Title: The Death and the Slave
Author: Tegan

Fandom: Highlander
Rating: NC-17
Category:
Love, Sex, Drama
Characters, Pairing:
Kronos, Caspian, Silas, Methos / Annabel (eigener Charakter)

Summary: Annabel fällt in die Hände der vier Reiter des Bösen. Sie wird die Sklavin von Methos. Doch schon bald ändert sich ihr Verhältnis, was Kronos mit Unmut beobachtet ...

Disclaimer: Die Charaktere von Highlander – The Series gehören nicht mir, sondern der Davis/Panzer Productions und anderen. Diese Story ist FanFiction mit der weder Geld verdient, noch Rechte verletzt werden sollen. Ich schreibe sie nur zu meinen Vergnügen.

Note: Ursprünglich hatte die Story nur zwanzig Seiten. Ich habe sie etwas überarbeitet und dadurch sind ein paar Seiten hinzu gekommen. Eigentlich gibt es allzu viel dazu nicht mehr zu sagen. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen und würde mich über Kommentare freuen. Mailt mir einfach.


The Death and The Slave
written by Tegan
© 2001

Vier Dämonen in Menschengestalt.
Auf Pferden mit furchterregenden Masken.
Die Menschheit fürchtete sie.
Terror und Tod,
gepaart mit unbändiger Gewalt.
Sie waren Bestien.
Von den Menschen bezeichnet
als Dämonen und Götter.
Doch sie waren Menschen.
Sie waren anders.
Unsterblich. Grausam. Skrupellos.
Sie versetzten das arme Volk einer
primitiven Zeit in Angst und Schrecken.
Die Zeit bekannt als Bronzezeitalter.
Die Menschheit stand an ihrem Anfang und
wurde von vier Reitern heimgesucht.
Sie ritten durch die alte Welt und
wüteten zornig über mehrere Kontinente.
Wo sie auch auftauchten, erstarb das Leben.
Erstarb das Licht.
Und die Dunkelheit wehte über das Land hinweg.
Sie kannten keine Gnade.
Sie kannten keine Furcht.
Sie waren der Krieg, der Hunger,
die Pest und der Tod.
Sie waren die vier Reiter des Bösen.
Die vier apokalyptischen Reiter ...

~ 1. ~

Die Sonne brannte auf die Erde nieder. Aus der Ferne war ein eigenartiges Donnern zu hören, das immer lauter wurde – je näher die Pferde kamen. Ihre Hufe wirbelten den Sand auf. Die vier Reiter waren auf den Weg. Sie hatten ein Ziel. Ihr Ziel war ein friedlicher Stamm von unschuldigen Menschen, die nur versuchten, in dieser harten Welt zu überleben. Ihre Gesichter konnte man nur erahnen, da sie hinter Masken verborgen waren. Sie trieben ihre Pferde zu einen immer schnelleren Tempo an und kamen ihren Ziel für die Zerstörung immer näher.

Annabel war am Fluß und erledigte ihre Aufgaben. Sie kniete am Ufer des Wasser und tauchte den Krug darin ein. Lorna und Flora – seit ewigen Zeiten ihre besten Freundinnen – taten es ihr gleich. Es war ein friedlicher Tag. Doch plötzlich erbebte heftig der Boden. Erschreckt blickten die drei jungen Frauen auf. Annabels Blick glitt zum Lager ihres Stammes. Ein Weg führte zum nicht sehr entfernten Fluß.

Was war da los? Wieso erzitterte auf einmal die Erde? „Was ist los?“ fragte Lorna besorgt. „Ich weiß es nicht“, flüsterte Annabel. Immer heftiger erbebte der Boden. Etwas stimmte nicht. Es war, als würde sich ihnen eine große, drohende Gefahr nähern. „Ich hab ein ungutes Gefühl“, meinte Annabel. „Du spinnst! Was soll schon ...“ Der Rest blieb Flora buchstäblich im Hals stecken als plötzlich vier furchteinflößende Reiter am Horizont auftauchten.

Annabel folgte ihrem Blick und erstarrte förmlich. „Oh nein“, murmelte sie mit leicht zitternder Stimme. Sie hatte schon von ihnen gehört; wußte wer sie waren. Sie waren die Reiter des Bösen. Egal, wo sie hinkamen, überall erstarb das Leben. Sie ließen niemanden eine Chance zu überleben. Sie schlachteten einen Stamm nach den anderen ab und nahmen sich was sie wollten. Wer immer ihnen begegnete, war dem Tode geweiht.

Sie kamen den Hügel herunter. Annabels Stamm war in heller Aufregung. Der Überfall kam  so überraschend. Niemand von ihnen hatte gewußt, daß die vier Reiter in ihrer Nähe waren. Ängstlich versuchten die Menschen zu fliehen. Das erste Schwert wurde geschwungen und traf einen Mann tödlich. Sie metzelten alles nieder was lebte. Getroffen – schwer verletzt oder schon tot – fielen die Menschen zu Boden.

Der Boden – der Sand – färbte sich rot und die Wüste wurde stummer Zeuge des Blutbades. Es gab kein Entkommen. Die Reiter verbreiteten Chaos und Tod. „Wir müssen etwas unternehmen“, meinte Flora verzweifelt. Doch Annabel hielt sie zurück und blickte ihr ernst in die Augen. „Wir können nichts gegen diese Reiter ausrichten. Wir sind alle verloren.“ Hilflos mußte sie mit ansehen wie ihre Familie ermordet wurde. Tränen stiegen ihr in die Augen und lösten sich leicht. Sie brannten regelrecht auf ihrer Haut.

Entsetzt mußte sie mit ansehen wie Björn, ihr Bruder, von dem Anführer der Reiter schwer verletzt wurde. Er stöhnte leise auf und sackte in sich zusammen. Blut lief ihm aus einer Schnittwunde über das Gesicht und auch seine Verletzung am Bauch blutete schwer. Der Reiter saß auf seinen Pferd und blickte hochmütig auf sein Opfer herab. Er schien zu lächeln, aber das konnte man nicht sehen. Annabel konnte es nur vermuten. Der Krug glitt ihr wie in Zeitlupe aus der Hand und zersprang am Boden.

Annabel erwachte aus ihrer Erstarrung und folgte nur noch ihrem Gefühl. Bevor ihre Freundinnen reagieren konnten, lief sie den Weg hinauf. Sie wußte, daß sie sich in große Gefahr begab. Man würde sie töten, daß war ihr klar. Aber der Drang ihrem Bruder beizustehen war einfach größer als die Angst vor dem Tod. Der Reiter – er war ganz in schwarz gekleidet – war überrascht als sich jemand neben sein Opfer niederließ.

Für einen Augenblick ließ er sein Schwert sinken und legte den Kopf leicht in den Nacken. Annabels Auftauchen hatte ihn völlig aus dem Konzept gebracht. Damit hatte er nicht gerechnet. Er blickte auf die junge Frau, die neben den Mann kniete. Sie brachte sich in Teufelsküche, doch das war ihr anscheinend egal. Liebevoll strich sie dem Mann das Haar zur Seite und sprach auf ihn ein. Seelenruhig nahm Kronos seine Maske ab. Sie sollte sein Gesicht sehen bevor sie starb. Er wollte den Ausdruck von panischer Angst in ihren Augen lesen, wenn er sie tötete.

„Annabel?“ Björns Stimme war nur noch ein schwaches Flüstern. „Meine liebliche Annabel!“ Ein schwaches Lächeln huschte über sein Gesicht als er seiner Schwester – die er über alles liebte – in die Augen blickte. Er sah die Angst, aber auch ihre Liebe zu ihm, in ihren so klaren Augen. Besorgnis überkam ihn in dieser schwachen Stunde. Was würde aus ihr werden? Er wußte, sie war stark genug um fast alles ertragen zu können. Sie war schon immer stärker als er gewesen.

Doch er verurteilte sich selbst weil er sie vor diesen Bestien nicht beschützen konnte. Er mußte sie ihnen überlassen und konnte nichts tun um ihr ein schreckliches Schicksal zu ersparen. Er war machtlos. Björn war nicht in der Lage ihr zu helfen. Dabei hatte er ihr einst – vor langer Zeit – versprochen sie immer zu beschützen. Doch nun ... er konnte es nicht halten. Er konnte sein Versprechen einfach nicht einlösen.

Annabel griff nach seiner Hand und umfaßte sie fest. Sie spürte, wie langsam seine Kraft schwand. Der Druck seiner Hand wurde immer schwächer. „Bitte nicht! Du darfst nicht sterben. Ich brauche dich“, flüsterte sie traurig. Björn lächelte schwach. „Ich werde ... auf dich warten. Deine Familie wartet auf dich. Das ist ein Versprechen. Schon bald werden wir für immer vereint sein.“ Seine Stimme brach ab und seine Augenlider flatterten.

Ein leises Stöhnen entrang sich seiner Kehle. Annabel wußte, wie er seine Worte gemeint hatte. Sie würde nicht überleben. Egal, ob die Reiter sie mitnahmen oder nicht ... sie würde nicht lange bei ihnen bleiben. Sie würden sie töten, dessen war sie sich bewußt. Annabel spürte die überaus gefährliche Nähe des Reiters, der hinter ihr stand und sie beobachtete. Gelassen sah er sich alles an. Er fand die ganze Szene äußerst amüsant.

Und dann schloß Björn für immer seine Augen. „Nein, bitte nicht! Stirb nicht“, rief Annabel verzweifelt. Sie umklammerte die Schulter ihres Bruder. Sie wollte ihn schütteln; ihn anschreien sie nicht zu verlassen. Ihre Eltern waren schon seit langer Zeit tot. Sie hatte nicht einmal eine Erinnerung an ihre Mutter und ihren Vater. Sie war bei ihrem Onkel aufgewachsen – gemeinsam mit Björn.

Ihr Bruder war immer für sie dagewesen. Er war der wichtigste Mensch in ihren Leben gewesen. Er hatte ihr alles bedeutet. Björn war mehr als ihr Bruder gewesen. Er war ein Freund, ein Beschützer, ein Zuhörer und eine Vertrauensperson in einen gewesen. Was sollte sie nun ohne ihn machen? Eine einzelne Träne löste sich von ihren Augen. Sie tropfte auf die Brust ihres toten Bruders. Annabel wußte, schon bald würde sie ihm folgen. Der Reiter würde sie töten. Daran bestand kein Zweifel.

Sie schloß die Augen – besiegt. Kronos lächelte kalt. Er liebte dieses Showspiel; liebte es zu sehen, wenn Menschen um ihre Angehörigen trauerten. Er konnte nicht genug davon bekommen zu sehen, wenn ihnen die Gefahr egal war, in der sie schwebten. Kronos packte die junge Frau mit den langen, dunkelblonden Haaren am Arm und drehte sie um. Annabel verbiß es sich zu schreien. Sie wollte ihm ihre Angst nicht zeigen.

Stolz blickte sie ihm direkt in die Augen. Eine solche Unverfrorenheit war Kronos noch nie bei einen Weib unter gekommen. Schon allein für dieses Frechheit würde er sie töten. Ihre blau-grauen Augen blickten ihn trotzig an. Stumm forderte sie ihn auf sein Werk zu beenden. „Du wirst keine Zeit mehr haben um deinen Bruder zu trauern. Den du wirst ihm folgen“, sprach Kronos gefährlich. Darauf reagierte Annabel aber nicht. Sie wandte nur den Blick ab. Wütend holte Kronos mit dem Schwert aus.

In letzten Augenblick wurde sein Arm von jemanden abgefangen. Jemand verhinderte das er Annabel tötete. Ungläubig blickte Kronos auf. Wer wagte es? Sein Blick wurde völlig fassungslos als er Methos erkannte. Neben ihm stand Death und hielt mit festen Griff seinen Arm fest. Annabel wagte den Blick zu heben. Der Mann, der ihr das Leben rettete, war einer der Reiter. Sie identifizierte ihn sofort als solchen.

Doch er war anders gekleidet als seine Brüder. Er trug eine weiße Hose und schwarze Stiefeln, die ihn bis zu den Knien reichten. Er trug Metallteile vor der Brust und Lederbände –an den Handgelenken. Ein langer, weißer Umhang mit Kapuze reichte bis zum Boden. Die Hälfte seines Gesichtes war blau gemalt. Und da waren seine Augen, deren Farbe sie nicht genau identifizieren konnte. Sie waren geheimnisvoll; schienen etwas anderes auszudrücken als die kalten, fast schon leblosen Augen seiner Brüder.

„Nein Kronos“, sprach er ruhig. „Nein? Du wagst es mich vor diesem Mädchen bloß zu stellen? Sie ist eine verdammte Überlebende. Sie braucht nicht weiter zu leben. Wir brauchen sie nicht.“ Verächtlich blickte Kronos kurz zu Annabel, dann blickte er wieder seinen Bruder – seine rechte Hand – an. Ihm gefiel die Wendung, die diese Sache nahm, ganz und gar nicht. Methos warf dem Mädchen einen Blick zu. Sie gefiel ihm, daß sah man ihm an.

„Es wäre schade um sie“, sprach er mit raubtierhaften Blick. Kronos verstand worauf Methos hinaus wollte. Methos‘ eindeutiger Blick sagte ihm was in seinen Kopf vorging; woran er dachte. Kronos brummte etwas unverständliches und trat widerwillig zur Seite. „Von mir aus! Mach mit ihr was du willst“, stieß er aus. Kronos drehte sich um und stampfte zornig davon. Er suchte sich ein anderes Opfer, das noch lebte und das er quälen konnte. An irgendwen mußte er schließlich seine Wut abreagieren. Der ganze Stamm glich nur noch einen wahren Schlachtfeld.

Methos wandte sich dem Mädchen zu. Sein Blick fiel auf ihre zarten Hände. Sie zitterten leicht. Auch wenn sie Kronos die Stirn geboten hatte – was er für äußerst mutig hielt – war doch Angst in ihr. Und sie war schön. Sie war schlank mit langen Beinen, so fern er das trotz des einfachen Leinenkleides erkennen konnte. Ihr Haar war lockig und lang. In der Sonne schien es golden zu glänzen.

Auf Methos‘ Lippen legte sich ein kaltes Lächeln. Er wußte, daß seine Ausstrahlung ganz anders war als die von Kronos. Ihm würde sie nicht die Stirn bieten. Vor ihm fürchtete sie sich wirklich. Und obwohl er sie vor dem Tod bewahrt hatte, hatte sie nun doch Angst vor ihm. Sie wußte, er war ein Reiter. Vielleicht wußte sie nicht, daß er der Tod unter den vier Reitern war, aber ... ihre Angst vor ihm war weitaus begründeter als die vor Kronos.

„Sieh mich an“, forderte er mit beinah sanfter Stimme. Vorsichtig hob Annabel den Kopf. „Wie ist dein Name?“ „Annabel“, erwiderte sie. „Annabel“, wiederholte Methos mit einen leichten Lächeln. „Ich ... danke Euch“, flüsterte sie zögernd. „Warum? Weil ich dich vor Kronos bewahrt habe?“ Langsam nickte Annabel. „Tja, du hast ihn ziemlich rasend gemacht mit deinen frechen Verhalten. Niemand von unseren Opfern hat es jemals gewagt ihm so unverfroren in die Augen zu blicken“, sprach Methos.

Aus dem Augenwinkel heraus nahm sie wahr, wie zwei Reiter ihre Freundinnen zu ihren Pferden brachten. Sie kannten ihr Schicksal – von Erzählungen wußten sie, was ihnen blühte. Flora und Lorna wehrten sich energisch und schrien verzweifelt auf. Da wurden sie mit einen festen Schlag einfach zum Schweigen gebracht. Sie wurden auf die Pferde gehoben. Annabel schluckte schwer und wandte gequält den Blick ab.

Methos folgte ihrem Blick und nickte leicht. „Sie werden leben. Wie lange ... ich weiß es nicht“, sprach er gleichgültig. Seine Hand berührte ihr Haar. Annabel fühlte wie seine Hand zu ihrem Nacken glitt. Dann kniete er sich mit einer anmutigen Bewegung nieder. Langsam strich seine Hand über ihre Beine. Annabel konnte sich nicht bewegen; wagte nicht sich zu rühren. Die Angst fuhr ihr in die Glieder.

Sie wußte, was er von ihr erwarten würde, wenn sie mit ihm ging. Würde sie es ertragen können? Annabel kannte die Antwort nicht. Methos schob ihr Kleid ein Stück höher und entblößte ihre Beine bis zu den Schenkeln. Seine Berührung war hauchzart, aber sehr bestimmend. Er zeigte ihr schon jetzt was er von ihr fordern würde. Methos blickte zu ihr hoch und stand mit einer schnellen Bewegung wie ein Raubtier auf.

„Du bist sehr schön. Hat man dich die Pflichten einer Frau gelehrt?“ fragte er. „Ja.“ „Ich lasse dir die Wahl: Entweder kommt du freiwillig mit mir oder ich töte dich. Was ist dir lieber? Wenn du tust, was ich befehle, wirst du kein Problem mit mir haben. Du gefällst mir. Ich lasse dich am Leben – solange du mir zu Gefallen bist. Oder du stirbst gleich hier. Dann folgst du deinen Liebhaber ins Jenseits“, sprach Methos. „Er war nicht mein Liebhaber“, widersprach Annabel leise.

„Nein?“ Spöttisch zog Methos eine Augenbraue hoch. „Er war mein Bruder“, klärte sie ihn auf. „Dein Bruder? So, so! Du bist also noch ganz unberührt? Das gibt den ganzen noch einen zusätzlichen Reiz. Nun, wirst du mir zu Gefallen sein oder ziehst du den Tod vor?“ fragte Methos herausfordernd. Seine Zähne blitzten in einen falschen Lächeln auf. „Ich ...“ Ihr versagte die Stimme.

Angst überhäufte sie plötzlich. Sie begann am ganzen Körper zu zittern. Innerlich lachte Methos. Ihre Angst amüsierte ihn. Vor allem, wenn man daran dachte, daß sie Kronos vor wenigen Minuten noch die Stirn geboten hatte. Annabel blickte zu ihren Freundinnen. Sie waren noch immer bewußtlos und lagen quer über den Pferden. Annabel wollte etwas sagen, doch ihre Lippen zitterten so sehr das sie keinen Ton heraus brachte.

„Du solltest dich schnell entscheiden. Meine Geduld ist zwar größer als die von Kronos, aber auch meine hält sich in Grenzen. Gib mir eine Antwort und zwar sofort. Willst du den Tod? Ich kann ihn dir geben. Den ich bin der Tod“, sprach Methos gefährlich. „Ich will nicht sterben“, flüsterte Annabel, noch bevor sie richtig darüber nachdenken konnte. „Du kennst die Alternative. Du kommst also freiwillig mit?“ Langsam nickte Annabel. Es war ein ja. Sie fällte ihr weiteres Schicksal selbst.

„Eine gute Wahl! Die richtige Entscheidung.“ Methos machte eine einladende Handbewegung zu seinen Pferd. Für einen kurzen Moment blickte Annabel zu der Leiche ihres Bruders. Sie schluckte schwer. Schon bald würde sei nicht mehr frei sein. Sie würde nicht mehr als eine Sklavin sein. Doch Annabel wollte leben. Sie fürchtete den Tod; lebte zu gerne um schon jetzt zu sterben.

Außerdem mußte sie zugeben, daß dieser Mann der Attraktivste von den Reitern war. Vielleicht würde es doch nicht so schlimm werden. Sie spürte, wie er ihren Arm umfaßte und sie zu seinen Pferd brachte. In diesen Sekunden schien Annabel in eine Art Schockzustand zu fallen. Sie ließ alles über sich ergehen. Schwach nahm sie wahr, wie der Mann, der sich selbst als Tod bezeichnete, sie auf sein Pferd hob und sich hinter sie schwang.

Kronos lenkte sein Pferd neben das von Methos. „Ich hoffe, du bist mit deiner Entscheidung zufrieden, Methos“, knurrte er wütend; noch immer sauer weil Methos ihn am töten gehindert hatte. Methos, das war also sein Name. Nun kannte Annabel seinen Namen und er war nicht mehr ein namenloses, tötendes Monster. Sein Name machte ihn ein wenig menschlicher. Sie hielt sich an der Mähne des Pferdes fest und blickte zu Boden.

Ein rauhes Lachen entrang sich Methos‘ Kehle. „Ich bin zufrieden, ja. Verzeih, Kronos, aber ich konnte nicht zulassen das du sie tötest. Sie ist schön. Sie gefällt mir und wird mit Sicherheit eine gefügige Sklavin.“ Das Haar, daß Annabel ins Gesicht fiel und ihr die Sicht raubte, wurde zur Seite geschoben. „Können wir?“ fragte Kronos und er trieb sein Pferd an. Methos nahm die Zügel und ritt hinter Kronos her. Die Reiter verließen das Schlachtfeld ohne sich noch einmal umzudrehen.

~ 2. ~

Das Reiterlager war größer als Annabel es sich vorgestellt hatte. Sklavinnen kochten oder wuschen die Wäsche der Reiter. Sklaven kamen sofort herbei gelaufen als die Reiter ihre Pferde zum stehen brachten. Sie nahmen die Zügel entgegen. Mit einer geschmeidigen Bewegung glitt Methos aus dem Sattel. Er blickte zu Annabel hoch und reichte ihr bereitwillig die Hand. Annabel zögerte eine Sekunde, dann aber ergriff sie die Hand und ließ sich vom Rücken des Pferdes ziehen. Der Sklave führte das Pferd weg um es zu versorgen, so wie es seine Pflicht war.

Annabel blickte sich neugierig um. Zwischen zwei Zelten war ein großes Lagerfeuer errichtet worden. Die Zelte der vier Reiter lagen im regelmäßigen Abstand von einigen Metern auseinander. Ihr Blick wanderte zu den hinteren Zelten. Es waren zwei. Eines war für die Sklavinnen, das andere war für die männlichen Sklaven. Und dann gab es noch den Unterstand für die Pferde, die gerade versorgt wurden. Alles wirkte irgendwie trostlos. Sie hatte sich das Lager der vier Reiter des Bösen völlig anders vorgestellt – etwas prachtvoller. Nun, so kann man sich täuschen, dachte sie ironisch.

„Nun, hast du dir ein Bild gemacht?“ fragte Methos spöttisch. Langsam nickte Annabel. Ein Schrei ließ sie wie Methos herumfahren. Es war Lorna, die sich gegen den Mann wehrte, der Annabel hatte töten wollen. Mit unnachgiebiger Gewalt zerrte er sie in sein Geld. Und Flora wurde von dem Mann mit der Axt in dessen Zelt gebracht. Annabel wußte, daß ihre Freundinnen schreckliche Qualen erleiden würden.

Sie könnten von Glück reden, wenn sie den morgigen Tag überlebten. Doch was war mit ihr? Wie lange würde sie leben dürfen? Was beabsichtigte Methos? Würde sie nach dieser Nacht schon sterben müssen? Oder würde sie eine längere Zeit an Methos‘ Seite verbringen? „Es ist ...“, stammelte sie, doch Methos ließ sie nicht zu Ende sprechen. „Spar dir die Antwort, meine Süße.“ Methos nahm sie bei der Hand und führte sie in sein Zelt.

Der Zelteingang schlug hinter ihnen zu. Nervös blickte Annabel sich um. Ein großes Lager mit Fellen und Kissen war errichtet worden. In einer Ecke stand eine Schüssel Wasser und ein Lappen. Daneben stand eine Schüssel mit Obst und ein Krug frischer Wein. Durch einen kleinen Spalt drang die Abenddämmerung in das Zelt. „Sieh dich ruhig um! Dies hier ist dein neues zu Hause – vorausgesetzt, ich bin mit dir zufrieden. Das bedeutet, ich erwarte, daß du tust was ich sage und das du das Lager willig mit mir teilst“, ertönte Methos‘ Stimme hinter ihr.

Als Annabel sich zu ihm umdrehte, legte er gerade sein Schwert in einer Ecke ab. Und augenblicklich fragte sie sich, ob die vielen Geschichten über die Reiter wahr waren. Waren sie Dämonen oder doch Götter? Es mußte eine Erklärung dafür geben, daß sie unbesiegbar waren; das niemand sie verwunden konnte. Man erzählte sich, daß jemand gesehen hatte wie ein Reiter gestorben war und kurz darauf war er wieder erwacht.

Die Geschichten wanderten über die Welt und erreichten jeden Stamm; jedes Volk. Viele hatten nicht mehr die Möglichkeit ihr Erlebnis zu erzählen; das zu erzählen was sie gesehen hatten. Es existierten viele Geschichte. Geschichten, die von einem Lagerfeuer zum nächsten wanderten. Doch was war alles wahres dran? Wer von diesen Erzählern sprach wirklich die Wahrheit?

„Du wirkst nachdenklich. Sag mir, woran du denkst“, riß Methos Annabel aus ihren Gedanken. „Ich ... ich hab mich gefragt, ob die Erzählungen über Euch stimmen“, sprach Annabel zögernd. „Welche Geschichten?“ fragte Methos neugierig, obwohl er sie zur Genüge kannte. „Die Geschichten darüber, daß Ihr Dämonen oder Götter seit. Es heißt, Ihr seit unverwundbar. Ihr könntet nicht richtig sterben und würdet wieder aufwachen.“ Ein leises Lachen entrang sich Methos‘ Kehle.

„Nimm mir den Umhang ab“, befahl er ihr ruhig ohne auf das einzugehen, was sie gesagt hatte. Annabel trat ohne zu zögern zu ihm und öffnete die Schnallen. Sie legte den Umhang fein säuberlich zusammen und legte ihn in einer Ecke ab. „Wenn du es genau wissen willst ... ja, wir sind Götter. Besser gesagt, bin ich dein Gott. Vergiß das niemals, Annabel“, sprach Methos ernst.

Ein lauter Schrei zerriß in diesen Moment die Stille. „Flora ...“, flüsterte Annabel. „Sie ist verloren“, sprach Methos neben ihr. „Deine Freundinnen brauchen schon großes Glück um die heutige Nacht zu überleben.“ Annabel schluckte schwer. Sie wußte, daß er die Wahrheit sprach. Sie konnte ihnen nicht helfen. Bis jetzt war Methos äußerst freundlich zu ihr gewesen, aber es war ein Drahtseilakt. Annabel hatte keine Garantie dafür, daß er so freundlich bleiben würde. Er erwartete von ihr, daß sie eine willige Sklavin war. Sie wußte, er würde sie töten, wenn sie seinen Befehlen nicht Folge leisten würde.

„Wie alt bist du?“ wechselte Methos plötzlich das Thema. Eigentlich war es ihm egal wie die Mädchen, die ihm dienten, hießen oder wie alt sie waren. Doch bei dieser hier war es anders. Sie hatte etwas an sich was ihn anzog. Er wollte alles über sie wissen; wollte von ihren Leben erfahren. „Anfang zwanzig“, antwortete Annabel ehrlich. Methos nickte leicht und ging zum Krug Wein, wo er zwei Becher auffüllte.

Einen davon reichte er Annabel. „Trink“, forderte er sie auf. Annabel folgte seiner Aufforderung. „Ich frage mich eines“, meinte Methos, der es sich auf dem Felllager gemütlich machte. Er ließ sich darauf nieder und streckte die Beine von sich. Annabel wurde aus seinem Verhalten einfach nicht schlau. Sie konnte ihn einfach nicht einschätzen. Annabel hatte erwartet, daß er sofort über sie herfallen würde, doch er tat es nicht. War das alles für ihn nur ein Spiel? Ein kleiner Zeitvertreib bis er ihr sein wahres Gesicht offenbarte?

„Du bist Anfang zwanzig. Du bist sehr schön. Warum hast du keinen Mann oder wurdest zumindest einem versprochen?“ „Mein Onkel ...“, begann Annabel zögernd. Methos winkte sie zu sich heran und klopfte auf den Platz neben sich. Mit leicht schwachen Beinen kam sie auf ihn zu und setzte sich neben ihn. „Mein Onkel war auf der Suche nach dem Richtigen.“ „Eigentlich spielt das doch keine Rolle, oder? Dein Stamm war groß. Da hätte er doch jemanden finden können“, bemerkte Methos.

„Er wollte, daß ich einen guten Ehemann bekomme und nicht ...“ „Einen Herumtreiber?“ spottete Methos. Annabel nickte leicht. „Wirklich fürsorglich, dein Onkel! Was ist mit deinen Eltern?“ „Sie leben schon lange nicht mehr. Ich habe sie nicht einmal gekannt. Meine Mutter starb bei meiner Geburt; mein Vater fünf Monate danach. Ich bin bei meinen Onkel aufgewachsen – gemeinsam mit meinen Bruder.“ „Verstehe! Und dein Onkel ... er hat dich gut erzogen?“ „Ich denke schon“, erwiderte Annabel zögernd.

„Wir werden sehen“, sprach Methos und er stellte den Becher neben sich ab. Ein erwartungsvoller Seufzer entrang sich seiner Kehle. „Ich hoffe, du wirst dich nicht zieren oder zum heulen anfangen. Ich kann das auf den Tod nicht ausstehen“, meinte er und schmunzelte über seine eigene Aussage. Immerhin war er ja der Tod. „Du kennst deine Pflichten. Du kanntest sie von Anfang an. Du weißt, was dich als Sklavin erwartet.“ „Ja.“ Annabels Stimme zitterte leicht. Ob aus Angst oder Nervosität, daß konnte Methos nicht sagen.

„Wirst du dem folgen? Ich werde dich töten, wenn nicht alles nach meiner Zuversicht abläuft. Ich will, daß du deine Aufgaben genau so gewissenhaft erledigst wie bei deinen Stamm.“ Bejahend nickte Annabel leicht. Das war ihr auch schon bewußt gewesen. „Wirst du dich an alles halten was ich sage? Wirst du meinen Befehlen ohne Widerworte folgen?“ „Ich werde mein Bestes geben“, versprach Annabel ihm. Ein kaltes Lächeln glitt über Methos‘ Lippen, das hoch bis zu seinen Augen wanderte.

Er griff nach Annabel und drückte sie in die Felle zurück. „Dann laß uns doch mal sehen wie willig du wirklich bist; wie bereit, meine Wünsche zu erfüllen ... Sklavin“, flüsterte Methos mit einschmeichelnder Stimme. Brutal ergriff er von ihren Lippen Besitz. Mit flinken Fingern zog er ihr das Kleid aus und forderte sein Recht ein. Annabel ergab sich ihm; wußte sie doch, das jeglicher Widerstand zwecklos war. Es war ihre Entscheidung gewesen. Vielleicht konnte sie das Leben mit ihm wirklich ertragen. Doch für Überlegungen war es nun auch zu spät. Schließlich hatte sie diesen Weg gewählt um nicht zu sterben.

~ 3. ~

Die Sonne schien vom Horizont herab und erhitzte schon zu frühen Morgenstunden den Sand. Methos blinzelte leicht als sie durch den Eingang seines Zeltes schien. Langsam setzte er sich auf. Sein Blick wanderte im Zelt herum. Annabel war nicht da. Bevor er weiter darüber nachdenken konnte wo sein neuestes Eigentum war, spürte er die altbekannte Präsenz. „Methos, bist du wach?“ fragte eine rauhe Stimme. Der Unsterbliche wartete keine Antwort ab, sondern betrat einfach das Zelt.

„Guten Morgen, Kronos“, spottete Methos leicht. „Ebenfalls“, erwiderte der Anführer. Ohne ein weiteres Wort setzte sich Kronos Methos gegenüber. „Was kann ich für dich tun?“ „Du siehst müde aus. War die Nacht zu anstrengend für dich?“ spottete Kronos mit einen fiesen Grinsen. „Tja, daß wirst du nie erfahren. Also, was ist los? Du willst doch was!“ „Wir werden bald weiterziehen“, teilte Kronos ihm freimütig mit.

„Schon wieder?“ stöhnte Methos mißmutig. „Wir sind erst vor kurzem her gekommen.“ „Methos, ich weiß, daß du dieses ständige umsiedeln nicht magst, aber wir werden weiterziehen. Ich habe das so beschlossen. Einige Tagesritte von hier ist ein frischer, klarer Fluß.“ „Verstehe“, murmelte Methos. Kronos erhob sich. „Du wirst es überleben“, kommentierte er mit einen Schulterzucken.

„Wissen Caspian und Silas schon davon?“ fragte Methos bloß. „Nein. Ich wollte zuerst mit dir sprechen weil ich weiß, daß du am schwersten zu überzeugen bist.“ „Wie viele Tagesritte?“ erkundigte sich Methos. „Drei, maximal fünf.“ „Na wunderbar! Dann irren wir wieder wie die Blöden in der Wüste herum“, spottete Methos grimmig. „Du bist schlecht gelaunt“, stellte Kronos fest.

„Quatsch! Ich bin ganz und gar nicht schlecht gelaunt. Ich mag es nur nicht, wenn wir so kurz an einen Ort bleiben und die Zelte wieder abbrechen, wo wir sie erst aufgebaut haben. Dann hätten wir auch gleich weiter reiten können“, motzte Methos. Kronos überhörte den bissigen Kommentar seines besten Mannes geflissentlich. Er war solche Aussagen von Methos schon gewohnt, wenn es darum ging, die Zelte abzubrechen und weiter zu reisen – vor allem in so kurzen Abständen.

„Übrigens, hätte ich da noch eine Frage.“ Kronos blieb am Zelteingang stehen und drehte sich zu Methos um. „Und welche?“ fragte Methos gelangweilt. „Wie hast du es geschafft deine neue Sklavin in nur einer Nacht zu zähmen?“ „Ich verstehe nicht ganz“, meinte Methos kopfschüttelnd. Jetzt ging das Gespräch schon in eine interessantere Richtung. „Nun, sie hat für dich gekocht und dein Pferd geputzt. Gratuliere, Death! Ich möchte trotzdem gern wissen wie du das gemacht hast“, sprach Kronos.

Methos grinste breit. „Überzeugungskraft“, antwortete er schlicht. Kronos lachte und ließ Methos allein. In aller Ruhe zog Methos sich an. Er wußte, daß Kronos seine Überzeugungskraft anders auslegte als das, was Methos letzte Nacht getan hatte. Kronos hatte ja keine Ahnung, daß er Annabel die Wahl gelassen hatte. Und er würde es auch nicht billigen, da er sie nicht mochte, daß hatte Methos schon erkannt. Es nagte noch immer an Kronos das sie ihm die Stirn geboten hatte. Das gefiel ihm nicht.

Nachdem er gegessen hatte ging Methos zu den Unterstand der Pferde. Das Fell seiner weißen Stute glänzte wie noch nie, wie er überrascht feststellte. Annabel saß daneben und pflegte seinen Sattel. „Wie ich hörte, bist du schon fleißig bei der Arbeit“, meinte Methos und er kam näher. Er strich mit der Hand über das Fell seines Pferdes. Die Stute wieherte leise und kaute weiter an ihrem Fressen.

Annabel hob den Kopf und lächelte leicht. „Ich wollte Euch nicht wecken, Herr“, sprach sie ruhig. Überrascht zog Methos eine Augenbraue nach oben. Herr? Das klang vielversprechend. „Es zählt eigentlich nicht zu deinen Aufgaben dich um mein Pferd zu kümmern. Dafür haben wir schließlich Sklaven hier.“ „Ich weiß, aber ich hatte keine Arbeit. Ich brauchte etwas um mich zu beschäftigen.“ „Wie hast du das gemacht?“ fragte Methos und deutete auf seine Stute.

„Ihr Fell hat noch nie so geglänzt“, sprach er mit leichter Anerkennung in der Stimme. „Mein Bruder hat es mir gezeigt. Es gibt Kräuter, die das Fell eines Pferdes glänzen lassen.“ „Ich sehe es. Ich will, daß du mein Zelt aufräumst, wenn ich unterwegs bin. Und schau, daß frischer Wein da ist, wenn ich wieder komme.“ „Ich werde mich darum kümmern“, versprach Annabel ihm. Und Methos wußte, er würde alles zu seiner Zufriedenheit vorfinden.

Die Sklaven kamen heran und begannen die Pferde nach Kronos‘ Wunsch zu satteln. Annabel reichte den Sattel von Methos an einen Sklaven weiter, der die weiße Stute sofort sattelte. Kronos, Caspian und Silas näherten sich langsam. Silas rieb sich erwartungsvoll die Hände. Er freute sich schon darauf wieder töten zu dürfen. Methos wußte das – auch ohne hinzusehen. Er nahm Annabel beim Ellbogen und zog sie zur Seite.

„Du kannst und darfst dich im ganzen Lager frei bewegen – solange du nicht auf dumme Gedanken kommst. Du weißt selbst, daß eine Flucht sinnlos ist. Du bist doch ein schlaues Mädchen! Die Wächter würden dich bei einem Fluchtversuch doch kriegen.“ „Ich werde nicht fliehen.“ „Das glaube ich dir. Doch ich sage es gerne weil ich die Frauen vor dir gesehen habe. Du hast hier im Lager nichts zu befürchten. Niemand vergreift sich an meinen Besitz. Niemand hier wagt das. Ich muß zugeben, du bist wirklich außergewöhnlich.“ Mit diesen Worten griff Methos nach den Zügeln seines Pferdes und stieg auf. Er ritt mit seinen Freunden davon.

Annabel ging zurück zum Zelt. Sie ließ den Zelteingang offen, damit frische Luft in das Innere gelangen konnte. Das Lagerfeuer war ausgebrannt und das Holz fühlte sich naß an. Annabel, die von ihren Bruder alle Tricks zum Überleben in der Wüste gelernt hatte, nahm das nasse Holz heraus und legte neues, trockenes auf die Feuerstelle. Sie war so sehr damit beschäftigt aufzuräumen, daß sie zuerst nicht die Gestalt bemerkte, die unsicher beim Zelteingang stand.

Als sie sich umdrehte, zuckte sie zusammen. Doch sie beruhigte sich schnell als sie Lorna entdeckte. „Mein Gott, du lebst noch“, flüsterte Annabel vollkommen überrascht. Damit hatte sie nicht gerechnet. Lorna sah schrecklich aus. Sie hatte am ganzen Körper blaue Flecken und Blutergüsse. Annabel nahm die junge, verstörte Frau in die Arme und drückte sie an sich. Leise schluchzte Lorna auf. Diese eine Nacht mußte ein Martyrium für sie gewesen sein. Sie mußte grausames durch gemacht haben.

„Was ist mit Flora?“ fragte Annabel leise, obwohl sie in den Augen ihrer Freundin ablesen konnte, was mit Flora geschehen war. „Sie ... hat ... nicht überlebt“, stammelte Lorna fassungslos. Annabel blickte sie schockiert an. Methos hatte es ihr gesagt. Doch ... irgendwie hatte sie tief in sich die Hoffnung gehabt, daß er sich täuschen würde. Annabel setzte sich auf das Felllager und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Flora war wie eine Schwester für sie gewesen. Und nun ... war sie tot.

„Annabel, sie sind nicht hier. Wir sollten diese Chance nutzen und fliehen“, sprach Lorna nun mit entschlossener Stimme. Annabel blickte zu ihrer Freundin auf und dachte an das, was Methos ihr gesagt hatte. Seine Warnung hallte deutlich in ihren Kopf. Sie würden nicht weit kommen und grausame Strafen würden sie erwarten. „Nein“, antwortete sie schlicht. „Nein? Aber Annabel ...“ „Lorna“, unterbrach Annabel den Wutanfall ihrer Freundin.

„Wir würden nicht weit kommen. Sie haben Wachen. Ist dir klar, welche Strafe uns erwarten würde?“ „Du hast keine Ahnung was ich in dieser Nacht durch gemacht habe“, rief Lorna aufgebracht. „Ich kann es mir denken“, flüsterte Annabel. „Woher? Der Reiter, dessen Sklavin du bist, war freundlich zu dir. Ansonsten würde ich Spuren an deinen Körper sehen.“ „Lorna“, seufzte Annabel. „Solange ich tue was er sagt, wird er hoffentlich so bleiben. Aber ich habe dafür keine Garantie“, sprach Annabel so ruhig wie möglich und sie erhob sich um mit den Aufräumarbeiten weiter zu machen.

„Wie kannst du ...“ „Lorna, ich habe Aufgaben zu erledigen. Und ich schätze einmal ... du auch. Du solltest dich deinen Schicksal beugen. Du hast gar keine andere Wahl. Füge dich deinen Schicksal.“ Lorna blickte ihre Freundin fassungslos an. Wie konnte Annabel bloß so ruhig bleiben? Sie war eine Sklavin und es machte ihr gar nichts aus? „Doch, es macht mir etwas aus“, sprach Annabel, die den Blick ihrer Freundin richtig gedeutet hatte.

„Aber ich hatte und habe keine andere Wahl, verstehst du nicht? Er hätte mich getötet, wenn ich nicht freiwillig mit ihm gekommen wäre. Ich will nicht sterben. Ich bin zu jung dafür.“ Lorna blickte sie starr an, dann drehte sie sich ohne ein Wort um und verließ das Zelt. Annabel wußte, daß sie es nicht verstehen konnte. Hoffentlich beruhigt sie sich wieder, dachte sie seufzend und sie konzentrierte sich wieder auf ihre Arbeit.

Nach der Erledigung all ihrer Pflichten, setzte sich Annabel mit einer Feder und schwarzer Farbe sowie einer leeren Schriftrolle, die sie in Methos‘ Zelt gefunden hatte, vor diesem hin. Vor einiger Zeit – es war kurz vor dem Überfall der Reiter gewesen – hatte ein Gelehrter ihr das Schreiben und Lesen beigebracht. Nun schrieb sie ihre Eindrücke und ihre Gedanken über den Überfall und den Geschehnissen danach nieder. Es war ihr ganz eigene Art damit fertig zu werden.

~ 4. ~

Wie im Flug verrann die Zeit. Annabel sah auf als sie das Wiehern eines Pferdes hörte. Annabel blickte auf und sah, daß Methos und seine Brüder zurück kamen. Sie ließ die Feder und die Schriftrolle fallen und eilte ins Zelt. Der Wein war frisch, so wie Methos es verlangt hatte. Sie füllte einen Becher damit auf und trat hinaus. Die Reiter waren guter Laune, wie Annabel mit einen kurzen Blick feststellte. Ihre Satteltaschen waren gut gefüllt, daß bedeutete, das ihr Raubzug ein voller Erfolg gewesen war. Sie hatten fünf Menschen im Schlepptau – drei Männer und zwei Frauen.

Methos nahm seine Maske ab und ging auf Annabel zu. Wortlos reichte sie ihm den Wein. Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht. Er trank einen Schluck und blickte dann in sein Zelt hinein. Sie hatte aufgeräumt. Es war alles genau so wie er es haben wollte. „Du hast deine Arbeit erledigt. Gut“, kommentierte er bloß. Annabel nahm ihm wortlos den Umhang ab. 

„Du kannst mir die Hände und das Gesicht hier draußen waschen. Ich will die Abendsonne genießen“, sprach Methos ruhig. „Sehr wohl, Herr.“ Annabel ging ins Zelt zurück. Als sie nach der Waschschüssel griff, fiel ihr ein, daß ihre geschriebene Schriftrolle noch vor dem Zelt lag – direkt vor Methos‘ Füßen. Verdammt! Hoffentlich entfacht es nicht seine Wut, dachte sie. Sie nahm einen Lappen und trat hinaus.

Mit einen Blick stellte sie fest, daß er sie gefunden hatte. Methos saß vor dem Zelt und studierte die Schriftrolle. „Ist die aus meinen Zelt?“ fragte er ohne zu ihr aufzusehen. „Ja, Herr“, gab Annabel vorsichtig zu. „Ich kann mich nicht erinnern das diese Dinger beschrieben waren.“ „Das ... war sie auch nicht. Ich hab das geschrieben“, gestand Annabel als sie sich neben ihn kniete und den Lappen in das kühle Wasser gleiten ließ.

„Du?“ Methos blickte sie ungläubig an. „Ja.“ „Du kannst schreiben und lesen?“ hakte er nach. Damit hatte er nun nicht gerechnet. „Ja, Herr, ich kann lesen und schreiben“, erwiderte Annabel. Zuerst wußte Methos nicht so recht was er davon halten sollte. Doch dann begann er laut zu lachen. Das weckte natürlich Kronos‘ Aufmerksamkeit. „Darf man erfahren was du so komisch findest?“ fragte er. „Das glaubst du nicht, Kronos.“ Methos reichte ihm die Schriftrolle. „Was ist das?“ „Die Dinger habe ich bei einem Überfall mitgehen lassen. Allerdings waren sie das noch nicht beschrieben.“ „Und?“ Kronos verstand nicht worauf Methos hinaus wollte.

„Meine Kleine kann schreiben und lesen“, meinte Methos lachend und deutete mit dem Kopf auf Annabel, die gerade seine Hände wusch. „Das ist nicht wahr“, stieß Kronos aus. „Doch.“ „Wir haben hier also eine kleine Gelehrte. Oh, wie ich diese Schreibe hasse“, spottete Kronos und er warf die Schriftrolle verächtlich in den Sand. Dann ging er in sein Zelt. Annabel betete, daß Lorna sich an seine Regeln gehalten hatte und ihren Aufgaben gefolgt war.

„Du kannst also schreiben und lesen?“ griff Methos das Thema wieder auf. Annabel nickte leicht. „Ja, es tut mir leid, daß ich die Schriftrolle genommen habe, aber ...“ „Ich hab doch gar nichts gesagt“, meinte er amüsiert. „Wo hast du das gelernt? Es gibt nicht viele Menschen, die das beherrschen – schon gar nicht Frauen.“ „Ein Gelehrter hat meinen Stamm aufgesucht. Er hat es mir beigebracht – mit sehr viel Geduld.“ „Verstehe! Und wann war das?“ „Einige Zeit vor Eurem Überfall.“ Methos schloß die Augen als sie sein Gesicht wusch und die blaue Farbe sich löste.

Methos griff erneut nach der Schriftrolle und studierte eingehend die Zeichen darauf. „Was hast du geschrieben?“ fragte er neugierig nach. Annabel erstarrte. „Meine ... Gedanken über ... mein neues Leben an Eurer Seite“, gestand sie stammelnd. „Hast du meinen Namen erwähnt?“ „Ja“, sprach Annabel zögernd. „Zeig es mir. Ich will wissen wie man meinen Namen schreibt.“ Einen Moment war Annabel verblüfft. Methos blickte sie interessiert an. Er erschien es wirklich wissen zu wollen. Sie setzte sich neben ihn und nahm die Schriftrolle an sich. „Das ist Euer Name“, meinte sie und deutete auf ein Zeichen.

Zum ersten Mal in seinen Leben sah Methos seinen Namen auf einen Stück Papier. Die Schrift war schon vor einiger Zeit erfunden worden, doch es hatte ihn nie interessiert. Und jetzt sah er seinen Namen vor sich. „Geh an deine Arbeit“, murmelte Methos als er sich Annabels Anwesenheit wieder bewußt wurde. Sie stand auf und brachte die Wasserschüssel zurück ins Zelt. Als sie wieder heraus kam, sah sie, wie Methos zum gemeinsamen Feuerlager seiner Brüder ging und dort mit ihnen ihren Erfolg feierte. Die Schriftrolle lag vor ihren Füßen. 

Als Methos spät nachts in sein Zelt kam, war Annabel noch wach. Wortlos zog er sich aus. „Herr?“ „Ja?“ fragte er ohne sich zu ihr umzudrehen. „Habt Ihr etwas dagegen das ich schreibe?“ Nun blickte Methos sie an. „Nein. Meinetwegen schreibe soviel du willst. Aber nur ... wenn du keine Arbeit hast. Deine Aufgaben werden nicht darunter leiden, klar?“ „Natürlich“, sprach sie leicht nickend. „Gut. Wir werden bald die Zelte abbrechen und weiterreisen“, gab er ihr plötzlich zu verstehen.

„Wir reisen weiter?“ fragte sie überrascht. „Es gibt einen Fluß einige Tagesritte von hier entfernt. Dorthin werden wir gehen. Der Fluß kommt uns sehr gelegen. Wir brauchen uns dann keine Sorgen mehr um unseren Wasservorrat machen.“ Methos streckte die Arme von sich. Annabel beobachtete ihn. Er sah verspannt aus. „Soll ich Euch massieren?“ fragte sie zögernd. „Das kannst du auch noch? Sag mal, was hat dein Bruder dir alles beigebracht“, spottete Methos; setzte sich jedoch vor ihr hin.

Annabel begann seine verspannten Schultern zu massieren. „Mein Bruder hat mir viel beigebracht – die wichtigsten Dinge um in der trockenen Wüste zu überleben“, sprach sie. Obwohl Annabel nach außen hin den Anschein machte, daß alles in Ordnung war, spürte Methos, daß dem nicht so war. Etwas beschäftigte sie; stimmte sie traurig. „Was bedrückt dich?“ fragte er geradeheraus. „Gar nichts.“ „Lüg mich nicht an! Ich weiß, daß etwas nicht stimmt. Sag mir was“, forderte Methos scharf.

„Flora ... sie ist tot“, flüsterte Annabel nieder geschlagen. „Ich weiß“, erwiderte Methos ruhig. „Warum mußte sie sterben? Sie war noch so jung.“ „Ich sagte dir doch, daß deine Freundinnen viel Glück haben müssen um zu überleben. Genauso wie dein Stamm es auch nicht hatte.“ Das saß. Methos merkte wie Annabel zusammenzuckte. Diese Bemerkung hatte sie tief getroffen.

Inzwischen hatte sie sich bis zu seinen verspannten Muskeln am Rücken vorgearbeitet. „Das ... es ist nicht fair“, murmelte Annabel. „Das Leben bei uns war noch nie fair“, erwiderte Methos. Annabel wußte, daß sie sich mit ihrer nächsten Aussage auf gefährliches Gebiet vorwagte, aber ... Sie konnte nicht anders. Lorna würde so schnell nicht mehr mit ihr sprechen, daß war ihr bewußt. Sie hatte kein Verständnis für Annabels Reaktion. So war Methos ihre einzige Bezugsperson.

„Euer Bruder ...“ „Silas“, half Methos ihr auf die Sprünge als er merkte, daß Annabel nach dem Namen suchte. „Silas“, meinte sie. „Er hat sie getötet. Wäre es denn zuviel verlangt gewesen Flora am Leben zu lassen? Sie wäre sicher eine gute Sklavin geworden. Man hätte sie nur in ihre Pflichten einweisen müssen.“ „Du wagst dich auf gefährliches Gebiet, Weib. Niemand hat bis jetzt meine Brüder unbestraft beleidigt“, warnte Methos sie. „Zwischen Beleidigung und Wahrheit liegt ein Unterschied.“ Im nächsten Augenblick schoß Methos herum und schlug Annabel hart ins Gesicht.

Doch in der selben Sekunde zuckte Methos zurück – so als wäre er selbst soeben geschlagen worden. Er starrte auf Annabel und dann glitt sein Blick zu der Hand, die sie geschlagen hatte. In diesen Moment wurde ihm klar, daß diese Frau Gift für ihn war. Sie veränderte ihn – langsam, so das er selbst es kaum mitbekam. Den auf einmal stellte sich eine Stimme in seinen Kopf ein, die ihm sagte, daß er das hätte nicht tun sollen. Verdammt, das habe ich nicht gewollt, dachte Methos schockiert.

Seine eigene Handlung und seine Reaktion darauf schockierte ihn zutiefst. Er hatte seine Sklavinnen früher schon geschlagen. Und es hatte ihn nie gestört das er ihnen weh tat. Doch jetzt ... bei Annabel ... Jetzt störte es ihn. Annabel schluchzte leise auf. Der Schlag hatte weh getan. Sie hatte geahnt, daß es eines Tages so kommen konnte, aber das es tatsächlich geschehen würde ... Tränen traten in ihre Augen. Und diese Tränen schmerzten Methos tief in seiner Seele.

Bis jetzt hatte Annabel nicht das Gefühl gehabt eine richtige Sklavin zu sein. Doch jetzt, wo Methos sie geschlagen hatte, wurde sie sich dessen deutlich bewußt. Ihr Schicksal ließ sich nicht mehr ändern. Sie war eine Sklavin. Doch als Annabel aufblickte und den Augen von Methos begegnete, war es sein Verhalten, daß sie nicht verstand. Es war seine Reaktion darauf das er sie geschlagen hatte, daß sie mehr beschäftigte als diese Tatsache.

Er wirkte völlig verstört. Fassungslos blickte Methos auf seine Hände. Er schien nicht glauben zu wollen was er gerade getan hatte. Und dann drehte er sich ruckartig um. Methos griff nach der Oberbekleidung seiner Rüstung sowie seinen Umhang und verließ das Zelt. Annabel rappelte sich hoch und lief zum Zelteingang. Sie sah, wie Methos nach dem Sattel griff und sein Pferd sattelte. Dann ritt er davon. Annabel konnte nur noch in die Dunkelheit starren.

Methos tauchte den Rest der Nacht nicht mehr auf. Er blieb bis zum Morgen fort. Am nächsten Morgen begannen die Sklaven die Zelte abzubauen und alles einzupacken. Die Frauen räumten die Sachen der Reiter zusammen. Kronos war außer sich weil Methos sich einfach nicht blicken ließ. Wütend trat er auf Annabel zu, die Methos‘ Sachen zusammen räumte – so wie es ihre Pflicht war.

Kronos sah die Spuren in ihren Gesicht. Methos hat sie also geschlagen, dachte er zornig. „Was ist letzte Nacht geschehen?“ fragte er scharf. „Ich ... weiß es nicht. Er ist einfach weg geritten“, sprach Annabel mit demütigen Blick. „Verstehe! Einfach so? Und du hast damit natürlich nichts zu tun ... Schreiberin?“ erwiderte Kronos wütend. „Ich ...“ Kronos packte sie brutal am Arm und zückte seinen Dolch.

„Schon einmal habe ich dich fast getötet. Doch Methos hat dich gerettet – aus welchem Grund auch immer“, sprach Kronos und er zerrte Annabel mit sich aus dem Zelt. „Mal unter uns: Ich mag dich nicht sonderlich. Aber Methos mag dich, deshalb habe ich ein Auge zugedrückt und ihm gestattet dich mitzunehmen. Doch jetzt ... er ist seit letzter Nacht verschwunden. Du mußt etwas damit zu tun haben.“ Die Klinge des Dolches drückte sich gegen Annabels Kehle.

„Kronos!“ rief eine Stimme über das Lager hinweg. Kronos sah auf und erkannte Methos, der sich mit seinen Pferd näherte. „Laß gefälligst mein Mädchen in Ruhe“, forderte Methos scharf und er stieg aus dem Sattel. Mit festen Schritten kam er auf sie zu. Kronos lachte verächtlich und stieß ihm Annabel in die Arme. „Da hast du sie! Ehrlich, ich weiß nicht was du an ihr findest. Wo warst du die ganze Zeit?“ „Unterwegs“, erwiderte Methos knapp.

„Und wo genau?“ hakte Kronos nach. Seine Augen waren zu schmalen Schlitzen geworden. Das tat er immer, wenn er jedes Detail von dem Tun seines Gegenübers erfahren wollte. „ich bin hier. Was interessiert es dich wo ich war?“ gab Methos ruhig zurück. Kronos brummte leise vor sich hin. Er sagte etwas was Methos nicht verstand. „Können wir dann endlich aufbrechen?“ fragte Kronos schließlich bissig. „Meinetwegen ja.“ Leicht nickte der Anführer der Reiter und ließ Methos und Annabel allein.

Nun konnte Methos sich ihr endlich zuwenden. Er hatte die Nacht in der Wüste verbracht; hatte kaum geschlafen. Sein Gewissen – das er plötzlich für sich entdeckt hatte – hatte ihm schwer zu schaffen gemacht. Methos schob Annabel ein Stück von sich und sah die Spuren in ihrem Gesicht. „Ich wollte dich nicht schlagen“, sprach er schließlich zögernd. Es war das erste Mal, das er sich entschuldigte. Er hatte keine Übung darin und konnte deshalb nur hoffen, daß seine Worte als Entschuldigung aufgenommen und verstanden wurden.

Annabel wußte, daß es seine Art war sich zu entschuldigen. „Ich werde so etwas nie mehr sagen“, versprach sie ihm. Einen Moment herrschte Stille zwischen ihnen. Sie blickte sich stumm in die Augen. Die Stille wurde von Kronos unterbrochen. „Können wir endlich los reiten?“ rief er gereizt. Methos nickte langsam. Er half Annabel auf sein Pferd und schwang sich dahinter. Die ganze Gefolgschaft um die vier apokalyptischen Reiter setzte sich in Bewegung und begab sich auf eine mehrtägige Reise.

~ 5. ~

Die Reise war anstrengend und erschöpfte die Reisenden. Nach dem vierten Tag kamen sie endlich an dem von Kronos‘ beschriebenen Fluß an. Die Sklaven fingen sofort damit an die Zelte aufzubauen. Annabel war müde. Ihr Stamm war auch gereist, allerdings hatte der eindeutig mehr Pausen eingelegt. Außerdem waren sie nie so weit an mehreren Tagen gereist. Man sah ihr an das sie erschöpft war. Sie wandelte zwischen Traum und Wachsein. Caspian und Silas zogen sich in ihre Zelte zurück, die als erstes aufgebaut worden waren. Kronos teilte unterdessen die Sklaven ein, so das niemand Methos Beachtung schenkte.

Er hob Annabel von seinen Pferd und trug sie in sein Zelt, das ebenfalls schon stand. Es war schon alles errichtet worden. Methos selbst war auch müde. Er spürte die Erschöpfung in seinen Knochen. Kronos hatte die Reisenden immer wieder angetrieben weiter zu gehen. Er hatte in diesen vier Tagen kaum eine Pause eingelegt. Nur ... wenn Methos ihn darum gebeten hatte, hatte Kronos sich mit einer Pause einverstanden erklärt.

Kronos war wütend, das merkte man. Man sah es ihm förmlich an der Nasenspitze an. Irgend etwas gefiel ihm nicht und beschäftigte ihn mehr als er zugab. Er war äußerst gereizt und seine Geduld, die sowieso nicht sehr berauschend war, war im Moment so gut wie überhaupt nicht vorhanden. Aber warum war er wütend und wem galt seine Wut? Methos schüttelte leicht den Kopf. Er konnte nicht mehr darüber nachdenken, da er selbst vor Erschöpfung sofort einschlief.

Schon bald war alles wieder beim Alten. Annabel erledigte ihre Aufgaben nach Methos‘ Zufriedenheit. Abends, wenn die Sonne schwach über dem Horizont stand, schrieb sie ihre Gedanken nieder. In diesen Momenten konnte sie ihr Schicksal als Sklavin für eine kurze Zeit vergessen. Of spürte sie wie Methos sie aus der Ferne beobachtete. Er brachte ihr von seinen Überfällen Schriftrollen mit – egal ob leere oder beschriebene. Annabel freute sich über diese kleinen Gesten, daß wußte Methos, wenn er ihr in die Augen blickte.

Kronos beobachtete diese neue, fremde Vertrautheit zwischen seinen Death und dessen Sklavin mit wachsenden Unbehagen. Dieses völlig fremde Verhalten von Methos war ihm ein Rätsel. In der Nähe seiner Sklavin benahm sich Methos ganz anders als Kronos es gewohnt war. Methos versuchte zwar es zu vertuschen, aber Kronos bekam es mit. Seine Wut galt allein Annabel, die der Grund für Methos‘ Veränderung war.

Methos‘ Umhang lag in der Sonne und trocknete. Annabel hatte ihn gewachsen weil dem Staub und den Sand anders nicht mehr beizukommen war. Sie saß am Ufer des Flusses und schrieb ihre Gedanken nieder. Annabel nahm die Schritte, die sich ihr näherten, nicht wahr. Erst als ein Schatten über sie fiel sah sie auf. Methos lächelte leicht und setzte sich neben sie.

Er streckte die Beine von sich und genoß die Abendsonne. Methos legte den Kopf in den Nacken und schloß die Augen. Er sprach kein Wort. Annabel hatte sich in der Zwischenzeit schon daran gewöhnt. Er leistete ihr oft Gesellschaft, wenn sie schrieb. Er saß einfach da und beobachtete sie. Und nach einer Zeit ging er wieder. Das kam momentan immer öfter vor. Sie hatte nichts mehr dagegen. Es beunruhigte sie nicht mehr. Während Methos neben ihr saß schrieb sie einfach. Sie konzentrierte sich so sehr darauf, daß sie oft sogar vergaß, daß Methos noch da war.

„Ich will, daß du es mir beibringst“, sprach Methos plötzlich in die Stille hinein. Annabel rutschte mit der Feder ab weil sie nicht damit gerechnet hatte, daß er etwas sagte. Der Strich zog sich über die ganze Schriftrolle. Sie blickte auf und begegnete Methos‘ Blick. „Was soll ich Euch beibringen, Herr?“ fragte sie verwundert. „Na, daß da“, sprach Methos und er deutete auf die Schriftrolle.

„Du sollst mir Schreiben und Lesen beibringen. Ich will es lernen“, gestand er freimütig. „Wirklich?“ Überrascht blickte sie ihn an. „Ja, ansonsten würde ich nicht damit anfangen, oder? Du weißt, ich meine immer alles ernst was ich sage.“ Annabel nickte leicht. „Ich würde es Euch gerne beibringen“, lächelte sie. „Gut. Ich will, daß du morgen damit anfängst.“ Methos stand auf und ließ sie allein. Annabel konnte es einfach nicht glauben. Er wollte tatsächlich Schreiben und Lesen lernen – und das von ihr.

Und genau das geschah auch. Methos und Annabel saßen nun fast jeden Abend in seinen Zelt und mit Engelsgeduld brachte sie ihm Lesen und Schreiben bei. Oft war Methos einer Verzweiflung nahe. Niemals hätte er gedacht, daß es so schwer war, dies zu lernen. Niemals hätte er es für möglich gehalten das eine Sklavin sich in einer Sache leichter tat als er. Bei Annabel sah das alles so einfach und leicht aus. Jetzt mußte Methos feststellen, daß es unglaublich schwer war es zu erlernen.

„Verdammt!“ Wütend warf Methos die Feder quer durch die Luft. Sie landete in einer Ecke. „Ich kapiere es einfach nicht“, fluchte er ungehalten. Methos war auf sich selbst wütend. Manche Wörter, die Annabel ihm beibrachte, verstand er einfach nicht. Es ging nicht in seinen Kopf hinein. Er schien es nicht kapieren zu wollen. Annabel seufzte leise. Methos war wahrlich kein leichter Schüler. Sein Temperament ging oft mit ihm durch; vor allem, wenn er etwas nicht verstand. Dann reagierte er mit Wut. Eine Wut, die er auf sich selbst richtete.

Annabel stand leichtfüßig auf und holte die Feder. „Methos“, sprach sie geduldig. Inzwischen waren sie schon längst mehr als Herr und Sklavin. Sie waren Vertraute. Es war Methos gewesen, der ihr erlaubt hatte, ihm beim Namen zu nennen. Doch nur wenn sie mit ihm allein war. Niemand außerhalb dieses Zeltes durfte wissen was zwischen ihnen war. Niemand durfte wissen das sie ihm das Lesen und Schreiben beibrachte. Annabel liebte diese einsamen Stunden mit ihm. Es war völlig ungezwungen und Methos war gelöst von seiner Pflicht als Reiter. Er war dann nicht länger Death. Er war einfach er selbst.

„Du brauchst Geduld; viel Geduld. Du kannst – nein, darfst - es nicht erzwingen“, sprach sie ruhig. Methos‘ Augen funkelten wütend. Er ließ sich auf sein Schlaflager fallen. „Ich kapier es einfach nicht“, murmelte er. „Doch, du verstehst es. Es wird besser. Ich merke es doch. Du mußt es nur richtig wollen. Das geht nicht von heute auf morgen. Das braucht Zeit, Methos.“ „Bei dir sieht das so leicht aus“, stöhnte er und setzte sich wieder auf. Er strich sich leicht durch sein Haar.

Annabel schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln und reichte ihm die Feder. „Ich mußte es auch erst einmal lernen. Das ist nicht so einfach. Also, probier es noch einmal. Nicht aufgeben, Methos, es wird schon klappen!“ Methos machte Fortschritte; auch wenn er das nicht so sah. Er konnte die einzelnen Wörter schon lesen und schreiben. Seine Schwierigkeit waren die Sätze, die Annabel ihm jeden Abend zusammen stellte und die er lesen und schreiben sollte.

„Laß dir Zeit“, riet sie ihm. „Es ist wichtig, daß du es leserlich und richtig schreibst. Wenn du mehr Übung hast, kommt automatisch das Tempo dazu.“ Und Methos hielt sich an ihren Rat. Schließlich reichte er ihr die Schriftrolle. Annabel nickte und lächelte zufrieden. „Das ist gut. Siehst du, du kannst es doch.“ Methos griff nach dem Becher Wein, der neben ihm stand und trank einen Schluck. „Das liegt daran das du eine gute Lehrerin bist.“ „Danke. Es macht mir Spaß.“ „Mir auch“, gestand Methos und er erwiderte ihr Lächeln.

Methos griff nach Annabel und zog sie in seine Arme. Er küßte sie leicht. „Du hast mich verändert“, sprach er leise. „Nein, daß habe ich nicht“, erwiderte Annabel kopfschüttelnd. „Das hast du selbst getan. Ich habe dir nur ein wenig geholfen den richtigen Weg zu finden.“ Methos hob ihr Kinn an und küßte sie zärtlich auf die Lippen. „Ich hab etwas für dich“, verkündete er. „Ein Geschenk.“ „Ein Geschenk?“ wiederholte Annabel irritiert. Methos stand auf und kramte in seinen Sachen herum. Schließlich fand er, wonach er gesucht hatte, und kehrte zu Annabel zurück.

„Streck deine Hand aus“, bat er. Annabel gehorchte neugierig. Methos legte etwas um ihr Handgelenk. Es war ein Armband aus Silber. Silberne, zierliche Plättchen waren daran befestigt. Überrascht blickte sie Methos an. „Wo hast du das her?“ „Von einem Händler, der uns neulich begegnet ist.“ Sie verstand. Er hatte es gestohlen. Doch das machte ihr nichts. „Danke, Methos“, sprach sie aufrichtig und sie lächelte ihn glücklich an. Und wie schon so oft in den letzten Monaten verbrachte sie die Nacht in seinen Armen – nicht als Herr und Sklavin, sondern als zwei Liebende.

~ 6. ~

Nach den langen Abenden, in denen Annabel mit Methos gelernt hatte, hatte er es endlich geschafft. Er konnte fließend schreiben und lesen – ohne zu zögern oder zu stocken. Er hatte es geschafft. Und nun wurde ihm klar, welch wunderbare Welt Annabel ihm damit gezeigt hatte. Methos begann alle Schriftrollen, die in seinem Zelt lagen, zu lesen. Dabei stieß er auch auf die Aufzeichnungen von Annabel. Es handelte sich um ihr geheimsten Gedanken und Gefühle. Einen Moment zögerte Methos, doch dann nahm er sie an sich.

Methos bekam einen tiefen Eindruck in Annabels Gedanken, in ihre Seele und ihr Herz. Er blickte kurz aus dem Zelt. Annabel wusch seine Wäsche im Fluß – so das sie ihn nicht dabei überraschen konnte. Methos wußte, daß er sich verändert hatte. Und es lag ganz allein an Annabel. Obwohl er weiter mit seinen Brüdern auf Jagd ging, war er nicht mehr mit Herz und Seele dabei. Das Töten und das Plündern war zur Nebensache geworden. Die wichtigste Sache in seinen Leben war Annabel, die er nicht länger als sein Eigentum, sondern als seine Frau betrachtete.

Und der verbotene Einblick in ihre geheimsten Gefühle und Gedanken rief sein schlechtes Gewissen hoch. Er wußte selbst das er es nicht lesen sollte. Doch er konnte nicht anders. Er mußte es einfach lesen. Eine innere Stimme riet ihm dazu. Und Methos folgte dieser leisen, aber doch drängenden Stimme. Aber dann stieß er auf einen Absatz, der ihn förmlich erstarren ließ.

„Ich weiß nicht wann es passiert ist. Aber ich weiß, daß es passiert ist. Ich habe mich verliebt - in Methos. Ja, ich liebe ihn. Ich kann nicht glauben das ich mich ausgerechnet in den Mann verliebt habe, der mich zu seiner Sklavin gemacht hat. Doch das bin ich schon lange nicht mehr. Mein Verhältnis zu Methos hat sich verändert. Es ist anders geworden. Seit der Nacht, in der er mich geschlagen hat, scheint er nicht mehr der zu sein, den ich kennengelernt habe. Ich bin glücklich. Unglaublich, daß ich im Lager der Todesreiter so empfinde, aber es ist so. Ich weiß, daß Methos mich beschützt - vor Kronos.
Ich weiß es. Er würde niemals zulassen das Kronos oder ein anderer mir etwas antut. Ich kann mich auf ihn verlassen und ich vertraue ihm. Mein Leben erscheint mir nun nicht mehr so trostlos wie nach dem Tod meiner Familie. Methos ist die einzige Person, die ich habe und nun gefällt mir das. Irgendwann ist es geschehen. Ich habe mich in Methos verliebt. Die Stunden mit ihm, als ich ihm das Schreiben und Lesen beibrachte, waren wunderschön. Da hat er mir sein wahres Gesicht gezeigt. Ich weiß nicht wie diese Sache weitergehen wird. Doch ich weiß, daß meine Gefühle zu ihm bleiben werden - egal was auch geschehen mag.“

Langsam glitt Methos die Schriftrolle aus der Hand und fiel zu Boden. Er starrte darauf als wäre es etwas giftiges. Sie liebte ihn. Annabel hegte zärtliche Gefühle für ihn. Methos strich sich mit den Händen durchs Haar. Mein Gott, dachte er verstört. Ihr geschriebenes Geständnis zwang Methos der Wahrheit endlich ins Gesicht zu blicken; sich selbst endlich die Wahrheit einzugestehen. Auch er liebte sie. Genau wie Annabel konnte er nicht sagen wann es geschehen war ... doch es war geschehen. Und augenblicklich wurde ihm klar, daß er nicht zu Kronos und seinen Brüdern gehörte. Er gehörte nicht mehr dazu.

Still saß Methos in einer Ecke als Annabel ihm das Abendessen brachte. Doch er blickte sie nicht an. Er rührte nicht einmal sein Essen an. „Methos?“ fragte sie besorgt. Ruckartig hob er den Kopf und blickte ihr direkt in die Augen. „Stimmt etwas nicht?“ Wortlos griff Methos hinter sich und reichte ihr eine Schriftrolle. Annabel rollte sie auseinander und erkannte schockiert was er gelesen hatte. „Methos, ich ...“ „Schweig“, befahl er. Mit einer schnellen, raubtierhaften Bewegung erhob er sich.

Annabel wich vor ihm zurück. Sie hatte Angst, daß er ihr etwas antun wollte, doch er tat nichts anderes als sie anzusehen. „Ich weiß, ich hätte es nicht lesen sollen. Doch ich konnte nicht widerstehen. Ich wollte einfach wissen was du jeden Abend schreibst; worüber du dir Gedanken machst. Das du solche ... Gefühle für mich hegst ... davon hatte ich keine Ahnung“, sprach er kopfschüttelnd. „Ich kann ...“, begann Annabel erneut, doch Methos unterbrach sie. „Du zwingst mich mit deinen Geständnis zu etwas was ich nie tun wollte.“ „Und ... was ist ... das?“ fragte sie mit zitternder Stimme.

Plötzlich zeigte er ihr sein sympathischstes Lächeln. „Ich mußte mir meine Gefühle eingestehen; meine Gefühle zu dir“, gestand er. „Zu mir?“ Methos nickte leicht. „Du hast mich gesehen wie ich wirklich bin. Du hast mich verändert. Wenn ich mit den Jungs weg reite, ist mein Gedanke, so schnell wie möglich zu dir zurück zu kommen. Wenn wir am Abend zurück kommen, ist mein erster Gedanke, dich zu sehen; schöne Stunden mit dir zu verbringen. Annabel, genau wie du habe ich keine Ahnung wie es geschehen konnte. Aber ... ich kann nur sagen, es ist geschehen. Ich ... liebe dich.“ Er schenkte Annabel ein Lächeln, das ihr unter die Haut ging. Und dann lag sie in seinen Armen.

Immer leidenschaftlicher wurden ihre Küsse. Sie ließen ihren aufgestauten Gefühlen endlich freien Lauf. Die Nächte zwischen ihnen waren immer schön gewesen, doch diesmal wußten beide, daß der Andere die Gefühle des anderen erwiderte. Langsam streifte Methos ihr das Kleid ab. Engumschlungen sanken sie auf das Felllager zurück. Annabel half Methos sich ebenfalls auszuziehen.

Methos‘ Lippen wanderten von ihrem schlanken Hals hoch zu ihren Kinn. Dann küßte er ihre Lippen; schließlich ihre Wangen. Er wanderte weiter zu ihren Ohren und knabberte zärtlich daran. Ein leises Lachen entrang sich Annabels Kehle. Zärtlich streichelte Methos ihre Rundungen. Seine Küsse wurden fordernder. „Sag mir, daß du mich liebst“, flüsterte er. „Ich liebe dich, Methos.“ Methos‘ Augen glänzten freudig. Dann zog er sie eng an sich und vereinigte sich mit ihr ...

Das Gefühl war anders als er aufwachte. Es war völlig anders als all die Jahre und Jahrhunderte zuvor. Methos fühlte sich wohl und restlos glücklich. Es war als würde die Welt still stehen. In seinen Armen lag die Frau, die ihm dieses wohlige Gefühl vermittelt hatte. Methos hatte seine Arme um ihre Taille geschlungen. Ein Fell lag über ihnen. Annabel sah entspannt und frei aus. Sie sah friedlich aus und schien sich vollkommen glücklich zu fühlen. Methos brauchte sich nur vorzubeugen und schon konnte er sein Gesicht in ihrem Haar vergraben.

Methos wußte, daß er sich anziehen mußte. Schon bald mußte er wieder mit Kronos und den anderen auf die Jagd gehen. Und wenn er nicht schnellstens draußen auftauchte, würde Kronos in seinen Zelt auftauchen um ihn zu holen. Und wenn Kronos diese Szene zwischen Methos und seiner Sklavin sehen würde, wäre der Teufel los. Vorsichtig zog Methos seinen Arm hervor und stand auf. Er wollte Annabel schlafen lassen.

Leise zog er sich an. Dann kniete er sich noch einmal neben Annabel und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. Sein zarter Kuss weckte sie auf. „Methos?“ Ein Lächeln glitt über seine Lippen. Jeden Morgen wollte er so neben ihr aufwachen – so lange er konnte. Und schlagartig wurde ihm klar was er zu tun hatte. „Annabel, hör mir zu: Pack ein paar Sachen zusammen – unauffällig“, sprach er während Annabel sich eine Felldecke um den nackten Körper schlang. „Wieso?“ fragte sie verwirrt. „Wir beide verschwinden heute Nacht“, teilte Methos ihr mit.

Überrascht riß sie die Augen auf. „Ist das dein Ernst, Methos?“ Bejahend nickte Methos. „Ich will mit dir leben, Annabel. Ich werde mich von Kronos und den Jungs trennen.“ Annabel schenkte ihm ein glückliches Lächeln und umarmte ihn. „Niemand darf etwas merken, hast du verstanden? Ich will keine Schwierigkeiten vor unserem Verschwinden“, erklärte Methos ihr. Er küßte sie und ging nach draußen.

Erstaunt sah Annabel ihm nach. Er wollte tatsächlich mit ihr leben. Heute Nacht würden sie verschwinden und ihr eigenes Leben führen. Es war, als wäre ein Wunder soeben geschehen. Annabel würde mit ihm gehen. Das war es was sie wollte. Methos würde die Reiter verlassen und mit ihr leben. Sie stand auf und zog sich an. Und begann die wichtigsten Sachen für ihre Flucht zusammen zu suchen.

Nebenbei erledigte sich noch ihre alltägliche Arbeit, damit niemanden auffiel, daß etwas anders war als sonst; das sie etwas plante und ein Ziel verfolgte. Niemand sollte etwas merken. Das hatte Methos gesagt. Und er hatte diese Warnung nicht umsonst ausgesprochen. Niemand durfte merken, daß sie heimlich Sachen zusammen packte um mit Methos verschwinden zu können. Annabel kannte das Problem, daß ihnen Schwierigkeiten bereiten konnte: Kronos.

 ~ 7. ~

Methos sah sich um. Er stand inmitten eines Schlachtfeldes. Caspian hatte einen Stamm aufgespürt und Kronos war begeistert gewesen. Es war wie immer abgelaufen. Sie hatten den Überraschungseffekt voll ausgenutzt und sich über den Stamm hergemacht. Nun war alles vorbei. Die Menschen waren tot; die Zelte brannten. Kronos, Caspian und Silas stöberten nun herum und nahmen mit was ihnen gefiel. Methos jedoch stand teilnahmslos daneben. Es machte ihm keinen Spaß mehr. Im Gegenteil: Er fühlte so etwas wie Abscheu für seine Brüder, die das getan hatten.

Kronos beobachtete seinen Death. Er stand seit Minuten bei seinem Pferd und rührte sich nicht. Methos schien mit seinen Gedanken meilenweit weg zu sein. Wütend stöhnte Kronos. Methos hatte sich deutlich verändert. Er hatte lesen und schreiben gelernt – von seiner Sklavin. Methos dachte, er – Kronos – hätte das nicht mit bekommen. Doch er hatte es gemerkt; hatte gemerkt, daß Methos sich Abend für Abend für Stunden mit seiner Sklavin in sein Zelt zurück zog. Methos hatte sich wirklich Mühe gegeben, damit Kronos nicht dahinter kam. Aber er war der Anführer. Er mußte wissen was in seinen Lager vor sich ging.

Methos bemerkte, daß Kronos ihn beobachtete. Er wandte den Blick ab. Dir werde ich beibringen mich hinters Licht führen zu wollen, drohte Kronos still. Er kümmerte sich im Moment nicht weiter um Methos, sondern durchsuchte die Sachen derer, die sie ermordet hatten. Sie sammelten die besten Stücke zusammen und ritten zurück ins Lager. Kronos lenkte sein Pferd neben Methos. Dieser schluckte und wartete darauf das Kronos etwas sagte. Doch das tat er nicht. Er warf Methos nur einen scharfen Blick zu und ritt neben ihm her. Seine bloße Anwesenheit genügte um Methos durcheinander zu bringen. Und genau das war Kronos‘ Absicht.

Annabel arbeitete vor dem Zelt als die Reiter zurück kamen. Bleib ruhig, ermahnte sie sich. Methos reichte sein Pferd an einen Sklaven weiter. Er konnte nicht anders als er Annabel sah. Der Wind brachte ihr Haar durcheinander. Ein kleines Lächeln rutschte ihm heraus. Kronos beobachtete diese Situation. Ihm wurde klar, daß da etwas anders war. Da war eine neue Vertrautheit zwischen Death und seiner Sklavin, die er nicht richtig einordnen konnte. Es mißfiel Kronos. Er nahm sich vor die Beiden eine Zeitlang zu beobachten um sagen zu können, was zwischen ihnen geschehen war.

Die Sonne ging unter und der Abend brach herein. Methos wartete bis die drei Reiter sich in ihre Zelte zurück zogen. Endlich war alles ruhig. Der Mond schien über das Reiterlager. Der Fluß plätscherte leise vor sich hin. Ab und zu hörte man eines der Pferde wiehern. Aber ansonsten war nichts zu hören. Alles war ruhig. Genau richtig für eine Flucht, dachte Methos.

Annabel hatte die Pferde gesattelt während Methos die Sachen, die sie gepackt hatte, an den Sätteln befestigte. „Bist du dir sicher?“ fragte sie noch einmal nach. Noch immer konnte sie nicht glauben das er die Reiter wirklich verlassen wollte. „Ja, ich bin mir sicher. Wir werden gehen. Ich habe mich entschieden. Ich will all das hinter mir lassen. Das Töten, das Blut ... ich will es vergessen. Du hast mir die Chance gegeben neu anzufangen, Annabel. Und ich werde sie nutzen. Niemand kann mich daran hindern zu gehen“, sprach er entschlossen. Annabel nickte. Sie konnte ihn nur zu gut verstehen.

So leise wie möglich führten sie die Pferde davon und stiegen erst nach einigen Metern auf. Dann ritten sie davon. Der Sand wurde unter den Hufen der Pferde aufgewirbelt. Methos blickte sich bewußt nicht um. Er wollte nicht zurück kehren – auf keinen Fall. Nur wer zurück blickt, kehrt auch zurück, dachte er. Und er wollte das alles hinter sich lassen. Für ihn war es vorbei.

Sie ritten noch immer als die Sonne langsam am Horizont aufging. „Annabel, hältst du es noch aus?“ fragte Methos besorgt, da er sah, daß sie etwas erschöpft war. Sie lächelte tapfer. „Natürlich.“ „Du weißt, ich würde gerne eine Pause einlegen, aber wir müssen so weit wie möglich vom Lager weg sein. Wir müssen uns so weit wie möglich entfernen ... damit Kronos uns nicht aufspürt.“ „Du denkst, er wird uns folgen?“ fragte Annabel. Methos nickte zustimmend. „Ich denke es nicht. Ich weiß es“, sprach er ernst. Und genau aus diesem Grund wollte er so viel Distanz wie möglich zwischen Kronos und sich bringen.

„Methos!“ Kronos‘ harter Schrei hallte durch das ganze Reiterlager. Die Sklaven zuckten zusammen und blickten vorsichtig auf den Anführer der Reiter. Hastig eilten Caspian und Silas aus ihren Zelten. Kronos stampfte aus dem verlassenen Zelt von Methos. „Was ist den los?“ fragte Silas unwissend. „Unser lieber Death ist weg. Und er hat seine Hure mitgenommen“, spuckte Kronos verächtlich aus.

„Was meinst du?“ fragte Caspian nach. „Na was wohl? Methos ist mit seiner kleinen Sklavin abgehauen. Sie sind weg“, keifte Kronos aggressiv. „Du meinst, er ist mit ihr geflohen?“ „Ja, verdammt! Die Beiden sind abgehauen.“ Kronos war außer sich. Methos hatte die Reiter verlassen ohne ein Wort – so schien es. Und Schuld daran ist nur diese Hure, dachte Kronos voller Zorn.

Kronos ging schnurstracks in sein Zelt und zog Lorna an den Haaren hoch. „Wo ist deine Freundin?“ schrie er sie an. „Ich weiß ... es nicht“, stammelte Lorna ängstlich. „Sie muß dir doch etwas gesagt haben – von einer Flucht mit Methos.“ Verneinend schüttelte Lorna den Kopf. „Nein, daß hat sie nicht. Ehrlich nicht, Herr.“ Kronos starrte sie wütend an. Er schlug Lorna nieder und stampfte zum Zelteingang.

Dort drehte er sich noch einmal zu seiner Sklavin um. „Wenn ich herausfinde, daß du mich angelogen hast, Weib ... dann Gnade dir den Göttern. Denn niemand sonst wird es tun. Ich werde dich töten – auf grausame Art und Weise – wenn du mich soeben belogen hast.“ Lorna wußte, daß er seine Drohung wahr machen würde. Doch sie hatte nicht gelogen. Annabel hatte ihr nichts gesagt.

„Sattelt die Pferde“, wies Kronos ein paar Sklaven an. Caspian und Silas beobachteten ihn verwirrt. So zornig hatten sie ihn noch nie gesehen. „Ihr kommt mit“, befahl er seinen Brüdern. „Wohin sollen wir mitkommen?“ Kronos blickte die Beiden scharf an. „Wir werden Methos suchen und ihn aufspüren. Wir werden seine kleine Hure töten und er soll dabei zusehen. Das ist die Strafe dafür das er uns verlassen hat. Niemand verläßt mich ohne mein Einverständnis – absolut niemand“, sprach Kronos und er schwang sich in den Sattel. Er ritt voraus und seine Brüder folgten ihm. Sie konnten nicht glauben was Methos getan hatte. Für seine kleine, miese Sklavin hatte er sie hintergangen und verlassen.

Sie hatten ihre Pause in der Nähe einer kleinen Oase eingelegt. Eine solche Oase war in der Wüste etwas seltenes. Annabel brauchte dringend ein paar Stunden Schlaf und auch Methos war müde. Außerdem brauchten die Pferde ein wenig Ruhe um wieder neue Kraft schöpfen zu können. Auch sie brauchten Zeit um sich zu erholen. Methos konnte nur beten, daß Kronos ihnen nicht so schnell folgen würde.

Doch er wurde getrübt. Das Donnern von Pferdehufen weckte ihn auf. Methos war eingeschlafen und als er aufsah, sah er die Reiter, die sich ihnen schnell näherten. „Annabel, wach auf“, sprach Methos und er schüttelte sie leicht. Sie öffnete die Augen. „Was ist den los?“ „Wir kriegen Besuch“, erklärte Methos ihr kurz angebunden. Annabel sah in die Richtung, in die Methos blickte. Sie sah die drei Reiter und wußte, wer sie waren. Annabel wußte, daß bedeutete nichts Gutes.

Sie waren schnell da und umkreisten sie mit ihren Pferden. Kronos hielt seins und stieg ab. Er hatte sein Schwert in die Hand. Methos zog sein ebenfalls und stellte sich ihm mutig in den Weg. Jetzt hatte er keine andere Wahl. Er hätte einen Kampf gegen seine Brüder gerne vermieden, doch jetzt konnte er nicht anders handeln. „Du hast uns also aufgespürt“, stellte Methos monoton fest. „Methos“, fauchte Kronos wütend. Man sah ihm an wie zornig er war. Man konnte es deutlich in seinen Gesicht lesen.

„Du verläßt uns?“ fragte Kronos spöttisch. Fest blickte Methos ihm in die Augen. „Ja, ich verlasse euch“, sprach er entschlossen. „Ich gehöre nicht mehr zu euch. Für mich ist es vorbei. Ich kann mich mit dem, was wir tun, nicht mehr identifizieren. Ich will dieses Leben nicht mehr. Und eure Gesellschaft will ich auch nicht mehr.“ „Stimmt! Du ziehst ja ihre vor“, meinte Kronos verächtlich und er deutete auf Annabel.

„Kronos, geh zurück und laß uns unser Leben leben! Es sollte hier enden.“ „Oh ... es wird hier enden“, versprach Kronos und er gab Caspian sowie Silas ein kleines Zeichen. Die Beiden sprangen blitzschnell von ihren Pferden und stießen Methos zur Seite. Sie packten ihn an den Armen und zwangen ihn in die Knie. Mit eiserner Kraft hielten sie ihn fest, so das er sich nicht befreien konnte.

In der Zwischenzeit hatte sich Kronos Annabel geschnappt. „Tue das nicht, Kronos“, warnte Methos ihn scharf. Er wußte, was Kronos vorhatte. Kronos wollte Annabel töten und er mußte hilflos dabei zu sehen. „Du willst mich verlassen?“ fragte Kronos spöttisch. „Niemand geht ohne mein Einverständnis. Ich werde nicht zulassen, daß du alles hintergehst was ich dich gelehrt habe.“ „Ich bin nicht mehr interessiert“, sprach Methos schwach.

„Töte mich! Aber laß Annabel am Leben“, flehte er inständig. Kronos lachte kalt. „Ich denke nicht dran“, sprach er bitter. „Sie ist schuld daran das du mich verlassen willst. Du hast mich zwei Mal daran gehindert sie zu töten. Ein drittes Mal kannst du den rettenden Beschützer nicht spielen. Du wirst dabei zusehen wie sie stirb; wie ich sie töte. Das ist die Strafe dafür ... das du uns verläßt“, sprach Kronos gefährlich.

„Kronos, bitte nicht“, flehte Methos panisch. Er wollte sie nicht verlieren. Annabel hatte seinen Leben einen neuen Sinn gegeben. Sie hatte ihm eine Welt außerhalb der Raubzüge, der apokalyptischen Reiter gezeigt. Sie hatte ihm die Liebe gezeigt. Dies hier konnte einfach nicht wahr sein. Es durfte nicht geschehen. Bitte, töte mich, flehte Methos stumm. Kronos konnte in seinen Augen lesen worum er ihn inständig bat.

„Nimm mich“, sprach Methos. „Es ist mein Leben, daß du willst.“ Kronos lachte grausam und schüttelte leicht den Kopf. „Du irrst dich, Death! Nein, ich will dich nur leiden sehen. Ich werde dir das nehmen was dir am allerwichtigsten ist.“ Methos traf den Blick von Annabel. Sie wußten beide, daß er ihren Tod nicht verhindern konnte; das er gegen diese Überzahl machtlos war.

„Ich liebe dich“, sprach er so leise, daß nicht einmal Kronos es verstand. Doch er wußte, seine Worte kamen bei Annabel an. „Ich liebe dich auf“, gestand sie ihm. „Verzeih mir, daß ich dich nicht schützen konnte.“ Entsetzt mußte Methos hilflos mit ansehen wie Kronos sein Schwert durch Annabels Körper trieb. Sie stöhnte gequält auf und sank zu Boden. Methos wandte den Kopf. Verzweifelt schloß er für einen Moment die Augen. Der Sand färbte sich von Annabels Blut rot. Einen Moment herrschte absolute Stille.

„Nein!“ Methos‘ verzweifelter Schrei zerriß die Stille der Wüste. Caspian und Silas ließen ihn einfach zu Boden fallen und lachten leise. Methos rappelte sich hoch und eilte an die Seite von Annabel. Doch er konnte nur noch ihren Tod feststellen. Sie war tatsächlich von ihm gegangen; war brutal aus dem Leben gerissen worden, bevor sie richtig mit ihm glücklich werden konnte.

Methos starrte auf ihren leblosen Körper; auf ihr liebliches Gesicht. Ein leichtes Zittern ging durch seinen Körper. Er konnte nicht glauben, daß Kronos ihm wirklich das Wertvollste in seinen Leben genommen hatte. Annabel war das kostbarste Geschenk gewesen, daß man ihm jemals gemacht hatte. In diesen Moment beugte sich Kronos zu ihm und flüsterte: „Ein schönes neues Leben, Bruder.“ Dann lachte er kalt und ließ einen traurigen, verzweifelten Methos allein zurück.

Dieser nahm den leblosen Körper von Annabel in seine Arme. Er konnte nicht sagen wie lange er so dasaß; wie lange er brauchte um aus seinem Schockzustand einigermaßen zu erwachen. Annabel war tot. Sie hatte ihn verlassen. Er hatte sie vor Kronos‘ Rache nicht beschützen können. Eine schmerzhafte Trauer machte sich in seinen Körper breit. Annabel war der erste Mensch in seinen Leben gewesen, den er wirklich geliebt hatte. Sie hatte ihn – sein ganzes Leben – verändert.

Und jetzt war sie tot. Nun hatte man sie ihm mit Gewalt genommen. Kronos hatte nicht gewollt das Annabel und er glücklich miteinander werden. Kronos hatte sein zartes Glück zerstört. Noch nie hatte Methos eine solche Trauer gefühlt, daß keine Worte und keine Taten seinen Schmerz lindern konnten. Niemand konnte ihm Annabel zurück geben; konnte ihm auch nicht den Teil seines Lebens wieder geben, den er soeben verloren hatte.

Methos sackte in sich zusammen und weinte stumme Tränen um Annabel. Wut drängte sich neben seine Trauer. Langsam ging die Sonne unter. Methos blickte auf und schluckte schwer. Es war die Abendsonne, die Annabel so sehr geliebt hatte. Er erinnerte sich an all die Abende, in denen sie ihm das Leben und Schreiben beigebracht hatte. Es war alles vorbei. Doch die Erinnerung an ihre gemeinsame Zeit würde in ihm weiterleben.

Niemand würde Methos die Frau vergessen, die ihn verändert hatte; die ihm eine völlig neue Welt gezeigt hatte. Annabel war die erste Frau gewesen, die er tief und innig geliebt hatte. Und eines Tages würde der Zeitpunkt seiner Rache kommen. Still versprach er Annabel ihren Tod zu rächen. Kronos würde dafür bezahlen. Methos würde ihn nicht unbestraft davon kommen lassen. Und wenn er Tausende von Jahren auf seine Rache warten mußte ... er würde sie bekommen. Diese Tat würde nicht ungesühnt bleiben ...

The End


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