Title: Die Jägerin und ihr Vampir, Teil 6 – Wendepunkte
Author: Tegan

Fandom: Angel, Buffy
Rating:
Category:
Action, Fight, Drama
Characters, Pairing: Buffy-Cast, Angel / Sarah (statt Buffy)

Summary: Mit Faith kommt eine neue Jägerin in die Stadt. Die Gang merkt schon bald, das sie anders ist als Sarah und Kendra. Mit dem Bürgermeister bekommen sie auch einen neuen Gegner, der etwas dämonisches plant. Und als Faith sich auf die Seite des Bürgermeister stellt, um ihn bei seinen Aufstieg zu unterstützen, sehen sich die Freunde einen schweren Kampf gegenüber ...

Disclaimer: Die Charaktere von Angel und Buffy gehören nicht mir, sondern Joss Whedon, David Greenwalt und anderen. Diese Story ist FanFiction mit der weder Geld verdient, noch Rechte verletzt werden sollen. Ich schreibe sie nur zu meinen Vergnügen.

Note: Endlich ist der sechste Teil fertig. Ich habe ja auch lange daran herum geschrieben. Buffy-Fans werden erkennen, das der Titel „Wendepunkte“ der deutsche Titel der Folge „Becoming Part 1 & 2“ ist. Jedenfalls einer davon. Ich habe mir den Titel mal wieder ausgeliehen, da er perfekt zu diesen Teil paßt.
In diesen Teil wird die dritte Buffy-Staffel behandelt. Ich gehe auf die Ereignisse mit Faith und dem Bürgermeister ein und hoffe, das ich den Schluß dem Finale der Serie gerecht werden kann. Immerhin ist es nicht leicht, einen solchen Kampf zu beschreiben. Aber ich habe mein bestes getan. Natürlich schreibe ich die dritte Staffel wieder aus meiner Sicht und einiges ist anders als in der Serie. Wer aber „Die Jägerin und ihr Vampir“ vom ersten Teil an gelesen hat, weiß, das ich das ja gerne tue.
An den weiteren Teilen wird gearbeitet, wann aber was neues nachkommt, steht in den Sternen. Ich werde mein Bestes tun, versprochen! Aber übt euch ein wenig in Geduld. Vorweg nehme ich nur, in dem ich sage, das Angel in Sunnydale bleibt und mit der vierten Staffel, die das Thema Initiative behandelt, dabei sein wird. Mehr verrate ich aber nicht. Viel Spaß beim Lesen.


Die Jägerin und ihr Vampir, Teil 6 - Wendepunkte
written by Tegan
© 2002

In jeder Generation gibt es nur eine Jägerin. Sie muß sich gegen Vampire und die Dämonen der Finsternis stellen. Sie allein ist auserwählt. Sie muß bereit sein, ihr Leben für die Menschheit zu opfern. Stirbt sie, tritt die nächste Jägerin an ihre Stelle ...

~ 1. ~

„Du verdammtes Miststück! Wie kannst du es wagen?“ fauchte der Vampir und er stürzte sich wütend auf Sarah. Sarah ließ sich zu Boden fallen und nutzte den Schwung des Vampirs aus, um ihn mit den Beinen über sich hinweg zustoßen. Der Vampir konnte seinen Angriff nicht mehr stoppen und landete mit einen lauten Schrei zwischen den Büschen.

Sarah sprang geschickt wieder auf die Beine und drehte sich kurz zu Angel um. Auch wenn sie wußte, daß sie sich um ihn keine Sorgen machen mußte, kontrollierte sie doch lieber selbst ob er klarkam. Und das war auch so. Angel hielt die beiden Vampire, mit denen er kämpfte, gekonnt in Schach. So konnte sich Sarah wieder ihrem lästigen Gegner zuwenden, der nun zwischen den Büschen hervor krabbelte.

„Was fällt dir eigentlich ein, du ...“, rief er. Gelangweilt drehte Sarah den Holzpflock zwischen ihren Händen. „Merkst du nicht, das du mich nervst?“ fragte sie. „Komm her, damit ich es beenden kann.“ „Ich werde dir die Kehle aufschlitzen“, drohte der Vampir. „Fällt euch dämlichen Vampiren eigentlich nie etwas neues ein? Diese abgedroschenen Drohungen lassen mich ja einschlafen“, spottete Sarah. Wütend knurrte der Vampir und er stürzte sich auf sie. Sarah streckte die Hand aus und der Holzpflock bohrte sich in das Herz des Untoten.

Als der Vampir zu Staub zerfiel, hatte sich Sarah schon umgedreht um Angel zu helfen. Angel schlug gerade auf einen der beiden Vampire ein, mit denen er rang, als der Zweite ihn von hinten packte, um ihn festzuhalten. Doch da war Sarah schon zur Stelle und zog den Vampir von Angel weg. Angel dankte ihr mit einen kurzen Blick und kümmerte sich um seinen Gegner. Synchron vernichteten Angel und Sarah die beiden Vampire.

Angel klopfte sich den Staub von der Jacke. Sarah sah ihn an und sie war noch immer sehr froh, daß er sich nicht umgebracht hatte. Die Geschehnisse von Weihnachten lagen nun schon einige Wochen zurück und sie beide hatten sich davon erholt. Es war alles wieder gut. Sie hatten sich beide beruhigt und hatten beschlossen weiter zu kämpfen. Allein wegen ihrer Liebe waren sie es sich schuldig zu kämpfen. Und genau das würden sie auch tun. Doch sie wollten beide nicht mehr darüber nachdenken was an jenen Abend passiert war. Sie blickten in die Zukunft und waren fest entschlossen die Hürden in ihrem Leben zu meistern.

„Alles okay?“ fragte Angel. Sarah nickte und ein herzhaftes Gähnen entkam ihr. „Komm, wir gehen heim. Heute können wir hier draußen sowieso nichts mehr machen“, sprach Angel. Sarah nickte erneut. „Ich ... bin so müde. Ich will nur noch ins Bett und schlafen.“ Sarah nahm Angel den Holzpflock aus der Hand und ließ ihn mit ihrem in ihrem Jagdbeutel verschwinden. Angel legte einen Arm um sie. Gemeinsam verließen sie den Ort des Geschehens.

In der letzten Zeit hatte Sarah nur wenig zu Hause übernachtet. Wenn sie mit Angel auf Patrouille war, schlief sie die letzten Stunden bei ihm. Joyce vertraute Sarah und Angel. Sie wußte, das die Beiden nicht zu weit gehen würden. Und das taten Sarah und Angel auch nicht ... obwohl Sarah bei Angel im Bett schlief. Es war einfach nur schön sich nach einer langen Nacht der Patrouille an Angel zu schmiegen und an seiner Schulter einzuschlafen. Und so war es auch dieses Mal.

Angel lag neben Sarah und beobachtete sie. Sie sah so schön aus, wenn sie schlief. Angel hatte sich auf einen Ellbogen abgestützt. Die Wolldecke, die über Sarah und ihm lag, war Sarah bis zur Taille hinunter gerutscht. Er nahm die Decke und zog sie wieder hinauf. Sarah bewegte sich leicht. Angel warf einen Blick auf Sarahs Armbanduhr. Wenn sie rechtzeitig in ihre Vorlesung kommen wollte, mußte er sie jetzt aufwecken.

Zärtlich strich Angel ihr eine Haarsträhne hinters Ohr. „Sarah“, flüsterte er. „Wach auf. Es wird Zeit für dich.“ Langsam öffnete Sarah die Augen. Angel schenkte ihr ein zärtliches Lächeln. „Guten Morgen“, flüsterte sie. „Morgen. Hast du gut geschlafen?“ fragte Angel. Sarah nickte und erwiderte Angels Lächeln. „Ja, ich schlafe an deiner Schulter immer gut. Wieso weckst du mich auf?“ „Schau mal auf deine Uhr“, sprach Angel. Sarah tat es. „Oh ... ich muß wirklich langsam los. Ich habe in einer Stunde eine Vorlesung.“ „Ich weiß. Ich dachte, ich wecke dich auf, damit du noch nach Hause und dich umziehen kannst.“ „Du bist ein Schatz“, sprach Sarah.

Sie setzte sich auf und strich sich durchs zerzauste Haar. „Oh ... meine Frisur ist total ruiniert“, sprach sie. „Nein. Du siehst bezaubernd aus“, widersprach ihr Angel. „Danke.“ Sie begegnete Angels vielsagenden Blick. „Ist etwas, Angel?“ „Krieg ich keinen Kuss, bevor du aufstehst?“ „Natürlich kriegst du einen“, sprach Sarah und sie küßte ihn zärtlich auf die Lippen. „Ich muß jetzt wirklich los.“ „Ich weiß.“ Sarah schwang die Beine aus dem Bett und stand auf.

Angel sah ihr dabei zu wie sie ihre Stiefel anzog, die neben dem Bett am Boden lagen. Sarah strich ihr Haar zurück und band es mit einem Haargummi flüchtig zusammen. Angel erhob sich und reichte ihr ihren Jagdbeutel und ihre Jacke. „Weißt du“, sprach Sarah, während sie mit ihm durch das Wohnzimmer des Herrenhaus ging. „Es ist ein schönes Gefühl, zu wissen, ein zweites zu Hause zu haben. Ich darf mich hier doch wie zu Hause fühlen, oder?“ „Natürlich. Es freut mich, daß du dich hier wohl fühlst. Sarah, du gehst hier sowieso ein und aus.“ „Stört dich das nicht?“ fragte Sarah.

Der Vampir schüttelte verneinend den Kopf. „Nein, es stört mich nicht. Ich freue mich über jeden einzelnen Besuch von dir.“ „Das freut mich. Ich will dir nämlich nicht auf die Nerven gehen.“ „Du wirst mir nie auf die Nerven fallen“, sprach Angel und küßte sie leicht auf die Lippen. „Du mußt jetzt gehen. Ansonsten kommst du wirklich noch zu spät.“ Sarah nickte. Sie küßte ihn ein letztes Mal und verschwand dann durch den Vorhang. Angel kehrte ins Schlafzimmer zurück. Er würde noch ein paar Stunden schlafen.

Als Sarah ihr Zimmer betrat, dachte sie zuerst, falsch zu sein. Ihr Zimmer war voller Kartons. „Mom“, rief Sarah die Treppe hinunter. „Ja?“ Joyce kam die Treppe hoch. „Was ... ist das?“ fragte Sarah und sie machte eine ausholende Bewegung. „Ich wußte nicht, daß du heute so früh kommst“, sprach Joyce ausweichend. „Mom, das hier ist mein Zimmer. Also, was ist das?“ „Das sind Ausstellungsstücke der Galerie. Unser Lagerraum ist total voll. Wir müssen ihn erst ausräumen und deshalb ...“ „... Muß mein Zimmer als Lagerhalle herhalten“, spottete Sarah.

„So ungefähr. Ich wollte heute Nachmittag – wenn du vom College kommst – sowieso deswegen mit dir sprechen.“ „Und was wolltest du mir sagen?“ „Die Kartons werden einige Tage hier bleiben.“ „Super! Und wo soll ich schlafen? Du hast sogar mein Bett voll gestellt.“ „Das wollte ich dir ja sagen. Könntest du nicht ein paar Tage bei Willow übernachten – solange, bis wir in der Galerie wieder Platz haben?“ „Mom, Willow schläft im Studentenheim.“ „Oh“, bemerkte Joyce nur.

„Aber ... ich könnte für ein paar Tage zu Angel ziehen“, warf Sarah ein. „Denkst du, er würde das tun?“ fragte Joyce zögernd. Sarah nickte. „Sicher. Er hat bestimmt nichts dagegen.“ „Und ihr ...“ „Mom, fang nicht wieder von diesem Thema an. Ich habe die letzten paar Nächte auch bei Angel geschlafen. Es passiert nichts. Es ist einfach nur schön an seiner Seite einzuschlafen und morgens aufzuwachen und ihn neben sich zu sehen. Sex ist nicht alles.“ „Du hast recht“, pflichtete Joyce ihrer Tochter bei.

„Also ... kannst du ein paar Tage zu ihm ziehen?“ „Sicher doch. Angel freut sich mit Bestimmtheit darüber.“ „Das ... ist gut“, sprach Joyce und sie ging wieder in die Küche. Sarah ging ins Badezimmer und sprang schnell unter die Dusche. Sie zog sich um und bannte sich einen Weg durch das Chaos in ihrem Zimmer. In einer Tasche packte sie das Nötigste ein, das sie für ein paar Tage bei Angel brauchte.

„So, ich geh jetzt, Mom“, rief sie als sie unten angekommen war. „Du kommst doch zum Essen vorbei, oder?“ „Natürlich werde ich hier essen. Angel hat nur Blut im Kühlschrank. Das wird mir sicher nicht schmecken“, witzelte Sarah. „Du bist doch nicht sauer?“ Sarah schüttelte den Kopf. „Nein, ich bin ganz und gar nicht sauer. Aber ... ich hätte es nur ganz gerne etwas früher erfahren. Aber da kann man jetzt auch nichts mehr machen. Ich muß jetzt wirklich los. Ich bin sowieso schon spät dran“, rief Sarah. Sie küßte ihre Mutter auf die Wange, schulterte ihre Tasche und machte sich auf den Weg zum College.

Sarah kam zu spät. Als sie den Klassenraum betrat war Maggie Walsh – ihre Professorin in Psychologie – schon längst dabei ihren Unterricht durchzuführen. Maggie Walsh hatte die Stelle von Mrs. Noel übernommen, da diese mit ihrem Mann nach New York gegangen war weil er dort seine eigene Firma gegründet hatte. „Ms. Summers, schön das Sie auch noch auftauchen“, sprach Maggie. „Tut mir leid. Ich ... habe verschlafen“, log Sarah und sie setzte sich auf ihren Platz neben Willow. Ihre Tasche stellte sie unter ihrem Sessel ab.

„Hast du wirklich verschlafen?“ murmelte Willow. Sarah schüttelte verneinend den Kopf. „Nein, ich hatte noch ein kleines Gespräch mit meiner Mom. Sie hat mein ganzes Zimmer mit ihren Sachen aus der Galerie voll gestellt. Ich habe nicht einmal Platz zum schlafen.“ „Und was machst du jetzt?“ „Ich habe die Tasche mit dem nötigsten gepackt was ich brauche. Ich werde für ein paar Tage bei Angel einziehen.“ „Weiß er schon davon?“ Sarah schüttelte verneinend den Kopf. „Nein, Angel weiß noch nichts von seinen Glück“, flüsterte Sarah und sie konzentrierte sich auf Maggie Walsh‘ Unterricht. 

Am frühen Nachmittag begleitete Sarah ihre beste Freundin noch zu ihren Zimmer. „Hast du schon eine neue Zimmerkollegin?“ fragte Sarah. Willows letzte Zimmerkollegin hatte das College verlassen. „Noch nicht. Aber das Bett wurde schon jemanden zugeteilt. Das Mädchen kommt in ein paar Tagen, glaub ich. Kannst du das fassen, Sarah? Wir sind jetzt schon bald im zweiten Semester.“ „Ich hoffe, ich schaffe das Erste überhaupt. Aber ... ich hab bei Angel ja genügend Ruhe um mich auf die Prüfungen vorzubereiten.“ „Ja, wenn du Hilfe brauchst ...“ „Ruf ich dich an“, unterbrach Sarah ihre Freundin.

„Gut. Wenn du dich irgendwo nicht auskennst ruf mich bloß an. Ich will, daß du das erste Semester schaffst.“ „Ich will es doch auch“, sprach Sarah und sie straffte die Schultern. Die Prüfungen machten ihr Angst. Aber das taten Prüfungen sowieso immer. „Und wie willst du das machen? Lernen und Patrouille gehen? Wie soll das funktionieren?“ „Ganz einfach. Ich hab bei Angel die Ruhe, die ich fürs Lernen brauche. Ich bin sicher, er wird mich unterstützen und übernimmt die Patrouille für mich. Da kann ich lernen.“ „Er wird dich sicher entlasten“, sprach Willow und sie blieb stehen.

„So, ich muß jetzt rein“, sprach Willow. „Ich weiß. Wir sehen uns sicher bei Giles im Laden.“ „Ja, bis später dann.“ Sarah nickte und sie wartete bis Willow im Inneren des Studentenheims verschwunden war. Sie seufzte leise und machte sich auf den Weg zu Angel. Sie hoffte, daß er wirklich zustimmen würde, das sie ein paar Tage bei ihm blieb. Aber eigentlich war sich Sarah sicher, das Angel ja sagen würde.

„Angel?“ Angel war in ein Buch vertieft und saß auf dem Sofa. Als er Sarahs Stimme hinter sich hörte, drehte er sich um. „Hey, wie war die Vorlesung?“ „Der Unterricht war okay. Ich muß dich was fragen“, begann Sarah. „Und was?“ Angel stand auf. Da bemerkte er die Tasche, die Sarah bei sich trug. „Was schleppst du da an?“ „Ein paar meiner Klamotten.“ „Wieso?“ „Angel, kann ich ein paar Tage bei dir wohnen?“ fragte Sarah offen.

Verwirrt blickte Angel sie an. „Hast du kein zu Hause mehr?“ „Doch“, lachte Sarah. „Aber ... meine Mom hat mein Zimmer voller Kartons gestellt. Der Lagerraum ihrer Galerie ist überfüllt. Deshalb hat sie einige ihrer Ausstellungsstücke in meinen Zimmer untergebracht. Ich habe nicht einmal Platz zum schlafen.“ „Ich verstehe. Du suchst eine Bleibe“, stellte Angel lächelnd fest. „Ja, deshalb frage ich ja dich, ob ... ich ein paar Tage hier bleiben kann.“ „Sarah, wieso fragst du überhaupt? Du weißt doch ganz genau, daß ich dich hier aufnehme. Du hast hier immer ein zu Hause, Sarah.“ „Das ist schön zu wissen.“ Angel nahm Sarah die Tasche ab und brachte sie ins Schlafzimmer.

Als er wieder kam hatte Sarah ihre Schulbücher auf seinen Tisch ausgebreitet. „Angel, darf ich dich um noch einen Gefallen bitten?“ Angel lächelte und ging zu Sarah. Er legte seine Arme um ihre Taille. Sarah schloß für einen langen Moment die Augen und lehnte sich gegen seine Brust. Sie lächelte glücklich. Diese Momente liebte sie. „Also, worum wolltest du mich bitten?“ brach Angel schließlich das Schweigen zwischen ihnen.

„Du weißt doch ... ich hab bald meine Prüfungen.“ „Ja.“ „Angel, könntest du ...“ „Sicher geh ich für dich auf Patrouille“, unterbrach Angel die Jägerin. „Woher weißt du das?“ „Ich kenne dich, Sarah. Ich weiß, wie wichtig die Prüfungen für dich sind. Du hast hier die Ruhe, die du brauchst.“ Sarah drehte sich in Angels Armen um. „Danke. Was würde ich bloß ohne dich machen?“ Angel lächelte sanft.

„Ich will nur, das du deine Prüfungen schaffst. Aber daran hege ich keinen Zweifel. Ich weiß, du schaffst das.“ Sarah schenkte Angel ein Lächeln und schmiegte sich in seinen Arm. Es war gut, daß zu dieser Zeit Ruhe in Sunnydale herrschte. Doch Sarah befürchtete, das es sich dabei – mal wieder – um die  berühmte Ruhe vor dem Sturm war. Und mit ihrer Befürchtung sollte die Jägerin recht behalten ...

~ 2. ~

Sarah mochte es bei Angel zu wohnen. Sie arrangierten sich wirklich gut. Angel übernahm nachts Sarahs Arbeit als Jägerin, damit sie in Ruhe lernen konnte. Sarah war froh, das Angel sie in dieser Zeit entlastete und ihr half, wo er nur konnte. Dadurch bekam Sarah mehr Zeit für ihre Prüfungen. Zeit, die sie dringend benötigte, um das erste Semester überhaupt zu überstehen. Sarah mochte ihr Leben so wie es momentan war. Und sie hoffte, daß sich so schnell nichts ändern würde.

Willow saß mit Oz und Xander in ihrer Ecke im Bronze. Sie warteten auf Sarah. „Sie wohnt bei Angel“, rief Xander aus. Willow nickte. „Das ist ... wie kann sie nur?“ „Xander, die Beiden sind ein Paar. Es ist doch klar, das Sarah da mal bei ihm schläft.“ „Aber ...“ „Es ist nur für ein paar Tage, jedenfalls hat Sarah das gesagt. Du solltest endlich damit aufhören, Xander. Du weißt genau, das Sarah dich um ein Haar aus ihrem Leben ausgeschlossen hat. Ich gebe dir einen Rat: Hör endlich auf Angel fertig zu machen. Du verlierst. Sarah wird immer zu ihm halten. Er ist ein Teil ihres Lebens. Schau, daß du mit Angel klarkommst. Nur so kannst du weiter mit Sarah befreundet sein.“ „Das ist mehr als nur ein Rat“, protzte Xander mißmutig. Doch innerlich wußte er, das Willow recht hatte. Er mußte endlich mit Angel auskommen – irgendwie.

Da betraten Sarah und Angel den Club. Zielsicher bannte sich Sarah einen Weg durch die Menge, während Angel an die Bar ging um Sarah einen Cappucino zu holen. „Hi Leute“, rief Sarah fröhlich. „Hi“, erwiderte Willow. „Du wohnst bei Angel?“ fragte Xander sofort. Sarah nickte und setzte sich. „Ja, vorübergehend. Meine Mom hat aus meinen Zimmer eine Lagerhalle für ihre Ausstellungsstücke gemacht. Deshalb wohne ich momentan bei Angel. Hast du was dagegen, Xander?“ „Ich? Nein, wieso sollte ich?“ sprach Xander sarkastisch. Sarah schüttelte den Kopf und sah einfach über Xanders Kommentar hinweg.

Angel näherte sich dem Tisch und reichte Sarah ihre Tasse Cappucino. „Danke, Angel“, sprach Sarah mit einem Lächeln und sie nahm einen Schluck von dem heißen Getränk. Angel setzte sich zu ihr. „Und? Wie ist das – wenn man mit einem Vampir zusammenwohnt?“ Xander konnte sich diesen Kommentar einfach nicht verbeißen. Sarah blickte Angel an und schenkte ihm ein warmes Lächeln. „Es ist schön“, sprach sie verliebt.

„Das funktioniert?“ Sarah nickte. „Wieso soll es nicht funktionieren? Angel und ich – wir sind füreinander bestimmt. Außerdem ist es nur vorübergehend, Xander. Sobald die Kartons verschwunden sind, ziehe ich wieder um.“ Xander nickte. „Wie kommst du mit dem Stoff zurecht?“ fragte Willow. „Ganz gut. Bis jetzt kapiere ich noch alles.“ Sarah sah, wie Angel den Kopf schüttelte. „Was?“ „Ich erinnere mich daran, daß mir gestern ein Buch um die Ohren geflogen ist“, sprach er. „Habt ihr gestritten?“ fragte Willow.

„Nein. Es ... ich bin mit einen Teil des Stoffs nicht so gut zurecht gekommen und ich hab frustriert das Buch zur Seite geworfen. Blöderweise ... stand Angel im Weg“, gab Sarah zögernd zu. „Du hättest mich doch anrufen können“, warf Willow ihr vor. „Will, es war kurz nach zwei Uhr nachts. Ich wollte dich nicht wecken.“ „Oh ... dann verstehe ich das. Wenn du willst ... können wir uns ja mal in der Mittagspause zusammensetzen und die Dinge durchgehen, die dir unverständlich sind“, schlug Willow vor. „Danke. Ich bin euch allen sehr dankbar, das ihr mich so sehr unterstützt“, sprach Sarah.

Ihr Blick glitt über die tanzende Menge und auf einmal reagierten ihre Jägerinnen-Instinkte. Sie blickte auf ein tanzendes Paar. Der Typ war eindeutig ein Vampir. Und das Mädchen ... sie schien nichts davon zu wissen. „Angel?“ sprach Sarah. „Was?“ „Schau dir mal den Typen da an.“ Angel folgte Sarahs Blick und er nickte. „Vampir“, sprach er. „Genau. Komm, wir müssen hinterher“, sprach Sarah sofort als das Paar den Club verließ. Sarah und ihre Freunde folgten dem Paar.

Das dunkelhaarige Mädchen war mit dem Vampir noch in der Gasse hinter dem Bronze. Sie stand an der Hausmauer des Clubs und schenkte ihrem Begleiter ein verführerisches Lächeln. Sarah und ihre Freunde liefen zu der Stelle. Sarah hatte ihren Holzpflock schon in der Hand und wollte eingreifen, als sie sah, wie sich der Vampir verwandelte. Doch das Mädchen schrie nicht einmal.

Sie packte den Vampir an seinen Kragen und schleuderte ihn brutal gegen die Wand. „Was ... was soll das den jetzt?“ stammelte Sarah verwirrt. Sie wechselte einen ratlosen Blick mit Angel. Der Vampir stürzte sich auf die Fremde und packte sie an ihren Schultern. Doch sie verpaßte ihm harte Schläge ins Gesicht. Da drehte sie sich zu Sarah und ihren Freunden um. „Ich bin Faith“, stellte sie sich vor. „Gib mir mal den Pflock“, forderte sie. Verwirrt runzelte Sarah die Stirn und warf Faith den Holzpflock zu.

Geschickt fing Faith den Pflock auf und wirbelte herum. Der Vampir knurrte wütend. Faith packte ihn an der Schulter, rammte ihm das Knie in den Magen und vernichtete ihn. Lässig warf Faith ihr langes Haar zurück und drehte sich zu Sarah um. Sie ging auf sie zu und gab ihr den Pflock zurück. „Danke. Du mußt Sarah sein“, sprach sie. „Ja, die bin ich.“ „Cool. Ich bin die neue Jägerin“, stellte Faith sich vor. Sarah starrte Faith an. In diesen Moment konnte sie nichts mehr denken. Es war ihr sofort klar: Faith hatte Kendras Platz eingenommen.

Angel, der dicht neben Sarah stand, fühlte wie sie heftig erzitterte. Er nahm ihre Reaktion auf die neue Jägerin wahr. Ihm war klar, warum sie so geschockt auf Faiths Erscheinen reagierte. Sarah schluckte schwer. Sie hatte das Gefühl keine Luft mehr zu kriegen. Die Jägerin atmete einmal tief durch. Doch auch das machte es nicht besser. Es war, als schürte ihr jemand die Luft ab. Ihr entgleisten die Gesichtszüge. Faith bemerkte, wie geschockt Sarah auf ihre Anwesenheit reagierte.

„Hey, hab ich irgend etwas an mir, wovor du dich ekelst?“ fragte Faith. Sarah schüttelte den Kopf. Sie trat vorsichtig einen Schritt zurück. „Sarah?“ fragte Willow. Erneut konnte Sarah nur den Kopf schütteln. Dann drehte sie um und rannte weg. „Das nenne ich eine Begrüßung“, sprach Faith. „Sie ist normalerweise nicht so“, verteidigte Willow ihre Freundin. Angel drehte ebenfalls um und folgte Sarah. 

„Ihr seit die Freunde der Jägerin?“ erkundigte sich Faith. Willow nickte. „Ich bin Willow, das ist Xander und das ist mein Freund Oz“, stellte Willow die Gang vor. „Und der Typ da?“ fragte Faith und sie deutete auf Angel, der hinter Sarah herlief. „Das ist Angel.“ „Ah ... das ist der Vampir, der mit Sarah diese heiße Affäre hat. Davon habe ich schon gehört“, sprach Faith. „Oh nein, so ist das nicht. Die Beiden führen ... eine ernsthafte Beziehung“, sprach Willow schnell. Faith nickte nur.

„Du bist also auch eine Jägerin“, mischte sich Xander ein. Erneut nickte Faith. „Kommt ihr mit rein? Ich will mich noch ein wenig amüsieren.“ Ohne eine Antwort abzuwarten ging Faith wieder in den Club. Sarahs Freunde folgten ihr. Sie wußten, Angel würde sich um Sarah kümmern. Er war – mal wieder – der Einzige, dem Sarah in einer solchen Situation erzählen würde, was mit ihr los war.

„Sarah, warte“, rief Angel hinter der Jägerin. Am Ende der Gasse blieb Sarah stehen weil sich vor ihr ein hoher Zaun auftat. Gequält schloß Sarah die Augen. Dann trat sie mit voller Wucht gegen die Mülltonne, die neben ihr stand. Immer und immer wieder trat Sarah auf die Mülltonne ein; ließ ihren ganzen Frust an dem Gegenstand aus. „Sarah?“ fragte Angel hinter ihr. „Verdammt“, rief Sarah und sie schleuderte die Mülltonne von sich.

Schwach lehnte sie sich gegen den Zaun. Sie schloß die Augen. Sarah hörte Angels Schritte als dieser näher kam. „Sarah?“ Angel legte ihre eine Hand auf die Schulter. Sarah reagierte darauf nicht. Sie spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Immer wieder schüttelte Sarah den Kopf und hämmerte mit der flachen Hand schwach gegen den Zaun. Sie konnte es einfach nicht glauben. Faith war die neue Jägerin. Sie hatte Kendras Platz eingenommen. Sarah konnte nicht glauben das man Kendra einfach so ersetzt hatte - als wäre sie ein Auto, das man nach jahrelangen Gebrauch einfach gegen ein besseres und neueres eintauschte.

Angel blieb hinter ihr stehen. Sarah spürte seine Anwesenheit nahe bei sich. Langsam drehte sie sich zu ihm um. Angel sah ihre Tränen und sie tat ihm leid. Er wußte, was sie so aus der Fassung gebracht hatte. „Sie haben Kendra einfach ersetzt“, schluchzte Sarah leise. „Es ist okay“, flüsterte Angel sanft. Sarah schlug die Hände vors Gesicht um ihre Tränen vor ihm zu verbergen. Sie mochte es nicht, wenn er sie so sah. Sie fühlte sich dann so schwach. Angel zog sie wortlos in seine Arme und drückte ihr Gesicht sacht an seine Schulter.

„Es ist okay, Sarah“, sprach er beruhigend auf sie ein. Angel flüsterte ihr beruhigende Worte ins Ohr. Er ließ sie weinen. „Rede mit mir“, bat er. Sarah sah ihm in die Augen. „Sie haben Kendra einfach ersetzt – so als wäre sie kein Mensch gewesen. Kendra war meine Freundin, Angel.“ Angel nickte langsam. Er fühlte sich schuldig. Er hatte Drusilla damals in die Bibliothek geschickt. Und Drusilla hatte Kendra getötet. Indirekt ging auch Kendras Tod auf sein Konto.

„Hast du jemals um sie geweint? Hast du nach ihrem Tod um sie geweint, Sarah?“ hakte Angel sanft nach. Verneinend schüttelte die Jägerin den Kopf. „Ich konnte nicht. Ich konnte einfach nicht um sie weinen. Ich hatte keine Zeit um sie zu trauern.“ „Dann tue es jetzt“, sprach Angel. Sarah grub ihr Gesicht in Angels Schulter und ließ ihrer unterdrückten Trauer endlich freien Lauf. „Ich hätte ... niemals gedacht, das ... Kendras Nachfolgerin jemals hier auftaucht.“ „Ich weiß, daß schockiert dich.“ „Es ist mehr“, sprach Sarah. „Angel, Faiths Auftauchen hat mir gezeigt was nach meinen Tod passiert. Auch mich wird der Rat einfach so ersetzen wie Kendra“, flüsterte Sarah.

Angel wußte nicht, was er darauf antworten sollte. Sarahs Tod ... das war etwas, womit er sich nicht auseinandersetzen wollte. „Faiths Auftauchen kam einfach so überraschend. Ich hab nie darüber nachgedacht das Kendra ersetzt wird“, sprach Sarah. „Es tut weh. Es tut weh Faith zu sehen. Das mit Kendra ... ich konnte damals einfach nicht um sie trauern. Und jetzt ... jetzt tut es so weh Faith zu sehen und zu wissen, das sie Kendras Platz eingenommen hat.“ „Kendra hätte das gewollt. Du hast sie gekannt. Sie war die perfekte Jägerin.“ Sarah lächelte schwach.

„Ja, das war sie. Sie fehlt mir, Angel. Auch wenn ich sie nicht lange gekannt habe ... habe ich sie sehr gemocht.“ Angel nickte. „Ich weiß. Sarah, gib Faith eine Chance. Es ist nicht ihre Schuld, daß Kendra einfach so ersetzt wurde. Ich weiß, du kennst diese Leier schon, aber ... wenn eine Jägerin stirbt wird die Nächste gerufen. Das ist der Kreislauf der Jägerinnen.“ Sarah nickte leicht. „Ich weiß. Es kam ... nur so schnell. Ich habe einfach nicht damit gerechnet.“ Sarah sah Angel an. Er schenkte ihr ein warmes Lächeln und strich ihr die letzten Tränen aus dem Gesicht.

„Hast du dich jemals von Kendra verabschiedet?“ „Giles hat dafür gesorgt, das ein Blumenstrauß und ein Beileidsschreiben von mir auf ihrem Grab niedergelegt wurde.“ Angel schüttelte den Kopf. „Das hilft dir nicht. Sarah, du solltest dich persönlich von ihr verabschieden.“ „Aber ich kann hier unmöglich weg“, protestierte Sarah. „Das meine ich auch nicht. Weißt du, in meiner Heimat glaubte man daran, das es keine Rolle spielt, wo man sich von geliebten Menschen verabschiedet. Es kam nur darauf an ... das man an sie denkt und ihnen den Abschied gibt, den sie verdient haben.“ Sarah verstand.

„Das Meer“, flüsterte sie. „Zum Beispiel. Du solltest es tun. Allein für deinen inneren Frieden solltest du diesen Schritt endlich hinter dich bringen. Ansonsten wird dich Kendras Tod ein Leben lang belasten.“ „Begleitest du mich?“ „Sicher.“ „Ich will mich nur von meinen Freunden verabschieden.“ Angel nickte. Gemeinsam gingen sie zum Bronze zurück. Angel bedachte Sarah mit einen langen Blick.

Ihm wurde klar: Auch sie würde irgendwann sterben. Er schüttelte den Kopf; verdrängte diese negativen Gedanken sofort wieder. Angel wollte nicht über Sarahs Tod nachdenken. Er würde sich damit auseinandersetzen, wenn es soweit war. Früher würde er nicht darüber nachdenken. Angel wußte genau: Wenn dieser Tag gekommen war ... war es so oder so schwer für ihn Sarah gehen zu lassen.

„Das müßt ihr euch mal vorstellen“, sprach Faith gerade begeistert. „Ich steh da – völlig nackt – und dieser Dämon hat nichts besseres zu tun, als auf mich drauf zu springen, um mich zu killen.“ Sarahs Freunde hörten Faiths Erzählungen über ihre Jagderlebnisse schweigend zu. Faith verstummte als Sarah mit Angel in die Ecke kam. „Ist alles in Ordnung?“ fragte Willow besorgt nach. Sie sah, das Sarah geweint hatte.

Sarah nickte langsam. „Sicher. Ich ... muß jetzt gehen. Ich hab noch etwas zu erledigen.“ Sarah blickte Faith an. Angel wußte, das Sarah sich schwer tat, Faith anzusehen, ohne automatisch an Kendra zu denken. „Kennst du den Zauberladen Magic Box?“ Faith nickte. „Ich bin schon dran vorbei gegangen. Wieso?“ „Der Laden gehört meinen Wächter. Du kannst ja vorbei kommen. Dann ... können wir reden.“ „Ich denke drüber nach“, meinte Faith und sie erzählte ihre Geschichte zu Ende.

„Ja, sicher“, murmelte Sarah. Sie zog ihre Jacke an und griff nach ihrer Tasche. Ohne ein weiteres Wort ging sie. Angel folgte ihr. „Ich bin gleich wieder da“, sprach Willow, die den niedergeschlagenen Blick von Sarah bemerkt hatte. Vor dem Club hielt sie Sarah auf. „Sie kann dich nicht ersetzen“, sprach sie sofort. „Sie hat Kendra ersetzt“, erwiderte Sarah. Jetzt wurde Willow klar, was Sarah so aus der Fassung gebracht hatte.

„Sarah, willst du darüber reden?“ „Nein, nicht nötig. Ich habe jetzt noch etwas zu erledigen. Und danach wird es mir besser gehen. Mich hat Faiths Auftauchen nur so dermaßen durcheinander gebracht ... ich konnte auf einmal nicht mehr denken. Ich hab keine Luft mehr bekommen. Ich konnte einfach nicht fassen, daß man Kendra einfach so ersetzt hat. Mir wurde klar, das auch mir dieses Schicksal blüht – irgendwann, wenn meine Zeit gekommen ist.“ Willow schluckte schwer und sie warf Angel einen Blick zu.

Er schüttelte verneinend den Kopf; gab Willow damit ein deutliches Zeichen, darauf nicht weiter einzugehen. Willow nickte. „Du bist meine beste Freundin. Und in meinen Augen die beste Jägerin aller Zeiten. Es spielt keine Rolle welch abenteuerliche Geschichten Faith zu erzählen hat. Ich weiß, was du kannst und was du in den letzten Jahren geleistet hast. Sarah, du bist in meinen Augen die einzig wahre Jägerin.“ Sarah lächelte leicht. „Danke, Will.“ Die Jägerin umarmte ihre beste Freundin kurz. Dann machte sie sich mit Angel auf dem Weg zum Hafen.

Sarah blickte Angel an. Sie standen am Anfang eines langen Stegs. Privatboote ankerten links und rechts vom Steg. Angel nickte Sarah leicht zu. Unterwegs hatte Sarah bei einer Tankstelle noch eine langstielige, rote Rose gekauft. „Geh“, sprach Angel. „Das letzte Stück mußt du jetzt allein gehen. Dieser Augenblick soll nur Kendra und dir gehören.“ „Du wartest doch?“ fragte Sarah hoffnungsvoll. Angel nickte. „Natürlich warte ich hier. Geh jetzt, Sarah. Es wird Zeit, das du von ihr Abschied nimmst.“ Angel strich Sarah zärtlich über die Wange und gab ihr einen Kuss auf die Lippen.

„Es wird Zeit“, flüsterte Angel. Sarah nickte. Sie straffte die Schultern und machte sich auf den Weg. Mit langsamen Schritten ging sie den Steg entlang. Sie blickte sich kurz zu Angel um. Er stand da und wartete geduldig. Sarah schluckte schwer. Angel hatte recht, sie wußte das. Doch es war schwer. Es war so schwer Abschied zu nehmen. Aber sie mußte es tun. Sie mußte es für sich – und für Kendra – machen.

Sarah war am Ende des Stegs angekommen. Die Wellen brachen sich am Steg. Sarah blickte auf das weite Meer hinaus. Sie suchte nach den richtigen Worten. Wie nahm man am besten von einen Menschen Abschied, der weit weg von hier begraben war? Sarah blickte auf die einzelne rote Rose in ihrer Hand. Auch wenn Kendra ein Mensch gewesen war, der keine Gefühle gemocht hatte, war sich Sarah sicher, das sie sich über die Rose freuen würde.

„Ich weiß nicht so recht was ich sagen soll, Kendra“, sprach Sarah leise. „Ich ... hab keine Übung in solchen Dingen.“ Sarah ging in die Hocke und blickte auf das Meer hinaus. „Es tut mir leid, Kendra. Ich konnte dich nicht retten. Ich weiß, du würdest jetzt sagen ‘Sarah, ich hab nur meine Pflicht erfüllt.‘ Aber ... du warst meine Freundin. Ich kannte dich noch nicht so lange ... doch ... du warst meine Freundin.“ Sarah schluckte schwer und strich mit ihren Fingern über die zarte Blüte der Rose.

„Ich weiß, das du so gestorben bist, wie du sterben wolltest. Du hast mehr für deine Pflicht gelebt als ich. Du warst die perfekte Jägerin. Trotzdem tut es mir leid. Es tut mir auch leid, daß ich nicht um dich geweint habe. Kendra, ich vermisse dich. Du warst eine Freundin und es ist nicht leicht, zu sehen, wie eine andere nun deinen Platz als Jägerin einnimmt. Es macht mir klar, das auch ich ersetzbar bin; das mir das selbe Schicksal blüht, wenn ich sterbe. Auch mich wird man ersetzen, so wie dich.“ Sarah stand langsam auf und ließ ihren Blick lange auf dem Meer ruhen.

Dann trat sie an den Rand des Stegs und warf die Rose aufs offene Meer hinaus. „Leb wohl, Kendra“, flüsterte sie. Für einen Moment blieb Sarah noch stehen und beobachtete die Wellen. Dann seufzte sie leise und drehte sich um. Mit langsamen Schritten ging sie zu Angel zurück. Er schenkte ihr ein zärtliches Lächeln als sie vor ihm stand. Wortlos nahm Angel sie in seine Arme.

„Gehen wir nach Hause“, sprach er. Sarah nickte. „Warte noch einen Moment“, flüsterte sie. Sarah drehte sich ein letztes Mal zum Meer um. „Du hast jetzt deinen Frieden, so wie ich“, sprach Sarah. Sie blickte Angel in die Augen. Er lächelte und strich ihr sanft eine Strähne hinters Ohr. „Ja, sie hat jetzt ihren Frieden“, pflichtete er ihr bei. „Fühlst du dich besser?“ Bejahend nickte Sarah.

„Du hast recht gehabt. Es geht einem besser, wenn man Abschied genommen hat. Glaubst du, sie hat mich gehört?“ „Ich bin mir sicher, daß sie dich gehört hat.“ Sarah gähnte. „Und wir gehen jetzt nach Hause. Du brauchst dringend ein paar Stunden Schlaf.“ Sarah nickte. Sie hatten getan, was nötig war, um Kendra endlich zu verabschieden. Mehr konnte sie nicht tun. Mehr stand nicht in ihrer Macht.

~ 3. ~

Sarah saß in ihren Trainingsklamotten und einfach Turnschuhen am großen, runden Tisch und lauschte dem Gespräch von Xander und Oz. Sarah wartete auf Angel, damit sie ihr Training fortsetzen konnten. Gleich nach ihren Vorlesungen war die Jägerin in den Laden gekommen, um mit Willow zu lernen. Sie hatten den Stoff nun durch und Sarah konnte sich auf ihr Training konzentrieren.

„Also, diese Faith ... die hat wirklich schon viel erlebt. Die scheint einiges drauf zu haben.“ „Danke, Xander. Das ist genau das was ich hören will“, sprach Sarah. „Tut mir leid.“ Sarah nickte. „Wie ist diese Faith so?“ fragte Giles. Sarah zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ich hab ihr gesagt, sie soll hier vorbeikommen.“ „Das ist gut“, sprach Giles. Die Gang sah auf als die Glocke über der Tür klingelte und Angel eintrat.

„Dann können wir ja mit dem Training anfangen“, sprach Sarah. „Ich komme gleich. Ich ... muß mit Giles noch etwas besprechen“, sprach Angel. Sarah nickte. Sie beugte sich zu Angel und drückte ihm einen leichten Kuss auf die Lippen. „Okay. Ich geh mich schon mal aufwärmen“, sprach sie und ging nach hinten. Angel wartete bis Sarah verschwunden war. Dann wandte er sich Giles zu.

„Was ist los?“ „Sie wissen sicher, das eine neue Jägerin in der Stadt ist.“ Giles nickte. Angel zog Giles in eine ruhige Ecke hinterm Tresen. „Sarah macht diese Sache ganz schön zu schaffen.“ „Inwiefern?“ erkundigte sich Giles. „Sie tut sich schwer, zu akzeptieren, das Faith Kendras Platz eingenommen hat. Faith hat Kendra ersetzt und es fällt ihr nicht leicht damit zu leben. Ehrlich gesagt, mache ich mir Sorgen um Sarah. Sie wissen doch wie sie ist. Sie gibt sich cool, aber es geht ihr nicht so gut wie sie es uns weismachen will.“ „Ich verstehe“, sprach Giles nickend.

„Sarah hat das Gefühl, auch jederzeit ersetzbar zu sein.“ „Ich werde mit ihr reden“, sprach Giles. „Ich denke, daß hilft nicht. Giles, Sarah braucht das Gefühl auch normal zu sein. Sie hat doch bald Geburtstag. Sarah wird neunzehn. Und ... wir sollten eine kleine Party veranstalten.“ „Sie haben recht. Mein Gott! Sarahs Geburtstag in wenigen Wochen hatte ich ganz vergessen. Ich werde mit ihrer Mutter sprechen. Sie sollte ganz normal im Kreis ihrer Freunde und ihrer Familie feiern.“ Angel nickte.

„Gut, ich werde mich darum kümmern.“ „Okay. Aber ... wir sollten ihr nichts sagen. Sie wissen ja: Sarah hat kein Glück mit solchen Feiern. Immer passiert etwas - egal ob sie Geburtstag hat oder Weihnachten feiern will. Ich will nicht, das sie sich umsonst Hoffnungen auf eine normale Feier macht.“ „Ich verstehe. Ich werde es geheimhalten und wenn ich mit Joyce gesprochen habe, werden wir die Feier besprechen“, versprach Giles. Angel nickte und ging nach hinten in den Trainingsraum.

Angel legte seine Jacke ab und zog sein Hemd aus. Sarah war gerade mit dem Sandsack beschäftigt. Sie brach ab als sie Angel sah. „Also, was hast du so wichtiges mit Giles besprechen müssen?“ Angel lächelte kurz. „Das geht dich nichts an.“ „Du hast mit ihm über mich geredet“, sprach Sarah sofort. „Woher willst du das wissen?“ „Ich kenne dich, Angel. Ist es eine Überraschung?“ „So ungefähr.“ Angel griff nach zwei langen Kampfstöcken und kam zu Sarah auf die Matte.

„Ah ... heute mal was neues“, sprach Sarah. Geschickt fing sie den Kampfstock auf den Angel ihr zuwarf. „Genau. Du mußt mit allen möglichen Waffen umgehen können. Und ... die hier hast du lange nicht mehr in den Händen gehalten. Also komm! Greif mich an“, forderte Angel. Sarah lächelte milde und schüttelte den Kopf. „Ich will dir nicht weh tun“, sprach sie. „Sarah, tue es!“ „Bist du sicher?“ Angel nickte. „Okay.“ Sarah folgte Angels Aufforderung und sie lieferten sich einen harten Kampf.

Die Kampfstöcke schlugen gegeneinander. Angel drehte sich um die eigene Achse und fing Sarahs Schlag ab. „Komm schon, Sarah! Wenn ich schon mit dir trainiere, erwarte ich deinen ganzen Einsatz. Ich weiß, du kannst mehr“, forderte Angel sie heraus. Er sah, wie ein Blitzen in Sarahs Augen auftauchte. In der nächsten Sekunde griff sie Angel mit ihrem vollen Einsatz an.

Giles sah auf als die Tür seines Ladens aufging. Ein ihm fremdes Mädchen trat ein. „Sind Sie Sarahs Wächter?“ Giles nickte. „Du mußt Faith sein“, stellte er fest. Faith nickte und kam zu ihm. „Hi Leute“, grüßte sie Sarahs Freunde. „Ich bin Rupert Giles“, stellte sich der Wächter vor. „Cool! Wo ist Ihre Jägerin?“ Faith blickte sich um; konnte Sarah aber nirgendwo erkennen. Aus dem hinteren Teil des Ladens vernahm Faith Kampfgeräusche.

„Sarah ist hinten im Trainingsraum. Sie trainiert mit Angel“, erklärte Willow. „Verstehe. Ich geh mal zu ihr.“ „Ähm ... das solltest du nicht tun“, warf Xander ein. „Wieso nicht?“ fragte Faith lässig. „Weil du sie nur ablenken würdest und das Training mit Angel sehr ernst ist.“ „Wieso trainiert sie überhaupt noch? Sie ist doch schon lange eine Jägerin“, sprach Faith mit zuckenden Schultern.

„Nun ... Sarah trainiert ein-, zwei Mal in der Woche mit Angel. Es ist sehr wichtig, daß sie immer vorbereitet ist. Und mit Angel trainiert sie gerne. Er kann sie viel besser trainieren als ich. Und ... ihm fällt immer wieder etwas neues ein womit er sie fordern kann. Was ist mit dir, Faith? Trainiert dein Wächter dich noch? Eine Jägerin muß immer trainieren, das weißt du“, sprach Giles.

„Nun ... ich ... bin momentan allein unterwegs. Meine Wächterin ... ist auf einer Tagung und deshalb dachte ich mir, ich schaue hier mal vorbei um die andere Jägerin kennenzulernen. Deshalb ist mein Training momentan auf Eis gelegt worden. Ich glaube Ihnen sogar, das Ihre Jägerin mit dem Vampir besser trainieren kann als mit Ihnen. Aber ... ist Sarahs Ausbildung nicht schon längst abgeschlossen?“ „Die Ausbildung einer Jägerin ist nie abgeschlossen“, erwiderte Giles. „Ach so“, murmelte Faith. Sie setzte sich zu Sarahs Freunden und legte ihre Beine auf den Tisch.

Sarah pustete sich eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht. Angel nahm sie so dermaßen hart ran, das sie ziemlich heftig zum schwitzen anfing. „Wie wäre es mit einer Pause?“ fragte sie. „Sagst du das auch, wenn dich ein Dämon angreift? Wir sind hier nicht beim Boxen, Sarah.“ „Ich hab verstanden“, sprach Sarah als sie Angels Schlag abwehrte. Die beiden Kampfstöcke prallten hart gegeneinander. Sarah duckte sich unter Angels Schlag hinweg und griff an. Sie schlug Angel den Kampfstock aus den Händen. Angel stolperte zu Boden und Sarah stand in angespannter Kampfhaltung vor ihm und richtete ihren Kampfstock auf ihn.

„Bin ich gut genug?“ fragte sie außer Atem. Angel nickte. „Ja, das bist du.“ Sarah ließ den Kampfstock auf den Boden fallen und setzte sich zu Angel auf die Matte. „Wow! Wenn ich heute Abend ins Bett gehe, schlafe ich in zehn Jahren noch“, stöhnte Sarah. Sie holte tief  Luft. „Du bist ziemlich fertig“, stellte Angel fest. Sarah grinste schief. „Was du nicht sagst! Was ist mit dir?“ „Ich atme anders wie du.“ „Stimmt.“ Sarah lehnte ihren Kopf an Angels Schulter und schloß für einen Moment die Augen.

Als sie den Kopf hob begegnete sie Angels Blick. Angel ließ seinen Finger zärtlich an ihrer Wange entlang gleiten. „Weißt du, wenn ich zurückdenke ... wie wir uns kennengelernt haben ... du hast dich verändert.“ „Wie meinst du das?“ flüsterte Sarah. „Nun ja, damals warst du ein verrücktes Highschoolgirl. Du bist reifer und erwachsener geworden. Und das macht dich noch schöner.“ Sarah schenkte Angel ein scheues Lächeln. Ihre Lippen trafen zu einen Kuss zueinander. Sarah legte ihre Arme um seinen Nacken und zog Angel noch näher an sich heran. Ihre Küsse wurden immer leidenschaftlicher. Engumschlungen sanken Angel und Sarah auf die Matte zurück.

Faith hörte, das die Kampfgeräusche verstummten. Sie stand auf. „Ich werde mal nach hinten gehen. Vielleicht hat die Jägerin ja jetzt Zeit“, sprach sie. Als Faith verschwunden war fragte Willow: „Was halten Sie von ihr, Giles?“ Der Wächter seufzte. „Ich weiß es nicht. Sie ist anders als Kendra. Und sie ist auch anders als Sarah. Ich frage mich ... welche Disziplin man ihr beigebracht hat. Wenn ich auf einer Tagung wäre, würde Sarah nicht einfach so in eine andere Stadt verschwinden.“ „Nein, ganz sicher nicht.“ „Es hat den Anschein, das Faith die Verantwortung – die sie als Jägerin trägt – egal ist. Wir werden sehen wie sich die Sache entwickelt“, sprach Giles skeptisch.

Über Faiths Lippen huschte ein Grinsen als sie Sarah und Angel engumschlungen am Boden vorfand. „Störe ich?“ fragte sie. Die Stimme holte Angel und die Jägerin zurück in die Wirklichkeit. „Oh ... Faith“, stammelte Sarah zerknirscht. In Angels Armen hatte sie alles um sich herum vergessen. Aber das war immer so. Sobald sie Angel sah ließ sein Anblick sie einfach alles vergessen.

„Wie lange bist du schon hier?“ fragte Sarah hektisch. „Eine ganze Weile. Ich hab dich in Ruhe gelassen weil du trainiert hast. Aber jetzt ... Sieht so dein Training aus?“ fragte Faith die andere Jägerin herausfordernd. Sarah wechselte einen wissenden Blick mit Angel und lächelte leicht. Sarah und Angel erhoben sich von der Matte. „Nun ... wir haben uns nur ein wenig entspannt“, sprach Sarah und sie strich sich ihr Haar zurück, das sich aus dem Haarband gelöst hatte.

„Was machst du hier?“ fragte Sarah. „Ich habe nur vorbei geschaut. Hey, hast du Lust mit mir ein paar Vampire zu vermöbeln?“ Sarah drehte sich zu Angel um. „Geh nur“, sprach er. „Aber paß auf dich, ja?“ „Sicher“, sprach Sarah. Sie richtete ihre Augen wieder auf Faith. „Warum eigentlich nicht? Ich bin gleich fertig.“ Sarah drehte sich zu Angel um, der gerade sein Hemd zuknöpfte und nach seiner Jacke griff.

„Könntest du meinen Rucksack mitnehmen? Meine ganzen Bücher sind noch drinnen.“ „Sicher. Und jetzt geh! Lern sie kennen. Das tut dir sicher gut sie als Faith zu sehen und nicht nur als Kendras Ersatz.“ Sarah nickte. „Ich danke dir - für alles. Habe ich dir schon einmal gesagt wie wunderbar du bist?“ „Nein.“ „Jetzt weißt du es. Bis später“, sprach Sarah. Angel zog sie noch einmal in seine Arme und küßte sie. Dann ließ er Sarah gehen.

Sarah und Faith gingen nebeneinander her. „Erzähl von dir“, bat Sarah. „Da gibt es nicht soviel zu erzählen. Ich wurde zur Jägerin benannt und wurde trainiert.“ „Was für ein Leben hast du davor geführt?“ „Kein gutes“, sprach Faith. „Nichts, was ich vermissen werde. Und du? Was ist das – mit Angel?“ Sarah seufzte. „Meine Beziehung zu Angel ist ... kompliziert. Wir lieben uns; versuchen unser Leben zu meistern. Ich glaube daran, daß wir es schaffen – irgendwie. Laß uns nicht über Angel reden, Faith. Das ist ... du wirst es doch nicht verstehen.“ „Ich will ja nur sagen, das ... ich hatte viele Typen. Aber ich habe es nie mit einem Vampir getrieben. Wie ist das den so?“ Sarah zuckte mit den Schultern. 

Ich will nicht darüber reden, dachte Sarah. Anscheinend fehlte Faith das nötige Feingefühl um zu merken, das dieses Thema Sarah sehr weh tat. „Wir ... haben es nur einmal getan. Er verliert seine Seele, wenn er einen Moment wahren Glücks erlebt. Doch wir konnten ihm die Seele zurückgeben. Außerdem ... mir fehlen Vergleichsmöglichkeiten, verstanden?“ „Wow! Du warst noch ... Jungfrau als du mit Angel geschlafen hast?“ rief Faith ungläubig. Sarah nickte. „Angel war meine erste große Liebe. Und er ist meine einzig große Liebe. Das wird er immer sein. Genug über ...“ Sarah brach ab als sie auf einmal zu Boden gerissen wurde.

Sarah blickte auf und sah in das Gesicht eines Vampirs. Aus dem Gebüsch sprangen noch drei Vampire. Zwei von ihnen stürzten sich auf Faith, während der Vierte sich zu Sarah und ihrem Gegner gesellte. Sarah spannte ihren Körper an und schleuderte den Vampir von sich weg. Der Vampir flog ins Gebüsch. Sarah wandte ihre Aufmerksamkeit dem anderen Vampir zu und lieferte sich einen harten Schlagabtausch mit ihm.

Sie zog aus ihrem Jagdbeutel einen Holzpflock und vernichtete den Vampir. „Faith“, rief sie. Sarah warf der zweiten Jägerin ihren Reservepflock zu, den sie immer zur Sicherheit dabei hatte. Faith fing den Pflock auf und vernichtete einen der beiden Vampire, mit denen sie rang. Da stürzte der Vampir aus dem Gebüsch, den Sarah von sich weggeschleudert hatte. Mit einen wütenden Knurren stürzte er sich auf Sarah und riß sie erneut zu Boden. Sarah flog der Holzpflock aus der Hand.

Der Vampir verpaßte Sarah harte Schläge ins Gesicht. „Faith“, rief Sarah. Doch die andere Jägerin reagierte nicht. Sie hatte ihren Gegner zu Boden geschleudert und schlug sinnlos auf ihn ein. „Dir bringe ich bei mich töten zu wollen“, schrie Faith und immer wieder raste ihre Faust in das Gesicht des Vampirs. Völlig unnötig, dachte Sarah. „Faith, töte den Mistkerl endlich und komm her“, forderte Sarah das dunkelhaarige Mädchen auf.

Doch Faith tat nichts um Sarah aus ihrer Bredouille zu helfen. Sie war ganz damit beschäftigt den Vampir zu Tode zu prügeln. Sarah verdrehte die Augen. Sie fand es gar nicht lustig, das Faith alles um sich herum vergaß und das Gesicht ihres Gegners zu Brei schlug. Sarah zog ihr Knie an und rammte es den Vampir in den Magen. Der Vampir ließ von ihr ab. Als er aufblickte, stand Sarah schon auf ihren Beinen. Sie packte ihn an den Schultern und warf ihn gegen einen Baum. Ein spitzer, halb abgebrochener Ast bohrte sich in das Herz des Untoten und er zerfiel zu Staub.

Sarah drehte sich zu Faith um, die noch immer auf ihren Gegner einschlug. Die ältere Jägerin bückte sich nach ihrem Holzpflock und hob ihn auf. Wütend stieß sie Faith zur Seite und rammte den Vampir den Pflock in sein untotes Herz. Er stöhnte auf und wurde zu einem Ascheregen. „Wieso hast du dich eingemischt?“ rief Faith wütend. Zornig funkelte Sarah Faith an.

„Bist du wahnsinnig? Ich hab dich um Hilfe gebeten. Du sollst die Vampire vernichten, nicht sinnlos auf sie einprügeln und ihnen das Gesicht zerschlagen. Faith, was soll das?“ „Du bist doch ganz gut allein klar gekommen, Sarah“, sprach Faith cool und sie ging an ihr vorbei. „Faith“, rief Sarah. Doch Faith hörte nicht. Wut kam in Sarah hoch. Dieses Verhalten war wirklich inakzeptabel - selbst für sie. Sarah starrte Faith nach.

„Giles, wir müssen reden“, sprach Sarah am nächsten Morgen ohne Begrüßung. „Einen Moment“, erwiderte Giles und er verabschiedete noch seinen Kunden. Giles richtete seine Aufmerksamkeit auf seine Jägerin, sobald er mit ihr allein war. „Was ist passiert?“ fragte er. „Faith“, sprach Sarah. „Mit ihr stimmt was nicht.“ „Wie kommst du darauf?“ Sarah seufzte und sie erzählte ihrem Wächter von dem Kampf mit den Vampiren und Faiths Ausraster.

„Nun ... das ist ...“ „Giles, was ist mit Faiths Wächterin? Irgendwie glaube ich Faith nicht so recht.“ „Wie meinst du das?“ „Na, denken Sie doch mal nach: Diese Tagung muß doch vom Rat der Wächter ausgehen, oder? Und wenn es diese Tagung wirklich geben würde, dann ... hätte man Sie doch auch eingeladen. Irgend etwas stimmt da nicht.“ Giles dachte über die Worte seiner Jägerin nach und mußte ihr zustimmen.

„Du hast recht. Da ist etwas nicht in Ordnung. Ich werde den Rat anrufen und mich nach Faiths Wächterin erkundigen. Vielleicht erfahre ich auch mehr über Faith und ihrer Ausbildung. Und du solltest in die Schule gehen. Oder hast du heute keine Vorlesung?“ Sarah blickte auf ihre Uhr. „Erst in einer halben Stunde. Was halten Sie von Faith?“ fragte sie unvermittelt. Giles blickte Sarah überrascht an.

„Sie kann dich niemals ersetzen“, sprach er. Sarah lächelte. „Wirklich?“ „Wirklich. Du bist meine Jägerin. Du bist DIE Jägerin, Sarah.“ „Danke, Giles. Ich werde jetzt mal gehen. Sagen Sie mir wegen Faiths Wächterin Bescheid?“ „Natürlich. Ich werde noch heute mit dem Rat telefonieren. Danach wissen wir mehr“, sprach Giles. Sarah nickte und machte sich auf den Weg zur Uni.

Giles griff – sobald Sarah gegangen war – zum Telefon und wählte eine ihm sehr bekannte Nummer, die er auswendig kannte. Am anderen Ende der Leitung wurde nach dem dritten Klingeln abgehoben. „Ja?“ „Hier spricht Rupert Giles, der Wächter von Sarah Summers. Ich muß mit Quentin Travers sprechen“, sprach Giles ernst. „Einen Moment“, sprach die ihm fremde Stimme.

„Hallo Rupert“, sprach Quentin nach einigen Sekunden in den Hörer. „Was kann ich für dich tun?“ „Wir haben ein Problem, denke ich. Hier in Sunnydale ist Faith, die neue Jägerin, aufgetaucht. Ich möchte mich gerne erkundigen was mit ihrer Wächterin ist. Faith erzählte uns, das sie auf einer Tagung ist, aber ... ich kann dem nicht so recht glauben.“ „Faith ist also in Sunnydale“, stellte Quentin trocken fest.

„Wir wußten nicht wohin sie geflohen ist.“ „Wie meinen Sie das?“ „Faith hat Sie angelogen, Rupert. Und es ist gut, daß Sie ihr etwas mißtrauisch gegenüberstehen. Faiths Wächterin ist tot. Sie wurde im Kampf getötet. Genau wie Sie, Rupert, war die Frau sehr engagiert. Faith ist nach dem Tod ihrer Wächterin abgehauen. Wir haben ihre Spur verloren. Gut, daß Sie uns angerufen haben.“ „Was passiert jetzt?“ erkundigte sich Giles.

„Nun ... Faith ist anders als Ihre Jägerin. Aber das haben Sie sicher schon fest gestellt, Rupert.“ „Ja, allerdings ist mir das schon aufgefallen.“ „Faith braucht mehr Disziplin und Kontrolle als Sarah. Sie braucht einen Wächter. Faith muß kontrolliert werden. Sie ist ... ziemlich unberechenbar. Rupert, bis wir einen Wächter auserkoren haben, der Faith übernimmt, werden Sie eben beide Jägerinnen betreuen.“ „Ich verstehe“, murmelte Giles und er legte auf.

Giles nahm seine Brille ab und putzte sie. Faith hatte sie angelogen. Giles ahnte, das Faith Ärger machen würde. Nachdem was in der Nacht mit Sarah passiert war ... Giles seufzte. Zwei Jägerinnen zu betreuen, würde sicher nicht einfach werden. Vor allem nicht, wenn die Eine verantwortungsbewußt war und die Andere schwer zu kontrollieren, so wie der Rat es gesagt hatte. Faith brauchte mehr Führung als Sarah – das las Giles aus den Worten von Quentin Travers heraus. Giles schüttelte den Kopf. Er hoffte, das diese ganze Sache mit Faith wirklich gut ging.

~ 4. ~

Die Tür zum Büro des Bürgermeisters von Sunnydale – Richard Wilkins III. – war geschlossen. Der Bürgermeister sah seinen Stellvertreter Allan Finch an. „Dann haben wir jetzt zwei Jägerinnen in der Stadt“, stellte er fest. Allan nickte. „Ja.“ „Nun ... das könnte irgendwann ein Problem werden. Wir haben schon mit der einen soviel zu tun.“ „Die Vampire fürchten sie. Sie ist sehr stark.“ „Und die Neue?“ fragte Richard Wilkins. Allan Finch zuckte schwach mit den Schultern.

„Nun ... als Jägerin ist sie natürlich stärker als normale Menschen. Doch ... sie ist anders.“ „Wie anders?“ „Schwer zu sagen. Sie scheint ... brutaler zu sein.“ „Verstehe. Das wäre alles, Allan. Sagen Sie mir Bescheid, wenn sich etwas ändert. Ich will über alles – was die beiden Jägerinnen tun – Bescheid wissen.“ „Ich werde Sie auf den Laufenden halten, Mr. Wilkins.“ Allan ging zur Tür. „Das ist gut. Die Beiden dürfen mir nicht in die Quere kommen. Sie dürfen nichts über den Aufstieg erfahren“, sprach der Bürgermeister hinter seinen Stellvertreter. Allan nickte und ließ seinen Chef allein. „Ja, niemand darf etwas über meinen Aufstieg erfahren“, murmelte Richard Wilkins als er allein in seinen Büro war. Störungen konnte er sich nicht leisten.

Am Nachmittag schaute Sarah bei Giles vorbei. Willow und Oz begleiteten sie. „Hey Leute“, rief Xander fröhlich, der schon bei Giles war. „Ich hab den Job“, verkündete Xander ihnen die gute Nachricht. Xander hatte am Vormittag einen Vorstellungstermin bei einer Baufirma gehabt. „Wirklich?“ „Ja, ihr seht jetzt einen arbeiteten Mann vor euch. Ich arbeite ab morgen auf dem Bau. Ist das nicht toll?“ „Ja, das ist wirklich toll“, sprach Sarah und sie klopfte Xander anerkennend auf die Schulter.

Dann drehte sie sich zu Giles um. „Haben Sie mit dem Rat gesprochen?“ Giles nickte. „Faiths Wächterin ist tot. Faith ist danach einfach abgehauen und hier her geflohen.“ „Ich wußte, da stimmt etwas nicht“, murmelte Sarah. „Und was hat der Rat gesagt?“ „Nun ... sie sind froh, das ich Ihnen gemeldet habe, wo Faith steckt.“ „Ist das alles?“ fragte Sarah. Giles schüttelte den Kopf. „Vorübergehend werde ich mich um zwei Jägerinnen kümmern.“ „Oh ... das wird ein Spaß!“ „Nun ... Sarah, deswegen wollte ich sowieso mit dir sprechen.“ „Wieso?“ fragte sie irritiert.

„Du bist gut ausgebildet. Faith braucht mehr Führung wie du. Der Rat sagte mir, das sie ziemlich unberechenbar ist und ... mehr Kontrolle und Disziplin als du benötigt. Ihr fehlt das Verantwortungsgefühl für ihre Aufgabe.“ „Verstehe! Angel?“ fragte Sarah. Giles nickte. „Ja, ich wäre dir sehr dankbar, wenn du und Angel ... nun wenn ihr euch allein um deine Ausbildung kümmert.“ „Sicher schaffen wir das. Ich trainiere ja sowieso mit ihm und ... ansonsten gibt es doch keine Ausbildung mehr für mich. Ich verstehe aber worauf Sie hinauswollen. Sie brauchen mehr Zeit für Faith.“ „Richtig“, pflichtete Giles ihr bei.

„Ist kein Problem! Ich  weiß ja, das ich Ihre einzige Jägerin bin.“ Giles nickte. „Ich danke dir für dein Verständnis. Allerdings ... könnte ich deine Hilfe bei Faiths Ausbildung brauchen.“ „Hab verstanden! Ich werde ihr mal alles erzählen. Wo wohnt sie überhaupt?“ „In einen Motel“, mischte sich nun Xander ein. „Woher weißt du das?“ fragte Sarah verblüfft. „Nun ... sie hat es erzählt. Faith hat es an dem Abend erzählt als wir sie kennengelernt haben.“ „Und wo ist dieses Motel?“ „In der Nähe des Busbahnhofs.“ „Okay, ich gehe mal zu ihr.“ „Danke, Sarah“, sprach Giles. „Kein Problem“, rief Sarah fröhlich und sie machte sich auf den Weg zu Faith.

Faith schlug mit der flachen Hand auf ihren Fernseher. Das Bild war etwas gestört. „Jetzt komm schon, du blöde Kiste“, murmelte sie. Da klopfte es an ihrer Tür. Faith ging zur Tür und öffnete. „Hi“, sprach sie als sie Sarah sah. „Kann ich reinkommen?“ „Sicher, komm nur“, sprach Faith und erneut schlug sie mit der flachen Hand auf den Fernseher. Für einen kurzen Moment rauschte es noch und dann war das Bild wieder da.

Sarah schloß die Tür hinter sich. Sie sah sich um. Das Zimmer, in dem Faith lebte, war sehr spärlich eingerichtet. Ein Bett, ein Schrank und ein TV-Gerät dazu eine Verbindungstür, die in ein kleines Badezimmer führte. „Nett hier“, sprach Sarah. Faith grinste. „Es gefällt dir nicht wirklich, oder?“ „Nicht sehr. Ich bin hier weil ich mit dir reden muß.“ „Worüber?“ „Über deine Wächterin“, sprach Sarah.

Sie beobachtete wie Faith erstarrte. „Darüber gibt es nichts zu reden. Meine Wächterin ist auf einer Tagung und ...“ „Wir wissen, das sie tot ist“, unterbrach Sarah die andere Jägerin. Faith verstummte und schluckte schwer. „Ihr wißt es?“ Sarah nickte. „Du hättest doch wissen müssen, daß wir hinter deine kleine Lüge kommen. Giles hat den Rat angerufen und die haben ihm alles erzählt. Du bist nach dem Tod deiner Wächterin einfach abgehauen.“ „Ja, bin ich“, bestätigte Faith. „Und jetzt? Was hat der Rat beschlossen?“ Sarah seufzte.

„Faith, ich selbst mag den Rat auch nicht besonders. Sie geben uns Befehle und wissen nicht einmal was hier eigentlich abgeht. Ich kann dich verstehen. Aber ... sie sitzen in England; können uns nicht viel anhaben. Der Rat hat eine Übergangslösung beschlossen.“ „Und wie sieht die aus?“ „Vorübergehend kümmert sich Giles um dich. Vorübergehend betreut er beide Jägerinnen bis der Rat einen neuen Wächter für dich schickt.“ „Verstehe“, murmelte Faith. Sarah strich sich eine Strähne zurück.

„Hör mal, Faith! Ich sehe dir an, das du von einem Wächter nicht viel hältst, aber ... gib Giles eine Chance. Er ist okay. Er ist ein guter Wächter. Giles opfert sich auf für seinen Beruf. Er ist wirklich gut. Auch wenn er einen etwas steifen Eindruck macht ... er ist ein toller Wächter. Glaub mir!“ Faith nickte. „Du mußt es ja wissen“, murmelte sie. „Faith, ohne Giles hätte ich es niemals soweit geschafft. Die Grundlage für eine Beziehung zwischen Jägerin und Wächter ist Vertrauen. Diese Übergangslösung kann nur funktionieren wenn du Giles, mir und meinen Team vertraust.“ „Ist das alles?“ fragte Faith gelangweilt.

Sarah schüttelte den Kopf. Ich gebe auf, dachte sie. „Ja, das ist alles. Hör auf mich, Faith! Akzeptiere diese Lösung. Wenn du es nicht tust ... wird der Rat sich etwas anderes überlegen. Und ... wenn die es wollen, können sie ganz schön unangenehm werden. Denk darüber nach. Du weißt ja, wo du mich und Giles findest. Aber laß dir nicht zuviel Zeit, okay?“ „Klar“, sprach Faith. „Bis dann“, sprach Sarah und sie verließ Faiths Motelzimmer. Irgendwie habe ich geahnt das sie so reagieren würde, dachte Sarah. Sie blieb noch einen Moment vor der Tür stehen. Doch sie konnte sowieso nichts mehr machen. Also ging sie.

Zur selben Zeit bekam Angel unerwarteten Besuch. „Joyce“, stieß Angel überrascht aus. „Sarah ist nicht hier.“ „Ich wollte mit Ihnen reden, Angel“, begann Sarahs Mutter zögernd. Angel nickte und deutete auf das Sofa. Joyce lächelte leicht und setzte sich auf das Sofa. Angel nahm ihr gegenüber Platz. „Wollen Sie einen Kaffee?“ fragte er. „Haben Sie etwa einen hier?“ Der Vampir nickte bejahend. „Ich habe schon welchen da, aber ... ich trinke nur sehr selten Kaffee. Das Koffein macht mich nervös.“ Joyce nickte.

„Ich wollte mit Ihnen sprechen.“ „Worüber?“ „Über ... Ihre Beziehung zu meiner Tochter. Angel, ich weiß, das Sarah sie sehr liebt. Mein Gott, ich habe noch nie gesehen das ein Mensch jemand anderen so sehr liebt wie meine Tochter Sie. Doch ich mache mir auch Sorgen. Sie waren der Grund warum Sarah damals weggelaufen ist und ... Ich vertraue euch; euch beiden. Aber trotzdem habe ich ein paar Zweifel. Glauben Sie wirklich, das diese Beziehung hält?“ Angel lehnte sich langsam zurück.

„Ich hoffe es. Joyce, ich liebe Ihre Tochter. Ich würde für Sarah sterben. Ich weiß, daß Sie all das – Sarahs Welt – nicht wirklich verstehen. Es sind viele Dinge passiert, die Sie nicht verstehen können.“ Joyce nickte. „Joyce, sie ist da draußen nicht allein. Ich bin bei ihr. Ich paß auf sie auf.“ „Das ist gut zu wissen.“ „Ich ... liebe Sarah. Ich weiß, wie sehr ich ihr weh getan habe – damals. Und es tut mir leid, das sie weggelaufen ist. Aber ... Joyce, ich werde mich nicht von ihr trennen.“ „Deshalb bin ich nicht gekommen“, sprach Sarahs Mutter.

„Wirklich nicht?“ „Nein. Ich höre immer nur von Sarah über ihre Liebe zu Ihnen. Ich wollte mich nur gerne vergewissern wie Sie diese Sache sehen.“ „Joyce, ich weiß was Sie meinen. Aber ... ich kann Sarah nicht verlassen. Ich liebe sie so sehr. Das Sarah mir verziehen hat, ist unglaublich mutig von ihr. Wir haben keine einfache Beziehung. Das wissen wir beide, aber ... wir sind bereit alles zu tun um unserer Liebe eine Chance zu geben.“ „Angel, versprechen Sie mir, das Sie auf Sarah aufpassen?“ Angel nickte. „Ich werde immer auf sie aufpassen“, versprach Angel der Mutter seiner Freundin. „Danke“, sprach Joyce und sie verabschiedete sich mit gutem Gewissen.

Im Laden lief das Geschäft gut. Faith blieb einen Moment unschlüssig an der Tür stehen. Sie überlegte, ob sie wieder gehen sollte. Doch dann entschied sie sich anders. Die Ladentür fiel hinter ihr ins Schloß und sie näherte sich dem Tresen. Giles sprach gerade mit einem Kunden. Er nahm das Geld entgegen und tat es in die Kassa. „Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit der Kristallkugel“, sprach Giles und reichte dem Kunden seinen Einkauf. Der Kunde verließ den Laden.

Erst da bemerkte Giles Faith. „Faith“, sprach er überrascht. „Haben Sie kurz Zeit?“ fragte die Jägerin. Giles nickte. „Sicher.“ Faith trat an den Tresen. „Sarah hat mit dir gesprochen?“ erkundigte sich Giles. „Ja, sie hat mir die Entscheidung des Rates mitgeteilt. Sie sagte auch ... das Sie als Wächter in Ordnung sind und ... das man Ihnen vertrauen kann.“ Giles lächelte leicht.

„Nun, was machst du hier?“ „Ich bin hier um Ihnen zu sagen ... das ich Ihre Hilfe annehme. Wenn der Rat beschlossen hat das Sie zur Zeit mein Wächter sein sollen ... dann soll es eben so sein. Ich werde diese Entscheidung notgedrungen akzeptieren.“ „Nun, das ... das ist gut, Faith“, sprach Giles und er nahm seine Brille ab um die Gläser zu putzen. „Deine Ausbildung wird einiges an Zeit erfordern. Aber ich schätze, wir werden das schon hinkriegen. Vorausgesetzt ...“ „... Es herrscht Vertrauen zwischen Wächter und Jägerin“, sprach Faith und sie verdrehte die Augen.

„Das hat mir Sarah auch schon erzählt. Hören Sie, eines möchte ich von vorn herein klarstellen: Ich will und brauche keinen Wächter. Ich bin zur Zusammenarbeit nur bereit weil der Rat ansonsten sicher andere Seiten aufzieht. Ich bin eine gute Jägerin. Ich kämpfe gut.“ „Kämpfen und Töten ist nicht alles, Faith“, erwiderte Giles. „Nicht? Nun, Sie müssen es ja wissen. Ich werde nicht so wie Sarah. Ich mache mein eigenes Ding. Und ... ich hasse Einmischung. Entweder kommen Sie damit klar oder Sie lassen es bleiben“, sprach Faith.

Sie drehte sich um und verließ den Laden ohne ein weiters Wort. Ein schwerer Seufzer entrang sich aus Giles‘ Kehle. Das würde noch Probleme mit sich ziehen. Er ahnte es. Doch als Wächter war es seine Aufgabe sich um Faith zu kümmern und mit Sarahs Hilfe konnte er ihr vielleicht etwas mehr Verantwortung für ihre Bestimmung beibringen.

~ 5. ~

Seit einigen Wochen war Faith nun in der Stadt. Das Training mit ihr gestaltete sich als sehr schwierig. Sarah und Giles kamen nicht so an sie ran wie sie sich das vorgestellt hatten. Faith war unbeherrscht und kompliziert und sie nahm ihre Ausbildung als Jägerin nicht ernst; sie nahm ihre Bestimmung als Jägerin nicht ernst. Faith hatte kein Verantwortungsgefühl für ihre Bestimmung entwickelt und das sah Giles mit großer Besorgnis.

Die Klingel über der Ladentür ging los. Giles hob den Kopf. Ein junger Mann – er machte einen extrem steifen Eindruck – kam auf ihn zu. Der Fremde sah sich interessiert um. „Kann ich Ihnen helfen?“ erkundigte sich Giles. „Sind Sie Rupert Giles?“ fragte der Fremde. Giles wurde sofort mißtrauisch. „Ja, der bin ich. Und wer ... sind Sie, wenn ich fragen darf?“ „Mein Name ist Wesley Wyndham-Pryce. Der Rat schickt mich. Ich bin der neue Wächter“, stellte sich der Fremde vor.

Giles nickte langsam und reichte den Mann die Hand. „Sie sind wegen Faith hier?“ „Nicht nur. Natürlich soll ich die Jägerin kontrollieren, aber ich bin auch geschickt wurden um Ihre Kenntnisse zu überprüfen.“ „Was?“ Giles glaubte im ersten Moment sich verhört zu haben. „Sie wollen was?“ „Der Rat wies mich an Sie und Ihre Jägerin Sarah Summers unter die Lupe zu nehmen und ... nun ja, zu überprüfen wie Sie sich als Wächter machen.“ „Ich bin ein guter Wächter“, protestierte Giles.

„Ihre Jägerin liebt einen Vampir und Sie sehen einfach dabei zu. Das spricht nicht gerade für Ihre Qualitäten, oder?“ sprach Wesley. Giles sah Wesley entgeistert an. „Sie haben keine Ahnung wovon Sie sprechen. Die Sache zwischen Angel und Sarah ... Sie werden es verstehen wenn Sie die Beiden erleben“, erwiderte Giles eisig. „Mr. Giles ...“, begann Wesley, doch er führte seinen Satz nicht zu Ende als Sarah in den Laden stürmte.

„Giles, sagen Sie mir sofort, was Sie vorhaben“, rief sie ohne auf den fremden Mann vor dem Tresen zu achten. „Was?“ fragte Giles verwirrt. Sarah beugte sich über die Theke. „Sagen Sie mir, was Sie vorhaben“, forderte sie. „Ich hab gar nichts vor.“ „Doch, haben Sie. Sie planen etwas für meinen Geburtstag, richtig?“ sprach Sarah hoffnungsvoll. Giles lächelte leicht als er in die Augen seines Schützlings sah.

„Ich weiß nicht wovon du redest“, wich er aus. „Meine Mutter, Giles, hat eine Liste geschrieben. Auf dieser Liste stehen Dinge wie Girlanden, Sekt und Kuchen. Sie hat die Liste auf dem Küchentisch liegen gelassen, deshalb konnte ich sie lesen. Also, Giles?“ Giles seufzte. „Okay, wir haben etwas für deinen Geburtstag geplant. Mehr verrate ich nicht.“ „Es wird doch nicht wieder eine Überraschungsparty, oder? Giles, erinnern Sie sich an die Letzte. So eine Party will und brauche ich nicht noch einmal.“ „Ich weiß. Wir haben etwas nettes geplant, mehr sage ich dir nicht. Laß dich überraschen. Übrigens, war das Ganze Angels Idee.“ „Angel hat sich das ausgedacht?“ fragte Sarah überrascht.

Giles nickte. „Das ist ja süß von ihm.“ Wesley räusperte sich. „Oh ... störe ich gerade?“ Giles schüttelte den Kopf. Er war froh, das Sarah da war. „Sarah, das ist Wesley Wyndham-Pryce. Der Rat schickt ihn.“ „Dann sind Sie der Wächter für Faith“, sprach Sarah. „Nicht nur. Ich bin auch hier um Mr. Giles‘ Qualitäten als Wächter zu überprüfen und das was ich gerade gesehen habe gefällt mir nicht. Eine Jägerin muß ihre ganze Konzentration auf ihre Bestimmung lenken und sich von nichts ablenken lassen. Schon gar nicht von so etwas lächerlichem wie ein Geburtstag“, sprach Wesley. Giles konnte die Sekunden zählen ... wie lange es dauerte bis Sarah explodierte.

„Mein Geburtstag soll was lächerliches sein?“ rief sie. „Das kann nur jemand sagen für den der Geburtstag normal ist. Für mich ist es nicht normal älter zu werden. Ich sage Ihnen etwas, Wesley: Sie mögen als Wächter ausgebildet sein. Doch sie haben keine Ahnung, was es bedeutet, Wächter zu sein. Giles weiß es. Er war mehr für mich da als jemals eine von euch Flaschen vom Rat. Und wagen Sie es ja nicht an Giles‘ Fähigkeiten als Wächter zu zweifeln. Den Sie können von ihm noch eine ganze Menge lernen“, verteidigte Sarah ihren Wächter energisch.

Stolz sah Giles sie an. Selten war er so stolz auf sie gewesen wie in diesem Augenblick. Ja, sie hielt wirklich felsenfest zu ihm. „Nun ... Sarah, du solltest lernen vor einem Wächter Respekt zu haben“, sprach Wesley. „Ich habe vor Giles Respekt. Das was er in den letzten Jahren geleistet und für mich getan hat, werde ich ihm niemals vergessen. Ich bin ihm unheimlich dankbar dafür. Leisten Sie einmal das, was Giles geleistet hat ... dann, lieber Wesley, können Sie von Respekt sprechen. Giles stand mir immer bei und ohne ihn hätte ich niemals solange überlebt“, sprach Sarah und damit wies sie Wesley deutlich in seine Schranken.

In diesem Moment ging die Tür auf und Faith kam herein. Sie sah zuerst Sarah an und dann Giles. Dann glitt ihr Blick zu dem steifen Engländer. Instinktiv wußte Faith sofort um wen es sich bei diesem Mann handelte. „Der neue Wächter?“ fragte sie Sarah und deren Wächter. Giles und Sarah nickten zustimmend und sprachen gleichzeitig: „Der neue Wächter!“ „Ähm ... ich bin ...“, sprach Wesley, doch weiter kam er nicht. Faith verdrehte die Augen und verschwand wortlos aus dem Laden.

„Das ist ja ungeheuerlich. Ihr wißt ja beide nicht was Respekt ist“, warf Wesley der älteren Jägerin vor. „Nun, Sie müssen sich den Respekt erst verdienen. Giles hat unseren Respekt weil er sich für uns aufopfert und wenn wir etwas für ihn erledigen, gibt er uns danach immer einen Keks“, witzelte Sarah. Giles konnte sich ein Lachen gerade noch verkneifen. „Das ist doch ...“, stammelte Wesley fassungslos. „Sarah, wärst du so lieb und holst Faith bitte zurück?“ bat Giles. „Natürlich, Giles. Für Sie tue ich sowas ja gerne“, sprach sie und ging an Wesley vorbei.

Sarah entdeckte Faith wie sie die Straße hinunterging. „Faith, warte“, rief Sarah. Seufzend blieb die zweite Jägerin stehen und wartete bis Sarah bei ihr angekommen war. „Was willst du?“ „Hey, hör mal: Ich weiß, das der Typ nervt“, sprach Sarah sofort. „Aber ... weißt du, wenn wir uns nicht mit ihm zusammenraufen, fällt das auf Giles zurück. Dieser Typ ist nicht nur hier weil er dein neuer Wächter ist. Sondern er ist auch hier weil er Giles kontrollieren soll. Und wenn wir dem Typen nicht wenigstens zuhören wird das auf Giles zurückfallen, den ich bin mir sicher, das er dann Giles an den Rat verpfeift“, sprach Sarah.

„Und was erwartest du jetzt?“ fragte Faith. „Hör dem Kerl einfach zu, okay?“ bat Sarah. Sie hoffte, das dies wirklich funktionierte. Faith seufzte und kehrte um. „Gehen wir“, sprach sie. Sarah folgte ihr. Das kann gar nicht gut gehen, dachte Sarah etwas besorgt. Die beiden Jägerinnen kehrten in Giles‘ Laden zurück. Giles schenkte Sarah ein dankbares Lächeln, das sie es geschafft hatte, Faith zurück zu holen.

„Nun ... dann kann ich ja anfangen“, sprach Wesley. Sarah nahm auf einem der Sessel Platz, die um den runden Tisch standen, und ließ ihre Beine locker über die Lehne baumeln. Faith blieb stehen und starrte Wesley stur an. Man sah ihr an, das sie von dem neuen Wächter nicht sehr begeistert war. Und sie ließ Wesley ihre Abneigung auch von der ersten Sekunde an spüren.

„Faith, deine Ausbildung wird viel Zeit kosten. Du hast noch viel zu lernen und ich werde mich bemühen, dir das nötige Wissen für deine Bestimmung, beizubringen. Ich erwarte von dir, das du bereitwillig mitmachst und tust, was ich sage.“ „Vergessen Sie’s!“ sprach Faith. „Hören Sie: Ich bin an einer Zusammenarbeit mit Ihnen nicht interessiert. Machen Sie doch, was Sie wollen. Aber mischen Sie sich nicht in mein Leben ein, kapiert?“ sprach Faith. Ohne ein weiteres Wort verließ sie den Laden wieder. 

„Ich laufe ihr nicht noch mal nach“, warf Sarah ein. „Das brauchst du auch nicht“, sprach Giles. Er wandte sich an den neuen Wächter. „Faith hat kein Verantwortungsgefühl für ihre Bestimmung entwickelt. Sie braucht eine strenge, aber gerechte Führung.“ „Ich weiß. Ich werde schon mit ihr fertig.“ „Okay, ich sehe, ich bin hier überflüssig“, mischte sich Sarah ein. Sie stand auf und griff nach ihrer Handtasche.

„Ich gehe dann mal. Ich hab noch eine Verabredung.“ „Sarah, warte noch einen Moment“, sprach Wesley. „Sie sind nicht mein Wächter“, konterte die Jägerin und sie war schon auf den Weg zur Tür. „Wegen deiner Beziehung zu Angel ...“, begann Wesley. Er konnte gar nicht so schnell reagieren als die Jägerin herum wirbelte, Wesley am Kragen packte und ihn mit brutaler Gewalt auf den Tisch drückte.

„Ich warne Sie: Mein Leben geht Sie nichts an. Und wenn Sie auch nur ein Wort wegen meiner Liebe zu Angel verlieren ... dann mache ich Hackfleisch aus Ihnen, Mr. Wyndham-Pryce! Angel ist meine Sache. Und Sie werden niemals verstehen können warum ich – als Jägerin – einen Vampir liebe. Ich will auch nicht, das Sie es verstehen. Halten Sie sich da raus oder ich schwöre Ihnen, ich trete Ihnen so dermaßen in den Hintern, das es Sie direkt nach England zurück befördert“, zischte Sarah.

So schnell wie ihr Angriff erfolgt war, war er auch wieder verschwunden. „Wir sehen uns, Giles“, rief sie ihren Wächter fröhlich zu und schon hatte sie den Laden verlassen. Wesley hustete und schnappte nach Luft. Er strich die Falten seines Jackett zurecht. Vorwurfsvoll blickte Wesley Giles an. „Warum haben Sie die Jägerin nicht zurück gehalten?“ fragte er. Giles zuckte leicht mit den Schultern.

„Sarah hat recht. Ihre Beziehung zu Angel geht Sie nichts an. Ich gebe Ihnen einen wertvollen Rat, Wesley: Wagen Sie es nicht, Sarah wegen Angel zurecht weisen zu wollen. Sie werden verlieren. Sarah liebt Angel. Und er liebt sie. Die Beiden gehören zusammen. Auch wenn Ihnen das nicht gefällt ... Sie werden die Beiden niemals trennen können. Sarah und Angel haben in den letzten Jahren viel zusammen durch gemacht. Das hat sie zusammen geschweißt. Lassen Sie es einfach ohne Kommentar stehen. Nur so haben Sie eine Chance, das Sarah Ihnen einmal vertraut“, sprach Giles und er wandte sich wieder seiner Arbeit zu.

Allan Finch, der stellvertretende Bürgermeister, saß in seinen Büro und ließ seine Gedanken über die kommenden Geschehnisse schweifen. Er wußte von dem besagten Aufstieg seines Chefs. In was sich Richard Wilkins III. verwandeln würde, konnte auch er nicht sagen. Doch eine große dämonische Gefahr würde durch den Aufstieg des Bürgermeisters über die Welt hereinfallen.

Ich kann das doch nicht zulassen. Ich kann nicht zulassen, das er den Weltuntergang herauf beschwört, dachte Allan. Er öffnete seine Schublade und holte ein Blatt Papier heraus. Zögernd griff Allan nach einen Kugelschreiber. Er wartete noch einen Moment. Doch er konnte unmöglich zulassen, daß Richard Wilkins wirklich das durchzog, was er vorhatte. Allan Finch fing an einen Brief zu verfassen, den er in ein Kuvert steckte. Er schrieb die Adresse der Jägerin Sarah Summers auf das Kuvert. Dann steckte er den Brief ein und machte sich auf den Weg.

Unterwegs warf er seine Nachricht in einen Briefkasten. Allan wollte sich absichern, falls ihm etwas passierte und er starb, bevor er die Jägerin vor dem Aufstieg warnen konnte. Er wollte, das die Jägerin von den Plänen des Bürgermeisters – so fern er sie kannte – erfuhr, damit sie noch genügend Zeit hatte ihn zu stoppen. Allan konnte die Pläne seines Vorgesetzten einfach nicht mit seinen Gewissen vereinbaren.

Sarah und Faith trafen sich in dieser Nacht auf Patrouille. „Wird er bleiben?“ fragte Faith. „Der neue Wächter?“ Faith nickte. „Ja, es sieht ganz danach aus. Aber ich habe ihn schon einmal in seine Schranken gewiesen, denke ich.“ „Was ist passiert?“ „Als du gegangen bist wollte er mich wegen Angel zurecht weisen. Doch das habe ich nicht zugelassen.“ „Du bist ausgeflippt“, stellte Faith grinsend fest. Sarah zuckte schwach mit den Schultern.

„Ja, ich denke, das kann man ...“ Sarah wurde von hinten niedergeschlagen. Faith fuhr herum und trat dem Vampir ins Gesicht. Er schwankte jedoch nur leicht und erholte sich von Faiths Angriff schnell. Der Vampir riß Faith zu Boden. In diesen Moment stürzten sich noch zwei Vampire auf Sarah. Sie sprang auf und konnte einem Angriff seitens der Vampire gerade noch ausweichen.

Sarah wich einem erneuten Angriff geschickt mit einer Drehung aus. Dabei holte sie zwei Holzpflöcke aus ihrem Jagdbeutel. „Faith! Pflock“, rief sie und warf den Gegenstand durch die Luft. Faith streckte die Hand aus und fing den Pflock geschickt auf. Während sie mit ihrem Gegner um die Oberhand kämpfte, vernichtete Sarah einen der beiden Vampire, mit denen sie beschäftigt war.

Faith schaffte es ihren Gegner von sich wegzustoßen. Der Vampir prallte gegen eine Hausmauer. Faith rappelte sich hoch und schlug den Vampir nieder. Sarah duckte sich unter den Angriff ihres Gegner hinweg und kam hinter ihm zum stehen. Verwirrt blickte sich der Vampir um. „Schlaf gut“, sprach Sarah sarkastisch und mit ihren Worten vernichtete sie ihren untoten Gegner.

Sie blickte auf und sah wie Faith ihren Angreifer gerade vernichtete. Sarah klopfte sich den Staub von der neuen Hose als sie auf einmal Schritte vernahm. Verwundert hob sie den Kopf und horchte. War da etwa noch ein Vampir, der sich mit ihnen schlagen wollte? Da tauchte im fahlen Licht der Straßenlaterne ein Mann auf. Sarah konnte nicht mehr reagieren als Faith herum wirbelte und ihre Waffe einsetzte.

„Faith, nein“, schrie Sarah noch. Doch es war zu spät. Der Holzpflock hinterließ eine schwere, blutende Wunde im Brustkorb des Mannes. Er brach stöhnend zusammen. „Oh Gott, nein“, rief Sarah. Sie eilte zu dem Mann und kniete sich neben ihn nieder. Erstarrt blickte er sie an. „Halten Sie durch! Wir holen einen Krankenwagen“, sprach Sarah hastig. Sie drückte ihre Hände auf die Wunde am Herzen um die Blutung irgendwie aufzuhalten. Doch es gelang ihr nicht. Das Blut rann über ihre Hände.

Der Holzpflock glitt Faith aus der Hand und landete mit einen leisen Geräusch auf dem Boden. Sie starrte auf den Mann, den sie im Eifer des Gefechts schwer verletzt hatte. „Faith, hol einen Krankenwagen“, befahl Sarah hektisch. Doch Faith konnte sich nicht rühren. Sie blickte auf ihre Hände, an denen Blut klebte. Geschockt starrte sie auf den Mann, der um sein Leben kämpfte.

Sarah blickte ihm ins Gesicht und erkannte ihn. Es handelte sich um Allan Finch, dem stellvertretenden Bürgermeister von Sunnydale. Was tat er um diese späte Stunde in einer solchen Gegend? „Halten Sie durch, Mr. Finch“, sprach Sarah immer und immer wieder. „D ... der Aufstieg“, stammelte Allan schwach. „Was?“ Sarah blickte den Mann verwirrt an. Wovon sprach er?

„Du mußt ... die Welt schützen. Rette diese Welt, Jägerin. Der Bürgermeister ... er ...“ Allan sprach seinen Satz nicht zu Ende. Sein Kopf sank schwach zur Seite und seine Augen schlossen sich. Entsetzt starrte Sarah ihn an. Sie schüttelte ihn und befühlte seinen Puls. „Oh Gott, bitte nicht“, flehte sie leise. Sie drehte sich langsam zu Faith um. „Du hast ihn getötet“, sprach Sarah geschockt.

Faith starrte sie an. Sie sprach kein Wort. „Faith, hast du mich verstanden? Er ist tot. Wir müssen die Polizei verständigen.“ In diesem Moment schien Faith aus ihrer Erstarrung aufzuwachen. „Nein.“ „Was?“ Fassungslos sah Sarah die andere Jägerin an. Das konnte doch nicht ihr Ernst sein, oder etwa doch? Sie mußten die Polizei anrufen. Sie konnten die Leiche von Allan Finch nicht einfach liegen lassen.

„Wir schalten nicht die Polizei ein. Was willst du denen den sagen? Wir können ihnen nicht die Wahrheit sagen.“ „Und was willst du statt dessen tun?“ fragte Sarah mit zitternder Stimme. „Wir gehen. Wir verschwinden und trennen uns.“ „Aber ... Faith ...“, stammelte Sarah. „Wir waren nie hier, Sarah. Wir haben diesen Kerl nie getroffen“, sprach Faith nun bewußt. Bevor Sarah reagieren konnte ging Faith einfach die Gasse hinunter. Schockiert sah Sarah ihr nach.

Sie konnte es nicht glauben. Ihr Blick glitt zur Jägerin, die langsam verschwand, und dann zurück zu der Leiche des stellvertretenden Bürgermeisters. Sarah fing heftig zum zittern an. Ihr ganzer Körper wurde von einem heftigen Zittern erfaßt. Sie konnte nicht mehr klar denken. Sarah konnte es nicht fassen: Faith hatte wirklich einen unschuldigen Menschen getötet.

~ 6. ~

Sarah konnte den Anblick des toten Mannes nicht mehr ertragen. Sie rannte los. Sarah kam aus der Gasse und wollte eine Abkürzung nehmen. Doch unter der Brücke stieß sie mit Angel zusammen. „Sarah“, sprach er erfreut. „Ich hab dich gesucht. Ich dachte ...“ Angel brach ab. Er sah, wie durcheinander Sarah war. Sie war total durch den Wind. Und noch etwas kam ihm seltsam vor: Angel roch Blut.

„Was ist passiert?“ fragte er sofort. Sarah schüttelte den Kopf. „Ich ... ich kann ...“ Angels Blick fiel auf ihre Hände. Angel griff nach ihrer rechten Hand. Sarah wollte sie zurückziehen, doch sein eiserner Griff ließ das nicht zu. Angel sah das Blut an ihrer Hand. „Zeig mir deine andere Hand“, befahl er. Wortlos tat Sarah es. „Ist das dein Blut?“ hakte Angel nach. Verneinend schüttelte Sarah den Kopf.

„Wem gehört es, Sarah? Wieso klebt fremdes Blut an deinen Händen? Sag mir, was passiert ist!“ forderte Angel energisch. Er blickte ihr in die Augen. Angel sah, das ihr Tränen in die Augen stiegen. Sie zitterte am ganzen Körper. „Sarah, was ist geschehen?“ fragte Angel besorgt nun sanfter nach. „Faith ... sie hat ... sie hat einen unschuldigen Menschen getötet“, brach es aus Sarah heraus. Sie konnte es nicht für sich behalten; mußte es einfach loswerden.

„Wie bitte?“ fragte Angel. Sarah nickte langsam. „Wir wurden ...“ Sie brach ab. Sarah hatte nicht mehr die Kraft weiter zu erzählen. Tröstend zog Angel sie an sich. „Beruhige dich“, sprach er. Sarah schmiegte sich in seine Arme und fühlte sich wieder sicher und geborgen. „Komm, wir gehen nach Hause. Dort erzählst du mir dann alles.“ Sarah nickte langsam. Sie wußte, eine andere Wahl hatte sie nicht. Angel würde keine Ruhe geben bis er die Wahrheit kannte. Und sie wollte es ihm auch nicht verschweigen. Sie mußte es jemanden erzählen. Diese grausame Geheimnis konnte sie nicht für sich behalten.

Eine halbe Stunde später saß Sarah auf Angels Sofa. „Sag mir jetzt, was passiert ist“, bat Angel sanft. Sarah hatte ihre Hände gewaschen und trocknete sie nun. Sie hinterließ in dem hellgrauen Handtuch noch die letzten Blutspuren. Geschockt starrte sie auf das Blut. „Sarah?“ sprach Angel einfühlsam. Ruckartig blickte sie hoch. Sie begegnete Angels besorgten Blick.

„Ich ... ich hatte noch nie das Blut eines unschuldigen Menschen an meinen Händen“, sprach sie leise. „Sie hat ihn getötet und ich konnte es nicht verhindern. Er ist tot, Angel. Ich hab zugelassen, daß es soweit kommt.“ Angel setzte sich neben Sarah und legte seinen Arm um ihre Schulter. Schwach ließ sie ihren Kopf auf seine Schulter sinken. Gequält schloß Sarah die Augen. Noch immer sah sie das Bild des sterbenden Allan Finch vor sich.

„Du kannst nichts dafür, Sarah“, sprach Angel besänftigend auf sie ein. Angel umschloß ihre Hand mit seiner. „Es ist okay. Es ist völlig okay, das du durcheinander bist. Sarah, du stehst unter Schock.“ Sarah brachte es nicht einmal fertig ihm zu widersprechen. Sie wußte, das er recht hatte. Angels Finger strichen zart über ihren Arm. Langsam ließ das Zittern nach. Langsam realisierte Sarah, was wirklich geschehen war.

Angel wartete geduldig. Er wußte, das Sarah sich erst sammeln mußte. Und er ließ ihr die Zeit, die sie brauchte. Sarah blickte ihn nicht an. „Faith und ich ... wir wurden von Vampiren angegriffen“, erzählte sie zögernd. „Plötzlich tauchte Allan Finch, der stellvertretende Bürgermeister von Sunnydale, auf. Ich konnte Faith nicht mehr zurückhalten. Im Eifer des Gefechts hat sie ihn getötet. Ich ... konnte nichts mehr machen. Ich konnte Faith nicht aufhalten“, sprach Sarah schockiert.

„Du mußt es Giles erzählen, Sarah, und das so schnell wie möglich“, forderte Angel. „Nein, das ... das kann ich nicht“, stammelte Sarah kopfschüttelnd. Ihre Stimme zitterte. „Wenn der Rat davon erfährt ... Ich will gar nicht daran denken, was die dann mit Faith machen. Außerdem ... welche Schwierigkeiten werden sie seitens der Polizei erwarten?“ Angel blickte Sarah ernst an.

„Sarah, ich kann verstehen, das du sie schützen willst. Aber das geht nach hinten los.“ „Wie kannst du das glauben?“ „Sarah, sie hat einen unschuldigen Menschen getötet. Dabei spielt es keine Rolle, ob es Absicht war oder nicht. Wenn sie nicht zur Rechenschaft gezogen wird, wird Faith glauben, das sie damit durchkommt. Und wenn sie glaubt, damit durchzukommen, wird sie sich dem einen Gefühl fallen lassen.“ „Welchem Gefühl?“ Die pure Lust zum töten. Und wenn das geschieht ... ist sie verloren“, sprach Angel.

„Denkst du wirklich, daß das passiert?“ Angel nickte. „Ich muß es wissen. Ich habe viele unschuldige Menschen getötet. Ich kenne dieses Gefühl. Ich weiß, was jetzt in ihr vorgeht. Sarah, Giles muß es wissen. Du mußt es ihm erzählen. Giles wird wissen was zu tun ist. Doch Faith muß sich den Konsequenzen ihrer Tat stellen. Sie darf nicht unbestraft damit davon kommen. Es hätte für Faith schlimme Folgen, verstehst du?“ Sarah nickte langsam.

„Ich kann aber heute nicht ...“ „Wir reden morgen weiter“, sprach Angel sanft. „Du hast heute einen ziemlichen Schock erlitten, Sarah. Leg dich ins Bett und schlaf.“ „Geht es mir morgen dann besser?“ Angel lächelte leicht. „Ich fürchte nicht. Die Erinnerung an das, was du heute erlebt hast, wird dich noch einige Zeit verfolgen. Das erste Mal in deinem Leben hast du das Blut eines unschuldigen Menschen an deinen Händen gehabt. Das ist eine völlig fremde und neue Erfahrung für dich. Doch ich werde dir helfen. In ein paar Tagen ist alles wieder okay.“ „Versprichst du mir das?“ fragte Sarah leise.

„Ja, ich verspreche es dir“, antwortete Angel. Sarah lächelte niedergeschlagen. Das, was sie erlebt hatte, hatte sie tief getroffen. Sie erhob sich langsam. „Ich hoffe, ich kann überhaupt schlafen. Jedesmal, wenn ich die Augen schließe, sehe ich Allan Finch vor mir. Dann sehe ich wieder, wie er um sein Leben kämpft und vor meinen Augen stirbt. Er ist mir regelrecht unter den Händen weg gestorben.“ Sanft zog Angel Sarah an sich und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn.

„Es wird besser, glaub mir. Du brauchst nur etwas Zeit. Leg dich jetzt hin. Und keine Sorge: Du wirst gut schlafen. Ich werde da sein. Ich werde dich nicht allein lassen“, versprach er ihr. Sarah blickte zu ihm hoch und nahm dies nickend zur Kenntnis. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren ging Sarah ins Schlafzimmer. Angel sah ihr besorgt nach. Das heutige Ereignis mit Faith hatte sie schlimm getroffen.

Und während Sarah sich in Angels Bett legte, kehrte Faith zu der Leiche zurück. Die Gasse wurde nur schwach beleuchtet und vollkommen verlassen. Niemand hatte bemerkt, was hier geschehen war. Langsam ging Faith auf die Leiche von Allan Finch zu. Sie blieb davor stehen und starrte auf den leblosen Körper. Faith schluckte schwer. Reglos stand sie da und sah nur die Leiche an.

Faith ging auf die Knie. Zögernd streckte sie die Hand aus. Sie berührte den Mann, den sie getötet hatte, leicht am Arm. Faith schluckte schwer. Sie schüttelte leicht den Kopf. Kein Blut lief mehr aus der tödlichen Wunde. Das Blut war auf seinem Jackett getrocknet. Faith straffte die Schultern und ohne Regung in ihrem Gesicht zerrte sie den leblosen Körper aus der Gasse. Sie wußte, die Leiche von Allan Finch mußte verschwinden ...

Zur selben Zeit saß Richard Wilkins, der Bürgermeister von Sunnydale, in seinen Büro. Außer ihm war niemand mehr im Rathaus. Mit geschlossenen Augen nahm er die Macht, die er für seinen Aufstieg brauchte, in sich auf. Erleichtert seufzte er auf. Niemand würde ihn aufhalten. Weder die Jägerin noch ihre Hilfssheriffs wußten, was er vorhatte. Und sie würden es auch nicht erfahren. Und selbst wenn, würde es längst zu spät sein. Sie würden nicht mehr verhindern können, was bald geschehen würde.

Richard Wilkins öffnete die Augen. Er blickte auf seinen Kalender, der auf dem schweren Schreibtisch stand. „Hundert Tage noch“, flüsterte er zufrieden. In genau hundert Tagen würde der Aufstieg endlich über die Bühne gehen. Solange mußte er sich noch gedulden und vorbereiten. Doch es bestand keine Gefahr. Niemand wußte etwas von seinem Plan. Und die Jägerin würde auch niemals davon erfahren.

Sein Blick glitt zu den Fenstern. Er sah die sternenklare Nacht. „Ja, bald ist es soweit“, flüsterte er. In hundert Tagen würde er endlich die Belohnung für seine Arbeit bekommen. Und die Einwohner Sunnydales würden erfahren, wer wirklich im Stuhl ihres Bürgermeisters gesessen hatte. Doch jetzt ... hatte er den ersten Schritt, der für den Aufstieg nötig war, endlich durchgeführt. Richard Wilkins III. hatte in dieser Nacht die Macht der Unverwundbarkeit erlangt.

~ 7. ~

Besorgt musterte Angel Sarah als diese am nächsten Morgen aufstand. „Du hast schlecht geschlafen“, stellte er sachlich fest. „Ich weiß. Ich hab von Allan Finch geträumt. Ich hab in meinen Traum wieder gesehen wie Faith ihm den Holzpflock in die Brust gejagt hat. Es war so schrecklich, Angel.“ Sarah lauschte den Nachrichten, die aus dem Radio kamen, das Angel besaß. Er hatte ein Radio im Herrenhaus, jedoch war es selten eingeschaltet weil er die Musik, die die Sender spielten, nicht mochte.

Doch heute hatte er es eingeschaltet. Sarah wußte auch, warum er es hervor geholt hatte. Angel wollte die Morgennachrichten hören. Er wollte wissen, ob die Polizei die Leiche von Allan Finch schon gefunden hatte. Sarah begegnete Angels Blick und er wußte, sie wollte es ebenso wissen wie er. In der nächsten Sekunde hörten die Beiden auch schon das, worauf sie gewartet hatten:

„Wir unterbrechen unser normales Programm wegen einer dringenden Mitteilung. Vor einer Stunde wurde der Wagen des stellvertretenden Bürgermeisters Allan Finch aus dem Fluß gezogen. Die Polizei fand im Wagen die Leiche von Allan Finch. Die ersten Meldungen der Polizei lassen verlauten, das Allan Finch offensichtlich mit einem noch unbekannten spitzen Gegenstand ermordet wurde. Wir sprechen seiner Familie unser Beileid aus und halten Sie, unsere lieben Zuhörer, auf den Laufenden. Und nun geht es weiter mit unserem Programm.“

Sarah blickte Angel an. Er schaltete das Radio aus und erwiderte ihren Blick. „Wo war die Leiche als du sie verlassen hast?“ fragte Angel schließlich. „In der Gasse, wo wir mit den Vampiren gekämpft haben.“ „Wie kommt die Leiche dann in den Fluß?“ Sarah zuckte mit den Schultern. „Angel, ich schwöre dir, das die Leiche ...“ „Ich glaube dir, Sarah, das weißt du doch“, unterbrach Angel sie sanft.

„Glaubst du, das Faith die Leiche weggeschafft hat?“ fragte Sarah zögernd. Angel nickte bejahend. „Ja, sie hat das getan. Sie wollte ihre Spuren verwischen. Sarah, du gehst sofort zu Giles und erzählt ihm alles.“ „Ich ...“ „Du gehst! Faith hat die Leiche schon verschwinden lassen. Gott sei Dank ist sie in dieser Hinsicht nicht besonders clever gewesen. Sie wollte ihre Tat vertuschen. Das können wir ihr nicht durchgehen lassen. Sie muß zur Rechenschaft gezogen werden oder sie ist verloren. Sarah, Faith ist auf dem besten Weg dem Guten abzuschwören. Momentan ist sie noch hin- und hergerissen, doch bald ist das nicht mehr so. Bald wird sie sich der dunklen Seite hingegeben haben“, sprach Angel energisch.

Sarah nickte langsam und verstand. „Ich sollte besser sofort zu Giles gehen. Er wird sicher schon davon gehört haben.“ „Ich denke auch. Wenn Giles erfährt, das an der Leiche Holzsplitter gefunden wurden – und glaube mir, die wird man finden – wird er eins und eins zusammenzählen. Sag ihm die Wahrheit, bevor er es von anderen erfährt. Du vertraust ihm doch, oder?“ „Natürlich tue ich das.“ Angel lächelte milde.

„Dann vertraue darauf, das er das Richtige tut. Giles wird schon wissen was zu tun ist.“ „Okay, ich gehe dann mal“, sprach Sarah. Sie griff nach ihrer Handtasche. Angel kam auf sie zu und nahm sie noch einmal in die Arme. „Wir werden Faith retten“, versprach er ihr. „Wir werden sie davor bewahren sich der dunklen Seite anzuschließen.“ „Hoffentlich! Es reicht, das ich eine Jägerin, die meine Freundin war, verloren habe. Ich meine, Faith und ich ... wir sind zwar keine Freundinnen, doch ich bemühe mich, das sie es wird“, sprach Sarah ernst.

„Ich weiß. Du solltest jetzt gehen. Je früher Giles die Wahrheit erfährt, desto besser.“ Sarah nickte. „Kriege ich noch einen Kuss, der mir Mut gibt?“ fragte Sarah lächelnd. Angel erwiderte ihr Lächeln und erfüllte ihr den Wunsch. Sarah schlang ihre Arme um seinen Nacken und genoß seine Lippen auf ihren. Als er sie freigab, verließ Sarah das Herrenhaus ohne ein weiteres Wort.

Als Sarah den Laden betrat, blickte sie sich kurz um. Giles war offensichtlich allein. Jedenfalls sah Sarah außer Giles niemanden. „Giles, haben Sie kurz Zeit? Wir müssen reden“, sprach die Jägerin zögernd. „Okay! Worum geht es?“ fragte Giles. Sarah setzte sich an den runden Tisch. Giles gesellte sich zu ihr. Er blickte sie an. Sie erwiderte seinen Blick mit ernsten Augen.

„Haben Sie ... heute schon die Nachrichten gehört?“ erkundigte sie sich vorsichtig. Giles nickte. „Ja, das habe ich. Wieso interessiert dich das?“ „Es geht um den Tod von Allan Finch.“ „Was hast du damit zu tun?“ fragte Giles verwirrt und besorgt zugleich. „Ich weiß, wer Allan Finch getötet hat“, murmelte Sarah. Giles starrte sie an; konnte nicht glauben, was sie da sagte.

„Du weißt, wer den stellvertretenden Bürgermeister getötet hat?“ fragte Giles erstarrt. Sarah nickte langsam. „Wer?“ Sarah schluckte und blickte Giles ernst an. „Ich war gestern mit Faith unterwegs. Wir wurden von einer Gruppe Vampire angegriffen. Da kam auf einmal Allan Finch dazu. Faith paßte im Eifer des Gefechts nicht auf und ... tötete ihn. Wir haben uns getrennt. Und während ich auf Angel traf und ihm alles erzählt habe, ist Faith offensichtlich zur Leiche zurück gekehrt und ...“ „... Hat sie verschwinden lassen“, beendete Giles Sarahs Satz.

Sarah nickte leicht. „Jedoch hat sie es nicht geschafft. Immerhin hat man den Wagen mit Allan Finch‘ Leiche gefunden. Giles, was machen wir den jetzt? Angel erzählte mir, das sie Gefallen am Töten finden wird. Er meinte, wir müssen dafür sorgen, das sie zur Rechenschaft gezogen wird oder sie wird die Seiten wechseln. Kann das wirklich sein?“ Giles nickte langsam.

„Angel hat recht. Wir müssen Faith zur Verantwortung ziehen. Sie darf nicht unbestraft davon kommen. Sie muß zu dieser Tat stehen.“ „Und was sollen wir machen? Wollen Sie den Rat hinzuziehen?“ fragte Sarah. Energisch schüttelte Giles den Kopf. „Nein. Der Rat würde die Sache auf seine Art regeln.“ „Und was würde dann mit Faith passieren?“ „Ich weiß ... es nicht genau. Es gibt zwei Möglichkeiten.“ „Die wären?“ fragte Sarah besorgt.

„Sie holen Faith und rehabilitieren sie. Das bedeutet, Faith würde eine zweite Chance bekommen. Oder ... sie schicken die Elite“, sprach Giles mit ernster Miene. „Die Elite?“ fragte Sarah verwirrt. „Die Elite ist eine Gruppe Wächter, die bei besonderen Fällen eingesetzt wird“, erklärte Giles. „Was bedeutet das?“ „Der Rat schickt die Elite nur, wenn ... jemand aus dem Verkehr gezogen werden soll.“ „Oh Gott! Wenn die herkommen, haben sie den Befehl Faith zu töten?“ fragte Sarah schockiert.

Giles nickte langsam. „Mein Gott! Wie kann der Rat sowas tun? Die sitzen in England und haben doch keinen blassen Schimmer was hier los ist.“ „Ich weiß.“ „Giles, was machen wir jetzt?“ „Wir werden die Sache geheimhalten. Wir werden uns allein um diese Sache kümmern. Sarah, wir müssen Faith von der dunklen Seite abbringen“, sprach Giles. „Der Rat soll nichts davon erfahren.“ Sarah nickte. Auch sie wollte nicht das sich der Rat einmischte. Sie konnten die Sache mit Faith alleine regeln.

Die Jägerin und ihr Wächter wußten jedoch nicht, das sie belauscht wurden. Hinter den Regalen stand Wesley, der alles gehört hatte. Nickend nahm er zur Kenntnis, das Giles und Sarah den Rat aus dieser Sache heraus halten wollten. Doch das würde er nicht zulassen. Faith hatte einen unschuldigen Menschen getötet und es war seine Pflicht den Rat zu informieren. Leise schlich Wesley zur Tür und huschte hinaus. Er mußte Vorbereitungen treffen.

Sarah blickte auf als die Glocke über der Tür ihren bekannten Ton von sich gab, aber niemand in den Laden kam. „Seltsam“, murmelte sie. „Wahrscheinlich war es nur ein heftiger Windstoß“, erwiderte Giles. „Haben Sie einen Plan, Giles?“ fragte Sarah und sie konzentrierte sich wieder auf das eigentliche Thema. Giles nickte. „Ja, dafür brauchen wir Angel. Vielleicht können wir Faith mit Angels Hilfe von der dunklen Seite abbringen. Immerhin weiß er, wie es ist, unschuldige Menschen zu töten. Er kennt das Gefühl. Und wenn jemand Faith von der dunklen Seite wegführen kann, dann Angel, denke ich.“ „Okay, ich werde unseren Plan mit Angel besprechen und wir werden Faith heute Nacht einen Besuch abstatten“, sprach Sarah nickend.

Die Jägerin war schon auf den Weg zur Tür als sie sich noch einmal zu Giles umdrehte. „Er hat mich gesucht“, sprach sie. „Wer hat dich gesucht?“ „Allan Finch“, antwortete Sarah. „Mir fällt gerade etwas ein. Das habe ich fast vergessen.“ „Was?“ „Allan Finch hat gezielt nach mir gesucht. Als er um sein Leben gekämpft hat, nannte er mich Jägerin. Er wußte, wer ich bin.“ „Hat er noch etwas gesagt? Vielleicht wollte er dich vor etwas warnen“, sprach Giles nachdenklich.

„Er hat den Bürgermeister erwähnt und hat mir gesagt, das ich die Welt retten soll.“ „Vor wem?“ „Vor unserem Bürgermeister und etwas, was er Aufstieg nannte“, sprach Sarah verwirrt. „Giles, glauben Sie, unser Bürgermeister ist nicht das, was er vorgibt zu sein? Es könnte doch möglich sein. Immerhin leben wir hier am Höllenschlund.“ „Ich werde in meinen Büchern nachschauen. Vielleicht finde ich etwas über diesen Aufstieg. Aber wir sollten uns nach der Sache mit Faith unbedingt mit Richard Wilkins beschäftigen. Allan Finch hat dich sicher nicht umsonst aufgesucht. Er wollte dich warnen, daran glaube ich jetzt.“ Sarah nickte und ließ Giles allein.

Sobald die Sonne untergegangen war gingen Sarah und Angel los. Ihr Weg führte sie als erstes zu Faiths Motelzimmer. Sarah klopfte nicht an, sondern stürmte einfach in das Zimmer. „Sie ist nicht da“, sprach sie nach einen kurzen Blick. „Was ist mit ihren Sachen?“ fragte Angel als die Beiden sich vom Motel entfernten. „Noch da. Das heißt, sie denkt noch nicht daran abzuhauen. Aber wo könnte sie sein?“ fragte Sarah.

Angel blieb stehen und Sarah tat es ihm gleich. „Denk nach! Du warst die letzten Nächte mit ihr unterwegs. Hat sie jemals erwähnt wo sie gerne hingeht?“ „Ich weiß nicht“, sprach Sarah. „Sarah, denk nach!“ forderte Angel. „Vielleicht ... vielleicht ist sie am Hafen. Sie mag die düstere Atmosphäre, die nachts dort herrscht. Außerdem lungern dort viele Vampire herum.“ „Okay, gehen wir. Wir trennen uns, Sarah. Du gehst allein voraus. Ich folge dir. Ich bin immer ein paar Meter hinter dir. Es ist besser, wenn sie glaubt, das du sie allein aufsuchst.“ „Gut. Du kommst dann später dazu?“ fragte Sarah. Angel nickte. Die Jägerin ging los und Angel wartete ein paar Minuten. Dann folgte er ihr in der Dunkelheit.

Am Hafen angekommen hörte Sarah sofort die Kampfgeräusche. Sie eilte hinzu, doch Faith hatte den Vampir – mit dem sie rang – schon vernichtet. Eisig blickte sie die ältere Jägerin an. „Sieh mal an! Was machst du den hier?“ spottete sie finster. „Wir müssen reden“, sprach Sarah ernst. „Ach ja? Worüber?“ „Ich denke, du weißt worüber. Du hast die Leiche von Allan Finch weggeschafft.“ „Ja, habe ich. Und? Wen juckt es?“ sprach Faith locker.

Sarah blickte Faith an und sie konnte nicht glauben, was die zweite Jägerin da von sich gab. „Faith, verstehst du den nicht? Du hast einen unschuldigen Mann getötet“, sprach Sarah heftig. Faith blickte Sarah mit einen kalten Lächeln an und sprach: „Nein, du verstehst nicht, Sarah. Es interessiert mich nicht.“ Geschockt wich Sarah einen Schritt zurück. Sie blickte Faith in die Augen und erkannte, das Angel recht hatte. Es war schon fast zu spät. Faith war schon dabei die Seiten zu wechseln. Sie hatte nicht mehr viel Gutes in sich. Die böse Seite beherrschte sie schon. Faith hatte Gefallen an dem gefunden, was sie getan hatte.

„Er war unschuldig“, rief Sarah. „Mir egal. Es hat sich gut angefühlt“, gestand Faith. Fassungslos blickte Sarah die andere Jägerin an. „Weißt du, du solltest es vielleicht auch einmal probieren“, schlug Faith vor. „Ich hab die Schnauze voll! Von allen Seiten höre ich immer nur wie toll du bist. Und dann sehe ich Angel“, sprach Faith. „Ich kann verstehen, warum du ihn so magst. Er ist ja wirklich eine Augenweite. Doch er hat nur Augen für dich. Er ist verrückt nach dir. Und das verstehe ich nicht. Ich bin mir sicher, ich könnte ihn wirklich zufrieden stellen.“ Jetzt war Faith zu weit gegangen. Sarah wußte, das Faith sie nur provozieren wollte und gelang ihr auch.

Zwischen Sarah und Faith entbrannte ein heftiger Schlagabtausch. Faith ließ sich von Sarah nichts gefallen und schlug ihr hart ins Gesicht. Doch Sarah beeindruckte dieser Schlag überhaupt nicht. Wie eine wilde Tigerin ging sie auf die zweite Jägerin los. Es reichte, das Faith einen unschuldigen Menschen getötet und ihr das auch noch gefallen hatte. Aber das sie es wagte, so über Angel zu reden, war zuviel.

Sarah riß Faith mit sich zu Boden. Eigentlich war es unter Sarahs Niveau sich auf eine solch primitive Art und Weise mit einer anderen Frau zu prügeln, doch Faith war eindeutig zu weit gegangen. Es war ihr völlig egal, das sie eine Familie zerstört hatte; das Allan Finch Kinder gehabt hatte. Es interessierte Faith einfach nicht. Wie zwei Raubkatzen rangen die beiden Frauen am Steg miteinander.

„Und ich dachte schon, Everybodys Darling würde niemals ihre dunkle Seite zeigen“, lachte Faith amüsiert. Sarah verpaßte ihr einen nicht gerade damenhaften, brutalen Schlag ins Gesicht. „Auch du kannst böse sein ... du mußt es nur wollen“, sprach Faith. „Ich bin nicht du“, widersprach Sarah. Faith packte Sarah an den Unterarmen und stieß sie von sich. Sarah flog gegen einen Container und sackte benommen in sich zusammen.

Mit einer lockeren Bewegung erhob sich Faith und kam langsam auf sie zu. „Ich hab es satt, das jeder zu dir aufsieht als wärst du eine Göttin. Du tust nichts anderes wie ich, aber du bekommst die ganze Anerkennung. Das ist nicht fair“, sprach Faith bitter. „Ich bin anders wie du. Ich kann zwischen Unrecht und Recht entscheiden. Ich töte keine unschuldigen Menschen. Ich erledige meine Pflicht und trage die Verantwortung meiner Bestimmung“, erwiderte Sarah kopfschüttelnd.

„Richtig, du bist ja so dermaßen perfekt“, spottete Faith als sie sich vor Sarah aufbaute. „Jeder liebt dich; jeder bewundert dich. Ich kann mich noch so sehr anstrengen ... es bist du, die die ganze Bewunderung bekommt.“ „Du bist nur zu Besuch hier. Ich lebe hier, Faith. Ich kenne die Menschen hier. Das ist etwas anderes. Meine Gang kennt dich noch nicht so gut.“ „Das spielt keine Rolle. Es würde nichts ändern. Denn, egal wie lange sie mich kennen, in ihren Augen bin ich immer die zweite Jägerin. Die Jägerin hinter Sarah Summers, der Einzigartigen. In den Augen deiner Freunde bin ich doch nur die Jägerin, die Kendras Platz eingenommen hat. Selbst du siehst mich nur als das“, warf Faith ihr vor.

Sarah schluckte schwer. Die Erwähnung von Kendra ließ sie leicht erzittern. Ein selbstzufriedenes Lächeln huschte über Faiths Gesicht. Sie wußte, das Kendra noch immer ein empfindliches Thema für die ältere Jägerin war. „Du bist nicht so toll wie du glaubst. Du hältst dich aber für etwas besonderes. Laß dir gesagt sein, das du das nicht bist.“ „Ich habe nie behauptet perfekt zu sein. Auch ich habe meine Fehler, Faith. Ich mache diesen Job nur länger wie du. Ich habe mehr Erfahrung wie du, daß ist alles.“ Sarah erhob sich langsam. Faith packte sie am Kragen ihrer Jacke und schleuderte sie erneut gegen den Container.

Mit wütend funkelnden Augen blickte sie Sarah an. „Du hast mir doch nie eine Chance gegeben, Summers“, fauchte sie kalt. Sarah las in ihren Augen wie enttäuscht und verbittert sie wirklich war. „Ich spiele doch nur die zweite Geige hinter dir. Du bist hier die große Jägerin, die sofort zur Stelle ist, wenn etwas passiert. Du bist bereit dein Leben für diese Welt zu opfern.“ „Es ist unsere Aufgabe“, erwiderte Sarah ruhig. Sie blickte Faith gelassen an und wehrte sich nicht.

Sarah konnte sich leicht befreien, aber sie mußte Faith ablenken. Und genau das tat sie auch. „Ich bin nicht dazu bereit. Mir ist es egal, ob wir alle sterben oder nicht. Ich war doch immer unter deiner Würde. Ich war nie gut genug um deine Freundin zu sein.“ „Du irrst dich, Faith! Ich habe mich bemüht mich mit dir anzufreunden. Doch das funktioniert nicht, wenn du meine Freundschaft ablehnst. Ich habe dir eine Chance gegeben. Du hast sie nur nicht genutzt.“ „Du Miststück“, rief Faith und sie schlug Sarah brutal ins Gesicht.

Erneut sackte die ältere Jägerin zu Boden. Und als sie zu Faith aufblickte, las sie in ihren Augen einen Hass, der ihr völlig fremd war. Noch nie hatte sie einen dermaßen großen Hass bei einen Menschen erlebt. Gleichzeitig nahm sie eine lautlose Bewegung in der Dunkelheit hinter Faith wahr. Es war Angel, der nun einschritt. Faiths Sinne als Jägerin waren noch nicht so ausgeprägt wie die von Sarah, deshalb hörte sie Angel auch nicht kommen.

Erst als er direkt hinter ihr stand, wurde ihr klar, das dies nur eine Falle gewesen war. Sarah war die Ablenkung, die ihre Freunde gebraucht hatten, um Faith zu überrumpeln. „Ihr Mistkerle! Ihr habt mich rein gelegt! Wie könnt ihr es wagen?“ rief sie. Sie wirbelte herum und wollte Angel einen Pflock ins Herz jagen, doch er drehte sich um seine eigene Achse und entkam ihrer Attacke. Er packte sie am Handgelenk und schlug ihr hart ins Gesicht. Der Schlag beförderte Faith ins Land der Träume.

„Und jetzt?“ fragte Sarah als sie an Angels Seite auftauchte und auf die bewußtlose Faith hinab blickte. Angel warf Sarah einen ernsten Blick zu. „Wir bringen sie in meine Gruft. Jetzt müssen wir ihr helfen mit ihren Problemen fertig zu werden. Sie muß nicht nur ihren Hass auf die Menschen verlieren, sondern auch ihren Neid auf dich.“ „Ich hätte nie gedacht, das einmal jemand auf mich eifersüchtig sein könnte und auf das Leben, das ich führe“, sprach Sarah ungläubig.

„Mit einem hatte Faith recht. Du bist wirklich einzigartig“, sprach Angel mit einen leichten Lächeln. „Danke. Wir sollten uns jetzt um Faith kümmern. Ich hoffe, wir können noch etwas für sie tun“, erwiderte Sarah besorgt. Angel nickte und warf sich Faith wie einen Kartoffelsack über die Schulter. Sarah und er verließen den Hafen und kehrten zur Hauptmann-Gruft zurück. Sie wußten beide, das ihnen harte Stunden mit Faith bevor standen. Es würde nicht einfach werden sie von der dunklen Seite abzubringen. Denn Faith stand schon zu sehr unter dem Bann des Bösen.

~ 8. ~

„Denkst du, du kannst ihr helfen?“ fragte Sarah. Sie waren in Angels Herrenhaus und Faith war gefesselt. Noch war sie nicht wieder bei Bewußtsein. „Ich schaffe das schon, Sarah. Doch du solltest jetzt gehen. Sie wird nicht sehr positiv auf dich reagieren“, sprach Angel. Sarah nickte leicht. „Ich weiß. Sie ist tatsächlich eifersüchtig auf mich. Angel, ich kann das nicht glauben. Ich meine ... ich weiß, wie sie sich fühlt. Ich fühlte mich doch genauso. Aber ich habe die Verantwortung für mein Schicksal übernommen.“ „Ja, du bist erwachsen geworden“, sprach Angel anerkennend.

„Wieso eine solche Anerkennung?“ „Ich bin stolz auf dich, Sarah. Du hast dein Leben gemeistert und du bist dir deiner Verantwortung für deine Berufung endlich richtig bewußt. Du weißt endlich worauf es ankommt. Die Ereignisse der letzten Jahren hat dich reifer werden lassen. Faith hat nicht das erlebt was du durch gemacht hast. Sie weiß nicht, was es bedeutet, für seine Bestimmung Menschen zu opfern, die man liebt. Sie hat nicht das erlebt, was wir gesehen haben.“ „Stimmt! Sie hat nicht meine Erfahrung gemacht, aber ... ich bin doch nicht perfekt“, sprach Sarah schwach.

„Nein, das bist du nicht.“ „Herzlichen Dank“, neckte Sarah ihn. „Ich meine es nicht böse, Liebling. Es macht dich vollkommen, das du deinen Eigensinn noch immer in die Tat umsetzt. Wir haben so viele Krisen hinter uns gebracht, Sarah. Wir schaffen auch die mit Faith“, versprach Angel ihr. „Ich hoffe es. Ich gehe jetzt zu Giles. Meine Anwesenheit wird sie nicht so sehr schätzen, außerdem ... will ich nicht unbedingt hören was du ihr sagst.“ „Das kann ich verstehen. Es werden keine schöne Worte, Sarah.“ „Ich weiß. Aber ich vertraue dir. Wenn jemand bei ihr etwas bewirken kann, dann du. Ich schaue später wieder vorbei“, sprach Sarah. Sie beugte sich vor und küßte Angel. Dann ließ sie ihn allein.

Ein Stöhnen drang über Faiths Lippen. Ihre Augenlider flatterten und sie sah sich mit verschwommenen Blick um. Wo war sie? Faith versuchte aufzustehen, doch es war ihr nicht möglich. Faith entdeckte die Fesseln, mit denen sie angekettet war. „Na toll“, murmelte die Jägerin verächtlich. Ihr Blick wurde klarer. Doch noch immer kam ihr der Ort, an dem sie sich befand, nicht bekannt vor.

Sie sah einen Schatten auf sich zukommen. Als Faith aufsah, sah sie Angel, der sich ihr näherte. Ein genervtes Stöhnen drang über ihre Lippen. „Es war eine Falle“, stellte sie sachlich fest, als sie sich erinnerte, was am Hafen vorgefallen war. „Wenn du es als solche bezeichnest“, erwiderte Angel ruhig. „Was soll der Blödsinn? Mache mich sofort los“, fauchte Faith ungehalten und sie spannte ihre Arme an. Die Ketten ließen ihr jedoch keine große Bewegungsfreiheit.

„Wir wollen dir helfen“, sprach Angel und er ging vor ihr auf die Knie. „Danke, ich brauche keine Hilfe.“ „Faith, du wendest dich immer mehr der bösen Seite zu. Du bist eine Jägerin. Du bist eine Kriegerin des Guten. Siehst du nicht, das die Mächte der Finsternis dich immer mehr für sich beanspruchen? Kämpf dagegen an! Ich weiß, das du es schaffen kannst.“ Faith starrte ihn zornig an. Demonstrativ spuckte sie Angel ins Gesicht, um ihm zu zeigen, was sie von seiner Hilfe hielt.

Angel nickte leicht und erhob sich. „Denkst du, ich weiß nicht, wie du dich fühlst? Faith, ich weiß es besser wie jeder andere.“ „Ach? Tatsächlich? Na, dann sag mir doch, was in mir vorgeht, du Besserwisser“, spottete Faith. Angel lehnte sich gegen den Kamin und blickte Faith an. „Du hast einen Menschen getötet. Du hast einen unschuldigen Menschen das Leben genommen. Du fühlst es.“ „Was fühle ich?“ „Diese Macht, die du hast, wenn du über das Leben eines anderen entscheidest. Du gierst danach und willst mehr. Doch, Faith, es ist der falsche Weg“, sprach Angel.

„Ich fühle mich gut. Ich kann endlich alles tun was ich will. Niemand kritisiert mein Verhalten. Ich liebe es, okay? Ich habe niemals daran geglaubt, das es ein solch befreiendes Gefühl gibt.“ „Ich weiß“, antwortete Angel ruhig. „Ich war viel länger eine Geisel des Bösen als du, Faith. Im Gegensatz zu dir, weiß ich, was auf dich zukommt. Deine Welt wird ewig dunkel sein und wird beherrscht von Blut und Tod unschuldiger Menschen. Ist es das, was du willst? Willst du wirklich eine Mörderin werden?“ Durchdringend sah der Vampir die Jägerin an.

Stumm starrte Faith ihn an. „Ich finde es toll. Ja, ich liebe es, unschuldige Menschen zu töten. Das wurde mir klar als ich Allan Finch getötet habe.“ „Was hast du für eine Entschuldigung für seinen Tod?“ fragte Angel herausfordernd. „Er stand mir im Weg“, antwortete Faith lässig. „Ist das alles? Sind das die Worte, die du der Familie von Allan Finch sagen willst? Er hatte Kinder, Faith. Du hast eine Familie zerstört und fühlst dich nicht schuldig?“ „Nein, ich habe kein schlechtes Gewissen. Warum auch?“ sprach Faith mit einen gleichgültigen Schulterzucken.

„Du stehst einen Schritt vor dem Abgrund, Faith. Die Frage ist nur: Bist du bereit umzukehren oder gehst du weiter und stürzt ab“, sprach Angel. Er wußte, daß es nicht einfach sein würde Faith zu helfen. Sie war schon zu nahe an der dunklen Seite. Ihr Neid auf Sarah machte sie blind und es würde äußerst schwer werden, ihr klar zu machen, das sie nicht auf Sarah eifersüchtig sein brauchte. Doch Faith hatte ein anderes Leben als Sarah hinter sich. Die beiden Jägerinnen waren von Grund auf völlig verschieden.

„Vielleicht will ich ja abstürzen“, sprach Faith herausfordernd. „Ich kenne das Gefühl einen unschuldigen Menschen zu töten. Ich weiß, was du dabei fühlst, Faith.“ Angel stieß sich von der Wand ab und näherte sich ihr. Erneut ging er vor Faith in die Knie und hielt ihren Blick gefangen. Faith schaffte es nicht diesem Blick auszuweichen. Da war etwas in Angels Augen, was sie regelrecht zwang, ihn anzusehen.

„Du siehst und spürst ihre Angst, Faith. Und wenn du deinen Opfern in die Augen siehst, dann liest du darin, wie sie vor Angst regelrecht sterben. Du siehst das Zittern ihres Körpers und weißt, daß sie wegen dir so zittern. Sie flehen – sie betteln – um ihr Leben. Tausend Tode sterben sie vor Angst. Doch du weißt, egal was sie dir auch anbieten, sie werden sterben – durch deine Hand. Und wenn sie sterben, erfüllt es dich mit neuen Leben. Es ist ihre Angst, von der du dich ernährst. Es ist allein die Angst, die dich erfreut und völlig neu aufleben läßt. Und wenn du es einmal getan hast, willst du es wieder und wieder erfahren. Es wird zur Sucht, Faith“, sprach Angel ruhig.

Faith schluckte schwer. Tief in sich wußte sie, das Angel recht hatte. Er sprach die Wahrheit. Genau das fühlte sie. „Du verdrängst deine Schuld und machst weiter. Und irgendwann – ohne das du es merkst – verlierst du dein Gewissen. Und somit verlierst du auch deine Menschlichkeit. Faith, es wird dich irgendwann zerstören.“ „Was ist mit dir, Dämon mit einer Seele?“ spottete die Jägerin.

Angel blickte sie ernst an. „Ich büße für meine Taten, die ich einst begangen habe. Doch ich habe nicht das Gefühl vergessen, wie es ist, einen unschuldigen Menschen zu töten. Ich weiß noch genau wie ich mich damals fühlte. Und ich sehe in deinen Augen, das du dich jetzt genauso fühlst. Faith, kämpf dagegen an! Kämpfe gegen das Dunkle in dir an. Du kannst es schaffen. Laß deine Schuld zu und sieh ein, das du etwas falsch gemacht hast. Stelle dich den Konsequenzen deiner Tat“, forderte Angel.

„Warum sollte ich das tun? Sag mir einen Grund, warum ich dir glauben sollte.“ „Sarah sorgt sich um dich“, teilte Angel ihr mit. „Sarah“, sprach Faith verächtlich. Mit wütenden Augen funkelte sie Angel an. „Ich kann diesen Namen nicht mehr hören. Jeder sagt mir, wie toll Sarah doch ist“, fauchte Faith voller Abscheu. „Es gibt keinen Grund um auf Sarah eifersüchtig zu sein, Faith“, erwiderte Angel ruhig.

„Sie ist schon länger eine Jägerin wie du. Sie hat mehr Erfahrung als du. Und ihre Freunde haben viel mit ihr erlebt. Sie hat ihnen mehr als einmal das Leben gerettet. Das mußt du verstehen, Faith. Sarah hat alle Seiten des Jägerinnen-Daseins kennen gelernt und sie hat sich dem gefügt. Sie hat ihr Leben als Jägerin akzeptiert. Das macht sie nicht zu etwas besseren.“ „Doch, du denkst, sie wäre etwas besonderes“, warf Faith ein. „Ich liebe sie“, erwiderte Angel ruhig.

„Sarah sieht mich nur als die Jägerin, die Kendras Platz eingenommen hat.“ „Du täuscht dich. Sie hatte am Anfang Probleme dich zu akzeptieren, das gebe ich zu. Es war schwer für sie, zu tolerieren, das du Kendras Platz eingenommen hast. Doch sie gab dir eine Chance. Sie wollte dich kennenlernen. Sarah wollte nur deine Freundin sein, Faith. Aber du hast sie weggestoßen. Du wolltest ihre Freundschaft nicht. Sarah hat mehr mitgemacht wie du – mit den Dämonen und den Mächten der Finsternis. Doch sie steht nicht über dir“, sprach Angel eindringlich auf die zweite Jägerin ein.

Angewidert blickte Faith zur Seite. Angel seufzte leise. Es war ein schwieriger, steiniger Weg. „Laß uns über deine Gefühle sprechen. Wieso haßt du Sarah so sehr?“ „Das nagt an dir, was? Du kannst es wohl nicht ertragen, das jemand deine Liebste nicht mag?“ spottete Faith. „Es nagt an mir, zu sehen, wie tief dein Hass sie runter zieht. Das ist etwas anderes“, erwiderte Angel knapp. „Okay, reden wir darüber“, willigte Faith mit einen spöttischen Grinsen ein.

„Es ist ihre perfekte Art, bei der mir übel wird. Sie legt einen Idealismus an den Tag, den ich  nicht nachvollziehen kann.“ „Warum nicht? Weil Sarah für die Unschuldigen kämpft und Dämonen tötet ohne unnötig auf sie einzuschlagen?“ fragte Angel. „Ja, immerhin sind Dämonen genau dafür da. Jeden Tod eines unschuldigen Menschen nimmt Sarah sich zu Herzen. Sie sieht die ganze Sache zu ernst – als einen Job. Doch es ist Spaß.“ „Spaß? Faith, bist du bereit für diese Welt dein Leben zu opfern, wenn es sein muß?“ fragte Angel unvermittelt.

„Nein“, kam die schlichte Antwort. Angel schüttelte leicht den Kopf. „Du bist nicht reif dafür“, erwiderte er leise. Faith lachte verächtlich. „Wofür bin ich nicht reif?“ „Für diese Bestimmung. Faith, du bist nicht reif für dieses Leben als Jägerin. Du hast noch viel zu lernen und du brauchst Führung. Die hast du nicht gehabt.“ „Ich hatte eine Wächterin“, fauchte sie. „Du brauchst jemanden, der dir den Weg zeigt. Das konnte deine Wächterin nicht tun. Sie kannte das Leben als Jägerin nicht. Die Einzige, die dir helfen kann mit deiner Bestimmung zu reifen, ist Sarah“, sprach der Vampir überzeugend.

„Das ist doch Blödsinn! Sie will mir doch nur beweisen, daß sie besser ist als ich. Außerdem ... ich mag mich so wie ich bin. Mir gefällt es Menschen zu töten, okay? Und ich laß mir von euch nicht sagen, das ich auf dem falschen Weg bin.“ „Das bist du aber, Faith.“ „Ich will es nicht hören! Und wenn ich auf den direkten Weg in die Hölle bin ... dann soll es so sein“, fauchte Faith. „Es gibt schlimmere Orte als die Hölle und an einen von denen wirst du landen“, prophezeite Angel ihr.

„Na, du mußt es ja wissen! Es war ja deine Freundin, die dich in die Hölle geschickt hat“, stichelte Faith. „Sarah hatte damals keine andere Wahl. Ich weiß nicht, was du von der Geschichte kennst, aber du solltest nicht über eine Sache reden von der du keine Ahnung hast“, wies Angel sie zurecht. „Es geht hier nicht um meine Vergangenheit mit Sarah. Es geht hier um dich, Faith.“ „Wie nett“, kommentierte sie mit einen kurzen, sarkastischen Lächeln.

Angel blickte sie stumm an und schüttelte leicht den Kopf. „Wie lange willst du mich noch hier festhalten?“ „Solange, bis du zugibst, einen Fehler gemacht zu haben. Solange, bis dir klar wird, was du getan hast.“ „Okay, es tut mir leid. Ich werde es nie mehr tun. Kann ich jetzt gehen?“ spottete Faith. „Glaubst du wirklich, mich so einfach hintergehen zu können? Da mußt du dir schon was besseres einfallen lassen, Faith. Ich will dir nur helfen.“ „Ich brauche deine Hilfe nicht, Vampir“, teilte Faith ihm mit. Das wird noch ein langer, anstrengender Weg, dachte Angel. Doch er war bereit seine Zeit zu opfern um Faith zu helfen. Ohne die Hilfe von Sarahs Freunden war die zweite Jägerin verloren ... Angel wußte das.

~ 9. ~

[Eine Stunde später]

„Ich halte das nicht aus“, murmelte Sarah. Giles hatte seinen Laden für den heutigen Tag geschlossen. Er gönnte sich eine Tasse Tee und setzte sich zu Sarah und ihrer Gang an den Tisch. „Was denken Sie, Giles?“ „Ich denke, Angel ist der Einzige, der Faith helfen kann. Diese Sache müssen wir Angel überlassen. Du vertraust ihm doch, oder?“ „Natürlich tue ich das“, erwiderte Sarah und sie strich sich eine Strähne aus dem Gesicht.

„Was passiert eigentlich, wenn Angel Faith nicht helfen kann?“ fragte Willow besorgt. Giles zuckte leicht mit den Schultern. „Dann müssen wir – so schwer es mir auch fällt – den Rat einschalten. Doch wir sollten die Hoffnung nicht aufgeben.“ „Habe ich zuwenig getan? Giles, habe ich mir zuwenig Mühe gegeben um Faith eine Chance zu geben?“ fragte Sarah zweifelnd.

„Nein, das hast du nicht. Du hast ihr deine Freundschaft angeboten. Mehr hast du nicht tun können“, erwiderte Giles ruhig. Sarah nickte langsam. „Ich hätte mir niemals gedacht, daß es jemals so kommt. Eine böse Jägerin – können Sie sich etwas schlimmeres vorstellen, Giles?“ „Wenn ich ehrlich bin – nein“, gestand der Wächter. „Es wird alles wieder gut. Angel schafft das schon. Er weiß doch wie Faith sich im Moment fühlt; was sie durchmacht. Immerhin hat er das so oft in seinen Leben getan“, warf Willow ein.

„Ja, allerdings. Aber Angel hat sich geändert. Er ist kein Killer mehr. Er ist nicht mehr Angelus“, sprach Sarah und ein Schauer lief über ihren Rücken. Sie dachte nicht gern über Angelus nach. Er hatte ihr soviel Schmerz zugefügt und ... Entschieden schüttelte Sarah den Kopf. Diese Geschichte war vorbei und Angel war wieder bei ihr. Trotzdem wollte sie nicht hören was Angel Faith zu sagen hatte. Sie wußte, es waren keine schönen Worte.

„Vielleicht sollte ich bei Angel vorbei schauen. Es kann doch sein, daß er schon weiter gekommen ist – bei Faith“, murmelte Sarah. Giles blickte auf seine Armbanduhr und nickte leicht. „Denkst du nicht, er wird sich melden, wenn etwas passiert?“ „Angel hat kein Telefon“, warf Sarah ein. „Richtig! Vielleicht solltest du wirklich bei ihm vorbeischauen“, schlug der Wächter vor. „Sag ich doch. Ich bin schon unterwegs“, sagte Sarah und sie verließ den Laden.

„Du kannst es nicht verdrängen“, sprach Angel. Er sah Faith an, das ihre harte Fassade langsam zum bröckeln anfing. In ihren Augen tauchte langsam so etwas wie Schmerz und Schuld auf. Das ist gut, dachte Angel. Sie war auf den besten Weg, zu realisieren, was sie getan hatte. Und es fing an ihr leid zu tun. Ihr schlechtes Gewissen meldete sich und es gefiel ihr nicht. Aber Faith mußte sich damit auseinandersetzen.

„Laß dich von der bösen Seite wegführen, Faith. Du kannst es schaffen.“ „Ich ... habe Angst davor“, flüsterte die Jägerin kaum hörbar. „Warum?“ „Was wird man über mich denken? Ich habe Angst vor den Konsequenzen.“ „Denen mußt du dich stellen. Ansonsten wirst du nie Frieden finden, Faith. Doch du bist auf den richtigen Weg. Du brauchst nur etwas Vertrauen. Wir helfen dir dabei“, versprach Angel ihr.

Faith nickte unmerklich. Tausend Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Angel war zu ihr durch gedrungen. Er sprach die Wahrheit. Sie hatte einen Fehler begangen. Wie konnte sie aus dieser Schuld wieder heraus kommen? Gab es etwas, was ihr Gewissen beruhigen würde? Oder würde sie ewig mit dieser Schuld leben müssen? Faith schloß gequält die Augen. Angel bot ihr seine Hilfe an. Sarah war bereit ihr zu helfen mit dieser Tat fertig zu werden. Sie brauchte nur ein Wort sagen, das wußte Faith.

Sie blickte zu Angel auf; suchte nach den richtigen Worten. Aufmerksam erwiderte er ihren Blick. Angel war zuversichtlich, daß sie wieder auf den rechten Weg finden würde. Nun war Faith bereit sich ihrer Tat zu stellen. Sie wußte nur nicht wie sie um die nötige Hilfe bitten sollte. Deshalb wartete Angel. Faith mußte den ersten Schritt allein machen – nur dann konnte sie sich von der dunklen Seite lösen. Faith mußte den Anfang machen. Sie mußte die Entscheidung – für den Weg, den sie gehen wollte – selbst treffen.

Faith schluckte schwer und warf ihr Haar zurück. Mit ernsten Augen blickte sie Angel an. „Hör zu“, begann sie mit brüchiger Stimme. „Ich ... Angel, ich ...“ In diesen Moment unterbrachen hastige Schritte sie. Faith blickte auf und sah eine Gruppe Männer, die die Hauptmann-Gruft betraten. „Schnappt sie euch und schaltet den Vampir aus“, ordnete Wesley, der neue Wächter, an. Verwirrt blickte Angel auf.

„Was soll das?“ fragte Angel mit ernster Miene. Einer der Männer zog ein Gewehr und schoß einen Betäubungspfeil auf Angel ab. Der Pfeil bohrte sich in Angels linke Schulter. „Was habt ihr vor?“ fragte er und schwankte leicht. Vor Angel verschwamm alles. Das Mittel hatte eine schnelle Wirkung. Angel sackte auf die Knie und bekam nur noch mit wie die Wächter Faith von ihren Fesseln befreiten und ihr Handschellen anlegten. „Wo bringt ihr mich hin, ihr Bastarde?“ beschwerte sich Faith und sie zerrte an den Handschellen; konnte sich aber nicht befreien. Und als Angel in Ohnmacht fiel, schleppten die Wächter Faith fort ...

Hoffentlich hat Angel etwas erreicht, dachte Sarah als sie die Stufen zum Herrenhaus hinunter stieg. Doch da vernahm sie plötzlich ein quälendes Stöhnen. Das war Angels Stimme. Mein Gott, hoffentlich hat sie ihm nichts angetan, dachte Sarah panisch und sie riß den schwarzen Vorhang zur Seite. Angel lag am Boden und orientierte sich langsam. Er schien völlig von der Rolle zu sein.

„Angel“, rief Sarah und stürzte zu ihm. Sarah kniete sich neben ihn. „Was ist passiert?“ fragte die Jägerin besorgt. Benommen blickte Angel sie an. „Oh Gott“, stöhnte er leise. Sarah blickte sich um. Sie konnte Faith nirgendwo sehen. „Wo ist Faith?“ „Weg“, murmelte der Vampir. „Was heißt hier weg?“ „Dieser Wächter war hier.“ „Welcher Wächter? Etwa Wesley Wyndham-Pryce?“ fragte Sarah irritiert. „Ja, genau der. Er war mit einigen anderen Wächtern hier. Sie haben Faith mitgenommen“, erzählte Angel schwach.

„Was haben sie mit dir getan?“ „Sie haben mich betäubt.“ Angel griff nach dem Pfeil, der noch in seiner Schulter steckte, und riß ihn heraus. Er stöhnte kurz vor Schmerz auf; kümmerte sich jedoch nicht weiter um die Wunde. Sie würde von selbst heilen. Sarah half Angel aufzustehen, da er noch etwa wackelig auf den Beinen war. Stöhnend ließ er sich auf sein Sofa sinken.

„Ich hatte sie fast soweit“, erzählte er. „Wie meinst du das?“ „Faith – sie hat angefangen sich ihrer Tat zu stellen. Sie sah ein, das sie Hilfe brauchte. Sie hat angefangen mir zu vertrauen. Aber gerade, als sie mich um Hilfe bitten wollte, tauchte Wesley und diese Wächter auf und haben sie mitgenommen. Die haben Faiths Vertrauen in die Menschen nun endgültig zerstört. Faith ist verloren“, sprach Angel und er richtete sich langsam auf.

„Geht es wieder?“ fragte Sarah besorgt. Angel schenkte ihr ein sanftes Lächeln. „Ja, ich bin in Ordnung.“ „Woher wußte Wesley das? Ich meine, wir haben es ihm nicht gesagt.“ „Vielleicht hat er dich belauscht wie du mit Giles darüber gesprochen hast“, warf Angel ein. Sarah dachte einen Moment nach. Diese seltsame Szene als sich die Tür geschlossen hatte, aber sie niemanden gesehen hatte. „Natürlich, er muß uns zugehört haben und ...“ „... Er hat den Rat informiert“, beendete Angel Sarahs Gedanken.

„Mein Gott! Giles erzählte von der Elite. Was werden die jetzt mit Faith machen?“ Angel zuckte leicht mit den Schultern. „Ich weiß es nicht, aber sie scheinen vor nichts zurück zu schrecken.“ „Denkst du wirklich, das Faith verloren ist?“ Angel nickte leicht. „Ja, sie ist verloren. Sie war gerade dabei Menschen wieder zu vertrauen, doch das ist jetzt für immer vernichtet. Wesley hat dafür gesorgt. Egal, ob Faith überlebt oder nicht ... sie ist uns endgültig aus den Händen geglitten“, sprach Angel ernst.

„Verstehe“, murmelte Sarah. „Wir sollten uns jetzt darum kümmern. Giles muß davon erfahren. Kannst du laufen?“ „Die Betäubung beeinträchtigt mich nicht mehr.“ „Schön zu wissen“, murmelte sie. „Es tut mir leid, Sarah.“ „Es ist nicht deine Schuld, Angel. Es ist die Schuld von diesen neuen Wächter. Wieso ist er nur hier aufgetaucht? Siehst du, Angel, genau das passiert, wenn der Rat sich in die Dinge einmischt, wovon er sowieso keine Ahnung hat“, beschwerte sich Sarah. Sie blickte Angel an und wußte, er verstand was sie meinte. „Gehen wir“, beschloß er. Die Jägerin nickte und machte sich mit Angel auf den Weg zu Giles‘ Laden. Eine Krisensitzung war jetzt nötig. Sie mußten besprechen wie es nun weiterging.

„Hey, ihr abgedrehten Typen! Kann mir mal jemand verraten wo ich hingebracht werde?“ fragte Faith im Wagen. „Wir werden uns um dich kümmern, Jägerin“, sprach einer der Männer. Wesley hatte sie allein gelassen; sie hatten sich an der Straße getrennt. Wesley würde in Sunnydale bleiben während sich der Rat um Faith kümmern würde. „Und was habt ihr mit mir vor?“ fragte Faith neugierig.

Der Wagen hielt an und Faith sah sich um. Sie waren auf einen Hügel, der ziemlich abgeschieden vom Stadtzentrum war. Faith wurde aus dem Wagen gezerrt und in die Wiese geworfen. „Ihr habt ja richtig nette Manieren“, spottete die Jägerin. Sie sah wie einer der Männer eine Waffe in der Hand hatte. Und augenblicklich wurde ihr klar, was man mit ihr vorhatte: Der Rat wollte sie aus dem Weg räumen. Man wollte sie töten.

Soviel zum Thema helfen, dachte Faith bitter und in ihr starb der letzte Rest an Vertrauen, den sie durch Angel wiedergewonnen hatte. Nun war es vorbei. Nie wieder würde sie einem Menschen Glauben schenken. Und nie wieder würde sie das glauben, was man ihr erzählte. Doch so einfach werde ich es euch nicht machen, dachte Faith entschlossen und sie tastete unauffällig den Boden ab.

Faith griff nach einen kleinen, abgebrochen Ast. Er war genau richtig um die Handschellen zu lösen. Sie fummelte kurz herum und dann gaben die Handschellen ein leises, kaum hörbares Klicken von sich. Der Widerstand gab nach. Jetzt seit ihr dran, dachte Faith und ein leichtes Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Bringen wir es hinter uns und teilen den Rat das Ergebnis unseres Auftrages mit“, sprach einer der Männer.

Die anderen beiden – die bei ihm waren – nickten bloß zustimmend. „Nun, Jägerin, für deinen Verstoß gegen unsere Regeln wirst du jetzt deine gerechte Strafe bekommen“, sprach der Mann und er richtete seine Waffe auf Faith. Faith blickte zu ihm hoch und ein breites Grinsen umspielte ihre Lippen. „Tja, tut mir leid, aber ich werde heute Nacht nicht sterben“, sprach sie. Mit diesen Worten sprang sie hoch und trat ihrem Gegner die Waffe aus der Hand.

Bei ihrer Bewegung fielen die Handschellen in das Gras. „Wie kannst du es wagen, dich gegen den Befehl des Rates zu stellen? Du mußt dich unseren Befehlen unterwerfen“, sprach der Mann mit kalter Stimme. „Ich denke nicht“, erwiderte Faith und sie schlug ihn nieder. „Greift sie euch“, befahl der Mann stöhnend. Seine beiden Begleiter zögerten einen Moment. „Nun, kommt schon“, forderte Faith sie auf.

Gleichzeitig stürzten sich die Beiden auf Faith. Doch Faith duckte sich unter ihren Angriff hinweg und trat den einen gegen die Knie, so das er zusammen brach und den anderen beförderte sie mit einen gezielten Schlag in das Land der Träume. Zufrieden betrachtete Faith ihr Werk einen Moment und beschloß dann zu fliehen. Sie verschwand zwischen den Bäumen und begab sich auf den schnellstens Weg zurück in die Innenstadt von Sunnydale.

[Eine halbe Stunde später]

Richard Wilkins blickte aus seinem Fenster und betrachtete die Dunkelheit. Er spürte, wie die Macht in ihm langsam wuchs. „Nur schade, daß mein Handlanger tot ist“, murmelte der Bürgermeister Sunnydales. Doch der Tod von Allan Finch traf ihn nicht sehr. Er hatte Pläne, die durchzuführen waren. Und er würde an seinen Zielen festhalten. Niemand konnte ihn stoppen. Schon bald würde er die Belohnung für sein langes Warten bekommen.

Ein Klopfen an seiner Tür ließ ihn aufsehen. Richard blickte auf die Uhr in seinen Büro. Es war schon spät. Wer konnte das noch sein? Der Bürgermeister zuckte leicht mit den Schultern und öffnete die Tür. Überrascht zog er eine Augenbraue hoch. Vor ihm stand Faith, die zweite Jägerin. Mit einen selbstzufriedenen Grinsen blickte sie ihn an. Augenblicklich wußte Richard Wilkins, das die Jägerin etwas von seinen Plänen wußte.

„Ich hab gehört bei Ihnen ist eine Stelle frei geworden, Bürgermeister“, sprach Faith lässig. „Wieso sollte ich dir einen Job geben?“ „Weil ich Ihnen bei Ihren Weltuntergangsplänen helfen kann“, teilte Faith ihm mit. Ein Lächeln huschte über die Lippen des Bürgermeisters. „Komm rein“, bat er die junge Frau. Faith betrat das Büro und wußte, das sie sich einigen würden. Der Bürgermeister nickte leicht. Das war genau die Hilfe, die er brauchte, um sich die Jägerin und ihre Freunde vom Hals zu halten.

~ 10. ~

„Wie konnten Sie das tun?“ rief Sarah wütend. Sie starrte Wesley an, den sie im Laden angetroffen hatte. „Es war meine Pflicht“, erwiderte der Wächter ruhig. „Ihre Pflicht? Wir hätten die Schwierigkeiten mit Faith schon geregelt. Angel hatte sie fast soweit. Aber dank Ihnen wird Faith uns nun nie mehr vertrauen. Warum haben Sie sich bloß eingemischt?“ „Eine Jägerin, die einen unschuldigen Menschen tötet, ist ein Fall für den Rat. Zivilisten und ein Vampir können das nicht regeln“, widersprach Wesley der ersten Jägerin.

Eisig blickte Sarah den Wächter an. Angel legte ihr eine Hand auf den Arm. Die Berührung beruhigte ihre Nerven ein wenig. So war es immer, wenn Angel sie berührte. „Der Rat wird die Sache mit Faith regeln.“ „Die Frage ist nur: Wie?“ mischte sich Giles ein. „Mr. Giles ...“, begann Wesley. „Sie haben einen großen Fehler gemacht“, unterbrach Giles den anderen Wächter.

„Angel hatte Faith schon soweit das sie ihm vertraute. Sie war soweit auf ihn zu hören. Faith war bereit sich den Konsequenzen ihrer Tat zu stellen. Sie haben Faith ins Verderben gestürzt“, warf Giles Wesley vor. Doch diese Worte schienen Wesley nicht sehr zu beunruhigen. Er war uneinsichtig. Seiner Meinung nach ... hatte er das Richtige getan. „Meine Entscheidung – den Rat davon in Kenntnis zu setzen – war absolut im Bereich des Richtigen“, sprach Wesley.

„Nein, war es nicht“, widersprach Sarah heftig. In diesem Moment klingelte das Mobiltelefon von Wesley. „Entschuldigt mich“, sprach er als er danach griff und sich ein paar Schritte von den Anwesenden entfernte. „Ich glaube es einfach nicht! Was bildet dieser Kerl sich eigentlich ein? Er taucht einfach hier auf und glaubt, uns sagen zu können, wie wir gegen die Mächte der Finsternis vorzugehen haben? Der hat doch keine Ahnung was hier los ist“, sprach Sarah wütend.

„Ich kann deine Wut verstehen, Sarah, aber damit erreichst du nichts“, versuchte Giles sie zu beruhigen. „Was wird nun aus Faith? Was werden die mit ihr machen, Giles?“ mischte sich Xander ein. Sarahs Wächter zuckte leicht mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Es kann sein ... das ...“ „... Das sie Faith töten“, beendete Sarah Giles‘ Satz. Giles nickte zustimmend. „Mein Gott“, flüsterte Willow geschockt.

Als Wesley wieder zu der Gruppe zurück kam war jegliche Farbe aus seinen Gesicht gewichen. „Was ist passiert?“ fragte Sarah sofort, die spürte, daß irgend etwas nicht in Ordnung war. „Faith konnte fliehen“, sprach Wesley mit schockierter Stimme. Die Freunde wechselten einen Blick miteinander. „Sie konnte ihrer Eliteeinheit also entkommen?“ hakte Sarah nach. Wesley nickte leicht.

„Und jetzt?“ Fragend blickte Sarah ihren Wächter an. „Jetzt haben wir eine böse Jägerin in der Stadt“, murmelte Giles ernst. „Aber was wird Faith jetzt tun?“ fragte Sarah. „Sie wird dorthin gehen, wo sie Macht erhält“, mischte sich Angel ein. Giles nickte zustimmend. „Es könnte sein ...“, begann er. „Was könnte sein?“ hakte Sarah nach. „Nun, ich habe ein wenig recherchiert – über den besagten Aufstieg.“ „Und?“ „Ich weiß, das der Aufstieg irgendein wichtiges Ereignis für die Dämonen ist. Mehr habe ich noch nicht in Erfahrung bringen können“, teilte Giles der Gruppe mit.

„Das heißt, der Bürgermeister hat sich mit den Mächten der Finsternis verbündet?“ Giles nickte leicht. „Davon müssen wir ausgehen.“ „Dann wird sie ihm ihre Dienste anbieten“, sprach Angel. „Dann ist Faith uns also wirklich entglitten. Sie steht jetzt auf der Seite des Bösen“, stellte Sarah ruhig fest. „Ja.“ „Okay, wenn Faith sich dem Bürgermeister angeschlossen hat und auf uns etwas zukommt, was wir nicht kennen, sollten wir anfangen etwas zu unternehmen. Wir sollten herausfinden was genau der Aufstieg ist und was unser Bürgermeister vorhat“, beschloß die Jägerin.

Sie warf Wesley einen bitteren Blick zu. „Ich bin gewiß nicht mit Ihrer Handlungsweise einverstanden. Aber wir haben jetzt andere Probleme. Wagen Sie es nie mehr sich ohne mein Wissen in Dinge einzumischen, die Sie nicht verstehen. Und wenn Sie dieses Chaos schon angerichtet haben, dann machen Sie sich nützlich und unterstützen Sie Giles bei seinen Recherchen“, wies Sarah den jüngeren Wächter scharf an. Dieser schluckte schwer und nickte leicht.

„Du solltest nach Hause gehen und ein wenig schlafen, Sarah“, sprach Giles besorgt, der sah, wie Sarah herzhaft gähnte. „Ja, Sie haben recht. Kommen Sie hier alleine klar?“ „Natürlich. Wir besprechen alles weitere morgen. Ich schätze, du wirst deine ganzen Kräfte für die nächsten paar Wochen brauchen. Ich weiß zwar noch nicht, was genau der Aufstieg ist, aber ich ahne, das etwas großes auf uns zu kommt.“ „Und ich werde mich darüber nicht freuen“, stellte Sarah trocken fest.

„Nun, ich werde jetzt gehen. Begleitest du mich, Angel?“ fragte sie, obwohl sie wußte, das diese Frage überflüssig war. Sarah zog ihre Jacke an und wandte sich der Tür zu. „Sarah!“ Sie drehte sich zu ihrem Wächter um. „Ja?“ „Es ist nicht deine Schuld. Du hast getan, was du konntest, um Faith zu retten. Gib dir nicht die Schuld an ihrem Fall. Letztendlich hat Faith diese Entscheidung allein getroffen.“ Sarah nickte leicht und verließ mit Angel den Laden.

Angel brachte Sarah sicher nach Hause und verabschiedete sich mit einen zärtlichen Kuss von ihr. Er mußte selbst nach Hause, wenn er nicht ein ungewolltes Sonnenbad nehmen wollte. Instinktiv wußte der Vampir, daß die nächsten Tage für sie alle hart werden würden. Dieser besagte Aufstieg des Bürgermeisters beunruhigte ihn. Er wußte nicht, was es war; hatte noch nie davon gehört. Und alle Gefahren, die Sarah betrafen, beunruhigten ihn. Und während Angel ein paar Stunden Schlaf nachholte, fiel auch die Jägerin in einen tiefen Schlaf.

Sarah wachte von den friedlichen Gezwitscher der Vögel am nächsten Morgen auf. Verschlafen streckte sie sich und schlug die Bettdecke zurück. Sie hörte ihre Mutter, die in der Küche herumwerkelte. Sarah strich sich durchs Haar und blickte auf den Wecker. Es war kurz vor acht Uhr. Sie hatte an diesen Tag frei, da sie keine Vorlesung hatte. Das kam Sarah nur recht. Sie hatte im Moment wirklich andere Probleme als ihre Vorlesungen.

Die Jägerin band sich ihr zerzaustes Haar zurück und stand auf. Sie folgte den Geräuschen im Haus und ging in die Küche. „Guten Morgen“, murmelte sie und holte aus dem Kühlschrank sofort den Orangensaft. „Guten Morgen, Liebling! Warum bist du schon so früh auf? Du mußt doch heute nicht in die Uni.“ „Ich kann nicht mehr schlafen.“ Sarah setzte sich auf einen der Hocker. „Die Post hat heute Morgen etwas für dich gebracht“, sprach sie und reichte Sarah einen weißen Umschlag.

„Von wem ist der?“ „Keine Ahnung. Ich lese deine Briefe nicht. So, ich muß jetzt los. Die Galerie wartet auf mich.“ „Okay.“ „Bist du heute Mittag hier oder im Laden?“ „Ich weiß nicht, wie lange das im Laden dauert.“ „Gibt es Probleme?“ fragte Joyce besorgt. Sarah zuckte leicht mit den Schultern. „Das weiß ich noch nicht. Aber, Mom, tue mir den Gefallen und geh Faith aus dem Weg, ja?“ „Wie meinst du das?“ Sarah seufzte leise.

„Faith steht ... nicht mehr auf unserer Seite. Sie kämpft jetzt auf der Seite des Bösen. Sie ... ist ... keine gute Jägerin mehr.“ „Oh.“ „Sei also bitte vorsichtig, wenn du ihr begegnest, ja?“ „Das mache ich. Das renkt sich schon wieder ein.“ „Ich hoffe es. Aber wir glauben, das sich in der Dämonenwelt etwas tut. Nur können wir nicht sagen, was genau es ist. Keine Sorge, Mom! Giles wird schon in Erfahrung bringen was los ist. Und wenn wir es wissen, können wir es auch bekämpfen“, sprach Sarah schnell. Sie wollte ihre Mutter nicht unnötig beunruhigen. Joyce nickte leicht und verließ das Haus.

Sarah blickte auf den Briefumschlag und öffnete ihn. Neugierig entfaltete sie das Blatt Papier. Sie erstarrte förmlich, als sie las, von wem der Brief stammte. „Das kann nicht sein. Das ist doch unmöglich“, flüsterte die Jägerin kopfschüttelnd. Einen Moment starrte sie darauf, ohne auch nur ein Wort zu lesen. Sarah trank einen Schluck des Orangensaftes und widmete sich dann dem Brief. Wenn er ihr wirklich geschrieben hatte, mußte es von großer Wichtigkeit sein.

Liebe Ms. Summers,

Wenn Sie diesen Brief lesen, dann lebe ich nicht mehr. Doch mein Tod soll nicht umsonst gewesen sein. Sie, als Jägerin, müssen erfahren, was auf Sunnydale zukommt. Denn Sie sind der einzige Mensch, der diese Katastrophe verhindern kann.
Unser Bürgermeister, Richard Wilkins III., plant etwas schreckliches. Als Mensch und auch als sein Stellvertreter kann ich das nicht verantworten. Ich kann nicht zulassen, was er vorhat. Richard Wilkins ist mehr als ein harmloser Mensch. Er steht in Kontakt mit den Mächten der Finsternis. Er stellt eine große Bedrohung für die Menschen dar, wenn Sie es nicht schaffen, ihn zu stoppen.
Bürgermeister Wilkins plant den Aufstieg. Ich weiß selbst nicht genau, was der Aufstieg bedeutet. Aber ich habe soviel mitbekommen, das er ein großes, bedeutendes Ereignis für die Dämonen darstellt. Soviel ich weiß, kommen mit dem Aufstieg neue, stärkere Dämonen auf die Erde.
Was auch immer der Aufstieg zu bedeuten mag, er würde das Ende der Menschheit bedeuten. Sie müssen das verhindern. Retten Sie die Welt, Ms. Summers. Sie sind die Einzige, die Bürgermeister Wilkins aufhalten kann. Stoppen Sie den Aufstieg und durchkreuzen Sie seine Pläne. Der Aufstieg darf niemals stattfinden.

Hochachtungsvoll
Ihr Allan Finch, stellvertretender Bürgermeister von Sunnydale

Langsam glitt Sarah der Brief aus der Hand. Es war, als hätte Allan Finch geahnt, das er nicht überleben würde. Sarah schüttelte fassungslos den Kopf. Er hatte diesen Brief geschrieben, damit sie auf jeden Fall gewarnt war und damit sie etwas gegen den Bürgermeister unternahm. Nun hatte sie den Beweis: Es war tatsächlich der Bürgermeister von Sunnydale, der etwas dämonisches plante. Davon mußte sie Giles in Kenntnis setzen. Sarah lief nach oben und zog sich an. Ihr Wächter mußte erfahren, was Allan Finch ihr mitgeteilt hatte.

„Das klingt nicht sehr gut“, murmelte Giles, nachdem er den Brief gelesen hatte. „Was denken Sie, Giles?“ hakte Sarah nach. „Es scheint, als hätte Mr. Finch geahnt, das er sterben würde. Vielleicht dachte er, der Bürgermeister war hinter ihm her. Er konnte ja nicht wissen, das es eine Jägerin ist, die ihn tötet. Aber anscheinend hatte er Angst dich nicht mehr rechtzeitig warnen zu können. Deshalb hat er als Vorsorge diesen Brief abgeschickt, denke ich“, sprach Giles mit ernster Miene.

„Haben Sie etwas heraus gefunden?“ Verneinend schüttelte er den Kopf. „Es ist ... als existiert der Aufstieg gar nicht. Aber wir wissen, das er stattfindet. Leider haben wir noch keine Informationen heraus gefunden, die uns weiter helfen. Es ist zum verrückt werden.“ Sarah ließ sich schwach neben Oz auf einen Stuhl fallen. „Es ist frustrierend. Ich meine, Faith hat sich dem Bürgermeister angeschlossen und weiß inzwischen sicher, was es mit dem Aufstieg auf sich hat. Und wir ... wir suchen die berühmte Stecknadel im Heuhaufen“, stöhnte die Jägerin.

„Wo ist eigentlich Wesley?“ fragte sie, als ihr auffiel, das der jüngere Wächter nicht anwesend war. „Ich habe ihn nach Hause geschickt. Wesley ist im Hotel und schläft sich aus.“ „Und wo ist der Rest?“ „Xander schläft sicher noch und Willow hilft ihrer neuen Zimmerkollegin beim Einzug“, teilte Oz der Jägerin mit. „Und wie ist sie?“ „Ich weiß es nicht. Ich habe sie noch nicht kennen gelernt. Aber du kennst ja Willow. Sie ist stets hilfsbereit.“ „Ich weiß. Na gut, dann schaue ich zuerst bei Willow vorbei und dann bei Angel. Oz, sagst du Xander Bescheid, daß wir heute Abend seine Hilfe brauchen?“ „Krisensitzung?“ „So ähnlich“, erwiderte Sarah als sie schon bei der Tür war. „Ich werde mich darum kümmern“, sprach der Musiker, aber da war Sarah schon gegangen.

Sarah betrat das Wohnheim des Campus, wo Willow lebte. Sie ging in den ersten Stock hinauf und klopfte an die angelehnte Tür des Zimmers. Neugierig blickte Sarah um die Ecke. „Hi“, sprach sie fröhlich. „Sarah, was machst du den hier“ „Bist du allein?“ fragte sie, nachdem sie sich einen kurzen Überblick verschafft hatte. „Ja, im Moment jedenfalls.“ Sarah betrat das Zimmer und blickte in die Kartons, die herumstanden.

„Hast du heute Abend Zeit?“ „Für Recherchen?“ „Ja, wir müssen erfahren, was genau dieser Aufstieg ist. Ich habe heute einen Brief von Allan Finch bekommen.“ „Aber ... wie ist das möglich? Immerhin ist er doch tot“, sprach Willow mit einer Falte in der Stirn. Über Sarahs Lippen huschte ein kleines, trauriges Lächeln. Sie hatte noch immer am Tod des stellvertretenden Bürgermeisters zu knabbern.

„Er muß den Brief vor seinen Tod geschrieben haben. In diesen Brief hat er mich eindringlich vor dem Aufstieg gewarnt. Er meinte, ich muß den Bürgermeister unbedingt aufhalten, sonst stehen wir wahrscheinlich wieder einmal vor dem Ende der Welt.“ „Hast du den Brief dabei?“ „Nein, ich habe ihn bei Giles gelassen. Giles ist derselben Meinung wie ich. Etwas großes kommt auf uns zu. Wir können uns aber nicht auf etwas vorbereiten, von dem wir nicht wissen, was genau es ist“, erzählte die Jägerin.

„Sarah, wir werden schon erfahren, was es ist, keine Sorge. Bis jetzt haben wir immer alles heraus bekommen, oder?“ sprach Willow aufmunternd. „Du hast recht. Sag mal, wie ist deine neue Zimmerkollegin?“ „Ihr Name ist Tara. Sie scheint ganz nett zu sein. Ein wenig scheu, aber ... ich glaube, ich werde mich gut mit ihr verstehen.“ „Das freut mich für dich. Nun, ich geh dann mal. Immerhin wollte ich noch zu Angel. Wir sehen uns dann heute Abend im Laden.“ „Ja, ich werde da sein“, versprach Willow.

An der Tür begegnete Sarah der neuen Mitbewohnerin ihrer besten Freundin. „Hi, ich bin Sarah“, stellte sich die Jägerin locker vor und sie reichte dem blond gefärbten Mädchen die Hand. „Hi“, sprach sie scheu. Sarah drehte sich ein letztes Mal zu Willow um. „Ich bin jetzt weg“, sprach sie. Sie drängte sich an Tara vorbei und ging den Gang hinunter, den sie gekommen war.

„Das war meine beste Freundin“, erklärte Willow als Tara einen weiteren Karton auf ihren Bett abstellte. „Sie ist nett. Du wirst sie sicher mögen.“ „Wohnt ... sie nicht hier?“ fragte Tara zögernd. „Nein, Sarah lebt im Haus ihrer Mutter. Das ... ist etwas kompliziert. Ist das der letzte Karton?“ wechselte das rothaarige Mädchen geschickt das Thema. „Ja. Danke, daß du mir hilfst. Ohne dich wäre ich sicher nicht so schnell fertig mit meinen Einzug.“ „Keine Ursache, das mache ich doch gern. Ich bin mir sicher, wir werden uns gut verstehen“, sprach Willow und sie half Tara dabei, sich im Studentenwohnheim einzurichten.

Bürgermeister Wilkins blickte aus dem Fenster seines Büros. „Faith, ich habe einen Auftrag für dich“, sprach er und drehte sich zu ihr um. Sie saß auf einen Stuhl und ließ ihre Beine locker über die Lehne baumeln. Kopfschüttelnd betrachtete er sie. Er ging zu ihr und stieß ihre Beine von der Lehne. „Setz dich bitte aufrecht hin. Von dieser Haltung bekommst du bloß eine schiefe Wirbelsäule“, tadelte er sie sanft.

Faith verdrehte die Augen. Ihr neuer Chef hatte ihr eine traumhafte Wohnung besorgt. Dafür war sie ihm sehr dankbar, aber er achtete auch darauf, das sie nicht zu ausfallend wurde. Irgendwie war er wie ein Vater zu ihr. „Was für einen Auftrag?“ hakte sie nach. Richard Wilkins setzte sich ihr gegenüber und schenkte ihr ein freundliches, fast väterliches Lächeln. „Der Aufstieg kommt immer näher, wie du weißt. Und ich muß mich darauf vorbereiten“, begann er.

„Ich weiß. Also, was soll ich tun?“ „Sei nicht so ungeduldig. Übe dich bitte mehr in Geduld“, tadelte er sie sanft, aber bestimmt. „Entschuldigung“, murmelte die jüngere Jägerin. „Bevor ich dir mitteile, was du für mich erledigen sollst, habe ich ein Geschenk für dich.“ „Ein Geschenk?“ fragte Faith neugierig. Der Bürgermeister nickte und reichte ihr eine mittelgroße Schachtel, die er aus der Schublade seines Schreibtisches holte. Faith tat das blaue Band, das darum gebunden war, ab und öffnete die Schachtel. Darin lag ein traumhaftes, fein geschliffenes Messer mit breiten Griff.

„Wow“, sprach sie begeistert und nahm das Messer in die Hand. „Das ist wirklich für mich?“ „Ja. Ich wußte sofort, als ich es sah, das es dir gefallen würde. Nun zu deinem Auftrag: Ich erwarte in wenigen Tagen eine Lieferung. Sie kommt in zwei Wochen im Hafen an. Ich will, daß du sie abholst und sicher hierher bringst.“ „Das ist schon so gut wie erledigt. Und was soll ich abholen?“ „Die Box von Gavrock, die ich für meinen Aufstieg benötige.“ „Ich werde sie sicher herbringen, wenn sie angekommen ist“, versprach Faith. Richard Wilkins lehnte sich zurück und nickte leicht. Ja, Faith würde die Box sicher zu ihm bringen.

~ 11. ~

Trotz all der Sorgen, die sich das Team rund um Sarah wegen des Aufstiegs machte, gab es auch etwas erfreuliches. Sarah neunzehnter Geburtstag war gekommen. Innerhalb eines kleinen, intimes Kreises wollten sie feiern – so wie Sarahs Freunde es geplant hatten. Joyce Summers hatte Sarahs Gang, die schon längst zu ihrer Familie geworden waren, in ihr Haus eingeladen um den Geburtstag ihrer Tochter zu feiern.

„Finger weg, Sarah“, tadelte Joyce ihre Tochter als diese eines der Häppchen, die ihre Mutter gemacht hatte, probieren wollte. „Mom, immerhin ist es mein Geburtstag“, protestierte Sarah. „Noch sind deine Gäste nicht da. Die Häppchen werden erst gegessen, wenn alle da sind.“ Sarah verzog die Lippen zu einen schiefen Grinsen. Sie seufzte leise. „Kann ich dir irgendwie helfen?“ fragte sie.

„Nein, Liebes! Das ist dein Geburtstag. Ich bin sowieso gleich fertig.“ „Du willst mich bloß loswerden. Sag doch gleich, wenn ich die Küche verlassen soll“, sprach Sarah. Joyce schenkte ihrer Tochter ein mütterliches Lächeln und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. In diesem Moment klingelte es an der Tür. „Würdest du bitte aufmachen?“ bat sie. „Natürlich. Ich gehe schon“, murmelte Sarah und sie verließ die Küche.

Neben der Garderobe hing ein Spiegel und Sarah kontrollierte noch einmal ihr Aussehen. Ihr Haar fiel ihr lockig über die Schultern. Sie trug einen roten, seidenen Rock, der ihr bis zu den Knöcheln reichte und dazu eine schwarze Bluse. Mit einen Lächeln öffnete Sarah die Tür. „Kommen wir zu spät?“ fragte Xander, der mit Willow und Oz gekommen war. „Nein, ihr seit die Ersten, die da sind“, erwiderte Sarah und sie ließ ihre Freunde eintreten.

„Bringt die Geschenke ins Wohnzimmer. Wollt ihr etwas trinken?“ „Ja.“ Sarah war schon auf den Weg in die Küche als es erneut an der Tür klingelte. „Willow, kannst du bitte aufmachen?“ rief sie. „Natürlich.“ Willow tat ihr diesen Gefallen gerne. „Giles, kommen Sie rein“, forderte sie Sarahs Wächter auf. „Haben Sie Wesley nicht mitgebracht?“ spottete Xander vergnügt.

„Wesley ist nicht eingeladen“, sprach Sarah hinter ihrem Wächter. Sie hatte ein Tablett mit Sektgläsern bei sich. „Dürfen wir heute überhaupt? Was ist, wenn ...“, meinte Willow besorgt. „Keine Dämonen heute, Willow. Ich will heute nichts davon hören. Und natürlich dürfen wir. Wenn nicht heute, wann dann?“ „Sie hat recht“, stimmte Xander ihr zu und die Freunde nahmen sich jeder ein Glas.

In diesen Moment blickte Sarah auf. Ein wohliger Schauer lief über ihren Rücken. „Angel ist auch schon da.“ „Woher weißt du das? Immerhin hat es noch nicht an der Tür geklingelt“, sprach Xander verwundert. „Ich spüre ihn“, erklärte Sarah nur knapp und sie öffnete die Tür, bevor Angel die Klingel betätigte. „Hi“, grüßte sie mit einen glücklichen Lächeln. Angel musterte sie einen Moment. Liebevoll erwiderte er ihr Lächeln.

„Die Beiden sind mir manchmal wirklich ein Rätsel“, murmelte Xander während der Vampir die Jägerin zärtlich küßte. „Dann sind ja alle da“, sprach Joyce. „Mr. Giles, könnten Sie mir einen Moment helfen?“ bat sie. „Natürlich.“ „Helfen? Wobei?“ fragte Sarah neugierig. „Du setzt dich ins Wohnzimmer und läßt dich überraschen“, wies Joyce ihre Tochter an. Sarah seufzte leise und tat, was ihre Mutter ihr befahl.

Wenig später trugen Joyce und Giles einen Geburtstagskuchen mit neunzehn angezündeten Kerzen in den Raum und stellten ihn auf den Couchtisch ab. „Blas sie aus und wünsche dir etwas“, sprach Joyce. Sarah holte tief Luft und pustete die Kerzen in einen Zug aus. „Und was hast du dir gewünscht?“ fragte Xander neugierig. „Xander, das sagt man nicht, sonst geht es nicht in Erfüllung“, tadelte Willow ihn.

Ein Lächeln huschte über Sarahs Lippen. „Ich habe mir nichts gewünscht.“ „Was? Wieso nicht?“ Sarah blickte Angel an. „Weil ich schon alles habe, was es zu wünschen gibt. Mein größter Wunsch ist schon erfüllt worden.“ „Und das wäre?“ hakte Xander nach. Sarah griff nach Angels Hand. „Angel ist zurück gekommen“, erklärte sie ruhig. „Kann ich jetzt meine Geschenke aufmachen?“ wechselte sie das Thema, da sie wußte, Angel sprach nicht gerne über seine Rückkehr und seine schwere Zeit in der Dämonendimension.

„Sicher. Hier, das ist von mir und Oz“, sprach Willow und sie reichte Sarah ihr Geschenk. In der Schachtel befand sich ein weißer Kaschmirschal. „Der ist wunderschön und so weich. Danke, Willow“, sprach Sarah und sie umarmte ihre beste Freundin und dann deren Freund. „Muß ich mich bei dir einstellen, das dein Geschenk aus dem Supermarkt ist, Xander? Immerhin hast du ja nicht viel Geld“, witzelte Sarah als Xander ihr ein kleines Päckchen überreichte.

„Sehr komisch“, kommentierte der schwarzhaarige Junge. „Ich hoffe, es gefällt dir. Sei vorsichtig, es ist zerbrechlich“, warnte er sie. Sarah berücksichtigte seine Warnung und tat das Geschenkpapier ab. Hervor kam ein silberner Fotorahmen, indem ein Foto von Sarah, Willow, Oz, Xander und Giles war. „Danke, Xander. Das ist ...“ „Ich dachte mir, ich schenke dir etwas, was dich immer an unsere Freundschaft erinnert“, sprach er. „Das bedeutet mir sehr viel“, sprach Sarah rührend als sie ihn umarmte.

„Alles Gute zum Geburtstag, Schatz“, sprach Joyce. Fassungslos blickte Sarah auf die alten Perlenohrringe ihrer Mutter, die auf dunkelroten Samt lagen. „Mom, das ist ...“ „Die sind aber schön“, kommentierte Willow. „Die durften ich früher doch nie tragen.“ „Damals warst du noch ein Kind, Liebes. Doch jetzt bist du eine junge, erwachsene Frau. Meine Mutter schenkte mir diese Ohrringe zu meinen neunzehnten Geburtstag. Sie sagte damals zu mir, das sie mir Glück bringen sollen. Und dasselbe sage ich dir jetzt.“ „Danke, Mom“, erwiderte Sarah mit trockener Stimme und sie drückte ihre Mutter fest an sich.

Als nächstes war das Geschenk von Giles dran. „Oh ... eine Taschenuhr“, sprach sie irritiert. „Ich möchte dir gern die Geschichte dazu erzählen.“ Neugierig blickte Sarah zu ihrem Wächter auf. „Ich war achtzehn als ich vollends in die Dienste des Rates kam und von ihnen unterrichtet wurde. Damals wurde ich von aus dem heilen Haus meiner Familie genommen. Mein Vater, der selbst Wächter war, wie du weißt, gab mir diese Uhr. In meiner Familie ist es Tradition diese Uhr an einen Menschen weiterzugeben, den man liebt und der das Haus verläßt“, erzählte Giles ruhig.

„Du weißt, wie sehr dein Wohl und du mir am Herzen liegt und in gewisser Weise hast du als Jägerin schon längst mein Haus verlassen, in dem ich dich unterrichtet habe. Auch als Jägerin bist du erwachsen geworden. Du bist reifer geworden, Sarah. Ich habe gesehen wie du dich weiter entwickelt hast und wie du heute mit deiner Bestimmung umgehst. Deshalb möchte ich, das du diese Uhr nimmst. So wie ich einst das strenge Haus meines Vaters verließ, so hast du nun auch mein Haus verlassen.“ Sarah seufzte leise und strich leicht über die Taschenuhr.

Sie stand auf und umarmte ihren Wächter. „Ich danke Ihnen, Giles“, flüsterte sie an seinen Ohr. „Ich bin sehr stolz auf dich, Sarah.“ Sarah blickte ihren Wächter einen Moment in die Augen. „Ich werde gut auf diese Uhr aufpassen, Giles. Es bedeutet mir sehr viel. Und auch, wenn ich Ihre Schule verlassen habe, Giles, werden Sie mir immer wichtig sein. Ich brauche Sie.“ „Ich weiß“, erwiderte er mit einen leichten Nicken.

Sarah drehte sich zu Angel um. „Und was hast du für mich?“ Doch ihr Blick sagte ihm, das seine Nähe und seine Anwesenheit schon Geschenk genug für sie war. „Es wartet oben in deinen Zimmer auf dich“, teilte Angel ihr leicht lächelnd mit. „In meinen Zimmer? Als ich vorhin oben war, war noch nichts dort.“ „Ich weiß.“ „Du hast es dort deponiert, bevor du klingeln wolltest“, stellte Sarah fest. „Ja.“ „Na gut, dann sehe ich es mir mal an“, sprach sie und ging nach oben.

Angel folgte ihr, während Joyce den anderen ihre Häppchen anbot, an denen Sarah vergeblich versucht hatte, zu naschen. Sarah stieß die Tür auf und machte Licht. Auf dem Bett lag eine Schachtel, die von einer dunkelroten Schleife umbunden war. Angel lehnte am Türrahmen, während Sarah sich auf das Bett setzte und die Schleife abnahm. Neugierig nahm sie den Deckel ab. Sie rechnete mit allem, nur nicht mit dem, was sie in der Schachtel vorfand.

Vier Bücher, von denen eins ungefähr die Größe eines A4-Blockes hatte, lagen darin. Sie waren alt und die Seiten waren zerknittert und etwas vergilbt. „Das verstehe ich jetzt nicht. Was ist das, Angel?“ fragte die Jägerin irritiert und sie blickte zu ihm. Angel schloß die Tür hinter sich und kam zu ihr. „Das ist mein Leben, Sarah. Das sind die Tagebücher über mein Leben, die vor langer Zeit jemand aus dem Rat geschrieben hat“, erklärte Angel. Er war sich nicht so sicher, ob Sarah ihr Geschenk gefallen würde. Und er wußte, das was sie lesen würde, würde sie tief in seine Seele und sein früheres Leben blicken lassen. Er wußte nicht, ob sie das, was sie erfahren würde, gut finden würde. Aber er wollte keine Geheimnisse mehr vor ihr haben. Sie sollte alles erfahren.

„Hast du sie etwa vom Rat geklaut?“ „Nein. Giles kann dir bestätigen, daß es vor langer Zeit einmal im Hauptquartier des Rates gebrannt hat. Viele, wertvolle Dokumente sind teils verbrannt und teils spurlos verschwunden. Viele sind einfach verschollen und nicht mehr aufgetaucht. Ich habe einige Hebel in Bewegung setzen müssen, um diese Bücher ausfindig zu machen.“ „Aber warum ... schenkst du mir sowas?“ fragte Sarah.

„Diese Bücher erzählen dir das Leben, das ich früher geführt habe. Dir wird nicht gefallen, was du liest. Aber ich will, daß du es weißt. In diesen Büchern steht mein gesamtes Leben bis zu dem Zeitpunkt, wo ich meine Seele wieder bekommen habe. Ich denke, es ist an der Zeit, das du es endlich erfährst.“ Sarah blickte gebannt auf die Tagebücher, die einst dem Rat gehört hatten.

Dann glitt ihr Blick zu Angel. „Danke, Angel. Ich weiß, das es dir nicht leicht fällt, mir diesen Einblick in dein Leben als Geißel Europas zu geben, aber ... es bedeutet mir unendlich viel, das du mir das trotzdem ermöglichst. Kann ich sie auch Giles zeigen? Er wird sicher daran interessiert sein.“ „Natürlich. Ich denke, du weißt, das die Bücher nur symbolisch sind.“ „Ja, ich weiß, was du mir wirklich damit sagen willst.“ Sarah beugte sich zu ihm und küßte ihn mit all ihrer Liebe.

Ein Klopfen an der Tür ließ die Beiden aufsehen. „Ja?“ Willow öffnete die Tür und steckte den Kopf hinein. „Hast du vergessen, das du Gäste hast, Sarah?“ „Wir kommen gleich“, versprach sie ihrer Freundin. Diese zog sich lächelnd zurück und schloß die Tür wieder. „Ich werde Giles diese Bücher in einer ruhigen Minute geben. Dann, wenn ich sie gelesen habe.“ Angel nickte leicht. „Keine Sorge, ich werde dich nicht hassen. Ich weiß, was du früher warst. Und ich liebe dich so wie du bist, Angel“, beruhigte Sarah ihn.

„Das weiß ich, Sarah. Aber du blickst damit auch tief in meine Seele.“ „Das war doch deine Absicht mit deinen Geschenk, oder?“ „Du kennst mich inzwischen viel zu gut.“ Sarah schenkte ihm ein Lächeln und umarmte ihn. Sie nahmen sich noch einen Moment Zeit, sich zärtlich zu küssen, und gingen dann ins Wohnzimmer zurück. Sarah genoß ihren neunzehnten Geburtstag. Und diesmal gab es keine Dämonen, die ihre friedliche Feier störten. Diesmal konnte sie feiern wie ein ganz normaler Teenager.

~ 12. ~

Das, was Sarah in den Büchern – die Angel ihr geschenkt hatte – gelesen hatte, hatte sie zwar schockiert, aber sie ließ sich davon nicht beeinflussen. Sie kannte seine Vergangenheit. Giles war überrascht gewesen als Sarah ihm die Tagebücher über Angels früheres Leben überreicht hatte. Doch ihm war auch die Bedeutung klar, das Angel ihr diese Bücher geschenkt hatte. Giles hatte versprochen, die Bücher gut aufzubewahren. Aber Sarah wußte auch ohne Giles‘ Versprechen, das es so war.

In der Zwischenzeit hatte auch Xander wieder Freude daran gefunden mit anderen Mädchen auszugehen. Die Sache mit Cordelia war einfach total schief gelaufen. Doch auch die nächste sich anbahnende Beziehung war anders als Xander sich das vorgestellt hatte. Anya war erst seit kurzem ein normales, sterbliches Mädchen. Früher hatte sie den Namen Anyanka getragen und war eine Rachedämonin für Frauen gewesen.

Verletzte Frauen hatten sie um Hilfe gebeten, wenn ihre Männer sie betrogen oder belogen hatten. Anya hatte die Rache dieser Frauen durchgeführt. Doch der Stein, der ihre Macht enthielt, war zerstört worden und so war sie nun im Körper eines sterbliches Mädchens gefangen. Zuerst hatte es ihr nicht gefallen, aber sie hatte sich daran gewöhnt. Nun traf sich Xander mit Anya. Selbst die Tatsache, das sie früher eine Dämonin gewesen war, schreckte Xander nicht ab. Er hatte in seinen jungen Jahren schon viel schlimmeres erlebt.

Sarah und ihre Gang merkte, das sich etwas in Sunnydale tat. Es war, als würden die Dämonen darauf warten, das Richard Wilkins endlich den Aufstieg durchführte. Sie hielten sich zurück. Sarah bemerkte es, wenn sie Patrouille ging, da ihr nicht so viele Dämonen wie üblich begegneten. Die Gang sah das mit Besorgnis. Der Aufstieg schien immer näher zu rücken und noch immer wußten sie nicht, worum es sich beim Aufstieg wirklich handelte.

Ein Geräusch ließ die Jägerin aufsehen. Aufmerksam ließ sie ihren Blick durch die dunkle Nacht gleiten. Sarah wartete noch einen Moment ruhig ab, aber nachdem sich nichts tat, zuckte sie leicht mit den Schultern und ging weiter. Vielleicht war es bloß ein Vogel oder so gewesen. Jedenfalls war es kein Dämon gewesen, ansonsten hätten ihre Instinkte reagiert. Sie ließ den Park hinter sich und betrat einen der vielen, unzähligen Friedhöfe, die Sunnydale vorzuweisen hatte.

Sie ging an der Mauer entlang und als sie um die Ecke bog, erstarrte sie förmlich. Automatisch ging Sarah in Kampfstellung als sie sich Faith gegenüber sah. Ein kaltes Grinsen huschte über Faiths Lippen. „Hi Süße“, sprach sie ironisch. „Ich habe schon gehört, daß du dem Rat entkommen konntest“, sprach Sarah eisig. Die beiden jungen Frauen funkelten sich wütend an.

„Wie du siehst ... ja, es ist mir gelungen“, erwiderte Faith ungerührt. „Faith, wieso hast du dich dem Bürgermeister angeschlossen?“ Ein Lachen entrang sich aus der Kehle der jüngeren Jägerin. „Du hast also schon erfahren, daß er etwas plant.“ „Was immer es ist, wir werden es verhindern“, sprach Sarah entschlossen. „Ihr wißt es also noch nicht. Das wird ihn freuen. Es ist schön, zu sehen, wir ihr im Dunkeln tappt“, spottete Faith zufrieden.

Sarah schüttelte den Kopf. Es war das erste Mal, seit der mißlungenen Sache, das sie Faith wiedersah. Doch bevor sie darauf antwortete und sich auf einen Streit mit der jüngeren Jägerin einließ, horchte sie auf. Ihre Nackenhaare stellten sich auf und ihre Instinkte reagierten. Da war etwas in der Dunkelheit, was ihre inneren Alarmglocken aktivierte. Mit einen kurzen Blick auf ihre neue Feindin, wurde ihr klar, das auch Faith es gespürt hatte.

Im nächsten Augenblick griff Sarah in die Dunkelheit und schleuderte einen Dämon gegen die Mauer. Brutal stieß er dagegen und stöhnte schmerzhaft auf. „Hey, was soll das den?“ protestierte er. Sarah ließ seinen Kragen los und musterte ihn skeptisch. Einen Dämon solcher Art hatte sie noch nie gesehen. Er hatte irgend etwas von einem Troll. Buschige Haare standen von seinen Wangen weg und er trug einen Hut auf den Kopf. 

„Mädels, ich habe etwas, was euch sicher interessiert“, sprach der Dämon, bevor er noch einmal attackiert wurde. „Ach, du hast etwas für uns? Und was soll das sein?“ fragte Faith spöttisch. Der Dämon rückte seinen Pullover zurecht und hob energisch das Kinn. „Ich weiß, das ihr beide am Aufstieg interessiert seit, aber jede steht auf einer anderen Seite. Aber egal! Ich weiß, das euer Bürgermeister etwas bestimmtes dafür braucht.“ „Und das wäre?“ hakte Sarah hellhörig nach.

„Die Books of Ascension“, erwiderte der Dämon. „Die Books of Ascension? Und was soll das sein?“ „Nun, in diesen Büchern steht die Wahrheit über den Aufstieg und auch, wie er richtig durchgeführt wird. Nebenbei bemerkt ... sind die Bücher sehr wichtig für die Dämonenwelt. Na, seit ihr interessiert?“ Sowohl Sarah als auch Faith war daran interessiert – beide jedoch aus verschiedenen Gründen. Diese Bücher konnten Sarah und ihrer Gang helfen ,die Wahrheit über den Aufstieg herauszufinden. Faith und dem Bürgermeister konnten sie beim Aufstieg unterstützen.

„Jedoch kriegt nur eine von euch die Bücher. Und zwar die ... die mir fünftausend Dollar dafür bezahlt.“ „Was? Du willst die Bücher verkaufen?“ fragte Sarah unverständlich. Also das hatte sie noch nie erlebt. Ein Dämon, der käuflich war? Verwirrt schüttelte sie den Kopf. „Nun, überlegt es euch, Jägerinnen! Ihr findet mich in der Straße, wo das alte, verlassene Kino liegt – im Apartmenthaus, erster Stock, Zimmer 42. Wer zuerst bei mir ist und mir die Summe auf den Tisch legt, bekommt die Books of Ascension“, teilte der Dämon ihnen mit und er verschwand, bevor die beiden Jägerinnen ihm noch den Kopf abrissen.

Sarah und Faith blickten sich eindringlich an. Dann schlug Sarah sofort den Weg zu Giles‘ Laden ein, während Faith den Bürgermeister aufsuchte. Jede der Beiden wollte die Bücher haben. Nun stellte sich bloß die Frage, wer von beiden schneller war und sich die Books of Ascension besorgte. Wenn die Bücher in die Hände des Bürgermeister fielen, würde er damit seinen bösen Plan unterstützen. Wenn Sarahs Gang die Bücher bekamen, konnten sie endlich etwas über den Aufstieg erfahren und einen Plan schmieden, diesen zu verhindern.

„Die Books of Ascension?“ wiederholte Giles ungläubig. Sarah nickte bejahend. „Sagt Ihnen das etwas?“ Leicht nickte der ältere Wächter, während Wesley still daneben saß und zuhörte. „Sie stammen von Dämonen. Jedoch wußte ich nicht, das etwas über den Aufstieg in diesen fünf Büchern steht.“ „Anscheinend doch. Was machen wir jetzt, Giles? Faith und Wilkins werden die Bücher sicher auch haben wollen. Immerhin unterstützen sie ihm beim Aufstieg, daß hat jedenfalls dieser Dämon gesagt“, teilte Sarah ihm mit.

„Du hast recht. Du gehst sofort zu diesem Dämon und holst dir die Bücher.“ „Und das Geld? Immerhin habe ich nicht einfach so fünftausend Dollar in der Tasche.“ „Du bringst den Dämon her, dann zahle ich ihn aus.“ „Ich verstehe“, sprach Sarah und sie griff nach ihrem Jagdbeutel. „Ich werde Angel Bescheid sagen, das er nachkommen soll. Vielleicht brauchst du seine Hilfe“, sprach Giles hinter der Jägerin. Sie nickte leicht und war schon bei der Tür draußen.

Zur selben Zeit betrat Faith das Apartmenthaus, in dem sich der Dämon verkrochen hatte. Sie hatte denselben Auftrag wie Sarah. Sie sollte die Bücher holen. Aber der Dämon sollte nicht überleben, daß hatte Richard Wilkins ihr klar gemacht. Sie verstand, worauf er hinauswollte. Und es würde ihr eine Freude sein diesen kleinen Wicht zu töten. Sarah und ihre Hilfssheriffs würden zu spät kommen. Sie würden nie erfahren, was genau in den Books of Ascension stand.

Ohne anzuklopfen trat sie durch die Tür und schloß diese hinter sich. Der Dämon, dessen Namen sie nicht einmal kannte, sah überrascht auf. Doch es interessierte Faith auch nicht wie er hieß. Er würde ohnehin bald sterben. „Oh ... das ging ja schnell. Hast du das Geld?“ fragte er freudig. „Hast du die Bücher?“ erwiderte Faith, ohne auf seine Frage einzugehen. Ein leichtes Lächeln umspielte die Lippen des Dämons.

„Natürlich habe ich die Bücher. Doch zuerst will ich das Geld sehen.“ „Nein, zuerst will ich mir die Bücher ansehen. Ich will sicher gehen, das du mich nicht hintergehst“, stellte Faith klar. Der Dämon dachte einen kurzen Moment nach und nickte schließlich. Er schob unter dem Bett fünf Bücher hervor und ließ Faith den Vortritt. Faith kniete sich auf den Boden und blätterte kurz durch eines der Bücher. Sie waren alt und die Seiten mußten vorsichtig behandelt werden, damit sie nicht einrissen.

Zustimmend nickte Faith. „Und? Wo bleiben meine fünftausend Dollar?“ hakte der Dämon nach. „Du bekommst gleich deine Belohnung“, flüsterte Faith. Unbemerkt griff sie nach dem Messer, das der Bürgermeister ihr geschenkt hatte. Dann erhob sie sich und wirbelte herum. Die Klinge durchtrennte die Kehle des Dämons. Überrascht und entsetzt zugleich riß er die Augen auf. Er röchelte; konnte nicht glauben, das man ihn so hinterging. Sein Körper fiel schwach zu Boden und prallte hart auf, doch er bemerkte es nicht, den zu diesem Zeitpunkt war er schon tot.

Faith achtete nicht auf den leblosen Körper des Dämons, sondern kümmerte sich um die Bücher. Sie hob die fünf Bücher, die schon ein gewisses Gewicht hatten, auf die Arme und stieg über den toten Dämon hinweg. Faith schaffte es, die Bücher auf ihren Armen zu balancieren und gleichzeitig die Tür zu schließen. Niemand in diesem Haus mußte die Leiche der Kreatur frühzeitig bemerken. Es reichte, wenn Sarah sie fand. Dann würde sie auch frustriert feststellen, das die Bücher beim Bürgermeister waren. Ein Grinsen huschte über Faiths Lippen. Diesmal geht der Sieg an mich, dachte Faith zufrieden und sie machte sich auf den Weg zum Bürgermeister.

Eine Viertelstunde später betrat Sarah das Haus und stieg die Stufen in den ersten Stock hoch. Sie hoffte, das sie nicht zu spät kam und Faith noch nicht dagewesen war. Sarah klopfte an die Tür und wartete. Doch niemand machte auf. Erneut klopfte sie an die Tür. Nichts rührte sich in dem Zimmer. Verwirrt runzelte Sarah die Stirn und umfaßte den Türgriff. Leicht drückte sie dagegen und stellte überrascht fest, das die Tür nicht abgeschlossen war.

Vorsichtig und wachsam betrat sie das Zimmer, das im Dunkeln lag. Etwas stimmte hier nicht. Sarah spürte es. Ein unangenehmer Geruch stieg ihr in die Nase. Es war ... als läge eine Leiche in diesen Raum. Sarah tastete nach dem Lichtschalter und als der Raum in künstliches, schwaches Licht getaucht wurde, sah sie auch den Grund dafür, warum ihre Instinkte als Jägerin reagierten.

Ein paar Schritte vor ihr lag die Leiche des Dämons. Sarah sah auf den ersten Blick, das er tot war. Und sie wußte auch sofort, wer das getan hatte. Faith war hier gewesen und hatte ihn getötet. Sarah blickte sich um, doch sie suchte vergeblich nach den Books of Ascension. Faith hatte sie mitgenommen. Seufzend kniete sich Sarah neben den toten Dämon und schüttelte leicht den Kopf. Sie war zu spät gekommen. Die Bücher befanden sich nun im Besitz von Richard Wilkins.

„Tja, diesmal waren wir nicht schnell genug“, flüsterte Sarah und sie erhob sich wieder. Der Dämon hatte eine große, klaffende Wunde am Hals. Blut hatte sich am Boden verteilt. Es war offensichtlich, das Faith dies getan hatte. Daran bestand kein Zweifel. In derselben Sekunde spürte Sarah dieses wohlige Gefühl, das sie immer hatte, wenn Angel sich ihr näherte. Sie blickte zur Tür.

Im nächsten Augenblick sah sie nur wie eine Gestalt leicht ins Rutschen geriet, stolperte und sich wieder fing. „Angel?“ Fragend sah Sarah ihn an. Angel blickte kurz auf den Boden, dann schüttelte er leicht den Kopf. „Der Boden ist ziemlich rutschig“, teilte er ihr mit. Sarah kicherte leise. „Das war wirklich eine komische Einlage. Du hättest dich sehen sollen.“ Angel verzog die Lippen zu einen knappen Lächeln und trat neben sie.

„Faith war schon hier“, stellte er mit einen Blick auf den toten Dämon fest. Sarah widmete ihre Aufmerksamkeit dem eigentlichen Thema. „Und was machen wir jetzt?“ fragte sie Angel. Sarah schmiegte sich leicht in Angels Arme und ließ sich von ihm halten. Angel küßte sie sanft. „Wir sollten zu Giles gehen und ihm Bescheid sagen.“ Sarah nickte. „Ja, er muß es erfahren. Diesmal waren wir nicht schnell genug“, flüsterte sie. An Angels Seite verließ sie das Haus.

„Faith und der Bürgermeister haben jetzt also die Books of Ascension?“ sprach Giles besorgt. Sarah nickte leicht. „Ja, sie waren nicht mehr da und der Dämon war tot. Wenn Sie mich fragen, ein ziemlich eindeutiges Zeichen dafür, das diese fünf Bücher beim Bürgermeister sind“, erwiderte Sarah mit einen leichten Schulterzucken. „Nun ... dann sollten wir uns wieder auf unsere Recherchen konzentrieren“, murmelte Giles. Es war nicht gut, daß sie die Bücher verloren hatten, aber daran konnten sie nun auch nichts ändern. Die Bücher waren ihnen entglitten und damit mußten sie sich abfinden.

~ 13. ~

Unruhig ging Faith auf und ab. Sie wartete am Hafen, wie sie es mit dem Bürgermeister abgemacht hatte. Seine Lieferung sollte an diesen verregneten Abend ankommen. Faith blickte einen Moment zum dunklen Himmel hoch. Düstere Wolken lagen darüber und es regnete leicht. Doch das machte ihr nichts aus. „Schickt Bürgermeister Wilkins Sie?“ fragte auf einmal eine Stimme hinter ihr.

Faith drehte sich um und sah sich einen jungen Mann Anfang zwanzig gegenüber. „Ja.“ Er stellte eine Kiste vor ihr ab. „So, das ist seine Lieferung“, sprach er. Faith blickte auf die Kiste und nickte leicht. Der Mann wartete geduldig. „Richtig, Sie bekommen ja noch etwas“, sprach sie amüsiert. Der Bote nickte leicht. Ein leichtes Lächeln umspielte Faiths Lippen. Sie schlug den Mann hart ins Gesicht und zog ihr Messer.

„Tut mir leid, aber wir können keine Zeugen gebrauchen“, teilte Faith ihm gleichgültig mit. Sie trieb ihm ihr Messer tief in den Bauch und drehte es herum. Ungläubig riß der junge Mann die Augen auf und sackte zusammen. Ein qualvolles Stöhnen glitt über seine Lippen. Faith wischte das blutverschmierte Messer an seinen Hemd ab und steckte es ein. Sie nahm die Box an sich und ging gutgelaunt davon.

Als Faith vor dem Rathaus war, nickte sie einen Wachmann, der eigentlich ein Vampir war, zu und verschwand im Inneren des Gebäudes. Zielsicher ging sie hinauf und stieß die Tür zum Büro des Bürgermeisters auf. „Das ging ja schnell“, stellte er zufrieden fest. „Ich erledige meine Aufträge gründlich“, erwiderte Faith und sie stellte die Kiste auf seinen Schreibtisch ab.

„Nun, sagen Sie mir jetzt, was sich in der Kiste befindet?“ fragte sie neugierig. Richard Wilkins legte ihr einen Arm auf die Schulter und drückte sie leicht. Faith schenkte ihm ein kurzes Lächeln. Faith hatte das Gefühl, das der Bürgermeister der Vater war, den sie niemals hatte. Bei ihm erlebte sie die Stabilität, die ihr immer im Leben gefehlt hatte. Und sie wußte, für ihn war sie eine Art Ersatztochter. Schon bald würde der Aufstieg stattfinden und wenn es soweit war, würde Faith an seiner Seite sein.

„Dies ist die Box von Gavrock“, sprach der Bürgermeister und er strich leicht über die Kiste. „Was befindet sich darin?“ fragte Faith als Richard Wilkins den Deckel hob und in die dunklen Tiefen hinein blickte. Faith lugte über den Tisch und wollte einen Blick hinein werfen, aber da schlug der Bürgermeister den Deckel zu. „Das ist nichts für deine Augen, meine Kleine. Es würde dir nicht gefallen“, sprach er kopfschüttelnd.

„Kommen Sie schon! Nur ein kleiner Blick“, versuchte Faith es erneut. Doch Richard Wilkins verbot es ihr. „Na schön! Aber dann sagen Sie mir, wozu Sie diese Box brauchen“, sprach Faith. Der Bürgermeister seufzte leise und setzte sich in seinen Schreibtischsessel. Er lehnte sich zurück und blickte Faith ruhig an. „Die Box von Gavrock ist äußerst wichtig für meinen Aufstieg. Sie hält meine Macht auf eine gewisse Art. Diese Box enthält eine dämonische Energie, die ich für den Aufstieg benötige. Befriedigt das deine Neugier?“ „Nicht wirklich, aber ich werde mich damit begnügen müssen, oder?“ Der Bürgermeister nickte leicht. „Allerdings“, sprach er. Erwartungsvoll blickte er auf die Box von Gavrock. Ja, der Inhalt dieser Kiste würde ihm helfen, seine Macht richtig zu entfalten.

Was Faith nicht wußte, war, das Sarah sie beobachtet hatte wie sie diese geheimnisvolle Kiste zum Bürgermeister ins Rathaus gebracht hatte. Sarah schüttelte leicht den Kopf. Was war bloß in dieser Kiste? Es mußte etwas von großer Wichtigkeit sein, wenn Faith diese Box zu ihrem neuen Chef brachte. Sarah wußte, sie mußte es erfahren. Sie sah den Wachmann und hatte eine spontane Idee.

Sarah schlich sich lautlos an. Der Vampir bemerkte erst die ältere Jägerin als sie ihn gegen die Wand drückte. „Sag mir, was in dieser Kiste ist“, forderte sie scharf. „Ich ... ich weiß ... es nicht“, stammelte der Vampir ängstlich. Sarah schleuderte ihn erneut gegen die Wand. Mit der einen Hand hielt sie ihn eisern fest, mit der anderen holte sie einen Holzpflock aus ihrem Jagdbeutel.

„Okay, schon gut! Ich sag dir ja schon, was ich weiß“, sprach der Vampir mit einen panischen Blick auf den Holzpflock. „Ich höre“, erwiderte Sarah mit einen auffordernden Blick. „Es ist die Box ... von Gavrock. Ich weiß nicht, was sich darin befindet, aber der Bürgermeister braucht sie für seinen Aufstieg.“ Die Jägerin sah, das der Vampir wirklich nicht mehr wußte. „Danke“, sprach sie mit einen spöttischen Lächeln und trieb der Kreatur den Holzpflock mitten ins Herz. Als er zu einem Ascheregen wurde, war Sarah schon auf den Weg zu Giles, um ihm diese Neuigkeit mitzuteilen.

„Was denken Sie, Giles?“ fragte Sarah eine halbe Stunde später als die gesamte Gang im Laden saß. Seit sie ihm erzählt hatte, was sie gesehen hatte, war ihr Wächter völlig ruhig. Er schien total abwesend zu sein. Irgendwie war Giles nicht mehr ganz bei sich. Sarah blickte zu Wesley, der ebenfalls nach den richtigen Worten zu suchen schien. „Okay, kann mir jetzt endlich mal jemand verraten, was an dieser Box so gefährlich ist?“ sprach sie in die Runde.

„Sarah, die Box von Gavrock enthält eine starke, dämonische Energie“, sprach Angel, der die Geschichte um diese geheimnisvolle Kiste ebenfalls kannte. „Und?“ „Nur mit Hilfe dieser Box kann er den Aufstieg durchführen. Jedenfalls glaube ich das. Wir wissen zwar noch nicht soviel über den Aufstieg, aber ich denke, er benötigt die Box dafür, ansonsten bleiben seine Pläne nur Träume.“ „Verstehe, diese Box verleiht ihm also seine Macht, die er für den Aufstieg braucht. Willst du mir das damit sagen?“ „Ja.“ „Angel könnte recht haben“, mischte sich Giles nun ein.

„Warum sollte er sich sonst ausgerechnet die Box von Gavrock besorgen?“ „Das heißt also, ohne Box kriegt er nicht seine Macht. Und ohne seine Macht kann er den Aufstieg nicht durchführen“, schloß Sarah. „Ja, ich denke, so ist es.“ „Dann liegt es doch auf der Hand, was wir zu tun haben. Wir holen uns diese Kiste einfach.“ „Wie willst du das machen? Wollt ihr im Rathaus einbrechen?“ warf Wesley ein.

Ein kleines Lächeln huschte über die Lippen der Jägerin. „Haben Sie einen besseren Plan? Dann sagen Sie es“, forderte sie den jüngeren Wächter auf. Wesley schluckte schwer und schüttelte verneinend den Kopf. „Giles, was denken Sie?“ „Nun, ich kann diese Aktion zwar nicht gutheißen, aber ich schätze, wir haben gar keine andere Wahl. Was für einen Plan hast du also?“ sprach der Engländer.

„Angel und ich holen die Box von Gavrock. Willow, wir werden deine Hilfe brauchen.“ „Meine? Wieso?“ fragte das rothaarige Mädchen unverständlich. „Es geht um die Alarmanlage im Rathaus. Wir können da schlecht einbrechen, wenn sofort nach unserem Einstieg der Alarm losgeht.“ „Aber ... was kann ich da machen?“ „Willow, in den letzten Jahren sind deine magischen Kräfte gewachsen. Ich weiß, du kannst die Alarmanlage aus der Ferne mit deinen Gedanken ausschalten.“ „Denkst du wirklich?“ hakte die junge Hexe nach.

Sarah lächelte sanft. „Natürlich kannst du das. Wenn nicht du ... wer dann? Aber ich will dich zu nichts zwingen, was du denkst, nicht schaffen zu können. Traust du dir das zu? Immerhin hilfst du uns bei einer kleinen kriminellen Handlung“, beruhigte Sarah ihre beste Freundin. Willow nickte leicht. „Also ... ich denke schon, das ich das schaffe. Ich kann das“, sprach sie mit einen leichten Nicken.

„Gut, wann können wir los? Wir sollten es noch heute Nacht hinter uns bringen“, beschloß die Jägerin. „Ich brauche ungefähr eine Stunde, um die Ausrüstung für einen Einbruch zu besorgen“, sprach Angel nachdenklich. „Okay, dann gehe ich nach Hause, werfe mich in schwarze Klamotten und wir treffen uns dann wieder hier.“ „Einverstanden!“ „Und was soll ich solange tun?“ fragte Willow zweifelnd, die glaubte, in diesen Dreiergespann die Einzige zu sein, die nichts zu tun hatte.

„Du wirst hierbleiben und dich mental darauf vorbereiten. Ich ziehe mich um und Angel besorgt die Ausrüstung. Dann gehen wir los. Glaub mir, Willow, du bekommst noch genügend zu tun.“ „Okay. Ich warte hier auf euch“, sprach sie mit einen unsicheren Lächeln. Noch war sich Willow nicht so sicher, ob es wirklich eine gute Idee war, Sarah und Angel bei einem geplanten Einbruch ins Rathaus zu helfen. Es war ihr nur recht, das sie noch etwas Zeit hatte. So konnte sie sich innerlich darauf einstellen und vorbereiten. 

[Eine Stunde später]

Sarah, Angel und Willow standen geschützt von herabhängenden Ästen eines Baumes in der Nähe des Rathauses, das sich vor ihnen auftat. „Keine Wachmänner“, flüsterte Angel mit einen kurzen Blick. „Der einzige Wachmann, den ich gesehen habe, war ein Vampir und den habe ich erledigt, nachdem er mir gesagt hat, was Faith bei sich hatte“, sprach Sarah. „Was denkst du?“ „Im Büro des Bürgermeisters brennt kein Licht. Also ist er nicht mehr da. Es scheint niemand mehr im Rathaus zu sein – außer dem einen oder anderen Wachmann vielleicht. Ich schätze, wenn wir es jetzt nicht probieren, bekommen wir vielleicht nie mehr die Chance dazu. Dies ist die perfekte Gelegenheit die Box zu holen“, sprach Angel entschlossen.

„Okay, dann fangen wir an. Willow, sei bitte vorsichtig. Du weißt, wir können jetzt nicht auf dich aufpassen. Wenn wir oben am Dach und soweit sind, werden wir dir ein Zeichen geben. Du schaltest die Alarmanlage aus und verschwindest dann von hier. Ich will nicht, das dir etwas passiert. Du erledigst deine Aufgabe und ziehst dich aus der Gefahrenzone zurück, verstanden? Wenn wir die Box haben, kommen wir in Giles‘ Laden.“ „Einverstanden“, sprach Willow nickend.

Sarah und Angel warfen sich einen wissenden Blick zu. Dies war ihre Chance die Box von Gavrock zu holen. Dann schlichen die Drei wie Schatten über das Gelände. Willow blieb am Eingang stehen und wartete unauffällig im kleinen Graben neben der Treppe. Sarah und Angel schlichen um das Haus, um sich einen passenden Ort zu suchen, wo sie am leichtesten auf das Dach gelangten.

„Perfekt“, flüsterte Sarah schließlich als sie an der Nordwand des Rathauses angekommen waren. Neben dem Gebäude stand ein Baum, an dem sie sich leicht hochangeln konnten. Angel half Sarah auf den ersten Ast und reichte ihr dann die Ausrüstung hoch. Geschickt angelte sich Angel hoch und die Beiden kletterten auf das Dach. Sarah warf die Ausrüstung auf den Boden und wartete bis Angel neben ihr stand.

„Denkst du wirklich, er hat die Box in seinen Büro?“ sprach Sarah als Angel die Ausrüstung hochhob. „Ja. Er wird sie dort verwahren, wo sie sicher ist. Und das Büro liegt genau über der Glaskuppel“, erklärte der Vampir und die Beiden huschten über das Dach. Sarah blickte sich kurz um; vergewisserte sich, das sie nicht beobachtet wurden. Sie durften jetzt nicht erwischt werden. Der Erfolg dieser Aktion war unheimlich wichtig für die Welt. Wenn dies der einzige Weg war, den Bürgermeister seinen Aufstieg zu vermiesen, mußten sie es schaffen und die Box von Gavrock an sich nehmen.

„Wo hast du überhaupt die Ausrüstung her?“ erkundigte sich Sarah. „Ich hab Kontakte“, erklärte Angel ihr bloß. Sie waren bei der Glaskuppel angekommen, die eigentlich zu zwei Flügeln auseinander schwang, aber sie war mit einen Schloß versehen. Der Schlüssel befand sich im Büro des Bürgermeisters, aber das stellte kein wirkliches Hindernis für Sarah und ihren Begleiter dar.

Die Beiden blickten hinunter und entdeckten die Box von Gavrock, die auf dem Schreibtisch von Richard Wilkins stand. Im Büro war es dunkel und niemand war mehr dort. „Okay, dann fangen wir an“, beschloß Sarah. Angel griff nach dem Halterungsgeschirr und legte es der Jägerin an. Mit sicheren Handgriffen schloß er die Schnallen und befestigte dann das Seil, das nötig war, um sie zu halten.

„Bist du soweit?“ Bejahend nickte Sarah. Angel blickte über den Rand des Daches hinweg und pfiff leise durch die Zähne. Das Geräusch ließ Willow hochsehen und sie nickte Angel leicht zu. Willow atmete noch einmal tief durch und erhob sich aus ihrem Versteck. Sie plazierte sich auf den Stufen und konzentrierte sich. Willow fixierte im Geiste den Sicherungskasten der Alarmanlage und schaltete die Knöpfe einen nach dem anderen aus. Der Kasten gab einen leisen Ton von sich und die Alarmanlage war ausgeschaltet.

Willow blickte zu Angel hoch, der auf ihr Zeichen wartete und nickte leicht. Angel sah es und wandte sich Sarah zu. Willow seufzte leise und ein kleines, zufriedenes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Sie hatte es wirklich geschafft. Nun war ihr Teil des Planes zu Ende und sie sollte verschwinden. Sie durfte nun Sarah und Angel nicht in die Quere kommen. Willow warf einen letzten Blick auf das Rathaus und bog um die Ecke, um eine Abkürzung zu Giles‘ Laden zu nehmen.

Angel beugte sich vor und riß mit einer einzigen Bewegung das Schloß von den Flügeln. Sarah hielt den Atem an und fürchtete im ersten Moment, der Alarm ging los. Doch nichts geschah. „Gut gemacht, Willow. Ich wußte, du schaffst es“, flüsterte sie stolz. Angel stieß die beiden Flügel auseinander und blickte in die Tiefe. Die Box stand völlig ruhig da und es hatte den Anschein, als wartete sie nur darauf, aus dem Besitz des Bürgermeisters entwendet zu werden.

„Okay, halte deinen Körper völlig ruhig und wenn du die Kiste hast, sag mir sofort Bescheid. Und laß sie bloß nicht fallen“, sprach Angel. „Angel, ich schaffe das schon. Ich bin die Jägerin. Ich bin stark.“ „Ich weiß, Liebling, aber du hast das noch nie getan.“ „Du schon?“ hakte sie amüsiert nach. Angel warf ihr einen Blick zu, der Bände sprach. „Du bist tatsächlich schon einmal wo eingebrochen?“ fragte sie ungläubig. Leicht nickte Angel. „Das glaube ich nicht! Mein anständiger, einfühlsamer Vampir hat schon eine Karriere als Einbrecher hinter sich! Das mußt du mir erzählen.“ „Das werde ich. Aber zuerst erledigen wir das hier“, sprach Angel und lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Gegenstand wegen dem sie gekommen waren.

Sarah trat an den Rand der Glaskuppel und wartete auf Angels Kommando. Sie konnte noch immer nicht glauben, was sie soeben erfahren hatte. Das war eine völlig neue Seite bei Angel. Aber vielleicht war es auch geschehen als er noch als Geißel Europas durch die Gegend gezogen war. Angel wickelte sich das Seil einmal um den Ellbogen, führte es hinter seinen Rücken und nahm es bei der anderen Hand mit festen Griff zwischen die Finger.

Er suchte sich festen Boden unter den Füßen und nickte Sarah schließlich leicht zu. Mit angespannten Muskeln ließ sich Sarah nach vorne fallen und wartete, bis ihr Körper eine ruhige Position hatte. Angel gab ihr genügend Seil und lautlos glitt sie nach unten. „Halt“, rief sie schließlich als sie direkt über der Box baumelte. Angel wartete geduldig. Sarah umfaßte die Griffe der Box, die an den Seiten befestigt waren, und stellte fest, das sie doch ein gewisses Gewicht hatte.

„Zieh mich rauf, Angel“, befahl sie und Angel folgte ihren Befehl. Leise glitt Sarah mit der Box wieder nach oben. Angel packte sie an der Taille und zog sie über den Rand der Glaskuppel. Er nahm ihr die Box von Gavrock ab als Sarah wieder sicheren Boden unter den Füßen hatte. „Was da wohl drin ist?“ überlegte Sarah stirnrunzelnd als sie sich der Ausrüstung entledigte.

„Darüber können wir uns später auch noch Gedanken machen. Wir sollten schauen, das wir von hier verschwinden“, teilte Angel ihr mit. Er schloß die beiden Flügel und baute sich zu seiner vollen Größe auf. „Ich nehme die Box von Gavrock“, sprach er. Sarah nickte leicht und warf sich die Ausrüstung über die Schulter. Sie blickte zu Angel hoch und schenkte ihm ein zartes Lächeln. Dann verschwanden die Beiden auf den schnellsten Weg, bevor noch bemerkt wurde, das die Box von Gavrock gestohlen worden war.

Willow war ebenfalls auf den Weg zum Laden. Sie hielt sich noch in der Nähe des Rathauses auf und fragte sich, ob bei Sarah und Angel alles glatt über die Bühne gegangen war. In ihren Gedanken versunken, bemerkte sie zuerst nicht die Gestalt, die plötzlich vor ihr stand. „Willow, was für ein netter Zufall“, sprach Faith spottend. „Oh ... Faith ... du ... was machst du ... hier?“ stammelte Willow. Ängstlich blickte sie sich um. Doch das war sinnlos. Sarah war schließlich beschäftigt und würde jetzt sicher nicht auftauchen um sie zu beschützen.

Skeptisch musterte Faith das rothaarige Mädchen. „Was tust du hier – in der Nähe des Rathauses?“ „Nichts. Ich geh bloß spazieren“, log Willow mit roten Wangen. Sie hatte noch nie besonders gut lügen können. Wenn sie lügen mußte, wurde sie sofort rot. „Was ist hier los?“ fragte Faith alarmierend. „Nichts, gar nichts.“ „Du gehst nachts nicht einfach so spazieren. Du weißt, wie gefährlich Sunnydale zu dieser Zeit ist. Sarah hat dich oft genug davor gewarnt“, murmelte Faith.

„Ja, schon ... aber ...“ „Die Box von Gavrock“, sprach Faith auf einmal. Wütend funkelte sie Willow an. „Ihr habt etwas geplant. Ihr habt von der Box erfahren, die der Bürgermeister braucht. Und ihr wollt sie klauen“, warf sie Willow scharf vor. „Nun, ich denke ... das haben wir schon“, verriet Willow ihren Plan leise. Faith riß wütend die Augen auf. „Ihr Schweine! Das werdet ihr bitter büßen“, sprach sie zornig. In der nächsten Sekunde hatte Willow schon Faiths Faust im Gesicht und wurde ohnmächtig. Als sie in Ohnmacht fiel, wußte die junge Hexe, das sie in der Gewalt des Bürgermeisters und Faith sein würde, wenn sie aufwachte. Dieser Teil ihres Planes war gründlich mißlungen.

~ 14. ~

„Wir haben die Kiste“, verkündete Sarah stolz. Hinter ihr trat Angel in den Laden. Er stellte die Box von Gavrock auf den runden Tisch ab. „Es ist gut, wenn euch nichts passiert ist, aber ...“ Sarah blickte ihren Wächter mißtrauisch an. „Was ist los?“ „Willow ist noch nicht da“, sprach Xander besorgt. „Was?“ „Ja. Wo hast du sie zum letzten Mal gesehen?“ „Nun ... sie hat die Alarmanlage ausgeschaltet und ist dann gegangen. Das kann einfach nicht sein, daß sie noch nicht hier aufgetaucht ist“, sprach Sarah kopfschüttelnd.

Schwach ließ sie sich auf einen Stuhl sinken. „Ihr habt sie also auf euren Weg hierher nicht gesehen“, stellte Giles fest. „Nein.“ „Aber ... wo ist sie dann?“ „Ich schätze, sie ist dort, wo sie sich am wenigsten aufhalten sollte“, sprach Angel. „Du denkst ...“ Bejahend nickte der Vampir. „Ich glaube, sie ist Faith oder einen der Handlanger des Bürgermeisters in die Arme gelaufen.“ „Oh Gott“, flüsterte Sarah schockiert.

„Ich hätte sie niemals um Hilfe bitten dürfen. Ich hätte Willow niemals dieser Gefahr aussetzen dürfen“, murmelte sie entsetzt. Beruhigend legte Angel ihr einen Arm um die Schulter. „Wenn die Willow haben, dann ... dann wissen sie auch über den Diebstahl Bescheid. Giles, was machen wir jetzt? Wir müssen Willow da raus holen.“ „Ich weiß. Ich denke, wir sollten über einen Austausch mit dem Bürgermeister sprechen“, sprach der Engländer nachdenklich.

„Moment“, mischte sich nun Wesley ein. „Wir können die Box von Gavrock unmöglich zurückgeben. Diese Box benötigt der Bürgermeister für den Aufstieg. Ohne Box kann er diesen nicht durchführen. Wir müssen die Box zerstören. Sie gehört vernichtet.“ „Meine beste Freundin ist in der Gewalt des Bürgermeisters“, protestierte Sarah energisch. „Als Jägerin mußt du Grenzen setzen. Manchmal mußt du Menschen, die du liebst, für ein höheres Ziel opfern“, sprach Wesley ernst.

Die Freunde sahen ihn schockiert an; konnten nicht glauben, was er da sprach. Er konnte doch nicht ernsthaft in Betracht ziehen Willow für diese Box sterben zu lassen? Sarah war schon im Begriff aufzuspringen als Angel sie zurück hielt. „Wissen Sie, Wesley, es ist leicht ein Urteil zu fällen, wenn man nicht weiß, was hier vor sich geht“, sprach er. „Sie als Vampir dürften da genauso wenig zu sagen haben, oder?“ fragte Wesley herausfordernd.

Angel kam ganz nahe an ihn heran und blickte ihm starr in die Augen. Wesley schluckte schwer. „Sie waren nicht dabei als Sarah schon einmal ein solches Opfer bringen mußte. Sie haben nicht erlebt wie sehr sie darunter gelitten hat. Sie wissen nicht, was das bedeutet. Also wagen Sie es nie mehr, Sarah vorschreiben zu wollen, was sie als Jägerin zu tun hat. Sie hat mehr als einmal ihr Leben für diese Welt riskiert. Sie weiß, was sie tut.“ „Woher wollen Sie wissen wie es damals war?“ „Weil ich Derjenige war, den sie opfern mußte, um ihre Pflicht zu tun“, erklärte Angel trocken.

Sein Blick kreuzte sich mit dem von Sarah. Stolz schenkte sie ihm ein Lächeln. Es war selten, das Angel so energisch das Wort ergriff. Das tat er nur, wenn er wirklich genug hatte. „Also, besser hätte ich das auch nicht sagen können“, sprach Giles mit einem leichten Nicken. „Es ist die Pflicht der Jägerin ...“, begann Wesley erneut. „Sarah hat sich als Jägerin profiliert. Sie weiß schon, was sie tut. Niemand kann von uns erwarten Willow zu opfern“, mischte sich Xander wütend ein.

Sarah sah über Wesleys Vorschlag einfach hinweg und widmete ihre Aufmerksamkeit auf ihren Wächter. „Also, Giles, was unternehmen wir jetzt? Wir müssen Willow da raus holen. Ihr darf nichts passieren. Das würde ich mir nie verzeihen“, sprach sie mit zitternder Stimme. Angel kam zu ihr und nahm sie leicht in die Arme. Das beruhigte ihre Nerven ein wenig. „Ich werde wohl oder übel den Bürgermeister anrufen“, sprach Giles. Er klang nicht sonderlich begeistert.

„Nein, ich werde mit ihm telefonieren. Ich kann ziemlich entschlossen sein, wenn mir etwas am Herzen liegt.“ „Das wissen wir“, sprach Angel lächelnd. „Wir werden Willow retten“, versprach er ihr. Sarah griff nach seiner Hand und umschlang seine Finger mit ihren. „Gut, dann suche ich die Nummer des Rathauses heraus.“ „Sagen Sie, Giles, was genau befindet sich in dieser Box eigentlich?“ fragte Sarah neugierig nach. „Ich weiß es nicht genau. Ich weiß nur, das sich darin eine dämonische Energie befindet. Genaueres ist nicht bekannt“, sprach er als er hinter den Tresen ging und das Telefonbuch von Sunnydale hervor holte.

„Darf ich mal ... einen Blick riskieren?“ „Sarah, das solltest du besser nicht tun. Wir wissen nicht, was genau in dieser Kiste ist“, warnte Giles sie. „Was kann schon passieren?“ „Erinnere dich an das letzte Mal als du so eine Kiste geöffnet hast. Da wurdest du plötzlich von einen Arm angegriffen“, bemerkte Xander. Sarahs Miene verdüsterte sich wieder. „Du hast recht. Das letzte Mal hat mich meine Neugier fast umgebracht“, murmelte sie und blickte mißtrauisch auf die Box von Gavrock, die vor ihr auf dem Tisch stand.

„Sie sind wirklich hier eingebrochen“, murmelte Faith als sie sich mit Richard Wilkins das Video der Überwachungskamera ansah. Auf dem Video sah man Sarah und Angel, wie sie die Box von Gavrock aus dem Büro entwendeten. „Sie haben gut gearbeitet. Das muß man unseren Gegnern lassen“, sprach der Bürgermeister und er schaltete den Fernseher ab. „Was unternehmen wir jetzt? Darf ich Willow töten? Ich würde Sarah zu gerne einen Schock verpassen“, sprach Faith aufgeregt.

Richard Wilkins schüttelte jedoch verneinend den Kopf. „Du vergißt, das sie die Box von Gavrock haben, die ich dringend für meinen Aufstieg benötige.“ „Was wollen Sie mir damit sagen?“ „Der kleinen Hexe darf nichts passieren. Wenn ihr etwas geschieht, sehe ich die Box von Gavrock nie wieder. Sie werden sie zerstören.“ „Und was unternehmen wir um das zu verhindern?“ erkundigte sich Faith.

„Wir werden wohl oder übel einen Austausch vorschlagen müssen – das Leben der Hexe gegen die Box von Gavrock.“ „Ist das nicht unter unserem Niveau? Ich kann Ihnen die Box auch zurückbringen.“ „Diesmal täuscht du dich, meine Kleine. Wir werden einen Handel ausmachen. Sorge du mir dafür, daß die Hexe unbeschadet zu diesem Arrangement erscheint. Die Jägerin wird ziemlich wütend sein, wenn ihrer Freundin etwas passiert. Haben wir uns verstanden, Faith? Du kannst sie ein anderes Mal erledigen“, sprach der Bürgermeister ernst.

Faith nickte leicht und murmelte unzufrieden vor sich hin. Sie war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden, aber sie hatte keine andere Wahl. Die Box von Gavrock wurde für den Aufstieg gebraucht. Ohne sie war alles umsonst. In diesen Moment klingelte das Telefon auf dem Schreibtisch. „Bürgermeister Richard Wilkins“, meldete sich ihr Auftraggeber im geschäftlichen Ton.

„Hier ist die Jägerin. Ich glaube, Sie haben etwas, was ich wiederhaben will“, sprach Sarah sofort. „Und du hast etwas, was mir gehört. Ehrlich, ich bin von eurem Einbruch beeindruckt“, sprach Richard Wilkins und er lehnte sich in seinen Sessel leicht zurück. „Woher wissen Sie das?“ fragte Sarah verwirrt. Er hatte es tatsächlich geschafft sie zu irritieren. „Der Raum wird per Kamera überwacht“, klärte der Bürgermeister die Jägerin auf.

„Verstehe! Nun ... ich will Willow wiederhaben.“ „Und ich die Box von Gavrock“, sprach er ruhig. „Okay, ich bin mit einem Austausch einverstanden – Willow gegen die Kiste. Aber ich warne Sie: Wenn Willow auch nur ein Haar gekrümmt wird, dann werde ich diese verdammte Box vernichten, ist das klar? Ich will meine Freundin gesund und lebend wiederhaben.“ „Ich habe verstanden. Wo schlägst du das Treffen vor?“ erkundigte sich der Bürgermeister.

„In der Cafeteria des Colleges, in einer Stunde. Ich warte dort auf sie“, erklärte Sarah kurz angebunden und legte auf. „Ich werde da sein“, murmelte der Bürgermeister und legte den Hörer zurück auf die Gabel. Sarah hob den Blick und sah ihre Freunde an. „Der Deal steht. Also gehen wir! Wir haben einen Austausch sicher über die Bühne zu bringen“, sprach sie entschlossen. Angel nahm die Box an sich und die Gang verließ Giles‘ Laden, um in der Cafeteria der Uni auf das Erscheinen ihrer Feinde zu warten.

In der Zwischenzeit war Willow aus ihrer Ohnmacht aufgewacht. Vorsichtig bewegte sie ihren Kiefer und stellte erleichtert fest, das nichts gebrochen war. Faith hatte einen ganz schön harten Schlag drauf. Willow richtete sich auf und versuchte sich zu orientieren. Sie mußte in einem der Räume im Rathaus sein. So sah es jedenfalls hier aus. Sie befand sich in einen Büro.

Mit noch etwas wackligen Beinen stand Willow auf. Es gab hier kein Telefon und auch sonst nichts, womit sie Sarah sagen konnte, wo sie sich aufhielt. Aber vielleicht war sie schon unterwegs um sie zu retten. Sarah würde nicht zulassen, daß ihr etwas geschah. Sie würden sicher schon an einen Befreiungsplan arbeiten. Oder vielleicht diskutierten sie mit dem Bürgermeister gerade über einen Austausch. Immerhin war in Sarahs Besitz etwas, was er gerne wiederhaben würde.

Willows Aufmerksamkeit wurde auf fünf, alte Bücher gelenkt, die ganz unten in einen Regal  standen. Irgend etwas war an diesen Büchern, das sie anzog. Es war, als würde eine Macht sie magisch zu diesen Büchern ziehen. Willow kniete sich vor das Regal hin und zog eines der Bücher heraus. Und als sie auf den Umschlag blickte, wurde ihr klar, was sie da in den Händen hielt. Bei diesen Büchern handelte es sich um die Books of Ascension.

Überrascht riß Willow die Augen auf. Das waren die Bücher, die dieser Dämon ihnen angeboten hatte. Sarah hatte erzählt, das in diesen Büchern einiges über den Aufstieg stand. Leider war Faith ihnen zuvor gekommen und sie hatten diese Möglichkeit nicht mehr nützen können. Willow blickte sich um; vergewisserte sich, daß niemand da war, der sie beobachtete. Instinktiv zog sie alle fünf Bücher heraus und schlug das Erste auf. Sie las darin. Vielleicht entdeckte sie etwas, was ihnen half, den Aufstieg besser verstehen zu können.

Und was Willow in den Books of Ascension las, war tatsächlich eine Hilfe. „Na, schnüffelst du auch schön?“ sprach auf einmal eine Stimme hinter ihr. Willow versteifte sich und fuhr ruckartig herum. Da stand Faith im Türrahmen und beobachtete sie wie sie in den Books of Ascension las. „Geh von den Büchern weg. Das geht dich gar nichts an“, fauchte die abtrünnige Jägerin scharf.

Willow erhob sich langsam. Faith kam auf sie zu. „Was hast du gelesen?“ „Das geht dich nichts an“, benutzte die junge Hexe Faiths Worte. Faith verzog die Lippen zu einen schiefen Grinsen. „Was? Auf einmal so mutig?“ spottete Faith und sie blickte Willow scharf in die Augen. Doch diesmal wich Willow vor diesem Blick nicht zurück. „Früher oder später wirst du für deinen Verrat bezahlen. Sarah wird dir in den Hintern treten und wenn sie es nicht tut ... dann ... tue ich es.“ „Das bringst du nicht fertig, Rotschopf“, sprach Faith und sie packte sie am Arm.

„Oh doch, glaube mir! Du magst eine Jägerin sein, aber ich bin eine Hexe. Du weißt nicht, was ich inzwischen drauf habe“, erwiderte Willow als sie aus dem Raum geführt wurde. Woher sie plötzlich diesen Mut hatte, konnte sie nicht sagen. Aber auf einmal konnte sie Faith völlig selbstbewußt und stark gegenübertreten. Vielleicht lag es daran, daß sie sich nun bewußt geworden war, das sie eine gute Hexe war, die schon einiges konnte.

Faith führte sie aus dem Rathaus. Davor stand ein schwarzer Wagen. „Wo bringst du mich hin? Du willst mich doch nicht killen, oder?“ Ein Grinsen huschte über Faiths Lippen. „Das würde ich ja gerne tun; schon alleine um Sarah das Leben noch schwerer zu machen. Aber der Bürgermeister hat andere Pläne mit dir. Er hat mit deiner kleinen Freundin einen Handel ausgemacht. Du kannst lebend in die Obhut deiner Freunde zurück und wir bekommen die Box von Gavrock. Ein fairer Tausch, oder?“ teilte Faith ihr mit. 

Sie zwang Willow in den Wagen einzusteigen. Darin wartete der Bürgermeister auf die beiden jungen Frauen. Faith nahm neben Willow Platz und schlug die Tür hinter sich zu. Der Wagen setzte sich in Bewegung. Willow schluckte schwer. Sie wußte, wie wichtig diese Box für den Aufstieg war. Das Sarah diese Gefahr bewußt einging, um sie zu retten, rief ihr schlechtes Gewissen hervor. Doch Willow war auch klar, das Sarah immer einen Plan hatte; sie wußte, was sie tat.

Die Cafeteria des Sunnydaler College lag im Dunkeln. Die Gang rund um die Jägerin war schon vor Ort und wartete auf ihre Gegner. Die Box von Gavrock stand auf einen der Tische; bereit von ihrem urtümlichen Besitzer abgeholt zu werden. „Hoffentlich ist Willow in Ordnung“, murmelte Sarah besorgt. Angel strich ihr zärtlich über den Arm um sie zu beruhigen. „Wie spät haben wir es?“ fragte sie Giles. „Sie müßten eigentlich gleich da sein“, erwiderte der Wächter mit trockener Stimme.

„Pünktlichkeit gehört zu meinen Job“, sprach der Bürgermeister, der gerade durch die Tür trat. Faith hatte Willow bei sich. „Willow, bist du okay?“ fragte Sarah sofort. „Ja, mir geht es gut. Aber ich würde mich trotzdem sicherer fühlen, wenn ich diese Furie endlich loswerden könnte“, sprach sie mit einen Blick auf Faith. Faith verzog die Lippen zu einen spöttischen Grinsen. „Nun, können wir endlich anfangen? Die Box gegen Willow, so war es abgemacht“, sprach Sarah kurz angebunden.

Doch Richard Wilkins schien es nicht so eilig zu haben den Austausch durchzuführen. Die Gang von Sarah starrte Faith und ihn mit ernster Miene an. Der Bürgermeister betrachtete Sarah und Angel, die nebeneinander standen. „Es ist schon erstaunlich wie eine solch skurrile Beziehung funktioniert“, sprach er. „Hören Sie auf zu quatschen“, forderte Sarah. „Eine Jägerin, die einen Vampir mit Seele liebt. Ich glaube, etwas seltsameres habe ich noch nie gehört. Aber denkt ihr wirklich, daß das auf Dauer funktioniert?“ meinte Richard Wilkins und überhörte den Kommentar der Jägerin geflissentlich.

„Unsere Beziehung geht Sie nichts an. Also, können wir endlich den Austausch über die Bühne bringen?“ sprach Sarah scharf. „Natürlich, aber zuerst will ich nachsehen, ob auch alles noch dort ist, wo es hingehört“, sprach der Bürgermeister und er öffnete den Deckel der Kiste. Er blickte hinein und nickte zufrieden. In diesen Moment krabbelte ein spinnenähnliches Tier aus der Kiste und sprang blitzschnell über die Köpfe hinweg.

Die Anwesenden starrten irritiert auf die Kreatur, die es sich auf der Wand hinter Sarahs Gang gemütlich machte. „Was zum Teufel ...?“ fragte Sarah verwundert. Überrascht starrte sie auf diese spinnenähnliche Kreatur. „Was ist das?“ murmelte Xander. Da zog Faith ihr Messer, das der Bürgermeister ihr geschenkt hatte, und warf es zielsicher durch die Luft. Und es traf auch ihr Ziel.

Das Messer bohrte sich durch den Körper der Kreatur und nagelte es an der Wand fest. Sarah fuhr herum und blickte Faith stumm in die Augen. Auffordernd blickte Faith die ältere Jägerin an. Dann lockerte sich ihr Griff und Willow flüchtete sich auf die Seite ihrer Freunde. Oz nahm sie erleichtert in die Arme. Faith nahm die Box von Gavrock an sich. „Wir sehen uns sicher bald wieder“, sprach Richard Wilkins.

Der Bürgermeister und seine rechte Hand wandten sich dem Ausgang zu. „Verlassen Sie sich darauf“, sprach Sarah hinter ihm. „Ich verspreche Ihnen, Wilkins, ich werde Sie aufhalten. Der Aufstieg wird nicht stattfinden.“ „Du solltest mir nichts versprechen, was du nicht halten kannst, meine Liebe“, erwiderte der Bürgermeister völlig ruhig. Ihre Worte beunruhigten ihn überhaupt nicht. „Ich werde Sie vernichten“, sprach Sarah entschlossen. Dann waren Faith und ihr Chef gegangen und die Gang blieb allein zurück.

[Kurz vor Morgengrauen]

Die Gang war nach dem erfolgreichen Austausch im Herrenhaus von Angel zusammen getroffen. Willow hatte ihnen etwas wichtiges zu sagen und der Laden stellte bei Sonnenaufgang eine Gefahr für Angel dar. Die Kämpfer für das Gute waren abgeschafft und müde. Aber das konnten sie nicht aufschieben. Alles, was sie über den bevorstehenden Aufstieg in Erfahrung brachten, war wichtig.

„Ich hatte die Möglichkeit, während meiner Gefangenschaft in den Books of Ascension zu lesen“, begann die Hexe und sie gähnte herzhaft. „Hast du etwas wichtiges heraus gefunden?“ „Ja, ich denke schon. Ich konnte nicht viel lesen, da Faith mich gestört hat, aber das, was ich gelesen habe, war äußerst interessant. Es geht um den Bürgermeister. Wenn man den Büchern Glauben schenken darf, dann ... dann ist Wilkins über hundert Jahre alt“, erzählte Willow.

„Was?“ Überrascht sahen alle sie an. „Ja, in den Büchern steht, das er seit mehr als hundert Jahren lebt. Er hat Sunnydale gegründet.“ „Ehrlich? Er ist der Gründer von Sunnydale?“ hakte Sarah nach. Bejahend nickte Willow. „Es sieht so aus. Jedenfalls steht das in den Books of Ascension. Und es steht dort auch geschrieben, das er dies gemacht hat, um einen Ort zu schaffen, an dem sich die Dämonen nähren können. Giles, ergibt das einen Sinn?“ fragte die Hexe den Wächter ihrer besten Freundin.

Nachdenklich nickte Giles. „Ja, daß ergibt einen Sinn. Aber darüber machen wir uns später Gedanken. Ich denke, wir sind alle müde und wir sollten alle ins Bett gehen. Über diese Erkenntnisse machen wir uns Gedanken, wenn wir alle ausgeschlafen sind.“ „Das ist eine gute Idee“, murmelte Sarah schläfrig. Sie lehnte an Angels Schulter und ihr fielen langsam, aber sicher die Augen zu.

Die Gang erhob sich und trottete davon. Sie alle freuten sich auf ihr Bett. Willow war gesund und sie hatte auch noch etwas über den Bürgermeister heraus gefunden. An diesen Informationen konnten sie ansetzen. Jetzt hatten sie eine Chance auch die Wahrheit über den Aufstieg heraus zu finden. „Sarah, soll ich dich nach Hause fahren?“ fragte Giles. Verneinend schüttelte die Jägerin den Kopf.

„Ich bleibe hier. Ich werde mich in Angels Bett ausschlafen“, murmelte sie. „Okay. Du hast den Schlaf verdient, aber wir werden deine Hilfe brauchen.“ „Ich komme im Laden vorbei, wenn ich ausgeschlafen habe“, versprach sie. Giles nickte, obwohl Sarah es nicht sehen konnte, da sie an Angels Schulter schon fast schlief. Der Engländer verabschiedete sich und Angel hob Sarah auf seine Arme. Er brachte sie ins Schlafzimmer. Kaum lag sie im Bett, schlief sie auch schon tief und fest. Diese Nacht war für sie alle anstrengend gewesen.

Im Büro des Bürgermeisters brannte noch Licht. Er hatte Faith nach Hause geschickt, damit sein Mädchen ihren gesunden Schlaf bekam. Richard Wilkins nahm Messer und Gabel aus einer Schublade und steckte sich eine weiße, saubere Serviette in den Kragen. Dann öffnete er die Box von Gavrock und holte eines der spinnenähnlichen Kreaturen heraus. Diese aß er dann genüßlich. Das war die einzige Funktion, die diese Wesen hatten. So verhalfen sie ihm zu seiner grenzenlosen Macht, die er für den Aufstieg benötigte. In freudiger Erwartung grinste der Bürgermeister. Schon bald war das große Ereignis dar. Mit seinen mächtigen Aufstieg würde die Welt untergehen.

~ 15. ~

[Drei Wochen später]

„Ich weiß nicht so recht“, sprach Faith zweifelnd. „Ich glaube nicht, daß mir das steht.“ „Ach Unsinn! Ich bin mir sicher, du siehst traumhaft aus“, erwiderte der Bürgermeister. Sie waren in Faiths Wohnung und er hatte ihr ein Kleid geschenkt, das sie nun anprobierte. Faith trat aus dem Badezimmer heraus und zupfte unruhig an dem rosa gemusterten Kleid herum. „Dreh dich einmal“, bat Richard Wilkins sie sanft.

Faith seufzte und tat ihm den Gefallen. „Du siehst wunderschön aus; wie eine richtige Prinzessin“, sprach er mit einem väterlichen Lächeln. „Ich finde nicht, das es zu mir paßt. Ich bin gar nicht der Typ dafür.“ „Doch, das bist du. Deine ganzen Lederklamotten sind zwar schön, aber das hier ... du siehst wahrlich traumhaft aus, meine Kleine“, sprach der Bürgermeister angetan. Faith lächelte unsicher. Dieses Outfit war zwar nicht ihr Stil, aber das würde sie ihm nicht sagen. Sie wollte ihn nicht enttäuschen.

In der Zwischenzeit hatte die Gang immer mehr über den Bürgermeister, dessen Machenschaften und auch über den Aufstieg heraus gefunden. Seit Tagen waren sie damit beschäftigt, Informationen über dieses besagte Ereignis zu finden. „Aber wie kann er diese Macht erreichen und gleichzeitig auch noch furchteinflößend sein?“ stellte Xander seine Frage in den Raum. „Ich weiß es nicht“, erwiderte Sarah ehrlich. Sie stützte sich mit den Ellbogen auf der Tischplatte ab und seufzte frustriert.

Der Aufstieg kam immer näher. Er würde bald geschehen. Und bis jetzt wußten sie noch immer nicht, wo er stattfinden und was genau der Bürgermeister durchführen würde. „Moment! Ich habe hier etwas“, sprach Willow plötzlich und sie sah von ihrem Buch auf. „Laß hören“, forderte Sarah sie auf. „Der Aufstieg ist ein Ereignis, das nur alle paar Jahrhunderte stattfindet. Wer auch immer dabei ist, wird als Nahrung für den Denjenigen sein, der durch den Aufstieg verwandelt wird. Er braucht menschliche Nahrung um seine Macht zu festigen und um noch stärker zu werden“, las Willow laut vor.

„Soll das etwa heißen, das der Bürgermeister die anwesenden Menschen fressen wird?“ fragte Oz angewidert. „Ich glaube, genau so wird es sein“, meinte Willow entsetzt. „Da steht, das er verwandelt wird. Aber in was?“ hakte Sarah nach. „In einen Dämon“, schlug Angel vor. „Die Frage ist nur ... in welchen Dämon“, sprach die Jägerin mit einen wissenden Blick. „Aber das hilft uns schon etwas mehr. Wir haben nicht mehr viel Zeit. Leider wissen wir nicht, wann genau der Aufstieg stattfindet“, murmelte Giles.

„Fassen wir noch einmal zusammen“, sprach Sarah und sie stand auf. Sie lief im geschlossenen Laden auf und ab. „Wir gehen nun davon aus, das der Bürgermeister sich in einen Dämon verwandeln wird. Wir wissen, das der Aufstieg bald stattfinden wird. Und wir wissen, das er Menschen braucht um seine Macht zu stärken. Das bedeutet, der Aufstieg muß an einen Tag stattfinden an dem es irgendein großes Ereignis in Sunnydale gibt und wo natürlich viele Menschen anwesend sind“, faßte Sarah zusammen.

„Also, welches Ereignis, an dem viele Menschen teilnehmen, findet in Kürze in Sunnydale statt?“ stellte sie die entscheidende Frage. „Da gibt es in naher Zukunft eigentlich nur eine Veranstaltung“, warf Oz ein. „Welches?“ „Die Abschlußfeier der Sunnydale High. In zwei Wochen findet die statt und der Bürgermeister soll dort eine Rede halten“, erzählte der Musiker. „Die Abschlußfeier ... Giles, das könnte es sein. Ein anderer Ereignis gibt es in den nächsten Wochen nicht in Sunnydale. Es kann nur diese Feier sein, wo der Aufstieg stattfinden wird“, sprach Sarah entschlossen.

„Da könntest du recht haben. Wir sollten uns vorbereiten.“ „Die Frage ist nur ... was tun wir jetzt und in welchen Dämon verwandelt sich der Bürgermeister“, meinte Sarah. Dieser unbekannte Faktor beunruhigte sie. „Vielleicht kann ich euch helfen“, sprach auf einmal eine weibliche Stimme von der Tür. Die Gang sah auf und entdeckte Anya, mit der Xander seit einigen Wochen regelmäßig ausging. Die ehemalige Dämonin blickte nervös auf das Team rund um die Jägerin.

„Anya?“ fragte Xander überrascht. Ihr Auftauchen überraschte ihn. Was tat sie hier? „Wie ... meinst du das?“ „Ich habe erfahren, das in Sunnydale ein Aufstieg stattfinden soll“, begann sie und durchquerte den Laden. Sie stieg die beiden Stufen hinunter und blickte Sarah unsicher an. „Wie hast du vom Aufstieg erfahren?“ „Das spielt keine Rolle, denke ich. Aber ich kann etwas dazu sagen.“ „Tatsächlich?“ fragte Sarah mißtrauisch. „Ja. Ich war einmal bei einem Aufstieg dabei“, gestand Anya zögernd.

Überrascht starrten die Freunde sie an. Xander stand auf und blickte ihr in die Augen. „Du ... warst bei so etwas dabei?“ fragte er mit großen Augen. Bejahend nickte Anya. „Setz dich und erzähl uns, was du weißt“, forderte Sarah die junge Frau auf. Anya setzte sich an den runden Tisch und blickte auf die Bücher, die ausgebreitet herum lagen. Sie handelten alle über den Aufstieg.

„Der Aufstieg ist ein großes Ereignis für die Dämonen – Vampire ausgeschlossen.“ „Wieso?“ fragte Angel irritiert. „Du selbst hast noch nie etwas davon gehört, obwohl du seit über zweihundert Jahren lebst. Es liegt daran, das der Aufstieg bloß die ‘normalen‘ Dämonen, die diese Welt am meisten bevölkern, anzieht. Vampire interessiert dieses Ereignis nicht weil es wenig mit ihrer Art zu tun hat“, erklärte Anya mit beklemmender Stimme.

„Mit dem Aufstieg verwandelt sich Derjenige, der sich den Mächten der Finsternis verschrieben hat, in einen Dämon von dem ihr gar keine Vorstellungen habt. Er wird zu einem Wesen, das ihr noch nie gesehen habt.“ „Was passiert beim Aufstieg?“ erkundigte sich Sarah. „Beim Aufstieg werden neue Dämonen geboren.“ „Was ist mit denen aus anderen Dimensionen? Besteht da eine Gefahr? Öffnen sich mit dem Aufstieg andere Dimensionen?“ erkundigte sich Sarah.

„Da braucht ihr euch keine Sorgen machen. Der Aufstieg kann andere Dimensionen nicht öffnen. Die schützenden Tore bleiben zu. Ihr habt keine Vorstellung davon welche Dämonen beim Aufstieg entstehen. Das sind Wesen ... von einer solchen Grausamkeit und Abscheulichkeit ... wie ihr sie noch nie erlebt habt.“ „Erkläre uns das genauer“, forderte Xander sie auf.

Man sah Anya ihre Angst an. Und Angel konnte diese Angst riechen. Anya war förmlich erstarrt vor Angst, wenn sie an den Aufstieg zurückdachte, den sie einst miterlebt hatte. Noch immer sah sie die Menschen vor sich, die grausam getötet worden waren. Früher hatte ihr das nichts ausgemacht. Doch nun war sie auch sterblich und mit ihrem Dasein als Mensch bekam sie auch all die Gefühle, die ein Mensch verspürte. Nun fürchtete sie sich vor dieser Erinnerung, da sie äußerst schmerzhaft war. Und diese Gefühle störten sie.

Anya sah auf und fixierte einen Punkt an der Wand. Doch sie war bereit der Gang ihr Wissen über den Aufstieg mitzuteilen. „Ihr müßt verstehen, welche Macht vom Aufstieg ausgeht. Ihr müßt die Welt der Dämonen verstehen, um euch bewußt zu werden, was genau der Aufstieg bedeutet. Die Dämonen, die auf der Erde existieren, sind nicht rein. Sie sind keine reinen, abgrundtief bösen Dämonen.“ „Das verstehe ich jetzt nicht ganz“, warf Sarah irritiert ein.

„Hör zu, Sarah: Die Dämonen auf der Erde sind zwar böse, aber das reine Böse kennen sie nicht. Sie stehen eine Stufe unter dem reinen Bösen.“ Angel und Sarah wechselten einen wissenden Blick miteinander. Sie beide hatten zu Weihnachten schon Bekanntschaft mit dem reinen Bösen gemacht. Sie wußten, was das bedeutete. Und ihnen wurde klar, was Anya ihnen mit ihren Worten sagen wollte.

„Aber ganz anders sind die Dämonen, die durch den Aufstieg des Bürgermeisters entstehen.“ „Was unterscheidet sie von unseren Dämonen?“ hakte Giles nach. „Die Dämonen des Aufstieges sind größer, stärker und das reine Böse. Das sind Wesen mit denen ihr noch nie konfrontiert wurde. Und mit jedem Menschen, der dem Bürgermeister als Nahrung dient, entstehen mehr dieser Dämonen.“ „Weißt du, in was genau sich Wilkins beim Aufstieg verwandelt?“ hakte Sarah mit ernster Miene nach.

Das, was Anya ihnen über den Aufstieg berichtete, waren mehr als beunruhigende Nachrichten. Anya nickte leicht. „Ich habe bloß eine Vermutung, aber ich denke, die wird sich bewahrheiten.“ Wortlos griff die junge Frau nach einen roten Buch, das auf dem Tisch lag, und blätterte darin herum. Als sie gefunden hatte, wonach sie suchte, schlug sie die eingeknickte Seite auf und zeigte sie der Jägerin.

Entsetzt starrte diese auf den Dämon, den Anya ihr präsentierte. „Mein Gott“, flüsterte Sarah kopfschüttelnd. Sie konnte es nicht glauben. Anya hat recht, dachte Sarah augenblicklich. Mit einen Dämon dieser Art und dieser Größe war sie noch nie konfrontiert worden. Die Gang war nun neugierig geworden und versammelte sich um den Tisch. Mit geschockten Mienen blickten sie auf einen schlangenähnlichen Dämon von unglaublicher Größe.

„Ich werde jetzt verschwinden“, sprach Anya hastig und sie schob heftig den Stuhl zurück. „Anya, gibt es noch etwas, was wir wissen sollten?“ fragte Giles. „Nun ... das Einzige, an das ich mich noch erinnern kann, ist, das während des Aufstiegs eine Sonnenfinsternis eintreten wird.“ „Danke, Anya. Du hast uns weiter geholfen“, sprach die Jägerin. „Ich weiß zwar nicht, ob euch dieses Wissen über den Aufstieg wirklich hilft, aber da ich Xander mag, fand ich es nur fair, es euch mitzuteilen.“ Anya war schon bei der Tür als Xander sie aufhielt.

„Wo willst du jetzt hin?“ „Das ist mir egal, aber ich werde Sunnydale verlassen. Ich verschwinde aus der Stadt“, erklärte Anya ihm kurzangebunden. „Wieso? Wir könnten deine Hilfe gegen den Bürgermeister gebrauchen.“ „Auf keinen Fall“, blockte Anya energisch ab. „Ich will noch ein Weilchen leben, verstanden? Wer auch immer beim Aufstieg dabei ist, wird sterben. Ihr werdet ihn nicht aufhalten können. Er wird euch vernichten“, sprach Anya.

„Sarah ist eine gute Jägerin. Sie wird ihn stoppen.“ „Das könnt ihr nicht. Xander, wenn du hier bleibst, wirst auch du sterben. Komm mit mir! Wir könnten noch heute Nacht fliehen“, redete sie auf ihn ein. Doch Xander schüttelte verneinend den Kopf. „Ich bleibe hier. Mein Platz ist bei meinen Freunden. Ich muß mit ihnen kämpfen.“ „Und wenn du dabei drauf gehst?“ „Dann sterbe ich nicht allein.“ „Verstehe! Na dann ... ich wünsche euch viel Glück, obwohl es euch nichts bringen wird“, erwiderte Anya bitter und verließ den Laden. Sie würde die Stadt noch in derselben Nacht verlassen.

„Und? Was machen wir jetzt?“ fragte Xander seufzend und er kehrte zu seinen Freunden an den Tisch zurück. „Wir müssen uns einen Plan überlegen. Der Bürgermeister wird nicht alleine sein. Er wird alle Dämonen und Vampire mobilisieren um ihm seine Nahrung – in Form von den anwesenden Menschen – zu bringen. Wir brauchen also einen Plan, der sie alle vernichtet“, sprach Sarah.

„Das bedeutet also, der Bürgermeister ist mit seinen Leuten eindeutig in der Überzahl“, warf Wesley ein. „Nicht unbedingt“, meldete Angel sich zu Wort. Sarah richtete ihre Aufmerksamkeit auf den Vampir. „Hast du einen Plan?“ Er nickte leicht. „Ich denke ... ja. Es ist zwar ein äußerst riskanter Plan, aber es ist womöglich unsere einzige Chance den Aufstieg zu verhindern.“ „Und was für ein Plan ist das, Angel?“ fragte Giles neugierig nach.

Angel seufzte leise. „Wenn wir alleine gegen den Bürgermeister in den Kampf ziehen ... dann stehen unsere Chancen schlecht zu siegen.“ „Stimmt“, pflichtete Willow ihm bei. „Wenn wir uns aber Unterstützung besorgen, haben wir eine reale Chance, den Bürgermeister und Faith zu schlagen“, begann Angel nachdenklich. „Aber wo sollen wir diese Unterstützung herkriegen? So viel Zeit haben wir nicht mehr“, bemerkte Giles.

„Die Unterstützung ist da – hier vor Ort, hier in Sunnydale“, teilte Angel der Runde mit. „Wie meinst du das? Ich kann doch unmöglich mein Geheimnis lüften“, sprach Sarah verwirrt. „Das ist auch nicht nötig. Sarah, du hast so vielen der Schüler, die ihren Abschluß feiern, das Leben gerettet. Sie wissen auch so, daß in Sunnydale etwas nicht stimmt. Und sie wissen, daß du der Grund dafür bist, das die Todesrate in dieser Stadt zurück gegangen ist“, sprach der Vampir entschlossen.

„Du hast vielen von ihnen mehr als einmal das Leben vor Dämonen gerettet. Du opferst dich für diese Menschen auf; hast soviel für sie getan. Jetzt wird es Zeit, daß sie etwas für dich tun. Mit ihrer Hilfe können wir gewinnen. Du mußt sie nur einweihen und ihnen sagen, was sie zu tun haben. Sie werden dir folgen.“ „Wie kannst du dir da so sicher sein?“ „Weil ich es weiß. Vertrau mir einfach, okay? Die Schüler der Abschlußklasse werden dir in diesen Kampf helfen. Du mußt sie nur dazu auffordern“, meinte Angel und er blickte der Jägerin ernst in die Augen.

„Angel hat recht“, mischte sich Giles ein. „Glauben Sie das wirklich?“ „Ja, du hast diesen Leuten mehr als einmal geholfen. Nun wird es wirklich Zeit, daß sie uns zur Abwechslung mal helfen. Vielleicht klingt das etwas egoistisch, aber wir brauchen ihre Unterstützung. Rede mit der Abschlußklasse und bereite sie vor. Mit ihrer Hilfe werden wir den Bürgermeister und seine Handlanger stoppen. Dieser Plan kann funktionieren. Wir müssen uns ausführlich darauf vorbereiten“, sprach Giles zuversichtlich.

Der Wächter schöpfte wieder Hoffnung. Und auch die Hoffnung der anderen wuchs erneut. „Dann sollten wir uns an die Arbeit machen. Wir können den Schülern helfen Waffen zu besorgen und sie auf den Kampf vorbereiten“, meinte Willow. „Okay, versuchen wir es. Eine andere Wahl haben wir auch nicht. Und eigentlich gehen Angels Pläne nie schief“, bemerkte Sarah mit einen leichten Schulterzucken.

„Xander, du wirst einen wesentlichen Part spielen. Du wirst die Schüler im Kampf führen; wirst ihnen die Befehle geben, was sie zu tun haben.“ „Okay, ich werde mein Bestes tun“, erwiderte er. „Angel, du wirst Xander dabei unterstützen und zum Kampf dazu stoßen, wenn die Sonnenfinsternis eintrifft. Ich verlaß mich auf euch beide!“ „Wir kriegen das schon hin“, sprach Xander.

„Der Rest wird mitten im Kampf sein. Giles, wir brauchen Sprengstoff“, teilte Sarah ihrem Wächter mit. Angels Plan reifte von Sekunde zu Sekunde mehr. „Was willst du damit?“ „Ich werde den Bürgermeister in die Luft sprengen. Wir werden den Bürgermeister in die Bibliothek locken, wo wir den ganzen Sprengstoff deponieren.“ „Und wie willst du Wilkins in die Bibliothek bringen?“ hakte Giles nach. „Das weiß ich noch nicht. Aber mir wird schon was einfallen. Im Notfall muß ich improvisieren. Und Morgen sprechen wir mit den Schülern“, sprach sie entschlossen. Nun war Sarah schon zuversichtlicher. Sie hatten eine gute Chance den Aufstieg wirklich zu verhindern.

Am nächsten Tag – die Sonne schlich über den Asphalt der Straßen – suchte Sarah mit Willow, Xander und Oz die Sunnydale High auf. Die vier standen vor dem Gebäude und blickten auf den Eingang. Die Schüler gingen an ihnen vorbei und strömten in ihre Schule. Sarah strich sich ihr Haar zurück und seufzte leise. „Tja, Leute, nun sind wir wieder da“, sprach sie. „Ja, wir sind in die Highschool zurück gekehrt. Und das läßt mich nicht gerade in Begeisterungsstürme ausbrechen“, sprach Xander bitter.

„Kommt! Suchen wir die Abschlußklasse auf“, sprach Sarah und sie stieg die Stufen hinauf. „Denkst du nicht, das Synder uns rauswerfen wird, wenn er uns sieht?“ warf Willow neben ihr ein. Sarah zuckte leicht mit den Schultern. „Mir ist egal, was er denkt. Wir brauchen Hilfe und ich werde mit den Schülern reden. Er hat uns nichts mehr zu sagen.“ Die Freunde gingen über den Korridor. „Willow und ich gehen in die Sporthalle. Xander, Oz, sagt den Schülern der Abschlußklasse Bescheid, das sie dorthin kommen sollen“, sprach Sarah. „Verstanden“, erwiderte Xander und er machte sich mit seinen Freund auf die Suche nach den Schülern.

Willow und Sarah warteten in der Sporthalle. Dann ging plötzlich die Tür auf und die Schüler der Abschlußklasse kamen herein. Sarah wechselte einen Blick mit ihrer Freundin. Diese nickte leicht. Die Jägerin erhob sich von den Sitzplätzen und ging in die Mitte der Halle. „Setzt euch“, forderte sie die Schüler auf. Neugierig, aber auch irritiert nahmen die Schüler der Abschlußklasse Platz.

„Ich will euch nicht lange aufhalten“, begann Sarah. „Einige von euch werden mich noch kennen.“ „Wie könnte man eine Schülerin wie dich vergessen?“ sprach einer der Schüler amüsiert. Sarah holte tief Luft. Ihr fiel das nicht leicht, aber Angel und ihr Wächter hatten recht. Mit der Hilfe dieser Schüler konnten sie den Bürgermeister stoppen und den Aufstieg erfolgreich verhindern.

„Auch wenn niemand hier davon spricht, wir wissen alle, das Sunnydale anders ist als andere Städte. Einigen von euch habe ich schon einmal das Leben gerettet.“ „Stimmt“, pflichteten ein paar Schüler ihr zu. „Hört zu: Es geht etwas in Sunnydale vor. Und ich brauche eure Hilfe. Den dieses Ereignis wird bei eurer Abschlußfeier stattfinden.“ Mit ernster Miene erzählte Sarah den Schülern, was diese wissen mußten und was auf sie zukam. Angels Vermutung traf ein. Die Schüler erklärten sich bereit mit der Jägerin in den Kampf zu ziehen. Sie wußten, was sie Sarah schuldig waren. Die Vorbereitung für den Aufstieg konnte nun auch auf der Seite der Jägerin und ihrer Gang beginnen.

~ 16. ~

Das Wochenende der Abschlußfeier kam immer näher. Sarah und ihre Gang bereiteten die Schüler auf den entscheidenden Kampf vor. Der Bürgermeister hatte keine Ahnung, das er bei seinen Aufstieg auf Widerstand stoßen würde. Er schwelgte in seinen Vorfreuden. Das war Sarah nur recht. So konnte sie sich in aller Ruhe auf den Aufstieg vorbereiten und die Schüler einweisen. Sie wollte nicht, das ihr da jemand dazwischenfunkte und Angels Plan zunichte machte.

Die Nacht brach über Sunnydale herein und die Menschen hasteten an Angel und Sarah vorbei, die noch einiges zu erledigen hatten. Die Schüler mußten Waffen bekommen und sie mußten in kürzester Zeit lernen damit umzugehen. Angel trug eine Kiste bei sich, in der sich Holzpflöcke, Armbrüste und ähnliches befanden. Sie hatten sie aus Giles‘ Wohnung geholt. „Denkst du, die Schüler schaffen das?“ fragte Sarah und blickte zu ihm hoch.

„Natürlich. Wir müssen seine Handlanger irgendwie in Schach halten und die kriegen das schon hin“, sprach Angel zuversichtlich. „Mit einen Dämon dieser Größe hatte ich es noch nie zu tun.“ „Ich weiß. Aber du kannst ihn besiegen. Wir haben einen Plan“, sprach Angel verschwörerisch. Ein leichtes Lächeln glitt über Sarahs Lippen. Sie blieb stehen und schlang ihre Arme um Angels Nacken. Angel stellte die Kiste am Boden ab und zog sie an sich.

Ihre Lippen trafen sich zu einen zärtlichen Kuss. „Wofür habe ich das jetzt verdient?“ murmelte Angel an ihren Lippen. „Einfach dafür, das du da bist“, erwiderte Sarah. Ein liebevolles Lächeln glitt über Angels Lippen und er bückte sich nach der Kiste. In diesen Moment bohrte sich von hinten ein Pfeil in seine Brust. Augenblicklich sackte er unter der Wucht des Angriffes zusammen.

„Angel!“ In ersten Moment fürchtete Sarah, das der Pfeil sein untotes Herz getroffen hatte und er zu Staub zerfiel. Doch das war nicht so. Angels Hand tastete nach dem Pfeil, der ungefähr einen Zentimeter von seinen Herzen in der Brust steckte. Schmerzerfüllt verzog er das Gesicht. Sarah kniete sich neben ihn. Sie blickte sich um und entdeckte Faith, die hoch oben auf einem Dach stand.

„Schlecht gezielt. Du hast das Herz verfehlt“, sprach der Vampir neben ihr. Faith ließ die Armbrust sinken und ein kaltes Grinsen huschte über ihre Lippen. „Nein, perfekt getroffen“, erwiderte sie. Sie blickte auf Sarah und Angel hinab und nickte leicht. Sie war zufrieden. Noch wußten die Beiden nicht, was der wahre Hintergrund für diese Aktion gewesen war. Doch sie würden es schon bald erfahren. Faith und der Vampir verschwanden.

„Mein Gott, Angel“, flüsterte Sarah panisch. „Bist du in Ordnung?“ „Ja, dieser Pfeil ... hat das Herz knapp verfehlt“, stöhnte er und riß mit einer einzigen Bewegung den Pfeil aus seiner Brust. Er stöhnte vor Schmerz auf. „Was hat sie damit bloß bezweckt?“ murmelte Sarah. „Ich schätze, sie will dich provozieren. Sie kennt dich, Sarah. Sie weiß, wie man dich am leichtesten schwächt.“ „Indem man dich angreift“, sprach die Jägerin. „Du sagst es. Laß uns von hier verschwinden. Wir erregen nur Aufmerksamkeit, die wir im Moment nicht gebrauchen können“, stöhnte Angel. Er rappelte sich hoch, griff nach der Kiste und ging mit Sarah zu Giles‘ Laden zurück.

„Faith hat einfach so einen Pfeil auf Angel abgeschossen?“ fragte Giles ungläubig. Sarah nickte. Sie saß auf ihren Hocker vor dem Tresen, während Angel an einen Regal lehnte. „Aber was wollte sie damit bezwecken? Damit macht sie dich doch nur unnötig wütend“, warf Willow ein. „Genau das war ja ihr Plan. Jedenfalls denke ich das. Sie wollte mich provozieren. Gott sei Dank zielt sie nicht sehr gut. Sie hat das Herz nur knapp verfehlt“, sprach Sarah mit einen Schauder. Wenn sie nur daran dachte, Angel noch einmal zu verlieren, dann ... Sie schüttelte den Kopf. Daran wollte sie keinen Gedanken verschwenden.

Während Angel der Unterhaltung lauschte, fiel ihm auf, das seine Sicht immer schlechter wurde. Es war, als legte sich ein Schleier über seine Augen. Er nahm alles nur noch verschwommen wahr. Die Stimmen dröhnten in seinen Kopf. Was war mit ihm los? Angel schüttelte leicht den Kopf, aber auch das machte es nicht besser. Ein Gedanke schlich sich bei ihm ein. Faith hatte mehr mit ihren Angriff beabsichtigt. Vielleicht war der Pfeil ... Angel konnte sich nicht mehr konzentrieren. Er fühlte, wie ihm seine Kraft geraubt wurde.

Sarah blickte Angel kurz an und sah, wie der Schweiß über seinen Körper rann. Er schwankte auch leicht. Instinktiv fühlte sie, das da etwas nicht in Ordnung war. „Angel?“ Schwer hob er den Kopf und sah sie mit glasigen Augen an. „Angel, was ist los?“ fragte Sarah nun schon besorgter. „Ich glaube, der ... Pfeil ... war vergiftet“, murmelte der Vampir und dann brach er zusammen.

„Angel!“ Sarahs Schrei hallte durch den geschlossenen Laden. Sie sprang von ihrem Hocker und eilte an seine Seite. „Angel, hörst du mich?“ Doch er war bewußtlos geworden. „Angel!“ Mit einer bösen Vorahnung schob Sarah den Stoff seines Hemdes – das bei dem Angriff zerrissen worden war – beiseite und sah sich die Wunde an. Entsetzt mußte sie feststellen, das sich die Wunde nicht annähernd im Heilvorgang befand. Im Gegenteil: Die Haut rund um die Wunde war extrem gerötet.

„Giles, was ... ist los mit ihm?“ fragte Sarah mit zitternder Stimme. Sie strich zärtlich durch sein Haar, berührte ihn an der Wange und stellte fest, das seine Haut regelrecht glühte. Er schien von innen heraus zu brennen. „Ich weiß es nicht“, gestand der Wächter ehrlich. Besorgt runzelte er die Stirn. Die Differenzen zwischen Angel und ihm waren endgültig beiseite gelegt worden. Angel war wieder ein vollwertiges Mitglied dieses Teams. Und auch er sorgte sich um den Vampir.

„Das war Faith“, flüsterte Sarah. „Das hatte sie mit ihren Angriff bezweckt.“ „Es dient als Ablenkung, das weißt du.“ „Ja, und es funktioniert.“ In Sarahs Augen tauchte die ganze Angst auf, die sie um ihren Vampirfreund hatte. „Wir bringen ihn nach Hause. Er gehört ins Bett. Und ...“ „Oz und ich suchen in den Büchern nach einen Gift, das eine solche Reaktion bei einen Vampir hervorruft“, meldete sich Willow. „Und ich suche Wesley auf und erkläre ihm alles. Vielleicht kann er uns helfen“, meinte Xander. Sarah blickte ihre Freunde dankbar an. Ihr besorgter Blick glitt zu Angel zurück. Hoffentlich konnten sie etwas über dieses Gift in Erfahrung bringen.

[Eine Stunde später]

Angel lag in seinen Bett und warf sich unruhig hin und her. Sarah saß neben ihm und wischte ihm den Schweiß mit einen nassen Waschlappen aus der Stirn. „Bitte, Angel, kämpf dagegen an! Laß mich nicht allein. Ich brauche dich. Ich ertrage es nicht, dich noch einmal zu verlieren“, sprach Sarah zu ihm. Giles saß in Angels Wohnzimmer auf dem Sofa und recherchierte selbst in einigen Büchern, die er mitgenommen hatte. Sie suchten alle fieberhaft nach dem Gift und dessen Heilmittel.

Schwach vernahm Angel Sarahs Stimme. Er spürte ihre Anwesenheit. Sie war bei ihm. Unter größter Anstrengung öffnete Angel die Augen und nahm sie nur verschwommen wahr. „Sarah?“ Seine Stimme war bloß ein Flüstern. „Ja, ich bin hier.“ „Was ... ist ... geschehen?“ „Faith hat dich vergiftet. Du bist im Laden zusammen gebrochen. Aber keine Sorge, wir finden das Heilmittel. Du wirst wieder gesund“, sprach Sarah, doch Angel hörte aus ihrer Stimme heraus, das sie selbst nicht sehr davon überzeugt war. Wenn das so ist, steht es wirklich schlecht um mich, dachte er.

Angel streckte die Hand nach ihr aus und umschlang ihre Finger mit seinen. „Ich ... liebe dich“, sprach er. „Ich weiß. Ich liebe dich auch.“ „Sarah, du ... solltest dich um den ... Aufstieg kümmern.“ „Nein, das ist jetzt nicht wichtig. Du bist das Einzige, was jetzt wichtig ist. Du brauchst dir keine Sorgen machen, Angel. Ich habe alles im Griff. Aber du mußt gegen dieses Gift ankämpfen. Du darfst nicht sterben. Bitte, verlaß mich nicht noch einmal. Ich schaffe das alles ohne dich nicht“, sprach Sarah.

Ein schwaches Lächeln huschte über sein Gesicht. Angel wollte darauf antworten, aber dazu war er nicht mehr in der Lage. Die Bewußtlosigkeit befiel ihn erneut. Schmerzhaft blickte Sarah ihn an. „Du darfst nicht gehen. Bleib bei mir, Angel. Bitte, bleib bei mir“, flehte sie leise und strich ihm zärtlich über die Wange. „Du hast mir versprochen, mich niemals zu verlassen. Dich ein zweites Mal zu verlieren ... das verkrafte ich nicht“, flüsterte die Jägerin verzweifelt.

Xander kam mit Wesley im Herrenhaus an. Giles erhob sich vom Sofa und legte das Buch zur Seite, in dem er gerade las. „Ich weiß, Sie halten nicht viel von dieser Beziehung, aber helfen Sie uns“, sprach Giles. „Nun, ich müßte wissen, um welches Gift es sich handelt.“ In diesen Moment kamen Willow und Oz herein. „Habt ihr etwas gefunden?“ fragte Xander. Willow nickte leicht.

Als Sarah die Stimmen hörte, verließ sie das Schlafzimmer. „Was habt ihr heraus gefunden?“ fragte sie mit besorgter Miene. Willow hatte ein Buch bei sich. „Es steht in diesen Buch etwas über das Gift.“ „Und?“ „Sarah, dieses Gift kann einen Vampir töten“, teilte Willow ihr ernst mit. „Was?“ Entsetzt blickte Sarah ihre Freundin an. „Es ... tötet Angel?“ Bejahend nickte Willow.

„Oh Gott, nein! Was ... ist mit einen Heilmittel?“ „Davon steht in diesen Buch nichts. Aber wir suchen weiter.“ „Gut, macht das.“ Sarah wandte sich Wesley zu. „Rufen Sie den Rat an und erklären Sie denen die Lage. Fragen Sie den Rat, wie ich Angel heilen kann.“ Wesley nickte bloß. Er wußte, jetzt etwas zu sagen, war sinnlos. Dann machte Sarah am Absatz kehrt und ging zu Angel zurück. Und die Freunde machten sich ohne große Reden an die Arbeit.

Sanft ließ sich Sarah auf der Bettkante nieder. Sie studierte jedes Detail von Angels Gesicht. „Ich werde nicht zulassen, das du stirbst. Hörst du, Angel? Du wirst überleben. Dafür werde ich sorgen. Wenn ich dich verliere ... ist alles umsonst. Dann höre ich auf“, sprach Sarah. Ein schwerer Seufzer entrang sich ihrer Kehle. „Bitte, überlebe. Du wirst gebraucht.“ Im Moment konnte sie nicht mehr tun als Angel beizustehen und zu warten. Und diese Warterei zerrte an ihren Nerven.

Wesley hatte lange mit dem Rat telefoniert. Doch Quentin Travers hatte ihm deutlich gemacht, was der Rat davon hielt, einen Vampir zu helfen. Wesley zögerte, es der Jägerin mitzuteilen. Er hatte keine guten Neuigkeiten und er wußte, wie Sarah darauf reagieren würde. Tief in seinen Inneren gab er dem Rat auch recht. Sie mußten sich auf den Aufstieg konzentrieren und nicht darauf, einen Vampir zu helfen.

Als er das Herrenhaus erneut betrat, holte Giles Sarah aus dem Schlafzimmer. „Ich ... habe mit dem Rat gesprochen“, begann Wesley zögernd. „Was haben die gesagt? Wie kann ich Angel heilen?“ Wesley schloß für einen Moment die Augen und schüttelte leicht den Kopf. „Es tut mir leid, aber der Rat wird das Geheimnis dieses Giftes nicht preisgeben.“ „Was? Was soll das heißen?“ rief Sarah ungehalten.

„Du mußt dich auf den Bürgermeister und den Aufstieg konzentrieren. Du kannst es dir jetzt nicht leisten, dir über andere Dinge Gedanken zu machen. Das war ein Ablenkungsmanöver von Faith und du bist darauf herein gefallen.“ „Sie versagen Angel die Hilfe, die er braucht?“ flüsterte Sarah. „Du bist die Jägerin und du mußt dir Grenzen setzen. Der Aufstieg ist jetzt wichtiger.“ „Was wollen Sie mir damit sagen, Wesley?“ fragte Sarah gereizt. Entschlossen blickte der jüngere Wächter ihr in die Augen.

„Laß den Vampir sterben und verhinderte den Aufstieg. Tue deine Pflicht“, forderte Wesley. Giles schüttelte unfaßbar den Kopf. Er wußte, worauf das hinauslaufen würde. Geschockt blickte Sarah Wesley an. Angel hatte ihr sooft geholfen. Der Rat entschied einfach, ihn sterben zu lassen? Der Rat traf einfach seine Entscheidungen und erwartete von ihr, das sie diese auch akzeptierte? Viel zulange mischte sich der Rat schon in die Dinge ein, die er nicht verstand. Sie war hier Diejenige, die ihr Leben täglich aufs Spiel setzte und nicht der Rat.

In diesen Augenblick wußte Sarah, das sie sich entscheiden mußte. Sie würde nicht länger dulden, das der Rat sich in ihre Angelegenheiten einmischte und leichtfertig bereit war, das Leben ihrer Freunde zu opfern. Und sie traf ihre Entscheidung. Sie hatte genug davon, das der Rat ihr vorschreiben wollte, wie sie ihren Job als Jägerin erledigen sollte. „Sie können dem Rat etwas von mir ausrichten, Wesley“, sprach sie mit ernster Miene. „Und was?“ fragte Wesley zögernd nach. Er sah Sarah an, das sie diese Nachricht nicht besonders gut aufgenommen hatte.

„Ich kündige“, erklärte sie ihm. Überrascht blickte Wesley und auch Giles sie an. „Aber ... das kannst du nicht machen“, sprach Wesley. „Und ob ich das kann. Ich habe die Nase voll, das der Rat mir Befehle erteilt, obwohl die gar nicht wissen, was hier vor sich geht. Ich habe keine Lust mehr darauf, mir von denen sagen zu lassen, wie ich meine Pflicht zu erledigen habe. Ich werde Angel nicht noch einmal für diese Welt opfern. Hiermit trenne ich mich offiziell vom Rat der Wächter. Ich arbeite nicht mehr für die.“ „Aber ...“ „Nein, ich mache allein weiter. Ich mache so weiter wie bisher. Dafür brauche ich den Rat nicht. Das Faß ist voll. Sagen Sie dem Rat, das die Jägerin ab heute nicht mehr für sie arbeitet. Und Sie verschwinden jetzt“, sprach Sarah eisig.

„Sarah, das kannst du ...“ „Verschwinden Sie! Ich kann niemanden gebrauchen, der bereit ist, meine Freunde für eine Sache zu opfern. Niemals werde ich Angel noch einmal opfern, haben Sie verstanden? Ich kann auf Ihre Hilfe verzichten. Sie ist nicht von Nöten. Kehren Sie nach England zurück und teilen Sie dem Rat mit, das ich nichts mehr mit Ihnen zu tun habe. Ich hätte das schon vor langer Zeit machen sollen. Ich hätte mich schon viel früher vom Rat trennen sollen“, erklärte Sarah. „Das, was du hier tust, grenzt an Meuterei“, sprach Wesley. Sarah, die schon auf den Weg zu Angel war, drehte sich zu ihm um. „Nein, es ist eine Befreiung. Es ist meine Befreiung von Typen wie Ihnen“, erwiderte sie und kehrte ins Schlafzimmer zurück.

Giles blickte ihr nach. Sie hatte recht. „Mr. Giles, Sie können ihr das nicht durchgehen lassen“, bemerkte Wesley. „Doch, ich kann. Sarah ist erwachsen. Sie trifft ihre eigenen Entscheidungen. Sie hatte den Rat nie nötig. Ich verstehe sie und ich werde sie nicht daran hindern.“ „Wenn Sie das tun, wird der Rat Sie entlassen.“ „Tun Sie sich keinen Zwang an, Mr. Wyndham-Pryce, und erzählen Sie dem Rat, das ich mich auf die Seite meiner Jägerin stelle. Sie sollten jetzt wirklich gehen. Sie haben hier nichts mehr verloren“, sprach Giles abweisend.

Wesley nahm dies nickend zur Kenntnis. Irgendwie kam er sich wie in einen Alptraum vor. Die eine Jägerin hatte sich auf die Seite der Mächte der Finsternis gestellt und die andere hatte sich soeben vom Rat getrennt. Eines hatten Faith und Sarah nun gemeinsam: Sie waren zwei abtrünnige Jägerinnen. Zögernd verließ Wesley das Herrenhaus. Diese Nachricht mußte er dem Rat nun beibringen. Der Rat hatte die Kontrolle über beiden Jägerinnen schon vor langer Zeit verloren, wie es schien.

In der Zwischenzeit durchstöberten Willow, Oz und Xander die Bücher von Giles, die er teilweise in seinen Laden aufbehielt. „Irgendwo muß doch etwas stehen wie wir Angel helfen können. Ich meine, in diesen Büchern steht doch auch etwas über das Gift. Dann muß doch auch das Heilmittel beschrieben sein“, sprach Willow. „Ich glaube, ich habe es gefunden“, meldete Oz sich zu Wort. „Ehrlich?“ „Ja, hier steht etwas über ein Heilmittel.“ „Das ist doch klasse! Sarah muß darüber Bescheid wissen – sofort“, sprach Willow begeistert.

Doch ihre Freude wurde getrübt als sie den ernsten Blick ihres Freundes sah. „Was ist los, Oz?“ hakte Xander nach. „Nun, ja ... das Heilmittel ist ... es ist das Blut einer Jägerin“, sprach er offen. „Das Blut einer Jägerin? Das heißt, nur das Jägerinnenblut kann Angel heilen“, stellte Willow fest. Bejahend nickte Oz. „Gehen wir zu Sarah. Sie wird wissen, was zu tun ist.“ Die drei Freunden machten sich auf den Weg. Sie ahnten, was Sarah tun würde, um Angel zu retten.

~ 17. ~

„Das Blut einer Jägerin?“ sprach Sarah. Ihre Freunde standen ihr gegenüber und Oz reichte ihr das Buch. Sarah las sich durch, was über das Heilmittel geschrieben stand. „Gut, dann werde ich dafür sorgen, das Angel das Blut einer Jägerin zu trinken bekommt.“ „Was genau hast du vor?“ fragte Giles, obwohl diese Frage überflüssig war. Sie wußten alle, was Sarah unternehmen würde, um Angel das Blut einer Jägerin zu beschaffen.

„Wir haben eine zweite Jägerin in der Stadt. Und ich bin der Meinung, Faith soll für das, was sie getan hat, bezahlen. Ich werde sie holen und zu Angel bringen. Ich werde dafür sorgen, das Angel von ihrem Blut trinkt. Ich laß ihn nicht sterben. Ich werde alles in meiner Machtstehende tun, damit er wieder gesund wird. Willow, bleibe bitte bei Angel und kümmere dich um ihn.“ „Natürlich.“ „Denkst du, Faith wird einfach so mitkommen?“ warf Xander ein.

„Sie wird mitkommen – ob sie will oder nicht. Für Angels Leben wird sie sterben“, verkündete Sarah mit kalter, aber entschlossener Stimme. Sie ging zu Angel zurück und hauchte ihm einen sanften Kuss auf die Stirn. „Ich bin bald wieder da. Halte durch! Ich komme mit Faith zurück und werde dich retten“, flüsterte sie. Willow nahm auf der Bettkante Platz. „Paß auf ihn auf.“ „Keine Sorge, ich kümmere mich um ihn. Er wird kämpfen – solange, bis du mit dem Heilmittel da ist“, sprach Willow.

Sarah nahm ihre Jacke und ging. Sie mußte sich beeilen. Sarah wußte, das Angel nicht mehr viel Zeit hatte. Das Gift schwächte ihn immer mehr. Sarah ging nach Hause und zog sich um. Für diesen Kampf gegen Faith würde sie sich auf das tiefe Niveau der zweiten Jägerin herab begeben. Sarah zog ein schwarzes Top und ihre dunkelblaue Lederhose an, dazu ihre Stiefel. Aus ihrem Schrank nahm sie das Messer von Faith, das diese bei der Übergabe in der Cafeteria gelassen hatte. Mit festen Schritten verließ sie das Haus und suchte Faith in ihrer Dachwohnung auf.

Gemütlich lag Faith auf ihrem Bett und las in einer Zeitschrift. Dazu aß sie Pralinen. Sie schreckte auf als die Tür aus den Angeln flog. Mit aller ihrer Kraft hatte Sarah die Tür eingetreten. Faith blickte ihrer Gegnerin entgegen. „Na, wenn das nicht die Jägerin ist, deren Vampirfreund im Sterben liegt“, spottete Faith vergnügt. Sarah blickte sie eisig an. „Hey, der Aufzug steht dir! Was kann ich für dich tun?“ fragte die jüngere Jägerin liebenswürdig.

Ohne ein Wort stürzte sich Sarah auf die verhaßte Gegnerin und schleuderte sie brutal zu Boden. „Du bist doch nicht sauer, oder? Sag bloß, dein Liebster ist schon tot“, spottete Faith. „Angel lebt noch. Und er wird überleben. Denn ich weiß, wie ich ihn retten kann.“ „Ach ja? Und wie?“ „Du hättest dich besser über dieses Gift informieren sollen. Ich werde Angel heilen – mit dem Blut einer Jägerin“, teilte Sarah ihr mit.

Einen Moment war Faith überrascht. Und dann verstand sie, warum Sarah hier war. „Er wird mein Blut niemals bekommen.“ „Und ob er das wird“, sprach Sarah. In diesen Augenblick stürzten sich die beiden Frauen wie Raubkatzen aufeinander. Ein harter, unnachgiebiger Schlagabtausch entbrannte zwischen ihnen. Beide Jägerinnen schenkten sich nichts. Sie demolierten die gesamte Wohnungseinrichtung.

Sarah kannte kein Erbarmen mit Faith. Sie schleuderte sie gegen einen Tisch, der unter Faith zu Bruch ging. Faith schnappte sich einen Stuhl und warf ihn nach Sarah. Doch die ältere Jägerin wich aus und der Stuhl zerbrach als er gegen die Wand prallte. Sarah beugte sich über ihre Gegnerin und schlug immer wieder auf sie ein. Benommen wurde Faith klar, das sie sich etwas überlegen mußte oder Sarah würde dafür sorgen, das Angel von ihrem Blut trank.

Zur selben Zeit öffnete Angel in seinen Herrenhaus die Augen. „Sarah?“ Willow beugte sich über ihn. „Sie ist nicht da. Sie holt dein Heilmittel, Angel. Dir wird es bald besser gehen“, sprach Willow beruhigend. „Wo ... ist sie?“ fragte er leise. Willow wechselte einen Blick mit Oz und der forderte sie stumm auf, es Angel zu sagen. „Sie ist bei Faith. Das Blut einer Jägerin kann dich heilen. Und Sarah wird Faith herbringen“, teilte Willow ihm mit. Angel schluckte schwer und nickte leicht. Das Blut einer Jägerin, dachte er und die Erschöpfung befiel ihn erneut.

Faith sprang über das Geländer auf die kleine Rampe, die in ihrer Wohnung war. Doch Sarah schnitt ihr den Weg ab und lief die paar Stufen hinauf. „Du kannst nicht entkommen. Ich werde dich zu Angel bringen“, sprach sie entschlossen. „Du solltest dir lieber Gedanken über den Aufstieg machen“, sprach Faith. „Wenn Angel stirbt, hat das keine Bedeutung mehr.“ „Wie süß“, spottete Faith und sie verpaßte der älteren Jägerin einen harten Schlag ins Gesicht.

Doch Sarah zuckte nicht einmal mit der Wimper. „Angels Rettung ist mir wichtiger als alles andere“, sprach sie und stürzte sich auf Faith. Die Beiden flogen mit voller Wucht gegen die Fensterscheibe und landeten auf der Terrasse, die zu Faiths Apartment dazu gehörte. Die Scherben lagen um sie herum und teils auch auf ihnen, doch das interessierte sie nicht. Am Boden rangen Sarah und Faith miteinander.

Faith war die Erste, die wieder auf den Beinen stand. Sie trat Sarah hart in die Magengegend. Die Jägerin sackte zusammen. „Angel wird sterben. Und du kannst nur hilflos dabei zusehen“, verkündete sie. Erneut wollte Faith zutreten, doch diesmal fing Sarah ihren Fuß ab. Als sie den Kopf hob, sah Faith ihre wilde Entschlossenheit, ihren Vampir zu retten – egal, was sie dafür machen mußte.

Sarah ließ einen ganzen Hagel Schläge auf Faith niederprasseln. Sie ließ ihrer Gegnerin nicht einmal die Chance sich zu verteidigen. Faith lehnte an der Mauer der Terrasse. „Was hast du jetzt vor? Wenn du mich zu Angel schleppst, werde ich mich wehren.“ „Ich weiß. Aber wenn du verletzt bist, kannst du dich nicht mehr wehren“, sprach Sarah und sie holte Faiths Messer hervor.

„Kennst du das noch?“ Faith lachte bitter. „Du willst mich abstechen? Dazu hast du doch gar nicht den Mut.“ „Ich bin bereit, alles zu tun, um Angel zu retten. Und wenn ich dich dafür töten muß ... dann werde ich es tun“, sprach Sarah und ihre Hand schoß nach vorne. Der Angriff erfolgte zu schnell als das Faith darauf reagieren konnte. Das Messer bohrte sich tief in Faiths Bauch. Entsetzt riß die Jägerin die Augen auf und sie blickte Sarah ungläubig an.

Sie hatte es tatsächlich getan. Sarah zog das Messer aus Faiths Bauch. „Diesmal verlierst du“, sprach sie. Faith warf einen Blick nach hinten. Hinter ihr ging es tief runter. Ich ergebe mich nicht, dachte Faith und mit schwachen Beinen stieg sie auf die Mauer. „Nein, du verlierst – und zwar alles, was du liebst“, verkündete sie ihrer Widersacherin. Mit einen triumphierenden Lächeln ließ sich Faith fallen.

„Nein!“ Sarah stürmte zur Mauer und blickte entsetzt nach unten. Faith hatte Glück im Unglück. Sie war auf die Ladefläche eines Wagens gefallen, der an dem Haus vorbei fuhr. Entsetzt blickte Sarah dem Wagen nach. Faith war verschwunden. Und somit war auch ihr Blut verschwunden. „Jetzt bleibt mir nur noch eine Möglichkeit“, murmelte sie. Angel hatte nur noch eine Chance um zu überleben. Und Sarah war fest entschlossen die Sache durchzuziehen. Wenn er Faiths Blut nicht haben konnte, mußte er von ihrem trinken ...

Willow und Oz sahen auf als sie Schritte hörten. Sie wußten sofort, als Sarah das Schlafzimmer betrat, das sie alleine war. Faith war entkommen. „Das Blut?“ fragte Willow bloß. Sarah schüttelte leicht den Kopf. „Sarah, es ...“ „Laßt mich bitte mit ihm allein. Geht zu Giles. Dort sind auch die anderen.“ „Aber ...“, widersprach Willow. Sie wollte Sarah jetzt nicht allein lassen. Sie wußte, was der Verlust von Faiths Blut bedeutete.

„Bitte geht! Ich möchte mit ihm allein sein“, sprach Sarah mit ernster Miene. Oz legte Willow eine Hand auf die Schulter und nickte leicht. „Okay. Wenn du uns brauchst ...“ „Ich weiß“, flüsterte Sarah. Willow umarmte ihre Freundin kurz um ihr Trost zu spenden. Dann verließen sie das Herrenhaus. Sarah wartete, bis sie keine Geräusche mehr hörte, dann setzte sie sich zu Angel auf das Bett.

„Angel, hörst du mich?“ fragte sie benommen. Ihr Plan war gewagt, aber sie würde es tun. Er mußte überleben. Der Schweiß rann über Angels Stirn. Er öffnete schwer die Augen. „Du bist wieder da“, stellte er fest und ein leichtes Lächeln glitt über seine Lippen. „Faith ist entkommen. Ich habe versagt“, sprach Sarah. Angel blickte sie an und nickte bloß. „Es ist ... okay. Du hast ... getan, was du konntest.“ „Nein, es ist nicht okay“, widersprach Sarah ihm energisch.

„Doch. Wir müssen ... alle einmal sterben, Sarah. Auch die Zeit eines Vampirs ist irgendwann abgelaufen.“ „Nein, es ist noch nicht vorbei. Es gibt noch eine Möglichkeit.“ „Welche?“ In seinen schwachen, benebelten Zustand konnte Angel keinen klaren Gedanken mehr fassen. Deshalb war ihm auch nicht klar, worauf Sarah hinauswollte. Sarah legte den Kopf in den Nacken. „Trink“, forderte sie ihn auf.

Fassungslos blickte Angel die Jägerin an. Er konnte nicht glauben, was sie da von ihm verlangte. „Sarah, nein“, sprach er schließlich. „Doch. Ich will, das du von mir trinkst. Das Blut einer Jägerin heilt dich. Und ich bin eine Jägerin. Also, tue es!“ „Nein. Lieber sterbe ich ... als das ich das tue.“ „Du wirst sterben, wenn du es nicht tust. Verstehst du das nicht? Angel, ich werde nicht zulassen, das du mich verläßt. Trink von meinen Blut“, sprach Sarah. Verneinend schüttelte Angel den Kopf.

Irgendwie gelang es ihm aus dem Bett zu kommen. Schwach taumelte er von Sarah weg. Er wollte ihren gefährlichen Vorschlag nicht hören. Er wollte ihr nicht zu nahe kommen. Doch Sarah ließ ihm keine Möglichkeit zu fliehen. Sie baute sich vor ihm auf und blickte ihm eindringlich in die Augen. „Trink von mir! Angel, ich flehe dich an, tue es. Es ist deine einzige Chance.“ Angels Blick glitt zu ihrer Ader. Er konnte hören wie das Blut laut pochte. Es war, als wartete es nur darauf, das er seine Zähne tief in ihren Hals grub und ... Energisch schüttelte er den Kopf.

Daran durfte er nicht einmal denken. Er liebte sie. Er konnte unmöglich das Blut der Frau trinken, die er liebte. „Nein!“ sprach er entschlossen. Angel wandte sich von ihr ab. Doch Sarah packte ihn am Arm. „Verdammt, Angel! Sei nicht so stur. Tue es! Du wirst sterben, wenn du nicht von meinen Blut trinkst.“ „Ich ... kann ... das nicht“, flüsterte er. „Doch, du kannst. Und wenn du es nicht freiwillig tust, werde ich dich dazu zwingen“, teilte Sarah ihm mit und sie schlug ihm hart mit der Faust ins Gesicht.

Angel erkannte sofort was sie damit bezweckte. Sie wollte den Dämon in ihm wachrufen. Sarah wußte genau, was sie tat. Sie wollte ihn wütend machen. Und das gelang ihr auch. Noch einmal schlug sie zu. Und als Angel den Kopf hob, blickte sie in das wütende Antlitz seines Dämons. Angel packte sie bei den Schultern. Er wollte sie zur Vernunft bringen. Konnte sie den nicht verstehen, warum er sich weigerte, von ihr zu trinken?

Ihre Blicke begegneten sich und Sarah präsentierte ihm ihre Ader. „Los, trink“, forderte sie ruhig. In ihren Augen lag eine deutliche Aufforderung. Angel hörte das laute Pochen des Blutes. Er konnte es förmlich riechen. Obwohl er noch um seine Selbstbeherrschung kämpfte, wußte er, das der Kampf umsonst war. In ihm wuchs die Gier nach Sarahs Blut. Er konnte sich nicht mehr zurückhalten. Dafür war es zu spät.

Angel zog Sarah an sich und stieß seine Zähne in ihren Hals. Das warme Blut der Jägerin floß seine Kehle hinunter. Und mit jedem Schluck spürte Angel, wie seine Kraft zurückkam. Das Blut vernichtete das Gift in seinen Körper. Sarah stöhnte leise auf. Doch sie bewegte sich nicht. Bewegungslos verharrte sie in Angels Armen und ließ ihn von dem Blut trinken, das ihn heilte. Letztendlich hatte er doch getan, was sie von ihm verlangt hatte. Ihr Blut würde ihm seine Stärke zurückgeben.

Sarah schwankte in Angels Armen. Während er immer mehr zu Kräften kam, spürte sie, wie sie immer schwächer wurden. Die Beiden sanken gemeinsam zu Boden. Angels Körper bedeckte ihren und er grub seine Zähne noch tiefer in ihren Hals. Angel verlor die Kontrolle über sich. Schon lange hatte er kein frisches Menschenblut mehr getrunken und das ... er befand sich in einen wahren Blutrausch.

Der Dämon in Angel konnte nicht genug von dem Blut bekommen. Sarah versuchte Angel von sich zu schieben, doch es gelang ihr nicht. Sie wußte, das er sich nicht mehr unter Kontrolle hatte. Das war das Risiko gewesen, das sie bewußt eingegangen war, um ihn zu retten. Ich muß ihn zur Besinnung bringen oder er bringt mich um, dachte Sarah und erneut versuchte sie vergeblich den schweren Männerkörper über sich fortzuschieben. Sie wußte, er würde sich selbst hassen, wenn er ihr zuviel von ihrem Blut nahm.

Sarah tastete den Boden ab und bekam einen Gegenstand in die Finger. Es war ein Buch. Verzeih mir, dachte sie und schlug Angel das Buch um die Ohren. Der Schlag genügte, damit er von ihr abließ und zur Seite fiel. Ein Keuchen drang über seine Lippen und er rappelte sich hoch. Sarahs Blut hatte seine Wirkung erfüllt. Er war geheilt. „Du bist wahnsinnig, das du mich von dir trinken läßt. Wie konntest du das nur von mir verlangen?“ stöhnte er. Angel blickte zu Sarah. Reglos lag sie auf den Boden.

Die Angst um sie befiel ihn sofort. Nein, was habe ich getan? fragte er entsetzt. Angel fiel neben Sarah auf die Knie. „Sarah? Sarah, hörst du mich? Oh Gott, was habe ich nur angerichtet?“ Sie blickte ihn schwach an. „Es ... ist nicht deine Schuld. Ich habe ... dich dazu gezwungen“, flüsterte sie und dann verlor sie ihre Kraft. Bewußtlos lag die Jägerin in Angels Armen. „Nein, bitte nicht!“ flehte Angel und er hob sie auf seine Arme. Er mußte sie so schnell wie möglich ins Krankenhaus bringen.

„Ich brauch einen Arzt“, schrie Angel panisch als er durch die Türen der Notaufnahme stürmte. Er hielt Sarah in seinen Armen. „Was ist passiert?“ fragte eine Krankenschwester. „Sie hat viel Blut verloren“, teilte Angel ihr mit. Ein Arzt kam angelaufen und Angel legte Sarah auf eine Trage. Sie wurde in einen Untersuchungsraum gebracht, wo für Besucher der Zutritt verboten war. Besorgt blieb Angel davor stehen und beobachtete wie der Arzt Sarah behandelte. Im Moment konnte er nichts für sie tun. Er konnte nur hoffen, das sie seinen Biß überlebte. Seufzend wandte sich Angel zum nächsten Telefon. Er mußte Giles informieren.

~ 18. ~

Benommen schlug Sarah die Augen auf. Sie blickte in das Gesicht ihres Wächters. „Wie fühlst du dich?“ fragte er. „Ganz gut. Wo ... ist Angel?“ murmelte sie. „Ich bin hier“, sprach der Vampir und er kam an ihre Seite. Sarah streckte die Hand aus und berührte ihn zart an der Wange. „Gott sei Dank, du lebst noch.“ „Sarah, was du da getan hast ...“, begann Angel. „Nein, ich will deine Vorwürfe nicht hören. Angel, ich tat es aus Liebe. Es ist nicht deine Schuld das ich hier liege. Es ist meine. Ich habe dich doch regelrecht gezwungen mein Blut zu trinken. Also, gib dir nicht die Schuld daran“, sprach Sarah.

„Das war ziemlich leichtsinnig“, warf Giles ein. „Ich weiß. Aber es geht mir gut. Ich fühle mich zwar noch ein wenig schwach, aber ...“ „Du brauchst noch ein paar Stunden bis du dich erholt hast. Der Arzt hat dich an eine Infusion gehängt und dir Blut zugeführt.“ „Dann kann ich hier bald wieder raus?“ „Ja, aber ein paar Stunden mußt du noch hierbleiben. Bleib im Bett und ruhe dich aus. Schlaf ein wenig. Danach wird es dir besser gehen“, sprach Giles. Sarah nickte leicht und war eingeschlafen als Angel und Giles das Zimmer verließen.

... Sarah blickte sich in Faiths Apartment um. Die Möbel waren verschwunden und Faiths wenige Sachen waren in Kartons verpackt. „Du gehst fort?“ fragte Sarah das dunkelhaarige Mädchen. Faith drehte sich zu ihr um und nickte leicht. „Ja, ich gehe. Ich hätte niemals gedacht, das du dazu wirklich den Mut aufbringst.“ „Wozu?“ „Dein Leben zu riskieren um deinen Freund zu retten“, sprach Faith und ein anerkennendes Lächeln huschte über ihre Lippen.

„Ich hatte keine andere Wahl. Angel wäre gestorben, wenn ich das nicht getan hätte. Wohin wirst du gehen?“ „Ich weiß es nicht. Meine Arbeit hier ist getan. Ich war schon viel zu lange hier. Meine Anwesenheit hat dir nicht viel Glück gebracht. Ich weiß, ich habe dir viel Ärger gemacht.“ „Du gehst, ohne beim Aufstieg dabei zu sein?“ Faith nickte bejahend. „Ja, ich kann nicht beim Aufstieg dabeisein. Du hast das verhindert“, meinte sie.

„Wie meinst du das?“ „Ich weiß nicht, ob ich je wieder aus dem Zustand aufwache, in dem du mich hinein befördert hast. Ich habe verloren. Du bist die bessere Jägerin von uns beiden, das weiß ich nun.“ „Faith ...“ „Nein, hör mir zu: Ich weiß, was du vorhast. Doch der Plan wird nicht gelingen, wenn du den Bürgermeister nicht in eine Falle locken kannst. Er ist stark und unerschütterlich. Doch es gibt eine Sache, wo er wie ein Mensch denkt und fühlt“, erzählte Faith.

„Er war mir gegenüber wie ein Vater, Sarah. Willst du ihn besiegen, dann zeige ihm, was du mit mir gemacht hast. Seine blinde Wut wird sein Untergang sein. Und jetzt solltest du gehen. Ich muß den Rest meiner Sachen noch packen.“ Sarah und Faith sahen sich einen Moment stumm an. „Paß auf dich auf, ja? Leb wohl, Sarah“, sprach Faith als Sarah auf die Tür zuging und das Apartment verließ ...

Sarah schlug die Augen auf. Was hatte dieser Traum zu bedeuten? Sie stieg aus dem Bett und folgte ihrer Vorahnung. Sarah wanderte zwischen den Betten, die nur mit Vorhängen von den anderen getrennt wurden, umher. Schließlich fand sie Faith. Sie war blaß und war an mehrere Geräte angeschlossen. Sarah schluckte schwer und trat neben sie. „Es tut mir leid, Faith“, flüsterte sie.

Faith hatte es schlimm erwischt, das erkannte sie. Sarah griff nach ihrer Hand und drückte sie leicht. „Danke für deinen Rat. Ich werde ihn beherzigen“, versprach sie ihrer Widersacherin. In diesen Zustand war Faith kaum wiederzuerkennen. Sie sah gar nicht wie starke, coole Jägerin aus, die ihr in den letzten Wochen das Leben schwer gemacht hatte. Faith schien bloß noch ein Schatten ihrer selbst zu sein. Sarah schluckte schwer. „Wir hätten Freundinnen werden können“, flüsterte sie. Leicht strich sie Faith eine Strähne aus dem Gesicht und ging in ihr Bett zurück.

„Es tut mir leid“, sprach der Arzt. Geschockt hörte Richard Wilkins die Wahrheit über Faiths Zustand. „Sie wird nicht mehr aufwachen. Die Wahrscheinlichkeit ist jedenfalls äußerst gering. Es hat sie sehr schlimm erwischt.“ Richard Wilkins nahm dies nickend zur Kenntnis. Er konnte es nicht glauben. Sein Mädchen lag im Koma und würde wohl nie mehr aufwachen. „Danke, Doktor“, flüsterte er. Der Arzt verabschiedete sich und kümmerte sich um seine anderen Patienten.

Als der Bürgermeister zu Faith zurückging, sah er Sarah nur noch von hinten. Sie war auch hier. In ihm flackerte Zorn und ein Hass auf, den er in seinen langen Lebensjahren noch nie verspürt hatte. Diese Jägerin war dafür verantwortlich, das seine Kleine im Koma lag. Richard Wilkins folgte Sarah. Als diese sich gerade in ihr Bett legte, wurde sie mit brutaler Gewalt in die Kissen gedrückt. Richard Wilkins legte seine Hände um ihren Hals und drückte zu. Seine Kleine hatte ihr Leben wegen ihr verloren und dafür sollte sie bezahlen. Er war blind vor Schmerz über Faiths Verlust und vor Wut, weil es mit ihr soweit gekommen war.

Sarah – die noch nicht ganz im Besitz ihrer vollen Kräfte war – stöhnte und versuchte den überraschenden Angriff des Bürgermeister abzuwehren. Doch es gelang ihr nicht. Wunderbar, jetzt werde ich doch sterben, dachte sie. Aus dem Augenwinkel heraus sah sie eine schattenhafte Bewegung. In der nächsten Sekunde schleuderte Angel den Bürgermeister gegen die Tür.

„Halten Sie sich von ihr fern“, forderte Angel mit blitzenden Augen. Stumm starrte der Bürgermeister die Beiden an. „Du wirst bezahlen. Faith liegt deinetwegen hier. Und für die Verletzungen, die du meiner Kleinen zugefügt hast, wirst du bezahlen“, sprach er bitter. Dann richtete der Bürgermeister sein Jackett zurecht und verließ das Krankenhaus. Er hatte immerhin noch etwas zu erledigen. Der Aufstieg stand bevor und allein für Faith würde er diese kleine, mißratene Jägerin töten.

Angel legte Sarah einen Arm um die Schulter. „Ich weiß jetzt wie ich ihn in die Bibliothek bekomme“, sprach die Jägerin. „Was meinst du?“ „Faith ... ich hab von ihr geträumt. Und in meinen Traum sagte sie mir, wie ich den Bürgermeister besiegen kann. Angel, du mußt mir einen Gefallen tun.“ „Welchen?“ Sarah erklärte ihm in ruhigen Ton, was er aus Faiths Apartment für sie holen mußte. Sie hatte diesen bestimmten Gegenstand dort liegen gelassen, nachdem ihr Kampf gegen Faith zu keinen Ergebnis geführt hatte. Angel nickte und machte sich auf den Weg, während Sarah sich anzog und das Krankenhaus verließ.

Sie war in Giles‘ Laden um die letzten Vorbereitungen zu treffen. Der Aufstieg stand bevor und ihnen blieb nicht mehr viel Zeit. „Haben die Schüler die Waffen?“ „Ja, es ist schon alles vorbereitet.“ „Okay, hört zu: Wir müssen unsere alten Roben aus den Schränken holen. Wir mischen uns unter die Schüler. Xander, du wirst die Schüler führen. Aber das haben wir ja schon besprochen. Giles, wir sollten uns langsam auf den Weg machen in der Bibliothek den Sprengstoff zu deponieren. Leute, das wird ein harter Kampf“, sprach Sarah entschlossen. Sie hatte sich von dem Vampirbiß erholt. Das Einzige, was noch daran erinnerte - das Angel von ihr getrunken hatte - war das Pflaster, das über den Wundmalen lag.

Sarah tauchte mit ihrer Gang vor der Schule auf. Davor stand Oz‘ Lieferwagen. Er verteilte die Waffen an die Schüler und erklärte noch das eine oder andere. „Ich will keine Heldentaten von euch, verstanden?“ wies sie die Schüler der Abschlußklasse zurecht. „Wir haben verstanden. Wir werden kämpfen. Keine Sorge, Sarah, du kannst dich auf uns verlassen“, sprach der Klassensprecher Brian. „Danke. Mit euch werden wir das schaffen. Sorgt bitte dafür, das bei der Abschlußfeier ein paar Stühle für meine Gang aufgebaut werden. Wir werden uns unter euch mischen, damit der Bürgermeister keinen Verdacht schöpft“, sprach Sarah. Brian nickte und versprach, sich sofort darum zu kümmern.

Während Willow und Xander Oz halfen die Schüler einzuweisen und ihnen letzte Tips für den großen Kampf gaben, machte sich die Jägerin auf den Weg zu Angel. „Hast du es?“ fragte sie sofort. Angel nickte und reichte ihr das Messer, an dessen Klinge das Blut von Faith klebte. „Gut. Damit kann ich ihn reizen“, sprach sie entschlossen. „Denkst du, das funktioniert?“ „Ja. Du hast ihn erlebt, Angel. Er liebt Faith wie eine Tochter – auch wenn ich ihm das nicht zugetraut habe. Das Messer ist genau das, was ich brauche, um ihn zu provozieren. Und wenn ich ihm von meinen Kampf mit ihr berichte, wird meine Rechnung aufgehen. Er wird blind vor Wut und wird alles tun um mich zu töten. So kann ich ihn in die Bibliothek locken und unser lieber Bürgermeister ist Geschichte“, erklärte Sarah. 

„Wir sehen uns dann bei der Abschlußfeier“, sprach sie. Angel nickte leicht. „Ich komme, sobald die Sonnenfinsternis eintritt. Sarah, sei bitte vorsichtig. Er ist der schwerste Gegner, den du je hattest.“ „Nein, das ist er nicht“, murmelte sie. „Was?“ „Er ist der größte Gegner, der sich mir je in den Weg gestellt hat. Aber der Schwerste ... nein, das ist er nicht.“ Angel blickte ihr in die Augen und wußte, was sie damit meinte. Ihr schwerster Gegner war Angelus gewesen.

„Aber das ist Vergangenheit. Ich muß mich jetzt auf diesen Kampf konzentrieren“, sprach sie, um das Thema zu wechseln. „Paß auf dich auf“, bat Angel inständig. „Natürlich. Ich bin eine gute Jägerin. Ich kriege das schon hin.“ Angel zog sie an sich und preßte seine Lippen leidenschaftlich auf ihre. Sarah schlang die Arme um seinen Nacken und erwiderte seinen Kuss mit derselben, schmerzlichen Leidenschaft. Sie würden auch diesen Kampf überstehen. Gemeinsam würden sie die Pläne des Bürgermeisters zerschlagen und erneut – wie sooft zuvor – für die Sicherheit der Welt sorgen ...

~ 19. ~

Sie waren alle nervös. Für die Schüler der Abschlußfeier war es nichts alltägliches gegen eine große Bedrohung in den Kampf zu ziehen. Sie wußten alle nicht, was genau sie erwarten würde, aber sie würden die Sache durchziehen. Sarah und ihre Gang hatten ihre Roben aus den Schränken geholt und angezogen. Sie mischten sich unter die Schüler. Auch Giles mischte sich unter die Leute. Unter ihren Roben hatten die Schüler ihre Waffen versteckt. Weder Lehrer, noch Direktor Synder erkannten sie. Und das war gut. Sie konnten es sich nicht leisten entdeckt zu werden.

Die Abschlußfeier begann. Direktor Synder trat an das Pult um mit seiner Rede anzufangen. „Zunächst möchte ich der Abschlußklasse gratulieren. Ihr habt die schweren Jahre der Highschool beendet. Dies ist ein feierlicher Augenblick. Also, benehmt euch dementsprechend und redet gefälligst nicht. Begrüßt nun unseren geschätzten Bürgermeister von Sunnydale, Richard Wilkins, den III., unseren Festredner“, sprach Synder und er trat zur Seite um den Bürgermeister das Pult zu überlassen.

Richard Wilkins trat an das Mikrofon und blickte einen Moment die Schüler schweigend an. Er sah über ihre Köpfe hinweg und ein kleines Lächeln glitt über seine Lippen. „Dir wird das Grinsen bald vergehen“, murmelte Sarah. Wilkins ahnte, das seine Gegner hier waren, aber es interessierte ihn nicht. Sie waren machtlos gegen die Dämonen, die mit ihm den Aufstieg durchführen würden. Sie waren in der Überzahl. Diesmal würde die Jägerin, die so lange überlebt hatte, verlieren. Diesmal würde sie ihren Kampf nicht gewinnen. Sie würde sterben, dafür würde er sorgen.

Aus seiner inneren Jackentasche holte der Bürgermeister seine Rede, die auf ein paar handlichen Karten abgedruckt war. „Heute ist ein besonderer Tag. Es ist ein großer Tag. Den heute ist der einhundertste Jahrestag der Gründung von Sunnydale“, begann er mit seiner feierlichen Rede. „Ich weiß, das euch jungen Leuten das rein gar nichts bedeutet. Den heute geschieht für euch etwas viel wichtigeres. Es ist der letzte Tag eurer Highschoolzeit. Endlich sind all die Prüfungen, die harte Arbeit und die Qualen, die man während dieser Zeit erlebt, vergessen“, sprach Richard Wilkins mit all der Ruhe, die er empfand. Er hatte es nicht eilig mit dem Aufstieg. Der Aufstieg würde so oder so erfolgen.

„Und was sind hundert Jahre Geschichte dazu?“ „Mein Gott“, sprach Sarah kopfschüttelnd. „Er hat tatsächlich vor die ganze Rede zu halten“, flüsterte sie. Sie wechselte einen irritierten Blick mit Willow, die neben ihr saß. „Ihr seit ein Teil der Sunnydaler Geschichte – ob ihr wollt oder nicht. Es ist nun einmal so. Es war ein langer Weg bis hierher - für Sunnydale, für euch, für uns alle. Es gab hier Freude, Erfolge, schöne Zeiten. Aber es gab auch Verluste, Trauer und Schmerz“, sprach Wilkins mit betroffener Miene.

Sarah wußte, er dachte an Faith, die jetzt nicht an seiner Seite war. „So mancher von uns, der heute mitfeiern sollte, ist nicht hier.“ Für einen Moment schwieg er und dachte an Faith. Doch dann riß sich der Bürgermeister zusammen. „Aber wir sind da. Die Reise ist zu Ende“, sprach er nun schon fröhlicher. „Was ist eine Reise? Nur die Entfernung, die man überwindet oder die Zeit, die man braucht, um an sein Ziel zu kommen? Nein, eine Reise ist mehr. Das Wichtige passiert auf den Weg. Es sind die Dinge, die euch formen und am Ende der Reise seit ihr verwandelt. Heute ist ein Tag, an dem sich alles ändert“, prophezeite der Bürgermeister. Sarah und ihre Gang wußte, das dies in mehr als einer Hinsicht stimmte.

„Der Schulabschluß ändert nicht nur eure Lebensumstände, sondern auch euch. Ihr steigt auf zu einer höheren Ebene. Und nichts wird mehr so sein wie es einmal war.“ In diesem Moment wurde es dunkler und die Anwesenden blickten alle nach oben. Der Himmel verdunkelte sich und die Sonnenfinsternis trat ein. Es war soweit. Es beginnt, dachte Sarah und sie hoffte, das die Schüler sich wirklich in diesen Kampf zurechtfanden. Nun gab es keine Rückkehr – für niemanden von ihnen.

In der Sekunde, wo sich der Schatten über die Sonne legte, durchfuhr ein heftiger Stoß den Bürgermeister. Er stöhnte leicht auf und sackte nach vorne. Nur mit Mühe konnte er sich am Pult abstützen, um eine einigermaßen aufrechte Haltung zu haben. Stolz hob er den Kopf und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. „Und jetzt ... da wir zurückblicken auf ...“ Ein weiterer Stoß ging durch seinen Körper und ließ ihn abbrechen. Sarah reagierte darauf. Sie durfte nicht noch länger warten.

Entschlossen streifte sie ihre Robe ab und erhob sich von ihrem Stuhl. „... Auf die Ereignisse, die diesen besonderen Tag vorausgingen“, sprach der Bürgermeister mit zitternder Stimme. Und in diesen Moment sah er sie. Ein wütendes Blitzen tauchte in seinen Augen auf. Sarah wartete; wußte noch nicht so recht, wann der richtige Augenblick war, um die Schüler zu motivieren. Sie hatte noch nie einen Aufstieg erlebt. Sie mußte abwarten, bis er das Monster war, in das er sich verwandelte.

„... Müssen wir alle ...“ Erneut brach der Bürgermeister seine Rede ab und schrie qualvoll auf. „Nun erfüllt es sich“, sprach er mit einen zufriedenen Lächeln auf den Lippen. „Mein Schicksal ... es erfüllt sich endlich.“ Erneut sackte er leicht in sich zusammen. „Es geht früher los als ich erwartet habe. Ich wollte noch einige Dinge sagen ... über die Bürgerpflichten, zum Beispiel, aber ... ich schlage vor, wir gehen gleich über zum großen Finale“, sprach er mit gefährlicher Stimme.

Und mit diesen Worten verwandelte er sich in eine Riesenschlange. „Okay, jetzt ist es soweit“, sprach Sarah entschlossen. Die Leute schrien entsetzt auf und liefen wild durcheinander. Nur die Schüler blieben an ihren Plätzen und erhoben sich langsam. Die Eltern der Schüler liefen in Panik davon. Entsetzt starrten die Schüler auf die Riesenschlange. Sie hatten Angst, aber liefen nicht davon.

Hinter ihnen tauchte eine Gruppe Vampire auf, die für den Bürgermeister arbeitete. In freudiger Erwartung näherten sie sich den Schülern. „Los“, gab Sarah das Kommando und die Schüler streiften ihre Roben ab. Darunter kamen die Waffen zum Vorschein, die sie die ganzen Zeit am Körper getragen hatten. Es waren Holzpflöcke, Armbrüste und Pfeile – alles, womit man Dämonen und Vampire vernichtete. Der große Kampf konnte beginnen.

Sarah blickte sich um. Die Schüler waren bereit und warteten nur noch auf die Befehle. „Flammenwerfer“, rief die Jägerin laut. Einige Schüler griffen danach und attackierten die Riesenschlange mit den Flammen. Wie erwartet wich die Schlange zurück. Sarah blickte zu Xander, der an der Treppe stand um eine Übersicht zu haben. Sie nickte ihm leicht zu. Darauf hatte er gewartet. Nun übernahm er die Kommandos. Den Sarah hatte die Aufgabe, den Bürgermeister von den Leuten wegzulocken.

„An die Waffen“, befahl Xander. Die Schüler nahmen die Waffen fest in ihre Hände und bedrohten den Bürgermeister damit. „Feuer!“ Die Pfeile schossen aus den Halterungen. Doch die Riesenschlange konnte geschickt ausweichen. Der Flammenwerfer wurde erneut eingesetzt und der Kampf entbrannte. Den nun mischten sich auch die Vampire ein, um ihren Meister zu helfen, den Aufstieg zu vollenden.

Die Schüler luden ihre Waffen nach und wußten nun, was sie zu tun hatten. Oz drehte sich um und sah die Vampire immer näher kommen. „Xander“, rief er warnend. Xander folgte Oz‘ Hand und nickte. „Macht sie fertig“, befahl er. Oz und einige andere Schüler griffen nach Pfeil und Bogen und spannten sie durch. Die Spitzen der Pfeile brannten. „Feuer!“ Die Pfeile schossen durch die Luft und trafen die Vampire, die sofort vernichtet wurden. Die Vampire, die den Pfeilen entkommen konnten, wichen zurück. Doch als sie die Stufen hinunter eilten standen sie Angel und eine Gruppe Schüler gegenüber.

Ohne zu zögern gingen die beiden Gruppen aufeinander los. Erledige deinen Job, Sarah, dachte Angel und er trieb einen Vampir den Holzpflock ins Herz. Während dieser zerfiel, kämpfte er schon mit den nächsten. Obwohl die Schüler unerfahren waren, schlugen sie sich ganz gut. Die Schüler setzten noch immer die Flammenwerfer ein um der Bestie Einhalt zu gebieten. Doch dann war das Feuer erschöpft und sie griffen nach anderen Waffen.

Der Bürgermeister schlug mit dem Ende seines Körpers um sich und erwischte ein paar Schüler, die durch die Luft flogen und bewußtlos zu Boden glitten. Er stieß einen markerschütternden Schrei aus. Angel schlug seinen Gegner in das Land der Träume. Doch er konnte sich keine Verschnaufpause gönnen. Sofort stürzte der nächste Vampir auf ihn und sie lieferten sich einen harten Schlagabtausch, den Angel für sich entscheiden konnte. Es entbrannte ein wilder Kampf zwischen Sarahs Leuten und den Leuten des Bürgermeisters.

Sarah stieg auf ihren Stuhl um sich einen Überblick zu verschaffen. Sie wußte, die Schüler hatten getan, was sie konnten. Nun lag es an ihr die Sache zu beenden. „Verschwindet! Bringt euch in Sicherheit! Haut ab“, schrie sie über den Kampfplatz hinweg. Die Schüler ließen ihre Waffen fallen und liefen die Stufen hinab. Panik breitete sich immer mehr aus. Sie liefen den Vampiren genau in die Arme und mußten sich ihren Weg freikämpfen.

„Viel Glück“, sprach Willow und sie entfernte sich ebenfalls. „Xander, schaffe sie von hier weg“, schrie Sarah gegen den Lärm an. Er nickte leicht, obwohl Sarah das nicht mehr sah, da sie sich schon dem Bürgermeister zugewandt hatte. „Kommt Leute, verschwinden wir“, sprach Xander und er zog seinen Holzpflock. Die Vampire wollten erneut versuchen die Treppe hinauf zu gelangen, doch der Sturm Schüler hielt sie davon ab. Die Schüler kämpften sich mutig den Weg frei um von der Schule wegzukommen. Niemand wollte dabei sein, wenn der Sprengstoff gezündet wurde. Die Vampire hatten keine Chance und die Schüler brachten sich in Sicherheit.

Sarah holte aus der Innentasche ihrer Jacke das Messer von Faith. Die Riesenschlange, die einmal der Bürgermeister gewesen war, wollte den Schülern hinterher, doch eine Stimme hielt ihn zurück. „Hey, mein Junge“, rief Sarah. Der Bürgermeister blickte auf sie herab. Mit einen triumphierenden Lächeln hielt Sarah das Messer von Faith hoch. „Na, weißt du, was das ist? Das gehörte Faith. Du hast ihr das geschenkt. Ich habe ihr das Messer tief ins Fleisch gejagt. Es ist so leicht rein gegangen – wie in Butter“, sprach sie provozierend.

Der Bürgermeister gab einen ärgerlichen Ton von sich. „Na, was ist? Willst du es wiederhaben? Willst du das, was ich mit Faith gemacht habe, rächen? Wäre sie nicht vom Dach gefallen, hätte ich ihr das Messer noch einmal in das weiche Fleisch gestoßen. Willst du dich dafür rächen, Richard?“ sprach sie herausfordernd. Der Kopf der Riesenschlange schoß vor, doch damit hatte Sarah gerechnet. Mit dem Messer in der Hand rannte sie über den Rasen Richtung Gebäude.

Sie drehte sich um, um sich zu vergewissern, das er ihr auch folgte. Und das tat er. Ihre Rechnung ging auf. Sarah rannte zur nächstbesten Tür und stieß sie auf. Ihre Schritte hallten auf dem Korridor der Schule wider. Der Bürgermeister brach die Mauer ein und stürmte durch das Fenster. Er wollte ihr den Weg abschneiden, aber Sarah war schneller. Als sie den Weg zur Bibliothek einschlug, war er dicht hinter ihr. Die Mauern und der Boden erbebten gefährlich unter ihm und er zerstörte Türen, doch das interessierte ihn nicht. Er wollte den Tod der Jägerin, die Faith ins Koma geprügelt hatte.

Sarah blickte sich kurz um und sah, wie er nah er schon war. Sie spornte sich selbst zum schneller werden an und bog ab. Sarah raste auf die Schwingtüren der Bibliothek zu und stieß sie auf. Die Jägerin hörte den Bürgermeister vor den Türen und lief durch den Raum. Das Monster hinter hier brach durch die Mauer und war nun ebenfalls in der Bibliothek. Sarah sprang auf den Tisch und über das Geländer. Nun zählte jede Sekunde. Sie hatte ihn genau dort, wo sie ihn haben wollte.

Der Bürgermeister blieb überrascht stehen und blickte sich um. Überall in der Bibliothek lag Dynamit und Sprengstoff. Augenblicklich wurde ihm klar, das es eine Falle war. Die Jägerin hatte ihn reingelegt. Doch für diese Erkenntnis war es zu spät. Sarah verschwand hinter den Regalen und sprang durch das Fenster. Sie landete mit sicheren Beinen im Gras. Dort kniete Giles, der schon auf sie wartete.

„Tun Sie es“, schrie Sarah als sie neben ihm zum stehen kam. Giles drückte den Hebel hinunter und entzündete den Sprengstoff. Es gab eine laute Explosion und der Bürgermeister schrie quälend auf als er in die Luft flog und dabei ein grausames Ende fand. Das Feuer züngelte hoch in die Luft. Die mächtige Explosion zerstörte einen Teil der Schule. Nun stand die halbe Sunnydale High in Flammen.

Wenig später war die Feuerwehr, die Polizei und auch die Rettungskräfte vor Ort. Sie kümmerten sich um die Verletzen. Wie immer würde die Polizei den Fall unter den Tisch kehren und in ganz Sunnydale würde man nie mehr ein Wort darüber verlieren. Sarah und Giles kamen die Stufen hinunter. Der Bürgermeister war tot, der Aufstieg verhindert. Gemeinsam mit den Schülern hatten sie diese Schlacht gewonnen. Es war vorbei.

Sie waren alle erschöpft. Der Kampf hatte sie viel Kraft gekostet. „Das war ein mächtiges Feuerwerk“, bemerkte Xander. Er saß mit Willow und Oz auf den Stufen und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. „Ja, allerdings. Jetzt ist der Bürgermeister Geschichte“, murmelte Sarah. „Das habt ihr toll gemacht. Ihr habt euch alle gut geschlagen“, sprach Giles anerkennend, während Sarah sich in Angels Arme fallen ließ.

„Ich bin stolz auf dich“, sprach er. „Wir haben gewonnen. Diesen Kampf haben wir nur gemeinsam gewinnen können. Was wird jetzt passieren?“ „Nichts. Schon morgen wird niemand mehr ein Wort darüber verlieren. Sunnydale wird das tun, was es am Besten kann“, bemerkte Giles. „Ich verstehe. Die Menschen werden die unerklärlichen Dinge, die heute geschehen sind, einfach unter den Teppich kehren und vergessen“, warf die Jägerin ein.

„Du sagst es, Sarah. Ist jemand von euch verletzt?“ „Nein, wir sind nur müde.“ „Wir sollten nach Hause gehen. Hier haben wir nichts mehr verloren. Wir haben unsere Pflicht getan“, sprach Giles. „Sie haben recht. Gehen wir“, meinte Sarah. Willow, Oz und Xander erhoben sich von den Stufen. Angel nahm Sarahs Hand in seine und gemeinsam gingen die Freunde an den Rettungskräften vorbei und machten sich auf den Weg nach Hause. Auch diesmal hatten sie die Welt erfolgreich vor dem dämonischen Unheil retten können.

Giles fuhr Sarahs Freunde nach Hause, während Angel Sarah nach Hause brachte. „Weißt du, was mir bei der ganzen Sache leid tut?“ „Nein, was?“ „Das Faith sich so entwickelt hat. Ich habe mich bemüht ihre Freundin zu werden, aber sie wollte nicht. Nun liegt sie im Koma. Sollte sie jemals aufwachen, wird nichts mehr so sein wie sie es kennt. Und den Konsequenzen ihrer Handlungen wird sie sich dann auch stellen müssen“, sprach Sarah nachdenklich.

„Ich weiß, aber damit wird sie leben müssen. Es ist vorbei, Sarah. Schau nach vorne. Du hast ein eigenes Leben, um das du dich kümmern mußt.“ „Ich weiß. Ich werde sofort ins Bett fallen, wenn ich zu Hause bin.“ „Du hast dir den Schlaf verdient“, sprach Angel und er blieb vor ihrem Haus stehen. Sarah schmiegte sich an ihn und legte ihren Kopf für einen Moment an seine Brust.

In dieser innigen Umarmung standen sie wortlos da. Dann hob Sarah den Kopf und blickte ihm zärtlich in die Augen. „Ich liebe dich. Ein Leben ohne dich kann ich mir gar nicht mehr vorstellen. Ich weiß nicht, wie ich ohne dich gelebt habe.“ Ein sanftes Lächeln huschte über Angels Lippen. „Denkst du nicht, das dir manchmal etwas fehlt?“ „Du meinst Sex?“ Angel nickte leicht.

„Manchmal, aber nicht so sehr. Faith tadelte mich, weil ich nur einen Liebhaber hatte. Doch soll ich dir was sagen? Anders will ich es gar nicht. Ich hatte nie einen anderen als dich. Und anders will ich es auch gar nicht haben. Ich verbringe mein Leben lieber mit dir als mit einen Mann, den ich nie so lieben könnte wie dich.“ „Mit einen anderen könntest du deiner Liebe körperlich Ausdruck verleihen“, bemerkte Angel. „Das ist nicht wichtig. Es ist nicht wichtig für mich. Ich verzichte mein Leben lang gerne auf Sex, wenn ich dafür meine Zeit mit dir verbringen kann“, teilte sie ihm mit.

Angel beugte sich zu ihr herab und verschloß ihre Lippen zu einen zärtlichen Kuss. „Ich liebe dich“, sprach er. „Du mußt jetzt gehen. Die Sonne geht bald auf.“ „Ich weiß.“ Wieder küßten sie sich. Dann trennte sich Sarah von Angel und stieg die Stufen zur Veranda hoch. Sie drehte sich zu ihm um und schenkte ihm ein Lächeln, das ihm zeigte, wie sehr sie ihn liebte. Angel wartete noch einen Moment, doch dann drehte er sich um und verschwand in der Dunkelheit.

„Sarah?“ Die Stimme von Joyce kam aus dem Wohnzimmer. Müde erschien Sarah im Türrahmen. „Ja?“ „Hast du ... hast du gewonnen?“ fragte Joyce zögernd. Bejahend nickte Sarah. „Der Bürgermeister ist tot. Dafür brennt jetzt die halbe Highschool, aber wir haben gewonnen. Die Welt ist um eine Gefahr ärmer geworden.“ „Das ist gut“, sprach Joyce. Sarah kam zu ihrer Mutter und setzte sich zu ihr aufs Sofa.

„Diesmal hätte ich es allein niemals geschafft.“ „Ich bin froh, das dir nichts passiert ist. Wie geht es den anderen?“ „Sie leben, sind aber unendlich müde. Verluste gibt es geringe, sofern ich das festgestellt habe. Ich schätze, Sunnydale braucht jetzt dringend einen neuen Bürgermeister.“ Joyce küßte Sarah auf die Stirn. „Ich geh ins Bett“, verkündete Sarah und sie stieg die Stufen zu ihrem Zimmer hoch.

Sie öffnete die Tür zu ihrem Zimmer und blieb überrascht stehen. Ein fremdes, junges Mädchen stand an der Kommode und packte einen Koffer aus. „Was soll das den?“ fragte Sarah verwirrt. Das Mädchen sah auf und blickte sie stumm an. Sarah hörte die Schritte ihrer Mutter, die hinter ihr die Treppe hinauf kam. „Das hätte ich fast vergessen. Ich weiß, du hast einen harten Kampf hinter dir, aber ich muß dir noch was sagen, Sarah“, sprach Joyce.

„Ich muß für eine Woche weg, beruflich. Ich soll für die Galerie etwas erledigen.“ „Und? Es ist ja nicht das erste Mal, das du wegfährst“, sprach Sarah mit einen leichten Schulterzucken und sie wandte sich wieder dem fremden Mädchen zu. „Ich wollte dich bitten, diese eine Woche auf deine Schwester Dawn aufzupassen. Und streitet euch während meiner Abwesenheit nicht soviel“, sprach Joyce. „Mom“, protestierten Sarah und Dawn gleichzeitig ...

To Be Continued ...


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