Title: Die Jägerin und ihr Vampir, Teil 3 – Abschied von Angel
Author: Tegan

Fandom: Buffy – The Vampire Slayer
Rating: R
Category: Schmerz, Fights, Drama
Characters, Pairing: Der Buffy-Cast, Angel / Sarah

Summary: Nach ihrer verhängnisvollen Nacht mit Angel ist nichts mehr wie früher. Eine schwere Zeit steht Sarah bevor, in dem auch noch das Geheimnis um Jenny Calendar gelüftet wird. Doch viel Zeit haben die Freunde nicht sich von dem Schrecken zu erholen. Denn etwas geschieht, was Sarah zwingt, zu handeln ...

Disclaimer: Die Charaktere von Buffy gehören nicht mir, sondern Joss Whedon und anderen. Diese Story ist FanFiction mit der weder Geld verdient, noch Rechte verletzt werden sollen. Ich schreibe sie nur zu meinen Vergnügen.

Note: Manchmal muß man von liebgewonnen Menschen (oder Serien-Charakteren) Abschied nehmen. Aber keine Sorge, es ist kein Abschied für immer. Die Story geht natürlich weiter. Lest einfach die Fortsetzung um zu erfahren wie es um die Jägerin, ihre Gang und ihre unglückliche Liebe weiter geht.


Die Jägerin und ihr Vampir, Teil 3 - Abschied von Angel
written by Tegan
© 2001

In jeder Generation gibt es nur eine Jägerin. Sie muß sich gegen Vampire und die Dämonen der Finsternis stellen. Sie allein ist auserwählt. Sie muß bereit sein, ihr Leben für die Menschheit zu opfern. Stirbt sie, tritt die nächste Jägerin an ihre Stelle ...

~ 1. ~

Sie konnte nicht schlafen. Sie träumte schlecht. In ihrem Traum sah Sarah Angel. Wie er sie in den Armen hielt und ihr sagte, daß er sie liebte. Wie oft hatte er es ihr schon gesagt? - Unzählige Male. Früher hatte sie bei einem solchen Traum unbewußt gelächelt. Nun war selbst dieser Traum eine Qual für sie. Eine Qual, weil er nicht mehr da war - weil er nicht mehr der war, den sie liebte. Nun war er ein Monster, daß sie jagte und verfolgte.

In ihrem Traum gefangen bemerkte Sarah nicht die Gestalt vor ihrem Fenster. Angelus blickte hindurch und sah die Jägerin. Wie er - ein gefährliches, schönes Geschöpf - voller Stolz und Selbstbewußtsein. Doch diesen Stolz hatte er ihr genommen; genau wie das Selbstbewußtsein. Sie hatte ihn am Leben gelassen, obwohl sie die Gelegenheit dazu gehabt hatte ihn zu töten. Sie hatte es nicht tun können. Etwas in ihr hatte sich gewehrt ihn zu töten. Angelus wußte was es war. Es war ihre Liebe zu ihm. Sie sah in ihm noch immer den Vampir, den sie liebte. Und nicht das Wesen der Nacht, daß böse Wesen, daß er nun wieder war.

Angelus öffnete das Fenster und kletterte hindurch. Lautlos näherte er sich dem Bett der Jägerin. Er setzte sich auf die Bettkante und studierte Sarah. Er roch ihren unverwechselbaren Duft. Die Erinnerung an ihre gemeinsame Nacht war noch in ihm. Die Erinnerung daran, wie sie ihn geliebt hatte ... wie sie ihm alles von sich offenbart hatte ... sie war noch da. Sie war noch frisch. Er wußte, er war von ihr besessen.

Sie sprach in ihrem Schlaf. Mit leiser Stimme sprach sie seinen Namen. „Angel!“ Es klang verzweifelt. Seine Verwandlung ... der Schmerz, den er in ihr ausgelöst hatte ... es verfolgte sie bis in ihre Träume. In ihrem Traum sah Sarah ihn vor sich. Mit zärtlichen Blick gestand er ihr seine Liebe. „Ich liebe dich“, erwiderte Sarah leise. Angelus lachte leise. Noch immer, dachte er schadenfroh. Wie lange wird es noch dauern bis du verstehst das dein Freund tot ist? Das er für immer fort ist und es auch bleibt? sprach Angelus im Stillen zu Sarah.

Sarah wand sich hin und her. Sie schlief unruhig. Angelus erkannte ihre Verzweiflung; ihren Schmerz und ihr Leid. Selbst im Schlaf weinte sie. Sie trauerte um ihn und um ihre verlorene Liebe. Das sie selbst im Schlaf litt, gefiel ihm sehr. Das Haar fiel ihr ins Gesicht. Automatisch streckte Angelus die Hand aus und strich ihr die Strähnen zur Seite.

Seine Finger glitten über ihre Wangen, zum Kinn und strichen zum Schluß über die Lippen. Angelus erinnerte sich an jede Einzelheit ihrer Nacht. Ihre Leidenschaft, ihre Küsse und ihre Berührungen ... Er seufzte leise. Egal ob Hass oder Liebe ... sie schienen noch immer miteinander verbunden zu sein. Angelus beugte den Kopf und fing an, an seiner Überraschung für Sarah zu arbeiten.

Die Vögel zwitscherten ein zartes Lied. Die Sonne erwärmte den Morgen. Sarah stöhnte und grub ihr Gesicht ins Kissen. Der Morgen war schon wieder viel zu früh erwacht. Das Hinauszögern half jedoch auch nichts. Sie mußte aufstehen. Da ging ihr Wecker los. Sarah haute mit der Hand zielsicher auf den Wecker und er verstummte. Ihre Hand ertastete ein Stück Papier. Verwundert öffnete Sarah die Augen und setzte sich auf. Auf ihrem Kopfkissen lag ein brauner Umschlag.

Ihre Instinkte als Jägerin ahnten etwas. Aber sie wollte es nicht glauben. Mit zitternder Hand öffnete sie den Umschlag und zog ein braunes Blatt Papier heraus. Ihre Hände zitterten immer mehr als sie das Papier auseinander faltete. Sarah erschrak. Das Bild zeigte sie. Sie war mit Kohle gemalt worden - im Schlaf.

Sarah schnappte nach Luft. Man hatte es auf ihren Kissen zurück gelassen. Man hatte gewollt, daß sie es fand. Und Sarah wußte, wer es da zurück gelassen hatte; wer in dieser Nacht in ihrem Zimmer gewesen war und sie beobachtete hatte. Und ein heftiger Schmerz durchzog ihr Herz als sie an den Mann dachte, der ihr diese Botschaft hinterlassen hatte.

Die Türen zur Bibliothek schwangen auf. Giles blickte auf. Sarah kam mit festen, energischen Schritten auf ihn zu. Ihre Freunde saßen am großen Tisch und blickten die Jägerin verwundert an. Sarah trat zu Giles und warf die Zeichnung auf den Tisch. „Er hat mich heute Nacht besucht“, sprach sie sofort. Giles blickte sie verdutzt an. „Wer?“ fragte er. „Na, Angel! Wer denn sonst?“ gab sie bissig zurück. Doch unter ihrem scharfen Ton hörte man ihre Verletzlichkeit heraus.

Es tat ihr noch weh. Es tat ihr furchtbar weh, wenn sie an Angel dachte. Ihre Freunde wußten das. Ihre Freunde hörten den Schmerz in ihrer Stimme heraus. Vor ihren Freunden weinte Sarah nicht mehr um Angel. Sie weinte nur noch wenn sie alleine war. Sie gab sich stark. Sie zeigte ihren Freunden ihren Schmerz nicht mehr. Sarah war oft den Tränen nahe, doch sie verbot es sich vor ihren Freunden zu weinen. Denn sie wußte, ihre Freunde würden versuchen sie zu trösten. Und das wollte sie nicht. Sie wollte keinen Trost und kein Mitleid. Sie konnte dieses Getue nicht mehr ertragen. Sie war schuld an Angels Verwandlung. Und damit mußte sie ganz alleine klar kommen. Sie mußte es wenigstens probieren.

„Bist du sicher das er es war?“ fragte Giles. „Natürlich“, meinte Sarah im ruhigeren Tonfall. „Ich fand diese Zeichnung direkt neben mir auf den Kopfkissen. Er hat es da gelassen. Er wollte, daß ich es finde. Ist er nicht nett?“ meinte Sarah sarkastisch. „Er hat ein Bild von mir gemalt, damit er mir zeigen kann das er noch an mich denkt. Mein lieber Ex-Freund, der jetzt als Engel der Nacht in meinen Zimmer herumschleicht, wenn ich schlafe.“ Ihre Worte waren zynisch, aber ihr Blick war voller Schmerz und Leid.

Giles bemerkte ihren Schmerz. Er wußte, sie war nicht so cool wie sie sich gab. Doch er erwiderte auf ihre Worte nichts. Was hätte er schon sagen sollen? Giles wußte, sie versuchte auf ihre Art mit dem Verlust Angels fertig zu werden. Es schien ihr anders nicht zu gelingen - außer mit bissigen Witz. „Er sollte besser zu Hause bleiben, unser Beißzahn“, spottete Xander.

Sein Blick glitt zu Cordelia. Ihre Augen wurden größer und sie starrte Giles schockiert an. „Ich dachte immer, Vampire können ein Haus nur mit Einladung betreten“, warf Cordelia ein, die einen schrecklichen Verdacht hegte - in ihren Augen ein schrecklicher Verdacht. „Sind sie einmal eingeladen worden können sie jederzeit in dein Haus spazieren und du bist machtlos dagegen“, klärte Sarah Cordelia auf. „Oh Gott! Ich hab Angel einmal mit dem Auto mitgenommen“, rief Cordelia hektisch aus.

„Sarah, kann der Typ jetzt jederzeit in mein Auto einsteigen?“ fragte Cordelia verunsichert. Sarah nickte langsam. „Ja, daß kann er.“ „Oh mein Gott!“ Sarah wandte sich an ihren Wächter. „Giles, es muß doch irgendeinen Zauberspruch geben, der Angel davon abhält mein Haus zu betreten. Ich meine, es gibt doch für alles einen Zauberspruch. Warum auch nicht für das! Sie wissen schon, so ein Spruch in der Art ‘Alle Blutsauger müssen draußen bleiben’!“ sprach Sarah scharf auf ihren Wächter ein. „Ja, daß hätte ich auch gern für mein Auto“, meinte Cordelia schnell.

Gerade als Giles zu Erklärungen ansetzen wollte gingen die Schwingtüren auf und zwei Schüler traten ein. „Hi“, sprach der Junge von ihnen. „Entschuldigung, aber könnt ihr nicht anklopfen?“ rief Xander erregt. „Wir brauchen nur ein paar Bücher, die wir holen müssen. Bücher über den zweiten Weltkrieg“, entgegnete der Junge. „Glaubt ihr, ihr seit hier in einen der alltäglichen Bücherläden? Geht gefälligst woanders hin“, blaffte Xander die Beiden an. „Xander“, ging Giles mit strengen Blick dazwischen. „Wir befinden uns hier in der Schulbibliothek. Das ist noch immer die Bibliothek, verstanden?“ „Seit wann das denn?“ gab Xander zurück.

Giles wandte sich an die Schüler. „Drittes Regal, zweite Reihe“, sagte er. „Danke“, sprach das Mädchen und sie verschwand mit dem Jungen über die Treppe hinauf zu den Regalen. Giles blickte seine Jägerin an. Sie deutete ihren Freunden an mitzukommen und gemeinsam rauschten sie aus der Bibliothek. Da trat der Junge hinter einem der Regale hervor und fragte: „Wo sagten Sie, wären die ...“ Er blickte sich verwirrt um. Die Bibliothek war verlassen. Die Schüler und der Bibliothekar waren verschwunden. „Hallo?“ Doch er bekam keine Antwort. Sie waren einfach nicht mehr da.

Gemeinsam schritten sie über den Flur und blieben im Sonnenschein des Morgens stehen. Giles rekapitulierte noch einmal alles. „Angel hat sich also entschlossen dich noch mehr herauszufordern?“ „Von herausfordern kann gar keine Rede sein. Er provoziert mich; hinterläßt mir Zeichnungen von mir und Zettelchen, die ich in regelmäßigen Abständen in meinen Zimmer finde. Fehlt nur noch, daß er anfängt mir Gedichte zu schreiben“, witzelte Sarah zynisch.

„Aber warum tut er das?“ mischte sich Cordelia unverständlich ein. „Was verspricht er sich den von diesen Aktionen? Wieso fällt er nachts nicht einfach über dich her und fetzt dir die Kehle oder so auf?“ Sarah rollte mit den Augen. Sie wußte, Cordelia meinte es nicht böse. Es war eben einfach Cordelias Art so zu sein. Deshalb verzieh sie ihr auch so schnell.

„Typisches Kriegsverhalten“, murmelte Giles. „Wie bitte?“ meinte Sarah. Giles blickte Sarah an. „Kampfstrategie nennt man so etwas. Man schwächt den Gegner so sehr, daß man diesen von seinen eigentlichen Ziel abbringt. Angel verunsichert dich und irritiert dich durch seine kleinen Geschenke und Nachrichten, die er dir in deinem Zimmer hinterläßt. Er kennt dich. Er hat deinen Schmerz gesehen und weiß, du bist emotional ziemlich am Boden. Er nutzt deine Verletzlichkeit aus. Angel weiß, wie er dich noch mehr schwächen kann.“ „Über meine Gefühle“, stellte Sarah traurig fest. Giles nickte.

„Das ist dein Schwachpunkt. Und wie jeder gemeiner Gegner nutzt er diesen für sich aus. Er tut dir weh, wo er nur kann. Weil er genau weiß, wie sehr dir jede noch so kleine Attacke weh tut; wie sehr du dir das alles zu Herzen nimmst. Und genau das will er. Er verletzt mit Absicht deine Seele und deine Gefühle.“ „Das weiß ich“, sprach Sarah leise. Ihre Stimme klang traurig. Das weiß ich nur zu gut, dachte sie schmerzvoll. Niemand kennt meine Schwächen besser als Angel. Auf einmal kam ihr ein schrecklicher Gedanke; ein grausamer Gedanke.

Entsetzt starrte sie Giles an. „Giles, Angel hat mir viel über seine Vergangenheit erzählt. Er erzählte mir auch von Drusilla. Er erzählte mir, wie er von ihr besessen war und was er ihr alles angetan hatte, bevor er sie verwandelt hatte. Er erzählte mir, wie er sie und ihre Familie verfolgt und getötet hatte.“ „Deine Mom“, mischte sich Xander ein. Sarah nickte zustimmend. Angst kam in ihr hoch, wenn sie daran dachte, daß ihre Mutter Angel zum Opfer fallen konnte. Er konnte jederzeit ihr Haus betreten und ...

Sarah dachte den Gedanken nicht zu Ende. Sie wollte ihn nicht zu Ende denken. „Giles, was soll ich sagen? Die Wahrheit kann ich ihr unmöglich sagen“, sprach Sarah benommen. „Du hast recht. Die Wahrheit wäre nicht gut. Du kannst sie auf keinen Fall aufklären.“ „Aber etwas muß ich ihr sagen. Ich muß ihr irgendwie beibringen, daß sie Angel nicht ins Haus einladen darf wenn er bei uns auftaucht“, begehrte Sarah auf.

„Ich muß sie irgendwie warnen. Angel kann jederzeit bei uns eindringen und ich bin nicht rund um die Uhr zu Hause. Ich kann sie nicht ständig beobachten und beschützen.“ Sie klang verzweifelt; was Giles nur zu gut verstehen konnte. „Ich werde mich sofort um einen Zauberspruch kümmern, versprochen“, meinte er. „Was tue ich solange?“ erwiderte Sarah. „Ich weiß, daß du dir Sorgen machst, aber wir müssen alle einen kühlen Kopf bewahren. Ich werde mich beeilen, daß verspreche ich dir.“ „Dann beeilen Sie sich“, meinte Sarah bitter.

„Sie machen es sich so einfach. Ihnen stattet nachts kein Vampir einen Besuch ab.“ „Ich kann mir denken wie schwer das für dich ist, aber ...“ „Nein! Ich will es nicht hören. Ich kann dieses Mitleid nicht mehr ertragen“, rief Sarah. Giles starrte sie überrascht an. Sarah lenkte sofort ein. „Tut mir leid“, meinte sie zerknirscht. „Es ist okay. Aber Sarah, du mußt dich unter Kontrolle haben. Du darfst dich nicht hinreißen lassen. Du darfst nicht zulassen das Angel über dich siegt. Seine Spielchen dürfen dich nicht zu sehr schwächen, auch wenn es dir sehr weh tut. Er darf nicht der Herr über deine Gedanken, deine Seele und deinen Gefühlen werden“, sprach Giles eindringlich auf seine Jägerin ein.

„Sie meinen, ich soll ihn einfach ignorieren und vergessen, daß er da ist? Das ist doch das was Sie damit meinen, oder?“ Giles nickte. „Und Sie hoffen, daß ihm bald langweilig wird weil ich nicht auf seine Spielchen reagiere und er zieht sich von selbst zurück und läßt mich bis zum Finale in Ruhe?“ „So ungefähr“, meinte Giles. „Okay. Ich werde es versuchen. Aber ich weiß, daß es mir nicht gelingen wird“, sprach Sarah und im einvernehmlichen Schweigen gingen sie weiter.

Der Unterricht von Willow ging zu Ende. Jenny Calendar rief ihren Schüler noch zu einen Ausdruck ihrer Arbeit zu machen und alles auf Diskette zu speichern. Willow stopfte ihre Bücher in ihren Rucksack und wollte die Klasse verlassen. Da hielt die Lehrerin sie auf. „Willow, bleib doch bitte noch einen Moment. Ich muß mit dir sprechen“, bat die Lehrerin. Willow blieb stehen. Jenny wartete bis alle Schüler die Klasse verlassen hatten.

„Es kann sein, daß ich morgen später komme. Könntest du die Klasse solange übernehmen?“ Willow strahlte. „Ich? Ich darf die Klasse unterrichten?“ Jenny nickte. „Ja, du würdest mir damit echt einen Gefallen tun.“ „Oh ... ja! Natürlich. Das ... das wollte ich schon immer einmal. Eine Klasse unterrichten, meine ich.“ Jenny nickte verständnisvoll. „Aber ...“ Willow blickte Miss Calendar zweifelnd an. „Aber was ist, wenn sie nicht von mir unterrichtet werden wollen? Wenn sie meine Autorität nicht anerkennen?“ Jenny lächelte sanft.

„Ich werde versuchen pünktlich hier zu sein. Ich versuche nicht zu spät zu kommen, okay? Und keine Sorge ... sie werden dir schon gehorchen.“ Willow nickte zustimmend. „Okay. Ja, ich mache es. Das ist echt klasse.“ „Hi Willow“, ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihnen. Die Lehrerin und das Mädchen drehten sich um. Sarah stand im Türrahmen in Begleitung von Giles.

Jenny wurde unbehaglich. Die eisigen Augen der Jägerin trafen sie bis ins Herz. „Hallo Sarah“, grüßte sie leise. Sarah ignorierte den Gruß völlig. „Willow, kommst du?“ fragte Sarah. Sie nickte. „Tut mir leid, aber du weißt doch, sie ist unsere Lehrerin und ich muß mit ihr sprechen“, sprach Willow während sie mit Sarah den Raum verließ. „Sie hat schließlich Autorität und wir als Schüler müssen auf sie hören. Wenn wir das nicht mehr tun, würde doch das Chaos ausbrechen und ...“

Sie wußte, sie hatte keine andere Behandlung von der Jägerin verdient. Doch es traf Jenny, daß Sarah sie offenherzig haßte. Sie blickte auf und sah, daß Rupert noch immer an der Tür stand. Er studierte sie. Er sah, daß sie litt. Doch Jenny wußte, es war seine Pflicht zu der Jägerin zu stehen. Sie konnte ihm keinen Vorwurf machen. Sie konnte nur sich selbst einen Vorwurf machen.

Giles überlegte ob er gehen sollte. Er zögerte deutlich. Er sollte gehen. Immerhin hatte Jenny Sarah und ihn belogen. Sie hatte geahnt was mit Angel geschehen würde. Sie hätte Sarah warnen können; hatte es jedoch nicht getan. Sie war hergekommen um Angel und Sarah zu beobachten und hatte die ganze Zeit gelogen. Giles hatte ihr vertraut. Er hatte sie mehr an seinen Leben als Wächter teilhaben lassen als andere Menschen - außer Sarah natürlich. Aber sie war seine Jägerin. Sie wußte über sein Leben Bescheid. Es war fast gleich mit ihrem. Doch Jenny ... Giles entschloß sich zu bleiben. Er mußte einfach bleiben. Er mußte sie einfach sehen.

„Hallo Rupert“, sprach Jenny leise. Sie wünschte sich so sehr das wenigstens er ihr einmal verzeihen würde; das er ihr die Lügen eines Tages verzieh. War er deshalb noch nicht gegangen? Jenny blickte ihm in die Augen. „Wie geht es dir?“ fragte sie vorsichtig nach. Giles zuckte mit den Schultern. „Es geht. Angel hält uns alle auf Trab. Seit er wieder zu seinen bösen Ich geworden ist kann man ihn nicht mehr richtig einschätzen. Er ist unberechenbar und skrupellos geworden“, erklärte Giles ihr. Jenny freute sich darüber das Giles wieder mit ihr sprach. Sie hatte gedacht, er würde sie für immer meiden. Doch jetzt war er hier ... und er sprach mit ihr.

„Das ist echt schlimm.“ Ihr Mitgefühl war ehrlich, daß wußte auch Giles. „Ich brauche einen Bannspruch“, murmelte Giles. „Wieso?“ „Er hat Sarah nachts in ihrem Schlafzimmer besucht - als sie geschlafen hat. Ich brauche etwas, was die Einladung, die sie einst ausgesprochen hat, rückgängig macht.“ Jenny nickte. Ihr Blick glitt zu einem Buch, daß auf ihrem Schreibtisch lag. Sie nahm es und reichte es Rupert.

„Das könnte dir helfen“, sprach sie. „Seit Angels Verwandlung habe ich viel in solchen Büchern rum gelesen. Dies ist ein Buch über Bannsprüche. Vielleicht findest du was du brauchst.“ Giles nahm das Buch an sich. Er hatte es noch nicht. Dankend nickte er. Er wollte es nicht zugeben, doch er war gerührt. Sie versuchte noch immer ihnen zu helfen. Sarah zu helfen und das, obwohl Sarah nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte. Doch Jenny half trotzdem. Das zeigte Giles was für einen Mut sie besaß. „Danke“, sprach er trocken.

„Wie geht es ihr?“ fragte Jenny zögernd. Giles hob den Blick und sah Jenny an. Er wußte, von wem sie sprach. Sie sprach von Sarah. Er sah, daß sich Jenny Sorgen um Sarah machte. Sie hatte Sarah als die stärkste Jägerin von allen kennen gelernt. Doch die war sie nicht mehr. Sie war ein seelisches Wrack, daß hatte Jenny erkannt.

Tiefe Ringe zeichneten sich unter den Augen des Mädchen. Ihre Augen - die eigentlich immer vor Lebensfreude geglänzt hatten - hatten ihren ganzen Glanz verloren. Ihre Augen wirkten nicht mehr lebendig, eher tot. Sie wußte, daß Sarah traurig war; das sie noch immer nicht verkraftet hatte, daß das ihr Angel war, der ihr all das antat. Das es ihr Angel war, der zu ihrem schlimmsten Feind geworden war.

Giles nahm das Buch in die andere Hand. Seine Augen blickten Jenny ernst an. „Was denkst du denn wie es ihr geht?“ fragte er bitter. Jenny sah ihn an und schwieg für einen Moment. Doch dann brach es aus ihr heraus: „Ich weiß, ich habe dich verletzt, Rupert. Ich weiß, du fühlst dich hintergangen. Doch du mußt verstehen ... ich hatte keine Wahl. Ich mußte es tun.“ „Du hättest ihr wenigstens sagen können was passiert wenn Angel und sie ...“, warf Giles ihr vor. Jenny schüttelte den Kopf. „Ich konnte und durfte es ihr nicht sagen.“ „Du hast mich und sie betrogen. Wir beide haben dir vertraut“, sprach Giles trocken.

„Rupert, bitte versuche doch es zu verstehen. Ich wuchs inmitten der Menschen auf, denen Angel am meisten geschadet hat; denen er das Schlimmste, was es gibt, angetan hat. Das Erste, was man mir beibrachte, war mein Pflichtgefühl meinen Zigeunerstamm gegenüber. Ich bin nicht hergekommen um dir oder Sarah weh zu tun. Ich kam nicht hierher um euch zu verletzen.“ „Doch du hast es getan“, sagte Giles.

Jenny blickte auf die Tischplatte ihres Schreibtisches. Sie schluckte schwer. „Ich weiß. Und das wollte ich nicht. Es gab nur einen Grund warum ich dir nicht die Wahrheit gesagt habe.“ „Und der wäre?“ „Ich dachte, es wäre das Beste und das Richtige ... für alle. Ich sehe jetzt ein wie falsch ich damit lag. Es war der schlimmste Fehler, den ich je begangen habe“, gestand sie leise.  Sie konnte ihn nicht ansehen; konnte nicht sehen wie er sie anklagte. Diesen Blick ertrug sie nicht, obwohl ihr klar war, daß sie diese abweisende Behandlung verdient hatte.

„Ich ahnte, was mit Angel geschehen würde ... ja. Aber ich wußte nicht was ansonsten geschehen würde.“ Sie schluckte schwer. Dann hob sie den Blick. Sie wollte, daß Giles ihr bei ihrem Geständnis in die Augen sah. „Ich hatte ja keine Ahnung, daß ich mich in dich verlieben würde.“ Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus. Jenny konnte nicht sagen wie er ihr Geständnis aufnahm. Sie hatte nicht länger schweigen können. Sie wollte, daß er es wußte.

„Oh Gott“, sprach sie leise. „Ich kann es nicht mehr zurücknehmen, oder?“ „Willst du es denn zurücknehmen?“ sprach Giles leise. Jenny schüttelte den Kopf. „Nein. Ich will, daß du ... das du meine Beweggründe verstehst; das du mich verstehst und die Moral meines Stammes. Rupert, du mußt mir glauben, ich wollte euch nicht verletzen. Seit ich hier in Sunnydale bin und ich dich kenne, rückte mein Auftrag immer mehr in die Ferne. Das Einzige, an das ich noch denken konnte und wollte ... warst du“, sprach sie leise.

„Ich erwarte von dir nichts, Rupert. Nur, daß du wenigstens versuchst mich zu verstehen. Das genügt mir. Ich verlange von dir nicht das du es tatsächlich tust. Aber ... ich wollte nie das alles so kommt. Ich will doch genau wie du das alles wieder in Ordnung kommt.“ „Das kann ich nachvollziehen“, gab Giles ihr mit ruhiger, aber bestimmter Stimme eine Antwort. „Aber du mußt dich nicht bei mir entschuldigen. Du mußt dich bei Sarah entschuldigen. Ich bin nicht Derjenige, den du um Verzeihung bitten mußt. Das ist Sarah.“ Ihm gelang ein kleines Lächeln. „Vielen Dank für deine Hilfe.“ Dann war er gegangen.

~ 2. ~

Ein eigentlich ruhiger Abend im Haus der Jägerin. Sarah blickte auf ihr Abendessen. Ihre Mutter hatte mal wieder ein ausgiebiges Essen gekocht. Es gab Bratkartoffeln, Gemüse und gegrilltes Fleisch - dazu Salat. Doch Sarah hatte keinen Hunger. Seit Angel sich in sein altes Ich verwandelt hatte aß sie fast nichts mehr. Sie brachte nichts mehr hinunter. Seine Verwandlung hatte sie verändert. Sie hatte keinen Hunger, ihr fehlte die Lust etwas zu tun und ihr fehlte der Schlaf. Sie schlief unruhig; hatte Alpträume und konnte sich einfach nicht konzentrieren.

Es war Joyce, die das Schweigen zwischen ihrer Tochter und sich brach. Sie hatte schon vor einiger Zeit bemerkt das mit ihrer Tochter etwas nicht stimmte. Sarah war ruhiger geworden und hatte sich zurück gezogen. Sie schlief schlecht; weinte sich oft in den Schlaf. Ihre Tochter hatte Kummer, daß stand für Joyce fest. Etwas machte ihr schwer zu schaffen, doch sie sprach nicht darüber. Und es beunruhigte Joyce, daß sich Sarah so in sich zurückzog und versuchte mit ihren Problemen allein fertig zu werden.

„Schatz, was ist denn los?“ sprach Joyce sanft. Sarah zuckte zusammen. Sie hatte nicht damit gerechnet das ihre Mutter sie auf ihre Probleme ansprach. „Gar nichts. Alles ... in Ordnung“, murmelte Sarah. Joyce schüttelte den Kopf. „Nichts ist in Ordnung. Das sehe ich doch. Dir macht etwas zu schaffen. Du hast Kummer. Glaubst du, ich höre dich nicht ... nachts ... wenn du dich in den Schlaf weinst? Sarah, ich höre es. Und ich mache mir Sorgen um dich. Ich bin deine Mutter. Mir kannst du alles anvertrauen, daß weißt du doch“, sprach Joyce auf ihre Tochter ein.

Ich wünschte, ich könnte dir alles erzählen. Ich könnte dir alles anvertrauen, dachte Sarah nieder geschlagen. Was soll ich dir denn erzählen? sprach Sarah im Stillen. Am liebsten würde Sarah mit der Wahrheit herausrücken. ‘Mom, ich liebe einen Vampir. Durch einen Fluch bekam er seine Seele zurück. Doch, als ich mit ihm schlief, verwandelte er sich in sein böses Ich zurück. Er wurde zu dem bösesten und grausamsten Vampir aller Zeiten. Er jagt mich. Er verfolgt mich und quält mich wo er kann. Meine Pflicht ist es ihn zu töten, aber ich schaffe es nicht. Ich liebe ihn. Ich kann nicht verstehen warum er mir das antut.’ Sarah schüttelte den Kopf. Wie würde ihre Mutter reagieren wenn sie genau das sagen würde? Sie würde es nie erfahren, denn sie würde es ihrer Mutter nicht sagen. Keines dieser gedachten Worte kam über ihre Lippen.

Joyce wußte ja nicht einmal das ihre Tochter die auserwählte Jägerin war. Sarah seufzte leise. Sie mußte ihrer Mutter etwas erzählen. Sie mußte sie vor Angel warnen. Also mußte sie die Geschichte etwas ändern. „Mom, ich hab jemanden kennengelernt“, begann sie vorsichtig. „Einen Jungen?“ fragte Joyce nach. Sarah nickte. „Sein Name lautet Angel.“ „Angel“, wiederholte Joyce. „Du hast ihn mir nie vorgestellt“, stellte sie fest. Sarah nickte langsam.

„Du kennst ihn nicht. Er ... geht aufs Collage. Er ist ganz gut in Geschichte und englischer Literatur. Er hat mir Nachhilfe gegeben.“ „Ich verstehe“, murmelte Joyce. Nein, daß tust du nicht. Du wirst nie verstehen was hier los ist; was in mir vorgeht, dachte Sarah traurig. Die Erinnerung an Angel und ihre Zeit mit ihm tat ihr so weh. Noch immer war ihr so nah und doch meilenweit entfernt. Und nun ... mußte sie ihrer Mutter beibringen das sie Angel bloß nicht ins Haus lassen durfte, wenn er hier auftauchte.

„Er ... wir ... wir waren zusammen“, gestand sie mit brüchiger Stimme. „Und jetzt?“ fragte Joyce sanft nach. „Es ist ... vorbei.“ Sarah wollte am liebsten schreien vor Schmerz. „Wir machen gerade ne schlimme Trennungsphase durch.“ Ihre Mutter nickte verständnisvoll. Er ist ein Monster geworden, dachte Sarah traurig und sie wollte am liebsten weinen. „Er hat sich verändert, richtig? Er ist nicht mehr der Junge, denn du kennengelernt hast; in den du dich verliebt hast“, sprach Joyce. Mein Gott, dachte Sarah schmerzhaft. Warum erzähle ich ihr das? Warum habe ich damit angefangen? Ich kann das nicht, dachte sie. Ich kann es einfach nicht.

„Ja ... er ist nicht mehr Derselbe. Mom, es ist so ... das ... seit wir uns getrennt haben verfolgt er mich. Er taucht überall dort auf wo ich auch bin. Er schreibt mir Briefe. Er kann einfach nicht loslassen. Er kann mich nicht loslassen.“ Joyces verständnisvolles Lächeln verschwand. Sie blickte ihre Tochter ernst an. „Hat er dir etwas angetan, Sarah? Hat er dir weh getan?“ fragte sie alarmierend. „Oh nein“, erwiderte Sarah schnell. „So ist es nicht.“ Sarah wich dem Blick ihrer Mutter aus. Ich kann ihr einfach nicht erzählen was wirklich zwischen Angel und mir passiert ist, dachte sie gequält. Ich hätte niemals damit anfangen sollen.

„Nein, er hat mir nichts angetan. Er kann nur nicht loslassen. Er kommt mit der Trennung nicht zurecht; ist ständig in meiner Nähe und so. Aber ... keine Sorge, ich werde schon mit ihm fertig. Es ist nur ... ich möchte ihn im Moment nicht sehen, Mom. Wenn er hier auftaucht, rede ich mit ihm, aber ... ansonsten ...“ Ihr versagte die Stimme. „Ich will nur, daß er anfängt zu verstehen das es aus ist. Wenn er hier auftaucht, laß ihn bitte nicht ins Haus, Mom.“ Wieder herrschte Stille. „Laß ihn nicht rein, Mom.“ Bitte, hör auf mich. Tue es ja nicht, dachte Sarah eindringlich. Lade ihn ja nicht ins Haus ein.

Sarah saß in ihrem Zimmer und telefonierte mit Willow. Als das Telefon geklingelt hatte, hatte Willow schon ihren Schlafanzug angezogen und wollte gerade ins Bett gehen. „Giles hat recht, Sarah“, sprach Willow. „Angel will dich nur schwächen. Du mußt versuchen seine Spielchen zu ignorieren. Dann wird ihm bestimmt bald langweilig werden. Er macht das doch nur um dich zu quälen. Du weißt doch, Männer sind solche Idioten ... ob sie nun leben, tot oder untot sind“, meinte Willow. Sarah stimmte ihr da vollends zu.

„Hoffentlich findet Giles bald diesen Bannspruch um Angel daran zu hindern hier erneut einzudringen. Ich kann einfach besser schlafen, wenn ich weiß, daß er ... nicht mehr ins Haus kann. Ich meine, er könnte über meine Mutter herfallen während ich schlafe. Das beunruhigt mich einfach.“ Willow nahm das Fischfutter und streute es ins Aquarium. „Er wird ihn schon finden. Wenn jemand einen Bannspruch findet, dann Giles. Und bis dahin mußt du versuchen einen klaren Kopf zu behalten und ...“ Willow brach ihren Redeschwall ab.

Sie hatte den braunen Umschlag auf ihrer Bettdecke entdeckt. „Und was? Willow, bist du noch da?“ fragte Sarah. „Ja, ich bin noch da“, murmelte sie. Willow öffnete den Umschlag und ein Stück einer Angelschnur fiel ihr in die Hände. Willow verstand nicht was das sollte. Sie zog die Schnur aus dem Umschlag ... und dann fiel ihr auf das in ihrem Aquarium keine Fische schwammen. Denn ihre Fische hingen tot an der Angelschnur, die sie in ihren Händen hielt.

Im Schlafzimmer von Sarah hing ein Kruzifix und Knoblauchzöpfe. Willow saß neben Sarah und hielt einen Holzpflock in ihren Händen. Nervös und ängstlich zugleich drehte sie den Pflock in ihren Händen. „Danke, daß ich bei dir schlafen darf, Sarah“, sprach sie ängstlich. „Da doch morgen Schule ist und so.“ „Es ist okay“, erwiderte Sarah.

„Tut mir leid ... wegen deinen Fischen.“ Willow zuckte schwach mit den Schultern. „Danke“, meinte sie traurig. „Ich ... ich hatte ja noch keine richtige Beziehung zu den Fischen. Ich hatte zu wenig Zeit um eine aufzubauen, verstehst du? Weißt du, Sarah, zum ersten Mal bin ich froh das meine Eltern mir nie einen Hund gekauft haben.“ Die Worte taten Sarah weh. Denn sie wußte, wer die Fische von Willow getötet hatte um ihrer Freundin weh zu tun und auch um sie zu verängstigen.

„Ich kann noch immer nicht glauben, daß das mein Angel ist. Weißt du, Willow, wenn so etwas passiert ist, war mein erster Gedanke immer zu Angel zu gehen. Denn bei ihm war ich sicher und ich fühlte mich geborgen. Er hat mich immer aufgebaut und mir Mut gemacht; hat mir gesagt, daß die Sache gut ausgehen wird; daß er mich beschützen wird. Und jetzt ... jetzt ist er Derjenige, der mir all das antut. Er ist so grausam und kalt. Er ...“ Sarah versagte die Stimme. „Das ist schon richtig, aber ...“ Willow unterbrach sich. „Aber was?“ hakte Sarah nach. „Aber du bist noch immer das Einzige an das er denken kann. Seine Gedanken gelten noch immer allein dir.“ Sarah und Willow sahen sich an. Niemand sprach mehr ein Wort.

Angelus hielt sich verborgen in einer dunklen Ecke. Drusilla kümmerte sich um Spike, der noch immer an den Rollstuhl gefesselt war. Sie versuchte seit einigen Minuten schon Spike zu füttern. Doch er weigerte sich, sich von ihr füttern zu lassen. „Ich will nicht, daß du mich wie ein kleines Kind behandelst, Dru“, fauchte Spike wütend und er riß brutal den Rollstuhl herum. Mein Stichwort, dachte Angelus und er grinste dämonisch. Er trat aus seinem Versteck heraus.

„Warum nicht, Spike?“ fragte er laut und kam näher. „Sie tut doch sonst schon alles was du nicht mehr tun kannst. Zum Beispiel, hilft sie dir beim Anziehen, sie schwirrt um dich herum und ...“ Spike stieß Angelus wütend von sich. „Paß auf, was du sagst, Kumpel“, knurrte er wütend. „Darf ich dich daran erinnern das du noch immer Gast in meinen Haus bist.“ Angelus lachte kalt. „Wie könnte ich das vergessen? Weißt du, als Gast sollte ich mich ein wenig erkenntlich zeigen. Ich sollte dir die Tätigkeiten abnehmen, die du nicht mehr machen kannst.“ Besitzergreifend legte Angelus einen Arm um Drusilla und zog sie leicht an sich. Er sah Spike an, daß dieser überaus wütend war.

Und Drusilla tat auch nichts um ihren Liebsten die Eifersucht zu nehmen. Im Gegenteil - Sie strahlte Angelus mit ihren Augen an und lächelte. Spike knurrte wütend und stieß Angelus zur Seite. Doch der Vampir reagierte nur mit einen rauhen Lachen darauf. „Vielleicht solltest du wieder in deine Wohnung ziehen“, schlug Spike vor. Angelus zuckte jedoch nur mit der Schulter.

„Warum sollte ich wieder umziehen? Mir gefällt es hier und außerdem habe ich hier alles was ich brauche.“ Spikes Augen funkelten Angelus feindselig an. „Ich muß zugeben als Hausfreund der Jägerin hast du mir eindeutig besser gefallen. Du bist mir ne Nummer zu extrem. Du spielst mit der Jägerin und dadurch machst du sie nur noch wütender. Durch deine dummen Spielchen wird sie uns alle gnadenlos jagen. Du solltest dich ein wenig zurückhalten, Kumpel“, belehrte Spike den älteren Vampir.

Angelus verdrehte die Augen. Er hatte echt genug von diesem Thema. Langsam wurden die Moralpredigten von Spike lästig. „Spike, ich weiß schon was ich tue. Keine Sorge! Ich weiß schon wie weit ich gehen kann. Vergiß nicht, niemand kennt Sarah besser als ich. Ich sehe das Mädchen an und ich weiß was sie denkt. Ich weiß wie sie sich fühlt. Das ist kein Problem. Niemand kennt ihren Schmerz, ihre Angst und ihre Hoffnung besser als ich. Außerdem ... was hast du denn gegen ein kleines Spielchen mit der Jägerin?“ Herausfordernd blickte Angelus den blonden Vampir an.

„Du meinst, du spielst mit der Jägerin so wie damals mit Drusilla?“ Spike schüttelte verneinend den Kopf. „Nein, danke! Kein Interesse! Schlag dir das ganz schnell aus dem Kopf. Damit entfachst du nur unnötig die unbändige Wut der Jägerin. Das können wir nicht gebrauchen. Ich bin nicht daran interessiert.“ Angelus beugte sich vor. „Du hast es noch immer nicht kapiert“, flüsterte er einschmeichelnd. „Drusilla ist mein Mädchen. Und Sarah ist es auch.“ Angelus sah, wie Spike vor Wut schnaufte. Er grinste darüber. Es war schon immer leicht gewesen den jüngeren Vampir zu provozieren.

Drusilla lächelte und legte sich auf den breiten Tisch. Sie lächelte verträumt. „Ach, hört auf euch so zu streiten“, ging Drusilla mit süßer Stimme dazwischen. „Das haben wir doch nicht nötig. Immerhin sind wir wieder vereint; wie eine Familie. Spike, Angelus’ Pläne gehen nie schief. Er weiß schon was er tut. Die Jägerin ist so ... traurig seit seiner Rückkehr. Und wenn Angelus der Meinung ist, daß sie wieder stark genug ist, dann wird er sie schon töten.“ Spike machte ein grimmiges Gesicht.

„Dann soll er sich damit beeilen.“ Spike blickte Angelus in die Augen. „Du läßt diesem Mädchen viel zuviel Zeit sich von dem Schmerz zu erholen. Je mehr Zeit sie bekommt, desto stärker wird sie wieder werden und uns töten.“ Angelus lachte bei diesem Kommentar jedoch nur. Drusilla streckte ihre Hand aus und streichelte zart über Spikes Narbe, die eine Erinnerung an einen einstigen Kampf war. Diese Narbe hatte Sarah ihm zugefügt. Sie hatte aus dem starken Spike einen hilflosen Vampir gemacht.

„Niemand kennt diese Jägerin besser als Angelus. Angelus ist der Einzige, der sie töten kann. Und er wird es tun wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist und ... Oh!“ Drusilla sank in sich zusammen und stöhnte. „Drusilla, Schatz?“ fragte Spike sofort alarmierend und besorgt. „Baby? Hast du eine Vision?“ fragte Angelus. Drusilla wimmerte leise. „Jemand ... wird kommen. Er versucht unsere schöne Familie zu vernichten. Wir kennen ihn. Ein Feind ... aus der Vergangenheit“, schluchzte Drusilla leise.

Jenny Calendar stieg die Stufen hinunter, die zu dem Esoterikladen führte. Sie konnte nicht einfach tatenlos dabei zusehen wie Angelus die Jägerin weiter quälte und sie am Ende töten würde. Sie mußte etwas tun. Und vielleicht ... wenn es ihr gelang ... würden Giles und Sarah ihr vielleicht verzeihen. Die Glocke über der Tür zu dem Laden klingelte als sie eintrat.

Sie sah sich um. Kein Verkäufer in der Nähe. Er würde sicher gleich kommen. Immerhin hatte er ja gehört das Kundschaft gekommen war. Die Regale waren voll von Rosenkränze, Gläser mit verschiedenen Flüssigkeiten, Kerzen und anderen verschiedenen Dingen. Jenny roch einen seltsamen Duft, der in der Luft hing. Es roch irgendwie nach Lavendel vermischt mit einer Kräuterart, die sie nicht kannte.

Da kam ein stämmiger Mann aus dem Lager. „Guten Tag, Madame! Was kann ich für Sie tun? Brauchen Sie vielleicht einen Liebeszauber für sich oder einen Freund? Oder ...“ Jenny lächelte zart und unterbrach den Verkäufer. „Ich suche eine Thesulah Kugel. Haben Sie sowas da?“ Der Verkäufer blickte sie ernst an und nickte. „Sie brauchen eine Thesulah Kugel? Ich sehe, Sie sind jemand, der sich mit Zaubersprüchen auskennt.“ Er schob seinen Hut zurück.

„Ich entschuldige mich für den Redeschwall von vorhin. Aber da wird bald Valentinstag haben sind diese Dinge das Einzige, wofür sich die Leute interessieren.“ Der Mann verließ den Tresen und ging zu einer Vitrine. Er öffnete sie und holte eine Box heraus. „Darf ich erfahren, wie Sie von meinen Laden erfahren haben?“ fragte er als er die Box zum Tresen trug.

Jenny blickte auf die Box, die der Mann auf den Tisch stellte. „Mein Onkel Enyos hat Sie einmal erwähnt.“ Der Verkäufer blickte sie ernst an. „Sie sind Janna, oder?“ Jenny nickte. „Ihr Onkel war ein guter Kunde. Es tut mir sehr leid um ihn.“ „Danke“, antwortete Jenny ohne jegliche Emotion. Die Box stand nun auf der gläsernen Theke und schien nur darauf zu warten verkauft zu werden.

Der Verkäufer öffnete den Deckel und enthüllte eine Kristallkugel. „Eine Thesulah Kugel, wie Sie gewünscht haben“, meinte er. Die Kugel lag auf dunkelblauen Samt. „Eine Kugel für die Rituale der Untoten, richtig?“ fragte der Verkäufer. Jenny blickte sich die Kugel nur kurz an ohne auf die Frage des Verkäufers zu antworten. Es war eine echte Thesulah Kugel. Genau das was sie für ihr Vorhaben brauchte. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren gab sie dem Verkäufer ihre Kreditkarte.

„Eine Thesulah Kugel gehört eigentlich nicht zu den Dingen, die ich ständig verkaufe. Nur wenige fragen danach. Ein paar Kugeln habe ich als Briefbeschwerer verkauft.“ Während er nicht aufhörte zu quatschen zog er die Kreditkarte durch das Lesegerät. „Ich mag diese New Age Typen, die diese Dinger kaufen. Durch deren ihr Geld konnte ich meine Kinder aufs College schicken.“ Er schrieb die Rechnung.

„Sie wissen ja wohl das die Übersetzungen für die Rituale der Untoten verloren gegangen sind. Ohne diese Übersetzungen sind die Kugeln ziemlich wertlos. Dann können sie keines der Rituale durchführen.“ Er riß den Durchschlag ab und gab Jenny den Zettel. „Ich will das nur erwähnen weil ich die Kugel nicht zurücknehmen kann.“ „Ist schon okay“, meinte Jenny nur und sie steckte ihre Kreditkarte und die Quittung ein. Der Mann schloß die Box wieder und reichte sie Jenny.

Jenny nahm die Box an sich und verabschiedete sich. So schnell wie möglich wollte sie das Ritual durchführen. Es mußte so schnell wie möglich geschehen. Angelus konnte noch soviel Schaden anrichten. Diesen Schaden mußte sie verhindern. Sie mußte handeln und das Ritual so schnell wie möglich durchführen. Nicht nur für sich, sondern auch für Rupert und Sarah. Vor allem tat sie es für die Jägerin. Vielleicht konnte Sarah ihr so besser verzeihen was sie getan hatte. Sie ging zur Tür.

„Nur so ... aus reiner Neugier“, sprach der Verkäufer hinter ihr. „Was wollen Sie mit der Kugel von Thesulah überhaupt machen? Was für ein Ritual der Untoten wollen Sie den praktizieren?“ Jenny öffnete die Box und nahm die Kugel heraus. Im Inneren der Kugel leuchteten die Sonnenstrahlen. Sie hielt sie hoch und drehte die Kugel in ihren Händen. Ein leichtes, aber entschlossenes, Lächeln glitt über ihre Lippen. „Nur ein Geschenk für einen Freund“, gab sie ihm zu verstehen. „Was wollen Sie ihm schenken?“ erkundigte sich der Verkäufer; nun war er schon etwas neugieriger. Jenny blickte ihn kurz an. Dann schweifte ihr Blick wieder zu der Kugel. „Seine Seele.“

~ 3. ~

Schweigsam gingen Sarah und Willow nebeneinander her. Sie hatten eigentlich keine Lust auf den Unterricht, aber es mußte sein. Vielleicht lenkte ja der Lernstoff sie von der letzten Nacht ab. Sie hatten beide kaum geschlafen. Willow, weil sie noch immer nicht fassen konnte das Angel in ihrem Zimmer gewesen war und Sarah, weil sie wegen Angels schrecklichen Taten einfach nicht schlafen konnte.

Xander rannte hinter den Mädchen her als er sie entdeckte und holte sie ein. Er sah ihre trüben Gesichter. Das traurige Schatten in Sarahs Gesicht waren, daß war er schon fast gewohnt. Angels Verwandlung hatte die Jägerin verändert. Es hatte sie zerstört, so schien es ihm. Und er haßte Angel für das was er der Jägerin antat. Er hatte Angel noch nie besonders gemocht, doch jetzt hatte er wirklich einen Grund den Vampir abgrundtief zu hassen.

„Morgen, Mädels“, grüßte er fröhlich. Doch die Stimmung blieb bei den Mädchen bedrückt. Seine fröhliche Stimmung half da auch nicht sehr viel. „Habt ihr gut geschlafen?“ erkundigte sich Xander. Buffy schüttelte den Kopf. „Nein, keine Chance. Wir hatten eine traurige Pyjamaparty“, klärte Buffy den Jungen auf. „Angel hat wieder zugeschlagen. Deshalb hat Willow bei mir übernachtet. Aber wir haben kaum geschlafen. Angel hat uns wach gehalten.“ „Verstehe“, murmelte Xander sofort.

„Schade, daß ihr mich nicht angerufen habt. Auf eine Pyjamaparty hätte ich Bock gehabt“, witzelte Xander. Sarah strafte ihn mit einen bösen Blick. „Xander, daß war jetzt echt nicht nötig.“ „Okay, ich hab schon verstanden“, nickte Xander. Sarah hing ihren eigenen Gedanken nach. Das Herz blutete ihr wenn sie an Angel dachte. Es tat ihr so weh. Den Schmerz zu verarbeiten ... dabei konnte ihr niemand helfen. Da mußte sie alleine durch. Willow blickte auf ihre Armbanduhr. „Ich hab jetzt eine Stunde zu unterrichten und ich möchte gern pünktlich sein damit ich die Zuspätkommer bestrafen kann“, meinte sie zu ihren Freunden.

Doch dann blieb Willow wie vom Blitz getroffen stehen. Sie erblickte Jenny Calendar, die gerade gemütlich und mit einer Tasse Kaffee über die Wiese spazierte. Sie würde doch nicht zu spät kommen. Der Unterricht würde mit Jenny als Lehrerin pünktlich über die Bühne gehen. Willow sah enttäuscht aus. „Oh nein“, jammerte sie. „Jetzt habe ich mich umsonst über Stunden vorbereitet.“ Mit hängender Miene ging Willow davon um rechtzeitig in der Klasse zu erscheinen.

Sarah gab Xander einen leichten Stoß in die Rippen um seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Er blickte sie fragend an. „Geh in die Klasse. Wir sehen uns dort. Ich hab ... noch etwas zu regeln“, flüsterte sie während ihre Augen auf Jenny Calendar ruhten. Xander nickte und ging - ohne großartig Fragen zu stellen. Er hatte Sarahs Blick bemerkt. Der Blick, der auf der Lehrerin ruhte und sie mißtrauisch beäugte. Sarah wollte allein mit der Lehrerin reden und das akzeptierte er.

Jenny blieb zögernd stehen als Sarah auf sie zukam. „Hallo Sarah“, grüßte sie leise. „Hi“, erwiderte Sarah zögernd. Jenny musterte Sarah eingehend. Sie sah schlecht aus; traurig und niedergeschlagen. Jenny hatte nicht damit gerechnet das Sarah jemals wieder mit ihr sprechen würde. Doch jetzt stand die Jägerin vor ihr. Jenny hoffte ein wenig auf Versöhnung. Und wenn es nur ein paar versöhnliche Worte waren.

„Willst du ... mir etwas sagen?“ brach Jenny das betretene Schweigen zwischen ihnen. Sarah blickte zu Boden. Dann richtete sie ihren Blick auf die Lehrerin. „Ich weiß, daß alles ... was in letzter Zeit geschehen ist ... auch für Sie nicht leicht zu verkraften war. Aber ... ich wollte nur sagen, daß ...“ Sarah versagte die Stimme. Ich kann das nicht, dachte sie traurig. Ich kann nicht so tun als hätte sie nichts getan. Ich kann ihr nicht verzeihen. „Ich bin mir im Klaren darüber das Sie nicht allein dafür verantwortlich sind. Aber ... ich liebe Angel, verstehen Sie? Ich tat es nicht nur in der Vergangenheit, sondern ich tue es auch jetzt noch. Ich kann ... nicht ...“, sprach Sarah. Sie drehte sich um und wollte gehen. Jenny konnte die Jägerin verstehen und doch tat es ihr weh, daß das Mädchen noch immer so abweisend war.

„Es tut mir leid“, sprach Jenny plötzlich. Ihre Augen begegneten den traurigen Blick von Sarah. „Du mußt mir glauben wenn ich sage, daß ich nie gewollt habe, daß du Angel verlierst. Es tut mir so leid. Ich habe nie vorgehabt eure Liebe zu zerstören. Du mußt dir wirklich keine Sorgen um mich machen. Ich komme schon zurecht.“ Jenny wollte an Sarah vorbeigehen. „Warten Sie einen Moment“, sprach Sarah auf einmal. Jenny wandte das Gesicht und sah Sarah erwartungsvoll an.

„Ich weiß, daß er ...“ Sarah räusperte sich. „Es geht eigentlich war nicht um mich. Ich wollte nicht darüber sprechen. Sondern ... ich wollte mit Ihnen über Giles sprechen. Er sagt es nicht, aber Sie fehlen ihm. Er vermißt Sie sehr.“ Sarah blickte in die Augen der Lehrerin. „Ich sehe ihm an das Sie ihm schrecklich fehlen. Sie müssen wissen, er ist für mich mehr als nur mein Wächter. Er ist ein Freund. Ein sehr guter Freund von mir. Ich kämpfe seit Jahren mit Giles’ Hilfe gegen die Dämonenwelt. Ich kenne ihn. Er spricht nicht darüber, ich weiß - ich sehe es ihm an - das Sie ihm fehlen. Und genau das will ich nicht“, sprach Sarah ernst.

„Er vermißt Sie. Und er leidet darunter. Genau das will ich aber nicht. Wenn ich unglücklich bin ... ist das genug. Ich will nicht, das er es auch ist. Seit er mein Wächter ist hat er mich niemals in Stich gelassen. Er war immer für mich da; hat zu mir gehalten, egal was war. Es ist seine Pflicht auch jetzt an meiner Seite zu sein. Doch das macht keinen Unterschied daran das er Sie trotzdem vermißt. Ich weiß, wie schwer es ihm fällt jetzt seine Pflicht zu erfüllen; sich gegen Sie zu stellen und sich für mich und seine Pflicht als Wächter zu entscheiden.“ Sarah schwieg für einen Moment und wählte ihre nächsten Worte mit Bedacht.

„Giles ist einsam. Und das will ich nicht. Sein ganzes Leben lang wurde er auf seine Pflicht als Wächter vorbereitet. Sein Leben war sicher nicht immer glücklich und einfach. Er hat ein wenig Glück verdient, verstehen Sie?“ Jenny nickte. „Sarah, du weißt das ... wenn die Möglichkeit bestehen würde Angels Verwandlung rückgängig zu machen ich es tun ...“ „Es ist okay“, unterbrach die Jägerin Jenny.

„Es geht nicht um mich. Nicht jetzt in erster Linie ... wegen Ihnen. Es geht um Giles. Ich will, daß er glücklich ist; das er es wird. Er kann Ihnen verzeihen, ich weiß es.“ „Und was ist mit dir?“ fragte Jenny leise. Sarah zuckte mit den Schultern. „Ich ... kann es nicht. Noch nicht. Vielleicht ... irgendwann. Doch jetzt ... es tut noch zu sehr weh“, sprach Sarah und sie ließ die Lehrerin stehen. Jenny sah der Jägerin nach. Sarah hatte sich zusammen gerissen; ihren Hass unterdrückt, nur um ihr zu verstehen zu geben das Giles sie brauchte; das er sie vermißte. Und Jenny bewunderte die Jägerin dafür. Sie wußte, es war für Sarah nicht einfach gewesen.

Giles war gerade damit beschäftigt Flugblätter an einige Schüler weiterzugeben. „Hängt sie bitte auf“, sprach er und wandte sich dann seinen Schützling zu. „Nun, wie lautet dein Bericht über die letzte Nacht?“ Sarah verzog ihre Lippen zu einen schiefen Grinsen. Giles wußte, dies war eine ihrer Arten um ihre Trauer zu überspielen. „Ich hab so gut wie gar nicht geschlafen“, gestand sie offen. „Es sind aber keine Menschen gestorben. Also, eigentlich eine ruhige Nacht.“ Giles nickte.

„Ich hab gefunden was du wolltest“, sprach er. „Und was wollte ich noch schnell haben?“ fragte Sarah mit hochgezogenen Augenbrauen. „Ich hab ein Ritual gefunden. Mit diesem Ritual können wir die Einladung, die du einmal an Angel ausgesprochen hast, rückgängig machen.“ Bevor Sarah antworten konnte tauchte Cordelia auf, die Giles’ letzte Worte mitbekommen hatte. Ihre Miene hellte sich auf. „Großartig!“ rief sie. „Ich mußte doch tatsächlich den Wagen mit meiner Großmutter tauschen weil ich mich nicht mehr traue mit meinen zu fahren“, erklärte sie. Sarah bedachte sie mit einen giftigen Blick. Sie sah Giles an und bat ihn stumm fortzufahren.

„Jedenfalls ... das Ritual ist eigentlich ganz einfach. Man sagt ein paar Verse auf und verspritzt Weihwasser ...“ „Ich verstehe. Ich hab all das zu Hause, Giles“, meinte Sarah und sie gähnte. Sie wurde auf einmal unendlich müde. Was sicher daran lag, daß sie so gut wie gar nicht geschlafen hatte - letzte Nacht. Giles warf seiner Jägerin einen mitleidigen Blick zu. Zu gerne würde er ihr diesen ganzen Schmerz ersparen. Doch er konnte sie weder vor dem Schmerz noch vor dem bösen Ich von Angel beschützen. Langsam gingen die Jägerin und ihr Wächter - Seite an Seite - davon.

Hat das Kreuz auch eine Wirkung wenn man es versteckt? dachte sich Willow als sie das Kreuz mit dem Schlafzimmervorhang verdeckte. „Ich hoffe, mein Dad findet das Kreuz nicht. Ansonsten wird es schwer werden ihm das begreiflich zu machen“, meinte sie an Sarah gewandt. „Glaubst du, das Kreuz stört ihn?“ fragte Sarah stirnrunzelnd zurück. Willow nickte. „Die Tochter der Rosenbergs hat ein Kreuz im Zimmer hängen. Und ob ihn das stören wird“, gab Willow zurück. Sie wirkte genauso müde wie Sarah. Die letzte Nacht war für sie beide hart und sehr schlaflos gewesen.

„Weißt du, ich muß jedes Jahr zu Xander rüber gehen - natürlich mit einer Ausrede - wenn ich mir die Show von Charlie Brown zu Weihnachten ansehen will.“ Willow seufzte leise. Manchmal waren ihre Eltern wirklich problematisch. Aber welche Eltern waren das nicht einmal? Über Sarahs Lippen glitt ein zartes Lächeln. „Okay, jetzt habe ich es kapiert.“ Nun mischte sich Cordelia ein. „Willow, du weißt schon, daß in deinem Aquarium keine Fische sind, oder?“ Über Willows Lippen drang ein leises Schluchzen. Sofort mischte sich Sarah ein um ihr zu helfen.

„Wir sind hier fertig, Cordy. Du kannst gerne gehen wenn du willst“, gab Sarah der dunkelhaarigen Schönheit zu verstehen. Cordelia nickte als hätte sie darauf nur gewartet. „Gut, dann kann ich ja endlich gehen. Übrigens danke für dieses Ritual. Endlich fühle ich mich wieder sicher in meinen Wagen.“ Cordelia griff nach ihrer Handtasche, die auf Willows Bett lag. Dabei entdeckte sie einen Umschlag. Sie reichte ihn Willow. „Der ist wahrscheinlich für dich.“ Willow wechselte einen wissenden Blick mit Sarah. Sie beide wußten, der Umschlag war von Angel.

Willows Hände zitterten als sie den Umschlag öffnete und einen Bogen von braunen Papier herauszog. Nervös entfaltete sie den Bogen und erstarrte. Mit zitternder Hand gab sie das Stück Papier an Sarah weiter. „Der ist für dich“, flüsterte sie heiser. Sarah warf einen Blick darauf und hatte das Gefühl wieder in ein tiefes Loch zu fallen. Die Zeichnung gab ihre Mutter wider. Im Schlaf. Oder doch nicht ... Vielleicht schlief sie da gar nicht, sondern war ... „Mein Gott, Mom“, rief Sarah panisch und sie war schon auf den Weg zur Tür.

Geduldig wartete Angelus neben der Einfahrt, die beim Summers Haus lag. Und endlich kam sie. Der Wagen von Sarahs Mom fuhr vor. Joyce Summers hatte noch nicht einmal die Möglichkeit auszusteigen, denn da war Angelus schon an ihrer Seite und hielt ihr die Tür auf. Joyce stellte den Motor ab und musterte den jungen Mann eingehend. „Mrs. Summers?“ fragte Angel, obwohl er sehr gut wußte, das sie es war. „Ja, die bin ich“, erwiderte Joyce. „Ich bin Angel“, stieß er mit scheinbarer Qual zwischen seinen Lippen hervor.

Joyce musterte ihn. Er sah sehr gut aus, daß mußte sich Joyce eingestehen. Ihre Tochter hatte wirklich Geschmack. Seine Stimme klang sehr gepreßt und er schien seine seelische Qual nur schwer unter Kontrolle zu haben. Er machte den Eindruck auf sie als würde er am liebsten losschreien können, so weh tat ihm die Trennung von Sarah. Joyce stieg aus. „Sie sind also Angel“, meinte sie monoton. Sie wollte höflich sein; aber ihre Stimme klang bestimmt. Angel strahlte als sie seinen Namen nannte. Es schien ihn zu freuen, das Sarah von ihm erzählt hatte.

Joyce nahm die Einkaufstüten aus dem Wagen und verriegelte ihn. Angel bot ihr nicht an ihr die Tüten abzunehmen. Die Tüten würden sie langsamer machen wenn es nötig war. „Sarah hat von uns erzählt?“ fragte er hoffnungsvoll. „Meine Tochter teilte mir mit, daß sie nichts mehr mit Ihnen zu tun haben will, Angel.“ „Das kann einfach nicht sein“, widersprach Angel lächelnd. „Doch. Sarah will von Ihnen in Ruhe gelassen werden“, gab Joyce dem jungen Mann mit fester Stimme zu verstehen. Sie ist eine gute Mutter, dachte Angelus leise in sich hinein kichernd. Entschlossen erwiderte Joyce seinen Blick.

„Ich kann Sarah nicht gehen lassen“, sprach Angelus mit großer Qual. „Ich kann es nicht. Ich kann sie nicht loslassen. Ich habe es versucht, aber ich schaffe es einfach nicht. Ich liebe sie.“ Angelus lächelte sanft. Doch Joyce erwiderte sein scheinheiliges Lächeln nicht. „Angel, Sie machen meiner Tochter Angst“, sprach sie mit Nachdruck. „Ist es das was Sie wollen? Wenn Sie Sarah wirklich lieben, lassen Sie mein Kind in Ruhe.“ „Ich schaffe es nicht. Es liegt mir nicht Sarah Angst zu machen.“ „Dann lassen Sie Sarah in Ruhe.“ „Ich kann es einfach nicht. Ich habe es probiert. Aber es geht nicht. Sie müssen mir helfen, Joyce“, drängte er bestimmt.

Joyce ging an ihm vorbei. Angelus wirbelte herum und holte sie ein. „Joyce, ich weiß, Sie können mich verstehen. Lassen Sie mich das erklären: Ich liebe Sarah. Ich kann ohne sie einfach nicht leben. Ich brauche sie. Ich muß einfach mit ihr zusammen sein. Sie sind ihre Mutter. Sie können Sarah von meiner Liebe überzeugen. Sie können Sarah überzeugen zu mir zurück zu kommen. Sie muß zu mir zurück kommen. Ich kann ohne sie einfach nicht.“ Schnell sprudelten die Sätze aus ihm heraus. Er sah, daß es die Wirkung nicht verfehlte.

Joyce war jetzt nicht mehr so selbstsicher wie noch vor wenigen Minuten. Sarahs Mutter blieb stehen und betrachtete ihn forsch. Angelus spürte, wie Angst in ihren Körper kroch. Sie bekam Panik. Er roch ihre Angst. „Angel, ich sage es Ihnen jetzt zum letzten Mal: Lassen Sie meine Tochter in Ruhe“, sprach sie so streng sie es noch konnte ohne ihm ihre Angst zu zeigen. Doch Angelus gab nicht auf.

„Joyce, ich flehe Sie an: Reden Sie mit Sarah. Erklären Sie ihr, wie sehr ich sie liebe und wie sehr ich sie brauche. Sagen Sie ihr, wie sehr ich ihre Nähe brauche. Bitte, reden Sie mit ihr. Machen Sie ihr klar, daß ihre Gefühle für mich noch nicht erloschen sind; das sie ihre Gefühle zu mir unterdrückt. Machen Sie Sarah klar, daß sie mich noch liebt. Bringen Sie Sarah dazu zu mir zurück zu kommen. Sie sind die Einzige, die ihr die Augen öffnen kann.“ Angelus schwieg für einen Moment. Wartete, bis seine Worte die gewünschte Wirkung bei Joyce erreicht hatten.

„Sarah weicht mir aus. Sie spricht nicht mehr mit ihr. Und ich verstehe das nicht.“ „Ich denke zurecht geht Sarah Ihnen aus dem Weg“, erwiderte Joyce. Ihre Stimme zitterte ein wenig. Sehr gut, dachte Angelus. Langsam zeigt sie ihre Angst vor mir. „Nein, es ist nicht zurecht. Sarah denkt, sie liebt mich nicht mehr. Doch das stimmt nicht. Sie liebt mich. Ich weiß es. Bringen Sie Sarah dazu das einzusehen. Sie muß zu mir zurück kommen. Bitte, reden Sie mit ihr. Sie ist Ihre Tochter und wird sich das, was Sie sagen, zu Herzen nehmen.“ Joyce schüttelte den Kopf. „Ich muß jetzt hineingehen“, sprach sie und ging erneut an ihm vorbei. Angelus wußte, sie war kurz davor in wilder Panik vor ihm davonzulaufen. Angelus mußte sich stark zusammenreißen um nicht in lautes Gelächter auszubrechen.

Angelus holte sie ein und scheinbar ungeschickt rempelte er Joyce an, so das diese die Einkaufstüten fallen ließ. Orangen rollten aus den Tüten und verteilten sich auf dem Boden. Joyce bückte sich und sammelte die Orangen hastig wieder ein. „Joyce, Sie verstehen das einfach nicht. Ich weiß, Sie glauben, ich bedrohe Ihre Tochter.“ „Tun Sie das nicht?“ „Nein. Sie können diese Qual nicht verstehen, die mich jede Nacht, jeden Tag, jede Stunde und Minute ohne Sarah einholt; die mich beherrscht und fesselt“, sprach Angelus verzweifelt.

„Ich ... kann mein Leben ohne Sarah nicht weiterführen. Es geht nicht. Sie fehlt mir zu sehr. Wissen Sie, wie qualvoll es ist, mit dem Mädchen das man abgöttisch liebt, nur in den Träumen zusammen sein zu können? Ich ertrage das nicht mehr. Ich ertrage diese Sehnsucht und diesen Schmerz nicht mehr. Ich ertrage es nicht, daß sie sich von mir abgewandt hat. Ich kann den Schmerz nicht ertragen, daß sie mich mit meiner Liebe allein ließ“, sprach Angelus. Er wußte, auf Joyce machte er den Eindruck als würde er gleich in Tränen ausbrechen, so schmerzhaft schien die Trennung von Sarah zu sein. Er wußte, Joyce sah einen Mann, der diese Trennung nicht verkraftete.

Joyce blickte ihn prüfend an als er zwei Orangen aufhob. Angelus sah sie flehend an. „Joyce, hören Sie: Ich sterbe ohne Sarah. Ich sterbe, wenn ich sie nicht haben kann. Ich sterbe, wenn sie nicht bei mir bleibt. Und Sarah wird auch sterben. Ohne mich stirbt auch Sarah. Genau wie ich. Der Schmerz wird uns beide töten. Sarah stirbt ohne mich.“ Joyce erstarrte in ihrer Bewegung und starrte Angelus fassungslos an.

„Angel, drohen Sie meiner Tochter? Haben Sie ihr weh getan? Wollen Sie meiner Tochter etwa etwas antun?“ Angelus schüttelte langsam den Kopf. „Nein, daß tue ich nicht. Es ist eine Tatsache, Joyce. Wenn Sarah und ich nicht zusammen sein können werden wir beide sterben. Sagen Sie mir, warum tut sie mir das an? Warum verletzt sie mich so? Warum gibt sie mir nicht mehr die Liebe, die uns vor wenigen Wochen noch verbunden hat? Ich weiß, daß sie mich noch liebt. Ich weiß es einfach.“ Joyce sprang hastig auf.

„Ich werde jetzt die Polizei rufen. Ich will, das Sie verschwinden, Angel.“ Nun hatte sie wirklich Panik bekommen. Sarahs Mutter hastete die Stufen hinauf und kramte aus ihrer Handtasche ihren Hausschlüssel. Verzweifelt versuchte sie den Schlüssel ins Schloß zu stecken, doch sie schaffte es nicht. Angelus stieg langsam die Stufen zur Veranda hinauf und ein Grinsen glitt über seine Lippen. Nun war der richtige Zeitpunkt gekommen um Joyce den Rest zu geben.

Er tauchte neben Joyce auf und umfaßte den Türgriff. Joyce blickte auf. Angelus wollte, daß sie ihm in die Augen sah wenn sie die Wahrheit erfuhr. „Ich kann nachts nicht mehr schlafen. Ich kann nicht mehr schlafen seit Sarah in meinen Armen gelegen hat. Ich finde keine Ruhe mehr seit ich mit Sarah geschlafen habe“, sprach er mit gepreßter Stimme.

Joyce starrte ihn geschockt an; konnte nicht fassen was er da sprach. Sie schaffte es endlich die Tür zu öffnen. „Lassen Sie uns in Ruhe“, rief sie panisch und trat über die Schwelle. Angelus grinste. Es wird Zeit das sie stirbt, beschloß er und er wollte ihr folgen. Doch als er die Schwelle überqueren wollte, schaffte er es nicht. Das Betreten des Summers-Hauses wurde ihm verweigert.

Er konnte es nicht glauben und schnappte nach Luft. Als er zur Treppe sah kamen Sarah und Willow herunter. Willow blieb am Treppenansatz stehen. Angelus sah, daß sie ein Buch in ihren Händen hielt und daraus eine lateinische Formel vorlas. Sarah und Angelus standen sich schweigend gegenüber. Eine lange Sekunde konnte Sarah nichts sagen. Dann starrte sie in seine Augen. Wo einst die Liebe seinen Blick beherrschte, fand sie jetzt nur noch Kälte. „Tut mir leid“, sprach sie. „Du hast keinen Zugang mehr zu diesem Haus.“ Und dann warf sie die Tür ins Schloß.

~ 4. ~

Die Schule war verlassen. Schon seit Stunden waren die Schüler zu Hause und genossen ihre Freizeit. Jenny jedoch saß noch immer an ihrem Schreibtisch und arbeitete an ihrem Computer während sie einen Schluck Tee zu sich nahm. Mit einer Hand gab sie einen neuen Befehl ein. Sie hoffte, daß sie das Ergebnis bekam das sie sich wünschte. Es mußte einfach so sein. „Hallo“, sprach plötzlich eine Stimme hinter ihr.

Jenny fuhr erschreckt zusammen und drehte sich um. An der Tür stand Rupert. Jenny atmete erleichtert auf und tippte eine Taste, damit das aktuelle Bild auf dem Bildschirm verschwand. „Hallo Rupert“, erwiderte sie vorsichtig. Was macht er hier? fragte sich Jenny. Sie erinnerte sich an das was Sarah ihr gesagt hatte. Giles vermißte sie. Jenny wünschte sich das es wirklich so war.

„Es ist schon spät. Warum arbeitest du noch?“ fragte er. „Ein neues Projekt“, erwiderte Jenny. Noch wollte sie ihm nicht die Wahrheit sagen. Sie wußte nicht einmal ob sie wirklich das gewünschte Ergebnis bekam oder ob es sich doch als Sackgasse herausstellen würde. Jenny lächelte ihn zögernd an. Und Giles lächelte sogar zurück. Das ist ein gutes Zeichen, dachte sie. „Sarah hat mich heute aufgesucht. Ich hab mit ihr gesprochen“, sprach Jenny. „Das freut mich“, meinte Giles mit freundlicher Stimme und er näherte sich ihren Schreibtisch.

Jenny nickte. „Sie hat hauptsächlich über dich gesprochen. Sarah glaubt, ich fehle dir. Sie sagte, du vermißt mich. Stimmt das?“ Jenny hob den Blick und sah ihm in die Augen. Giles räusperte sich. „Sie ist ein eigensinniger Mensch. Sarah mischt sich gerne in Dinge ein, die sie nichts angehen.“ Giles schüttelte geistesabwesend den Kopf. Oft genug hatte er das schon erlebt. Seine Jägerin mischte sich wirklich gerne in Dinge ein, die sie nichts angingen.

„Rupert, stimmt es? Vermißt du mich?“ Giles nickte langsam. Jennys Herz machte einen freudigen Sprung. Er vermißt mich wirklich, dachte sie glücklich. Dann fiel ihr Blick auf den Bildschirm. Sie hatte noch etwas zu erledigen und sie durfte jetzt nicht aufhören. „Weißt du, Rupert, dieses neue Projekt an dem ich arbeite ...“ Jenny holte tief Luft. „Was ist damit?“ fragte Giles. „Ich kann dir noch nichts versprechen, aber wenn das Ergebnis dieser Arbeit wirklich positiv ist, habe ich gute Neuigkeiten. Ich muß das fertig machen. Jetzt sofort! Ich kann es nicht aufschieben, dafür ist es einfach zu wichtig, verstehst du?“ Sie betete, daß er es verstand.

„Können wir uns nachher noch sehen?“ fragte Jenny mit all ihrem Mut. „Ich muß mit dir darüber sprechen. Und ich ... möchte dich gerne sehen“, gestand sie. Ein Lächeln huschte über Giles’ Gesicht. Es war, als hätte er nur darauf gewartet das sie danach fragte. „Ich würde mich freuen wenn du später noch vorbeikommst.“ Jenny strahlte. Sie hatte nicht damit gerechnet das er je wieder auf sie zugehen würde.

„Treffen wir uns bei dir?“ fragte sie. „Ja. Ich freue mich wirklich“, sprach Giles noch einmal mit Nachdruck und dann ging er. Bevor er jedoch durch die Tür verschwand warf er noch einen letzten, sehnsüchtigen Blick auf Jenny. Giles sehnte sich danach sich mit ihr zu versöhnen. Er wußte nicht, daß es das letzte Mal war das er sie lebend sah.

Jenny vergaß Raum und Zeit während sie weiter an der Übersetzung des Rituals der Seelenübertragung arbeitete. Die Sache war einfach zu wichtig um sie aufzuschieben. Die Schule lag völlig im Dunkeln. Selbst das Klassenzimmer, in dem Jenny vor ihrem Computer saß, lag im Dunkeln. Jenny konzentrierte sich völlig auf ihre Arbeit und dem Bildschirm. Nervös gab sie die Befehle ein und wartete. Sie hoffte, daß es funktionierte. Es mußte einfach funktionieren. Leise sprach sie vor sich hin. „Nun mach endlich“, flüsterte sie. Mit ihren Fingernägeln trommelte sie auf die Tischplatte.

Endlich erschien auf der rechten Seite des Bildschirms ein neuer Text. Jenny las sich die Zeilen durch und kontrollierte sie mit den fremdsprachigen Annalen des Rituals. Dann jubelte sie freudestrahlend auf. „Ja, ich hab es geschafft“, rief sie. Jenny griff nach einer Diskette und schob sie in das Laufwerk. „Das muß einfach klappen. Nein, es wird klappen. Ich weiß es. Es hat tatsächlich funktioniert“, sprach sie zufrieden mit sich selbst.

Jenny speicherte den Text auf die Diskette während der Drucker zum arbeiten anfing und den Text ausdruckte. Jenny rollte auf ihrem Schreibtischsessel zum Drucker mit dem Endlospapier und warf einen kurzen Blick auf den Text. Ein zufriedenes Lächeln glitt über ihre Lippen. Das wird Rupert freuen. Und Sarah wird es erst recht freuen, dachte sie. Jenny hob für eine kurze Sekunde den Blick und erstarrte. Entsetzt sprang sie auf. 

Mit einem eiskalten Grinsen saß Angelus auf einen Stuhl im hinteren Teil des Klassenzimmers. Jenny erschauerte. Sie hatte gar nicht bemerkt das er herein gekommen war. Jenny atmete tief durch und wich langsam zurück. „Angel“, flüsterte sie. Jennys Blick fiel auf die Tür, die nicht weit von ihr entfernt war. Ich muß es bis zur Tür schaffen, dachte sie. „Wie bist du rein gekommen?“ fragte sie. Angelus lachte kurz auf. „Man hat mich eingeladen“, sprach er scheinheilig. „Der Spruch auf dem Schultor, weißt du? Formatia trans sicere educatorum“, meinte er mit einem Schulterzucken.

„Kommt herein, die ihr nach Wissen sucht“, übersetzte Jenny mit zitternder Stimme. Langsam erhob sich der Vampir und aus seiner Kehle löste sich ein kaltes Lachen. „Was soll ich großartig dazu sagen? Ich kann nicht genug von Wissen bekommen.“ Langsam kam er auf sie zu. Jenny bekam panische Angst. Doch sie unterdrückte ihre Angst so gut es ging. Er sollte es nicht sehen; er durfte es nicht sehen. Sie kannte seine Taten; wußte wozu er fähig war. Und sie ahnte warum er gekommen war. Er war gekommen um sie zu töten.

Ich muß ihn ablenken. Ich muß mit ihm reden, dachte Jenny. Wenn sie es schaffte ihn in ein Gespräch zu verwickeln, konnte sie ihm vielleicht entkommen. Die Chance war klein; minimal. Doch es war immerhin eine Chance. Das war mehr als seine früheren Opfer gehabt hatten. „Angel, ich hab gute Neuigkeiten“, sprach sie. Angelus nickte. „Ich weiß. Ich hab schon davon gehört.“ Er kicherte. Angelus beugte sich vor, in der Art, als müßte er einem Kind etwas wichtiges erklären. „Du hast eingekauft, richtig? In diesem Zauberladen.“ Sein Blick glitt über den Schreibtisch und blieb bei einer glänzenden Kugel hängen. Die Kugel, die Jenny gekauft hatte. Vorsichtig nahm er die Kugel in seine Hand und betrachtete sie eingehend.

Er senkte seine Stimme und gefährlich fuhr er fort: „Die Thesulah Kugel! Hätte nicht gedacht, daß ich so ein Ding jemals wieder in den Händen halte. Das ist nicht die erste Kristallkugel, die ich in den Händen halte, mußt du wissen. Ich kenne sogar noch ihre Geschichte. Die Kugel von Thesulah sammelt die Seelen des Äthers in sich. Sie trägt sie solange in sich bis die Seele an einen Dämon übertragen wird.“ Angelus hielt die Kugel hoch; betrachtete sie im Dunkeln des Raumes.

„Soll ich dir sagen, Jenny, was ich an diesen Dingern wirklich hasse?“ Seine Stimme klang nun wieder sanft. Doch Jenny wußte, es war trügerisch. Er spielte mit ihr. Er spielte genauso mit ihr wie mit seinen früheren Opfern. Im nächsten Moment warf Angelus die Kugel an die Tafel. Mit einen lauten Knall zersprang sie nahe an Jennys Kopf. Jenny schrie auf und zuckte zusammen. Sie hob ihre Hände und duckte sich; um sich von den herumfliegenden Splittern zu schützen.

„Diese Dinger sind so schrecklich empfindlich. Sie zerbrechen so schnell. Liegt wohl an der schlechten Herstellung der Zigeuner, oder?“ Mit gefährlichen Blick sah er Jenny an. Jenny zitterte, doch sie ermahnte sich ruhig zu bleiben. Jennys Hand umschloß den Türgriff. Verzweifelt rüttelte sie daran. Doch die Tür ging nicht auf. Er wird mich umbringen, dachte Jenny panisch.

Angelus richtete seine Aufmerksamkeit auf Jennys Computer. Er bekam ihren Fluchtversuch mit, doch er ignorierte die Versuche. Wußte er doch, daß sie durch diese Tür nicht kam weil sie verschlossen war. „Ich bin immer wieder aufs Neue überrascht wie sich die Welt in den letzten 250 Jahren verändert hat; welche Fortschritte die Wissenschaft gemacht hat.“ Angelus drehte den Bildschirm zu sich und studierte den übersetzten Text des Rituals.

„Das hier ist für mich wirklich ein Wunder“, sprach Angelus weiter. „Du gibst das Geheimnis der Formel, die meine Seele wiederherstellt, hier ein ...“ Mit seinen vampiristischen Kräfte gab er den Computer einen Stoß und schleuderte ihn auf den Boden. Der Monitor knallte mit einen lauten Geräusch auf dem Boden und zerbrach. Sofort fing der Bildschirm Feuer.

„Und da kommt der Text dann raus“, meinte er und nahm den Ausdruck des Druckers an sich. „Ich kann es kaum glauben“, sprach Angelus verwundert. „Der Text für die Wiederherstellung einer Dämonenseele. Ich bin wirklich überrascht.“ Er kicherte leise. Dann riß er den Ausdruck mit einer Bewegung auseinander. „Nicht“, rief Jenny entsetzt. „Das ist ...“ „Meine Medizin?“ fragte Angelus. Er schüttelte den Kopf.

Angelus verzog entschuldigend das Gesicht und zerriß den Ausdruck in kleinere Stücke. „Danke, daß brauche ich nicht mehr; hatte ich schon. Ich sehe wirklich nicht ein warum sich die Geschichte wiederholen muß. Ich hab schon viel zulange gelitten. Es reicht. Ich werde das nicht wiederholen was dein Stamm mir schon einmal angetan hat.“ Angelus warf die Blätter ins Feuer.

Angelus kniete sich vor den brennenden Computer und hielt seine Hände davor als würde er sie wärmen wollen. „Ich hab den Computer erwischt und die Seiten zerstört. Da habe ich zwei Sachen auf einmal erwischt und vernichtet.“ Noch einmal rüttelte Jenny an der Tür, doch sie ging einfach nicht auf. Jenny blickte zur anderen Tür. Ich muß die erreichen, dachte sie. Vorsichtig bewegte sie sich. Ihr Herz zersprang fast vor Angst. Er tötet mich wenn ich die Tür nicht erreiche, dachte sie. Gott, was haben wir nur getan? Sie war nahe daran vor Furcht zu weinen. Reiß dich zusammen, ermahnte sie sich selbst. Langsam setzte sie einen Fuß nach dem anderen.

Angelus kniete noch immer vor dem Feuer, dann drehte er ihr plötzlich das Gesicht zu. Was Jenny sah, bestätigte ihr Gewissen. Er war hier um sie zu töten. Es schien als hätte er genug mit ihr gespielt. Angelus blickte sie mit glühend gelben Augen an und entblößte seine Fangzähne bei einem falschen Lächeln. „Und wenn ich die Lehrerin erwische, habe ich alles vernichtet, worum ich heute hierher gekommen bin.“ Renn, sprach eine Stimme in Jenny. Wenn du jetzt nicht läufst hast du keine Chance mehr. Und sie folgte ihrer inneren Stimme und lief los.

Der Vampir sprang auf und schoß nach vorne. Er packte Jenny an der Taille und wirbelte sie herum. Die Tür entfernte sich immer mehr von ihr. Verzweifelt wehrte sich Jenny, doch gegen seine übernatürlichen Kräfte hatte sie keine Chance. Angelus kicherte krank und warf Jenny gegen die Tür, durch die sie zuerst fliehen wollte. Mit einen Ruck flog die Tür aus den Angeln als sie dagegen prallte. Mit der Tür schlitterte sie über den Boden. Für einen Moment wußte Jenny nicht wo sie war. Sie schüttelte den Kopf und blickte auf. Panisch sah sie in die Fratze des Vampirs, der eiskalt lachte.

Für einen kurzen Moment konnte Jenny sich nicht bewegen. Aus dem Augenwinkel heraus sah sie wie Angelus sich ihr näherte. Ich muß hier weg, dachte sie panisch. Ihre Angst trieb sie an wie noch nie zuvor. Noch nie zuvor hatte sie auch eine solche Angst verspürt. Sie rappelte sich auf und rannte los. Jenny flüchtete über den Flur. „Das gefällt mir“, knurrte der Vampir angetan. „Ein wenig Bewegung schadet dem Hunger nie. Das macht das Ganze erst recht interessant.“ Und dann folgte er ihr.

Jenny fürchtete um ihr Leben. Und sie rannte um ihr Leben. Sie wußte genau: Wenn Angelus sie in die Finger bekam war sie tot. Sie würde nicht mehr die Möglichkeit haben den Fluch zu erneuern oder was noch schlimmer war ... sie würde Rupert nie wiedersehen - wenn sie Angelus nicht entkam. Ihre Absätze hallten auf dem Boden wider. Jenny sah eine der vielen Schwingtüren vor sich. Sie flog regelrecht darauf zu und wollte die Türen aufstoßen. Doch die Tür ging nicht auf. Sie war verschlossen.

Verdammt, dachte Jenny und sie drehte sich um. Ihre Nackenhaare stellten sich auf. Hinter eine der Schwingtüren sah sie die Silhouette des Vampirs. Angelus war ihr schon gefährlich nahe. Oh Gott, er wird mich wirklich töten, dachte sie panisch. Sie wandte sich an den nächsten Ausgang und rannte. Immer wieder blickte sie sich um. Und jedesmal war Angelus noch näher an ihr dran. Er hatte sie schon fast eingeholt.

Jenny wußte, er hatte Spaß daran. Er jagte sie. Wie ein Tier jagte er sie durch die Korridore der Schule. Und er wußte, irgendwann würde sie in ihrer Angst einen Fehler machen. Als Jenny auf die nächste Tür zu rannte, befürchtete sie schon, daß diese auch verschlossen war. Sie warf sich dagegen und mit einem kräftigeren Stoß von Jenny gab die Tür mit einen Ruck nach. Jenny wußte, die Tür aufzukriegen hatte sie Zeit gekostet. Er konnte schon fast nach ihr greifen.

Sie hörte, wie er in freudiger Erwartung hinter ihr knurrte. Jenny schlüpfte durch die Tür und schlug sie zu. Angelus prallte dagegen. Jenny kümmerte sich nicht darum sondern rannte weiter. Sie hatte erneut ein paar kostbare Sekunden gespart. Vielleicht retteten diese paar Sekunden ihr das Leben. Das Licht zeichnete Schatten auf dem Flur. Angelus kam erneut näher; hatte sich von der Tür-Attacke schnell erholt.

Vor Jenny stand der Putzwagen des Hausmeisters. Sie sah ihre Chance. Jenny lief an den Wagen vorbei. Sie stoppte, griff danach und stieß ihn gegen Angelus. Der Vampir konnte nicht mehr abbremsen oder ausweichen. Er donnerte krachend gegen den Putzwagen und fiel mit dem Gerät zu Boden. In der Schule ertönte ein schrecklicher Krach. Jenny rannte die Stufe hinauf, die sich vor ihr auftat. Sie hastete die Treppe hinauf. Erst oben warf sie einen Blick über ihre Schulter. Angelus befand sich nicht mehr auf dem Platz, wo er zu Boden gefallen war. Im nächsten Moment stieß sie gegen etwas. Jenny wirbelte mit dem Gesicht herum und erkannte, daß sie Angelus direkt in die Arme gelaufen war.

Es ist vorbei. Ich habe verloren, dachte sie sofort. Sie wollte noch etwas sagen, doch Angelus legte ihr einen Finger auf dem Mund und befahl ihr zu schweigen. Er lachte kalt. Es war das schrecklichste Lachen, das sie jemals gehört hatte. Jenny starrte ihn an während sie atemlos nach Luft schnappte. Sie konnte nicht mehr denken; nichts mehr sagen. Ihr Puls raste. Angst breitete sich in ihrem ganzen Körper aus und lähmte sie. Sie wußte, es war vorbei.

Ihr letzter Gedanke galt Rupert. Ich werde nie die Möglichkeit haben herauszufinden ob er mir wirklich verziehen hat, dachte sie traurig. Tränen stiegen in ihren Augen auf als sie daran dachte. Rupert Giles würde wohl nie erfahren das Jenny den Fluch entschlüsselt hatte. Und auch Sarah würde es nie erfahren. Was das bedeutete wußte Jenny. Es tut mir leid, Sarah, sprach sie im Stillen. Das alles habe ich nie gewollt. Ihre Augen begegneten den kalten Blick des Vampirs.

„Sorry, Jenny. Es wird Zeit für dich zu sterben“, flüsterte er mit sanfter Stimme. Im nächsten Augenblick umfaßte er ihren Kopf und drehte ihn herum. Er brach ihr das Genick. Der Klang des Bruches erfüllte die Hallen der Schule. Angelus gab ihren toten Körper frei, der sofort zu Boden sank. Der Vampir legte den Kopf in den Nacken und lachte dann laut. „Ich liebe es das zu tun“, rief er und langsam ging er aus dem Gebäude. Er warf keinen Blick zurück.

~ 5. ~

Giles klopfte an die Tür der Summers. Es war Willow, die ihm öffnete. „Hallo Willow“, sprach Giles. „Kommen Sie rein“, meinte Willow gut gelaunt. Es freute sie zu wissen das der Bannspruch tatsächlich wirkte. Sie würde wieder ein gutes Gefühl in ihrem Zimmer haben. Sie konnte sich wieder sicher fühlen; wenigstens zu Hause. Sie reichte Giles das Buch, in dem der Bannspruch stand. „Danke, Giles.“ „Hat es gewirkt?“ „Ja, der Bannspruch wirkt. Angel ist nicht reingekommen. Bis dahin war noch alles okay.“ „Er war hier?“ fragte Giles und er bekam ein mulmiges Gefühl.

„Ja, er hat ... er hat Sarahs Mom erzählt, daß er mit ihr ... Na, Sie wissen schon“, stammelte Willow. „Sie wissen doch Bescheid, oder?“ Nicht das ich jetzt zuviel ausgeplaudert habe, dachte sie besorgt. Giles nickte. „Ja, ich weiß es.“ Willow nickte und stieß erleichtert die Luft aus. „Ich muß sagen, Sie hätten dabei sein sollen. Sie wären stolz auf Sarah gewesen. Wenn man bedenkt wie weh ihr Angels Verwandlung tut, ist sie wirklich total cool geblieben.“ „Das ist schön zu hören. Ich werde den Bannspruch dann bei meiner Wohnung durchführen.“ Willow lächelte kurzangebunden.

„Ach ja, Sie müssen das auch noch machen.“ „Ja, allerdings. Richte Sarah bitte aus das ich hier war, okay?“ „Natürlich sag ich ihr Bescheid.“ Giles war schon im Begriff zu gehen als er sich zu Willow umdrehte. „Denkst du, ich sollte mit Sarahs Mom sprechen?“ „Und was wollen Sie ihr sagen?“ Giles überlegte einen Moment und ihm wurde klar, daß es doch keine so gute Idee war. „Ich denke, Sarah muß da alleine durch“, sprach Willow und sie hielt Giles die Haustür auf damit er würdevoll gehen konnte. Giles verstand den Wink und verließ das Summers-Haus. Er erinnerte sich daran das Jenny noch vorbei kommen wollte. So schnell wie möglich wollte Giles nach Hause um dazusein wenn Jenny kam.

Die angespannte Atmosphäre in ihrem Zimmer konnte Sarah beinahe greifen. Sie saß auf dem Bett während ihre Mutter auf und ab lief. Sarah räusperte sich und versuchte ihrer Mutter zu erklären was dieses Ritual mit dem Latein auf sich hatte. „Angel ist abergläubisch. Deshalb haben wir das mit dem Latein getan. Es hat keine Bedeutung. Aber er ist schrecklich abergläubisch und ... nun ja, du weißt schon ... Er glaubt eben an solche Sachen.“ Joyce nickte als ob sie verstehen würde. Doch sie verstand rein gar nichts. Das, was dieser junge Mann ihr mitgeteilt hatte, war ein zu großer Schock für sie.

Sie hatte gewußt, daß der Tag kommen würde an dem ihre Tochter auch in dieser Hinsicht ihre Erfahrungen sammeln würde, doch jetzt ... jetzt war er da und das kam für Joyce etwas zu schnell. Sie setzte sich vor Sarahs Schminktisch und musterte ihre Tochter mit einem strengen Blick. Sarah zuckte mit den Schultern und versuchte es ihrer Mutter noch einmal zu erklären. „Weißt du, wir waren der Meinung, wenn wir das machen, daß es ihn ...“ „War er der Erste mit dem du geschlafen hast?“ fragte Joyce auf einmal dazwischen. Sie mußte es einfach wissen.

Sarah holte Luft. „Mom, ich ...“ „Nein, weich mir nicht aus. Ich will es jetzt wissen. Du kannst mir nicht immer ausweichen. Ich will eine Antwort, Sarah.“ Sarah nickte nur. „Du weißt, daß er viel älter ist als du. Das sieht man ihn an.“ Am liebsten hätte Sarah laut aufgelacht. Viel älter als ich, dachte sie. Wenn du wüßtest, Mom. Doch statt zu lachen nickte sie erneut. „Ich weiß, das er älter ist als ich“, sprach sie mit leiser Stimme. Sie wollte mit ihrer Mutter nicht darüber sprechen. Woher konnte ihre Mom auch wissen wie sie sich fühlte? Die Sache mit Angel war so anders als das was ihre Mom glaubte.

Joyce blickte ihre Tochter streng an. „Sarah, er ist viel zu alt für dich. Und er ist nicht sehr stabil. Er hat den Eindruck auf mich gehabt als wäre er seelisch nicht sehr stark; als wäre er sehr labil. Ich hab wirklich gedacht, du hättest eine bessere Menschenkenntnis.“ Sarah senkte ihren Blick; konnte ihre Mutter nicht anschauen.

Was sollte sie auch sagen? Das er vorher noch seine Seele gehabt hatte? Das er sie mehr liebte als alles andere auf der Welt? Ich will sterben, dachte Sarah den Tränen nahe. Hab ich den nicht schon genug durchgemacht? Muß ich jetzt noch meiner Mom erklären wie weh er mir getan hat? Reicht nicht schon der Schmerz, den Angel mir zugefügt hat?

Am liebsten würde sie ihr Gesicht in ihren Händen vergraben; sich zusammenrollen und für ein paar Stunden vergessen was geschehen war; was Angel ihr schon alles angetan hatte. Sie blickte ihre Mutter an. Ich kann es dir nicht erklären, sprach sie still. „Er war ... nicht so als ich ihn kennengelernt habe. Er war anders.“ Ja, daß stimmt, dachte Sarah. Er war nicht böse und er war nicht so gemein. Er hatte seine dämonische Seite nicht so ausgelebt. Er war vorher kein grausamer Vampir, der jetzt versuchte sie mit allen Mitteln zu schwächen.

„Liebst du ihn noch?“ fragte Joyce. Sarah schüttelte den Kopf und log. „Nein, es ist vorbei.“ Gott, Angel, warum tust du mir das an? flehte sie im Stillen. Es war eine Lüge. Ihr Herz schlug noch für Angel. Sie liebte ihn noch. Und er wußte es. Dieses Wissen nutzte Angel gnadenlos aus. Er spielte mit ihr; spielte mit ihrer Trauer und jede Attacke seinerseits war wie eine Pfeilspitze, die sich durch Sarahs Herz bohrte und ihr Herz bluten ließ.

„Hast du an Verhütung gedacht?“ fragte Joyce streng. Wieder schlich sich Ironie in Sarahs Körper. Bei einem Vampir ist das kein Thema, dachte sie. Das ist eine Frage, die mich nicht betrifft, dachte sie. „Ich will eine Antwort, Sarah.“ Sarah wand den Blick. Sie konnte diese Frage nicht beantworten. „Mom, daß ist jetzt wirklich nicht der ...“ „Sag bloß nicht in diesen Ton Mom zu mir“, befahl Joyce streng.

„Du warst mit diesem jungen Mann zusammen. Du hast mit ihm geschlafen und du hast mit keinen Wort erwähnt das du einen Freund hast. Noch dazu hast du dich mit einen jungen Mann eingelassen, der unglaublich labil ist. Also, wage es bloß nicht, mir zu sagen, daß sei nicht der richtige Moment für eine solche Frage“, wies Joyce ihre Tochter scharf zurecht.

„Es war ein Fehler“, gab Sarah zu. „Es tut mir leid, daß ich dir nichts davon erzählt habe. Aber ... die Sache mit ihm war kompliziert und ...“ „Ich bin deine Mutter, Sarah. Es ist mein gutes Recht solche Dinge zu erfahren. Wenn du einen Fehler gemacht hast mußt du auch dazu stehen und nicht versuchen ihn vor mir geheim zu halten.“ Sarah hielt angestrengt ihre Tränen zurück.

Am liebsten hätte sie sich jetzt aufs Bett geworfen und geheult. War es nicht schon schlimm genug Angel verloren zu haben? War es nicht schon schlimm genug so darunter zu leiden? Ihn nicht loslassen zu können? Mußte ihre Mutter sie nun auch noch zurecht weisen und ihr ins Gesicht sagen was für einen Fehler sie gemacht hatte? Ich kann ihr einfach nicht alles erzählen. Es geht nicht, dachte Sarah traurig.

„Ich kann darüber nicht sprechen, Mom. Ich kann es dir nicht erzählen“, murmelte Sarah. Joyce seufzte. „Wie wäre es mit einen kleinen Teil?“ fragte Joyce. Sarah schüttelte verneinend den Kopf. „Es geht nicht.“ „Sarah, ich bin noch immer deine Mutter. Du kannst mich aus deinen Leben raushalten, daran habe ich mich inzwischen gewöhnt. Doch fang nicht an von mir zu erwarten, daß ich mir keine Sorgen mehr um dich mache. Das wird niemals passieren. Du bist meine Tochter. Ich liebe dich mehr als alles andere in meinen Leben.“ Joyce erhob sich und setzte sich neben ihre Tochter auf das Bett.

„Eigentlich solltest du jetzt die Augen verdrehen und sagen das ich dich nerve.“ Tränen glitzerten in Sarahs Augen. Sie schüttelte den Kopf. „Nein, du gehst mir nicht auf die Nerven“, flüsterte sie. Und sie schwiegen für einen Moment. „Okay, ich werde es dabei belassen. Aber wenn du reden willst, bitte komm zu mir und rede mit mir.“ Sarah nickte. „Ich weiß, es tut noch weh. Doch bald wirst du über ihn hinweg gekommen sein und jemand anderen finden. Angel ist nicht der einzige junge Mann auf der Welt. Es gibt andere und bessere.“ Joyce drückte die Hand ihrer Tochter und ließ sie allein. Sarah ließ ihrer Trauer nun freien Lauf. Tränen rieselten über ihre Wange. „Doch für mich ist Angel der Einzige auf der Welt. Für mich gibt es keinen anderen“, murmelte Sarah als die Tür ins Schloß fiel.

Als Giles nach Hause kam sah er die langstielige Rose sofort, die hinter der Klinke seiner Haustür steckte. Automatisch verzogen sich seine Lippen zu einen Lächeln. Jenny war schon da. Es freute ihn. Sie war da und sie würden sich versöhnen. Er würde ihr endlich sagen, daß er ihr verzieh und das er sie liebte. Sie hatte es ihm gestanden. Und jetzt war er an der Reihe. Er würde es ihr heute Abend sagen. Giles griff nach der Rose und roch daran. Dann öffnete er die Tür und betrat das Wohnzimmer. „Jenny?“ rief er und er schloß die Tür hinter sich.

Er bekam keine Antwort. Die Wohnung wurde von leisen Klängen erfüllt. Giles erkannte das es La Boheme von Puccini war. Er lächelte erneut. Giles legte seinen Mantel ab. Er blickte sich um. Der Raum war mit Kerzen beleuchtet, die überall standen und auf dem Tisch stand ein Kühler mit einer Flasche Champagner. Daneben stand ein Zettel und ein Umschlag. Beides war aus braunen Pergamentpapier.

Giles nahm den Zettel an sich und las: „Oben.“ Er nahm die Champagnerflasche aus dem Kühler, nahm noch zwei Gläser an sich und stieg langsam die Stufen hinauf, wo sein Schlafzimmer war. Während er die Stufen nahm bemerkte er, das Rosenblätter auf dem Boden verstreut waren. Kerzen standen parallel zueinander und schienen ihm den Weg zu zeigen. Er fühlte sich frei und jünger als jemals zuvor in seinen Leben. Giles ließ sich von der Musik treiben.

Die Musik erreichte ihren Höhepunkt. Voller Inbrunst ertönten die Stimmen der Musiker. Jede Stufe, die Giles nahm, brachte ihn Jenny näher. Endlich würden sie sich versöhnen. Er hatte sich so sehr nach ihr gesehnt. Im Stillen dankte Giles Sarah, daß sie mit Jenny gesprochen hatte und ihr erzählt hatte wie er sich fühlte. Seine Jägerin hatte den Stein zur Versöhnung ins Rollen gebracht. Und dafür war er ihr unendlich dankbar. Sie wollte, daß ihr Wächter glücklich war - wenn sie es schon nicht war. Dafür achtete Giles Sarah noch mehr. Dies war ihre Art um ihm zu zeigen wie sehr sie ihn und seine Arbeit schätzte. Doch nun galten seine Gedanken nur noch Jenny.

Als er die letzten Stufen nahm entdeckte er sie. Sie trug noch das schöne Kleid, daß sie in der Schule getragen hatte. Sie lag auf den Bett. Ihr dunkles Haar lag ausgebreitet auf den Kissen. Ihre Augen waren geschlossen. Im fahlen Lichtschein der Kerzen wirkte ihr Gesicht noch zarter und schöner als im vollen Licht. Giles spürte, wie sein Herz wild zu pochen anfing als er sie erblickte. Sie lag still da. So als schliefe sie ... Doch da sah Giles, daß ihre Augen starr auf die Decke blickten ... Mein Gott, bitte nicht, flehte er. Sie schlief nicht. Jenny lag da als wäre sie ... Aus Giles’ Hand glitt die Champagnerflasche und die beiden Gläser. Klirrend krachten sie auf den Boden und zersprangen laut. Da lag die Frau, die er liebte ... tot ...

Giles nahm nichts mehr um sich herum wahr. Er war geschockt. Es war, als wäre er in ein tiefes Loch gefallen. Er konnte es noch immer nicht glauben. Jenny hatte in seinen Bett gelegen - tot. Vor Giles’ Augen verschwamm alles. Streifenwagen standen vor seinen Haus. Giles sah, wie zwei Männer den Leichensack die Stufen hinunter schleppten. Da war sie drin. Leblos. Giles wandte sich sofort ab. Er konnte das nicht sehen.

Ein Polizist stellte sich zu ihm und sprach: „Mr. Giles, Sie müssen bitte mit aufs Revier kommen. Wir haben da noch ein paar Fragen.“ Giles blickte den Polizisten lange an. So als könnte er nicht glauben was er da sagte. Doch Giles wußte, dieser Polizist tat nur seine Pflicht. Erst dann versuchte er sich zusammenzureißen. „Ich verstehe, die Formalitäten! Natürlich komme ich mit. Ich möchte ... nur gerne vorher telefonieren, wenn das möglich ist. Ich muß ... jemanden Bescheid sagen.“ Der Polizist nickte und Giles griff wie betäubt nach dem Telefonhörer.

Angelus stand unter einem Baum. Die Äste hingen herab und verdeckten seine Gestalt ein wenig. Doch er hatte noch einen guten Blick zum Haus, das er beobachtete. Er sah Sarah und Willow durch das Fenster des Eßzimmers. Und er sah Sarah an der Nasenspitze an, daß das Gespräch mit ihrer Mutter nicht sehr einfach für sie gewesen war. Er grinste zufrieden vor sich hin.

„Wie war es?“ fragte Willow. Sarah zuckte mit den Schultern. „Es geht“, antwortete sie ohne große Gefühle. Bevor Willow darauf etwas sagen konnte klingelte das Telefon. Angelus’ Grinsen wurde breiter. Er wußte, von wem der Anruf kam. Es war Zeit. Giles mußte sie schon längst gefunden haben. Angelus trat zwei Schritte nach vorne und beugte sich vor. Er wollte die Reaktionen der beiden Mädchen auf diese schreckliche Nachricht absolut klar sehen.

Sarah eilte zum Telefon und drückte den Hörer des schnurlosen Telefons an ihr Ohr. „Hallo?“ „Sarah, ich bin’s“, sprach Giles monoton am anderen Ende der Leitung. „Hi Giles! Was ist los?“ Sarah erkannte an der Stimme ihres Wächters das etwas nicht in Ordnung war. Er schluckte schwer. „Jenny ... sie ist tot“, gestand er. „Was?“ flüsterte Sarah. Sie konnte nicht glauben was sie da hörte. „Sie ist tot“, sprach er noch einmal. Der Hörer glitt wie in Zeitlupe aus Sarahs Hand.

Sie sackte in sich zusammen. Willow blickte Sarah verwundert an und griff nach dem Hörer. „Giles? Hallo, was ist ...“ Und Giles teilte auch Willow mit was geschehen war. Dann legte er auf. Willow brach in ein lautes Schluchzen aus. Sarah saß mit angezogenen Knien am Boden und starrte geschockt vor sich hin. Sie konnte nicht mehr denken; nichts mehr wahrnehmen. In diesem Moment kam Joyce herbei gelaufen. Sie sah ihre geschockte Tochter am Boden und Willow weinte. „Was ist den los?“ fragte sie. Joyce nahm Willow in die Arme und versuchte das rothaarige Mädchen zu trösten.

Angelus beobachtete die Szene aus der Ferne. „Was macht einen zufriedener?“ fragte er sich laut. Das Weinen von Willow? Oder eine Jägerin, die so geschockt ist, daß sie sich nicht mehr auf den Beinen halten kann? Der Schock einer Jägerin, die nicht einmal weinen konnte? Angelus nickte. Beides war befriedigend. Auf die eine oder andere Art. Er sah, wie Sarah ihren Kopf auf ihre Knie legte.

Ja, das Ende ist nah, meine liebliche, süße Sarah, sprach der Vampir im Stillen. Dann drehte er sich um und ging langsam in der Dunkelheit davon. Er ließ die Jägerin allein mit ihrem Schmerz zurück. Sie wußte, wer Jenny getötet hatte. Meine Arbeit ist momentan beendet, dachte Angelus. Er warf einen kurzen Blick zurück auf die Jägerin. „Schon bald werden wir beide uns wiedersehen“, versprach er ihr und er wurde eins mit der Dunkelheit.

Gemeinsam mit Willow stand Sarah am Straßenrand vor ihrem Haus und wartete ungeduldig auf ihre Freunde. Der Schock saß tief. Noch immer konnten die beiden Mädchen nicht glauben was geschehen war. Er hatte es tatsächlich getan. Angelus hatte aus seiner Jagd mehr gemacht. Er war den Schritt gegangen. Er hatte Jenny getötet. Eine von ihnen.

Hätte ich ihr doch nur gesagt, das ich ihr verzeihe, dachte Sarah beschämend. Es war zu spät. Jenny war tot. Sie konnte ihr nicht mehr sagen, was sie ihr sagen wollte. Und sie machte sich Sorgen um ihren Wächter. Sie mußte einfach zu Giles. Er war immer für sie da gewesen. Nun würde es umgekehrt sein. Da fuhr ein rotes Auto an den Straßenrand. Xander und Cordelia stiegen aus.

Auch sie wirkten wie betäubt. „Wart ihr auf dem Polizeirevier?“ fragte Sarah mit gedämpfter Stimme. Xander nickte. „Er war schon weg als wir hinkamen“, erklärte er. „Sie sagten, er würde keine weiteren Schwierigkeiten bekommen. Er mußte lediglich ein paar formelle Fragen beantworten.“ „Das ist gut. Cordelia, fährst du mich bitte zu Giles?“ fragte Sarah. „Sicher“, sprach die dunkelhaarige Schönheit. Willow blickte Sarah an. „Glaubst du, er will uns jetzt sehen? Er will sicher allein sein.“ „Das ist mir egal. Mir ist egal, ob er allein sein will. Doch es ist mir nicht egal was er jetzt tun wird“, sprach sie. Die Gang stieg ein und der Wagen brauste in der Dunkelheit die Straße hinunter.

Giles war zu Hause. Er holte aus seiner Waffenkiste ein Schwert. Es hatte eine lange, scharfe Klinge. Der Wächter schüttelte betäubt den Kopf. Das war nicht das Richtige. Zielsicher holte er verschiedene Waffen aus seiner Kiste und verstaute sie in einer Tasche. Holzpflöcke, Weihwasser, Tränengas, ein Baseballschläger, eine Pistole und zu guter Letzt auch noch die Armbrust mit den Pfeilen. Er schloß die Tasche und die Waffenkiste. Dann verließ er seine Wohnung.

Er war voller Hass; voller Wut. Seine Miene zeigte keine Regung. Es war ausdruckslos. Und zum zweiten Mal hatte er den Umschlag aus Pergamentpapier auf seinen Tisch nicht bemerkt. Der Umschlag lag da und wartete darauf geöffnet zu werden. In dem Umschlag fand sich eine Zeichnung wider, die allein für ihn bestimmt war. Die Zeichnung war von Angelus. Die besagte Zeichnung zeigte Jennys Gesicht auf dem Kissen von Giles. Die Zeichnung zeigte Jenny Calendar tot.

~ 6. ~

Sarah löste das Absperrband der Polizei, daß quer vor Giles’ Tür hing. Sie öffnete die Tür und trat ein. „Giles?“ rief sie. Doch sie bekam keine Antwort. Die Gang folgte ihr. Xander entdeckte den Kühler und meinte: „Giles hatte wohl noch etwas vor.“ Sarah schüttelte den Kopf. „Das war nicht Giles. Das hat Angel hergerichtet. Das war die nette Vorbereitung auf sein Geschenk.“ Sie sah den Umschlag und öffnete ihn. Sie reichte die Zeichnung Xander. „Das war eindeutig Angel“, verkündete sie.

Xander legte die Zeichnung wieder auf den Tisch zurück. Während Sarah die Stufen hochstieg um oben nachzusehen, wurde ihr klar, daß sie akzeptieren mußte was geschehen war. Angel gab es nicht mehr, daß wurde ihr immer deutlicher klar. Sie mußte akzeptieren, daß ihr Angel nicht mehr existierte. Ihr Angel, der sie geliebt hatte, war tot. Es gab nur noch diesen Dämon, der in Angels Körper wohnte. Mehr war nicht mehr da - außer das Antlitz von Angel. Und selbst das hatte sich verändert.

Seine Augen und sein Lächeln waren kalt. Seine Ausstrahlung war es. Angel war tot. Sarah blickte auf das Bett von Giles. „Ich werde dich immer lieben, Angel“, flüsterte sie. „Doch jetzt bist du tot. Und ich ... muß endlich meine Pflicht erledigen.“ Sie mußte es einfach akzeptieren. Eine andere Wahl hatte sie nicht. Doch es tat so weh. Bis sie vollkommen akzeptiert hatte, daß es ihren Angel nicht mehr gab, würde noch ein wenig Zeit vergehen. Das wußte sie.

„Sarah!“ Willows Ruf holte sie aus ihren Gedanken. Sie drehte dem Schlafzimmer den Rücken zu und stieg die Treppe wieder hinunter. „Giles’ Waffen sind weg“, sprach Willow und sie deutete auf die leere Waffenkiste. „Bewahrt er seine Waffen nicht in der Bibliothek auf?“ mischte sich Cordelia ein. Sarah schüttelte verneinend den Kopf. „Nur die Waffen, die ich alltäglich brauche. Seine besonderen Waffen behält er hier auf. Waffen, die nur verwendet werden wenn er ungebetenen Besuch bekommt“, erklärte sie sorgenvoll.

Die Jägerin blieb am Absatz der Treppe stehen. „Das ist gar nicht gut“, murmelte sie. „Wo kann Giles nur sein?“ fragte Willow. Sarah hob den Blick und sah ihre Freundin an. „Er ist da wo Angel sich aufhält.“ „Er ist in die Fabrik gegangen, richtig?“ Sarah nickte. „Giles wird also Angel töten wollen“, schloß Cordelia. Wieder nickte Sarah nur. Xander schaltete sich mit bitterer Stimme ein. „Es wird Zeit, daß endlich jemand diesen Killer aus den Weg räumt.“ „Xander“, rief Willow entsetzt. Doch Xander ignorierte Willow einfach und fuhr fort.

„Hey, ihr dürft nicht vergessen, daß ich Angel noch nie mochte. Ich hab euch immer vor ihm gewarnt, doch ihr habt nicht auf mich gehört. Ihr alle wart ziemlich blind wenn es um Angel ging“, sprach er entschlossen. Xander drehte sich zu Sarah um und blickte sie ernst an. „Giles will den Kerl töten, der seine Freundin ermordet hat. Ich finde das okay. Und wenn er es tut, sage ich nur: Prima, es wird Zeit das er krepiert.“ Sarah blickte Xander lange an.

Er erwiderte ihren Blick. Und seit Angels Verwandlung sah er noch etwas anderes außer Trauer in ihrem Blick. Er sah Entschlossenheit. Sie hatte Angst um ihren Wächter. Und das schien sie wieder stark zu machen. „Nur hat Giles’ Plan einen entscheidenden Fehler“, sprach sie ruhig. „Und welchen?“ fragte Xander. „Giles wird dabei umkommen. Angel wird ihn töten.“

Angelus beobachtete amüsiert die Reaktion von Spike. Gerade hatte er ihnen erzählt wie er die Jägerin aufs Neue hatte schocken können. „Sag mal, hast du sie noch alle?“ rief Spike aufgebracht. „Du sollst dieses Mädchen endlich töten. Und keine dummen Spielchen mit ihr spielen, wo du solch üble Geschenke bei ihren Freunden hinterläßt.“ „Spike“, schnurrte Drusilla. „Dieses Zigeunermädchen hat probiert Angelus wieder zahm zu machen. Sie wollte der Finsternis ihren Sohn wegnehmen.“ Spike zuckte mit den Schultern.

„Und? Wen juckst? Wenn ich ehrlich bin ... den alten Angel mochte ich lieber. Der war der Schoßhund der Jägerin und turtelte verliebt mit ihr herum. Wenn ich mir jetzt diese extreme Neufassung von ihm ansehe ...“ Angelus unterbrach Spike. „Hey, reg dich ab! Es ist alles in Ordnung. Ich weiß schon was ich tue.“ „Leute, ich liebe ein Massaker genauso sehr wie ihr. Aber ich habe keine Lust auf eine wütende Jägerin, die uns auf ihre Todesliste setzt. Nur weil er sich nicht zurückhalten kann und mit ihr und ihren Freunden diese dummen Spielchen treibt“, schnauzte Spike die Beiden an. Angelus zuckte lässig mit den Schultern. „Ich hab alles unter Kontrolle“, sprach er zufrieden über seinen kleinen Scherz.

Im nächsten Moment flog auch schon ein Molotow-Cocktail auf den Tisch und setzte diesen in Brand. Die Vampire brachten sich sofort hinten den hochlehnigen Stühlen in Sicherheit. Bevor sie ganz verschwinden konnten, zischte ein Pfeil durch die Luft und traf Angelus an der Schulter. Er wurde überrascht und blieb stehen um den Pfeil herauszuziehen. Mit einem Ruck riß Angelus den Pfeil heraus und warf ihn zu Boden. Als er den Kopf hob, sah er Giles mit einen Baseballschläger in der Hand auf ihn zukommen. Der Baseballschläger brannte und bevor Angelus sich wehren konnte, wurde ihm ein harter Schlag damit verpaßt. Der Wächter holte noch einmal aus und noch ein harter Schlag folgte.

„Also wirklich“, stöhnte Angelus. „Die Holzpflöcke sind auch nicht mehr das was sie mal waren.“ Grimmig verzog er das Gesicht während er die Schmerzen, die der Wächter von Sarah ihm zugefügt hatte, ganz genau spürte. Und wieder brachte Giles mit dem Schläger einen harten Hieb an. Drusilla wollte eingreifen, doch Spike verhinderte da. „Oh nein, meine Liebe! Du darfst erst loslegen wenn er zu Boden geht.“ Giles brachte noch einige harte Schläge an, bevor Angelus es schaffte wieder auf die Beine zu kommen.

Angelus richtete sich zu seiner vollen Größe auf als er sah, wie der Baseballschläger erneut auf ihn niederraste. Diesmal umfaßte er den Arm des Wächters und blockte so seinen Schlag ab. „Nein, nicht mehr“, zischte Angelus wütend. Er packte Giles und hob ihn hoch, so das die Füße des Wächters den Boden nicht mehr berührten. Mit einen scheppern fiel der Schläger auf den Boden. Angelus’ harter Griff um Giles’ Kehle, hatte den Wächter ins Land der Träume geschickt. „Du hattest deinen Spaß, Wächter“, zischte Angelus gefährlich. „Doch weiß du, was jetzt passiert?“

Genau in diesem Moment wurde Angelus nach hinten geschleudert. Giles fiel bewußtlos zu Boden. „Ich bin dran“, rief Sarah voller Wut und trat Angelus in den Magen. Angelus krümmte sich ein wenig zusammen. Das Feuer breitete sich immer mehr aus und Angelus erkannte, daß sich Drusilla und Spike zurückzogen. In der nächsten Sekunde fiel er auf die Knie als die Jägerin ihn trat. Sie brachte noch einen Tritt an, dann richtete sich Angelus auf und schleuderte Sarah über seine Schulter hinweg. Sarah sah, wie der Boden auf sie zuraste. Verzweifelt versuchte sie ihr Gleichgewicht zu halten.

Das verschaffte Angelus die notwendigen Sekunden um über das Geländer zu springen und mit sicheren Beinen auf den Stufen zu landen. Er lief die Treppe hinauf. Sarah hatte ihr Gleichgewicht wieder bekommen und sie sah zu wie der Vampir die Treppe hochraste. Sie schnappte sich eine Stange und stieß sie durch die Spalte des Geländers. Angelus stolperte darüber und fiel zu Boden. Sofort war Sarah bei ihm, doch er trat mit voller Wucht nach ihr, so das sie rücklings auf einen Stapel Karton landete. Angelus sprang auf und rannte die Treppe hoch. Sarah ließ sich jedoch nicht abschütteln. Sie sprang auf einige Holzkisten und landete auf der Galerie vor Angelus.

Er grinste sie an. „Na, Kleine, wo ist deine Trauer?“ „Du wirst für Jennys Tod bezahlen. Und was noch wichtiger ist ... du wirst für Angels Tod bezahlen.“ Angelus lachte grausam und griff an. Die Flammen unter ihnen stiegen immer höher und setzten die ganze Fabrik in Brand. Und oben auf der Galerie kämpfte die Jägerin mit ihren schlimmsten Feind. Er setzte einen Schlag an, doch Sarah wich aus und holte ihn von den Beinen. Angelus gab einen überraschten Laut von sich als er zu Boden fiel.

Sarah nahm ein Seil an sich und schlang es um Angelus’ Hals. Sie zog brutal daran und schleuderte seinen Kopf von einer Seite zur anderen. Ihre Trauerzeit war vorbei, daß erkannte Angelus. In ihren Augen sah er noch Liebe, doch die galt einen Vampir, der tot war. Diese Liebe galt seinen alten - zahmen - Ich. Die Angst um ihren Wächter hatte sie neu motiviert; hatte ihr neue Lebenskraft gegeben und die Erkenntnis das sie Angel für immer verloren hatte. Sie war endlich bereit sich Angelus zu stellen; gegen ihn zu kämpfen und ihn zu vernichten. Sie wußte, er war nicht Angel. Er hatte sein Gesicht, doch er war es nicht. Sein Lächeln war eiskalt und nicht zärtlich so wie einst. Angel war tot. Sie hatte Angelus vor sich - den grausamsten Vampir aller Zeiten.

Sarah stützte einen Fuß an seiner Brust ab und drückte ihn brutal nach hinten. Mit einer einzigen, heftigen Handbewegung schleuderte Angelus das Seil von seinen Hals und warf damit auch die Jägerin nach hinten. Sie rappelte sich jedoch sofort wieder hoch. Im nächsten Moment wurde sie wieder auf den Boden geschleudert als Angelus sich hoch rappelte. Die Beiden kamen wieder auf die Beine. Sarah traktierte den Vampir mit harten Schlägen und brachte ihn erneut zu Fall. Im Fallen riß Angelus Fässer und Kisten mit um. Sein Blick glitt nach unten.

Die Flammen schlugen immer höher und umzingelten Sarahs Wächter. Angelus sah es als seine einzige Chance jetzt zu entkommen. Sie war dabei ihn zu vernichten. Sarahs Schatten fiel über ihn und erneut schlug sie wild auf ihn ein. Hab ich Spike nicht mal gesagt, sie ist die stärkste Jägerin, mit der wir zu kämpfen haben? dachte Angelus ironisch. Ihm wurde klar, daß sie ihn töten würde, wenn er es jetzt nicht schaffte sich die Jägerin vom Hals zu halten. Ja, ihre Trauerzeit war wirklich vorbei. Angelus lachte kalt und sprach: „Dein Wächter wird verbrennen wenn das Feuer weiter so um sich schlägt. Willst du das wirklich verantworten?“

Jetzt erst wurde Sarah auf das Feuer aufmerksam. Sie blickte hinunter und entdeckte Giles, der noch immer bewußtlos am Boden lag. Die Flammen des Feuers näherten sich ihn im gleichmäßigen Tempo. „Nein“, flüsterte Sarah entsetzt. Sie wußte augenblicklich ... sie mußte eine Entscheidung treffen. Ihr Blick glitt zu Angelus, den sie noch immer am Kragen seiner Jacke festhielt. Er lachte eiskalt. Der Vampir wußte genau das Sarah sich entscheiden mußte.

Das ist nicht fair, dachte Sarah bedrückt. Sie mußte sich entscheiden zwischen Angelus und Giles. Sie kannte ihre beiden Möglichkeiten und wählte sie in ihren Inneren noch einmal ab. Einerseits war da Giles, der - wenn sie ihn nicht rettete - auf alle Fälle im Feuer umkommen würde. Und andererseits war da Angelus, der weiter töten würde, wenn sie ihn nicht auf der Stelle vernichten würde. Was soll ich nur tun? Ich kann Giles nicht sterben lassen. Aber ich kann Angelus nicht laufen lassen, dachte sie verzweifelt. Und Sarah wußte, sie mußte schnell eine Entscheidung treffen.

Während Sarah noch über ihre Entscheidung nachdachte, ergriff Angelus die Möglichkeit beim Schopf und erhob sich. Er packte die Jägerin und warf sie über das Geländer. Sarah fiel die Galerie hinunter. Sie rollte sich ab, um den Sturz ein wenig abzufangen. Angelus nutzte diese Chance und lief über die Galerie nach hinten. Er raste auf die Hintertür zu und öffnete sie. Im nächsten Moment war er auch schon verschwunden als Sarah ihren Wächter gerade aus dem Gebäude zog.

Frischer Wind schlug Sarah und ihren Wächter entgegen als sie endlich die brennende Fabrik verlassen hatten. Langsam kam Giles wieder zur Besinnung. Die Kühle der Nacht vertrieb seinen benommenen Zustand. Er erhob sich und funkelte seine Jägerin wütend an. „Wieso bist du hergekommen?“ schrie er zornig. Giles stieß Sarah von sich. „Das war mein Kampf! Du hattest hier nichts verloren. Es war nicht dein Kampf, Sarah!“ Sarah blickte Giles an.

„Es war mein Kampf. Es ging um Ihr Leben, Giles.“ Sarah verpaßte Giles einen harten Schlag ins Gesicht damit er wieder zu sich kam. Giles fiel zu Boden. „Wollen Sie sich umbringen?“ schrie die Jägerin wütend. Doch als sie Giles am Boden sitzen sah - in seinen Schmerz gefangen - war ihre Wut verraucht. Sie ließ sich neben ihn zu Boden fallen und legte die Arme um seinen Nacken.

„Verstehen Sie nicht, daß ich mein Leben für Sie opfern würde, Giles? Ich würde für Sie sterben. Ich brauche Sie.“ Nun kamen die Tränen - bei Sarah und bei Giles. Sarah klammerte sich an ihn und weinte. Sie weinten beide - er aus Wut und Schmerz. Sie aus Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung. Giles hatte wie Sarah einen Menschen verloren, den er über alles geliebt hatte. Und Giles hat ihr leid. Er tat ihr so leid.

„Ich brauche Sie“, flüsterte sie noch einmal. „Giles, Sie dürfen mich einfach nicht verlassen. Was soll ich den ohne Sie machen? Ich schaffe das alles ohne Sie einfach nicht.“ Sie flehte ihn an. „Giles, Sie sind mehr als mein Wächter. Sie sind mein Freund. Und ich brauche Sie so sehr. Bitte, lassen Sie mich nicht allein. Tun Sie mir das nicht an. Lassen Sie mich nicht allein.“ Nun schwiegen sie. Und gemeinsam weinten sie.

Stunden später blieb Giles vor seiner Wohnung stehen. Das Absperrband der Polizei war schon abgerissen. Zögernd griff er nach der Türklinke und öffnete die Tür. Giles wußte nicht, das Angelus ihn beobachtete. Er sah ihm zu wie er die Wohnung betrat und ihm alles leer und fremd vorkam. Angelus erfreute sich an dem Schmerz, den Giles empfand. Er wußte, sie hatten beide geweint. Gemeinsam - die Jägerin und ihr Wächter. Sie hatten gemeinsam geweint.

Und Angelus war klar, daß die Jägerin ab nun sein Feind war. Ihre Trauerzeit war vorbei. Sie war nicht mehr in ihrer Trauer gefangen. Sie war nun stark; hatte ihre Schwäche überwunden. Ihr Wächter hatte sich in Gefahr gebracht. Und ihre Angst um ihn hatte ihr ihre Stärke zurück gegeben. Sie war wieder stark und bereit Angelus zu vernichten.

Ein kalter, grauer Tag in Sunnydale. Gemeinsam standen zwei Personen an einen Grab. Der Wind wehte die Blätter auf. Die Stimmung am Friedhof war genauso wie die Stimmung von Sarah und Giles, die am Grab von Jenny Calendar standen. Blätter lagen auf dem Grabstein. Giles kniete auf einen Bein vor dem Grab und starrte darauf. Er kniete davor wie ein Mann, der seiner Liebsten einen Heiratsantrag machen wollte.

Mit zitternder Hand legte er einen Strauß roter Rosen auf Jennys Grab nieder. Für einen Moment verharrte Giles in dieser Position. Bewegte sich nicht; sondern starrte nur auf Jennys Grab. Er war stark, Sarah wußte das. Und doch hatte er sie gebeten ihn zu begleiten. Sie wußte, alleine hätte er diesen Weg nicht bestreiten können. Und sie war mit ihm gegangen. Sie hatte ihn begleitet weil er sie brauchte. Nicht als Jägerin sondern als Freundin.

Nach endlosen Sekunden, so schien es, stand Giles auf und stellte sich neben Sarah. Sie blickten beide auf das Grab. „Weißt du, Sarah, während meiner Jahre als Wächter habe ich sehr viele Menschen zu Grabe tragen müssen. Doch Jenny ... sie war die Erste, die ich geliebt habe.“ Sarah nickte. Sie verstand. „Es tut mir so schrecklich leid, Giles“, sprach sie leise. „Es tut mir so leid, daß ich meine Pflicht versäumt habe. Das ich ihn nicht getötet habe - für Sie, Giles ... für Jenny ...“ Und wieder blickten sie auf den einfachen Grabstein.

Auf dem Grabstein stand nichts von Jenny Calendar. Nur ihr Name, mehr nicht. Kein Wort von Janna stand auf dem Grabstein. Kein Wort davon, daß sie Mitglied eines Zigeunerstammes gewesen war. Kein Wort von Verrat und einem Fluch. Nur Jenny Calendar. Mehr war auch nicht nötig um den Menschen, die sie gemocht hatten, zu beschreiben was für ein Mensch sie gewesen war. „Ich war noch nicht bereit“, sprach Sarah nun. „Doch ich denke, nun bin ich soweit. Ich muß endlich akzeptieren das Angel tot ist. Dieser Dämon wohnt nur noch in seinen Körper. Doch Angel, so wie ich ihn geliebt habe und er mich liebte, existiert nicht mehr. Er ist nicht mehr mein Angel“, sprach Sarah traurig.

Zur selben Zeit betrat Willow die Klasse von Jenny Calendar. Und das erste Mal - seit der Computerkurs lief - war es totenstill in der Klasse. Die Schüler waren vom Tod ihrer netten Lehrerin schockiert. Unsicher stellte sich Willow vor Jennys Pult und blickte die Schüler an. „Hi Leute“, sprach sie mit gepreßter Stimme. „Direktor Synder hat mich gebeten den Kurs zu unterrichten bis der neue Lehrer da ist. Ich werde mich also an den Unterrichtsplan von Miss Calendar halten. So wie sie ihn erstellt hat werden wir den Stoff durchnehmen.“ Willow trat nun hinter das Schreibpult und holte ihre Unterlagen hervor.

In der Zwischenzeit blickte Sarah Giles am Grab von Jenny an. „Es tut mir so leid, Giles. Ich habe es Ihnen so sehr gewünscht, daß wenigstens Sie glücklich werden - mit ihr. Ich wollte, daß Sie glücklich werden. Sie haben ein bißchen Glück verdient.“ „Es ist schon gut, Sarah. Du hast mich vor einer Dummheit bewahrt. Ich weiß nun, wie sehr ich gebraucht werde.“ Sarah wandte den Blick.

„Ich kann nicht rückgängig machen was geschehen ist, Giles. Ich kann die Vergangenheit nicht zurückholen. Ich kann versuchen sie festzuhalten, doch was einst war, kommt nicht mehr zurück. Angel ist tot ... und nichts wird ihn mir jemals zurückbringen.“ Gemeinsam standen sie vor Jennys Grab. Und Sarah trauerte mit ihren Wächter. Er trauerte um Jenny. Und sie trauerte um Angel. In stiller Eintracht nahmen beide von ihren geliebten Menschen Abschied.

 

Und während Willow den Unterrichtsplan von Miss Calendar heraussuchte, stieß sie - ohne es zu merken - eine gelbe Diskette vom Schreibtisch. Die Diskette fiel zwischen den Schreibtisch und einen Aktenwägelchen. Klappernd landete die Diskette zwischen den beiden Möbeln und blieb am Boden liegen. Und dort wartete sie.

~ 7. ~

Die Welt drehte sich weiter - auch ohne Jenny Calendar. Selbst für Giles ging das Leben weiter; der nur noch seine Pflicht als Wächter hatte. Und Sarah bereitete sich auf ihren Kampf gegen Angelus vor. Sie hatte erkannt, daß er nun nur noch Angelus war. Sie mußte vorbereitet sein, daß wußte sie. Ansonsten würde sie nicht den Hauch einer Chance gegen den Vampir haben. Ich werde Angel und Jenny rächen, dachte sie. Angelus war dafür verantwortlich, das Angel nicht mehr existierte. Sie würde gegen Angelus kämpfen und sie würde siegen.

Doch in letzter Zeit hatte sich Angelus zurück gehalten. Und weder Sarah noch Giles ahnten gutes dabei. Es schien die berühmte Ruhe vor dem großen Sturm zu sein. Angelus und seine Leute verhielten sich einfach zu ruhig. Das war schon auffällig. Da waren sich Jägerin und Wächter einig. Das einzig Gute an dieser Sache war, das Sarah genug Zeit hatte, um sich auf den schwersten Kampf ihres Lebens vorzubereiten. Und dieser Kampf stand quasi schon vor der Tür. Auch, wenn Sarah ein wenig Furcht davor verspürte ihm gegenüber zu stehen, war sie bereit.

Sarah war fest entschlossen Angelus zu töten. Sie war dazu bereit; sie hatte endlich den Willen. Doch sie wußte, es würde sehr schwer werden. Denn sie würde gegen einen Dämon antreten, der mit dem Gesicht von Angel kämpfen würde. Doch das war nur das kleinste Problem. Angelus war der stärkste und gemeinste Gegner, denn sie jemals gehabt hatte. Er beherrschte die Kopfspielchen besser als jeder andere. Und er hatte die fiesesten Tricks auf Lager. Aber ich werde mich zu wehren wissen, dachte Sarah entschlossen.

Und dann war da noch Giles, denn sie sorgenvoll beobachtete. Giles hatte sich in seine Arbeit gestürzt um nicht über den Verlust nachzudenken, den er erlitten hatte. Wenn er arbeitete, konnte er den Schmerz für kurze Zeit vergessen; ihn aus seinen Leben aussperren. Er wollte einfach vergessen. Jene Nacht, als er Jenny tot in seinen Bett vorgefunden hatte.

Giles sprach nicht darüber, doch Sarah und ihre Freunde wußten, daß er sehr darunter litt. Manchmal, wenn er sich unbeobachtet fühlte, erwischte Sarah ihn dabei wie er traurig vor sich her starrte und schwer schluckte. Dann schüttelte Giles den Kopf, so als wollte er die Erinnerung an Jennys Tod verdrängen. Er vermißte Jenny schmerzlich. Genauso wie Sarah unter den Verlust von Angel litt. Und wie Giles mußte sie irgendwann und irgendwie damit fertig werden.

Einen Abend taten Sarah und Willow etwas anderes als Dämonen jagen. Sie lernten. Sarah hatte große Probleme in Mathematik. Und das Lernen war tatsächlich einmal eine Abwechslung zu den schrecklichen Geschehnissen der letzten Wochen. Und weil Sarah fürchtete ihn Mathematik durchzufallen, bot Willow ihr natürlich an mit ihr zu lernen. Das Klassenzimmer von Jenny Calendar war frei und dort waren sie ungestört, deshalb verzogen sie sich in den Klassenraum und konzentrierten sich auf den Stoff, denn Sarah zu lernen hatte.

„Oh Mann! Das ist absoluter Mist“, schimpfte Sarah verzweifelt und warf – total frustriert - ihren Bleistift auf die Tischplatte des Schreibtisches. „Ach komm! So schlimm wird es doch nicht sein. Laß mal sehen. Schau, daß ... oh ... das ist Mist“, bestätigte Willow kleinlaut. „Sag ich doch.“ Der Bleistift glitt Sarah aus der Hand und rollte zwischen den Pult und dem Aktenwagen, der noch immer daneben stand.

Sarah bückte sich und fischte den Bleistift aus dem Spalt heraus. Mit ihren Fingern berührte sie einen Gegenstand, denn sie nicht so richtig definieren konnte. „Was ist denn das?“ fragte sie verwundert und bückte sich erneut. „Was denn?“ fragte Willow. „Irgendwas liegt da. Ich kann aber nicht sagen was es ist.“ Sarah tastete mit ihrer rechten Hand nach dem Gegenstand. Dann bekam sie den Gegenstand zu fassen und zog ihn hervor.

Sie hielt eine gelbe Diskette in der Hand. „Oh, die muß Miss Calendar gehören“, sprach Willow überrascht. „Schauen wir doch was drauf ist“, schlug Sarah vor. Willow nickte und schaltete den Computer ein. Der Computer fuhr hoch. Sarah reichte die Diskette an Willow weiter. Willow schob die Diskette sofort in das vorhergesehene Laufwerk. Mit flinken Fingern klickte sie mit der Maus herum und öffnete die Datei. Zuerst flimmerte es nur, dann erschien ein Text auf den Bildschirm.

In einer fremdartigen Sprach stand da ein Text. Auf der rechten Bildschirmseite stand die Übersetzung des Textes. Willow und Sarah erstarrten. „Steht da wirklich Wiederherstellung?“ fragte Sarah perplex. Willow nickte. „Ja, daß ist ... Oh mein Gott!“ Sarah und ihrer Freundin wurde klar was das war; woran Jenny Calendar in ihrer letzten Nacht gearbeitet hatte. Und warum sie hatte sterben müssen – dies hier war der Grund gewesen. „Mein Gott“, flüsterte Sarah schockiert.

„Es sieht ganz so aus als hätte Miss Calendar vorgehabt, alles was sie getan hat wieder gutzumachen.  Es sieht ganz so aus als hätte sie daran gearbeitet dir zu helfen. Das ist die Formel für ...“ „... Für die Wiederherstellung einer Dämonenseele“, ergänzte Sarah den Satz von Willow. Das rothaarige Mädchen nickte. „Willow, weißt du was das bedeutet?“ rief Sarah aufgeregt.

„Jenny Calendar hatte vor Angel die Seele zurück zu geben.“ Wieder nickte Willow. Sarah schossen sofort tausend Gedanken durch den Kopf. Sie wußte nicht ob sie sich über diesen Fund freuen sollte oder nicht. Jenny hatte sich in dieser Magiewelt ausgekannt. Doch sie lebte nicht mehr. Und so gab es wahrscheinlich niemanden der den Fluch erneuern konnte. Das bedeutete die Übersetzung des Fluches war nutzlos.

Auf Sarahs Gesicht spiegelten sich ihre Gedanken wider. Für einen kurzen Moment dachte Willow nach. Sie beschäftigte sich mit Magie. Das konnte sie doch hinkriegen. Natürlich konnte viel schiefgehen bei einen solch mächtigen Zauber wie die Wiederherstellung einer Dämonenseele, aber ... Willow blickte Sarah an. Sie schöpfte ein bißchen Hoffnung Angel zurück zu bekommen. Sie mußte es tun. Sie mußte es einfach für ihre Freundin tun.

„Sarah, ich kann das“, sprach Willow deshalb. „Was?“ Verwirrt blickte die Jägerin ihre beste Freundin an. „Ich glaube, ich könnte das schaffen. Ich beschäftige mich doch mit Magie. Ich glaube, ich könnte das Ritual durchführen.“ „Du kennst dieses Ritual nicht. Es könnte sehr gefährlich für dich werden“, widersprach Sarah und sie schüttelte den Kopf.

„Natürlich ist der Zauber nicht ganz ungefährlich, aber ...“ „Kein Aber! Ich will dich nicht auch noch verlieren“, bestimmte Sarah. Doch Willow schüttelte den Kopf. „Ich bin felsenfest davon überzeugt das ich das kann.“ „Willow ...“, sprach Sarah schwach. Sie war hin- und hergerissen. Sarah sah eine kleine Möglichkeit Angel wieder zu bekommen, doch sie konnte ihre Freundin nicht in Gefahr bringen.

„Willst du Angel zurück?“ fragte Willow einfühlsam. Sie spielte ihren letzten Trumpf aus um Sarah dazu zu bewegen den Fluch durchzuführen. Sie mußte ihrer Freundin einfach die Hoffnung wiedergeben. „Denk an all das was dich mit Angel verbunden hat“, sprach Willow. Und genau das tat Sarah. Sie dachte an all die Nächte, in denen sie mit Angel spazieren gegangen war. Sie dachte an seine Küsse zurück. Und dann war da die Nacht, die alles verändert hatte ... Doch wonach sie sich am meisten sehnte war seine wohltuende Nähe. Das Gefühl, daß sie immer gehabt hatte wenn er in der Nähe gewesen war. Das Gefühl, daß ihr nichts passieren konnte - den er gab ihr Geborgenheit und Sicherheit. Und jede Minute war für Sarah kostbar gewesen.

Sie seufzte schwach. „Du weißt, daß ich mich nach Angel sehne. Das ich alles tun würde um ihn zurück zu bekommen.“ „Das ist deine Chance. Es ist unsere Chance. Ich kann das hinkriegen, Sarah. Ich weiß, daß ich es kann. Ich brauche nur die richtigen Zutaten und eine Thesulah Kugel. Wir können Angel zurückholen. Ich spreche diesen Fluch und wir geben ihm die Seele zurück.“ Doch Sarah zögerte noch. „Zuerst sollten wir Giles informieren. Er muß Bescheid wissen.“ Willow nickte. „Dann gehen wir“, schlug sie vor. Sarah nickte nur benommen.

Während Willow den Text in beiden Sprachen ausdruckte schweiften Sarahs Gedanken ab. Ihr Herz schrie noch nach Angel. Selbst vom Gefühl her hatte sie verstanden das Angel fort war. Doch das hinderte ihr Herz nicht daran sich nach ihm zu sehnen. Ihr Herz wollte ihn zurück. Aber Sarah war sich auch ihrer Pflicht bewußt. Es war eine kleine Chance, daß war ihr klar. Doch wenn der Versuch mißlang, mußte sie ihren Feind stoppen. Doch ... dieser Text war ein Hoffnungsschimmer. Ein Kleiner, aber es war ein kleines Stück Hoffnung. Und vielleicht mußte doch nicht alles bis zum Letzten kommen.

„Das ist was?“ fragte Giles völlig entgeistert. Sarah und Willow waren vor wenigen Minuten wie wilde Tiere in die Bibliothek gestürmt und hatten Giles hastig von der Diskette und der darauf vorhandenen Datei erzählt. Er hatte kaum etwas verstanden weil die beiden Mädchen aufgeregt durcheinander gesprochen hatte. Giles hatte sie zur Ruhe ermahnt. Und Sarah hatte ihm alles noch einmal in Ruhe erzählt.

„Der Fluch“, sprach Sarah ernst. Sie hielt ihm den Ausdruck hin. Giles räusperte sich und rückte in seiner typischen Art und Weise seine Brille zurecht. Erst dann nahm er den Ausdruck entgegen. Er las sich die Zeilen durch. Das war also das geheimnisvolle Projekt gewesen an dem Jenny in ihrer Todesnacht gearbeitet hatte.

Jenny hatte nach dem Ritual der Untoten gesucht. Sie hatte vorgehabt Giles und Sarah zu helfen. Sie hatte versucht sich mit Sarah auf die einzige Art zu versöhnen die sie kannte. Indem sie der Jägerin das wiedergab was sie durch den Zigeunerstamm von Jenny verloren hatte. Sie wollte ihr Angel wiedergeben. Jenny hatte vorgehabt Angel die Seele zurück zu geben.

Widerstrebende Gefühle machten sich in Giles breit. Einerseits freute es ihn das Jenny trotz Abweisung der Jägerin an der Sache dran geblieben war und den Fluch übersetzt hatte. Das sie es wirklich geschafft hatte die Formel ausfindig zu machen und zu übersetzen. Doch andererseits war ihm klar das dies der Grund gewesen war, warum Angelus sie in jener Nacht aufgesucht hatte; warum er sie getötet hatte. Angelus hatte ihr Vorhaben verhindern wollen. Und dies hatte er auch geschafft. Er hatte aber nicht damit gerechnet das Jenny kurz vor ihrem Tod noch alles auf Diskette gespeichert hatte. Und genauso wenig hatten Sarah und Giles damit gerechnet.

Giles blickte auf. Er begegnete den wissenden Blick seiner Jägerin. Ihr Blick offenbarte ihm die Wahrheit; sagte ihm, was sie tun wollte. Langsam nickte Giles bejahend. Dies war das Letzte gewesen woran Jenny gearbeitet hatte. Es war Jennys letzter Wunsch gewesen Angel die Seele wiederzugeben. „Das darf doch alles nicht wahr sein“, mischte sich nun Xander herrisch ein.

Er sprang von seinen Platz auf. „Okay, wir haben diese Formel zur Wiederherstellung einer Dämonenseele. Aber warum, zum Teufel, sollten wir das tun? Ihr vergeßt anscheinend das wir hier von einen Monster reden. Angel ist ein Killer. Ihr könnt ihm doch nicht einfach alles so verzeihen und vergeben. Nicht nach dem was er getan hat.“ „Xander hat recht“, sprach Cordelia zurückhaltend im Hintergrund.

Xander drehte sich zu seiner Freundin um. „Ich hab mir wirklich immer gewünscht, daß du mich eines Tages unterstützt, doch jetzt wo du es tatsächlich tust, ist es mir - ehrlich gesagt - peinlich“, sprach Xander. Cordelia blickte ihn unverständlich an. Dann beschloß sie, daß es besser war den Mund zu halten. „Xander“, begann Sarah mit bestimmter Stimme. „Du redest hier von Angel. Natürlich kann man die Dinge der letzten Wochen nicht einfach so vergessen und verzeihen, aber ... Angelus ist ein ganz anderes Wesen als Angel.“ Sarah rang nach ihrer Fassung. Diese Diskette hatte wie eine Bombe eingeschlagen. Sie war wie vor dem Kopf gestoßen. Es war tatsächlich möglich.

„Es war anscheinend der letzte Wunsch von Jenny das wir Angels Seele retten. Das Angel gerettet wird und er die Seele zurück bekommt.“ „Giles“, rief Xander scharf. „Angel ist ein Killer, daß müßten Sie doch am Besten wissen. Er hat Miss Calendar getötet und er ...“ „Xander, bitte!“ wies Giles den Jungen scharf zurecht. „Die Hinweise sind eindeutig. Es war Jennys letzter Wunsch das der Fluch erneuert wird. Und, ich für meinen Teil, würde ihn gerne durchführen. Es gibt mir das Gefühl doch noch etwas für Jenny tun zu können. Allerdings ... kenne ich niemanden der dieses Ritual durchführen kann“, murmelte Giles.

Sarah und Willow wechselten einen Blick miteinander; einen wissenden Blick. Sarah nickte. Willow holte noch einmal tief Luft und sprach: „Ich kann das machen. Ich bin mir sicher, daß ich den Fluch erneuern kann.“ Giles blickte das rothaarige Mädchen lange an. Er hatte es noch nie gut gefunden, daß Willow angefangen hatte sich mit Magie zu beschäftigen. Noch dazu führte sie oft Zaubersprüche ohne seine Anwesenheit durch. Und das hielt er für sehr gefährlich. Doch diesmal würde er dabei sein. Es konnte doch gar nichts schiefgehen.

„Bist du dir sicher, Willow?“ fragte er nach. Willow nickte eifrig. „Giles, ich kann das. Ich weiß es. Ich hab mich selbst schon ein wenig über den Fluch informiert ... nach Angels Verwandlung zum Bösen. Ich bin mir sicher das ich den Fluch erneuern kann.“ Giles rieb sich nachdenklich über das Kinn. „Es war der letzte Wunsch von Jenny“, mischte sich Sarah ein. Und das wirkte. Giles konnte noch etwas für Jenny tun. Er konnte ihren letzten Wunsch erfüllen.

„Na gut. Wir führen das Ritual durch. Wir werden versuchen den Fluch zu erneuern. Willow, was brauchst du für das Ritual?“ Sie überlegte einen Moment. „Also, ich brauche Rosenblätter, Weihrauch und diese dreieckigen Steine.“ „Perganiersteine“, half Giles ihr auf die Sprünge. „Genau. Und eine Thesulah Kugel als Gefäß um Angels Seele weiterleiten zu können.“ „Eine Thesulah Kugel habe ich in meinen Büro“, sprach Giles. „Die anderen Sachen kriege ich in dem Zauberladen, in dem ich immer einkaufe“, sprach Willow. Giles nickte wissend. „Gut, dann besorge diese Dinge so schnell wie möglich. Je schneller wir das Ritual durchführen, desto besser. Wir dürfen keine kostbaren Minuten wegwerfen“, sprach er entschlossen.

„Hallo?“ Xander fuchtelte wild mit seiner Hand herum um auf sich aufmerksam zu machen. „Sagt mal, Leute, was plant ihr da eigentlich? Angel ist und bleibt ein Killer. Wie ich es euch schon immer gepredigt habe ist er eine potentielle Gefahr für die Sicherheit der Menschheit. Ihr könnt doch nicht im Ernst darüber nachdenken ihm seine Seele wiederzugeben“, sprach Xander wütend. „Du willst das einfach nicht verstehen, oder, Xander?“ mischte sich nun wieder Sarah ein.

„Du willst doch nur deinen Freund zurück. Selbst wenn er ein Killer ist, daß ist dir egal. Du würdest doch alles tun um diesen Kerl zurück zu bekommen. Du liebst diesen Teufel noch immer, Sarah“, warf Xander der Jägerin vor. „Verstehst du nicht, daß das meine - nein, unsere Chance - ist? Mir bleibt womöglich der schwerste Kampf meines Lebens erspart! Und natürlich habe ich meine Chance Angel zurück zu bekommen. Meinen Angel mit Seele, wohlgemerkt. Kannst du das nicht verstehen?“ Xander schüttelte verneinend den Kopf.

„Nein, ich kann es nicht verstehen. Er hat uns verfolgt, hat uns gejagt und uns eine Heidenangst gemacht. Und er hat getötet. Er hat dich gequält. Er hat dich auf die grausamste Art und Weise gequält, die es gibt - nämlich seelisch. Er hat deine Liebe zu ihn mit Füßen getreten und ist darauf herum getanzt. Und all das willst du ihn plötzlich verzeihen?“ „Es war nicht Angel, der all das getan hat. Das war Angelus. Ich bitte dich, Xander, verstehe es doch. Und akzeptiere es. Weißt du, wenn du wirklich ein Problem damit hast, dann ist es das Beste wenn du dich da raus hältst.“ Sarah schwieg für einen Moment.

Und mit Nachdruck sagte sie bestimmt: „Mein Angel ist kein Killer.“ Xander blickte sie kalt an. „Doch das ist er. Du willst es nur nicht wahrhaben.“ Sarah starrte Xander fassungslos an, dann drehte sie sich abrupt um und lief aus der Bibliothek. Das war zuviel für sie. Willow blickte Xander entsetzt an. Doch Xander zuckte nur mit den Schultern. Es wurde Zeit das ich das mal sage, dachte er grimmig.

Um sich abzulenken und für etwas Sicherheit in Sunnydale zu sorgen ging Sarah auf Patrouille. Als sie durch den Hammersmith Park ging hörte sie ein Geräusch hinter sich. Es war so leise, daß normale Menschen dieses Geräusch nicht wahrnehmen würden. Doch sie als Jägerin konnte es sehr deutlich hören. Das lag an ihren ausgeprägten Instinkten, die sie als Jägerin nunmal hatte.

Sarah holte lautlos ihren Holzpflock aus ihren Jagdbeutel. Dann fuhr sie herum. „Hey, ich bin es doch nur“, ertönte eine Mädchenstimme. Sarahs niedergeschlagene Miene hellte sich sofort auf als sie Kendra vor sich sah. Die andere Jägerin war zurück nach Sunnydale gekommen. Und das hieß, daß sich etwas schlimmes zusammenbrauen wird, dachte Sarah. Doch das war ihr jetzt egal. Sie war froh Kendra wiederzusehen.

„Kendra“, rief sie erfreut aus. „Was machst du den hier?“ Sarah trat einen Schritt nach vorne und wollte die andere Jägerin umarmen. Doch Kendra wich einen Schritt zurück. „Ich ...“ „Verstehe, du magst das noch immer nicht.“ „Genau“, bestätigte Kendra. Kendra blickte Sarah mitfühlend an. „Wie geht es dir, Sarah? Die Sache mit Angelus ..“ Sarah zuckte mit den Schultern. Kendra erkannte sofort das Sarah sich verändert hatte. Sie war viel ruhiger als sie die Jägerin in Erinnerung hatte. Und sie hatte keinen lockeren Spruch mehr auf Lager. Die Verwandlung von Angel hatte Sarah gründlich verändert. Und sie tat Kendra leid.

Als sie das letzte Mal hier gewesen war hatte sie verzweifelt um das Leben des Vampirs gekämpft. Hatte sie - Kendra - sogar bedroht, das wenn er nicht mehr lebte ... Die Beiden hatten zusammen gehalten wie Pech und Schwefel. Und nun hatte sich Angel verändert. Nun war er wieder zu seinen alten Ich geworden und machte ihr das Leben schwer. Ja, sie tat Kendra wirklich leid.

Über Sarahs Gesicht huschte ein zartes Lächeln. „Es geht ... irgendwie. Die letzten Wochen waren nicht ganz einfach. Weder für mich noch für Giles oder meine Freunde.“ „Ich hab von den Tod der Lehrerin gehört“, sprach Kendra. „Jenny Calendar und Giles ... er hat sie geliebt. Er leidet sehr. Angelus hat sogar versucht meine Mom zu töten. Aber das konnte ich verhindern. Es geht ihr gut.“ Kendra nickte.

„Wir haben die Formel für das Wiederherstellen einer Dämonenseele gefunden. Giles will den Fluch durchführen. Wir möchten es probieren. Und jetzt sag mir was du hier willst“, bat Sarah. Kendra blickte die andere Jägerin ernst an. „Du hast recht. Mein Wächter schickt mich. Etwas böses braut sich hier in Sunnydale zusammen. Und es hat mit Angelus zu tun.“ „Und was genau braut sich zusammen, Kendra?“ fragte Sarah alarmierend. Diese Nachricht klang gar nicht gut.

Das neue zu Hause der Vampire war die Von-Hauptmann-Gruft auf einem Friedhof. Angelus gefiel es in der Gruft, genauso wie Drusilla. Doch Spike war nicht so sehr begeistert davon. Die Fabrik war mehr nach seinen Geschmack gekommen. Doch dank Angelus’ Spielchen mit der Jägerin war die Fabrik abgefackelt und stand jetzt nicht mehr. Die Vampire hörten sowieso mehr auf Angelus. Spike hatte nichts mehr zu sagen. Seine Leuten himmelten Angelus an. Dru himmelte Angelus an. Jeder tat es - nur er nicht. Doch auf ihn hörte ja keiner mehr.

„Auch schon wach?“ spottete Spike als Angelus sich bei Einbruch der Dunkelheit blicken ließ. Angelus lachte kalt und verpaßte Spike einen leichten Hieb auf den Hinterkopf. Spike knurrte wütend. Doch er verbiß sich seinen Kommentar, der ihn auf der Zunge lag. „Die Nacht war lang, lieber Spike.“ Angelus ging auf Drusilla zu und strich über ihr langes, dunkles Haar.

Zufrieden schnurrte die Vampirin. Sie wiegte sich leicht hin und her - als würde sie einer Musik folgen. „Ein Vöglein hat mir etwas geheimnisvolles zu gezwitschert“, flüsterte sie. „Es erzählte mir, daß sich hier in Sunnydale eine geheimnisvolle Fracht befindet. Die Menschen haben diese Fracht in ihren Besitz gebracht. Es ist eine gefährliche Fracht von dämonischen Ursprung.“ „Und was ist es?“ fragte Angelus lauernd. „Ein Sarkophag. Er enthält einen geheimnisvollen Inhalt“, wisperte Drusilla. Verschwörerisch legte sie einen Finger auf ihre Lippen.

„Und das hat dir alles dein schlaues Köpfchen erzählt?“ „Blödsinn“, mischte sich Spike wütend ein. Er konnte nicht mehr mit ansehen wie die Beiden umeinander herum schlichen. Eifersucht kochte in ihm. Drusilla vergötterte Angelus. Okay, er hatte sie zum Vampir gemacht, aber deshalb brauchte sie sich ihm noch lange nicht so an den Hals zu werfen.

„Das hat ihr kein Vogel zu gezwitschert.“ „Und woher hat sie die Sache mit dem Sarkophag dann?“ „Vielleicht aus der Zeitung?“ meinte Spike ironisch. Angelus funkelte ihn zornig an. Er riß dem blonden Vampir die Zeitung aus der Hand. Auf der Titelseite war das Foto eines Sarkophags abgebildet. Angelus las sich aufmerksam den Artikel durch. Sein Grinsen wurde immer breiter; immer höllischer. Das war genau das was er brauchte um seinen geheimen Plan in die Tat umzusetzen.

Noch am selben Abend machten sie sich auf den Weg - Angelus in Begleitung mit Drusilla und einigen Vampiren im Schlepptau. Sie betraten die wissenschaftliche Universität, wohin der Sarkophag nach seiner Entdeckung gebracht worden war. Dort sollte er untersucht werden. Und die Wissenschaftler sollten herausfinden was in dem Sarkophag steckte und ob es von Wert war.

In der Universität war es dunkel und nur Professor Rendal war noch da um an dem Sarkophag zu arbeiten. Es machte ihn nichts aus bis spät nachts zu arbeiten. Der Professor, ein rundlicher Mann um die vierzig, beugte sich vor und untersuchte den Sarkophag. Mit einer Handbewegung schob er seine Brille zurück auf die Nase. Professor Rendal betrachtete die Zeichen auf dem Sarkophag eingehend. Es sahen wie alte Schriftzeichen aus. Was hatten die Zeichen nur zu bedeuten? Der Wissenschaftler war sie ziemlich sicher, daß es sich um eine alte und längst vergessene Sprach handelte.

Auf einmal legte sich eine Hand um seinen Hals und sein Kopf wurde zurück gerissen. Bevor Professor Rendal überhaupt wußte wie ihm geschah stieß Drusilla ihm auch schon die Fangzähne in den Hals. Erschrocken riß ihr Opfer die Augen auf. Er ruderte mit den Armen, doch Drusilla war zu stark für ihn als das er sie hätte von sich stoßen können. Sie grub ihre Zähne tiefer in seinen Hals und trank sein Blut. Lässig lehnte sich Angelus an den Türrahmen. „Also, so einen hätte ich auch gerne“, sprach er. „Dru, laß mir was übrig!“ Drusilla hob den Kopf und knurrte wütend. Und erneut beugte sie sich über den Mann. „Drusilla“, warnte Angelus noch einmal. Doch die Vampirin hörte nicht auf ihn.

In der Zwischenzeit herrschte in der Bibliothek Ruhe. Kendra hatte Giles und Sarah alles erzählt was sie wußte. „Acathla“, murmelte Giles nachdenklich. „Er ist hier begraben?“ Kendra nickte. „Ja, Sir. Acathla kann mit seinen Atemzügen die Welt verschlingen. Dabei wird er sie in eine Hölle verwandeln.“ „Und wie kann man diesen Dämon besiegen?“ fragte Sarah dazwischen. Die Nachrichten von Kendra waren beängstigend. Aber das mußten sie ja sein, ansonsten hätte Kendras Wächter sie nicht nach Sunnydale geschickt.

Kendra blickte Sarah an. Ihr Blick war sehr ernst, ja, sogar etwas besorgt. Sarah wurde klar etwas sehr schlimmes würde auf sie alle zukommen. „Du mußt wissen, Acathla wurde vor langer Zeit zu Stein. Man muß ihn erst erwecken.“ „Und wer kann ihn erwecken?“ „Es muß jemand sein der würdig ist. In Acathlas Brust steckt noch das Schwert des Ritters, der damals gegen ihn gekämpft hat und ihn zu Stein verwandelte. Es gibt noch eine Ausgabe von diesem Schwert. Und das habe ich hier“, erklärte Kendra. Sie öffnete ihre lange Reisetasche und holte ein Schwert mit einer langen, scharfen Klinge heraus.

„Mit diesem Schwert tötet man Denjenigen der Acathla erweckt hat. Das müßte sie beide töten, denke ich.“ Sarah schluckte schwer. Sie wußte, was das bedeutete. Acathla war hier in Sunnydale. Und Angel, jetzt wo er böse war, war sicher an diesen Dämon interessiert. Kendra beobachtete die Reaktion der anderen Jägerin. „Sarah, wenn du willst übernehme ich den Kampf gegen Angelus. Mir fällt es leichter ihn zu töten als dir. Bei mir sind keine Gefühle im Spiel.“ Sarah schüttelte den Kopf.

„Nein, ich werde das machen. Er ist Angelus, nicht mehr Angel. Angel ist fort. Und ich werde ihn rächen.“ Sie schwieg einen Moment. Dann sah sie ihren Wächter an. „Und Jenny“, fügte sie hinzu. Giles nickte nur leicht. „Ich muß das allein tun, Kendra. Doch zuerst ... müssen wir das Ritual probieren. Giles, wie weit sind die Vorbereitungen für den Fluch?“ „Wir sind bald fertig. Ich denke, bei Einbruch der Dunkelheit können wir anfangen. Die Vorbereitungen dauern sicher noch einen Tag. Aber dann sind wir soweit.“ „Sarah, weißt du was du tust?“ fragte Kendra dazwischen.

„Ja, ich weiß, was ich tue.“ „Weißt du auch um die Verantwortung wenn Angelus wirklich seine Seele ein zweites Mal bekommt?“ Sarah wußte, was Kendra meinte. Sie nickte. „Ja, ich weiß es. Wir müssen unbedingt verhindern das er Acathla erweckt - egal wie.“ „Ich denke, sie werden Acathla schon in ihrem Besitz haben. Aber ich glaube, es wird eine Weile dauern bis sie hinter das Ritual der Erweckung gekommen sind. Die Formel dafür ist mit den Jahren verloren gegangen. So ähnlich wie beim Fluch. Nur ist diese Formel wieder aufgetaucht. Die heutigen Dämonen kennen die richtige Formel nicht. Also haben wir ein wenig Zeit.“ „Das ist gut. Das gibt uns Zeit den Fluch durchzuführen.“ „Sarah, hast du dir auch Gedanken darüber gemacht was geschieht wenn der Fluch nicht klappt? Wenn das Ritual schief geht?“ fragte Kendra. Wieder nickte Sarah. „Bist du wirklich bereit ihn zu töten?“ hakte Kendra nach. „Ich bin stark und willens genug es zu tun“, versprach Sarah mit entschlossener Stimme.

Der Sarkophag war in ihrem Besitz. Die Vampire standen in der Halle herum und starrten auf den Sarkophag. Links und rechts von ihm standen zwei Vampire, die auf Befehle warteten. „Das ist ein Stein. Ein großer Stein. Den werde ich meinen Freunden zeigen. So große Steine haben die nämlich nicht“, sprach Spike gelangweilt. „Du hast keine Ahnung von Geschichte, Spike“, erwiderte Angelus ruhig. Spike stöhnte. „Dann kläre uns Unwissende doch auf, du Geschichtsbuch.“ Das ließ sich Angelus nicht zwei Mal sagen.

Langsam ging er nach vorne und sprach: „Acathla wurde erschaffen um die Welt zu verschlingen mit seinen Atemzügen. Jedoch wurde er von einen edlen Ritter erschlagen, der dem Dämon das Schwert ins Herz trieb. Acathla konnte seine Tat nicht zu Ende bringen. Er wurde zu Stein, wie das manchmal bei Dämonen so vorkommt. Man vergrub Acathla dort, wo weder Menschen noch Dämonen ihn finden würden. Es sei denn, viele Jahrhunderte später werden genau auf dieser Stelle Fertighäuser gebaut. Jungs, öffnet den Sarkophag“, befahl Angelus.

Die beiden Vampire öffneten mit Hilfe zweier Stemmeisen den Sarkophag. Zum Vorschein kam Acathla - versteinert, wie Angelus es gesagt hatte. Der Dämon war ungefähr ein Meter siebzig groß, hatte Hörner und seine Arme lagen schlaff am Körper an. Selbst als Stein konnte man noch seine Macht spüren. Acathla war wirklich eine furchterregende Gestalt. In seinem Herz steckte noch immer das Schwert des Ritters.

„Laß mich raten“, spottete Spike. „Jemand zieht das Schwert heraus ...“ „Er muß würdig sein“, unterbrach Angelus den blonden Vampir. „Es darf nicht irgendwer sein. Nur ein würdiger Dämon kann Acathla erwecken.“ „Ach? Und du glaubst tatsächlich ... du bist dieser Jemand?“ „Ich glaube es nicht nur, Roller Boy. Ich weiß es“, sprach Angelus mit voller Überzeugung.

„Ich bitte dich! Dieses Ding da kann doch nicht wirklich viel anrichten. Das ist ein Stein.“ „Noch“, erwiderte Angelus ungerührt. „Ich werde ihn erwecken. Ich kenne das Ritual. Wir werden das Ritual durchführen.“ Langsam schritt Angelus auf Acathla zu. Dann drehte er sich zu seinen Freunden um. „Mit Acathlas Hilfe werden wir das Ende der Welt herbeiführen. Ich schwöre, wir werden die Geschichte der Menschheit beenden.“ Und dabei lächelte er eiskalt.

~ 8. ~

Spike war wieder gesund. Er brauchte den Rollstuhl nicht mehr. Doch das wußte niemand. Und für den Moment wollte er es dabei belassen. Er würde niemanden davon erzählen das er sich ohne Rollstuhl bewegen konnte. Er wollte warten. Spike wartete auf einen günstigen Moment um Angelus loszuwerden. Und solange würde er diese Komödie weiter spielen.

Unruhig lief er hin und her. Er war stocksauer. Drusilla himmelte Angelus an und konzentrierte sich nur noch auf ihn. Er konnte das nicht mehr ertragen. Er platzte fast vor Eifersucht. „Spike?“ ertönte auf einmal die Stimme von Drusilla. Hastig setzte sich Spike wieder in den Rollstuhl. In der nächsten Sekunde betrat Drusilla den Raum. „Kommst du? Er fängt an“, sprach sie erwartungsvoll. Sie schob Spike in die große Halle, wo Acathla stand. Die Vampire hatten das Ritual schon vorbereitet.

Ein junger Sterbliche kniete mit entblößten Oberkörper vor Angelus. Er hatte Angst. Spike konnte die Angst des jungen Mannes riechen. Er würde sterben. Daran bestand kein Zweifel. Angelus selbst war bereit das Ritual durchzuziehen. Er war sich sicher, daß er es schaffen würde Acathla zu erwecken. Angelus hatte mit den Beginn des Rituals nur auf Spike gewartet. Er wollte das der Roller Boy dabei war und seinen Triumph miterlebte.

Und er fing mit dem Ritual an. Angelus sprach eine lateinische Formel. Während er dies tat zückte er einen Dolch und schnitt dem jungen Mann in die Hand. Der Sterbliche zuckte zusammen vor Schmerz. Dann sackte er auf den Boden vor Schwäche. Angelus hatte Blut an seinen Händen und schritt auf Acathla zu. Mit den blutigen Händen umfaßte er das Schwert und wollte es aus der Brust des Dämons ziehen. Blitze leuchteten auf und schossen durch die Halle. In der nächste Sekunde jedoch wurde Angelus mit unglaublicher Kraft von Acathla geschleudert. Er flog durch die Halle und fiel dann zu Boden.

„Jemand ist nicht würdig“, spottete Spike voller Genugtuung. Spike grinste breit. Diese Szene gefiel ihm. Zu sehen wie Angelus versagt hatte freute ihn außerordentlich. Wütend sprang Angelus auf und warf eine Schüssel an die Wand. Krachend zersprang sie an der Mauer und die zersprungenen Teile verteilten sich auf dem Boden. „Verdammt!“ „Jemand ist nicht würdig“, wiederholte Spike schadenfroh. Angelus funkelte den Artgenossen wütend an. „Halt die Klappe“, herrschte er den blonden Vampir an. Drusilla fing zu jammern an. „Das ist ... so entwürdigend“, wimmerte sie. Drusilla machte kehrt und lief aus dem Raum.

Angelus strich sich durch sein Haar. Er mußte sich beruhigen. Er durfte sich nicht von Spike provozieren lassen. „Nun, du würdiger Vampir, was willst du jetzt machen?“ setzte Spike noch einen drauf. Angelus richtete seine Aufmerksamkeit auf den im Rollstuhl sitzenden Vampir. „Ich muß irgendwas falsch gemacht haben“, begann Angelus mit gereizter Stimme.

„Beim Ritual. Ich muß was falsch gemacht haben. Irgend etwas hat nicht gepaßt. Und ich kriege raus was es war.“ „Tja, da mußt du dir aber was geniales einfallen lassen, wenn du hinter deinen Fehler kommen willst.“ Angelus grinste kalt. Seine Wut war verraucht. Er hatte schon eine Idee. „Wir tun das was wir in schweren Zeiten immer machen. Wir besuchen einen alten Freund“, sprach Angelus eiskalt. „Wir kriegen unseren Weltuntergang, ich schwör’s.“ Er klang entschlossen. Denn er wußte zu wem er gehen mußte um hinter die Richtigkeit des Rituals zu kommen.

Die letzte Stunde des Nachmittagsunterrichts - Sarah und ihre Freunde saßen in der Klasse und hörten der Geschichtslehrerin zu. Sarah blickte immer wieder auf die Uhr. Sie war nervös. Heute würde es soweit sein. Sie würden das Ritual zur Seelenwiederherstellung heute probieren. Sie hatten alle Zutaten und Willow hatte sich vorbereitet. Sarah wünschte sich so sehr das es funktionierte. Doch wenn es schiefging würde sie Angelus aufhalten, indem sie ihn vernichtete. Ihre Hoffnungen waren beschränkt. Es wäre schön wenn sie Angel zurück bekommen würde, doch wenn nicht ... dann würde sie gegen Angelus antreten. Dann würde sie ihrer Pflicht als Vampirjägerin nachkommen.

Sarah schreckte aus ihren Gedanken als die Tür aufging und eine vermummte Gestalt das Klassenzimmer betrat. Sarah wurde sofort mißtrauisch. Ihre Instinkte als Jägerin meldeten sich. Da stimmte etwas eindeutig nicht. Die Gestalt trug alte und dreckige Klamotten. So als wäre sie eine Pennerin, doch da hatte Sarah ihre Zweifel. Die ganze Klasse war überrascht. Da nahm die Frau den Schleier ab und präsentierte sich der Klasse.

„Die Welt wird untergehen“, sprach sie entschlossen. Sarah war sofort klar das diese Frau - eindeutig eine Vampirin - zu ihr, der Jägerin, sprach. „Heute um Mitternacht auf dem Friedhof, wo du dich immer mit ihm getroffen hast. Er wartet auf dich. Und komm allein.“ Dann verbrannte die Sonne das Gesicht der Vampirin. Sie schrie auf und ging im selben Moment in Flammen auf.

Einige der Schüler schrien entsetzt auf. Andere sprangen von ihren Stühlen auf und wichen geschockt zurück. Xander und Willow blickten die Jägerin an und wechselten einen besorgten Blick mit ihr. Ihnen war klar was das zu bedeuten hatte; und von wem diese Nachricht kam. „Eine brennende Nachricht von Angel“, flüsterte Xander Willow zu. Sie nickte nur langsam. Sarah blickte auf das Häufchen Staub am Boden. Angelus wollte sich mit ihr treffen - allein. Sarah war sofort klar das er etwas vorhatte. Doch was für eine Falle war es? Andererseits ... war es eine gute Möglichkeit um Angelus von dem Ritual der Untoten abzulenken. Was sollte sie also tun?

„Dir ist doch hoffentlich klar, daß das eine Falle ist“, sprach Giles nach dem Unterricht. Sarah stand vor ihm und nickte. Sie hatte ihm alles erzählt was vorgefallen war. Am großen Tisch war alles für das Ritual vorbereitet. Sarah nickte wissend. „Das weiß ich, Giles. Ich weiß, daß es eine Falle ist. Ansonsten hätte er diese Nachricht nicht zu mir geschickt, oder?“ „Nun ... ja“, sprach Giles. „Aber, Giles, was sollen wir den sonst machen? Es ist vielleicht die einzige Chance, die wir haben, um Angelus von dem Ritual abzulenken.“ Sarah drehte sich zu Willow um.

„Hör mal, Willow: Ich weiß nicht wie das alles ausgehen wird. Du bist vielleicht unsere letzte Chance.“ „Die letzte Chance? Das will ich aber nicht. Ich kann nicht die letzte Chance sein. Diesem Druck bin ich nicht gewachsen. Ich meine, ich ...“, stammelte Willow. Sarah lächelte aufmunternd. „Du schaffst das, Will. Ganz sicher. Ich werde Angelus so gut es geht aufhalten. Aber du mußt dich beeilen.“ Willow nickte zustimmend. „Ich werde mich beeilen, versprochen“, sprach sie.

„Soll ich dich doch nicht lieber begleiten?“ mischte sich Kendra ein als Sarah ihren Mantel anzog. „Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Er will, daß ich alleine komme. Du mußt hierbleiben. Bitte, paß auf alles auf. Paß auf meine Freunde auf.“ „Ich soll also als Wachhund hierbleiben?“ Sarah nickte. „Okay.“ „Hilf ihnen beim Ritual. Das mit Angelus regle ich schon. Ich werde ihn schon aufhalten. Ich möchte nur das der Fluch gelingt.“ „Paß auf dich auf, Sarah. Und ...“ Kendra kramte in ihrer Tasche und holte einen Holzpflock heraus.

Mit einen zarten Lächeln reichte sie den Holzpflock Sarah. „Wenn das Ritual nicht funktioniert und alles schiefgeht, dann ... dann hilft dir mein Glückspflock.“ „Du hast einen Glückspflock?“ fragte Sarah verwirrt. Kendra nickte. „Ja. Du nicht?“ „Äh ... nein.“ „Jedenfalls, Van Gogh ist vielleicht deine letzte Chance gegen Angelus, wenn alles anders kommt als wir es erwarten.“ „Der hat sogar einen Namen?“ rief Sarah unfaßbar aus. „Nun ... danke.“ Sarah umfaßte den Pflock mit ihrer Hand. „Viel Glück“, rief sie ihren Freunden zu. „Das kann du, glaube ich, besser gebrauchen. Paß auf dich auf“, rief Giles seinen Schützling besorgt nach als sie die Bibliothek verließ.

Es war kurz nach Mitternacht als Sarah am Friedhof eintraf. Angelus wartete schon geduldig auf sie. „Ich bin hier“, sprach sie mit fester Stimme. „Was willst du?“ „Du hast meine Nachricht bekommen“, stellte Angelus ruhig fest. Seine Hände waren in den Taschen seines Mantels vergraben. Er wirkte vollkommen gelassen und ruhig. „Ich hab deine Nachricht bekommen, ja. Ich muß sagen, wirklich sehr feurig“, erwiderte Sarah mit eisiger Miene.

„Sag mal, wolltest du nicht die Welt vernichten? Mit Hilfe dieses Acasla oder so.“ Über Angelus’ Lippen glitt ein Lächeln. Er zuckte mit den Schultern und trat einen Schritt nach vorne. „Das hat Zeit“, meinte er gelassen. „Das kann ich später auch noch machen. Eigentlich habe ich dich um dieses Treffen gebeten weil ich dich noch einmal sehen wollte. Bevor ich diese Welt zerstöre wollte ich mich von dir verabschieden. Es ist schwer für mich.“ „Tatsächlich?“ „Ja.“ Angelus nickte. „Ich werde dich nie mehr wiedersehen. Ich werde nie mehr dein schönes Lächeln, deine Augen sehen. Ich werde dein liebliches Gesicht nie mehr sehen. Du bist die Einzige, um die es mir wirklich leid tut. Du wirst mir wirklich fehlen, Sarah.“ Sarah blieb ungerührt stehen und blickte Angelus fest in die Augen.

„Ich bin jetzt wirklich zu Tränen gerührt“, spottete Sarah. „Sag mal, glaubst du wirklich, ich nehme dir das ab - nach all dem was du mir angetan hast?“ erwiderte sie hart. Angelus fing ihren Blick auf und sah sie eindringlich; fast quälend an. „Erinnerst du dich? Erinnerst du dich an diesen Ort, der so besonders für uns beide ist?“ sprach der Vampir und er machte eine ausholende Handbewegung.

„Wir haben uns sehr oft hier getroffen. Hier haben wir sehr viele romantische Momente erlebt. Hier haben wir uns oft zärtlich geküßt und ich habe dich in meinen Armen gehalten. Erinnerst du dich, Sarah? Dies hier ist unser Platz.“ Sarah schluckte schwer. Ja, sie erinnerte sich. Und die Erinnerung daran tat weh. Sie schüttelte den Kopf. Sie würde Angelus diese Schwäche nicht zeigen.

„Was willst du?“ fragte sie scharf. Auf seine Worte nicht zu reagieren war das Beste, was sie tun konnte. Angelus lächelte schwach. Er konnte in ihren Augen lesen das sie sich sehr wohl erinnerte. „Ich dachte, Sarah, daß ... nun ob wir es nicht noch einmal miteinander probieren könnten - du und ich“, sprach Angelus mit gepreßter Stimme. Er sah aus als würde er tatsächlich leiden. Sarah holte tief Luft und blickte Angelus feindselig in die Augen. Sie wußte, es war eine Lüge. „Bist du dann fertig?“ fragte sie. Angelus’ Verhalten änderte sich innerhalb von Sekunden. Er zuckte mit den Schultern. „Was soll’s? Kämpfen wir!“ Und schon stürzte er sich auf Sarah.

Zur selben Zeit hatte Willow auf dem großen Tisch in der Bibliothek im Schneidersitz Platz genommen. Aus einem kleinen Kessel - der vor Willow stand - stieg der Weihrauch auf. Vor ihr lag noch der Ausdruck von Jenny Calendar, auf dem der übersetzte Text des Rituals stand. Sie blickte Giles an und warf dann drei der Steine auf die Tischplatte. Damit führte sie den Beginn des Rituals durch.

Giles las aus einem Buch die lateinische Formel vor. Er stand neben dem Tisch. Xander und Cordelia hielten sich im Hintergrund und standen auf der Galerie. Kendra paßte auf die Gruppe auf und wanderte vor dem Ausgabetresen auf und ab. Sie war wachsam; so wie eine Jägerin es sein sollte. „Nicht tot und auch nicht lebendig“, las Willow die Übersetzung von Jenny Calendar laut vor.

In diesem Moment sprang ein Vampir hinter den Bücherregalen hervor und fiel Xander an. Kendra wirbelte herum und wollte Xander zur Hilfe eilen. Da kamen drei weitere Vampire durch die Schwingtüren der Bibliothek gestürmt und griffen sie an. Kendra spannte ihre Muskeln an und ging in Kampfstellung. Sie sprang hoch und trat dem ersten Vampir, der sich ihr näherte, kräftig ins Gesicht. Sobald Kendra wieder auf den Beinen war, schnappte sie sich den zweiten Vampir und trommelte mit den Fäusten auf ihn ein.

Kendra schlug auf den Vampir ein. Sie packte ihn an der Schulter und warf ihn gegen den Tresen. Der Vampir flog darüber und landete krachend hinter dem Tresen. Er rappelte sich sofort wieder hoch und stürzte sich auf Kendra. Er riß sie mit sich zu Boden, doch Kendra zog das Knie an und versetzte ihn einen harten Tritt zwischen die Beine. Der Vampir heulte auf und krümmte sich zusammen. Kendra sprang sofort wieder auf die Beine um den Anderen zu helfen.

Giles blickte sich um. Er erkannte die Falle sofort. „Los raus“, schrie er den Anderen zu. Das war die Falle. Angelus hatte den Überfall von Anfang an geplant. Und, um zu verhindern das Sarah ihm dazwischenfunkte, hatte er sie einfach von der Bibliothek weg gelockt. Das war sein Plan gewesen. Die Falle galt nicht Sarah. Die Falle galt ihren Freunden.

Willow sprang vom Tisch und rannte die Galerie hinauf. Gemeinsam mit Cordelia lief sie die Bücherregale entlang. Xander kämpfte noch immer mit dem Vampir, der ihn von hinten angesprungen hatte. Er versuchte sich zu befreien; sich irgendwie zu wehren, doch der Vampir war stärker als er. Einer der Vampire sprang die Galerie hinauf und stieß eins der Bücherregale um. Es fiel um und raste auf Willow zu. Willow entkam nur noch ein Schrei. Sie hielt schützend die Hände vor ihr Gesicht, so als könnte sie das davor bewahren, daß das Regal auf sie fiel. Dann wurde sie unter dem Bücherregal begraben.

Der Vampir kümmerte sich nicht weiter um Willow, sondern stürzte sich auf Cordelia. Xander, der sich endlich von dem Vampir befreien hatte können, stellte sie schützend vor seine Freundin. „Lauf“, rief er ihr zu. „Xander ...“, stammelte Cordelia hilflos. „Lauf, Cordy“, schrie Xander ihr nun schärfer zu. Cordelia drehte um und lief voller Panik aus dem Gebäude.

Während Cordelia so schnell rannte wie sie konnte, packte der Vampir Xander und verdrehte ihm den Arm. Der Knochen brach mit einem lauten Knacksen und Xander schrie voller Schmerz auf. Der Vampir holte aus und beförderte Xander mit einen harten Schlag zu Boden. Xander sah den Boden auf sich zu rasen. Xander war jedoch schon bewußtlos als er auf den Boden aufprallte.

Andere Vampire waren dazu gekommen und griffen Giles an. Der Wächter hatte gelernt zu kämpfen, doch er konnte mit der Stärke von mehreren Vampiren einfach nicht mithalten. Das konnte nur die Jägerin. Und Sarah war nicht da. Die andere Jägerin - Kendra - hatte selbst alle Hände voll zu tun. Giles spürte nur noch einen harten Schlag. Dann krachte er mit dem Kopf gegen die Tischplatte und fiel bewußtlos zu Boden. Vier Vampire umringten derweil Kendra. „Na kommt schon“, lockte die Jägerin. Sie war kampfbereit. In diesem Moment schwangen die Türen auf und Drusilla trat herein.

Zufrieden nahm sie das Chaos in der Bibliothek wahr. Dann fiel ihr Blick auf Kendra. Sie klatschte in die Hände. „Überlaßt sie mir“, befahl sie ihren Vampiren. Die Vampire wichen zurück und ließen ihrer Herrin den Vortritt. Drusilla trat auf Kendra zu und nahm Kampfhaltung an. Die beiden Frauen sahen sich gefährlich funkelnd an. Kendra wußte wer sie war. Und sie war bereit die Vampirin zu töten.

Kampfgeräusche ertönten auf dem Friedhof. Sarah wich dem harten Schlag von Angelus aus. Sie tauchte hinter ihm auf und schnappte ihn an der Schulter. Sarah wirbelte den Vampir herum und warf ihn zu Boden. Angelus griff nach Sarahs Mantel und zog sie mit sich zu Boden. Gemeinsam mit ihrem Gegner fiel Sarah ins Gras.

Ein Grinsen legte sich auf die Lippen des Vampirs als er der Jägerin so nahe kam. Er umfaßte ihre beiden Ellbogen und zog sie noch ein Stück näher an sich. Sarah zitterte. Reiß dich zusammen, befahl sie sich selbst. Sie war ihm so nahe wie früher - als er noch der Vampir gewesen war, der sie geliebt hatte. „Das gefällt mir“, sprach Angelus. „Und ich weiß dir gefällt es auch.“ Sarah wand sich aus seinem Griff und sprang auf. Sie wich einen Schritt zurück und ging in Kampfstellung. Niemals würde sie zugeben was seine Nähe noch bei ihr auslöste. Angel ist tot, sagte sie sich immer wieder. Sie mußte an diesen Gedanken festhalten, ansonsten würde sie ihn nie besiegen können. Er war Angelus und ihr Feind. Angel war für immer fort.

Angelus sprang ebenfalls auf die Beine. Er griff nach vorne und holte Sarah von den Beinen. Mit einem Schrei glitt Sarah zu Boden. Das war etwas womit sie nicht gerechnet hatte. Aber das war typisch für das Verhalten von Angelus. Er war hinterhältig und gemein. Und er kämpfte mit unfairen Mitteln. Sarah konzentrierte sich und sprang auf. Mit solchen Tricks würde er es nicht schaffen sie aus dem Konzept zu bringen. Sie würde sich nicht beirren lassen.

Ihre rechte Faust raste in den Magen des Vampirs. Gleichzeitig stemmte sie ihren Fuß auf seiner Brust ab und schleuderte ihn über ihren Rücken. Doch Angelus schien damit gerechnet zu haben. Er kam hinter ihr auf die Beine und packte Sarah. Sarah drehte sich und blickte ihm in die Augen. Dann prasselte ein Hagel harter Faustschläge auf sie herab.

Sarah taumelte zurück; fing ihr Gleichgewicht wieder auf und richtete sie auf. Sie blickte Angelus an. Sie wußte, es hatte keinen Zweck. Der Fluch hätte schon längst seine Wirkung zeigen müssen. Der Fluch wirkte nicht. Willow hatte es nicht geschafft. Sarah wußte, was das bedeutete. Sie hatte keine andere Wahl. Sie mußte Angelus vernichten. Der Fluch wirkte nicht. Es war zu spät. Sie mußte ihrer Pflicht als Jägerin nachkommen. Sarah zückte den Holzpflock von Kendra.

„Komm schon“, sprach Sarah entschlossen. „Laß es uns beenden. Hier und jetzt. Nur du und ich. Laß uns die Sache beenden. Van Gogh will auch ein Wörtchen mitreden.“ Angelus zog sich zurück und fing auf einmal schallend zu lachen an. Sarah blickte ihn verwirrt an. Warum lachte er plötzlich? Ihre Nackenhaare stellten sich auf. Etwas war bei dieser ganzen Sache nicht in Ordnung. Sie spürte es jetzt.

„Du hast es noch immer nicht kapiert, Sarah. Es geht nicht um dich. Es ging nie um dich“, sprach Angelus amüsant. Sarah fiel aus allen Wolken. Fassungslos starrte sie Angelus an. Sie wußte um die Bedeutung dieser Worte. Sie konnte einfach nicht glauben das sie darauf wirklich reingefallen war. Sie war ihm direkt in die Falle gelaufen. Sarah drehte sich um und rannte voller Panik Richtung Bibliothek. „Und du bist immer wieder darauf reingefallen“, rief Angelus der Jägerin nach.

Kendra und Drusilla belauerten sich. Die beiden Frauen umkreisten sich wie zwei Raubtiere. Kendra trat mit dem Fuß gegen Drusillas Brust. Die Vampirin fauchte und taumelte zurück. Drusilla verwandelte sich und griff an. Ein Dutzend harter Schläge teilten beide Frauen aus. Es war ein gerechter Kampf. Doch dann gewann Drusilla die Oberhand.

Sie packte Kendra am Hals. Drusillas lange, rot lackierte Fingernägel gruben sich in Kendras Adern. Sie ritzten Kendras Haut ein wenig auf. Blut quoll leicht hervor. Doch es war nicht schlimm. „Sieh mich an“, forderte Drusilla scharf. Kendra wandte den Blick ab. „Sieh mich an, Süße.“ Mit zwei Fingern fuchtelte sie vor Kendras Augen hin und her. Kendra richtete ihre Augen auf Drusilla um zu sehen was die Vampirin mit ihr vorhatte.

Mit süffisanter Stimme fuhr Drusilla fort: „Du bist in meinen Augen. Du bist ... in mir.“ Drusillas Hand löste sich von Kendras Hals. Kendra schwankte. Sie starrte hypnotisiert auf Drusillas Hand. Kendra war vollkommen weggetreten und schwankte leicht von links nach rechts und wieder zurück. Drusilla lächelte sanft und holte mit der Hand aus. Ihre langen Fingernägel durchtrennten Kendras Hals. Die Wunden waren tief und töteten Kendra.

Kurz vor ihren Tod konnte Kendra nur noch aufstöhnen. Dann fiel ihr toter Körper zu Boden. „Gute Nacht“, flüsterte Drusilla. Sie drehte sich zu ihren Gefolgsleuten um. „Holen wir uns weshalb wir gekommen sind“, sprach sie. Zwei Vampire schnappten sich den bewußtlosen Giles und zerrten ihn hinter Drusilla aus dem Gebäude.

Sarah rannte so schnell sie konnte. Sie rannte wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Ihre Freunde waren in Gefahr. Sie mußte sie retten; mußte sie beschützen. Hoffentlich komme ich nicht zu spät, dachte sie panisch. Doch sofort ermahnte sie sich selbst. Daran durfte sie nicht einmal denken. Sarah konnte sich selbst verfluchen. Sie hatte nicht auf ihre Instinkte gehört; hatte sich nicht darauf verlassen. Sie war nachlässig gewesen. Sie hatte diese Gefahr einfach nicht kommen sehen.

Man hatte sie nur von ihren Freunden weglocken wollen und Angelus war das beste Ablenkungsmanöver, daß es gab. Die Falle hatte ihren Freunden gegolten. Sie müssen einfach noch am Leben sein, betete Sarah. Nie hatte sie gewollt das ihre Freunde in Gefahr gerieten. Das war genau das wovor sie sich am meisten gefürchtet hatte. Das einer ihrer Freunde starb - nur weil sie es nicht verhindern konnte. Bitte, lieber Gott, mach das sie noch am Leben sind, betete Sarah. Ihre Freunde befanden sich in großer Gefahr und sie konnte sie nicht beschützen. Sie war machtlos.

Die Jägerin rannte die Straßen hinunter. Bei einer Ecke bog sie ab und nahm eine Abkürzung zur Schule. Sie hechtete über eine Parkbank; sprang darüber hinweg und rannte weiter. Sarah betrat Privatbesitz und sprang über Zäune. Dann kam sie wieder auf eine Straße und lief die Straße entlang. Ihre Schritte hallten auf der Straße wider. Niemand war auf den dunklen, schwach beleuchteten Straßen zu sehen. Sarah war allein. Und sie hatte das Gefühl im Moment allein auf der Welt zu sein.

Diese eine Nacht schien nicht wie jede andere zu sein. Selbst die Vögel hatten sich zurück gezogen und zwitscherten kein Lied. Es war totenstill. Nur Sarahs schnelle Schritte waren zu hören. Es war kalt, doch Sarah spürte die Kälte der Nacht nicht. Ihr ganzer Körper war angespannt vor Angst. Diese Nacht war wahrlich anders. Sarah hatte es längst erkannt. Sie wußte, diese eine Nacht würde einiges ändern. Bitte, ihr müßt noch am Leben sein, sprach sie still. Vielleicht kam sie noch nicht zu spät. Ihre Angst um ihre Freunde trieb sie an und ließ sie noch schneller laufen. Wie konnte ich nur auf diesen miesen Trick hereinfallen? dachte sie auf sich selbst wütend. Doch es war zu spät. Sie konnte es nicht mehr ändern. Es war nun einmal geschehen.

Endlich sah sie die Schule vor sich. Sie hatte die Schule endlich erreicht. Sarah hatte das Gefühl, daß es eine Ewigkeit gedauert hatte. Die Jägerin riß hastig die Tür auf und raste über den Gang zur Bibliothek. Alles schien in Zeitlupe zu geschehen. Sie hatte kein Zeitgefühl mehr. Ihre Augen waren nur auf die Bibliothek gerichtet. Sie hatte Angst vor dem was sie hinter den Schwingtüren vorfand. Sarah hatte die Türen erreicht und stieß die Schwingtüren auf. Schlitternd blieb sie stehen. Erschrocken sah sie das Chaos in der Bibliothek. Sie erkannte das Szenario sofort. Sie war zu spät gekommen.

Mit kurzen, hastigen Blicken hatte sie die Situation erfaßt. Xander lag bewußtlos bei der Treppe - oben bei der Galerie. Willow war unter einem Bücherregal begraben und rührte sich nicht. Auch sie schien bewußtlos zu sein. Sarah konnte Cordelia nicht erblicken und sie hoffte, daß dem dunkelhaarigen Mädchen die Flucht gelungen war. Auch ihr Wächter war verschwunden.

Und dann lag sie da - vor dem Tresen. Sarah riß erschrocken die Augen auf. Bitte nicht, flehte sie. Kendra lag vor dem Tresen - mit geschlossenen Augen. Sarah sah die Spuren am Hals der anderen Jägerin. Man hatte ihr die Kehle aufgeschlitzt. Wie in Trance lief Sarah zu Kendra und kniete sich neben sie hin. Sie beugte sich über das Mädchen. Ihre Vorahnung bestätigte sich. Kein Puls - Kendra war tot. Sie hatten Kendra getötet.

Sarah umfaßte Kendras Hand und drückte sie fest. Ihre Lippen zitterten. Doch sie konnte nicht weinen. Sie schaffte es einfach nicht. Keine einzige Träne bannte sich über ihr Gesicht. Sie war zu geschockt um noch klar denken zu können. In diesen einen Moment konnte Sarah nicht weinen. Sie war auf Angelus’ Plan hereingefallen und hatte ihre Freunde in Stich gelassen. Sie konnte einfach nicht weinen. Kendra war tot. Sarah hatte in dieser Nacht eine gute Freundin verloren.

~ 9. ~

„Keine Bewegung, Polizei“, rief auf einmal eine Stimme hinter Sarah. Sie wirbelte herum. Zwei Polizisten standen mit gezogenen Waffen vor ihr. „Geh von dem Mädchen weg“, forderte die Frau. Sarah hob ihre Hände und stand zögernd auf. Die Polizistin zog Sarah von Kendras Leiche weg. „Hören Sie, ich war das nicht“, beteuerte Sarah offen. „Das kannst du uns auf dem Revier erzählen“, erwiderte die Polizistin. „Du bist verhaftet, Mädchen.“ Der andere Polizist ging die Treppen hoch. „Der Junge lebt noch“, rief er seiner Kollegin zu. „Xander“, rief Sarah. Sie wollte zu ihm laufen, doch die Polizistin hielt sie fest und führte sie aus der Bibliothek.

Genau in diesem Moment erschien Direktor Synder. Grimmig musterte er Sarah. Er hatte das Mädchen noch nie sonderlich gemocht. In seinen Augen war sie eine Unruhestifterin und das sie nach dem Polizeianruf sich hier in der Schule aufhielt, bestätigte ihm seine Meinung nur. „Sarah Summers“, sprach er verächtlich. „Wenn es Ärger gibt hat sie mit Bestimmtheit damit zu tun“, erklärte er der Polizistin. „Ich war das nicht“, sprach Sarah noch einmal.

Sie konnte nicht fassen das man sie wirklich für dieses Verbrechen in den geheimen Räumen ihrer Gang verantwortlich machen wollte. Das Synder das dachte war ihr klar. Aber nur weil sie dagewesen war, mußte sie es doch nicht gewesen sein. Das mußte der Polizei doch auch klar sein. Die Polizistin holte Handschellen hervor und wollte sie Sarah anlegen. Nein, daß kann ich nicht zulassen, dachte Sarah. Ich muß den Kampf gegen Angelus zu Ende bringen. Und ich muß Giles und Cordy finden. Sarah war klar das sie fliehen mußte. Sie hatte gar keine andere Wahl.

Sarah drehte sich blitzschnell um. Sie stieß die Polizistin von sich. Die Frau prallte gegen die Schließfächer. Der Direktor der Schule wich erschrocken einen Schritt zur Seite. Sarah warf ihm einen wütenden Blick zu. Dann lief sie den Korridor hinunter und flüchtete. „Stehenbleiben“, rief die Polizistin, die sich wieder hoch gerappelt hatte. Sarah stieß die Tür auf. Die Polizistin zog ihre Waffe und drückte ab. Sarah duckte sich als die Kugel in der Scheibe der Tür einschlug. Sie stolperte ins Freie und lief davon. Die Polizistin betätigte ihr Funkgerät und gab eine Fahndung nach Sarah raus.

Nachdem Sarah leise in das Haus ihrer Mutter eingestiegen war - sie hatte wieder ihre Klettertour aufs Dach genommen - zog sie sich schnell um. Sarah griff nach einer Mütze, die sie sich tief ins Gesicht zog und griff nach einer schwarzen Jacke. Sie trug dazu eine dunkle Hose und ein einfaches Shirt. Sarah wußte, daß nun nach ihr gefahndet wurde. Es war gefährlich für sie sich jetzt auf den Straßen von Sunnydale herumzutreiben. Aber sie mußte ins Krankenhaus. Sie mußte wissen ob ihre Freunde in Ordnung und vor allem gesund waren.

Sie verhielt sich so unauffällig wie möglich als sie das Krankenhaus betrat. Sarah hielt den Kopf gesenkt um nicht erkannt zu werden. Sie überlegte wohin sie gehen sollte. Wo konnten ihre Freunde sein? Sie konnte schlecht am Empfang nachfragen. Da legte sich plötzlich eine Hand auf ihre Schulter. Sarah fuhr herum; bereit zuzuschlagen. Doch es war nur Xander. Mit Entsetzen erkannte sie das sein Arm eingegipst war.

„Xander“, rief sie erleichtert aus. Sie fiel ihm um den Hals und drückte ihn an sich. Sie war so froh, daß ihm außer einem gebrochenen Arm nichts passiert war. „Gott sei Dank! Es geht dir gut.“ „Nun, der Arm ist gebrochen. Aber ansonsten ... bin ich noch gut in Schuß.“ „Wie geht es Willow?“ fragte Sarah zögernd. Xander seufzte schwer. „Sie ist bewußtlos. Die Ärzte sind der Meinung, wenn sie nicht bald aufwacht könnten Schäden zurückbleiben.“ „Oh Gott!“ Sarah wirkte wirklich bestürzt. Das hatte sie nicht gewollt. Verstört schüttelte sie den Kopf.

Das alles hab ich nicht gewollt, dachte Sarah immer wieder. Es kam ihr wie ein schlimmer Alptraum vor. Doch das war es nicht. Es war real. Genau das hatte sie immer befürchtet. Gegen Dämonen zu kämpfen war ihre Sache. Sie hätte niemals zulassen dürfen das ihre Freunde mit ihr kämpften. Jetzt mußte sie die Konsequenzen dieses Versäumnis tragen.

Xander umarmte Sarah auf einmal. Aus dem Augenwinkel heraus sah Sarah wie zwei Polizisten miteinander sprachen und an ihnen vorbei gingen. Sarah vergrub ihr Gesicht in seine Schulter. Sie warteten bis die Polizisten verschwunden waren. Sarah blickte Xander eindringlich an. „Wo ist sie?“ fragte sie nur. Und Xander verstand. Er brachte sie zu Willow.

Zwei Polizisten waren zu Joyce Summers, der Mutter der Flüchtigen, gefahren und erklärten ihr nun alles. Joyce hörte benommen zu. Sie konnte nicht glauben was sie da hörte. Ihre Tochter - eine Mörderin? Das konnte - durfte - einfach nicht sein. „War Ihre Tochter schon früher gewalttätig?“ fragte der Jüngere der Polizisten. Joyce umklammerte die Tür und schüttelte verneinend den Kopf.

„Nein, niemals! Oh Gott! Ich kann das alles nicht glauben“, stöhnte sie schwach. „Hören Sie, Mrs. Summers: Es hilft Ihrer Tochter nicht, wenn sie vor dem Gesetz davonläuft. Dadurch löst sich das Problem nicht das sie hat. Wenn Sie wissen wo Ihre Tochter ist, sollten Sie uns das sagen. Sie helfen Ihrer Tochter durch Schweigen nicht.“ Joyce nickte. „Ich weiß wirklich nicht wo Sarah sich aufhält. Sie hat mir gesagt das sie mit Willow lernen wollte.“ „Willow Rosenberg?“ hakte der andere Polizist nach.

Joyce nickte. „Willow Rosenberg liegt im Krankenhaus - bewußtlos.“ „Oh mein Gott“, stöhnte Joyce. Die Nachrichten wurden immer schlimmer. Der Tod von Kendra hatte sie schon geschockt. Aber das jetzt ... Sie konnte sich einfach nicht vorstellen das ihre Tochter ihre beste Freundin angreifen würde. „Mrs. Summers, suchen Sie Ihre Tochter. Vielleicht finden Sie sie ja. Sagen Sie ihr, sie soll zu uns aufs Revier kommen. Es ist das Beste wenn Ihre Tochter sich stellt“, sprach der Ältere der Polizisten. Wieder nickte Joyce wie betäubt. Die Polizisten nickten ihr noch einmal zu und verließen das Haus. Joyce schloß die Tür und sank geschockt an der Wand entlang zu Boden.

Sarah saß an Willows Krankenbett. Willows Kopf war bandagiert und sie lag ganz still da. Sie rührte sich nicht. Doch Sarah verspürte auch ein wenig Erleichterung. Wenigstens wurde sie nicht künstlich beatmet. Das sprach für eine gute Genesung des rothaarigen Mädchens. Sarah umfaßte Willows Hand und drückte sie fest.

„Xander, hast du ihre Eltern schon angerufen?“ Xander nickte hinter Sarah, obwohl er wußte das sie es nicht sehen konnte. „Sie sind nicht zu Hause. Ich hab ... eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen.“ Sarah nickte leicht. „Sie muß einfach wieder gesund werden. Sie muß leben. Ich würde es nicht verkraften wenn sie stirbt“, flüsterte die Jägerin. „Sie wird aufwachen“, machte Xander ihr Mut.

Die Tür zu Willows Zimmer ging auf. Sarah und Xander zuckte zusammen. Doch es war kein Polizist sondern Cordelia. Xander atmete erleichtert auf. Sie war am Leben und sie schien gesund zu sein. Er umarmte Cordy und drückte sie fest an sich. Er war so froh das ihr nichts passiert war; das wenigstens sie mit dem Schrecken davon gekommen war. Und auch Sarah war froh. Cordelia nervte oft, daß gab sie gerne zu. Doch sie war eine Freundin und sie war erleichtert das es ihr gut ging.

„Ist alles in Ordnung? Bist du okay?“ fragte Xander und er blickte Cordelia ernst an. Sie nickte. „Ja. Ich bin gerannt so schnell ich konnte. Ich hab erst aufgehört zu laufen als ich mir sicher war, daß mich niemand verfolgt. Ziemlich feige, nicht wahr?“ meinte Cordelia etwas beschämend.

Sarah sprang auf und schüttelte verneinend den Kopf. „Nein, Cordy. Es war das einzig Richtige. Sonst würdest du auch hier liegen wie Willow. Oder du wärst ...“ Sie sprach nicht zu Ende. Alle wußten was sie dachte. „Ich probiere noch einmal Willows Eltern zu erreichen“, sprach Xander und er war schon auf den Weg zur Tür.

„Nein, Xander! Bleib bei Willow. Ich mach das schon“, erwiderte Cordelia als sie ihm eine Hand auf die Schulter legte. Sie lächelte ihn aufmunternd an. Xander war ihr sehr dankbar dafür. Sie wußte, daß er sehr an Willow hing. Willow war sein bester Kumpel; seine beste Freundin. Und Cordelia wußte das. Obwohl sie sich oft wie eine arrogante Ziege aufführte konnte man auf Cordelia zählen wenn es ernst wurde.

„Cordy, ist Giles bei ihr gewesen?“ fragte Sarah hoffnungsvoll. Cordelia schüttelte verneinend den Kopf. „Nein, er ist nicht mit mir geflohen. Ist er verschwunden?“ Sarah nickte. „Ja, er ist spurlos verschwunden. Ich muß ihn finden. Bleibt ihr doch bitte hier bei Willow und ...“ „Natürlich“, mischte sich nun Xander wieder ein. „Wir passen schon auf Willow auf. Finde Giles!“ Sarah umarmte ihre Freunde noch einmal. Dann verließ sie das Krankenhaus. Xander setzte sich an Willows Krankenbett und Cordelia rief bei Willows Eltern und Oz an.

Sarah stieg die Stufen zu Giles’ Haus hinab. Sie erkannte das die Tür unverschlossen und nur angelehnt war. Oh Gott, Giles, was ist nur mit Ihnen passiert? fragte sich Sarah voller Angst um ihren Wächter. Sie stieß die Tür auf und betrat das Wohnzimmer. „Giles!“ rief sie laut. Doch alles war still. Sie bekam keine Antwort. „Giles!“ Sarah wollte gerade die Stufen zu seinen Schlafzimmer hinauf laufen als eine Stimme hinter ihr sie zurückhielt. „Dein Wächter ist nicht da, Jägerin.“ Sarah wirbelte herum.

In Giles’ Küche stand ein Mann, der ein schreckliches Hawaiihemd trug. Darüber hatte er eine braune Lederjacke an und er trug abgetragene Jeans. Auf seinen Kopf hatte er einen braunen Hut, unter dem die schwarzen Haarspitzen hervorstanden. Sarah funkelte ihn wütend an. „Wer sind Sie?“ fragte sie scharf. „Ich bin Whistler“, stellte sich der Mann vor. Er durchsuchte die Schränke in Giles’ Küche und stellte kopfschüttelnd fest, daß der Engländer nur Tee im Haus hatte.

„Ich bin sowas wie ein guter Geist“, sprach Whistler als er den Kühlschrank schloß. „Wo ist Giles?“ fragte Sarah barsch. Whistler zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht, ehrlich. Er war nicht da als ich gekommen bin.“ Sarah schoß nach vorne, zerrte den Mann am Kragen aus der Küche und drückte ihn hart gegen die Wand. „Wer, zum Teufel, sind Sie?“ fauchte sie ihn ungehalten an. Whistler schluckte schwer als er die ganze Stärke der Jägerin spürte. Sie drückte ihm fast die Luft ab.

„Okay, ich erkläre es dir“, begann er krächzend. Sarah lockerte ihren Griff nur ein wenig. Sie gab ihm gerade soviel Luft, daß er mit ruhiger Stimme sprechen konnte. „Ich wiederhole mich ungern, aber wer sind Sie?“ „Ich bin ein Halbdämon“, gestand Whistler. Sein Geständnis brachte die Jägerin jedoch nicht aus der Ruhe. Sie hatte schon soviel gesehen, da überraschte sie gar nichts mehr. „Ich bin ein guter Halbdämon. Meine Pflicht ist es für das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse zu sorgen.“ Sarah funkelte ihn böse an. Das war für sie noch keine Erklärung was er in Giles’ Haus machte.

„Ich weiß, daß du momentan viel durchmachst, Jägerin. Ich weiß von deinem Schmerz.“ „Das wissen Sie nicht“, fauchte Sarah ihn scharf an. „Ich habe Angel verloren. Meine Freunde wurden angegriffen und liegen teilweise im Krankenhaus. Eine Freundin von mir wurde heute getötet. Mein Wächter ist verschwunden. Sagen Sie mir nicht, daß Sie wissen wie ich mich fühle“, schrie sie ihn wütend an. „Es ist noch nicht vorbei“, sprach Whistler ernst. „Du weißt das, Jägerin. Der Weltuntergang steht bevor.“ „Ich weiß. Und ich werde Angelus vernichten. Für Angels Tod wird er bezahlen.“ Whistler schüttelte leicht den Kopf.

„Du hast das Recht es zu erfahren“, murmelte er. „Was soll ich erfahren?“ Whistler blickte Sarah ernst in die Augen. „Angel war nie dazu bestimmt Acathla zu erwecken. Er war dazu auserwählt Acathla zu zerstören; den Dämon für immer zu vernichten. Aber dann mußtest du ja mit ihm ins Bett steigen und ...“ „Seien Sie still“, forderte Sarah wütend. Sie drückte Whistler noch härter gegen die Wand.

„Angelus ist frei und nur du kannst ihn aufhalten.“ „Ich weiß. Und genau das habe ich auch vor.“ Sarah war klar das ihr die Zeit davonlief. Sie mußte Giles finden. Sie konnte sich nicht weiter mit diesen komischen Kauz beschäftigen. Sie ließ Whistler los und wandte sich der Haustür zu. „Es genügt nicht nur gegen Angel zu kämpfen. Es genügt nicht ihn zu besiegen. Hör mal, Jägerin, ich kann dir ...“ Doch seine Worte prallten an den Wänden ab. Den Sarah war schon gegangen.

Giles stöhnte schwach. Langsam kam er zu sich. Benommen nahm er wahr das er am Boden lag. Wo war er? Und was war geschehen? Giles fühlte sich schwach. Er stützte sich auf seine Arme und setzte sich langsam auf. Da setzte der Schmerz in seinen Kopf ein. Langsam kehrte die Erinnerung zurück. Sie waren überfallen worden - von Angelus’ Leuten. Und sie hatten das Ritual nicht zu Ende führen können. Was war mit den Anderen? Waren sie okay? Und was war mit seinem Schützling? Ging es Sarah gut? Tausend Gedanken stürzten auf Giles ein. „Hallo Rupert“, sprach auf einmal eine Stimme neben ihm. Giles gefror das Blut in den Adern. Die Stimme war eiskalt. Er wußte, sie gehörte Angelus.

Langsam wandte Giles den Kopf. Neben ihm kniete Angelus mit einen hinterhältigen Grinsen auf den Lippen. „Ich dachte schon, Sie wachen überhaupt nicht mehr auf“, sprach der Vampir mit sanfter Stimme. „Wo ... wo bin ich?“ stammelte Giles. Er versuchte seine Angst unter Kontrolle zu halten; wollte sie dem Vampir nicht zeigen. Diese Genugtuung wollte er Angelus nicht geben. Doch seine Stimme zitterte und er wußte, er hatte sich verraten. Außerdem konnte Angelus seine Angst riechen.

„Nachdem Sie die Fabrik abgefackelt haben, haben wir uns ein neues Heim gesucht. Aber das spielt keine Rolle. Ich hab Sie aus anderen Gründen eingeladen als das Sie mein neues Heim bewundern.“ Angelus gab Giles den Blick über seine Schulter frei. Giles erstarrte. Da stand Acathla, der Dämon aus Stein mit dem Schwert in der Brust. „Acathla“, flüsterte Giles schockiert. Die Vampire hatten ihn also. Doch man hatte ihn noch nicht erweckt. Was will Angelus von mir? fragte er sich irritiert.

Angelus folgte dem Blick des Wächters. „Eine imposante Gestalt, nicht wahr?“ meinte der Vampir. Angelus blickte Giles in die Augen; ernst und scharf. „Wissen Sie, Rupert, ich hab da ein kleines Problem“, begann Angelus. „Es geht um Acathla. Der Kerl läßt sich einfach nicht aufwecken. Ich hab das Ritual durchgeführt; hab die lateinische Formel zitiert so wie es sich gehört. Mann, ich hatte sogar Blut auf meiner Hand“, lachte Angelus amüsiert. „Doch es hat nicht funktioniert. Der Kerl ist wirklich schwer aufzuwecken. Und da dachte ich an Sie, Rupert.“ Langsam ahnte Giles worauf Angelus hinauswollte; warum er entführt worden war. Und dieser Gedanke gefiel ihm überhaupt nicht.

„Also, Rupert, deshalb habe ich Sie eingeladen. Ich möchte gerne wissen was ich falsch gemacht habe. Und Sie sind für die Aufklärung des Rituals genau der richtige Mann. Sie sind doch ein wandelndes Geschichtsbuch. Und ich bin mir sicher: Sie wissen wie ich Acathla erwecken kann. Helfen Sie mir, Rupert.“ Giles schüttelte verneinend den Kopf. Niemals würde er das wahre Ritual preisgeben. Als Wächter kannte er es. Und er würde es Angelus niemals erzählen.

„Ich hoffe für Sie, Rupert, daß Sie sich nicht wehren. Ansonsten muß ich Sie foltern. Andererseits ist es sehr lange her das ich einen Menschen gefoltert habe.“ Angelus grinste höllisch. „Ich würde Sie liebend gern foltern, Rupert.“ Giles zuckte bei diesen Worten zusammen. Er erkannte den Ernst der Lage. Würde er schweigen, würde Angelus ihn foltern. Aber wenn er sprach, würde der Vampir Acathla erwecken. Die Welt wäre dann verloren. Giles’ letzte Hoffnung war Sarah. Und der Wächter wußte das genauso wie Angelus.

Cordelia hatte Oz erreicht und ihm erzählt was geschehen war. Oz war sofort losgefahren. Willows Eltern jedoch waren noch immer nicht zu Hause. Aber Xander war schon froh, daß Willows Freund ins Krankenhaus kam. Er ließ Oz Platz und stand auf. Oz setzte sich auf den Stuhl und umfaßte Willows Hand. Zärtlich küßte er Willow auf die Stirn. Xander legte seinen Arm um Cordelia. Sie lächelte Xander aufmunternd an. „Sie wird aufwachen“, sprach sie ernst.

Die dunkelhaarige Schönheit hatte den Satz noch nicht einmal ganz ausgesprochen als Willow ein leises Stöhnen entkam. Ihre Augenlider flatterten. Sie wachte auf. Die Gang konnte es nicht fassen. Und sie waren froh das Willow aufwachte. Wenigstens eine Sorge weniger, die sie hatten. Langsam öffnete Willow die Augen. „Wie fühlst du dich?“ fragte Oz sanft. „Oh Mann“, stöhnte Willow. „Ich hab das Gefühl als wäre mein Kopf so dick wie eine Wassermelone.“ Oz lächelte zärtlich. „Nein, daß ist er nicht“, flüsterte er und er strich zart über Willows Verband.

„Wo ist Sarah? Ist sie okay?“ fragte Willow ängstlich. Xander beugte sich über sie. „Sie ist in Ordnung, Will. Doch die Polizei wollte sie verhaftet. Nach ihr wird gefahndet.“ „Wieso?“ rief Willow panisch. Die Gang wechselte einen wissenden Blick miteinander. Doch Xander entschied sich dann es Willow zu erzählen. „Kendra ist tot. Die Vampire haben sie getötet.“ „Was?“ Willow riß ihre müden Augen auf. „Oh nein“, stöhnte sie. „Es ... sie ist wirklich tot“, betonte Xander noch einmal traurig. Cordelia klopfte Xander auf die Schulter und gab ihm zu verstehen das sie einen Arzt holen würde. Willows Aufwachen war eine gute Nachricht in dieser düsteren Zeit, die auf die Gang zugekommen war.

Ihre Hände in den Jackentaschen vergraben - die Mütze tief ins Gesicht gezogen - ging Sarah über die Straße und entfernte sich von Giles’ Haus. Sie hing ihren Gedanken nach. Was sollte sie jetzt tun? Denk nach, Sarah, ermahnte sie sich. Früher mußtest du auch ohne Freunde im Kampf auskommen. Sarah war klar als erstes mußte sie rauskriegen wo sich die Vampire aufhielten. Dann würde sie das Schwert von Kendra holen und sich Angelus stellen. Doch da war noch immer das Problem das ihr Wächter verschwunden war. Konnte es sein ..., dachte sie, doch weiter kam sie nicht da ein Polizeiwagen am Straßenrand hielt.

Der Polizist stieg aus und folgte Sarah. Verdammt, nicht jetzt! Das kann ich jetzt wirklich nicht gebrauchen, dachte Sarah entnervt. Sie hatte andere Probleme. Sie mußte Giles finden und die Welt retten. Da konnte sie sich jetzt einfach nicht mit der Polizei beschäftigen. Als ob ich nicht schon genug Probleme habe, dachte die Jägerin zynisch. Der Polizist hatte Sarah erkannt. Schließlich lief die Fahndung gegen sie noch. Das wußte Sarah. „Stehenbleiben, Mädchen“, rief er im bestimmten Tonfall. „Heb die Hände, so das ich sie sehen kann. Und drehe dich langsam um“, befahl der Polizist.

Sarah seufzte leise und tat was er sagte. Sie drehte sich mit erhobenen Händen langsam zu dem Polizisten um. Im nächsten Augenblick wurde der Polizist auch schon niedergeschlagen und außer Gefecht gesetzt. Bewußtlos landete er auf der Motorhaube. Sarah starrte erschrocken auf den bewußtlosen Polizisten. Der Mann, der den Polizisten niedergeschlagen hatte, drehte sie zu ihr um. Sie riß überrascht die Augen auf. Ihr unerwarteter Helfer war niemand anderer als Spike. „Hallo Süße“, grüßte der Vampir.

Die Jägerin starrte den Vampir fassungslos an. Sie konnte nicht glauben das ausgerechnet er ihr helfen wollte? „Du?“ rief Sarah und sie starrte ihren Feind wütend an. Sie dachte nicht lange nach sondern schlug Spike mit der Faust hart ins Gesicht. Spike taumelte einen halben Schritt zurück. Doch er ließ sich das nicht gefallen. Spike schlug mit einen harten Schlag zurück. Die Quittung war das Sarah ihm noch einen Schlag verpaßte.

Spike wollte Sarah festhalten; damit sie ihm zuhörte, aber das gelang ihm nicht. Brutal rammte sie ihm den Ellbogen in den Bauch. Spikes Oberkörper fiel nach vorne; doch er fing sich sofort wieder. Er trat einen Schritt zurück und hob die Hände um ihr zu signalisieren, daß von ihm momentan keine Gefahr ausging. „Okay, jetzt beruhige dich erst einmal“, sprach Spike. „Ich soll mich beruhigen?“ fauchte Sarah ihn an. „Ich bin hier weil ich dir helfen will“, erwiderte der blonde Vampir. Sarah lachte verächtlich auf.

„Du willst mir helfen? Das ist ja das Allerletzte! Das ist ja ein ganz mieser Trick. So verzweifelt bin ich noch nicht das ich auf diesen dreckigen Trick von euch hereinfalle“, schrie Sarah. „Das ist kein Trick“, betonte Spike. „Ich mein es ernst, Sarah.“ „Tut mir leid. Ich hab kein Interesse.“ Sie drehte sich um und wollte ihn stehen lassen. „Er hat deinen Wächter“, rief Spike ihr nach.

Sarah blieb wie vom Blitz getroffen stehen und wandte sich wieder Spike zu. „Was?“ „Dein Ex Angelus ... er hat deinen Wächter. Und wahrscheinlich foltert er ihn gerade“, sprach Spike gelassen. Er wußte, daß Sarah ihm nun zuhören würde. Immerhin ging es hier um das Leben ihres Wächters und das würde sie nicht aufs Spiel setzen, so gut kannte Spike sie inzwischen schon. Spike setzte sich auf die Motorhaube des Polizeiwagens und zog ein Zigarettenpäckchen aus der Tasche des bewußtlosen Polizisten. Lässig zündete er sich eine Zigarette an.

Aufmerksam beobachtete er die Jägerin. „Weißt du“, begann der Vampir. „Eigentlich stehe ich sehr auf diese Welt. Ihr habt hier alles was man sich wünscht. Ihr habt Manchester United, Hunderennen und natürlich viele Menschen, die nur darauf warten Vampirfutter zu werden.“ Spike nahm einen Zug von der Zigarette. „Ich werde die Welt zerstören - Uah! Ein Satz unter Vampiren, die gerne bei einem guten Schluck Blut aufschneiden um sich wichtig zu machen. In Wahrheit liebe ich diese Welt.“ Spike schwieg für einen Moment und hielt den mißtrauischen Blick der Jägerin stand.

„Doch dann ... kommt einer mit einer Vision“, sprach Spike ernst. „Er hat die Vision des Weltuntergangs; die Vernichtung der Menschheit. Er träumt von einer nie dagewesenen zerstörerischen Macht. Und Angelus meint es todernst. Angelus ist verrückt genug um seine Vision wahrzumachen. Er wird den Weltuntergang durchführen - mit Acathlas Hilfe. Und er will die Macht allein für sich. Angelus will Tod und Zerstörung sehen. Doch weißt du was er tausend Mal lieber sieht als die Vernichtung der Welt?“ Spike blickte Sarah ernst an. Sarah schüttelte verneinend den Kopf. Der Weltuntergang war doch das was Angelus wollte. Was sah er lieber als das?

„Er will dich versagen sehen. Er will erleben wie du deine Pflicht als Jägerin nicht erfüllen kannst. Er will sehen wie du den Weltuntergang nicht verhindern kannst und somit als Jägerin versagst“, klärte Spike Sarah auf. Sie nickte. Das traute sie Angelus sogar zu. Seinen extremen und hinterhältigen Verhalten sah das sehr ähnlich, würde Giles jetzt sagen. Sarah mußte fast leise kichern. Das war typisch Giles. Und gleich darauf überschwemmte Angst und Sorge Sarah wieder. Giles war in Gefahr.

„Und was willst du jetzt von mir?“ sprach Sarah skeptisch. „Hier geht es um deinen Ex, mein Schatz.“ Spike stand auf und zertrat die Zigarette unter seinen Stiefel. „Ich will Dru wiederhaben“, gestand er der Jägerin. „Ich will das sie aufhört Angelus anzuhimmeln. Ich will das es wieder so ist wie früher zwischen Dru und mir.“ Sarah starrte Spike fassungslos an. Das konnte nicht sein Ernst sein? Er bat sie um Hilfe weil er Dru wiederhaben wollte? Das war zuviel. Sie hatte genug gehört. Es reichte Sarah.

Mit der Faust schlug sie Spike hart ins Gesicht. Er zuckte nicht einmal mit der Wimper. „Eine Freundin von mir ist tot“, schleuderte Sarah ihm wütend ins Gesicht. „Ich wußte nichts von dem Überfall“, beteuerte Spike. Die Jägerin funkelte ihn zornig an und verpaßte ihm noch einen Schlag. Diesmal schlug Spike zurück. Und als Retourkutsche kriegte er noch einen Schlag ins Gesicht verpaßt. „Meine Freunde sind verletzt und liegen teilweise bewußtlos im Krankenhaus. Ich hätte sie verlieren können. Mein Wächter ist in der Gewalt von Angelus. Die Welt steht vor dem Untergang. Und du bittest mich um Hilfe weil deine Freundin ein Flittchen ist? Als hätte ich nicht schon genug Probleme“, rief Sarah erbost und sie schlug Spike noch einmal ins Gesicht.

„Ich hasse dich“, rief Sarah zornig. „Ohne mich schaffst du es nicht“, erwiderte Spike ungerührt. Sarah und er standen sich feindselig gegenüber. Sie starrte ihn an und dachte nach. Sie mußte ihm recht geben. Ohne ihn schaffte sie es nicht. Sie brauchte Hilfe. Und er schien es ernst zu meinen, denn er hatte einen guten Grund ihr zu helfen. Er wollte Angelus loswerden. Sarah wußte, sie hatte keine andere Wahl. „Okay. Laß uns zu mir gehen - ins Haus. Dort können wir reden.“ Spike nickte. Sie musterten sich mißtrauisch und gemeinsam machten sie sich auf dem Weg zu Sarahs zu Hause.

Skeptisch blickten sie sich an als sie endlich vor dem Haus ankamen. Sie wollten gerade hineingehen als ein Wagen die Auffahrt hochfuhr. Der Wagen hielt und Joyce sprang aus dem Wagen. Keine Vorwürfe, Mom, flehte Sarah. Doch sie wußte, es war nutzlos. Die Polizei hatte sie sicher aufgesucht und ihr erzählt das Sarah gesucht wurde. Und Sarah wußte, daß bedeutete eins: Vorwürfe.

„Sarah! Sarah, wo bist du gewesen?“ rief Joyce erregt. Sie kam näher und erblickte Spike, der sich etwas im Hintergrund hielt. „Wer ist das?“ fragte Joyce ihre Tochter. Bevor Sarah jedoch antworten konnte wandte sich Joyce Spike zu. „Wer sind Sie?“ „Mom“, begann Sarah zögernd. „Bitte reg dich nicht auf. Ich kann dir alles erklären.“ Aber wie? fragte sich Sarah im selben Moment. „Oh ja, du wirst mir alles erklären. Schatz, die Polizei sucht dich. Ich hab dich überall gesucht. Wo warst du? Du kannst doch nicht einfach vor der Polizei fliehen. Dadurch löst du deine Probleme nicht. Komm, wir fahren sofort zur Polizei.“ Joyce griff nach dem Arm ihrer Tochter, doch Sarah trat einen Schritt zurück.

„Mom, ich ... ich kann nicht. Spike und ich ... wir ...“ „Was? Deine Mutter weiß es nicht?“ fragte Spike überrascht und er blickte Sarah an. Sie verdrehte die Augen. Konnte er nicht einmal die Klappe halten? „Was weiß ich nicht?“ mischte sich Joyce nun wieder ein. Verwirrt blickte sie von einem zum anderen. „Das ich ...“ Schnell suchte Sarah nach einer Ausrede. „Das ich ne Band hab“, meinte sie dann hastig. „Ne Rockband; mit Spike zusammen.“ „Ach ja?“ fragte Joyce skeptisch. „Ja, ich spiele die ...“ „... Gitarre“, meinte Spike. „... Die Drums“, erwiderte Sarah im selben Moment.

„Äh ... stimmt! Sie ist ne wundervolle Schlagzeugerin“, verbesserte Spike sich schnell. Jetzt wurde Joyce erst recht mißtrauisch. Es war klar das da etwas nicht stimmte. „Und was machen Sie?“ fragte Joyce Spike. „Tja ... ich singe“, log er. Sarah wußte, sie mußte etwas tun bevor ihre Mutter erst recht skeptisch wurde. „Laßt uns reingehen“, schlug sie deshalb vor. Spike nickte. Das war ihm nur recht. Es gefiel ihm nicht das er für die Jägerin jetzt auch noch lügen mußte. Doch er hatte keine andere Wahl. Er wollte Angelus loswerden und dafür brauchte er Sarahs Hilfe. Obwohl es weder ihm noch ihr gefiel ... sie waren beide aufeinander angewiesen.

Spike stieg die Treppen hinauf als auf einmal ein Vampir aus dem Gebüsch stürzte. Spike wirbelte herum und reagierte sofort. Er schlug mit einen harten Faustschlag zu. Der Vampir taumelte zurück. Er richtete sein Gesicht auf Joyce. Joyce sah die häßliche Fratze des Mannes und schrie auf. Erschrocken wich sie einen Schritt zurück. Sarah schnappte sich den Vampir am Arm und wirbelte ihn herum. Sie hatte ihren Holzpflock gezogen und trieb die Spitze in die Brust des Vampirs. In Sekunden wurde der Vampir zu einem Ascheregen.

Joyce war total schockiert. Was war das gewesen? „Einer von Angelus’ Männern“, sprach Spike. „Er hat dich beobachtet“, erwiderte Sarah. Joyce sah die Reaktion ihrer Tochter. Sie reagierte total ruhig und gelassen; so als wäre diese Auflösung Normalität für sie. Da konnte doch was nicht stimmen. Joyce suchte nach den richtigen Worten, doch sie brachte keinen Ton heraus.

„Besser gesagt, er hat uns beobachtet“, korrigierte Spike die Jägerin. „Aber darüber brauchen wir uns keine Sorgen mehr machen. Der kann nicht mehr sprechen.“ Sarah hob ihren Kopf und richtete ihre Augen auf ihre Mutter. Joyce war geschockt. Sie konnte nicht verstehen was soeben geschehen war. „Sarah, hast du das gesehen? Der Mann hat sich in Staub aufgelöst.“ Sarah schloß gequält die Augen.

Sie wußte, was das zu bedeuten hatte. Ihre Mutter hatte gesehen wie sie einen Vampir vernichtet hatte. Und sie wollte die Wahrheit wissen. Warum jetzt? fragte sich Sarah. Einen ungünstigeren Moment hatte sie sich nicht aussuchen können um ihrer Mutter die Wahrheit zu sagen. Doch sie hatte keine Wahl. Sie mußte es jetzt tun.

Sie atmete tief durch; tankte ihren Körper mit Mut. Jetzt war der Moment der Wahrheit gekommen. Sie mußte ihrer Mutter die Wahrheit sagen. Jetzt sofort - es war unvermeidlich. Es wurde Zeit das Joyce die Wahrheit über ihre Tochter erfuhr. Nun sollte ihre Mutter erfahren was sie in den letzten Jahren jede Nacht getan hatte. Sarah hatte vor diesem Moment immer Angst gehabt. Wie würde Joyce reagieren?

Sarah trat einen Schritt nach vorne und blickte ihrer Mutter ernst in die Augen. „Ich muß dir etwas sagen“, begann Sarah vorsichtig. „Und was?“ Sarah holte noch einmal tief Luft und gestand: „Mom, ich bin eine Vampirjägerin.“ Joyce riß die Augen auf. Sie fiel aus allen Wolken. Was hatte ihre Tochter da gesagt? Sarah war eine Vampirjägerin?

~ 10. ~

Joyce saß auf der Couch in ihrem Haus. Das Geständnis ihrer Tochter mußte sie jetzt erst einmal verarbeiten und überhaupt verstehen. Spike hatte sich im Schaukelstuhl nieder gelassen und schaukelte nervös von vorn und nach hinten. Joyce strich sich ihr Haar nach hinten. Sie konnte nicht fassen was Sarah gesagt hatte. Sie war eine Vampirjägerin? Vampire existierten wirklich? Das konnte einfach nicht sein. Joyce hatte das Gefühl zu träumen; so als wäre sie in einen Alptraum gefangen.

Sarah stand in der Küche und telefonierte mit Willow. Es freute sie das es Willow wieder gut ging. Das war eine gute Nachricht und die hatte sie jetzt dringend nötig. „Wie geht es dir?“ fragte Sarah. „Ich bin okay“, erwiderte Willow. „Hör zu, Willow: Angelus hat Giles. Ich weiß jetzt wo sich die Vampire aufhalten. Ich geh zur Hauptmann Gruft und werde es beenden.“ „Sarah, glaubst du wirklich du schaffst das?“ fragte Willow einfühlsam. „Ja, ich schaffe das. Ich bin bereit. Willow, bleib bitte im Krankenhaus und ruhe dich aus.“ „Aber du wirst Hilfe brauchen“, protestierte das rothaarige Mädchen heftig. Sarah schüttelte den Kopf und blickte durch die Tür ins Wohnzimmer, wo Spike noch immer mit dem Sessel hin und her schaukelte.

„Ich hab Hilfe“, sprach sie. „Von wem?“ „Du würdest mir das nicht glauben“, meinte Sarah. Sie konnte es ja selbst nicht glauben. Aber sie brauchte Spike, so ungern sie das auch zugab. „Wirst du ihn töten?“ fragte Willow zögernd. Sarah wußte wen ihre Freundin meinte. „Ja. Ich werde es schaffen. Willow, Angel ist tot. Er lebt nicht mehr. Er ist für immer fort. Angelus hat mir meinen Freund geraubt. Und dafür wird er zahlen. Er ist nicht mehr Angel. Angel ist tot“, sprach Sarah. „Ich weiß, aber ...“ „Ich bin nun bereit. Und ich werde es beenden. Jetzt hilft auch der Fluch nicht mehr. Er ist zu weit gegangen.“ Sarah wünschte Willow noch eine gute Besserung und legte auf.

Spike sprang sofort auf als Sarah das Wohnzimmer betrat. „Hör zu“, begann er. „So läuft die Sache. Ich werde dir helfen, wenn du Drusilla und mich gehen läßt. Wir werden Sunnydale für immer verlassen. Zumindest kann ich das nur hoffen.“ Sarah schüttelte den Kopf. Sie war mit seinen Vorschlag nicht ganz einverstanden. „Nicht Drusilla“, erwiderte sie. „Die laß ich nicht weg.“ „So oder gar nicht“, behaarte Spike auf seinen Vorschlag. „Sie hat eine Jägerin getötet“, teilte Sarah ihm eiskalt mit.

„Schatz, du hast Kendra nicht getötet?“ funkte Joyce dazwischen. „Natürlich nicht! Was denkst du denn von mir?“ erwiderte Sarah verblüfft. Hatte ihre Mutter wirklich so wenig Vertrauen zu ihr? „Und ... Kendra hat sich auch aufgelöst wie dieser Mann?“ „Nein, Mom. Sie war eine Jägerin.“ Spike verdrehte genervt die Augen und packte Sarah am Arm. Dann schob er sie in den Vorraum um ungestört mit ihr sprechen zu können.

„Drusilla hat eine Jägerin gekillt? Das find ich klasse“, rief er begeistert. Er begegnete Sarahs eisigen Augen und nahm ihre versteinerte Miene wahr. Sein Lächeln verschwand. „Du findest das anscheinend nicht so klasse.“ „Nicht sehr“, gab Sarah ihm zu verstehen. „Okay“, seufzte sie. „Ich laß Drusilla weg. Ich laß euch beide weg. Sorge du dafür das Giles am Leben bleibt. Und mach dich bereit. Bei Sonnenaufgang greife ich an.“ „Gut, ich werde bereit sein.“ Spike öffnete die Tür. „Spike!“ Er drehte sich zu Sarah um. „Was?“ „Wenn Giles was geschieht mache ich Dru kalt“, sprach Sarah ernst. Und er wußte, daß sie es ernst meinte. Spike ging einfach. Er durfte nicht zu lange wegbleiben, ansonsten würde Angelus mißtrauisch werden.

Willow hingegen war fest entschlossen den Fluch zu erneuern. Sie wollte das Ritual noch einmal durchführen. Sie mußte es einfach probieren. Cordelia hatte in Windeseile alle notwendigen Dinge für das Ritual besorgt und Willow war ihr dafür sehr dankbar. „Ich halte das für keine gute Idee“, mischte sich Xander mit düsterer Miene ein. „Wir müssen es tun“, sprach Willow als sie sich im Bett aufsetzte. „Ich muß es für Sarah tun. Sie liebt Angel. So können wir ihr diesen Kampf ersparen und auch die Welt retten.“ „Das können wir auch so. Laß Sarah das nur machen. Sie wird schon wissen was sie tut.“ „Sei nicht so kalt, Xander“, wies Willow den Jungen zurecht.

„Du weißt, daß Angel ihr Leben ist. Er ist sehr wichtig für sie. Er ist ein Teil ihres Lebens. Sie braucht ihn. Es spielt keine Rolle ob sie Angel für tot hält oder nicht. Wenn sie ihn tötet wird sie darunter leiden. Es wird sie unglaublich mitnehmen. Sie wird leiden und deshalb kann ich das nicht zulassen. Verstehst du nicht, daß sie noch immer unter seiner Verwandlung leidet? Sarah ist entschlossen ihn zu töten. Aber ich kann das nicht zulassen. Angel hat sie glücklich gemacht. Und er ist der Einzige, der ihr das Lachen zurückbringen kann. Sarah ist innerlich tot“, sprach Willow besorgt.

Xander blickte ihr in die Augen und schüttelte den Kopf. „Sie ist nicht tot“, widersprach er. „Doch, sie ist es. Angels Verwandlung hat sie innerlich zerstört. Sie lebt nicht mehr. Sie reagiert nur noch. Er hat sie so glücklich gemacht. Und nur Angel kann ihre Wunden heilen. Nur er kann sie wieder ins Licht führen. Ich will, daß es wieder so ist. Ich will, daß sie wieder so glücklich ist wie sie es vor seiner Verwandlung mit ihm war“, sprach Willow energisch. Doch es überzeugte Xander nicht. Er konnte Angel nicht mehr ausstehen. „Ich werde ihr helfen Giles zu befreien“, sagte er und ging zur Tür. „Sag Sarah, daß ich den Fluch erneuere. Sie muß Angel nur hinhalten.“ Xander nickte nur leicht. Gemeinsam mit Cordelia und Oz bereitete Willow das Ritual vor.

Angelus setzte sich in einen Polstersessel und putzte Giles’ Brille. Der Wächter stöhnte vor Schmerzen. Blut quoll aus einer Wunde an seiner Wange. Die Folter, die Angelus an ihm ausführte, war mörderisch. Doch er würde nicht nachgeben - auf keinen Fall. Giles würde nicht reden. Er würde ihm den Schlüssel zu Acathlas Erweckung nicht nennen. Giles war nicht umsonst Wächter. Er hatte gelernt Schmerzen zu ertragen. Auch wenn es so höllisch weh tat, daß man glaubte, den Verstand zu verlieren.

„Sie sind gut, Giles. Ich bin beeindruckt. Durchhaltevermögen muß man Ihnen wirklich zuschreiben. Sie halten mehr aus als ich es von einen englischen, verklemmten Wächter gedacht hätte.“ Giles war an einen Stuhl gebunden und war hilflos. Seine Handgelenke wiesen schon aufgeschürfte Wunden auf. Angelus stand wieder auf und setzte Giles mit einem Lächeln wieder die Brille auf.

„Also, Rupert“, begann Angelus. „Sagen Sie mir, wie kann ich Acathla erwecken? Wie bin ich würdig genug? Was ist der Schlüssel?“ Neugierig blickte er Sarahs Wächter an. Giles stöhnte. In seinen Kopf dröhnte es. Die Schmerzen in seinen Kopf wurden von Minute zu Minute unerträglicher. Schwer ob er den Kopf. Seine müden Augen begegneten den eiskalten Augen von Angelus.

„Um ... für das Ritual würdig zu sein“, begann Giles leise. Angelus mußte sich vorbeugen um den Engländer verstehen zu können. „... Muß man ... ein Tütü anziehen. Mistkerl!“ Giles hatte noch genügend Kraft Angelus ins Gesicht zu spucken. Soviel Mut war noch in ihm. Sein Wille war noch nicht gebrochen. Doch in Angelus brodelte es. Es reichte ihm. Er war mit seiner Geduld am Ende. „Jungs, holt die Kettensäge“, rief er scharf.

„Aber, aber“, ertönte da eine Stimme hinter Angelus. „Wer wird den da gleich so ausrasten?“ Spike kam langsam in den Raum gerollt. „Halt dich da raus, Roller Boy“, zischte Angelus aufbrausend. Langsam, aber sicher, wurde er ganz schön sauer. Sarahs Wächter war verdammt hartnäckig. „Was hast du gegen das Spiel mit der Kettensäge?“ Spike stöhnte theatralisch. „Ich hab keine Lust darauf die nächsten Wochen geschnetzelten Wächter vom Boden aufzuwischen. Ich hab eine viel bessere Idee.“ „Tatsächlich?“ Angelus klang skeptisch.

„Ja. Du willst wissen wie man Acathla erweckt? Es gibt einen viel einfacheren Weg als den Wächter in Stücke zu schneiden.“ „Und der wäre?“ fragte Angelus nun schon interessierter. Was hatte der Roller Boy vor? Von welcher Idee sprach er? „Drusilla?“ rief Spike laut. „Liebling, kommst du einmal?“ Angelus blickte Spike verwundert an. „Wart’s ab“, sprach Spike. Die Vampirin schwebte wenig später durch den Türrahmen und schob den Vorhang zu Seite. „Hast du Lust auf ein kleines Spielchen, Schatz?“ fragte Spike und er blickte dabei auf Giles. In freudiger Erwartung schnurrte Drusilla. Sie wußte genau was Spike damit meinte.

Angelus stellte sich neben Spike während Drusilla vor Giles Platz nahm und ihn hypnotisierte. Sie zog den Wächter in ihrem Bann. Drusilla nahm ihm die Brille ab und setzte ihre besonderen Fähigkeiten ein. Zuerst erforschte sie seine Gedanken; fand heraus wonach er sich sehnte ... was ihm etwas bedeutete. Sie lächelte geheimnisvoll. Und sie wußte nun wonach sich Giles so sehr sehnte. Und genau dem kam sie nach. Drusilla schuf ein Trugbild für Giles. Er sah nicht sie. Er sah das was er sich am meisten wünschte; wonach er sich sehnte. Er sah Jenny.

„Jenny?“ flüsterte Giles ungläubig. Er konnte nicht glauben was er sah. Sie war tot. Sie konnte nicht da sein. „Rupert“, flüsterte Jenny liebevoll. „Das kann nicht sein. Du bist tot. Du ...“ „Sch“, sprach Jenny. Zärtlich strich sie Giles über die Stirn. „Reg dich nicht auf, Liebster. Ich bin bei dir. Ich werde immer bei dir sein. Rupert, ich habe dich nicht verlassen.“ „Doch das hast du. Du bist gegangen ohne das ich mich von dir verabschieden konnte. Es tut mir so leid, Jenny. Ich ...“ „Es ist in Ordnung, Rupert. Es geht mir gut. Was ist mit Acathla?“ fragte sie. „Jenny, ... sie .... sie dürfen das Geheimnis nicht erfahren. Niemals“, sprach Giles schwach.

Zärtlich strich sie über sein Haar und lächelte ihn an. „Sag mir, Rupert, wie kann man Acathla erwecken? Mir kannst du es sagen. Dein Geheimnis ist gut bei mir aufgehoben.“ „Der Weltuntergang ... nein, es darf nicht sein. Es ...“ „Ganz ruhig“, sprach Jenny. „Entspann dich. Du bist in Sicherheit. Rupert, du vertraust mir doch. Sag mir, wie erweckt man diesen Dämon?“ Giles stöhnte vor Schmerz kurz auf. Er spürte ihre warme Hand an seiner Wange. Und ihre Nähe tat so gut. „Der Schlüssel ist Angels Blut. Nur sein Blut kann das Tor zu Hölle öffnen“, sprach Giles leise. Jenny lächelte und küßte ihn zärtlich. Langsam verschwand das Trugbild von Jenny wieder.

„Mein Blut“, überlegte Angelus nachdenklich. Es war also sein Blut. Sein Blut war der Schlüssel zu Acathlas Erweckung. „Ich muß mein eigenes Blut an der Hand haben. Das ist also der Schlüssel. Daran hätte ich gleich denken sollen.“ Angelus klopfte Spike auf die Schulter. „Du bist doch nicht so nutzlos wie ich dachte. War wirklich eine gute Idee, Roller Boy.“ „Es geht eben auch anders als mit Folter.“ Spike fiel auf das Drusilla den Wächter noch immer küßte. „Drusilla?“ rief er plötzlich. „Baby?“ fragte Angelus. Da löste sich Drusilla von Giles und drehte sich entschuldigend um. „Ich hab wohl alles um mich herum vergessen“, sprach sie und stand auf. Sie hatte ihre Pflicht getan. Mit einer geschmeidigen Bewegung verschwand sie aus dem Raum.

„Da er jetzt ja alles gesagt hat ist er nutzlos. Jungs, tötet ihn“, rief Angelus den Vampiren zu. „Du solltest damit noch ein Weilchen warten“, sprach Spike. Er mußte dafür sorgen das Giles am Leben blieb. Das war die Abmachung, die er mit der Jägerin hatte. Und er würde diese Abmachung einhalten. „Wieso sollte ich den Kerl am Leben lassen?“ sprach Angelus lässig. „Es könnte sein das er gelogen hat“, meinte Spike und zuckte gleichgültig mit den Schultern. Angelus überlegte einen Moment. „Du hast recht. Er könnte gelogen haben. Wir lassen ihn am Leben, vorerst.“ Angelus ging aus dem Raum um sich auf das Ritual vorzubereiten.

Inzwischen hatte Sarah große Mühe ihrer Mutter zu beruhigen. Joyce wollte an die Bestimmung ihrer Tochter nicht glauben. Sie glaubte nicht daran was Sarah ihr erzählt hatte. Es mußte eine andere Erklärung dafür geben. Es mußte einfach so sein. „Schatz, wir gehen zur Polizei. Wir erklären Ihnen alles. Dann wird alles gut werden und die können sich darum kümmern.“ Joyce griff nach dem Telefon in der Küche und wählte die Nummer der Polizei. Doch Sarah nahm ihr den Hörer aus der Hand und schlug ihn zurück auf die Gabel.

„Mom, die können dagegen nichts tun“, erwiderte Sarah entschlossen. „Sie sind dafür ausgebildet.“ „Sie sind ausgebildet um gegen Menschen vorzugehen, nicht gegen Dämonen. Das ist mein Job. Verstehst du das nicht?“ „Du brauchst Hilfe, Sarah“, sprach Joyce ernsthaft und sie blickte ihre Tochter an. Joyce umfaßte ihre Tochter bei den Schultern, doch Sarah wand sich aus dem Griff.

„Ich bin nicht verrückt, Mom! Glaubst du etwa, ich hab mir dieses Leben ausgesucht?“ rief Sarah laut. Der Druck, der als Jägerin auf ihr lastete, wurde zu groß für sie. Alles, was sie in den letzten Jahren in sich begraben hatte, kam hoch. Es hatte sich alles angestaut. Doch das mußte jetzt raus. Sarah konnte nicht mehr. Das ihre eigene Mutter glaubte sie wäre verrückt war zuviel. Das brachte das Faß zum Überlaufen.

„Ich wollte immer nur ein normaler Teenager sein. Aber das bin ich nicht. Ich bin anders. Das ist nunmal so. Während andere in meinen Alter in die Disco oder ins Kino gehen töte ich Vampire. Während andere sich mit Jungs anfreunden muß ich meiner Pflicht nachkommen und jede Nacht Dämonen und Vampire vernichten. Ich hab mir dieses Leben nicht ausgesucht, doch ich hatte keine Wahl. Man stellte mich vor diese Pflicht und damit hatte sich die Sache erledigt. Ich konnte es mir nicht aussuchen. Ich hatte keine Wahl“, rief Sarah. Joyce schüttelte den Kopf. Sie wollte das nicht hören; konnte es einfach nicht glauben. Es konnte so nicht sein. Es mußte eine andere Erklärung dafür geben.

„Die Trennung von deinen Vater ist daran schuld“, stammelte Joyce verwirrt. Sarah schüttelte verneinend den Kopf. „Nein. Verstehst du nicht? Es ist meine Bestimmung, Mom. Ich wurde von höheren Mächten dazu auserwählt. Ich bin die Auserwählte ... die Jägerin. Die Einzige, die die Kraft und die Stärke besitzt gegen die Mächte der Finsternis zu kämpfen.“ „Sarah, daß kann einfach nicht wahr sein“, widersprach Joyce. „Es ist aber so“, sprach Sarah energisch.

„Was glaubst du denn woher das Blut stammte, daß in meiner Kleidung war? Du hast die Kleider doch immer gewaschen. Du mußt doch was bemerkt haben. Mom, du kannst nicht so blind gewesen sein. Hast du dich nie gewundert warum meine Kleider oft blutig und dreckig waren? Warst du wirklich so blind? Verdammt, was glaubst du denn was sich in den letzten fast drei Jahren hier abgespielt hat? Ich würde gern mal ganz normal mit Freunden ausgehen oder auch mal für die Schule lernen. Aber das kann ich nicht. Weil ich jede Nacht die Welt retten muß. Glaubst du wirklich, ich hab dieses Leben gewollt?“ schrie Sarah verzweifelt.

In ihren Augen glitzerten Tränen. Sarah wünschte sich so sehr das ihre Mutter sie verstand. Aber dem war nicht so. Was aber noch schlimmer war, war die Tatsache, daß sie Sarah für verrückt hielt. „Wie oft hab ich dich gebeten mir zu vertrauen?“ sprach Sarah. „Doch du hast es nie getan. Und auch jetzt tust du es nicht. Obwohl ich genau jetzt dieses Vertrauen von dir brauche. Aber du tust es einfach nicht.“ „Sarah, wir ziehen von hier weg“, sprach Joyce hastig. „Verstehst du nicht, daß es keine Rolle spielt wo wir leben? Das Böse ist überall. Ich muß es überall bekämpfen. Ich gehöre hierher nach Sunnydale. Ich muß dort sein wo das Böse am häufigsten auftaucht. Und das ist hier. Ich muß überall die Welt retten; jede Nacht. Immer und immer wieder. Auch jetzt muß ich es tun.“ Joyce schüttelte den Kopf.

„Ein Arzt kann dir sicher helfen, Sarah.“ „Ich bin nicht verrückt“, betonte Sarah scharf. „Es ist nunmal so. Das ist mein Leben, Mom. Du hast dich immer beschwert das ich dich aus meinen Leben ausschließe. Jetzt kennst du die Wahrheit. Jetzt weißt du warum. Ich kann mein Leben nicht ändern. Ich kann es nicht und du kannst es auch nicht. Niemand kann mein Leben ändern. Es ist meine Bestimmung. Dazu wurde ich auserwählt. Ich weiß nie ob ich einen Kampf überlebe. Mein Leben könnte jede Nacht zu Ende sein. Verstehst du? Mein Leben wird beherrscht von Tod und Gewalt. Ich werde nie das Leben eines ganz normalen Teenagers führen. Hörst du? Nie! Es ist meine Bestimmung und dagegen bin ich machtlos. Es ist nicht so das es irgendwann einmal aufhört. Es hört mit meinen Tod nicht auf. Wenn ich sterbe tritt die nächste Jägerin an meine Stelle und kämpft meinen Kampf weiter. Ich bitte dich, Mom, vertrau mir. Vertrau mir nur ein einziges Mal.“ Flehend blickte Sarah ihre Mutter an.

Sarah wollte das ihre Mutter ihr vertraute - dieses eine Mal. Joyce jedoch konnte nicht darauf reagieren. Sie war geschockt und wollte einfach nicht glauben was sie in dieser einen Nacht erfahren hatte. „Ich kann nicht“, preßte sie schließlich hervor. „Das alles ist total verrückt. Sarah ...“ Sarah hatte sich von ihrer Mutter abgewandt. Sie hatte genug gehört. Außerdem hatte sie noch etwas zu erledigen. Sarah hatte erkannt, daß ihre Mutter ihr nicht vertraute. Joyce ließ sie allein. Sie hatte alles verloren. Also konnte sie diese Sache auch zu Ende bringen.

„Du kannst jetzt nicht gehen. Sarah!“ Sarah konnte ihrer Mutter nicht länger zuhören. Sie hatte noch eine Pflicht zu erfüllen. Außerdem mußte sie Giles befreien und den Weltuntergang verhindern. Sie konnte nicht länger bleiben. Es ging nicht. Sie war die Jägerin. Und nur sie konnte Angelus aufhalten. „Du wirst nicht gehen, Sarah“, befahl Joyce streng. „Ich muß“, erwiderte sie. „Das werde ich nicht zulassen.“ Joyce packte ihre Tochter an den Schultern und wollte sie festhalten. Sarah stieß sie jedoch grob von sich.

Schweigend sahen sie sich einen Moment an. „Du kannst mich nicht aufhalten. Ich habe eine Pflicht zu erfüllen. Ich muß das tun. Ich muß es beenden“, sprach Sarah mit all der Fassung, die sie noch aufbringen konnte. Sarah öffnete die Hintertür. „Wenn du jetzt durch diese Tür gehst brauchst du nie mehr wiederkommen“, sprach Joyce. Sarah blickte ihre Mutter traurig an. Dann wandte sie sich ab und ging. Die Tür fiel hinter ihr ins Schloß. Joyce starrte auf die verschlossene Tür. Ihr Körper wurde vom heftigen Schluchzen erfaßt. Joyce konnte nicht mehr anders. Sie fing hemmungslos zu weinen an.

~ 11. ~

Ihre Schritte hallten entschlossen auf dem Korridor der Bibliothek wider. Sarah war zu allem bereit. Angel war tot. Ihre Freunde waren verletzt. Ihr Wächter war verschwunden. Und ihre Mutter hatte sie aus dem Haus geworfen. Sarah hatte alles verloren. Dieses Gefühl breitete sich immer mehr in ihr aus. Deshalb hatte sie nichts mehr zu verlieren. Nun war sie zu allem entschlossen. Sie stieß die Schwingtüren zur Bibliothek auf.

Sarah sah die Abzeichnung von Kendras Leiche am Boden. Sie schluckte schwer und trat auf den Tisch zu. Da lag noch Kendras Tasche und darin war das Schwert verstaut, daß sie brauchte um gegen Angelus zu kämpfen. Sie öffnete die Tasche. Im selben Moment betrat Direktor Synder die Bibliothek.

„Ich wußte, du kommst zurück.“ Sarah fuhr herum. Ihre Augen funkelten Synder zornig an. „Deinen Abschluß kannst du dir abschminken. Ich werde dafür sorgen das du durchfällst. Ich werde einfach dein Zeugnis umschreiben.“ Sarah ignorierte ihn und holte das Schwert heraus. Synder wich geschockt zurück. Das registrierte Sarah mit einen zufriedenen Lächeln. Dann ging sie.

Ihr Weg führte sie zu Giles’ Haus. Sie trat ins Wohnzimmer. „Whistler?“ „Ich bin noch hier“, sprach der Halbdämon, der noch immer in der Küche stand. „Was haben Sie damit gemeint es genügt nicht Angelus zu besiegen?“ fragte Sarah. „Um Acathla zu vernichten genügt es nicht Angelus zu töten. Wenn Acathla noch nicht erweckt ist, ist das kein Problem. Aber wenn doch ...“ „Was muß ich tun?“ fragte Sarah entschlossen. Der Halbdämon schwieg für einen Moment.

Dann blickte er Sarah fest in die Augen und sagte: „Wenn Acathla schon erweckt ist mußt du Angelus das Schwert direkt ins Herz rammen. Das schickt ihn gemeinsam mit Acathla in die Hölle. Treibe Angelus das Schwert ins Herz und sie fahren beide zur Hölle. Nur so kannst du den Weltuntergang verhindern.“ Sarah nickte. „Ich hab sowieso nichts mehr zu verlieren“, murmelte sie. Sie drehte am Absatz um und machte sich auf den Weg zur Hauptmann Gruft. „Irrtum, Kleine! Du hast sogar eine ganze Menge zu verlieren“, sprach Whistler leise hinter der Jägerin, die das nicht mehr hörte.

Langsam ging die Sonne über dem Horizont auf. Sarah traf bei der Hauptmann Gruft ein. Da begegnete sie Xander. „Ich werde dir helfen“, versprach er ihr. „Wie geht es Willow?“ „Sie ist okay.“ Sarah nickte. Sie hatte keine Zeit ihm seine Aktion auszureden. Sie reichte Xander einen Holzpflock. Er umklammerte den Pflock fest mit seiner gesunden Hand. „Damit das klar ist ... du kümmerst dich um Giles und schaffst ihn da raus.“ „Aber was ist mit dir?“ „Nein, Xander!“ rief Sarah barsch.

„Du schnappst dir Giles und verschwindest mit ihm. Das ist ein Befehl. Ich kümmere mich um alles andere. Ich bin die Jägerin. Ich kann auf mich selbst aufpassen, klar?“ „Klar“, sprach Xander, denn er wußte das sie recht hatte. „Da ist noch etwas“, sprach er. „Was?“ „Ich ... soll dir von Willow etwas ausrichten. „Und was?“ Xander schaute Sarah in die Augen. Sollte er ihr die Wahrheit sagen? Sollte er ihr wirklich alles sagen? Er entschied sich dagegen. Und fällte die Entscheidung über Sarahs weiteres Leben. „Schick Angel zur Hölle“, sprach er und nahm ihr somit die Entscheidung ab. Sarah erwiderte darauf nichts und ging mit festen Schritten auf die Gruft zu.

In der Hauptmann Gruft wußte niemand außer Spike das Sarah ihnen einen Strich durch die Rechnung machen würde. Gedämpftes Licht flackerte im Inneren der Gruft. Die Vampire hielten sich im Hintergrund - genauso wie Spike und Drusilla. Spike wartete nur darauf das die Jägerin endlich kam. Die Sonne war schon aufgegangen. Sie mußte bald da sein.

Langsam schritt Angelus auf Acathla zu. Dabei zitierte er die lateinische Formel, die nötig war um Acathla zu erwecken. Angelus griff nach dem Dolch, der in seiner Gürteltasche steckte und schnitt sich in die Handfläche. Aus der Wunde quoll Blut hervor. „Nun, Acathla, wirst du endlich befreit“, sprach Angelus erwartungsvoll. „So wie wir alle.“ In diesem Moment betrat Sarah den Raum und köpfte den Vampir mit ihrem Schwert, der am Eingang stand.

„Hallo Liebling“, spottete Sarah. Angelus stöhnte laut auf. Langsam fing sie wirklich an zu nerven. „Ich hab jetzt wirklich keine Zeit für dich“, meinte er abweisend. „Deine Zeit ist ohnehin bald abgelaufen“, gab Sarah ihm kämpferisch zu verstehen. „Glaubst du wirklich, du kannst uns alle allein besiegen?“ sprach Angelus ironisch. Auch eine Jägerin hatte allein keine Chance gegen diese Überzahl an Vampiren. „Nein, kann ich nicht. Aber wer sagt den das ich allein hier bin?“ sprach Sarah gelassen und sie hoffte nun das Spike wirklich auf ihrer Seite war.

Ihre Antwort war sein Stichwort. Darauf hatte Spike nur gewartet. Endlich konnte er Angelus eins auswischen. Spike sprang auf und schnappte sich eine Eisenstange. Damit schlug er auf Angelus ein. Der Vampir ging zu Boden; von den Angriff vollkommen überrascht. Drusilla beobachtete das Ganze mit Entsetzen. Dann funkelte sie Spike wütend an. Sie fauchte und ging auf ihn los. Spike ließ von Angelus ab.

„Ich will dir nicht weh tun, Baby“, warnte Spike sie. Doch Drusilla war außer sich und wollte ihn dafür bestrafen das er sich auf die Seite der Jägerin gestellt hatte. Deshalb schlug Spike hart zu. Der Schlag beförderte Drusilla in das Land der Träume. Bewußtlos sackte sie in sich zusammen. „Trotzdem muß ich es tun“, meinte Spike und er zuckte mit den Schultern.

Ein Vampir stürzte sich auf Sarah. Sie duckte sich und schlug dem Vampir ebenfalls den Kopf ab. Er zerfiel in Sekunden zu Staub. Xander schlug auf den Vampir ein, der sich auf ihn stürzte. Trotz seines verletzten Armes schaffte er es den Vampir zu pfählen. Er blickte zu Sarah. Doch die war bereits mit einen anderen Vampir beschäftigt.

Xander blickte sich hastig um. Wo konnten sie Giles aufbewahren? Er erblickte den Torbogen, wo ein schwarzer Vorhang darüber hing. Instinktiv wußte Xander das sich hinter dem Vorhang Giles befand. Er machte sich auf den Weg um Giles raus zu schaffen und er betete dafür, daß der Wächter noch lebte und er keine Leiche vorfand.

Sarah wurde von dem Vampir ins Gesicht getreten. Sie taumelte zurück, ließ jedoch den Griff des Schwertes nicht los. Er packte sie an den Haaren und schleuderte die Jägerin über seine Schulter. Sarah merkte das der Vampir nicht sehr klug war. Sie landete auf sicheren Beinen hinter dem Vampir und reagierte blitzschnell; so schnell wie es nur eine Jägerin konnte. Sie holte mit dem Schwert aus und schlug dem Vampir ebenfalls den Kopf ab. Er zerfiel zu Staub.

Als sie den Kopf hob sah sie wie Angelus auf die Beine kam. Er blickte Sarah an und lachte eiskalt. Mit ein paar schnellen Schritten war Angelus bei Acathla und umfaßte mit seinen blutverschmierten Händen den Griff des Schwertes. Blitze zuckten um Angelus herum und Lichter schossen aus dem Dämon heraus. Die Blitze und Lichter schossen durch den ganzen Raum und hüllten ihn ein.

Sarah konnte nichts anderes tun als zuzusehen. Im grellen Licht sah Angelus’ Vampirfratze noch häßlicher aus als sonst. Und es gelang ihm. Langsam zog er das Schwert aus der Brust des Dämons. Das Schwert landete in der Hand des Vampirs und sicher drehte er es in seinen Händen. Eiskalt blickte er Sarah an. Sie wußte, was dieser Blick zu bedeuten hatte. Der finale Kampf zwischen ihnen konnte beginnen. Einer von ihnen würde heute sterben.

Xander hatte den Raum endlich erreicht. Er war klein und verdunkelt. Xander fand einen geschwächten Giles vor. Giles war am Ende. Er war an einen Stuhl gefesselt und auf seiner Haut sah Xander getrocknetes Blut, daß aus den Wunden geronnen war. „Giles“, rief Xander erleichtert. Er machte sich sofort daran den Wächter von den Seilen zu befreien.

Schwach hob Giles den Kopf. „Xander?“ fragte er. Seine Stimme war nur noch ein schwaches Flüstern. Er konnte nicht glauben das Xander hier war; das er da war um ihn zu befreien. Das konnte nicht sein. „Ja, ich bin es“, sprach Xander und löste den letzten Knoten, der die Seile um Giles’ Körper hielt. „Du bist nicht echt“, sprach Giles und er schüttelte den Kopf. „Es ist nur eine Halluzination. Sie spielen mit meinen Wahrnehmungsvermögen. Sie erschaffen Trugbilder. Jenny ... sie haben mir Jenny vorgespielt.“ Xander beugte sich zu Giles hinab und blickte ihn an.

„Seien Sie doch mal ehrlich, Giles: Seit wann wünschen Sie sich, ausgerechnet mich zu sehen?“ Giles dachte einen Moment über diese Worte nach. „Du hast recht“, sprach er zustimmend. „Sag ich doch.“ „Hilf mir. Ich bin sehr schwach auf den Beinen und ...“ Giles konnte nicht zu Ende sprechen. „Glauben Sie, Sie können laufen?“ erkundigte sich Xander. „Du mußt mich stützen.“ Xander tat es sofort. Giles legte einen Arm um Xanders Nacken und der Junge half ihm auf die Beine.

„Sarah? Was ist mit Sarah?“ „Ihrer Jägerin geht es gut. Sie wird den Weltuntergang verhindern.“ „Ich ... muß ihr helfen“, sprach Giles schwach. „Giles, in Ihrem Zustand sind Sie nur eine Belastung für Sarah. Sie muß sich konzentrieren und das wissen Sie als Ihr Wächter nur zu gut. Vertrauen Sie Sarah. Sie kommt schon alleine klar. Ich hab den Auftrag bekommen Sie hier rauszubringen. Und das werde ich auch tun. Also kommen Sie, Giles.“ Giles nickte leicht. Er wußte, daß Xander recht hatte. Er war keine Hilfe für Sarah. Sie mußte das alleine machen. Giles ließ sich von Xander aus der Gefahrenzone bringen.

Währenddessen blickte Oz im Krankenhaus skeptisch auf das Buch, daß Willow ihm in die Hand gedrückt hatte. Er sah sich die lateinischen Formeln an und schien daran zu verzweifeln. „Hab ich schon mal erwähnt das ich kein Latein kann?“ sprach er zögernd. „Keine Sorge“, beruhigte Willow ihren Freund. „Du brauchst es nicht verstehen. Du mußt es nur ablesen.“ Willow war selbst etwas skeptisch ob das reichte. „Hoffe ich jedenfalls“, fügte sie hinzu.

„Cordy, hast du die Steine?“ fragte Willow. Cordelia nickte. „Ja, hier.“ Sie reichte die Steine Willow. Die Freunde sahen sich einen Moment an. Sie waren bereit das Ritual durchzuführen. Willow hoffte, daß es noch nicht zu spät war; das Sarah Angel hinhielt und wartete bis der Fluch einsetzte und wirkte. Willow atmete noch einmal durch und kontrollierte schnell alles. Vor ihr stand ein kleiner Tisch, auf dem alles aufgebaut war. Sie nickte ihren Freunden zu und begann mit dem Ritual der Untoten von neuem.

Aus einem kleinen Kessel stieg Weihrauch auf und Willow warf die Steine auf den Tisch. Oz las den ersten Teil der lateinischen Formel laut aus dem Buch vor. Neben Willow lag erneut der Ausdruck von Jenny Calendar. „Nicht tot und auch nicht lebendig“, sprach sie laut. „Kommt ihr Geister der Gegenwelt. Ich rufe Euch! Ihr Götter bezähmt ihn und verstößt seine Seele aus dem Reich des Bösen. Für immer! Ich rufe euch, Ihr Götter!“ Willow zuckte auf einmal zusammen.

Sie warf ihren Kopf in den Nacken zurück und sprach auf einmal laut lateinische Worte wild herunter. „Willow?“ fragte Oz vorsichtig nach. „Willow?“ Nun bekam auch Cordelia Angst. Das war wirklich unheimlich. Willow verdrehte die Augen und blickte auf die Thesulah Kugel, die langsam zum Glühen anfing als sie die Formel des Fluches in der urtümlichen Sprache herunter rasselte.

Wie zwei Raubtiere umkreisten sich Angelus und Sarah. Sie waren beide angespannt und in Kampfhaltung. Sie waren beide bereit. Angelus hatte lange darauf gewartet das sie sich ihm endlich stellen würde. Er hatte sein Ziel erreicht. Sarah stellte sich ihm und Acathla war erweckt. Jetzt konnte der Showtown beginnen. Endlich war es soweit. Der Moment der Entscheidung war endlich gekommen. Der Kampf auf Leben und Tod konnte beginnen.

Sie fingen an sich mit den Schwertern zu duellieren. Angelus hatte den Umgang mit dem Schwert nicht verlernt. Und Sarah war die Jägerin. Ihr Wächter hatte sie an allen möglichen Waffen ausgebildet. Auch sie verstand es mit einen Schwert richtig umzugehen. Die Klingen schlugen hart gegeneinander. Sarah und Angelus umkreisten sich erneut und kämpften wie zwei alte Profis mit den Schwertern um den anderen zu besiegen.

Angelus wartete einen passenden Moment ab, dann riß er Sarah an der Schulter herum und schnitt mit dem Schwert eine gerade Linie in ihren Oberarm. Sarah verspürte einen kurzen Schmerz, doch sie reagierte nicht darauf. Der Kratzer an ihrem Oberarm fing zu bluten an. „Tut mir leid“, spottete Angelus amüsant. Sarah ließ sich davon jedoch nicht irritieren. Sie war zu allem entschlossen. Und sie war nicht bereit zurückzustecken. Sie würde ihn besiegen und die Welt retten - so wie es ihre Pflicht war.

Sarah wehrte seinen Schlag mit dem Schwert ab, sprang hoch und trat Angelus hart ins Gesicht. Er taumelte einen Schritt zurück. Doch wie Sarah ließ sich auch Angelus nicht davon irritieren; wie Sarah reagierte er gar nicht darauf. Und wie die Jägerin war er ein perfekter Kämpfer, der wußte wie man einen Kampf gewann. Sie bekämpften sich mit den Schwertern und schlugen sich.

Angelus trat Sarah hart in die Magengegend. Für einen Moment sackte ihr Oberkörper nach vorne. Angelus’ Klinge sauste auf sie herab. Sarah schoß nach oben, duckte sich und schlug Angelus ins Gesicht. Sie blieb nicht untätig. Der Kampf entbrannte von Minute zu Minute mehr. Angelus gelang es schließlich Sarah in den Hof zu treiben, wo es ebenfalls dunkel und kalt war - denn die Sonne konnte nicht in den Hof scheinen. Brutal trat Angelus ihr in die Kniekehle, so das die Jägerin zu Boden ging. Der Vampir schlug ihr das Schwert aus der Hand. Es schlitterte über den Boden und blieb in einer Ecke liegen.

Spike hatte Drusilla in der Zwischenzeit auf seine Arme gehoben und beobachtete das Geschehen im Hof der Hauptmann Gruft. „Schade, er wird sie erledigen“, sprach der blonde Vampir zu sich selbst. Er zuckte gleichgültig mit den Schultern und trug Drusilla zu seinen Wagen mit den verdunkelten Scheiben. Spike schaffte Drusilla auf den Beifahrersitz und setzte sich selbst hinter das Steuer. Er machte sich mit Drusilla aus dem Staub und verließ Sunnydale - so wie er es versprochen hatte.

Sarah kniete vor Angelus. Sie war ohne Waffe und schien am Ende zu sein. „Das war es dann wohl für dich, Jägerin“, sprach Angelus mit einem zufriedenen Lächeln. Er schwang die Spitze seines Schwertes vor ihren Augen hin und her. „Du hast nichts mehr. Keinen Vampirfreund, keine Familie, keine Freunde, keine Hoffnung und keine Zukunft. Was bleibt dir noch? Was bleibt noch übrig, Kleine?“ Sarah schloß die Augen und konzentrierte sich. Für Angelus sah es so aus als würde sie ihr Schicksal akzeptieren; als würde sie den Dingen ihren Lauf lassen. Es sah so aus als würde sich Sarah auf den letzten und entscheidenden Schlag vorbereiten und es einfach so hinnehmen.

Doch so war es nicht. Sarah ließ die letzte Zeit vor ihrem inneren Auge Revue passieren. Sie erinnerte sich an ihre Zeit mit Angel. Angel war tot. Er war fort. Der Vampir, der vor ihr stand sah nur wie Angel aus. Doch er war es nicht. In ihren Gedanken kam Angel auf sie zu - mit langsamen Schritten. Er hatte ein warmes Lächeln auf den Lippen. Und er sprach zu ihr.

„Ich liebe dich, Sarah“, sprach er zärtlich. „Du mußt ihn töten. Nur so kannst du die Menschheit retten. Töte ihn. Er ist nicht ich. Er hat uns auseinander gerissen. Doch unsere Liebe kann er nicht zerstören. Ich bin immer bei dir, Sarah. Doch bringe es zu Ende. Tue es“, sprach Angel ihr Mut zu. Sarah unterdrückte mit aller Macht ein Schluchzen. „Ich liebe dich“, sprach sie. Angel lächelte. „Du weißt, daß ich dich auch liebe. Ich werde dich nie verlassen“, versprach er ihr und dann ging er langsam davon und überließ sie ihrem Kampf.

Sarah atmete tief durch. Angel hatte recht. Sie mußte es zu Ende bringen. Angel war fort. Angelus hatte ihn getötet. Und sie würde dafür Angelus töten. Es war vorbei, sie wußte es. Sarah spürte, wie Wind durch ihr Haar blies. Es war im Hof der Gruft totenstill. Angelus wartete gespannt darauf was sie ihm antworten würde. Sarah konzentrierte sich; konzentrierte sich auf das was Angel ihr beigebracht hatte. Wie er ihre Sinne geschärft hatte und ihr beigebracht hatte die verbesserte Schärfe wahrzunehmen. Sie hatte keine andere Wahl. Angelus war schuld das sie alles verloren hatte. Er hatte Angel getötet und dafür würde er zahlen.

Angelus wollte nicht länger warten. Er konnte nicht mehr warten. Er hatte der Jägerin alles genommen. Sie war gekommen um ihn zu töten. Doch er würde sie töten. Und es würde der schlimmste Tod für sie sein, den sie sich vorstellen konnte. Er holte mit dem Schwert aus und ließ die Klinge auf die Jägerin niedersausen.

Sarah fing die Klinge mit ihren Händen ab und öffnete die Augen. Angelus schaute überrascht auf die Jägerin herab. Damit hatte er nicht gerechnet. Er hatte nicht damit gerechnet das von Sarahs Seite noch Gegenwehr kommen würde. „Ich“, sprach sie entschlossen. „Ich bleibe übrig“, erklärte sie ihm mit fester Stimme und sprang hoch.

Der Absatz ihres Stiefels traf Angelus hart im Gesicht. Vollkommen überrascht wurde er von der Wucht des Trittes einige Schritte nach hinten befördert. Sarah landete sicher auf ihren Beinen und ging auf Angelus los. Sie trommelte wild auf ihn ein; ließ einen reinen Regen von Schlägen auf Angelus niederprasseln. Sie ließ ihm gar keine Chance sich zu wehren. Sarah war rasend vor Wut. Er hatte ihr alles genommen was sie geliebt hatte. Und dafür würde er mit dem Tod bezahlen.

Sarahs einzige Hoffnung war ihre Fähigkeit; ihre Stärke. Es war ihre Bestimmung als Vampirjägerin. Das war das Einzige, daß von ihr übrig geblieben war. Sonst hatte sie nichts mehr. Angelus wurde von den Schlägen und Tritten, die Sarah ihm versetzte, in den Raum der Gruft zurück geschleudert. Er landete auf dem Boden. Sarah packte ihn an der Schulter und warf ihn gegen die Mauer. Schwach rappelte sich Angelus wieder hoch. Da wurde er erneut von einen Hagel Schlägen bombadiert. Während Sarah auf ihn eintrommelte hatte sie es noch geschafft sein Schwert aufzuheben.

Sie trat Angelus hart in den Magen. Dann krachte ihr Knie in sein Gesicht. Und ihre Fäuste prasselten erneut auf ihn nieder. Sie riß Angelus an seiner Schulter herum und stieß ihn brutal vor dem Dämon Acathla. Acathla hatte sich seit seiner Erweckung nicht gerührt. Noch war nichts von seiner Macht zu spüren. Keuchend versuchte sich Angelus zu erheben, doch Sarah stieß ihn mit einen Tritt auf die Knie zurück. Sie funkelte ihn zornig an. Er blickte in ihre Augen und erkannte das er verloren hatte. Sarah wollte ihn für alles bestrafen und sie würde siegen. Sie baute sich mit dem Schwert vor ihm auf. Und sie war bereit ihn zu töten um die Vernichtung der gesamten Menschheit aufzuhalten.

Und auf einmal zuckte Angelus zusammen. Er schrie voller Schmerz und Qual auf. Sarah blickte ihn verwirrt an. Was war denn jetzt los? Angelus schrie vor Schmerzen. In seinen Augen funkelte ein grelles Licht auf. Die Schmerzen in seinen Körper wurden unerträglich. Er konnte es nicht fasse; wußte, was es zu bedeuten hatte. Denn er hatte es vor langer Zeit schon einmal erlebt. Angelus sackte in sich zusammen und stöhnte laut. Sein Kopf sank auf den Boden. Er gab quälende Laute von sich.

Sarah zögerte. Dies war die beste Gelegenheit ihn zu töten und ihre Pflicht zu erfüllen. Es war die beste Gelegenheit Angelus mit Acathla gemeinsam in die Hölle zu schicken, bevor dieser die Welt verschlingen konnte. Doch irgend etwas stimmte hier nicht. Und ihre innere Stimme sagte Sarah das sie warten sollte. Der Vampir hob stöhnend den Kopf. Er blickte Sarah an. „Sarah“, stöhnte er schwach. Und die Jägerin erkannte ihn sofort. Seine Kälte war weg. Es war Angel. Er hatte seine Seele zurück.

Angel blickte sich verwirrt um. Er konnte sich nicht erklären wo er war und wie er an diesen Ort gekommen war. Doch in seinen Augen lag noch etwas anderes. Voller Zärtlichkeit blickte er auf das Mädchen, das er liebte. „Sarah“, wiederholte er ihren Namen sanft. Sarah blickte ihn fassungslos an; konnte nicht glauben das er seine Seele zurück hatte. Sie wußte, daß er es war; das es kein fieser Trick von Angelus war um seine Haut zu retten.

Nein, sie kannte ihren Angel - ihren geliebten Angel – viel zu gut. Und sie erkannte ihn. Er war es wirklich. Er war nicht länger Angelus. Der böse Dämon war wie von Geisterhand verschwunden. „Sarah, was ... was ist geschehen? Wo bin ich?“ fragte Angel verwirrt. Er sah sie an. Sein Blick war voller Liebe; voller tiefer und inniger Liebe zu ihr. Sarah konnte es nicht glauben. Er war es wirklich. Es war Angel und er hatte seine Seele wieder.

Langsam stand Angel auf. „Du bist verletzt“, stellte er besorgt fest. Sarah blickte auf ihre Wunde, dann blickte sie wieder in Angels Augen. Sie begegnete seinen zärtlichen Blick und ließ schwach ihr Schwert sinken. Sie wußte instinktiv warum er seine Seele zurück hatte. Willow hatte es noch einmal probiert. Sie hatte das Ritual der Untoten noch einmal durchgeführt und sie hatte es geschafft. Willow hatte den Fluch erneuert.

„Was ist ... geschehen?“ fragte Angel mit gequälter Stimme. „Weißt du noch irgend etwas aus den letzten Wochen?“ fragte Sarah vorsichtig nach. Angel schüttelte den Kopf. „Ich hab das Gefühl ... als hätte ich dich Monate nicht gesehen.“ „Oh Angel!“ flüsterte Sarah. Sie umarmte ihn. Angel schlang seine Arme um sie und drückte Sarah fest an sich.

Sarah sah wie sich hinter Angel das Maul von Acathla öffnete. Er war jetzt bereit die Welt zu verschlingen. Der helle Strudel trat aus Acathlas Maul. „Bitte nicht“, flehte Sarah so leise das Angel sie nicht verstehen konnte. Tränen rieselten über Sarahs Wangen. Sie wußte, was sie zu tun hatte ... was sie tun mußte. Doch sie wollte es nicht tun - nicht jetzt. Angel war zurück und sie ... sie mußte ihn töten um die Welt zu retten. Wie sollte sie je damit fertig werden? Wie sollte sie das verkraften?

Sarah klammerte sich an Angel. Sie wollte ihn nicht loslassen; wollte ihn kein zweites Mal verlieren. Sie wollte ihn nicht noch einmal verlieren. Das würde sie nicht überstehen. Doch sie mußte ihre Pflicht erfüllen. Sie mußte ihn töten. Nur so konnte sie verhindern das die Menschheit vernichtet wurde. Sarah war klar was dies bedeutete. Um die Welt zu retten mußte sie ihre große und einzige Liebe opfern - auch wenn es ihr das Herz brechen würde.

Sarah hob den Kopf und küßte Angel. Aus ihren zärtlichen Küssen wurden leidenschaftliche Küsse. „Ich liebe dich“, flüsterte sie an Angels Ohr. „Ich liebe dich auch.“ Angel sah ihre Tränen. „Warum weinst du, Sarah?“ fragte er besorgt. Sarah schüttelte den Kopf; konnte ihm diese Frage einfach nicht beantworten. Die Antwort wäre zu grausam - für ihn und auch für sie. Angel beugte sich erneut über sie und berührte ihre Lippen mit seinen. Sarah schloß die Augen und genoß seinen Kuss. Sie kostete den Moment aus; wußte das es danach nie wieder sein würde.

Der Kuss dauerte lange. Es schien als wäre er endlos. Nur widerstrebend löste sich Sarah von Angel. Sie durfte es nicht länger hinauszögern. Sie mußte es beenden - jetzt sofort. „Angel, bitte schließ die Augen“, flehte sie verzweifelt. Angel tat es ohne etwas zu sagen. Er tat es weil er ihr blind vertraute. Und es brach Sarah das Herz. Ein letztes Mal küßte sie ihn. „Ich liebe dich“, sprach sie ein letztes Mal mit tränenerstickter Stimme. Fest umklammerte sie den Griff des Schwertes. Sie holte tief Luft und tat das Unfaßbare. Sie stieß Angel das Schwert direkt ins Herz.

Angel riß überrascht die Augen auf. „Sarah“, sprach er und blickte sie schockiert an. „Verzeih mir“, sprach Sarah. „Ich hab keine andere Wahl. Bitte, verzeih mir, Angel.“ Die Tränen rollten schnell über ihr Gesicht. Angel wurde immer tiefer in den Strudel gezogen. Er streckte seine Hände nach ihr aus. Doch Sarah durfte sie nicht ergreifen - so gerne sie es auch tun wollte. Hilflos sah sie dabei zu wie Angel in den tiefen Strudel gezogen wurde.

Sarah hatte das Gefühl, daß ein Teil von ihr gerade starb. Den genau das war Angel für sie. Er war ein Teil von ihr; von ihrem Leben. Nur um die Welt zu retten mußte sie ihn in die Hölle schicken und ihn zu ewigen Leid verdammen. Sie konnte einfach nicht fassen das sie diesen Verrat - dieses Verbrechen - an ihrer Liebe wirklich begehen mußte. „Sarah“, rief Angel. „Es tut mir so leid“, schluchzte die Jägerin verzweifelt. „Ich liebe dich.“ Das waren die letzten Worte Angels bevor das Tor sich schloß. Angel und Acathla waren fort. Die Welt stand noch.

Versteinert stand Sarah da und starrte auf den Fleck, wo Angel vor wenigen Sekunden noch gestanden hatte. Sie hatte es tatsächlich getan. Das Unfaßbare war eingetreten. Sarah hatte es wirklich durch gezogen um ihre Pflicht zu tun. Sie hatte ihn zur Hölle geschickt. Ihn - den einzigen Mann, den sie jemals geliebt hatte. Nun hatte sie Angel wirklich verloren. Er würde nicht mehr zurückkommen. Angel war weg.

Sarah schlug die Hände vors Gesicht und brach zusammen. Sie weinte. Sie saß am Boden der Hauptmann Gruft und weinte. Lange - sehr lange. Sarah war zerbrochen. Angel war für immer weg; sie hatte ihn verloren. Für ihre Pflicht als Jägerin - für die Menschheit - hatte sie ihre Liebe opfern müssen. Sarah sprang auf. Von ihrer Verzweiflung getrieben rannte sie aus der Gruft.

Joyce wurde von einem Geräusch im Haus aufgeweckt. Sie war auf dem Sofa eingeschlafen. Joyce lief die Treppen hoch und hoffte das es wirklich ihre Tochter war, die sie soeben gehört hatte. Es tat ihr leid was sie gesagt hatte. Die Situation hatte sie einfach überfordert. Joyce stieß die Tür zu Sarahs Zimmer auf. „Sarah?“ Doch ihre Tochter war nicht da. Die Schubladen ihrer Kommode standen offen; ebenso wie der Kleiderschrank. Sarahs Klamotten lag verstreut im Zimmer herum. Das Fenster war sperrangelweit offen. Joyce war klar das ihre Tochter aus dem Fenster geklettert war.

Sie stöhnte leise und lehnte sich gegen die Tür. Das hatte sie nicht gewollt. Wie hatte das alles nur geschehen können? Traurig wollte sie sich abwenden als sie das Blatt Papier sah, daß auf dem Bett ihrer Tochter lag. Sie ging hin und nahm es an sich. Joyce setzte sich auf das Bett und las sich die paar Zeilen durch, die ihre Tochter ihr hinterlassen hatte. Es war das Einzige, das Sarah ihr hinterlassen hatte. Die geschriebenen Zeilen waren ein Abschiedsbrief.

„Es tut mir leid, Mom. Ich wollte Dir nie Kummer bereiten. Und ich wollte Dich nie anlügen. Doch ich hatte keine Wahl. Meine Bestimmung; mein Leben ist zu skurril als das Du es jemals verstehen könntest. Bitte, verzeih mir, daß ich Dich all die Jahre angelogen habe.

Ich habe meine Pflicht erfüllt; bin meiner Bestimmung gefolgt. Die Welt ist nicht unter gegangen. Ich habe getan was man von mir verlangt und erwartet hat - auch wenn es mir das Herz gebrochen hat. Für die Erfüllung meiner Pflicht hab ich einen hohen Preis bezahlt. Ich hab alles verloren.

Ich halte mich an das was Du mir gesagt hast. Du hast gesagt wenn ich durch die Tür gehe brauche ich nie mehr wiederkommen. Ich halte mich daran. Ich komme nicht zurück.

Verzeih mir, Mom! Bitte verzeih mir, daß ich niemals die Tochter war die Du Dir gewünscht hast. Verzeih, daß ich nicht so bin wie Du es Dir wünscht.

Leb wohl, Sarah

Joyce seufzte schwer. Das war zuviel für sie. Ihre Tochter war weg. Sie hatte ihre Sachen gepackt und war gegangen; so wie Joyce ihr das befohlen hatte. „Oh Sarah“, seufzte Joyce. Tränen glitzerten in den Augen von Sarahs Mutter. Sie ließ den Tränen freien Lauf. Joyce weinte. Es schien als hätte sie soeben ihre Tochter für immer verloren.

Vor der Sunnydale High stand Giles mit Sarahs Gang. Willow war aus dem Krankenhaus entlassen worden, doch sie saß noch im Rollstuhl - zum Schutz. Sie durfte sich noch nicht zu sehr anstrengen. „Die Gruft ist leer. Wir waren heute noch mal dort“, teilte Xander Giles mit. „Acathla ist verschwunden. Und Angel und Sarah auch. Was glauben Sie was passiert ist?“ Giles seufzte. Es war vorbei. Das wußte er. Es war wirklich vorbei.

„Ich weiß es nicht, Xander“, murmelte der Wächter. „Die Welt ... ist jedenfalls nicht untergegangen.“ „Vielleicht hat es ja geklappt“, mischte sich nun Willow ein. Giles blickte sie neugierig an. „Der Fluch, vielleicht hat der Fluch ja wirklich funktioniert. Ich hab plötzlich eine unglaubliche Macht in mir gespürt.“ „Das war richtig unheimlich“, kommentierte Cordelia. Sie alle hatten sich von den Schrecken der letzten Wochen einigermaßen erholt. Die Welt war nicht untergegangen und sie konnten aufatmen. Doch was war mit Sarah? Sie war verschwunden. Und das bereitete der Gang doch etwas Sorgen.

„Vielleicht“, begann Willow erneut. „Ist Sarah gerade bei Angel. Vielleicht versöhnen sie sich gerade und Sarah erzählt ihm was alles geschehen ist als er die Seele verloren hatte. Kann doch sein, daß sie sich versöhnt haben und ihr Wiedersehen feiern. Und das sie feiern das Angel seine Seele wieder hat.“ Xander wandte sich mit schuldbewußter Miene ab. Er hatte Sarah verschwiegen was Willow vorgehabt hatte. Jetzt meldete sich langsam sein schlechtes Gewissen. Hoffentlich habe ich keinen Fehler gemacht, dachte er schuldvoll.

„Möglich“, beantwortete Giles die Fragen von Willow. „Hoffentlich hören wir bald was von ihr“, seufzte Willow. „Sie muß bald was von sich hören lassen. Ihr bekommt bald eure Zeugnisse und müßt euch für eine Universität entscheiden. In drei Monaten geht für euch das College los und dann muß sie ja wieder hier sein.“ „Hoffen wir es“, murmelte Giles. Sie wandten sich ab und gingen in das Innere der Highschool. Sie wußten nicht das Sarah in der Nähe an einen Baum lehnte und ihre Freunde ein letztes Mal beobachtete.

Sarah nickte leicht. Ihre Freunde würden weitermachen. Sie würden ihr Leben ganz normal weiterleben. Sie würden an der Abschlußfeier teilnehmen und sich für ein College entscheiden. Giles würde sich wohl etwas zurückziehen und ihren Freunden weiter mit Rat und Tat zur Seite stehen. Doch für sie selbst gab es kein zurück mehr. Für Sarah war ihr einstiges fast normales Leben vorbei. Sie hatte alles verloren. Nichts würde mehr so sein wie früher. Nicht für die Jägerin. Und schon gar nicht ohne Angel. Es war als wäre das Leben für Sarah beendet.

Die Jägerin schulterte ihre Tasche und ging mit hängenden Kopf zur Bushaltestelle. Der Bus öffnete die Türen und sie stieg ein. Sie suchte sich einen Platz ganz hinten. Dort, wo sie alleine war; und so sie ungestört still vor sich hin weinen konnte. Der Bus entfernte sich aus Sunnydale und fuhr in eine Großstadt. Sarah war egal wohin er fuhr. Sie würde irgendwo aussteigen. Mit traurigen Augen blickte sie aus dem Fenster. Die Bäume und Gebüsche eilten schnell an ihr vorbei. Doch sie sah es nicht. Vor ihren Augen sah sie nur das Bild von Angel. Es hatte sich in ihr Innerstes gebrannt. Sein geschockter Ausdruck als sie ihn zur Hölle geschickt hatte.

Sie hatte nichts mehr. Keine Freunde, keine Familie und keine Zukunft. Doch vor allem hatte sie ihren Freund nicht mehr. Sie hatte Angel töten müssen um diese Welt zu retten. Das war nicht fair. Warum hatte sie ausgerechnet ihre Liebe opfern müssen? Warum ich? fragte sie sich traurig. Sie hatte Angel geliebt; hatte immer zu ihm gehalten und er war dabei ein Teil ihres Lebens geworden. Sie liebte ihn noch. Das  Leben würde für sie nie mehr das Gleiche sein.

Sarah wollte nur noch weg ... weg von diesem schrecklichen Ort, der ihr alles geraubt hatte. Ihr Blick fiel auf ihren Ring. Der Claddagh-Ring, den Angel ihr einst geschenkt hatte. Das Symbol ihrer Liebe. Ihre Lippen zitterten und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Er hatte ihr den Ring geschenkt weil er ihr damit zeigen wollte, daß er ihr gehörte; das er nur sie liebte. Und jetzt? Jetzt war er fort; durch ihre Hand getötet. Wie hatte sie nur dieses Verbrechen an ihm begehen können?

Es wäre für sie kein Problem gewesen Angelus zu töten. Aber Angel ... Er war ein Teil von ihr. Er war der wichtigste Teil von ihr. Und sie brauchte ihn; brauchte ihn als Freund, als Gefährten, als Kampfpartner und als Geliebten. Der wichtigste Teil ihres Lebens war verschwunden. Er war zur Hölle gefahren. Sie hatte ihre Liebe geopfert. Und es war das schlimmste Opfer, das sie jemals hatte bringen müssen. Und wieder war es an ihr gewesen etwas für ihre Pflicht zu opfern.

Nun haßte sie ihre Pflicht - ihre Bestimmung - mehr den je. Sie verabscheute ihr Leben als Jägerin. Warum hatte man sie dazu auserwählt? Warum hatte man sie zu diesem Leben gezwungen? Sie wollte dieses Leben nicht länger; konnte es nicht länger ertragen. Dieses Leben hatte ihr alles genommen. Es hatte ihr die Liebe ihres Lebens genommen. Und Sarah verabscheute sich selbst weil sie zugelasssen hatte, daß ihre Pflicht sie zu diesem Verlust gedrängt hatte.

Sarah spielte mit ihrem Ring und brach in Tränen aus. Sie ließ ihren Tränen völlig freien Lauf. Die Jägerin tauchte tief in ihre Trauer ein und badete darin. Es gab kein zurück mehr für sie. Die Trauer über den Verlust von Angel hielt sie gefangen. Dieser Ring und das Armband, daß er ihr zum achtzehnten Geburtstag geschenkt hatte, waren die einzigen Dinge, die ihr von Angel blieben. Dazu kamen die Erinnerungen an ihn - an ihre Zeit mit ihm. Doch diese Erinnerungen schmerzten. Sie taten schrecklich weh.

Alles war verloren. Es gab kein zurück mehr - nicht für Sarah. Angel war ihr Leben gewesen. Ihre Zukunft und ihre Träume mitsamt ihren Hoffnungen hatte sie auf Angel aufgebaut. Und die schönste Nacht in ihrem Leben hatte alles verändert. Es hatte ihren schlimmsten Alptraum wahr gemacht. Zusammen mit Angel war alles verloren gegangen woran sie einmal geglaubt hatte. Ihre Zukunft, ihre Träume und Hoffnungen waren mit ihm gestorben. Sie war mit ihm gestorben.

Und als die letzte Träne noch nicht vergossen war verließ Sarah Sunnydale, ohne zu wissen wohin ihr Weg sie führen würde. Sie verließ Sunnydale ohne zu wissen ob sie jemals wiederkehren würde. Sie wußte nicht ob sie den Schmerz jemals verarbeiten würde; ob sie ihre grausame Tat an Angel jemals akzeptieren würde. Sie wußte nicht ob der Tag kommen würde an dem sie mit dieser grausamen Tat leben konnte. Sarah kehrte allem dem Rücken und fuhr in eine traurige und ungewisse Zukunft ohne Angel ...

To Be Continued ...


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