an. „Das hat sie mir erzählt“, verteidigte er sich. „Ihre Träume lassen sie nicht schlafen.“ Das schien ihre Freunde zufriedenzustellen. Sie wandten sich wieder ihrer Arbeit zu.

Ihre Träume ... Sarah trug ein weißes Kleid und ging durch einen mit Kerzen erhellten Raum. Die hohen Lehnen der Stühle waren mit Blumen dekoriert. Alles - der ganze Raum - war fein dekoriert; wie für eine Party. Sarah wußte wo sie war. Sie war in der Fabrik, die Spike als Versteck gedient hatte. Langsam ging sie weiter - setzte einen Fuß nach dem anderen. Vorsichtig und wachsam blickte sie sich um.

Und dann sah sie die Kisten. Die Kisten standen überall am Boden.. Ein Schatten huschte an ihr vorbei. Doch Sarah konnte nicht sagen wer es war. Es war jedoch eindeutig die Gestalt einer Frau gewesen. Ihr Blick wanderte wieder zu den Kisten. Sie sahen aus wie die Kiste, die Angel wegbringen wollte. Sie kniete sich nieder und wollte eine Kiste öffnen.

„Nimm deine Hände da weg“, fuhr eine Stimme sie an. Es war eine kalte, weibliche Stimme - Drusillas Stimme. Sie war also noch am Leben. Sarah fuhr herum. „Das sind meine Geschenke! Faß sie ja nicht an!“ fauchte die Vampirin. Da stand sie. Oben an der Treppe stand wirklich Drusilla.

Sie lächelte triumphierend auf die Jägerin herab. Drusilla trug ebenfalls eine weißes Kleid und ihr Handgelenk umfaßte ein langes, scharfes Messer. Ein Messer, daß sie auf Angels Kehle gerichtet hatte. Die messerscharfe Klinge preßte sich gegen seine Kehle. Angel blickte Sarah in Todesangst an. „Angel“, schrie Sarah panisch. „Nein! Angel!“ ...

Sarah fuhr aus ihrem Traum hoch. Panisch blickte sie sich um. Sie war in Giles’ Büro in der Bibliothek und Angel war bei ihr. Sarah sank in seine Arme und klammerte sich an ihn. Angel war sofort zu ihr geeilt als er gehört hatte wie sie in Todesangst seinen Namen gerufen hatte. „Ist ja gut. Dein Traum ist vorbei, Sarah. Ich bin da. Ich bin hier bei dir“, sprach er sanft auf sie ein.

Er wollte sie trösten; ihr die Erinnerung an den schlimmen Traum nehmen. Sarah schlang ihre Arme fest um ihn. „Angel! Es war so schrecklich. Der Traum ... er war so schrecklich“, flüsterte sie. „Er ist vorbei.“ Sarah schloß die Augen. Die Szene aus ihrem Traum wurde wieder wach. Sie sah wieder wie Drusilla Angel in ihrer Gewalt hatte und ihn töten wollte. Und jetzt war sie sich hundertprozentig sicher: Drusilla lebte noch.

Die verrückte Vampirin war noch am Leben und sie trachtete nicht nur der Jägerin nach dem Leben. Sondern auch Angel. Angel und sie waren in Gefahr; in großer Gefahr. Ihre Träume würden Wirklichkeit werden. Es war ein Omen gewesen. Sie war sich jetzt sicher. Sarah kuschelte sich an Angel; wollte diesen Moment festhalten. Sie wollte das er nie mehr verging. Sie spürte, daß sie in großer Gefahr waren - Angel und sie. Doch diesmal ... diesmal kam die Gefahr auch woanders her. Alles, was sie bisher erlebt hatten, war nichts im Vergleich zu dem was noch auf sie zukommen würde. Diese große unbekannte Gefahr machte ihr Angst.

Drusillas Augen glänzten. „Musik!“ rief sie. Sie trug ein atemberaubendes rotes Kleid und wiegte sich fröhlich hin und her. Sie lobte Dalton dafür das er ihre Kiste zurück geholt hatte. Vorfreude - das war es was sie fühlte. Vorfreude auf das was gleich kommen würde. Da rollte Spike auf sie zu. Auf seinen Schoß stand eine Kiste. Es war die letzte Kiste.

„Baby, dein Geschenk“, meinte er. Drusilla ging vor ihm auf die Knie und schnurrte glücklich. „Das Beste immer zuletzt“, flötete sie. Zwei Gefolgsleute trugen die Kiste zu den anderen, die schon zusammen gesetzt worden waren. Sie nahmen die Form eines Körpers an. Zwei Arme, zwei Beine, der Rumpf und der Kopf. Das war in der letzte Kiste drinnen - der Kopf dieses Dämons.

Die Kiste schloß sich mit den anderen zusammen und alles wurde in ein helles Licht getaucht. Energie durchströmte den Körper hinter den Kisten. Drusilla hüpfte erwartungsvoll von einen Bein auf das andere. Sie war schrecklich nervös. Dann blitzte es plötzlich und krachte. Im selben Moment sprangen die Kisten auf. Ein blauer Dämon kam zum Vorschein - ein riesiger Dämon.

Er war eine klobige Gestalt. Sein Gesicht hart und breit. Sein Körper wurde von Energie heimgesucht. Seine Füße waren gepanzert; er trug Hörner auf dem Kopf. Er war - schlicht und einfach - gigantisch. Und seine Augen erst - schwarz, ohne Seele, ohne Gefühl. Die perfekte Maschine für die Vernichtung der Welt. „Wie gefällt dir dein Geschenk?“ fragte Spike. Drusilla lächelte glücklich. „Er ist das Beste, was ich je geschenkt bekommen habe“, flüsterte sie ehrfürchtig.

Der Richter war wirklich eine imposante Gestalt. Er verkörperte Tod und Zerstörung; die Vernichtung der Menschheit. Ruhig blickte er sich um. Spike war froh ein Dämon zu sein. Er war froh ein böser Dämon zu sein. Als Sterblicher hätte er wahrscheinlich schon längst die Flucht ergriffen. Mit diesem Monster an ihrer Seite konnte gar nichts schiefgehen. Angel und die Jägerin standen vor einem nicht zu lösenden Problem. Er grinste und der Richter trat aus den zusammen gesetzten Kisten. Dieser Dämon war wirklich der perfekte Killer. Die perfekte Waffe gegen die Jägerin. Das Werkzeug für ihre Rache.

Der Richter hob seine Hand und blickte Drusilla an. „Du ...“, begann er. Doch Spike würde nicht zulassen das er Drusilla etwas antat. Er ging dazwischen. „Einen Moment, Kumpel“, warnte er drohend. „Was soll das den werden?“ „Ihr fühlt Zuneigung für einander. Und Eifersucht. Liebe“, antwortete der Richter verächtlich. „Und?“ entgegnete Spike trotzig. „Darf ich dich daran erinnern das wir dich hierher gebracht haben?“ Das schien zu wirken. Der Richter dachte darüber nach. Dru kam auf ihn zu. „Du darfst dir einen Wunsch erfüllen“, zwitscherte sie. „Such dir einen aus.“ Der Richter sah die Vampire an. Dann fiel sein Blick auf Dalton. „Er liest. Bringt ihn zu mir“, sagte er und zeigte auf Dalton.

Dalton wehrte sich und wollte aus dem festen Griff seiner Genossen freikommen. Doch er hatte nicht die Kraft dazu. Er war gefangen und würde gleich sterben. „Kannst du ihn nicht einfach so verbrennen?“ mischte sich Spike ein. „Ich brauche etwas Zeit. Meine Macht kommt bald zurück. Doch bis dahin muß ich die Menschen berühren um sie zu vernichten“, erklärte der Richter. Dalton wand sich.

„Bitte nicht! Nein! Bitte nicht“, rief er panisch. Der Richter streckte seine Hand aus und legte sie auf die Brust von Dalton. Endlich, dachte er zufrieden. Dalton wimmerte leise und zitterte am ganzen Leib. Und dann ... verbrann er einfach. Rauch stieg auf und sein Körper wurde erhitzt. Eine Flamme schoß hoch hinaus und ließ nichts von Dalton übrig. Drusilla war begeistert. „Nimm dir noch einen“, rief sie. Der Richter sah zufrieden aus. Spike blickte Drusilla in die Augen. Sie waren es auch.

~ 5. ~

Mit neuem Mut verließ Sarah das Büro von Giles und griff nach ihrem Jägerbeutel, der am Tresen lag. Alle starrten sie fragend an. „Was ist los?“ fragte Giles sofort, der die Galerie herunterkam. Angel wandte sich zu ihm um. „Sie hat schon wieder schlecht geträumt.“ Sarahs Augen richteten sich auf ihren Wächter. „Ich weiß jetzt, wo sie sind - Drusilla und Spike. Sie lebt noch. Ich wußte es. Und ich weiß, wo sie sind. Und genau dahin werden Angel und ich jetzt gehen.“ „Oh ...“ Giles blickte von einem zum anderen. Er kam die Stufen herunter und blieb vor seinen Schützling stehen. Giles legte das Buch, daß er gerade studierte, auf den Tresen.

„Nun ... wenigstens wissen wir jetzt das sie noch lebt. Aber hältst du es für eine gute Idee sie gleich aufzusuchen? Du weißt nicht, wie viele Vampire sie bei sich hat und wie weit sie mit dem Richter ist.“ Besorgnis stand in seinem Gesicht. Angel zog seinen Mantel an. „Giles, wir müssen etwas tun“, sprach Sarah eindringlich und schnappte sich ihre Jacke, in die sie schnell schlüpfte. „Du brauchst einen Plan. Du kannst dort nicht unvorbereitet hingehen. Auch nicht, wenn du Angel als Unterstützung mitnimmst.“ „Giles“, meinte Sarah ungeduldig. „Ich habe doch einen Plan. Lassen Sie mich bitte ausreden.“ „Oh ... natürlich“, sprach der Wächter peinlich berührt.

„Mein Plan sieht so aus: Angel und ich sehen in der Fabrik nach. Wir schauen uns an wie weit die mit dem Richter sind. Inzwischen schwärmt ihr alle aus und sucht die Stadt ab. Also, Busbahnhof, Verladeplätze, Hafen und so. Ihr sucht die ganze Stadt ab, wenn es sein muß. Alle Orte, wo man Kisten verlädt. Giles, die Situation ist ernst. Wir können nicht warten bis sie alle Kisten haben und dieses Monster zusammenbauen. Wir müssen sie daran hindern. Wir müssen jetzt was tun“, meinte sie entschlossen. Giles nickte. Ihr Plan war tatsächlich gut. „Okay. Aber sei vorsichtig“, bat er. „Klar. Ich hab doch Angel bei mir. Was soll mir da schon passieren?“ gab Sarah zurück und verließ mit Angel die Bibliothek. Ihre Freunde taten was Sarah geplant hatten. Sie machten sich auf die Suche.

Still schritten Sarah und Angel durch die finstere Nacht - Seite an Seite mit gleichmäßigen, lautlosen Bewegungen. Sie waren völlig im Einklang mit den anderen. Niemand mußte ein Wort sagen. Wörter waren jetzt nicht nötig. Sarahs Blick glitt hin und wieder zu Angel. Sie wollte sich vergewissern das er wirklich da war; das es ihm gut ging. Ihre Träume hatten sie ängstlich gemacht. Eine große Gefahr kam auf sie zu. Doch die Jägerin konnte nicht sagen um welche Gefahr es sich handelte. War es wirklich die Gefahr, die vom Richter ausging? Oder bedrohte etwas anderes sie? Sie wußte es nicht. Und genau das machte ihr Angst.

Und dann war da die Fabrik vor ihnen. Die Fabrik, in der Spike mit seinen Leuten und Drusilla gehaust hatte. Sarah verfluchte sich selbst. Sie hätte diese Fabrik, die schon vor langer Zeit stillgelegt worden war, schon eher kontrollieren müssen. Sie hätte sich vergewissern müssen das Spike und Drusilla wirklich tot waren. Sie war nachlässig gewesen. Nun ... jetzt war es auch zu spät. Sarah und Angel kletterten lautlos auf das Dach und schlüpften durch die Öffnung. Lautlos schritten sie über den laufstegartigen Gang, der unter dem Dach verlief.

Aufmerksam ließ Sarah ihren Blick über das Geschehen unter ihr schweifen. Die Vampire feierten eine Party. Wie nett, spottete sie im Stillen. Und dann erstarrte sie. Ihr Blut schien zu Eis zu werden. Da waren sie. Ihre Träume hatten recht. Sie lebten noch. Drusilla stolzierte neben einen sichtlich angeschlagenen Spike her. Er saß im Rollstuhl und sah ziemlich ramponiert aus. Sarah hatte ihm ganz schön zugesetzt.

Angel tippte sie am Arm an. Sarah blickte ihren Freund an. Ihre Augen folgten seinen Arm, der in eine Richtung zeigte. Da war er: Der Richter. Sie kamen zu spät. Drusilla und ihre Leuten hatten ihn schon zusammen gebaut. Er war wirklich eine furchteinflößende Gestalt. Sarah stellte es die Nackenhaare auf als sie ihn sah. Er konnte unglaublichen Schaden anrichten.

„Das kommt mir so bekannt vor. Mein Traum ... genau dort habe ich es gesehen“, flüsterte sie Angel zu. Er nickte. Er verstand sie. Und er wußte auch das ihre Angst um ihn wieder hervor kam. Sie versuchte es zu verbergen. Vor ihm; vor den anderen. Doch er konnte ihre Angst förmlich riechen. Und es tat ihm leid das er ihr nicht helfen konnte diese Angst zu überwinden. Sie befand sich nun mitten in ihrem Traum und Sarah konnte den Gedanken nicht ertragen, daß sich auch der Rest ihres Traumes erfüllen würde.

Da blieb er Richter plötzlich stehen. Er blicke sich mißtrauisch um. „Stimmt was nicht?“ fragte Spike. Dann richtete das Monster seinen Blick auf Angel und Sarah. Und alle folgten seinen Blick. „Los komm! Wir müssen abhauen“, meinte Angel und drehte sich um. Doch da wurden sie von beiden Seiten von Spikes Gefolgsleuten eingekeilt. Sie wußten, es hatte keinen Sinn zu kämpfen. Sie waren zahlenmäßig unterlegen und dazu noch umzingelt.

Obwohl Angel und Sarah sich heftig wehrten wurden sie die Treppe hinunter geschafft. Vor Spike und Drusilla wurden sie zum stehen gezwungen. „Sieh mal an“, spottete Spike. „Wenn haben wir denn da? Ich kann mich nicht erinnern euch eingeladen zu haben.“ Sarah verzog die Lippen zu einen schiefen Grinsen, obwohl sie innerlich glühte vor Angst. „Tja, wir dachten, wir schauen mal was hier so los ist“, gab Sarah bissig zurück.

Sie zitterte innerlich und betete das sie ihren nächsten Geburtstag noch erleben würde. Sie wollte nicht sterben; schon gar nicht an ihrem achtzehnten Geburtstag. Sie war nun achtzehn und diese Kerle konnten sie nicht einmal zu ihrem Geburtstag in Ruhe lassen. Das Leben war nicht fair. Schon gar nicht wenn man die Jägerin war. Hoffentlich überleben wir das, dachte sie und sie blickte Angel in die Augen.

Angel erwiderte ihren Blick. Dadurch schöpfte Sarah wieder Hoffnung. Selbst, wenn sie nicht mehr weiter wußte ... sie vertraute Angel. Er würde sicher einen Weg finden. Und wenn nicht ... dann sterben wir gemeinsam. Wie romantisch, dachte sie spöttisch. Wenigstens war sie nicht allein, wenn sie schon sterben mußte.

„Mein Traum sagte mir, daß ihr vorbei kommen würdet. Das ist schön“, zwitscherte Drusilla voller Freude. Drusilla wackelte mit ihren frisch lackierten Fingernägel vor Sarahs Gesicht herum und knurrte. „Laßt sie bloß in Ruhe“, rief Angel panisch. Er hatte geschworen, sie zu beschützen. Er würde nicht zulassen das ihr etwas geschah. Mit all seiner Kraft würde er das verhindern.

Drusilla ließ den Richter Platz, der sich vor Sarah aufbaute. „Dieses Mädchen“, sprach er. Sarah wehrte sich und blickte den Richter in die Augen. Angst machte sich in ihr breit. Sie wußte, eine Berührung genügte und sie war ein Häufchen Asche. Er darf mich nicht berühren, dachte sie. Sarah hatte sich jedoch unter Kontrolle. Niemals würde sie vor ihren Erzfeinden die Beherrschung verlieren. Diese Genugtuung würde sie ihnen nicht geben. Unmögliches ist für mich möglich. Denn ich bin die Jägerin. Immer und immer wieder sagte sie sich im Stillen diesen Satz damit sie ihre Furcht nicht zeigte.

„Schrecklich, nicht wahr?“ meinte Drusilla voller Abscheu. Ihre haßerfüllten Augen waren auf die Jägerin gerichtet. „Sie ist so gut. So rein und voller Gerechtigkeit.“ Der Richter trat einen Schritt nach vorne. „Nein“, schrie Angel und schaffte es sich zwischen die Jägerin und den Dämon zu drängen. „Verschont sie! Tötet mich!“ „Angel, nein“, rief Sarah. Sie konnte es nicht glauben. Er bot den Vampiren sein Leben an damit sie verschont wurde. Angel war bereit für das Mädchen, daß er liebte, zu sterben. Da mischte sich Spike ein. „Du hast die Spielregeln noch nicht begriffen“, meinte er als Angel von Spikes Männer wieder zurück gerissen wurde. „Wichtig ist, daß ... wenn du zuerst stirbst, kriegst du nicht mehr mit wie deine Freundin verkohlt. Und das ist nicht lustig“, meinte Spike haßerfüllt.

Angel setzte seine ganzen vampiristischen Kräfte ein um sich zu befreien. Doch die Vampire hielten ihn eisern fest. Er blickte sich um; wütend auf sich selbst weil er so verdammt hilflos war. Er mußte einen Weg finden wie sie fliehen konnten. Panisch sah er wie der Richter seine Hand nach Sarah ausstreckte und sie berühren wollte. Nein, dachte Angel entschlossen. Das werde ich nicht zulassen. Sie hatte Angst, daß sah er. Doch Angel dankte ihr das sie die Beherrschung nicht verlor; das sie die Nerven behielt und ihm vertraute.

Sein Blick wanderte in der Halle herum. Neben sich; über sich. Es mußte doch irgend etwas geben womit er dem Richter dazwischen funken konnte. Ich muß es verhindern, dachte er. Ich muß irgendwie frei kommen. Fiebernd blickte Angel sich um. Seine Augen blieben ober sich an der Decke hängen. Genau das war das Richtige. Irgendwie muß ich da ran kommen, dachte er verzweifelt und überlegte. An der Decke hingen einige alte Fernseher. Sie hingen an einigen Ketten. Ich muß mich losreißen, dachte Angel. Ich muß die Kette zu fassen bekommen und daran ziehen ...

Sarah blickte den Richter aus großen Augen an. Seine Hand kam immer näher. Ihr Blick wanderte zu Angel. Obwohl er sich suchend umsah, fand er nichts, womit er ihr helfen konnte. Tja, daß war es dann wohl, dachte Sarah. Angel blickte seine Freundin verzweifelt an. Noch nie hatte er den Richter in Aktion erlebt, aber er wußte, Sarah würde einen fürchterlichen Tod erleben wenn dieses Ding sie nur leicht berührte. Sie war stark; trainiert von ihrem Wächter und ihm - ihren Freund und einen Vampir. Er hatte ihr einige neue Tricks beigebracht, doch in der jetzigen Situation konnte sie nichts machen. Sie war verloren, wenn er nicht an diese verdammte Kette kam damit die Fernseher herunter rasseln konnten.

Der Richter war bei Sarah angekommen. Spike und Drusilla grinsten. „Nein!“ Angels Ruf verhallte in der Halle. Sarahs Gesicht nahm einen entschlossenen Ausdruck an. Sie würde dagegen ankämpfen. Sie würde es wenigstens probieren. Ihr Fuß schoß nach oben und berührte den Richter an der Brust. Der Tritt saß. „Rühre ihn nicht an! Du darfst ihn nicht berühren“, rief Angel panisch. Er glaubte felsenfest, daß war es mit seiner Freundin. Er rechnete damit, daß sie jetzt verbrannte. Auch alle anderen rechneten damit. Doch es geschah nicht. Sie schien unverletzt zu sein.

Angel nutzte die Verwirrung der Anwesenden aus. Er riß sich los und griff mit einer schnellen Bewegung nach der Kette. Bevor noch irgend jemand reagieren konnte, riß er heftig daran. Die Fernseher gaben ein lautes Geräusch von sich und fielen von der Decke - ohne jeglichen Halt. Sie schlugen ein Loch in den Boden. Sarah sprang hoch und landete neben Angel. „Los, da runter“, befahl Angel. Sarah sprang und glitt in die Kanalisation. Angel machte es ihr nach und nahm sie bei der Hand. Gemeinsam flohen sie. „Verfolgt sie! Los“, schrie Drusilla ihre Leute an. Sie war wütend darüber das den Beiden die Flucht gelungen war.

Sarah und Angel versteckten sich hinter einer Tür und warteten bis ihre Verfolger an ihnen vorbei gelaufen waren. Erst als die Geräusche verklungen machten sie sich aus ihren Versteck los und rannte in die andere Richtung durch den Abwasserkanal. „Da rauf“, meinte Angel als er eine Leiter entdeckte, die nach oben führte. Er ging voran und schob den Deckel zur Seite. Dann half er Sarah. Draußen schüttete es aus Kübeln. Der Regeln prasselte heftig und hart auf die Straße nieder. Sarah zitterte. Sie ergriff seine Hand. „Komm, wir suchen uns jetzt einen warmen Platz“, sprach Angel und sie liefen über den Rasen ...

Angel schloß die Tür seines Apartments hinter sich. Sarah war völlig durch gefroren. Ein heftiges Zittern erfaßte ihren Körper. Angel zog seinen Mantel aus und warf ihn auf die Couch. Dann nahm er Sarah in die Arme. „Du bist ganz kalt“, stellte er fest. „Mir ... ist auch ... kalt“, stotterte die Jägerin. „Du bekommst von mir was warmes zum Anziehen. Danach legst du dich ein wenig unter die Decke um dich aufzuwärmen.“ Sarah folgte Angel in sein Schlafzimmer. Aus seinem Kleiderschrank holte er eine Jogginghose und einen warmen Pullover. Beides reichte er Sarah.

Zögernd blickte Sarah auf das Bett und dann auf Angel. „Angel?“ „Ja?“ „Dreh dich bitte um“, bat sie. „Oh ... ja, natürlich. Entschuldige!“ Er drehte Sarah den Rücken zu. Sie setzte sich vorsichtig auf sein Bett, dessen Überzug dunkelrot war. Es war weich. Und sie würde sicher gut hier schlafen. Sarah überlegte. Eigentlich hatte sie noch nie bei Angel geschlafen, obwohl sie nun schon so lange mit ihm zusammen war. Sie hörte wie der Donner wütend schrie. Blitze zuckten über den dunklen Himmel.

Vorsichtig schälte Sarah sich aus ihren nassen Kleider. „Au!“ Leise stöhnte sie auf. Angel war sofort besorgt. „Sarah, ist alles in Ordnung?“ fragte er. „Nun ... ich glaube, ich hab mich doch verletzt. An der Schulter“, gab sie zu. Sie wollte ihm nicht sagen, welche Hitze sie gespürt hatte als sie den Richter berührt hatte. Es würde Angel nur unnötig aufregen. Und er hatte heute schon genug Angst um sie gehabt. Sie wollte ihm nicht noch mehr Angst machen. Sarah zog ihr Oberteil aus und wieder stöhnte sie leise auf.

„Hast du was dagegen ... wenn ... ich mir das mal ansehen? Deine Verletzung, meine ich. Wenn du wirklich verletzt bist muß ich das versorgen“, sprach er stockend. „Ja ... du hast recht. Okay, sie es dir an“, flüsterte Sarah. Sie hielt schützend seinen Pullover vor die Brust. Vorsichtig setzte sich Angel hinter sie. Hauchzart glitten seine Finger über ihren Rücken und verweilten an der Stelle, wo es weh getan hatte.

„Ist nur ein Kratzer“, flüsterte er. „Er ist schon verheilt.“ Sarah bewegte sich nicht. Auch Angel rührte sich nicht. Die Spannung zwischen ihnen war regelrecht zu spüren. Die Anspannung fiel von der Jägerin ab. Wieder fing sie heftig zu zittern an. Erleichtert sank Sarah gegen Angel. Er legte seine Arme von hinten um sie. Sarah drehte sich ein wenig und schmiegte ihr Gesicht gegen seine Wange. „Du hättest heute sterben können“, flüsterte sie leise. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Erst jetzt wurde ihr wirklich die Gefahr bewußt in der sie geschwebt hatten.

Sie atmete seinen Geruch ein und er ihren. Ich hätte ihn fast verloren, dachte Sarah ängstlich und sie schmiegte sich enger an ihn. Jetzt war er ihr so nahe. Niemals zuvor war Angel ihr so nahe gewesen. Zärtlich streichelte Angel ihren Arm und drückte sie fest an sich. Er wollte ihr Trost spenden. Auch ihm wurde klar, daß sie heute fast drauf gegangen waren. Sie hatten verdammtes Glück gehabt. Diesmal war es wirklich knapp gewesen. „Ich hab auch dich fast verloren“, flüsterte er. „Angel, ich würde es nicht verkraften dich zu verlieren“, gestand sie ihm. Ihr Geständnis machte Angel, trotz aller Umstände, glücklich. Es zeigte ihm, daß er ihr nicht egal war. Sarah preßte ihre Lippen gegen seine Wangen und unterdrückte ein Schluchzen.

„Nicht weinen, Liebling“, tröstete er sie. Sarah drehte sich in seinen Arm und blickte ihn an. Angel sah sie fragend an. „Ich liebe dich“, sprach Sarah. „Das tue ich auch. Ich würde mein Leben für dich geben, Sarah. Niemals würde ich zulassen das dir etwas geschieht.“ „Oh ... Angel ... ich spüre aber, daß etwas mit uns geschieht. Etwas böses kommt auf uns zu; etwas sehr böses. Ich kann nicht sagen was es ist, aber ...“ „Sch ... sprich nicht weiter“, beruhigte Angel sie. „Sarah, wir sind beide verdammt - weil wir uns lieben. Ich hab anfangs versucht dich zu vergessen; meine Gefühle für dich zu unterdrücken. Aber ich konnte es nicht. Niemals werde ich aufhören dich zu vergöttern ... dich zu lieben.“ „Ich auch nicht“, meinte Sarah leise. Ihre Gefühle überwältigten sie.

Lange blickten sich die Beiden an. Dann küßten sie sich. Zuerst zärtlich, doch dann mit wachsender und fordernder Leidenschaft. Gemeinsam schritten sie einen Weg entlang, wo es kein zurück mehr gab. Ein Weg, denn sie nun gehen mußten. Es war soweit. Sie waren beide dazu bereit. Das Herz der Jägerin klopfte intensiver als je zuvor. Sie wußte es. Dieser Kuss würde die unsichtbare Mauer zwischen ihnen sprengen; würde ihnen einen völlig neuen Weg offenbaren. Und sie würden ihn gehen - jetzt und hier.

Noch nie hatte sie solch heftige Gefühle erlebt. Immer leidenschaftlicher wurden ihre Küsse. Sarah umschlang Angel mit ihren Armen und klammerte sich an ihn. Es war Angel, den die Vernunft packte. Er wußte, daß Sarah noch unschuldig war. Er wollte sie zu nichts drängen was sie nicht wollte oder wozu sie noch nicht bereit war. „Sarah, bist du dir sicher?“ fragte er heiser. Sie nickte. „Ja, daß bin ich.“ „Wir sollten vielleicht ...“ „Nein, Angel! Sei still! Küß mich einfach.“ Er ließ es sich nicht zwei Mal sagen. Er tat es; küßte sie immer und immer wieder.

Gemeinsam sanken sie auf das Bett nieder. Sarahs nasses Haar breitete sich auf den roten Kissen aus. Sie ist so traumhaft schön, dachte Angel glücklich. Er streichelte sie. Streichelte ihre weiche Haut ... ihren Körper ... es war so lange her. So intensiv hatte er sein ganzes langes Leben nicht gefühlt und nicht geliebt.

Nicht einmal als Mensch. Oder mit Darla. Nichts war mit diesem intensiven und tiefen Gefühl für Sarah vergleichbar. Sein Atem ging schwerer. Sie verkörperte all seine geheimsten Träume. Ihre Stärke, ihr Mut, ihr Humor vereint mit ihrer Schönheit - für ihn war sie einzigartig. Genau aus diesem Grund liebte er sie so sehr, daß es fast schmerzte. Wohin würde ihr Weg sie eines Tages führen? Er wußte es nicht. Und er wollte es auch gar nicht wissen. Was zählte war der Augenblick; das was jetzt mit ihnen geschah.

Zärtlich erforschte er ihren Körper; ließ ihr Zeit. Sarahs Hände strichen zart über seine Schultern; seinen Rücken. Gegenseitig erforschten sie den Körper des anderen; gaben den anderen alles und offenbarten sich. Sarah, dachte Angel glücklich. Meine schöne Sarah. Ich möchte dich immer in meinen Armen halten. Ein seliges Lächeln glitt über Angels Lippen. Endlich hielt er sie in seinen Armen. Endlich konnte er sie so lieben wie er es sich seit ihrer ersten Begegnung gewünscht hatte.

Liebe nur mich, bat er im Stillen. Sei nur mein Mädchen. Mir allein sollst du gehören, dachte er zufrieden. Er war zart und geduldig. Wußte er doch, daß es für Sarah das erste Mal war. Er wollte ihr die schönste Nacht ihres Lebens bescheren. Eine Nacht, die sie nie vergaß. Als Angel sich mit ihr vereinigte, empfand er etwas was er seit sehr langer Zeit nicht mehr gefühlt hatte: Vollkommene Glückseligkeit. Seit seiner Geburt als Vampir sah er dem Himmel entgegen. Das erste Mal seit langer Zeit vergaß er seine Taten und seine Qualen. Sarah würde ihm den Himmel bescheren und ihm inneren Frieden schenken ...

Donner - Der Donner wütete laut. Angel fuhr hoch. Nicht von dem Donner geweckt sondern von den Schmerzen, die sich in ihm breit machten. Es war, als würde ein heißes Schwert sich in ihm bohren. Ein Stöhnen drang über seine Lippen. Dann ein Keuchen und ein lauteres Stöhnen. Sein Blick glitt zu Sarah, die friedlich neben ihm schlief. Die Schmerzen wurden immer stärker. Nicht jetzt, flehte Angel. Er wußte, was es bedeutete; hatte es schon einmal erlebt. Nun - so schien es - würde es wieder geschehen.

Angel wußte, was nun geschehen würde; was ihn gleich erwartete. Nicht schon wieder, dachte er verzweifelt und umfaßte fest die Bettdecke. Nicht jetzt. Bitte nicht. Seine Welt zerfiel in Trümmer. Alles zerbrach. Wenn das hier vorbei war würde nichts mehr so sein wie vorher. Er würde wieder zu seinem alten Ich werden. Er würde sich wieder verwandeln – in ein Wesen, daß er verabscheute. Und er würde Sarah verletzen, daß wußte er. Angel wehrte sich dagegen; wehrte sich gegen die Schmerzen und gegen das was bald geschehen würde. Sarah ...

Sein Körper fing immer heftiger zu zittern an. Verzweifelt klammerte er sich an Sarah. Er klammerte sich mit all seinen Gedanken an das Mädchen, daß er mehr liebte als sein eigenes Leben. Vielleicht half das. Irgendwie mußte er es verhindern. Angel schaffte es sich anzuziehen. Er stolperte durch seine Wohnung und brach durch die Tür. Angel stolperte auf die Straße. Es regnete noch immer. Ich muß sie schützen, dachte er verzweifelt. Ich muß Sarah ... vor mir selbst schützen ... ich darf ihr nichts antun. Nein, niemals, dachte er panisch.

Angel sank auf die Knie; konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten. Die Schmerzen quälten ihn zu sehr. Er wußte es. Es war zu spät. Seine Seele wurde ihm erneut genommen. Ein zweites Mal wurde sie von ihm gerissen. Sein letzter Gedanke galt dem Mädchen, daß er abgöttisch liebte. Seine ganze Verzweiflung kam in seiner Stimme hoch als er laut aufschrie und seiner Pein Luft machte. „Sarah!“

~ 6. ~

Drusilla schwirrte noch immer in der Halle herum, wo die Party statt gefunden hatte. Spike rollte zu ihr. Die Party war vorbei. Sie waren entkommen - die Jägerin und ihr Kuschelvampir. Es schmeckte Spike nicht. Er war wütend. Fast hätte er gesehen wie die Jägerin gestorben wäre. Etwas, was er sich schon eine lange Zeit wünschte. Doch Angel mußte ihm natürlich wieder dazwischen funken. Dieser verdammte Kerl, dachte er wütend. Er mochte Angel einfach nicht. Angel hatte sich auf die Seite ihrer Feinde gestellt. Er war ein Verräter.

Sie waren allein. Spike, seine Drusilla und der Richter. Der Richter kniete am Boden. Er schien irgendwie zu meditieren. Das ärgerte Spike. Diese Sache lief doch nicht so wie sich das der blonde Vampir vorgestellt hatte. „Schatz“, sprach er Drusilla an. „Mir gefällt das alles nicht. Angel und seine verdammte Jägerin sind sicher noch am Leben. Sie wissen nun, daß wir noch am Leben sind. Sie wissen auch wo wir sind und sie haben den Richter gesehen. Wir sollten von hier verschwinden und uns einen anderen Ort als Versteck aussuchen. Hier wird es zu gefährlich für uns“, sprach Spike besorgt.

Drusilla legte ihre Hand in seine. „Rede keinen Blödsinn, Spike“, tadelte sie ihn flötend. „Wir sind hier sicher. Mein Angel ist viel zu klug um uns anzugreifen. Wir sind in der Überzahl.“ Der Ausspruch Mein Angel verdarb Spike erst recht die Stimmung. Er haßte das. Drusilla schwärmte von Angel und sprach über alte Erlebnisse als sie gemeinsam mit Angel durch die Gegend gezogen waren. Man sah ihr an das sie den alten Angel vermißte. Und das schmeckte Spike ganz und gar nicht.

Sie betete Angelus an. Spike sah ein, daß Drusilla eine gewisse Verbundenheit mit ihm hatte. Immerhin war er ihr Meister. Er hatte sie verwandelt. Okay, daß sah er gern ein. Aber ansonsten konnte Angelus ihm gestohlen bleiben. Jedenfalls wenn es um Drusilla ging. Schließlich mußte er all ihre Launen ertragen -  ihre Wutausbrüche und Anfälle. Und das war - weiß Gott - nicht leicht. Es war nicht leicht bei all ihren üblen Launen die Geduld nicht zu verlieren. Manchmal konnte er Drusilla wirklich in die Wüste schicken weil ihre Anfälle ihm zuviel wurden. Aber er liebte sie ... Angelus hatte kein Recht mehr auf sie.

Spike blickte zum Richter. Der Richter kniete noch immer in einer Ecke. „Was macht der da eigentlich?“ fragte Spike schlecht gelaunt und deutete auf den Richter. „Er macht gar nichts.“ „Das gehört zu meiner Vorbereitung“, ertönte die Stimme des Richters aus der Ecke. „Zur Vorbereitung?“ spottete Spike verächtlich. „Du sitzt nur da und machst gar nichts. Das nennst du Vorbereitung? Ha, daß ich nicht lache“, knurrte Spike. Er rollte auf den Richter zu. „Ich dachte, wir wollten die Welt zerstören“, gab Spike dem Richter zu verstehen.

„Es dauert eine Weile bis meine Macht wieder da ist“, sagte der Richter ruhig. „Meine Kraft kommt langsam zurück.“ „Dann beeile dich ein wenig damit. Ich hab angenommen, du kannst die Leute auf der Stelle vernichten.“ „Es dauert eine Weile. Ich war lange weg. Ich muß meine Kräfte sammeln. Meine Kraft kehrt mit jedem Leben, daß ich mir nehme, zurück.“ Spike fluchte. „Dann tue es. Hole dir ein paar Leben und hör auf so rum zu sitzen“, rief er verärgert.

Drusilla stöhnte und sank zu Boden. „Dru?“ Spike drehte sich zu ihr. Ihr Körper zitterte und wurde heftig geschüttelt. Sie wimmerte zuerst leise, dann immer lauter. „Drusilla, was ist los?“ fragte Spike besorgt und er kam näher. „Angel“, flüsterte sie. Verdammt, fluchte Spike im Stillen. Er mußte jedoch seine Eifersucht auf Angel zügeln, wenn er wissen wollte, warum Drusilla seinen Namen schluchzte. „Was ist los? Siehst du etwas?“ Ihre Visionen waren für sie sehr wichtig. Sie gehörten zu der Taktik ihres Überlebens. Ein seliger Schleier legte sich über ihre Augen. Ein Lächeln - ein glückliches Lächeln - glitt über ihre Lippen.

Der Regen prasselte laut auf die Straße herab. Sarah streckte sich aus und öffnete langsam die Augen. Ihre Hand tastete neben sich. Sie erwartete, Angel zu berühren. Doch er war nicht da. Sarah blickte neben sich. Er war weg. „Angel?“ fragte sie leise. Doch sie bekam keine Antwort. Das Donnern und Grollen, daß sie hörte, zeigte ihr das der Sturm noch anhielt.

„Angel?“ Diesmal war ihre Stimme schon etwas lauter. Wieder keine Antwort. In seiner Wohnung war es ruhig. Sarah bekam Panik. Wo war er denn? Ihr Blick glitt zum Boden. Seine Klamotten waren weg. War ihm etwas zugestoßen? Wo war er hingegangen? Sarah strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie hatten sich geliebt und nun war er weg. Da stimmte doch was nicht. „Angel!“ Doch der Vampir tauchte nicht auf.

Hart prasselte der Regen auf die Straße wider. Der Donner grollte. Blitze zuckten am Himmel. Die Blitze waren das Einzige, was die Schwärze der Nacht durchbrach. Es schien den Kampf wiederzugeben, der in Angel tobte. Er lag vor seiner Wohnungstür; kämpfte gegen das an was mit ihm geschehen sollte. Verzweifelt kämpfte er gegen die ohnmächtigen Schmerzen an. Er war innerlich zerrissen. „Sarah“, brach es laut aus ihm heraus. Der Donner zuckte; übertönte seine schmerzerfüllten Schreie und seine Qual.

Und dann fühlte er es ... es begann ... Angel stöhnte. Wußte, er konnte es nicht verhindern. Nichts konnte das verhindern was jetzt mit ihm geschah. „Nein, bitte nicht“, flehte er. Er wollte nicht mehr zu dem Monster werden, daß er einst gewesen war. Er war so gut wie verloren. Nichts konnte ihn mehr retten. Es war wie eine Hinrichtung. Angel wußte, was in den nächsten Minuten auf ihn zu kam. Er hatte es schon einmal erlebt.

Angel würde zu einem Wesen werden, daß er zutiefst haßte. Ein Wesen, daß er mit all seinen Gefühlen zutiefst verachtete. Und er wußte, was er tun würde wenn er seine Seele erst verloren hatte. Sarah hatte einmal von einer Gefahr gesprochen, die sie bedrohte. Diese Gefahr war er selbst. Sein altes Ich; sein böses Ich. Er war diese Gefahr. Und er wußte, was dieses Wesen Sarah antun würde. Das Mädchen, daß er liebte, war in großer Gefahr. Und er konnte sie nicht warnen. Es war zu spät. Er konnte sie nicht schützen; konnte sie nicht vor sich selbst schützen ... vor seinem bösen Ich.

„Laß mich sterben“, schrie er qualvoll. „Nur so kann ich verhindern das Sarah ein Leid geschieht.“ Bitte, laß mich sterben. Bitte, nimm mir das Leben, bat er stumm. Aber mache mich nicht mehr zu dem Monster, daß ich einmal war. „Laß mich sterben!“ Seine Schreie vermischten sich mit dem Grollen des Donners. Nur sein Tod konnte Sarah beschützen; konnte sie vor den Qualen und den Schmerzen schützen, die sie durch sein altes Ich erleiden würde. Er würde sie verfolgen und ihr weh tun. Und das wollte Angel nicht. Doch er konnte es nicht verhindern. Die Katastrophe nahm ihren Lauf.

Sarah, dachte er. Meine mutige Jägerin. Meine Liebe. Mein Leben - Sarah. Verzweifelt klammerte sich Angel an ihren Namen. Hoffte, sich so retten zu können. Doch es war zu spät. Nichts konnte ihm jetzt noch helfen. Er nahm wahr wie seine Seele von ihm gerissen wurde; wie sie davon getragen wurde und wie er wieder in die Gemeinschaft der Verdammten aufgenommen wurde. Wieder wurde er ein Böser. Es überwältigte ihn; überschwemmte ihn und tauchte tief in sein Bewußtsein ein. Die Seele wurde von ihm gerissen. Tausend Qualen erlitt er. Doch er dachte nur an das Mädchen, daß er liebte.

Wieder wurde er zu dem Monster von einst. Angel wurde zu einem Wesen, daß die Jägerin verfolgen würde; verbittert jagen und sie quälen würde - seelisch und körperlich. Angel konnte es nicht verhindern; konnte es nicht aufhalten. Es war zu spät. Er hatte Sarah immer vor allen Gefahren schützen wollen. Nun sah er ein, daß er sie nicht vor sich selbst schützen konnte. Vor der Gefahr, die auf sie zukam. Die Gefahr, die von seinen alten Ich ausging. Er würde sich rächen. Dafür, daß Sarah ihm das Gefühl von Liebe vermittelt hatte. Die Seele war fort. Angel beugte besiegt den Kopf. Er war wieder ein Verdammter.

Eine müde aussehende Blondine in Lederkluft rauchte eine Zigarette. Ihr Blick glitt zu Angel. Sie schien besorgt zu sein. Gleichzeitig war sie jedoch etwas mißtrauisch. Sie löste sich von dem Schatten des Eingangs, an dem sie gestanden hatte. Der Mann schien Schmerzen zu haben. Sie ging auf ihn zu. „Ist alles in Ordnung?“ fragte sie mit rauchiger Stimme. „Sind Sie okay? Oder soll ich einen Krankenwagen rufen?“ Angel antwortete nicht. Langsam - mit einer raubtierhaften Bewegung - stand er auf. Er hatte ihr den Rücken zugewandt und stöhnte leise.

„Alles okay“, sprach er dann. Selbst der Klang seiner Stimme war anders. Fremd; gefährlich. „Es ist vorbei. Der Schmerz ist weg.“ „Sind Sie sicher?“ fragte die Frau noch immer ein wenig besorgt. Angel fuhr blitzschnell herum und offenbarte ihr seine wahre Identität - sein wahres Gesicht. Entsetzt schrie die junge Frau auf. Er schlug ihr die Zähne in den Hals und trank wie ein wildes Tier von ihrem Blut. Frisches Menschenblut, dachte er glücklich.

Das Blut floß rasch seine Kehle hinunter. Es war warm und voller Angst - doch vor allem war es lebendiges, frisches Menschenblut. So liebte er das. Angel hob das Gesicht und stieß eine Rauchwolke aus. „Ich fühle mich phantastisch“, meinte er und ließ den Leichnam fallen. Angel war tot. Er existierte nicht mehr. Der böse Dämon in ihm war wieder erwacht. Nun gehörte er wieder zu den Bösen. Nun war er wieder das grausame Wesen von einst. Der gemeinste und blutrünstigste Vampir aller Zeiten. Angelus, der mit dem Engelsgesicht. Er war wieder da. Er war wieder zum Leben erwacht ...

Es war nicht das erste Mal, daß Sarah leise nach Hause schlich. Sie hatte es schon so oft getan. Joyce hatte sie noch nie erwischt. Sarah hatte es immer geschafft. Auch wenn es manchmal ziemlich knapp gewesen war. Nur ausgerechnet heute war Joyce auf die Idee gekommen auf ihre Tochter zu warten. Sie wollte mal wieder mit ihr frühstücken. „Guten Morgen, Schatz“, rief sie fröhlich. Sarah zuckte zusammen. Sie war schon fast die Treppe hoch gekommen um unbemerkt in ihr Zimmer zu schleichen. Blitzschnell drehte sie sich um und kam herunter. Sie setzte ein gezwungenes Lächeln auf. „Morgen.“ Sei ganz normal, warnte Sarah sich selbst. Laß dir nur nichts anmerken.

„War es gestern lustig?“ fragte Joyce. „Lustig?“ fragte Sarah verwirrt. Was meinte ihre Mutter? Oh Gott! Sieht man es mir an, daß Angel und ich ... Sie konnte den Gedanken nicht zu Ende bringen, denn die Stimme ihrer Mutter riß sie aus den Überlegungen. „Mit Willow. Du warst doch bei ihr.“ „Oh ... natürlich. Es war ... lustig. Willow ist echt super. Man hat großen Spaß mit mir.“ Sie lächelte leicht, obwohl sie am liebsten schreien könnte. Sarah machte sich große Sorgen um Angel. Wo war er bloß? Er war spurlos verschwunden. Sie wollte ihn suchen gehen. Ausgerechnet jetzt wollte ihre Mutter mit ihr einen gemütlichen Plausch abhalten. Es kam mehr als ungünstig.

„Willst du frühstücken?“ fragte ihre Mutter. „Ja. Ich geh vorher nur schnell unter die Dusche.“ „Beeile dich, Schatz“, rief Joyce als Sarah aus der Küche eilte und die Treppen hoch lief. „Ich kann dich zur Schule fahren, wenn du dich ein wenig beeilst.“ Sarah stürmte ins Badezimmer und warf die Tür hinter sich zu. Sie sank dagegen und umschlang ihre Beine mit den Armen. Verdammt, Angel, wo bist du nur? Geht es dir auch gut? fragte sie sich. Sie zitterte vor Angst. Wo war Angel nur? Es durfte ihm nichts passiert sein. Das würde sie nicht überleben.

Die Schwingtüren flogen auf und Xander und Willow kamen herein. Cordelia saß am Tisch und studierte ein Buch. Sie hatte Giles geholfen während die Anderen auf die Suche gegangen waren. Hinter Willow erschien Oz. „Nichts. Rein gar nichts“, meinte Xander ärgerlich. Willows Blick glitt zu Jenny Calendar, die mit ausdruckslosen Augen auf die Seite ihres Buches starrte. Etwas stimmte nicht. Das merkte Willow sofort.

„Wo ist Sarah?“ fragte Willow alarmierend. Jetzt bemerkte auch Xander die schlechte Stimmung. „Ich weiß es nicht“, gestand Giles. „Sie wissen es nicht“, rief Xander. „Sarah ist ihre Jägerin. Als ihr Wächter ...“ „Xander“, erwiderte Giles scharf. „Ich kontrolliere Sarah nicht. Sie ist achtzehn. Aber natürlich mache ich mir Sorgen. Sie hätte sich schon längst melden sollen.“ Giles blickte auf die Uhr. Wo konnte Sarah bloß sein? Was war geschehen?

„Was glauben Sie, Giles? Angel und Sarah ... haben sie Drusilla gefunden?“ fragte Willow. „Ich weiß es nicht.“ Giles schüttelte den Kopf. „Sind Sie der Meinung, daß der Richter ... ich meine, könnte der Richter aktiviert worden sein?“ Giles nahm seine Brille ab und putzte sie nachdenklich. „Ich hab keine Ahnung, Willow.“ Er schob seine Brille zurück auf die Nase. „Sarah, sie könnte doch ...“ „Nein, sie ist nicht tot“, widersprach Giles. „Denkt nicht einmal daran.“ Giles wollte alle ermutigen, doch es gelang ihm nicht.

„Giles“, warf Willow ein. „Angel und Sarah ... sie könnten in Gefahr sein. Wir müssen sie unbedingt suchen.“ „Und was tun?“ fragte Giles. „Sarah ist die Jägerin. Angel ist ein Vampir. Ich denke, sie können ganz gut auch sich selbst aufpassen.“ „Giles, so einfach ist die Sache nicht“, meldete sich Xander. „Wer weiß, was geschehen ist. Wir müssen sie suchen gehen.“ „Und wo?“ fragte Oz. Xander überlegte. „Sie hat doch was von einer Party gesagt. Die Fabrik! Die Fabrik, in der Spike hauste. Ich könnte mir vorstellen das sie dort sind.“ Cordelia sah ihren Freund überrascht an. Manchmal war er gar nicht so blöd wie sie dachte.

„Wir könnten dort vorbeischauen“, schlug Xander vor. Sie waren schon dabei zu gehen als Cordelia sich meldete. „Wartet mal“, rief sie. Xander, Willow und Oz drehten sich zu ihr um. „Was wollt ihr den machen? Ihr geht drauf, wenn ihr dort erscheint.“ „Es zwingt dich niemand mitzukommen“, meinte Willow. Cordelia wandte den Blick. Natürlich war es nicht ganz korrekt das sie sich drücken wollte. Das wußte sie selbst. Die Jägerin und Angel konnte in großer Gefahr sein. Wenn sie sich bis jetzt noch nicht gemeldet hatten ... aber ... „Cordelia hat recht“, mischte sich nun Giles ein.

„Wenn wir Sarah und Angel folgen, könnte auch uns etwas passieren.“ „Aber wir wissen doch gar nicht was mit den Beiden geschehen ist“, warf Willow besorgt ein. „Also, ich gehe jetzt zu der Fabrik um Sarah zu suchen. Jeder andere, der noch ein gewisses Pflichtgefühl für die Jägerin im Leib hat, kann gerne mitkommen.“ „Xander!“ warf Giles scharf ein. „Er hat doch recht“, erwiderte Willow und folgte Xander, der zur Tür ging.

Im selben Moment schwangen die Türen auf und Sarah betrat die Bibliothek. „Sarah!“ Willow klang erleichtert. „Wir wollten schon in die Fabrik gehen um euch zu helfen. Wir dachten, ihr wärt in Gefahr.“ Xander fixierte Giles mit seinen Blick. „Einige von uns wollten dir zur Hilfe eilen.“ Giles räusperte sich. „Nun ... ich als dein Wächter wäre wohl mitgegangen. Auch wenn ich von Xanders Idee nicht sehr begeistert war.“ Traurige und besorgte Schatten umrahmten Sarahs Augen. Giles blickte sie an. Es mußte etwas passiert sein.

„Was ist ...“ „Ist Angel hier vorbei gekommen? War er hier?“ platzte es aus Sarahs raus. „Nein, er war nicht hier. Wieso? Ist etwas passiert?“ Sarah blickte in die Runde. Sie versuchte ihre Sorge über Angel hinunter zu schlucken, aber es ging nicht. Sie kam fast um vor Angst um ihn. „Der Richter ... er ist aktiviert“, sagte sie schließlich. „Oh Gott“, stöhnte Giles. „Drusilla und Spike leben noch. Sie haben dieses Monster zusammen gesetzt. Angel war wirklich nicht hier?“ „Nein“, kam die Antwort von Jenny. Sie hatte eine Ahnung. Jenny blickte Sarah in die Augen; wollte wissen ob ihr Ahnung stimmte. Doch die Miene des Mädchens war nur besorgt. Etwas war geschehen. Und Jenny ahnte, daß es nichts gutes war.

„Der Richter ... Spike und Dru ... wir wären fast getötet worden“, gestand Sarah. „Angel hatte jedoch eine rettende Idee. Er hat mir ... das Leben gerettet. Wir konnten fliehen.“ „Du hättest anrufen können“, tadelte Giles sie sanft. Er sah, daß sie völlig fertig war. Sie hatte Angst um Angel. „Wir ... mußten uns verstecken. Immerhin waren sie hinter uns her. Und sie waren in der Überzahl.“ Sarah ertrug diese Qual nicht. Sie hätte schreien können. Wo war Angel nur?

„Wir sind durch die Kanalisation geflohen. Danach haben wir uns getrennt. Wir hielten es für sicherer. Er hat sich wirklich nicht gemeldet?“ fragte sie verzweifelt. Tränen schimmerten in den Augen der Jägerin. Tränen, die sie mit aller Macht zurückhielt. Sie wollte vor ihren Freunden nicht weinen; wollte ihnen nicht zeigen welche Angst sie wirklich um Angel hatte. Jenny ahnte es; ahnte was geschehen war. Doch sie wollte es nicht wahrhaben; wollte es einfach nicht glauben. Es durfte nicht geschehen sein.

Xander blickte Sarah mitleidig an. Es stimmte - er mochte Angel nicht sehr. Schon alleine deshalb nicht weil Angel das Herz der Jägerin gehörte. Aber jetzt ... er hatte Mitleid mit ihr. Denn man sah ihr an welche Sorgen sie sich um Angel machte. Auch wenn sie sich bemühte es vor ihren Freunden zu verbergen. Spontan nahm Willow ihre Freundin in die Arme. „Es geht ihm bestimmt gut. Angel kann auf sich selbst aufpassen. Er ist sicher okay.“ „Hoffentlich. Sicher hast du recht, aber ... es macht mich wahnsinnig das er sich nicht meldet“, meinte sie nicht sehr überzeugend.

„Sarah, ich weiß, daß es dir schwer fällt dich zu konzentrieren, aber ... wir müssen über den Richter sprechen“, warf Giles zögernd ein. Es fiel ihm nicht leicht sie darum zu bitten. Sie hatte Angst um Angel. Er war spurlos verschwunden und das machte ihr Sorgen. Doch sie mußten sich auf den Richter konzentrieren. Sie mußten eine Katastrophe verhindern. Sarah nickte, obwohl es ihr alles andere als leicht fiel.

„Ich hab ihn getreten“, berichtete sie. „Ich hab ihn nur leicht berührt. Doch ich bekam dann so ein komisches Gefühl. So als würde ich von innen her brennen.“ Angel weiß das gar nicht, dachte sie. Ich hab es ihm nicht erzählt um ihn nicht zu beunruhigen. „Wenn der Richter mich angefaßt hätte ... daran will ich gar nicht denken.“ Sarah schauerte es. Was mochte im Bezug auf den Richter noch auf sie zukommen?

„Bald ist auch das nicht mehr nötig“, sprach Giles mit ernster Miene. „Wie meinen Sie das?“ fragte Sarah erschrocken. „Seine Macht wächst. Wenn seine Kraft zurückkommt, genügt ein Blick um einen Menschen zu töten.“ „Oh Gott!“ „Ich werde weiter forschen und alles über diesen Richter suchen. Ich werde außerdem den Rat informieren. Vielleicht wissen die mehr. Vielleicht weiß ein anderer Wächter etwas was uns noch unbekannt ist. Wir müssen eine Schwachstelle finden. Es muß doch irgendeine geben. Ihr solltet jetzt in eure Klassen gehen“, meinte Giles.

Jenny warf einen Blick auf die Uhr. „Ich geh auch mal. Immerhin habe ich eine Klasse zu unterrichten.“ Sie ging zur Tür. „Rupert, ich werde nachher im Internet nachschauen. Vielleicht steht dort etwas über den Richter.“ „Danke“, sprach Giles mit offenen und ehrlichen Augen. Die Lehrerin war wirklich eine Bereicherung für ihr Team. Die Schüler folgten der Lehrerin. „Wenn der Unterricht aus ist, komme ich wieder und helfe Ihnen“, versprach Xander. Cordelia erschien an seiner Seite. „Wie willst du ihm helfen? Du kannst doch gar nicht lesen.“ Dann verschwand sie aus der Bibliothek.

Xander zuckte mit den Schultern. Alle sahen ihn neugierig an. Seine Beziehung zu Cordelia war schon eigenartig. „Was soll ich sagen?“ meinte er theatralisch. „Ich liebe sie einfach. Mit all ihren Macken“, meinte er und rauschte davon. Alle blickten ihm verdutzt nach. Seine Beziehung zu Cordy war wirklich seltsam und alle fragten sich wie das funktionieren konnte. Doch es funktionierte trotz aller Umstände, daß war ja gerade das Wunderliche. Xander folgte Cordelia, die schon fast bei der Klasse angekommen war.

Sarah und Willow ließen Giles allein und schritten den langen Korridor entlang. Einige Schüler hetzten an ihnen vorbei. Sie wollten nicht zu spät zu ihrem Unterricht kommen. Willow und Sarah ließen sich jedoch Zeit. „Glaubst du, Angel ist dem Richter allein gegenüber getreten?“ fragte Willow vorsichtig. Dieser Verdacht hatte sich schon vor einigen Minuten in ihr eingeschlichen. Doch vor den anderen hatte sie es nicht ansprechen können. Außerdem wollte sie Sarah nicht unnötig beunruhigen. Sie hatte schon genug Angst um Angel.

Die Jägerin schüttelte verneinend den Kopf. „Nein ... ich glaube nicht. Er kennt doch das Risiko. Außerdem ... ich weiß einfach nicht. Er hätte sich doch melden können. Ich hab einfach Angst, daß ihm was passiert.“ Sarah blickte Willow an. Ich kann es nicht, dachte sie. Ich kann ihr nicht erzählen, daß Angel und ich ... das wir nach der Flucht miteinander geschlafen haben. Ich kann es ihr nicht erzählen. Es geht nicht. Sarah seufzte. Was denkt er jetzt von mir? Ist er enttäuscht? Wo bist du nur, Angel? In ihren Gedanken überschlugen sich immer wieder die gleichen Fragen. Fragen, die sie seit seinem Verschwinden quälten.

„Ich wünschte, ich wüßte wo er steckt. Und ob es ihm gut geht. Ich will doch nur wissen ob er gesund ist. Außerdem muß ich mit ihm sprechen. Angel und ich ... wir müssen reden. Ich möchte doch nur wissen wo er ist“, sprach Sarah als sie mit Willow die Klasse betrat, die Jenny jetzt unterrichtete. Sie hatte ihre Unterlagen schon hergerichtet und ein Schüler verteilte einen Bogen Unterrichtsstoff.

Jenny beobachtete die Jägerin. Sie war beunruhigt über das was Sarah erzählt hatte. Es war nicht viel, aber Jenny ahnte etwas. Ein schrecklicher Gedanke hatte sich in ihr Gehirn geschlichen. Ein Gedanke, der sie nicht mehr losließ. Sie ahnte es. Und sie kannte - von den Erzählungen her - die Konsequenzen. Schreckliche Dinge würden in baldiger Zukunft auf sie zukommen, daß fühlte die Lehrerin.

Dru lag auf dem breiten Tisch, der in der Halle ihrer Fabrik stand. Sie lächelte zufrieden. „Fühlst du dich besser?“ fragte Spike. Drusilla seufzte und blickte Spike an. „Die Sterne ... sie sind da oben“, flüsterte sie und deutete auf die Decke. „Ich taufe sie; gebe ihnen Namen. Sie bekommen sehr schöne Namen von mir.“ Spike seufzte. „Da oben ist die Decke, Dru“, meinte er geduldig. Er wollte nicht die Geduld verlieren, doch manchmal war das wirklich nicht leicht. Ihr Verhalten war manchmal schwer zu ertragen.

„Dru, es ist Tag. Du könntest die Sterne sowieso nicht sehen - denn die Sonne scheint.“ Drusilla lächelte und griff nach Spikes Hand. „Ich kann sie sehen“, behauptete sie. „Nur ist da oben ein Chaos; ein schreckliches Chaos. Sie können sich nicht einigen ob ihnen die Namen gefallen, die ich ihnen gebe.“ Drusilla rollte sich auf die Seite und blickte Spike an. „Es wird einen Kampf geben. Das befürchte ich.“ Spike blickte sie neugierig an. Sprach sie wirklich noch von den Sternen? Drusillas Finger fuhren über seine Wange. Die Narben ... die Jägerin hatte ihn schrecklich zugerichtet. Doch sie würden wieder heilen. Irgendwann ... würde er wieder gesund sein und dann ... dann würden sie auf dem Grab der Jägerin tanzen.

„Ist alles wieder in Ordnung, Liebling?“ fragte Spike. Sie hatte etwas gesehen. Etwas, was mit Angel zu tun hatte. Und notfalls auch mit der Jägerin. Spike wollte mehr wissen; wollte wissen was sein Liebling gesehen hatte. Der Anfall war vorbei und seitdem lächelte Drusilla so zufrieden und verträumt. Ihr schien gefallen zu haben was sie gesehen hatte. Spike wollte nun wissen was es war. „Liebes, erzähl mir was du gesehen hast? Was hat Angel getan? Was ist mit ihm passiert?“ fragte Spike zärtlich.

„Tja, was hat Angel getan?“ ertönte hinter ihnen eine Stimme. Mit selbstsicheren Schritten betrat er die Halle und blieb an der Tür stehen. Verzückt blickte Drusilla ihn an. „Laß mich mal überlegen.“ Er tat so, als müßte er angestrengt nachdenken. „Richtig ... Angel zog nach New York und wollte Karriere am Broadway machen. Es ist hart. Aber er trainiert fleißig und hofft auf seine Chance. Eines Tages, er tanzt in der Chorus Line, bricht sich der umjubelte Star den Fuß. Und Angel wird berühmt“, spottete der Vampir.

„Du kannst es nicht lassen, richtig?“ gab Spike im eiskalten Ton zurück. Angel blickte ihn eisig an. „Nein. Solange die Welt von Ungerechtigkeit bedroht wird ... solange Dämonen wie du herumlaufen ...“ Er lachte. „Ich sage besser rollt - werde ich da sein. Blick über deine Schulter und du wirst mich erblicken.“ Spike blieb ungerührt. „Angel, schau mal über deine Schulter“, sagte er ernst. Hinter Angel tat sich etwas was der Vampir nicht sehen konnte. Doch Spike sah es.

Angel drehte sich ahnungslos um. Vor ihm stand der Richter, der seine Hand auf Angels Brust legte. Drusilla blickte dem Showspiel faszinierend zu. Sie hatte eine Ahnung. Er würde niemals ohne seine kleine Freundin hier auftauchen. Es sei denn ... „Tut schön weh, nicht wahr?“ spottete Spike. „Ich enttäusche dich ungern, Spike“, meinte Angel und bäumte sich spielerisch auf. Ihm schien das alles sehr zu gefallen. Vor allem weil er Spike an der Nase herumführen konnte. „Es kitzelt nur ein wenig“, spottete Angel und er lachte kalt. Nichts geschah; rein gar nichts. Er blieb unversehrt.

Wütend fuhr Spike den Richter an. „Verdammt, tue was! Na los, worauf wartest du? Verbrenne ihn. Immerhin hat er eine Seele.“ Der Richter schüttelte fast unmerklich den Kopf. Angel lachte laut. Er hatte großen Spaß an dieser Show. „Vielleicht ist das Ding hin. Kann doch sein, daß er kaputt ist“, witzelte Angel und er lachte noch einmal. „Was zum Geier ist hier los?“ schnauzte Spike den Richter an. „Denn hier kann ich nicht verbrennen“, erklärte der Richte ihm. „Er ist rein.“

Der Richter zog sich zurück. „Rein? Angel ist sauber?“ fragte Spike verwirrt. „Du meinst, Angel ...“ Spike ging langsam ein Licht auf. „Er hat nichts menschliches an sich. Er hat keine Seele mehr.“ Der Richter ließ die Vampire allein. Er ging. Er war enttäuscht. Man bot ihm jemanden an, denn er verbrennen sollte und dann konnte er es nicht.

Angel grinste über das ganze Gesicht. „Besser hätte ich es euch auch nicht sagen können“, meinte er. Drusilla lächelte ihn in freudiger Erwartung an. Und er lächelte zurück. Selbst seine Augen waren dunkler als sonst. Das Böse spiegelte sich in ihnen wider. Sie waren wieder zusammen. „Angel“, flötete Drusilla. „Oh ja, Süße“, sprach er. „Ich bin wieder da.“

~ 7. ~

Sein wirklicher Name war Angelus. Angelus beobachtete mit Begeisterung die verblüfften Gesichter von Spike und Drusilla. Sie brachten kein Wort mehr heraus; konnten nicht glauben das er wieder der Alte war. „Stimmt das?“ fragte Spike schließlich, nachdem er seine Stimme wieder gefunden hatte. „Klar“, antwortete Angelus locker. Drusillas Augen leuchteten. Sie lächelte leicht. Sie war glücklich, daß er wieder da war. Ja, Baby, ich werde bleiben, versprach Angelus ihr mit seinen Blick.

„Du bist wieder da“, sülzte sie freudig. Drusilla strahlte ihren Meister - immerhin hatte er sie erschaffen - glücklich an. „Also hört dieses Ich-hab-ne-Seele-Gefasel nun endlich auf? Du bist wieder böse?“ hakte Spike nach. „Alter, ich hab keine Seele mehr“, meinte Angelus und er lachte kalt. Spike wollte es nicht glauben. Das Ganze schien ihm nicht geheuer zu sein. Er traute dem Braten noch nicht ganz. Er schien zu glauben, daß die Jägerin und Angel sich das alles nur ausgedacht hatten um die Vampire zu täuschen. Angelus lachte. „Hey, was soll ich groß erzählen? Ich bin wieder da. Und damit hat sich die Sache erledigt.“ „Das ist klasse“, rief Spike begeistert. Er schien ihm endlich zu glauben. „Wir sind wieder zusammen“, jubelte Drusilla und stieg vom Tisch. „Unsere große Familie ist wieder zusammen“, flötete sie glücklich.

„Ich muß sagen, dein Herumgeschwänzel um die Jägerin hat mir echt den Appetit verdorben“, rief Spike. Angelus schoß nach vorne und packte Spike am Kragen. Mit blitzenden Augen sah er dem blonden Vampir an. Dann ließ er Spike los und lehnte sich zurück. Spike lachte. „Eines würde ich gerne wissen“, meinte Spike zu Angelus. Dieser sah ihn mit wachender Neugier an. „Und was?“ „Was ist passiert? Wie bist du wieder zum Alten geworden?“ Angelus kicherte leise.

„Ihr würdet mir nicht glauben.“ Ich hab ja nur mit der Jägerin geschlafen, dachte er dämonisch. Leise kicherte er vor sich hin. Wie es ihr wohl geht? dachte er. Sicher ist sie schon auf der Suche nach mir. Am liebsten würde er laut loslachen, so sehr gefiel ihm die ganze Sache. Die Jägerin hatte panische Angst um ihn weil er einfach verschwunden war. Das wußte Angelus. Und es freute ihn diebisch. „Ist auch egal. Hauptsache du bist wieder da“, rief Spike erfreut. Nun mischte sich Drusilla ein. „Wir haben vor die Welt zu zerstören. Bist du interessiert?“ fragte sie Angelus lächelnd.

„Die Welt zerstören? Toll! Ich hab nichts anderes vor.“ Angelus zertrat seine Zigarette unter seinen Stiefelabsatz. Dann blickte er in die leuchtenden Gesichter seiner alten Gefährten. „Meine Interesse gilt jedoch mehr der Jägerin.“ Spike lachte trocken. „Nun, sie gehört zu dieser Welt. Das dürfte kein Problem sein.“ „Ich will eine Nacht“, sprach Angelus. „Wie meinst du das?“ erwiderte Spike auf der Lauer liegend. „Ich will, daß ihr euch eine einzige Nacht zurückhält. Das dürfte doch nicht so schwer sein, oder?“ meinte Angelus drohend.

„Ich werde mich um die Jägerin kümmern. Wenn ich mit ihr fertig bin wird sie kein Problem mehr sein“, versprach er. Freude erfüllte seinen Körper. Freude, wenn er an die Qualen dachte, die Sarah wegen ihm erleiden würde. Spike blickte ihn interessiert an. Er schien damit zufrieden zu sein. „Das Mädchen hat es dir angetan, nicht wahr?“ Angelus stieß einen verächtlichen Laut aus. Seine Augen glühten vor Hass und Abscheu. „Durch sie glaubte ich ein Mensch zu sein. Sie hat mir dieses Gefühl vermittelt.“ Er schwieg für einen andächtigen Moment. „Das werde ich ihr nie verzeihen“, sprach er eiskalt mit leuchtenden Augen, die böses für die Jägerin verkündeten.

Willow telefonierte von der Bibliothek aus mit Sarah. Die Stimme der Jägerin erzitterte vor Angst. „Nein, Sarah“, sprach Willow. „Das hat er nicht getan. Daran darfst du nicht einmal denken. Angel ist klug. Er wird sicher einen bestimmten Plan verfolgen. Wahrscheinlich sucht er nach einen Weg dich zu beschützen. Das hat er doch immer getan. Denk nicht einmal so schlecht. Angel lebt noch. Er ist nicht tot.“ Aber es besteht ja noch Hoffnung, dachte Xander. Er verzog das Gesicht.

Das war wirklich grausam. Xander sah ein, daß das zu weit gegangen war. Ja, okay, er mochte Angel nicht. Was auch daran lag das er auf ihn eifersüchtig war. Immerhin war Angel Derjenige, der Sarah näher stand als jeder andere. Sarah würde ihm solche Gedanken nie verzeihen. Sie liebte Angel und würde an seinen Tod zerbrechen. Sie würde es nicht verkraften, wenn Angel ein Leid geschah. Vor Xander lag ein Buch. Noch immer forschten sie über den Richter nach. „Richte ihr einen Gruß von mir aus“, sagte er zu Willow. Willow blickte ihn verständnislos an. „Wir sind hier. Die ganze Nacht. Gut, bis dann. Bye.“ Willow legte auf. Ein böser Blick traf Xander.

„Ich soll sie grüßen?“ sprach Willow verärgert. Xander zuckte mit den Schultern und schwieg. Eigentlich brauchte er auf Angel ja nicht mehr eifersüchtig sein. Immerhin habe ich selbst eine hübsche Freundin, überlegte er. Aber ... da war noch immer etwas an Angel, daß er nicht mochte. Er wußte, daß Sarah für ihn unerreichbar war. Doch er konnte Angel einfach nicht leiden. Und das es ausgerechnet dieser Blutsauger war, dem Sarahs Herz gehörte, gefiel Xander ganz und gar nicht.

„Was hat Sarah den gesprochen?“ fragte Xander nun. Willow blickte ihn noch immer verärgert an, antwortete jedoch: „Angel ist weg. Er ist spurlos verschwunden. Sarah hat ihn überall gesucht. Doch er ist nicht aufgetaucht.“ Willow klang niedergeschlagen. Hatte sie doch in Sarahs Stimme die Angst um Angel deutlich heraus gehört. Sarah machte sich Sorgen und malte sich die schlimmsten Geschehnisse aus. „Angel verschwindet doch schon mal, oder?“ mischte sich nun Cordelia ein. „Ja ... schon“, räumte Willow ein.

Willow richtete ihre Aufmerksamkeit auf Giles, der gerade aus seinem Büro kam und einige Bücher auf den großen Tisch abstellte. „Sie hat wirklich Angst. Seit ich sie kenne habe ich sie noch nie so erlebt. Ich habe noch nie gesehen das Sarah vor etwas Angst hatte. Jedenfalls so intensiv. Giles, ich mache mir wirklich Sorgen um sie. Ich denke, es sind ihre Träume. Die Träume, in denen Angel getötet wird. Das beunruhigt sie. Und nun ist Angel verschwunden. Kein Wunder das sie sich die schlimmsten Sachen ausmalt.“ Giles nickte verständnisvoll. „Wollte sie herkommen?“ fragte er. Willow nickte. „Ja. Sie kommt her.“ Dann wandte sie sich wieder ihrem Buch zu. Sie seufzte und schlug es zu. Willow griff nach dem nächsten Buch. Irgendwo mußten doch Informationen über diesen Richter stehen.

Sarah schlich die Straße zu ihrem Haus entlang. Sie zögerte und fröstelte leicht. Doch ihr war nicht kalt. Die Angst um Angel ließ sie frösteln. Sarah stand hilflos vor ihrer Tür und starrte darauf. Sarah schüttelte sich. Sie konnte jetzt unmöglich da hineingehen. Sie konnte ihre Mutter jetzt nicht antreffen. Ihre Mutter würde sofort merken das ihre Tochter Probleme hatte. Sarah hatte schreckliche Angst um Angel. Es war nicht seine Art sich nicht bei ihr zu melden. Sarah machte kehrt und verschwand in der Dunkelheit - so wie Angel es oft genug getan hatte.

Wenig später stand sie vor der Tür zu Angels Apartment. Ihre Beine hatten sie einfach hierher getragen. Zurück an den Ort, an dem sie beide ... Sarah schluckte. Sie umfaßte den Türgriff nur leicht. Die Tür öffnete sich - unverschlossen. Das hieß gar nichts. Das wußte Sarah. Angel schloß nicht immer ab. Er hing nicht an den materiellen Dingen in seinen Leben, so das es ihm egal war, ob jemand die Sachen stahl oder nicht. Leise betrat sie die Wohnung und schloß die Tür hinter sich.

Alles in seiner Wohnung wirkte noch immer so altertümlich wie sie es verlassen hatte. Es war auch Unsinn zu glauben, daß sich etwas verändert hatte. Ihr Blick glitt zu dem roten Kissen, dem Laken ... das Bett. Nichts hatte sich verändert. Am Boden neben dem Bett lagen die Sachen, die er ihr zum Anziehen gegeben hatte. Ihr Blick glitt wieder zu seinen Bett. Ihre gemeinsame Nacht tauchte in ihren Gedanken auf. Wieder hörte sie, wie er ihr seine Liebe gestanden hatte als er sie innig in seinen Armen gehalten hatte. Sarah schluckte. Sein Geständnis hatte sie in den Himmel ...

Da hörte sie ein Geräusch hinter sich. Sarah drehte sich um. Und konnte kaum glauben wer da stand. Da war Angel. Er mußte unter der Dusche gewesen sein. Sein Haar war naß. Sein Oberkörper nackt. Angel trug - für seine Art untypisch - eine Lederhose. Er griff gerade nach seinen Halsketten und legte sie um.

„Angel!“ rief sie erleichtert. Er blickte auf. Eine große Last fiel ihr von den Schultern. Sarah war so glücklich ihn gesund und munter zu sehen. Sie eilte zu Angel und fiel ihm um den Hals. Ihre Arme schlangen sich um seinen Nacken. Sie konnte kaum glauben das sie ihn wieder hatte. Es war ihm nichts passiert. Er war okay. Nur mit Mühe konnte Sarah die Tränen der Freude unterdrücken, die sich an die Oberfläche drängten. Er war wieder da.

„Hallo“, grüßte er. „Angel! Mein Gott, ich hab mir Sorgen gemacht. Ich hatte Angst um dich“, stammelte Sarah. Sarah klammerte sich an ihn; wollte ihn nie mehr loslassen. Es ging ihm gut. Er war am Leben. „Tut mir leid“, entschuldigte er sich. „Ich wollte dich nicht erschrecken. Das war nicht meine Absicht.“ Ein kurzes Lächeln huschte über sein Gesicht. Seine Arme legten sich auf ihren Rücken und drückten sie fest an sich. Ein gemeines, dämonisches Grinsen legte sich auf die Lippen von Angelus. Oh, wenn sie wüßte, dachte er freudig. Er freute sich schon darauf die Bombe platzen zu lassen. Und das Leid in den Augen der Jägerin zu lesen ... es würde ihn freuen wie nichts zuvor in seinen langen Leben.

„Angel, wo bist du gewesen?“ fragte Sarah. Nun konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. „Ich war ein wenig spazieren“, antwortete Angelus locker. Wieder umarmte Sarah ihren Freund. Sie war außer sich; konnte nicht fassen das er wieder da war. Ihre innere Stimme jedoch sagte ihr, daß etwas an ihm nicht stimmte. Doch Sarah hörte darauf nicht. Er war am Leben und das war das Einzige was für sie zählte. Aber trotzdem wollte sie wissen wo er gewesen war. Immerhin war sie seine Freundin. Hatte sie da nicht das Recht zu erfahren wo er sich aufgehalten hatte?

„Ich bin fast umgekommen vor Angst um dich. Ich habe dich gesucht. Doch du warst unauffindbar.“ Du hast ja auch nicht bei Drusilla und Spike gesucht, dachte Angelus hämisch. „Wo bist du gewesen? Angel, du bist einfach verschwunden. Wo warst du denn?“ Eigentlich war sie viel zu glücklich ihn wiederzuhaben um ihn zu tadeln und ihm Vorwürfe zu machen. Aber sie mußte wissen wo er gewesen war.

„Ich bin ein wenig rum gelaufen, Sarah“, erwiderte Angelus nur. „Aber du hast mich nicht geweckt. Du hast mir nicht gesagt wo du bist und wo du hin wolltest. Du warst einfach verschwunden“, tadelte Sarah ihn. Angelus griff nach einem Seidenhemd aus dunkelgrauer Farbe und zog es an. Er grinste charmant und erklärte ihr: „Ja, ich bin ohne ein Wort gegangen. Ich konnte danach einfach nicht mehr bleiben.“ Sarah starrte ihn an. Sie hatte das Gefühl, er hätte sie gerade direkt in den Tod gestoßen. „Was ... was hast du gesagt?“ Angelus lachte innerlich. Jetzt wird es richtig lustig, dachte er und ging zum Angriff über.

„Süße, ich werde dir jetzt mal was sagen. Über Männer hast du noch einiges zu lernen. Aber ich glaube, das Wesentliche ist dir schon in der letzten Nacht aufgefallen.“ Er sah sie mitleidig an, als schäme er sich dafür das er ihr Erster gewesen war. Plötzlich hatte Sarah das Gefühl, es wäre eiskalt im Raum. Sie fror und glaubte, in einer Eishöhle zu sein. So hatte er noch nie mit ihr gesprochen. Was war los mit ihm? Warum war er plötzlich so gemein zu ihr? „Was sagt du denn da?“ flüsterte Sarah traurig.

„Sarah, laß uns die Sache nicht aufbauschen, ja? Es ist das Beste, wenn wir es einfach vergessen und nicht mehr darüber sprechen. Es ist das Beste für uns beide.“ Angelus blickte sie an; freute sich über den verletzten Ausdruck in ihren Gesicht und setzte noch einen drauf. „Wir können es nicht mehr ändern. Es ist passiert. Das ist der Lauf der Welt. Zwei Leute begegnen sich, finden sich attraktiv, verbringen die Nacht miteinander und trennen sich dann wieder ohne Vorwürfe und ... Liebe.“ Das saß. Und er wußte es. Sarah zuckte zurück als hätte er sie geschlagen.

„Angel ...“, flüsterte sie hilflos. Was war mit ihm los? Wo war seine versprochene Liebe? Sein Vertrauen zu ihr? Was war mit ihm geschehen? Wo war seine Liebe geblieben? Sie konnte nicht glauben das er sie so behandelte; das er so gemein und grausam zu ihr war. Er hatte ihr doch so oft gesagt das er sie liebte; das er sie immer lieben würde. Wo waren seine Gefühle nun? Wo waren seine Versprechen ... sie immer zu beschützen und zu lieben? Sarahs Mundwinkel zuckten. Sie fühlte sich verraten und betrogen.

„Warum bist du plötzlich so zu mir? Bin ich der Grund?“ flüsterte sie. „Angel, war ich ... schlecht? Hast du mehr von mir erwartet?“ Er lachte laut. Es klang herzlos und gemein. Schon alleine mit seinen Lachen versetzte er ihr einen weiteren Stoß in die Hölle hinab. „Nein! Du warst super. Ehrlich! Man hätte dich für ne Hure halten können. Aber ...“ Angelus beugte sich vor. „Du warst nicht gut genug für mich.“ Sarah blickte ihn starr an. Sie zitterte am ganzen Körper. Tausend Fragen schossen ihr durch den Kopf. Warum tat er ihr so weh? Machte es ihm Spaß sie zu verletzen? Warum war er auf einmal so kalt?

„Wie ... kannst du sowas nur sagen?“ stammelte Sarah mit enttäuschter Stimme. „Du hast doch immer wieder gesagt, daß du mich liebst. Du hast es mir gesagt, Angel. Und ich hab dir geglaubt.“ Er zuckte mit den Schultern. „Dein Problem, wenn du mir das geglaubt hast. Hey, war doch lustig. Wir hatten doch ne Menge Spaß zusammen. Also, sei vernünftig und nimm es wie eine erwachsene Frau und nicht wie ein unreifer Teenager. Es war doch keine große Sache.“ „Doch, daß war es“, rief Sarah. „Es war ...“ „Was?“ fragte Angelus belustigt.

„Was war es denn? Ein großer Chor? Schmetterlinge im Bauch? Ein Feuerwerk? Eine Explosion?“ fragte er ironisch. Dann lachte er erneut mit diesem kalten Unterton. „Komm schon, Jägerin“, spottete er. „Es war schließlich nicht mein erstes Mal“, meinte er und wollte sie an der Wange streicheln. Sarah wich vor ihm zurück. „Faß mich bloß nicht an“, erwiderte sie hart. Doch er sah in ihren Gesicht, daß er sie verletzt hatte; das ihr das gesamte Gespräch weh tat. Und genau das hatte er erreichen wollen.

„Schade“, meinte er. „Schade, daß du es nicht so siehst wie ich.“ „Angel“, flehte Sarah hilflos. Ihr Herz rief nach ihm. Sie wollte ihn nicht gehen lassen. Ihr Herz wollte vor seiner Eiseskälte nicht zurückschrecken; wollte nicht wahrhaben, daß er sie so verspottete weil er ihr Erster gewesen war. Das er so kalt - ja, richtig grausam - zu ihr war. „Ich liebe dich“, rief sie verzweifelt. Sie wollte, daß er zur Besinnung kam. Das er merkte, was er ihr gerade antat. 

Er ging zur Tür und drehte sich lässig zu ihr um. „Ja, ich dich auch“, meinte er gelangweilt. „Schließ bitte die Tür hinter dir wenn du gehst“, meinte er. „Ich werde dich anrufen, wenn ich mal Zeit hab“, erklärte er ihr noch spöttisch und ging. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloß. Sarah zitterte. Sie konnte es nicht glauben. Sie starrte auf die Tür; konnte nicht glauben das er so grausam zu ihr gewesen war. Gerade war ihre ganze Welt wie ein Kartenhaus zusammen gefallen. Angel hatte ihr das Herz gebrochen.

Jennys Blick wanderte in dem möblierten Zimmer ihres Onkels herum. Sie saß in einem Sessel und war gekommen um Antworten zu kriegen. Sie kannte die Geschichten um Angel. Und um das was geschehen würde, wenn er einen Moment vollkommenen Glücks erfuhr. Nun wollte sie wissen ob all das stimmte. Aber ihr Onkel hatte das Spiel mal wieder umgedreht. Er war Derjenige, der ihr Fragen stellte. „Weißt du, was wir Zigeuner unter wahrer Rache verstehen?“ fragte er. „Onkel, ich würde dir wirklich gerne zuhören, aber ...“, begann Jenny ungeduldig. „Ich war unserem Stamm immer treu. Doch nun will ich Antworten. Es geht um den Fluch.“ Ihr Onkel blickte sie an; ignorierte jedoch ihren Einwand.

„Die modernen Menschen habe keine Ahnung was Rache wirklich ist. Für sie ist Rache nicht mehr als ein Wort. Doch für uns ... ist es mehr als das. Für uns ist Rache etwas was am Leben ist. Wir geben sie von Generation über Generation weiter. Unser Wissen geben wir weiter. Rache macht uns zu ihren Verbündeten; zu ihren Geiseln.“ Jenny seufzte. Sie kannte seine Vorträge über Rache. Und genau das brauchte sie jetzt nicht. Ich will, daß er uns versteht, dachte sie. Sarah, Rupert ... wir alle brauche seine Hilfe. Ohne ihn schaffen wir das nicht.

„Ich bin hier weil ich Angel beobachten sollte. So wie du es von mir verlangt hast“, startete Jenny erneut einen Versuch. „Du solltest die Jägerin von ihm fernhalten“, warf er ein. Jenny schluckte. „Onkel, ich hab es versucht. Doch die Beiden lieben sich. Und selbst wir sind gegen die Liebe machtlos. Doch es gibt noch ganz andere Dinge, die uns beunruhigen. Es sind Mächte, die wir nicht kontrollieren können.“ „Es ging nie um Kontrolle“, rief ihr Onkel schockiert. „Wir sind keine Magier. Janna, wir haben nur einen Platz in diesem Spiel.“ Jenny beugte sich vor und blickte ihren Onkel ernst an.

„Onkel, ich habe dir schon einmal gesagt das er mir das Leben gerettet hat. Er ist uns eine Hilfe; eine große Hilfe gegen die Mächte der Finsternis. Wir haben Probleme. Es geht um den Richter. Wir können ihn nicht stoppen. Angel ist vielleicht die einzige Chance, die wir haben. Wir müssen den Richter aufhalten und Angel ...“ „Es ist zu spät“, fiel ihr Enyos ins Wort.

Sein Gesicht war eine Studie voller Trauer. Jenny wurde kalt. Sie ahnte etwas. Konnte sich ihr Verdacht wirklich bestätigen? Es durfte nicht sein. Nicht jetzt. Sie brauchten Angel. Sie konnte nicht glauben das es so war. „Ist es ... passiert?“ fragte sie leise. Enyos nickte. „Warum? Sag mir, was genau geschieht wenn er sein Glück erfährt“, bat Jenny. Sie mußte einfach Gewißheit haben. „Warum, Onkel Enyos, warum?“ fragte sie hartnäckig nach.

„Es ist unser Fluch. Als wir ihn mit dem Fluch belegten, war unser Ziel, daß er so leidet wie wir. Er sollte dasselbe Leid erfahren, daß er unserem Stamm angetan hatte. Er sollte nicht wie ein Mensch leben. Dafür war der Fluch nicht bestimmt. Der Fluch besagt, daß er nur einen Moment vollkommener Glückseligkeit erfährt, einen kurzen Augenblick - in dem die Seele, die wir ihm gaben - seine Gedanken ruhen läßt und ihn nicht mehr quält ... genau dann ... dann wird ihm die Seele wieder entrissen. Dann wird er wieder zu dem Monster, daß er einst war.“ Jenny schüttelte den Kopf. Also stimmten die Geschichten, die sie über den Fluch gehört hatte.

Ihre Gedanken überschlugen sich. Wenn Sarah und Angel jemals ... wenn Angel nur einen Moment mit Sarah so glücklich war, daß er alles andere vergaß, dann ... „Angelus! Er wird wieder zu Angelus“, sprach sie leise. Enyos nickte. „Ja, so ist es. Ich bin hergekommen weil ich hoffte, das aufhalten zu können. Ich wollte es verhindern. Doch nun ... ich muß einsehen, daß ich es nicht aufhalten konnte. Es ist Bestimmung - was auch immer in den nächsten Wochen geschehen mag. Es war uns allen vorherbestimmt.“ Er war enttäuscht, daß mußte Jenny erkennen. „Angel ist das Wichtigste im Leben von Sarah. Sie liebt ihn abgöttisch.“ „Und nun ist es ihre Pflicht die Welt vor dem Monster, daß er ist, zu beschützen. Sie wird ihn töten müssen“, stellte Enyos gefühllos fest.

Jenny sprang hastig auf. „Er wird sie töten! Und das weißt du! Wie soll ein Mädchen, daß liebt, ihren Geliebten zur Strecke bringen? Das ist ja verrückt.“ Jenny zuckte hilflos mit den Schultern. Wie konnte ihr Onkel so ruhig dasitzen und es einfach hinnehmen? Er ließ alles einfach geschehen. „Es werden Menschen sterben. Sarah liebt ihn. Du weißt, daß sie es nicht schaffen wird ihn zu töten. Er wird sie vorher töten.“ „Mit der Zeit, Janna, wird die Jägerin erkennen, daß er nicht mehr der ist, den sie geliebt hat. Und dann wird sie es schaffen.“ Jenny schüttelte verneinend den Kopf.

„Janna, wir sind nicht hier um Gerechtigkeit zu verüben. Gerechtigkeit ... dafür war der Fluch nicht da. Es ging nur um Rache. Wir haben den Vampir verflucht weil wir wollten das er leidet. Das er die selben Schmerzen erfährt, die er seinen Opfer angetan hat. Gerechtigkeit liegt uns nicht.“ Seine Stimme war ruhig.

Jenny schnappte nach Luft; konnte kaum glauben das er noch immer diese Ansicht vertrat. Doch welchen Vorwurf sollte sie ihn machen? Er stammte aus einer alten Generation ihres Stammes. Er war nur dem Weg gefolgt, den die Anderen vor ihm schon gegangen waren. Entmutigt mußte sie einsehen, daß er ihnen nicht helfen würde oder es konnte. „Narren! Wir sind alle Narren“, sprach sie leise und verließ das Zimmer. Ihr Onkel hielt sie nicht auf.

~ 8. ~

Es war spät nachts. Sie hatten keine Pause gemacht und nur recherchiert und waren jedes Buch durchgegangen, indem etwas über den Richter stand. Ohne Erfolg, ohne positives Ergebnis. Xander war frustriert. Und nicht nur er. Man sah es auch den anderen an. Man sah es Giles an. Xander hatte den Wächter noch nie so frustriert und am Ende seiner Kenntnisse gesehen. Es war klar. Auch Giles wußte nicht mehr weiter.

„Tolle Aussichten“, murmelte Xander vor sich hin. Er hatte die Bibliothek verlassen und holte sich gerade eine Dose aus dem Getränkeautomaten als Willow herankam. Sie hatte die gleiche Idee gehabt wie er. Auch sie brauchte eine Erfrischung. „Es ist so frustriert“, meinte sie und schoß sich eine Coladose heraus. Xander nickte. „Ich weiß. Wir kommen einfach nicht weiter. Nichts hilft uns.“ „Wenn man mal eine Armee braucht ist keine da“, murmelte sie.

Xander war es als hätte er gerade einen Schlag bekommen. Er sah Willow erstarrt an. „Was ist?“ fragte Willow, die seine Verwandlung bemerkte. „Ich glaub, ich hab ne Idee“, sprach Xander. „Das wäre toll. Denn genau ...“ Sie brach ab als die Lichter ausgingen. „Jetzt wird es unheimlich“, kommentierte Xander unruhig. Wenn die Lichter ausgingen bedeutete das normalerweise nichts gutes. Nicht, wenn man am Höllenschlund lebte.

Willow blickte Xander verwirrt an. „Was ist hier los?“ fragte sie. Auch sie spürte es. Eine unheimliche Spannung breitete sich am Korridor aus. Auch Willow hatte lernen müssen, daß das plötzliche ausgehen von Lichtern am Höllenschlund nichts gutes bedeutete. „Wir gehen besser zurück in die Bibliothek“, murmelte Xander und umfaßte Willows Arm. „Halt“, rief auf einmal eine Stimme hinter ihnen. „Xander? Willow?“ Sie kannten diese Stimme. Die beiden Jugendlichen drehten sich um. Eine schwach beleuchtete Vitrine war das Einzige, daß dem Korridor Licht spendete. Daneben stand Angel.

„Angel, Gott sei Dank“, stieß Xander erleichtert aus. Zum ersten Mal war er wirklich froh den Blutsauger zu sehen. Er war die einzige Kreatur am Höllenschlund, die zahm war - wie Xander es immer zu formulieren pflegte. „Was ist mit dem Licht?“ fragte Angel. Er hatte den Kopf leicht gebeugt. Man konnte seine Augen nicht sehen. Aber das war bei Angel nichts ungewöhnliches, daß wußte Xander.

„Keine Ahnung! Ist ausgegangen“, meinte Xander mit einem Schulterzucken. „Dir geht es doch gut, oder?“ fragte Willow besorgt nach. „Sarah hat sich solche Sorgen um dich gemacht. Sie drehte vor Angst um dich fast durch.“ „Alles okay, Willow. Ich hab Sarah gesehen und sie beruhigt“, antwortete Angel ruhig. „Ich hab eine Idee. Es geht um den Richter ...“, begann Xander. „Vergiß deine Idee, Xander. Ich hab was interessantes gefunden.“ Angel deutete auf die Türen hinter sich.

„Ich will es euch zeigen. Sarah ist auch schon auf den Weg hierher.“ „Was willst du uns den zeigen?“ fragte Willow neugierig. „Es wird uns gegen den Richter helfen, glaubt mir. Xander, hol doch bitte die Anderen.“ „Okay.“ Xander drehte um und rannte zur Bibliothek. „Willow, komm doch bitte her zu mir“, sprach Angel ruhig. „Was willst du uns zeigen, Angel?“ fragte Willow. „Etwas wunderbares“, lächelte er. Vertrauensvoll ging Willow zu Angel.

Etwas weiter unten blieb Xander abrupt stehen. Ein komisches Gefühl machte sich in ihm breit. Etwas stimmte da nicht. Angel war so ... seltsam gewesen. Okay, daß war er immer, aber warum hatte er gesagt, er hätte Sarah gesehen und sie würde nachkommen? Wenn er sie wirklich gesehen hätte, wäre sie nicht mehr von seiner Seite gewichen und zusammen mit ihm her gekommen. Da ist etwas faul an der Sache, dachte Xander. Er drehte um und lief zurück. Er hatte Willow mit dem Vampir allein gelassen. Das ungute Gefühl breitete sich in Xanders ganzen Körper aus.

„Willow, bleib von Angel weg“, rief auf einmal eine Stimme hinter der Schülerin. Willow drehte sich zu Jenny Calendar um, die plötzlich aufgetaucht war. „Was soll ich tun?“ fragte sie verwirrt. Sie sah das Holzkreuz, daß die Lehrerin in der Hand hielt. „Komm her zu mir.“ Ihre Stimme klang streng. Sie befahl es Willow. Willow war verwirrt.

Warum sollte sie sich von Angel fern halten? Sie richtete ihre Augen auf den Vampir. Da hob er den Kopf und zeigte ihr sein ganzes Gesicht. Er knurrte und lächelte bösartig. Willow sah die Kälte in seinen Augen. Und dann schoß er nach vorne und packte Willow. Eine Hand lag um ihren Hals, die Andere auf ihrer Schulter.

Entsetzt schnappte Willow nach Luft als Angelus ihr die Luft abdrückte und dann sofort wieder etwas locker ließ. In diesem Moment kam Xander schlitternd neben Jenny Calendar zu stehen. „Laß sie los“, rief er. Angelus lächelte kalt. „Ich denk nicht dran.“ „Tue das ja nicht“, warnte Xander ihn. „Und wenn doch“, reizte Angelus den Jungen. Verzweifelt versuchte Willow den Vampir abzuwehren, doch es war sinnlos. Er war viel stärker als sie. Sie blickte hoch. Seine Augen glühten. Seine Reißzähne blitzten in einem falschen Lächeln auf.

„Angel, laß den Blödsinn“, keuchte Willow. „Angel, bitte ...“ „Er ist nicht Angel. Nicht mehr. Habe ich nicht recht, Angelus?“ sprach Jenny Calendar mit entschlossener, aber trauriger Stimme. „Falsch“, sprach Angelus stolz. „Ich bin Angel.“ Er lächelte kalt. „Endlich bin ich Angel.“ Seine Stimme klang anders. Sie war kalt. So kalt, wie Willow es niemals bei einem Menschen für möglich gehalten hätte.

Aber Angel war kein Mensch. Er war ein Vampir; ein Dämon. Und das zeigte er jetzt. „Oh mein Gott“, sprach Xander erschrocken als ihm klar wurde, daß diese Kreatur wieder sein altes Ich angenommen hatte. Er war wieder böse - so wie einst vor langer Zeit. „Ich hab ne Botschaft für meine süße, kleine Sarah“, sprach Angelus spöttisch. Er drückte noch ein Stück fester zu.

„Dann sag sie mir selbst!“ Angelus fuhr herum und riß Willow mit sich. Da stand Sarah - die Jägerin - außer sich vor Wut und entschlossen ihre Freundin zu retten. Doch er las die Traurigkeit in ihren Augen. Er sah ihren Schmerz. Angelus wußte es genau: Er hatte der stolzen Jägerin das Herz gebrochen und es freute ihn. Willow fing wieder an zu hoffen, daß sie diese Sache doch gut überleben würde. Sarah würde nicht zulassen, daß ihr etwas geschah. Dessen war sie sich sicher.

„Weißt du, daß sind nicht die Botschaften, die ich dir mit Worten vermitteln kann“, meinte Angelus kalt. „Das sind die Botschaften, wo du die Leichen deiner Freunde vorfindest.“ Seine Hand drückte noch fester zu. Willow keuchte weil sie kaum noch Luft bekam. Sarah zeigte sich stark, aber so stark war sie nicht. Sie zitterte am ganzen Körper. Angel stand kurz davor Willow zu töten. Sie mußte zu ihm durchkommen. Sie wollte und konnte ihn nicht einfach so aufgeben. „Das bist nicht du“, sprach sie so ruhig wie möglich.

Angelus stöhnte. „Hatten wir dieses Thema nicht schon?“ fauchte er sie aggressiv an. Sarah wußte, er konnte in ihrem Gesicht lesen wie ihr zumute war. Er konnte ihren Schmerz sehen. Doch so einfach konnte sie ihn nicht aufgeben. Sie mußte zu ihm durchkommen. „Angel, ein Teil von dir muß doch noch wissen wer du wirklich bist. Ich flehe dich an, erinnere dich. Erinnere dich an unsere gemeinsame Zeit. Ein Teil von dir muß sich daran erinnern wer du bist. Bitte, Angel, erinnere dich doch. Gib dich nicht auf“, flehte Sarah.

Sie sah seine verächtliche Miene. Sah, wie wenig ihre Worte ihn trafen. „Angel, bitte! Ein Teil von dir muß doch noch wissen wer der wahre Angel ist.“ Bitte, Angel, flehte sie still. Bitte, hör auf mich! Gib dich nicht auf! Bitte, hör auf mich zu quälen! Warum tust du das? Sarah wußte, er sah es. Er konnte ihr stummes Flehen in ihren Augen lesen. Doch es interessierte ihn nicht. „Träum weiter, Süße“, sprach Angelus nun. „Dein Freund ist tot“, teilte er ihr kalt mit.

Während sich Angelus ganz auf die Jägerin konzentrierte, nahm Xander seine Chance wahr. Er nahm Jenny Calendar das Kreuz aus der Hand und näherte sich dem Vampir vorsichtig. „Laß Willow in Ruhe. Kämpfe mit mir“, forderte Sarah nun. „Warum sollte ich das tun? Du bist keine Gegnerin für mich. Dein Schmerz macht dich blind. Außerdem ist sie doch ganz niedlich“, sprach Angelus und kniff Willow in die Wange. „So hilflos und schwach.“ In diesem Moment blitzte der Claddagh-Ring im schwachen Licht auf. Sarah war den Tränen nahe. Es war wie eine Verhöhnung für sie. Einst war dieser Ring das Zeichen ihrer Liebe gewesen. Doch nun? Nun war dieser Ring nicht mehr als ein Stück wertloser Schrott.

Xander nutzte die Ablenkung, die Sarah dem Vampir bot. Er lief um den Vampir herum und drückte ihm das Kreuz in seine Fratze. Angelus wich zurück und stieß Willow gegen Xander. Die Beiden prallten gegen eine Wand. Angelus wandte sich an die Jägerin. Er packte sie bei den Schultern und beugte sich zu ihr. Leise sprach er: „Jetzt wird es schon interessanter.“ Dann küßte er sie grob und voller Hass auf die Lippen. Er schleuderte Sarah von sich und lief davon.

Die Türen schwangen hinter ihm auf und zu während Sarah an der Wand zu Boden glitt und traurig ins Leere starrte. Ihre Freunde eilten zu ihr. „Sarah“, sprach Xander sie an. Er klang besorgt. „Geht es dir gut?“ drängte er. Doch Sarah gab ihm keine Antwort. Sie starrte nur ins Leere. Sie konnte nicht sprechen. Sarah wußte es: Sie hatte Angel für immer verloren.

Sie saßen alle versammelt in der Bibliothek. Giles lief unruhig auf und ab. Die Anderen saßen am Tisch. Sarah spielte abwechselnd mit ihrem Ring und dem Armband, daß Angel ihr zum achtzehnten Geburtstag geschenkt hatte. Für immer - Sarah starrte auf die Worte, die in das Armband eingraviert waren. Er hat mir versprochen das er mich immer lieben wird, dachte sie traurig. Warum ist er jetzt so zu mir? Er hat es mir doch versprochen. Tränen schimmerten in ihren Augen, wenn sie an den Verrat ihrer Liebe dachte, denn Angel begangen hatte.

„Es ist also sicher, daß Angel wieder auf der Seite des Bösen steht? Das er sein altes Ich wieder aufgenommen hat?“ fragte Giles zögernd. „Ja“, meinte Xander schlicht. „Giles, Sie wären schockiert gewesen ihn so zu sehen. Er war so ... grausam, so kalt“, meinte Willow schwach. Sie blickte zu Sarah. Sarah konnte sich nicht konzentrieren und hörte kaum zu. Ihre Gedanken galten nur Angel. Ihr Herz schrie nach ihm. Warum tat er ihr das an? Warum tat er ihr mit Absicht weh?

„Giles, was tun wir jetzt?“ fragte Willow. „Ich weiß es nicht“, murmelte der Wächter, der ziemlich ratlos drein blickte. „Rupert, reißen Sie sich zusammen! Sprechen Sie nicht so vor den Kids“, wies Jenny ihn zurecht. „Oh ... tut mir leid“, meinte Giles etwas steif. Er bemühte sich um Beherrschung, was aufgrund er Situation gar nicht so einfach war. Die Situation war so schon schwer genug, aber jetzt ... wo Angel sich ihren Feinden angeschlossen hatte ... war sie mehr als schwierig.

„Ich will nicht so resigniert klingen, aber die Situation ist nun schwerer geworden. Angel ist auf der Seite unserer Feinde ... ich war darauf nicht vorbereitet.“ „Das war niemand“, murmelte Jenny leise. Giles blickte Sarah an. Sie blickte auf ihr Armband, daß Angel ihr geschenkt hatte und spielte mit ihrem Claddagh-Ring. Die Erinnerung kam hoch. Sie erinnerte sich an ihre erste Begegnung mit Angel; erinnerte sich an den Tag als er ihr den Ring geschenkt hatte.

Willow, die neben Sarah saß, beugte sich zu ihr und flüsterte: „Sarah, ist alles in Ordnung?“ Die Jägerin schüttelte verneinend den Kopf. „Kann ich wirklich nichts für dich tun?“ Wieder ein verneinendes Nicken. „Ich hätte es kommen sehen müssen“, flüsterte sie nun traurig. Sie konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Leise bannten sich die Tränen einen Weg zu ihren Wangen hinunter.

„Ich hab ihn in seiner Wohnung angetroffen. Er war so ... so komisch. So anders. Er hat Dinge gesagt ... so hat er noch nie mit mir gesprochen. Seine Aussagen ... sie waren richtig gemein.“ Giles beugte sich sofort vor. War bereit, alles genau in seinen Gehirn zu speichern. „Was genau hat er denn gesagt?“ „Das geht Sie nichts an. Es ist ... persönlich gewesen“, blockte Sarah ab. Ihr Blick wanderte im Raum umher. Große, traurige Schatten hatten sich über ihre Augen gelegt.

„Du hattest also keine Ahnung das er wieder sein altes Ich angenommen hat?“ mischte sich nun Jenny ein. Willow richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Lehrerin. „Aber Sie wußten es“, meinte sie. „Was?“ „Sie haben mir gesagt, ich soll mich von ihm fernhalten.“ Jenny zuckte mit den Schultern. „Ich hab einfach sein Gesicht gesehen“, erklärte sie der Schülerin. Giles war dabei eine Erklärung für die plötzliche Verwandlung Angels zu finden.

„Es muß einfach eine Erklärung dafür geben. Etwas muß geschehen sein.“ Sarah blickte auf. „Was meinen Sie?“ fragte sie mit zitternder Stimme. „Ich meine ... ein Ereignis, daß diese Verwandlung hervor gerufen hat. Ein Ereignis muß das bewirkt haben“, klärte Giles seine Jägerin über seine Gedanken auf. Er richtete seine Augen auf Sarah und blickte sie eindringlich an.

„Wenn jemand etwas weiß, dann du.“ Oh Gott, nein, dachte Sarah entsetzt als ihr klar wurde was Giles meinte. Es ist meine Schuld, dachte sie traurig. Nein, bitte nicht. Es ist meine alleinige Schuld, daß er so geworden ist. „Ich weiß es aber nicht“, blockte sie erneut ab. „Es muß gestern Nacht etwas geschehen sein, daß er ...“ „Bitte, Giles, hören Sie auf! Bitte ... ich kann einfach nicht ... nicht jetzt ... ich ...“ Sarah sprang verzweifelt auf und rannte aus der Bibliothek.

„Sarah, ich weiß, du bist durcheinander wegen Angel, aber wir können jetzt nicht ... Sarah!“ rief Giles. Doch umsonst. Die Jägerin kehrte nicht zurück. Willow blickte ihrer Freundin nach. Und auf einmal wurde ihr klar was geschehen war. Ihr war klar was für ein Ereignis Angel verändert hatte. „Giles, lassen Sie Sarah gehen“, sprach Willow ruhig, aber bestimmt.

„Das ist echt toll“, mischte sich nun Cordelia ein. „Wir haben einen Dämon, der unbesiegbar ist und hier in der Gegend herum spaziert; Angel ist wieder böse und die Jägerin läßt uns einfach allein. Ich schätze, wir sind am Boden angekommen.“ „Ich hab eine Idee“, sprach Xander. „Oh Gott“, zischte Cordelia. „Es wird noch schlimmer.“ Xander ignorierte den bissigen Kommentar seiner Freundin und fuhr fort: „Ich weiß nicht was wir wegen Angel machen, aber wegen dem Richter hätte ich einen Lösungsvorschlag anzubieten.“ „Und was sollen wir machen?“ fragte Willow ihn. Es hatte keinen Sinn sich jetzt wegen Angel den Kopf zu zerbrechen. Zuerst mußten sie den Richter aus dem Verkehr ziehen, dann konnten sie über Angel nachdenken.

„Ich brauche Cordelia für meinen Plan. Und wir brauchen ein Auto.“ „Mein Auto ...“, begann Cordelia. „Zu klein. Wir brauchen etwas womit wir was größeres transportieren können“, schnitt Xander ihr sanft das Wort ab damit sie nicht beleidigt war. Er wußte, wie empfindlich Cordelia in solchen Dingen war. Also mußte er sie sanft abweisen. Inzwischen hatte er das Wesen von Cordy kennengelernt um sie richtig einschätzen zu können. „Oz hat nen Lieferwagen“, meinte Willow. „Das ist gut. Frag ihn.“ „Kein Problem. Er ist sicher dabei. Er läßt uns doch nicht in Stich.“ „Wo ist Oz überhaupt?“ „Mußte kurz nach Hause“, erklärte Willow nur knapp.

„Eine Frage, Xander“, warf Cordelia ein. „Was genau soll ich machen?“ „Erklär ich dir später.“ „Und warum?“ „Ganz einfach: Du würdest dich weigern mitzumachen wenn ich dich aufkläre. Aber ich brauche dich. In einer halben Stunde alle bei Willows Haus. Wir treffen uns dort. Und Cordy, zieh etwas an, daß etwas mehr sexy ist“, befahl Xander. Cordelia wollte noch etwas sagen, doch entschied sich zu schweigen und verließ die Bibliothek um sich umziehen.

„Was machen wir mit Sarah?“ fragte Giles leise. Jenny blickte ihn an. „Ich glaube nicht, daß die Vampire heute Nacht angreifen werden. Wir sollten Sarah in Ruhe lassen. Mit Angels Verwandlung haben wir alle nicht gerechnet. Es ist ein Schock für sie. Sie muß das erst einmal verdauen und es realisieren. Sie muß realisieren, daß Angel nicht mehr der ist, denn sie liebt. Sie muß einsehen, daß er der böseste Vampir von allen ist.“ Willows nickte zustimmend. „Ich kann mir vorstellen wie es ihr gerade geht“, meinte Giles. „Nein“, widersprach Willow ihm entschieden. „Das können Sie nicht, Giles.“

~ 9. ~

„Ihr hättet ihr Gesicht sehen sollen“, rief Angelus siegesfreudig. Er amüsierte sich noch immer köstlich über Sarah und ihren Schmerz. „Dieses Gesicht ... voller Schmerz und Traurigkeit ... das werde ich mein Leben lang nicht vergessen.“ Er setzte sich auf ein breites Brett und genoß seinen kleinen Sieg über der Jägerin. Er war zufrieden; völlig zufrieden mit den Ereignissen.

„Verstehe ich das richtig ... du hast sie nicht getötet?“ fragte Spike. „Was denkst du denn? Natürlich nicht“, rief Angelus erfreut. Doch seine Stimme hatte einen bissigen Unterton angenommen. Ihm gefiel diese Abschätzung von Spike nicht, die der Vampir mit ihm trieb. Er setzte Angelus ganz klar unter ihm und das mochte der Vampir nicht.

„Hey, ich weiß ja, daß du ne Weile aus dem Spiel draußen warst. Aber wir töten die Menschen noch immer. Das ist unser Schicksal, Junge.“ Spike tat gerade so als wäre Angelus noch ein Kind. Der Vampir knurrte warnend. „Du willst sie nicht töten, nicht wahr?“ schnurrte Drusilla. „Du willst sie verletzen. So wie du mir weh getan hast.“ „Niemand kennt mich besser als du“, meinte Angelus mit einem Lächeln.

„Sie muß endlich ausgeschaltet werden“, rief Spike sauer. „Ich hab die Kleine unter Kontrolle, keine Sorge“, meinte Angelus locker. „Ich mach mir aber Sorgen, Kumpel.“ Spike konnte es nicht ruhen lassen. Das die Jägerin noch am Leben war, obwohl Angelus die Möglichkeit gehabt hatte, sie zu töten, gefiel ihm ganz und gar nicht. „Spike!“ fauchte Angelus wütend. Er wischte eine Holzkiste vom Brett, die krachend am Boden zersprang. „Mein Alter!“ Angelus kam auf Spike zu und lachte kalt.

„Du hast mehrmals versucht dieses Mädchen zu töten. Doch du hast es nicht geschafft. Sieh dich an ... du bist ein Wrack. Du bist am Ende. Dieses Mädchen ist stärker als alle Jägerinnen vor ihr. Sie hat eine Stärke mit der wir es noch nie zu tun hatten.“ Angelus blickte Spike eindringlich an. „Sie hat dich in den Rollstuhl gebracht. Kapierst du es denn nicht? Mit Gewalt kommst du gegen sie nicht an. Da verlierst du auf der ganzen Linie. Rohe Gewalt macht ihr gar nichts aus. Rohe Gewalt richtet bei ihr keinen Schaden an“, erklärte Angelus. „Du mußt sie dir von innen her schnappen.“ Mit einem Raubtierblick beugte sich der Vampir verschwörerisch vor um seinen Kumpel sein Geheimnis zu offenbaren. „Um Sarah zu töten, mußt du sie lieben.“

Leise war Sarah durch das Haus geschlichen. Auf keinen Fall wollte sie jetzt ihrer Mutter über den Weg laufen. Leise schloß sie die Tür zu ihrem Zimmer und schaltete die Nachttischlampe ein. Das schwache Licht schuf eine düstere Atmosphäre in Sarahs Zimmer. Sie öffnete die Lade ihrer Kommode. Da lag das silberne Kreuz, daß sie einst vor Relas beschützt hatte. Nun war es ein Schutz vor dem Vampir, den sie liebte. Nun war es ein Schutz gegen Angel.

Ihre Hand zitterte als sie die Schublade wieder schloß. Sie blickte auf ihren Ring. Den Ring ihrer Liebe. Er war ihr Symbol. Nun war alles zerstört. Alles war wie ein Kartenhaus in sich zusammen gefallen. Ihre Liebe, ihr Glück ... Wieder konnte sie die Tränen nicht zurückhalten. Und diesmal versuchte sie es erst gar nicht. Sie streifte sich den Ring vom Finger und legte ihn auf das Bett. Gleich darauf brach sie weinend zusammen und grub ihr Gesicht in die Kissen. Sie schluchzte. Ihr ganzer Schmerz brach aus ihr heraus. Noch nie hatte sich Sarah so allein gefühlt. Alles war ihr aus den Händen geglitten. Sie hatte alles, was ihr im Leben bedeutet hatte, verloren.

... Die Laken fühlten sich seidig und weich an. Sarah fühlte sich in Angels Armen geborgen und sicher. Er streichelte über ihr Haar. Seine Lippen wanderten langsam von ihrem Kinn zu ihrem Hals. Ihre zarten Finger fuhren zärtlich über seine Tätowierung, die sich auf seinen rechten Schulterblatt abzeichnete. Sein Ring schimmerte im schwachen Licht als er zärtlich an ihrem Kinn entlang fuhr. Sie fühlte seine Leidenschaft ... seine Liebe ... seine Zärtlichkeit ... Sie war bereit ihm alles von sich zu geben. „Angel“, sprach sie in der Abgeschiedenheit seines Schlafzimmers. „Ich liebe dich, Sarah. Ich werde dich immer lieben“, sprach er leise und glücklich.

Und dann fand sich Sarah auf einen Friedhof wider. Sie stand bei einem Begräbnis und blickte auf ein Grab. Da kam Angelus auf sie zu - am hellichten Tag. Er blickte sie ernst an und sprach: „Du mußt lernen hinzusehen.“ Er deutete auf eine in schwarz gekleidete Frau. Sarah folgte seinen Blick. Die Frau hob ihren Schleier. Es war Jenny Calendar. Sie blickte traurig auf das Grab ...

Sarah schlug die Augen auf. Sie blickte sich um. Sie war in ihrem Zimmer. Ich muß eingeschlafen sein, dachte sie. Entschlossen stand sie auf. Wieder hatte sie geträumt. Wieder hatte sie einen Traum gehabt, der ihr etwas sagen wollte. Es war ein Omen gewesen. Diesmal wußte sie es mit absoluter Sicherheit. Diesmal hatte ihr Traum eine Bedeutung gehabt.

Es war Morgen. Sarah war ganz in schwarz gekleidet. Sie marschierte zielsicher in das Innere der Sunnydale High. Sie blickte nicht nach links und rechts. Sie marschierte einfach in die Computerklasse von Jenny Calendar. Entschlossen ging sie auf die Lehrerin zu. Bei ihr stand Giles und unterhielt sich mit ihr. Die Schüler waren gerade dabei Platz zu nehmen. Giles brachte ein überraschtes „Sarah ...“ heraus als er seine Jägerin sah. Sie packte mit einer harten Bewegung die Lehrerin an der Kehle und warf diese auf ihren Schreibtisch.

Gegenstände flogen vom Tisch und landeten am Boden. „Sarah!“ rief Giles erschrocken. Er riß an ihrem Arm, doch Sarah achtete nicht auf ihn. Mit einen tödlichen Blick und einer Entschlossenheit, wie man sie selbst bei Sarah selten sah, funkelte sie die Lehrerin voller Hass und Zorn an. „Wußten Sie es?“ fragte sie kalt. „Wußten Sie, daß all das passieren würde? Die Sache mit Angel?“ Die Schüler blickten schockiert auf das Geschehene. „Soll ich denn Direktor holen?“ fragte eine Schülerin. „Nein! Verlaßt die Klasse und schließt die Tür hinter euch. Das regle ich schon“, meinte Giles. Die Schüler taten was man ihnen befahl.

Die Tür fiel zu und sie waren allein. Sarah ließ Miss Calendar los; starrte sie aber noch immer voller Zorn an. „Haben Sie das getan? Haben Sie ihn verändert?“ Jenny rang nach Luft. Sie konnte nicht antworten. Denn sie wußte, nun war es an der Zeit die Wahrheit zu gestehen. Tut mir leid, Rupert, dachte sie, denn sie wußte, sie würde Giles nun schwer enttäuschen. „Sarah, beruhige dich doch“, ging Giles dazwischen. Sie blickte ihn nicht an. Ihre Augen waren in tödlicher Manier auf Jenny gerichtet.

„Du kannst doch nicht herum rennen und alle Leute beschuldigen, daß sie ...“ „Ich wußte es nicht ... nicht genau“, murmelte Jenny. Giles starrte sie an. Was hatte sie da gesagt? Hatte sie gerade gestanden von Angels Verwandlung gewußt zu haben? Er war wie erstarrt; konnte sich gar nicht rühren. Sarah wartete jedoch darauf das die Lehrerin fortfahren würde. Jenny blickte Giles an. Sie schaffte es einfach nicht Sarah in die Augen zu blicken und die deutliche Anklage in ihren Augen zu lesen.

„Ich ... man erzählte mir nicht genau ... was ...“ Kurz sah sie Sarah an, doch dann wandte sie sofort wieder den Blick. Sie schaffte es einfach nicht die Jägerin anzusehen. Doch Sarah blieb hart. Sie wollte es wissen. Und sie wollte das Jenny ihr dabei ins Gesicht sah. Zögernd blickte Jenny Sarah an und fuhr fort: „Ich habe einen Auftrag. Mein Auftrag bestand darin dich zu beobachten. Deshalb bin ich hier. Mein Auftrag lautete dich von Angel fernzuhalten. Was mir ja nicht sonderlich gut gelungen ist.“ Traurig schüttelte Jenny den Kopf.

„Man hat mir nicht gesagt was genau passieren würde, wenn ... doch ich kannte die Geschichte um den Fluch. Die Legenden ... Ich glaubte jedoch nie daran das es wirklich so war. Ich glaubte nicht daran das ihr beide so eng miteinander befreundet seit, daß ihr ...“ Nun mischte sich wieder Giles ein. „Jenny ...“, sprach er schwach. „Tut mir leid, Rupert.“ Sie holte tief Luft damit sie den Mut fand weiterzuerzählen.

„Ich gehöre den Zigeunerstamm an den Angel am meisten Schaden zugefügt hat. Der Stamm, der ihn mit dem Fluch belegt hat. Er sollte für alles bezahlen was er uns - meinen Volk - angetan hat.“ „Und was ist mit mir?“ rief Sarah aufgebracht. „Wofür sollte ich bezahlen?“ „Ich wußte nicht was geschehen würde - bis es zu spät war. Ich schwöre, ich hätte dir alles gesagt, wenn ich gewußt hätte, daß es so dermaßen ernst zwischen Angel und dir ist“, verteidigte Jenny sich. Stille - niemand sagte mehr ein Wort.

„Also war es meine Schuld“, meinte Sarah schließlich. „Ich hab es getan. Ich war der Auslöser.“ „Ja“, sprach Jenny traurig. „Ich meine, wenn du ... wenn ihr ...“ „Ich verstehe nicht ganz“, unterbrach Giles die Beiden. „Der Fluch“, klärte Jenny ihn auf. „Wenn Angel nur einen Moment vollkommenen Glücks erlebt, ist er dazu verdammt seine Seele wieder zu verlieren. Dann wird er wieder zu dem Monster, daß er einst war.“ Jenny blickte Sarah traurig an. „Doch warum sollst du dafür verantwortlich sein?“ fragte Giles Sarah. Sie blickte ihn an und offenbarte ihm somit die Wahrheit über die Geschehnisse in jener Nacht. „Oh.“ Giles hatte wohl mit allem gerechnet ... nur nicht mit dem. Es war ihm peinlich, daß sah man.

„Sarah, wenn ich dir irgendwie helfen kann ...“, begann Jenny vorsichtig. „Geben Sie Angel die Seele zurück. Erneuern Sie seinen Fluch“, schoß es sofort aus Sarah heraus. Jenny schüttelte den Kopf. „Das kann ich nicht. Mein Volk beherrscht diesen Zauber schon lange nicht mehr.“ Sarah konnte und wollte das nicht glauben. Sie wollte nicht so einfach aufgeben. Sie wollte um Angels Seele und um ihre Liebe kämpfen. Sie konnte ihn nicht einfach so aufgeben. „Sie haben es schon mal gemacht. Er kann noch gerettet werden.“ „Ich kann das nicht. Ich beherrsche den Zauber nicht, Sarah. Tut mir schrecklich leid.“ Sarah blickte die Lehrerin herausfordernd an: „Dann führen Sie mich zu jemanden, der mir helfen kann.“

Im Zimmer von Enyos stieg der Rauch seiner Pfeife bis zu der Decke hoch. Die Tür wurde aufgestoßen. Enyos ahnte, daß es Janna mit der Jägerin war, die sicher Antworten haben wollte. „Ich wußte, sie würde dich mitbringen. Du bist hier weil du Antworten suchst?“ „Eigentlich nicht“, sprach eine eiskalte Stimme, die Enyos einen eisigen Schauer über den Rücken jagte. Der Zigeuner sprang auf und blickte entsetzt auf die Person in seinen Zimmer. Es war Angelus. „Doch ich danke für das Angebot“, meinte Angelus höhnisch ...

Der Lieferwagen von Oz war in der Werkstatt gewesen, deshalb hatten Sarahs Freunde bis zum Abend warten müssen. Nun war er fertig und sie waren bereit den Plan von Xander durchzuführen. Es war eine finstere, aber mondklare Nacht. Genau richtig für ihren Plan. Der Lieferwagen hielt vor einem Waffenarsenal der US-Armee. „Wartet bis ihr unser Zeichen bekommt“, meinte Xander und stieg mit Cordelia aus. „Ihr wißt schon ... achtet auf das Fenster das da oben ist. Wenn es offen ist, müßt ihr uns helfen die Last da raus zu holen.“ „Wir haben verstanden“, sprach Willow. „Seit bloß vorsichtig“, fügte sie noch hinzu. Xander und Cordelia gingen los.

Cordelia hatte sich umgezogen. Sie trug ein kurzes dunkelblaues Kleid. Dazu hochhackige Schuhe und goldene, große Ohrringe. Xander half ihr durch das Loch im Drahtzaun zu schlüpfen das er hinein geschnitten hatte. „Die Wachen sind wirklich Schlaftabletten. Ich hätte wirklich Lust das zu melden.“ „Wer sollte ich sein?“ fragte Cordelia. Ihr war das ganze Unterfangen nicht ganz recht. Sie war nervös und unsicher. „Das Mädchen. Du bist einfach das Mädchen“, erwiderte Xander geduldig. „Halt einfach die Klappe, okay? Dann kann gar nichts schiefgehen“, sprach Xander.

„Stehenbleiben!“ donnerte eine Stimme auf einmal. Xander und Cordelia blieben stehen und hoben vorsichtig die Hände. „Ausweisen“, befahl der Soldat, der vor ihnen stand. „Ich bin Gefreiter Harris vom Dreiunddreißigsten.“ „Das Dreiunddreißigste ist auf Manöver“, antwortete der Soldat selbstsicher. „Ich hab Urlaub“, erklärte Xander ihm und drehte sich kurz zu Cordelia um.

Die Wache war ein typischer Soldat. Gekleidet in Tarnklamotten und schweren Stiefeln. Die Waffen war steil nach oben gerichtet. „Verbringst du deinen Urlaub immer am Waffenarsenal? Wer ist deine Begleitung?“ wollte der Soldat wissen. Cordelia hob nur die Hand zum Gruß. Sie blickte Xander an. Er hatte es gewußt. Wenn es darauf ankam, konnte er immer auf sie zählen. Er sprach sich im Stillen Mut zu und näherte sich den Soldaten.

„Ich möchte ihr einfach einmal das Waffenlager zeigen. Wenn du verstehst, was ich meine ...“, meinte Xander. „Ihr das Waffenlager zeigen?“ wiederholte der Soldat verblüfft. „Drück doch mal ein Auge zu“, schlug Xander vor. „Und warum sollte ich das tun?“ gab der Soldat zurück. Xander richtete sich zu seiner vollen Länge auf und sprach entschlossen: „Wenn du es nicht tust, geh ich zu Colonel Newman und melde dich. Ich sag ihm, daß du deine Schuhe nicht richtig zugebunden hast, daß du deinen Wachposten verlassen hast und du deinen Waffe wie’n Feigling hältst“, donnerte Xander auf einmal los.

Xander sprach wie ein richtiger Soldat und während er dies tat, drückte er den Soldat die Waffe richtig in die Hand. Seine Drohung wirkte. „Du hast zwanzig Minuten, Kumpel“, meinte der Soldat und verschwand wieder zu seinen Wachposten. „Danke“, rief Xander ihm nach. Er drehte sich um und ging zu der Tür des Sicherheitsbereiches, wo die Waffen aufbewahrt wurden.

Hinter ihnen fiel die Tür zu. Sie fanden sich in einen beleuchteten Raum mit Gängen wieder. Waffen aller möglichen Größen und Typen waren hier gelagert. „Und was jetzt? Warum dieses Spielchen?“ meinte Cordelia als Xander die Tür verschloß, damit niemand sie überraschen konnte. „Erinnerst du dich an Halloween? Ich war als Soldat verkleidet.“ „Ja, ich erinnere mich“, erwiderte Cordelia.

„Ich kann mich noch an alles erinnern als ich zum echten Soldaten wurde. Ich kenne alle Zugangscodes, ich kenne die Manöver und könnte ein M-16 Gewehr unter einer Minute zusammenbauen.“ „Ich bin tatsächlich beeindruckt“, meinte Cordelia lächelnd. „Doch laß uns bitte dieses Ding finden und wieder verschwinden“, bat sie. Xander blickte sich in den Gängen um. „Ich hab sie“, rief er plötzlich. Das Fenster wurde geöffnet. Sie hatten gefunden was sie brauchten um den Richter auszuschalten.

Sarah und Giles folgten Jenny Calendar in das kleine Zimmer ihres Onkels Enyos. Jenny war die Erste, die die Leiche sah. „Oh Gott“, stöhnte sie entsetzt. Sarah starrte auf den toten Körper. Giles schluckte schwer. Sein Blick blieb an der Wand hängen. „Sarah“, flüsterte er. Die Jägerin und Jenny blickten zu der Wand.

An der Wand stand ein Satz - mit Blut geschrieben: „Hat es dir auch so sehr gefallen?“ Sarah schluckte und wich unwillkürlich einen Schritt zurück. Angel quälte sie weiter. „Er tut dies mit Absicht“, sprach Giles weil er sie trösten wollte. „Er will dir das Leben so schwer wie möglich machen.“ Sarah starrte auf die geschriebenen Worte. „Damit macht er es mir leichter. Ich weiß, was ich tun muß.“ Giles blickte sie an. „Und was ist das?“ Sarah erwiderte seinen Blick. „Angel töten.“

~ 10. ~

Der Richter war bereit. „Wir können gehen“, meinte er. „Ich bin soweit.“ „Wurde ja langsam Zeit“, meinte Spike sauer. Drusilla gab ihm einen zärtlichen Abschiedskuß. „Schade, daß du nicht mitkommen kannst“, schmeichelte Angelus seinen Kumpel. „Wir werden dich nicht vergessen.“ „Irgendwann komme ich aus dem Rollstuhl raus“, drohte Spike ihm. Doch seine Drohung schlug bei Angelus fehl. Angelus nahm Drusilla am Arm und zog sie von Spike weg.

„Was ist wenn deine Kleine auftaucht?“ meinte Spike um Angelus zu reizen. Doch dieser lachte nur. „Dann geb’ ich ihr einfach einen Kuss“, sprach er belustigt. Er ging an dem Richter vorbei und musterte ihn von oben bis unten. Er schien zufrieden zu sein. „Siehst echt toll aus“, meinte Angelus heiter und ging voraus. „Toll?“ murmelte der Richter sichtlich verwirrt.

Sarahs Freunde legten eine große Kiste auf den Schreibtisch von Giles nieder. Giles und Cordelia waren gerade dabei Waffen in Turnbeuteln einzupacken. Willow half ihnen dabei. Sie suchte die Pfeile für die Armbrust zusammen. „Alles Gute zum Geburtstag, Sarah. Das ist mein Geschenk“, meinte Xander und öffnete die Kiste geschickt mit einem Brecheisen, daß Giles ihm reichte. „Zuerst gehen wir zur Fabrik, wo sie sich verstecken. Aber da sind sie womöglich nicht. Wir müssen herausfinden wohin sie wollen. Wir müssen Schadensbegrenzung betreiben. Wir müssen sie aufhalten“, sprach Sarah entschlossen.

Sarah war kampfbereit und legte den Plan fest. Sie bestimmte, wie die Gruppe vorgehen würde. Sie hoffte, bereit genug zu sein um gegen Angel zu kämpfen. Sie hatte keine Ahnung, was wirklich geschehen würde wenn sie ihm gegenüberstand. Konnte sie ihn wirklich töten? War sie schon dazu bereit? Sie hoffte, jedenfalls schon so weit zu sein.

Doch Sarah wußte selbst das sie mit allem rechnen mußte. Vielleicht schaffte sie es nicht. Vielleicht brachte sie es nicht übers Herz ihn zu töten. Was dann? Das würde sie erfahren wenn es soweit war; wenn es wirklich dazu kam. Doch sie mußte sich in allererster Linie auf den Richter konzentrieren. In diesem Moment sprang der Deckel hoch und Xander trat zur Seite damit Sarah den Inhalt unter die Lupe nehmen konnte.

Jenny Calendar erschien. „Kann ich etwas tun?“ fragte sie zögernd. Sarah würdigte sie keines Blickes. „Verschwinden Sie! Das ist nicht mehr Ihr Kampf. Das war nie Ihr Kampf.“ Giles blickte Jenny an. Das schlechte Gewissen stand ihr ins Gesicht geschrieben. Er wandte den Blick. „Ich wollte euch nur helfen“, flüsterte Jenny. „Wir brauchen Ihre Hilfe nicht“, erklärte Sarah ihr.

Giles’ Stimme klang monoton als er forderte: „Verschwinden Sie.“ Sarah blickte ihn an. Sie war ihn dankbar dafür, doch sie wußte, es fiel ihm nicht leicht. Jenny verschwand. Sarah wandte sich an Xander. „Zeig mir wie das Ding funktioniert“, bat sie ihn. „Mit Vergnügen“, meinte Xander und er brachte ihr die Einzelheiten in einen Schnellkurs bei. Sarah stand völlig emotionslos da und hörte ihm zu. Sie mußte sich für den Kampf wappnen, doch sie wußte nicht, ob sie Angel wirklich töten konnte. Ihr Herz gehörte ihm noch immer.

In einer Einheit marschierten sie zur Fabrik. Das Versteck der Vampire war jedoch verlassen. „Ich hab’s geahnt“, sprach Sarah resigniert. Sie blickte sich im Raum um. „Wir haben keine Ahnung wo sie hingegangen sind.“ Spike hörte ihnen zu. Er hatte sich versteckt und niemand konnte ihn sehen. Er würde sich nicht rühren. Niemals würde er sich verraten. Die Jägerin würde ihn grün und blau schlagen. Er hatte schon genug Schläge von ihr bekommen. Für den Moment reichte ihm das.

„Sie müssen wo sein wo viele Menschen sind. Der Richter braucht Menschenleben. Also, wo könnten sie sein?“ überlegte Sarah. „Das Bronze?“ fragte Willow. „Hat heute zu“, antwortete Xander. „So groß ist Sunnydale auch wieder nicht. Also, wo gibt es heute viele Menschen, wenn das Bronze zu hat?“ „Ich wüßte, wo sie sein könnten“, meldete sich Oz. „Das Einkaufszentrum. Das ist ein Menschenauflauf“, erklärte er.

Und so war es auch - Sunnydales Einkaufszentrum. Angelus und seine Leute stellten sich am Eingang auf und blickten auf die Menschenmenge, die sich im Einkaufszentrum tummelten. Viele Menschen, die bald nicht mehr leben werden, dachte er vergnügt. Menschen, dessen Energie bald im Richter sein werden. Genau das Richtige für den Blauen, überlegte Angelus.

Und da kam auch schon das erste Opfer. Ein gestreßter Geschäftsmann kam die Treppen hoch. Der Richter streckte seine Hand aus und Flammen schossen durch den Körper des Mannes. Der Mann ging in Flammen auf und verkohlte innerhalb von Sekunden - so wie Dalton. Angelus drehte sich zu seinen Leuten um. „Alle Ausgänge versperren. Niemand darf entkommen.“ Dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf den Richter. „Nimm sie dir alle“, befahl Angelus. Und genau das tat der Richter auch.

Sarah ging voraus. Giles trug die Kiste auf seiner Schulter und folgte ihr. Und dann kam der Rest der Gruppe. „Also, der Blaue gehört mir. Ihr kümmert euch um die Vampire und schaut, daß so wenig Menschen wie möglich verletzt werden. Haltet euch von Angel fern. Nur die Vampire vernichten, die ihr euch zutrauen könnt. Ist einer zu stark für euch laßt ihn laufen. Ich hab keine Lust noch mehr Menschen zu verlieren die ich liebe. Kapiert?“ „Ja, verstanden.“ Alle nickten zustimmend. „Gut, dann auf in den Kampf“, meinte Sarah und holte noch einmal tief Luft.

Links und rechts vom Richter standen Angelus und Drusilla. Sie sahen ihm fasziniert zu als er seine Arme ausbreitete und einen mächtigen Energiestoß durch den nächsten Menschen schickte. Wie ein Netz schlängelte sich der Energieblitz von Mensch zu Mensch. Der Richter genoß die Macht, die er in sich spürte. „Wunderbar“, schnurrte Drusilla zufrieden.

Im nächsten Moment schoß ein Pfeil durch die Luft und bohrte sich in die Brust des Richters. Er wurde überrascht und stolperte. Dabei verlor er den Draht zu seiner Energie. Die Menschen, die im Netz seiner Energie gefangen gewesen waren, stolperten ebenfalls und fielen zu Boden. Sie schnappten alle nach Luft. Doch sie waren noch am Leben. Wütend riß der Richter den Pfeil aus seiner Brust und blickte auf. „Wer, zum Teufel, wagt diese Unverschämtheit?“ Angelus folgte dem Blick des Richters und erkannte den Grund der Störung.

Da stand die Jägerin auf einen Automaten und hielt eine Armbrust in der Hand. „Ich glaub, jetzt hat er es kapiert“, meinte sie bissig. „Du bist dumm“, rief der Richter siegessicher. „Keine geschmiedete Waffe dieser Welt kann mich vernichten. Nichts kann mir etwas ausmachen.“ „Weißt du“, sprach Sarah und sie reichte die Armbrust an ihre Freunde weiter. „Das war einmal. Die Zeiten ändern sich nämlich.“ Xander und Giles reichten ihr den Raketenwerfer. Sarah wuchtete die Waffe auf ihre Schulter und nahm den Richter ins Visier. Sie zielte auf ihn und lud das Gerät auf. Es gab ein zischendes Geräusch von sich. Die Menschen flüchteten. Auch Sarahs Freunde gingen in Deckung. Dann legte Sarah den roten Hebel um.

Angelus und Dru wechselten einen Blick miteinander. Sie kannten die Waffe und flüchteten die Treppe hinunter. Erstaunt blickte der Richter der Waffe entgegen und fragte: „Was zum Teufel ist das?“ Die Ladung der Waffe fuhr laut aus dem Raketenwerfer und kam auf den Richter zu. Sie schlug ein und der Richter wurde in tausend Stücke zerfetzt. Angelus und Drusilla landeten auf dem Boden. Um sie herum wurden die Teile des Richters auf den Boden geschleudert.

Drusilla kam auf die Beine, wimmerte und lief davon. Angelus kam ebenfalls auf die Füße und blickte Sarah einen Moment an. Er nickte leicht. Er schien tatsächlich beeindruckt zu sein, daß sie auf diese Idee gekommen war. Doch dann drehte er sich um und rannte im entstehenden Durcheinander nach der Explosion davon.

Der Rauch verzog sich langsam. Sarah gab die Waffe an Giles und Xander zurück und sprang vom Automaten. „Ist er tot?“ fragte Willow nun. „Davon dürfen wir nicht ausgehen. Sammelt die Stücke ein. Aber haltet sie voneinander getrennt“, meinte Sarah. Sarah rannte hinter Angelus her. Sie erwartete, daß man ihren Befehl folgen würde. Das taten auch alle. Auch wenn Cordelia sich beschwerte, tat sie es trotzdem. Denn Sarah hatte noch einen Job zu erledigen. Ihr Kampf hatte kaum erst angefangen. Sie mußte den schwersten Kampf ihres Leben hinter sich bringen.

Angelus rannte. Im Augenwinkel erkannte er Sarah, die ihm folgte. Brutal stieß er Leute zur Seite, die ihm im Weg standen. Er wollte endlich aus dem verdammten Einkaufszentrum rauskommen. Durch den Qualm hatten sich die Wassersprüher eingestellt und nun rannte Angelus im fast schon kniehohen Wasser aus dem Zentrum. Er bog ab und lief durch eine Tür. Sarah folgte ihm und fand sich in einer Sackgasse wieder. Angelus nutzte dies aus und griff sie brutal an. Sarah ging zu Boden. Wird anscheinend doch leichter als ich gedacht habe, schoß es dem Vampir durch den Kopf.

„Weißt du, was das Schlimmste für mich war?“ fragte er die Jägerin mit kalter Stimme. „Ich mußte so tun als liebte ich dich. Wenn ich auch nur geahnt hätte wie schnell du nachgibst, hätte ich mir niemals so ne Mühe gemacht.“ Sarah stand auf und trat ihm gegenüber. Sie sah ihn traurig an. Er spürte ihr ohnmächtige Wut, ihre Trauer, ihren Schmerz. Ich kenne dich besser als du denkst, Jägerin, dachte er erfreut. „Du bist nicht Angel“, sprach sie.

„Glaub das nur ruhig weiter, Kleine“, meinte Angelus rauh und er grinste breit. Er ergötzte sich an ihrem Schmerz. Dem Schmerz, den sie nicht vor ihm verstecken konnte. Sie litt tausend Qualen. Sie litt noch mehr darunter weil er es war, der sie verletzte; der ihr weh tat. Er konnte in ihren Augen lesen, daß sie kaum verkraften konnte ihn verloren zu haben.

„Das Einzige, daß zählt ist ... du hast mich zu dem Wesen gemacht, daß ich jetzt bin.“ Das saß. Sarah ging zum Angriff über. Sie trat ihn und schlug mit den Fäusten auf ihn ein. Nun legte Angelus eine härtere Vorgehensweise ein und schlug ihr hart in den Magen. Er packte sie an den Haaren und schleuderte sie herum. Wieder ging die Jägerin zu Boden.

Er war stärker. Seine Schläge trafen jedesmal. Sarah kam wieder auf die Füße, doch Angelus nutzte dies zu seinen Vorteil aus und warf sie wieder zu Boden. Sie erhob sich wieder und schlug ihrerseits zu. Doch gekonnt wehrte Angelus ihren Schlag ab und schlug nun auf sie ein. Wieder landete sie auf den nassen Boden.

„Gibst du etwa schon auf?“ höhnte er. Er sah ihre Angst. Sie hatte eindeutig Angst. Doch die Angst, ihn zu töten, war größer als die, durch seine Hand zu sterben. Er setzte noch einen drauf. „Sarah, nun komm schon“, spottete er. „Ich weiß doch, daß du es genauso willst wie ich.“ In Sekundenschnelle konnte Angelus beobachten wie ihre Angst dem Zorn wich.

Sie sprang auf und stürzte sich mit einen Hagel Schlägen auf ihn. Die Schläge prasselten nur so auf ihn nieder. Er war vollkommen überrascht von ihren Angriff. Sie trat auf ihn ein. Sie schlug ihn und gönnte ihm keine Pause. Sarah packte ihm an Kopf und schleuderte ihn durch eine Vitrine. Sie ließ Angelus nicht los, sondern holte ihn daraus sofort wieder hervor und attackierte ihn erneut. Ein harter Tritt schickte den Vampir zu Boden.

Angelus sprang auf. Da zückte Sarah einen Pflock. Sie standen sich mit eisigen Mienen gegenüber. Sarah sagte kein Wort sondern blickte ihn nur an. Er erkannte, daß sie schwankte. Ihr Gesicht war die reinste Studie des Leids. Er konnte alles in ihrem Gesicht lesen was er wissen mußte. Ich kann es einfach nicht, dachte Sarah verzweifelt. Ich kann ihn nicht vernichten. Ich liebe ihn. Wie soll ich ihn da töten? Er ist mein Angel. Ich kann es einfach nicht tun, dachte sie verzweifelt. Langsam ließ Sarah den Arm sinken.

Der Vampir grinste kalt. „Du kannst es nicht“, stellte er fest. „Du kannst mich einfach nicht töten. Du kannst es nicht, meine süße Sarah.“ Sarah wurde wütend als er diese Worte aussprach. Meine süße Sarah ... es war der blanke Hohn. Seine ganze Wortwahl war Spott in ihren Ohren. Es machte sie wütend das er all ihre Gefühle in ihrem Gesicht sah; das er sie so durchschauen konnte.

Ehe Angelus wußte was sie vorhatte, krümmte er sich auch schon zusammen. Sarah hatte ihn zwischen die Beine getreten - mit all der Kraft, die sie aufbringen konnte. Er sackte zusammen und fiel auf die Knie. Sarah drehte sich um und ging davon während das Wasser weiter auf sie herab prasselte. „Gib mir einfach Zeit“, sprach sie leise.

Später saß sie neben Giles in dessen Wagen und ließ sich von ihm nach Hause bringen. Die ganze Zeit hatte niemand ein Wort gesagt. Giles machte Sarah keinen Vorwurf weil sie Angel nicht vernichtet hatte. Er hatte gespürt, daß sie noch nicht soweit war wie sie geglaubt hatte. Ihr Herz gehörte noch Angel. Sie hing noch an ihm. Sie hatte ihn so sehr und tief geliebt und nun quälte Angel sie. Das tat ihr weh. Das wußte er. Angel hatte ihr das Herz gebrochen. Er hatte ihr einen Teil ihres Lebens genommen.

Vom Verstand her wußte Sarah, daß sie Angel verloren hatte. Doch ihr Herz wollte den Vampir nicht loslassen und solange das nicht der Fall war, würde sie ihn nicht töten können. Sie mußte es erst verstehen, dann war sie hoffentlich dazu bereit, Angel noch einmal gegenüberzutreten und ihn zu vernichten. Giles wußte, daß schwere Monate auf sie zukommen würden. Der Kampf gegen Angel würde der Schwerste im Leben von Sarah werden.

Giles hielt vor dem Haus der Summers. Doch sie blieben noch im Wagen sitzen. Sarah blickte starr aus dem Fenster. Sie schämte sich; konnte ihren Wächter einfach nicht ansehen. Sie wußte, daß er sie ansah als er den Motor abstellte. Seine Stimme klang freundlich und tröstend: „Du weißt, es ist noch nicht vorbei.“ Die Jägerin nickte nur leicht. „Er wird dich jagen. Er wird nur hinter dir her sein. Es ist anzunehmen, daß er die Dinge am meisten verabscheut, die ihm das Gefühl gaben ein Mensch zu sein.“ Sarah suchte nach Worten. „Sie müssen enttäuscht sein.“ Endlich konnte sie ihn anblicken. „Das bin ich nicht, Sarah“, erwiderte Giles ehrlich.

„Alles ist meine Schuld“, sprach sie leise. Wieder stand sie kurz vor einem Tränenausbruch. Jedesmal wenn sie an Angel dachte, war sie kurz davor zu weinen. Ach Giles, ich bin so fertig, dachte sie. Ich hab mir gewünscht zu sterben als Angel so grausam zu mir war. Es tut so weh. Ich kann einfach nicht fassen, daß das mein Angel ist. Der Angel, denn ich liebe; dem ich alles von mir gegeben habe, dachte sie verzweifelt. Doch nichts davon kam über ihre Lippen.

Giles drehte sich zu ihr und blickte sie an. „Alles ist nicht deine Schuld. Warum soll ich böse auf dich sein? Du warst unbesonnen, ja. Aber deshalb werde ich dich nicht zurechtweisen.“ Wieder blickte Sarah zu Boden. Sie ahnte, was Giles in den nächsten Minuten sagen würde. Und sie wußte, es würde ihr weh tun. „Ich weiß aber, daß er dich wirklich geliebt hat. Er hat es mehr als einmal bewiesen. Er hat dich so sehr geliebt, daß er sein Leben für dich geopfert hätte. Ich weiß, er hat dich wirklich geliebt“, sprach Giles ruhig.

Sarah richtete ihre Augen wieder auf ihren Wächter. Er konnte ihre Verzweiflung und ihre Traurigkeit erkennen. Er las den Schmerz in ihren Gesicht, Angel verloren zu haben und an seiner Verwandlung Schuld zu sein. Sie wollte Vergebung. Worte, die sie trösten konnte. Irgend etwas, was ihr half, das alles zu verstehen. Sie wollte, daß man ihr den Schmerz nahm. Doch Giles konnte das nicht. Er konnte ihr beruhigend zureden. Doch mehr konnte er nicht tun - außer ihr vergeben. „Du konntest nicht wissen was geschehen würde.“ Nichts auf dieser Welt konnte ihr den Schmerz nehmen. Das wußte Giles.

Nichts was er oder ein anderer sagte konnte Sarah trösten. Es war vergebens. Nichts konnte ihr den Schmerz nehmen; den Schmerz über Angels Verlust. „Sarah, die nächsten Monate werden sehr hart werden - für jeden einzelnen von uns. Doch wenn du auf der Suche nach Schuld bist, dann muß ich dich enttäuschen. Da kannst du nicht zu mir kommen. Ich werde dir deine Schuld nicht bestätigen. Das werde ich auf keinen Fall tun - auch wenn du es dir noch so sehr wünscht. Aber ich kann dir meine Unterstützung und mein Vertrauen anbieten.“ Das Schweigen setzte wieder ein. Und Sarahs Tränen folgten dem Fluß des Regens ...

To Be Continued ...


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