Title: Between Love and Violence
Author: Tegan

Fandom: Highlander – The Series
Rating: NC-17
Category: Drama, Fight
Characters, Pairing: Duncan, Kronos, Silas, Caspian, Methos / Selene (eig. Char.)

Summary: Selene gerät in die Gefangenschaft der vier apokalyptischen Reiter. Doch nach einiger Zeit verändert sich ihr Verhältnis zu Methos. Er beginnt über sein Leben nachzudenken, was Kronos nicht sehr gefällt ...

Disclaimer: Die Charaktere von Highlander – The Series gehören nicht mir, sondern der Davis/Panzer Productions und anderen. Diese Story ist FanFiction mit der weder Geld verdient, noch Rechte verletzt werden sollen. Ich schreibe sie nur zu meinen Vergnügen.

Note: Dies ist die erste FanFiction, die ich überhaupt geschrieben habe. Und es ist dazu die erste Highlander-FanFiction. Ich habe sie jetzt akualisiert. Aber erwartet nicht soviel davon. Immerhin habe ich bei dieser Story noch herum experimentiert und kannte die Figuren von Highlander noch nicht so gut wie heute. Viel Spaß beim Lesen.


Between Love and Violence
written by Tegan
© 2000

~ 1. ~

Bronzezeit,
Irgendwo in der Wüste

Das Leben in der Wüste war nicht immer einfach. Doch die Menschen hatten sich an das rauhe und harte Leben dieser Art gewöhnt. Die Wüstenstämme beteten zu ihren Göttern und erledigten ihre täglichen Arbeiten. Das friedliche Leben wurde jedoch von vier Personen gestört. Die vier apokalyptischen Reiter brachten der Welt Terror und Tod, Angst und Schrecken. In der weiten, kargen Wüste regierten und bestimmten sie.

Überall, wo die vier Reiter des Bösen auch hinkamen, hinterließen sie den süßen Duft des Todes. Jeder Wüstenstamm hoffte, ihnen niemals zu begegnen. Niemand hatte je eine Begegnung mit diesen vier geheimnisvollen Reitern überlebt. Geschichten kursierten durch die Welt. Geschichten darüber, das sie nicht zu töten waren. Wenn man diesen Geschichten Glauben schenkte, dann waren sie unbesiegbar, unverwundbar. Sie schienen die Freunde des Todes zu sein ... denn sie erhoben sich aus dem Tod wieder und erwachten.

Die Zeiten waren nicht leicht – auch nicht für Selenes Stamm. Wie es jeden Tag ihre Aufgabe war, kümmerte sie sich um die Verletzten. Sie behandelte einen jungen Mann, der sich den Arm gebrochen hatte. Dschitan, der Heiler des Stammes, hatte ihr die Kunst des Heilens beigebracht. „Was ist passiert?“ erkundigte sich Selene mit einer Sorgenfalte in der Stirn. „Ich bin gestürzt als ich Holz eingesammelt habe“, erwiderte der junge Mann mit schmerzverzerrten Gesicht.

„So schlimm ist das nicht“, beruhigte Selene ihn mit einen leichten Lächeln. „Laß den Arm ruhig, strapaziere und beanspruche ich nicht. Dann bist du bald wieder völlig gesund. Dein Arm braucht viel Ruhe um sich zu erholen. Aber keine Sorge, es ist kein komplizierter Bruch“, erklärte sie. „Danke, du hast ein gutes Herz, Selene“, sprach der junge Mann, erhob sich und ging zu dem Zelt seiner Familie.

„Er hat recht“, sprach Dschitan hinter ihr. Er kam aus dem Zelt. Liebevoll blickte Dschitan seine Ziehtochter an. Er hatte Selene als Baby in der Wüste gefunden und bei sich aufgenommen. Noch immer war es ihm unverständlich, wer ein solch süßes Kind einfach in der Wüste aussetzte. Dschitan hatte Selene aufgezogen und ihr seine Gabe gelehrt. Er hatte ihr alles beigebracht. Von ihm hatte sie gelernt wie Verletzungen und Krankheiten zu behandeln waren. Und Dschitan sah ihr an, das es ihr Freude bereitete anderen Menschen zu helfen.

„Du wirst merken, Selene, das du nicht nur mit den Händen heilen kannst“, sprach Dschitan ruhig. „Was meinst du?“ Neugierig sah Selene zu ihm auf. „Du bist zu etwas größerem bestimmt, zu etwas mächtigeren. Eines Tages wird dir klar werden welche Macht in dir schlummert, Tochter“, teilte Dschitan ihr mit. Verwirrt blickte Selene ihn an. Wovon sprach er? Bevor sie ihn jedoch fragen konnte, was genau er meinte, wurden sie durch einen heftigen Lärm unterbrochen.

Am Horizont tauchten wir Reiter mit furchterregenden Masken auf. Heftig erbebte der Boden unter den kräftigen Donnern der Pferdehufe. In heller Aufruhr und vor Angst liefen die Menschen von Selenes Wüstenstamm durcheinander. Sie wußten nicht, in welche Richtung sie fliehen sollten. „Wer sind diese Reiter?“ fragte Selene mit zitternder Stimme. Sie spürte, das diese Reiter gekommen waren, um ihren Stamm etwas böses anzutun. „Sie sind die Reiter des Todes“, erwiderte Dschitan ernst.

Er wandte sich Selene zu. Sie sah in seinen Augen eine Angst, die ihr bei ihm fremd war. „Lauf, Selene, lauf“, forderte er. „Nein, ich laß dich nicht zurück. Ich laß meinen Stamm nicht in Stich“, erwiderte Selene energisch. „Du mußt, Tochter! Tust du es nicht ... wirst du sterben. Diese Welt braucht deine besondere Gabe zu heilen. Sie braucht dein gutes und reines Herz. Also geh!“ Verneinend schüttelte Selene den Kopf. Sie wollte ihren Stamm – der ihre Familie war – nicht mit der Gewißheit verlassen, das sie alle sterben würden.

„Tue es mir zuliebe“, bat Dschitan sanft, aber doch befehlend. „Ich will nicht, daß dir etwas zustößt. Du darfst diesen Bestien in Menschengestalt nicht zum Opfer fallen.“ Durchdringend sah er sie an. Zögernd willigte Selene ein. Entsetzt sah sie, wie die vier Reiter ihre Schwerter – einer hatte eine Axt – zogen und die unschuldigen Menschen ihres Stammes einfach abschlachteten. Ein letztes Mal umarmte Dschitan seine geliebte Ziehtochter und Selene folgte seiner Aufforderung zur Flucht.

Mutig trat Dschitan den vier Reitern der Apokalypse entgegen als diese ihre Pferde vor ihm zügelten. „Verschwindet von hier! Wir haben nichts, was euch von Nutzen wäre“, sprach Dschitan mit kräftiger Stimme. „Du wagst es uns Befehle zu erteilen, Wüstenratte? Hast du eine Ahnung, wen du vor dir hast?“ sprach einer der Männer drohend. Er zog seine Maske vom Gesicht und Dschitan erkannte, das es der war, der Kronos gerufen wurde und als Anführer der vier Reiter galt.

„Ich weiß, wer Ihr seit. Doch es ändert nichts an unserer Lage. Wir haben nichts für euch“, sprach Dschitan so mutig, wie er es aufbringen konnte, doch seine Stimme zitterte leicht. „Ihr habt sehr wohl etwas, was wir wollen“, erwiderte Kronos grinsend. „Und was wäre das?“ „Euer Leben“, sprach Kronos. „Und schöne Mädchen“, fügte Methos hinzu, der Selene entdeckt hatte. Er lenkte sein Pferd in ihre Richtung und ritt im wilden Galopp hinter ihr her. „Laßt sie in Ruhe“, schrie Dschitan verzweifelt. Er bangte um das kostbare Leben seiner Ziehtochter, die er über alles liebte.

Doch Dschitan hatte keine Möglichkeit sie zu retten oder vor dem weiteren Verlauf ihres Lebens zu beschützen, da Kronos ihn brutal niedermetzelte. Und während die Drei sich an das Vergnügen machten, die Menschen dieses unbedeutenden Wüstenstammes zu töten, folgte Methos Selene. Sie hörte das Wiehern hinter sich und blickte sich kurz zum. Selene riß die Augen auf und sah den Reiter, der sich ihr schnell näherte.

So leicht würde Selene es ihm nicht machen. Sie versuchte ihm zu entkommen, obwohl sie ahnte, das es zwecklos war. Immerhin war er mit einen Pferd unterwegs. Sie hatte keine Chance. Mit dem Pferd hatte Methos sie schnell eingeholt und fing sie nach einigen Metern Verfolgung ab. Mit einer raubtierhaften Bewegung stieg er aus dem Sattel und nahm langsam seine Maske ab. Er wollte, das sie sein Gesicht sah und lernte, es zu fürchten.

„Wohin so schnell, holde Schönheit?“ spottete Methos und er kam auf sie zu. Mit dem Mut der Verzweiflung – so leicht wollte sie sich nicht unterkriegen lassen – schlug Selene zu. Sie verpaßte Methos einen Schlag mitten ins Gesicht. Er zuckte unter ihrem Schlag nicht einmal zusammen, sondern blickte sie stumm an. Dann holte er aus und schlug als Lektion hart zurück. Niemand – vor allem keine Frau – hatte es je gewagt ihn zu schlagen. Und für diese Unverfrorenheit würde sie bitter bezahlen.

Irgendwie verhakten sich Selenes Finger in Methos‘ Mantel und die Beiden stürzten zu Boden. Sie rangen im Sand miteinander. Methos hatte sie bald unter Kontrolle und saß über ihr. Er blickte auf sie herab. „Was wollt Ihr von mir?“ fauchte Selene. „Tja, was werde ich wohl wollen? Du bist äußerst schön. Dein langes, goldblondes Haar, deine grünen Augen, diese schlanke Figur ... Was würde ein Mann meines Kalivers wohl von einen weiblichen Geschöpf wie dir wollen?“ fragte Methos herausfordernd und er wollte in ihr langes, volles Haar greifen.

Doch Selene schaffte es, eine Hand zu befreien, und seine abzuwehren. Daraufhin schlug Methos erneut zu. Er packte sie bei den Handgelenken und hielt sie über ihren Kopf zusammen. Dann beugte er sich über sie, so das sein Atem ihr Gesicht streifte. „Dir werde ich deine Frechheiten, die du dir soeben erlaubt hast, noch austreiben. Ich bin Methos. Es ist deine Bestimmung mir zu dienen, vergiß das niemals“, sprach er gefährlich. „Lieber sterbe ich“, zischte Selene.

„Du hast gar keine andere Wahl, meine Schöne. Du wirst mit mir kommen und solange bei mir bleiben wie ich Gefallen an dir habe und ich schätze, ich werde sehr lange Interesse an dir haben. Wir beide werden noch viel Spaß miteinander haben“, sprach Methos und ließ seinen Blick über ihren Körper gleiten. Er erhob sich und kniete sich neben sie. Seine Hand schob ihr Kleid ein Stück höher und glitt an ihrem Bein entlang. Seine Berührung war hauchzart, aber auch bestimmend.

Gequält schloß Selene die Augen und wandte das Gesicht. Zufrieden registrierte Methos ihre Reaktion. „Du wirst dich an mich gewöhnen müssen. Wenn du es tust, wird es dir leichter fallen, mit mir zu leben. Wie lautet dein Name?“ fragte er. „Selene.“ „Selene – ein schöner Name. Gewöhne dich schnell an mich, Selene, denn wie gesagt, du wirst eine lange Zeit das Lager mit mir teilen.“ Es war ihm ernst, das sah Selene an dem Ausdruck in seinen Augen. Nie werde ich seine Dienerin, dachte sie entschlossen. Sie war in dieser – für sie – aussichtslosen Situation zu allem bereit.

Selene wußte, sie konnte Methos nicht töten. Selbst wenn sie es tat, er würde wieder aufwachen. Dschitan hatte ihr schon ein paar Mal von den vier Reiter des Todes erzählt. Er hatte ihr erzählt, das sie unsterblich seien. Anders sei die Tatsache, das sie immer wieder vom Tod erwachten, nicht erklärbar. Selene wußte, was sie zu tun hatte. Und sie war für diesen Schritt bereit. Sie war eine starke Frau, zweifelte aber daran, das sie dieses Leben ertragen konnte. Irgendwann würde Methos ihren Willen brechen. Doch das würde sie zu verhindern wissen.

Einen Moment paßte Methos nicht auf. Ihm entging das entschlossene Aufblitzen in Selenes Augen. Blitzschnell richtete sich Selene auf und griff nach dem Messer, das in Methos‘ Gürteltasche steckte und stieß es sich ohne zu zögern in den Bauch. Blut quoll aus der Wunde und Selene stöhnte schmerzhaft auf. Doch ihr war dieser Weg lieber als das Leben, das sie bei Methos erwartete. Sie sackte in sich zusammen und starb.

Überrascht blickte Methos auf das Messer, dann schüttelte er leicht den Kopf. Er zog das Messer aus dem Fleisch und steckte es in seine Gürteltasche zurück. „Dummes Mädchen“, sprach er amüsiert. „Nicht einmal der Tod kann dich vor mir bewahren.“ Er beugte sich über die Wunde und begutachtete sie. Die Wunde war tief und es war ein gewaltsamer Tod gewesen. Methos kannte ihre wahre Natur. Wie er war sie unsterblich. Und somit würde sie wieder aufwachen. Er wußte, es konnte dauern, bis sie erwachte – beim ersten Tod brauchte das eine gewisse Zeit. Also hob er sie auf sein Pferd, schwang sich in den Sattel und ritt ins Reiterlager zurück.

~ 2. ~

Reiterlager

Methos‘ Brüder waren schon seit einiger Zeit von ihrem Streifzug zurück gekehrt und feierten ausgelassen ihren erfolgreichen Kampf als Methos sein Pferd zum stehen brachte. „He, Methos, wo warst du den solange?“ rief Kronos vergnügt. „Ich mußte noch etwas einfangen und bändigen“, erklärte der Tod unter den vier Reitern ruhig. Geschmeidig glitt er aus dem Sattel. „Ein neuer Fang?“ „Ja, ein ziemlich wilder Fang, wenn du mich fragst.“ Methos hob Selene von seinen Pferd und brachte sie in sein Zelt.

„Die Kleine ist süß“, kommentierte Kronos als er einen Blick auf Selene warf. „Willst du sie mir nicht mal borgen?“ „Vergiß es, Kronos“, lachte Methos. „Ich habe sie eingefangen. Diese kleine Wildkatze gehört mir.“ „Hat sie dir Probleme gemacht?“ „So kann man es auch nennen. Zuerst hat sie mich geschlagen, dann hat sie mit mir gekämpft und zum Schluß hat sie sich mit meinen Messer für eine Weile ins Reich der Ohnmacht befördert.“ „Und was hast du getan?“ „Gar nichts. Das hat sich von allein erledigt. Sie wird wieder aufwachen“, grinste Methos. „Unsterblich?“ „Ja.“ „Was hat die Frau doch für ein Glück“, spottete Kronos und er kehrte zu Caspian und Silas zurück. Methos lachte kurz und ging zu Selene zurück. 

Methos versuchte vergeblich Selene aufzuwecken. Es gelang ihm einfach nicht und zerrte augenblicklich an seinen Nerven. „Dann muß ich wohl etwas nachhelfen“, seufzte er und hob sie hoch. Er trug sie aus dem Zelt zum Fluss. Am Ufer ließ er sie hinunter und tauchte sie im seichten Wasser ein. Nach wenigen Sekunden fing Selene wild zum zappeln an. Ein deutliches Zeichen dafür, das sie wieder wach war. Methos ließ sie los und Selene schnappte panisch nach Luft.

„Willkommen unter den Lebenden, Süße“, grinste er breit. „Willst du mich umbringen?“ rief Selene aufgebracht. Methos blickte sie amüsiert an. Ihr Haar klebte naß an ihr und Wassertropfen rieselten auf ihre Kleidung. Er sah über die Tatsache, daß Selene ihn duzte, für den Moment hinweg. Er würde schon noch auf seine Kosten kommen. Die Nacht würde noch äußerst interessant werden. Selene würde schon noch zu dem Vergnügen kommen, das Lager mit ihm zu teilen und an seinen speziellen Spielen teilhaben zu dürfen.

„Das war gar nicht nötig. Das wolltest du schon selbst erledigen, mein Mädchen.“ Methos erhob sich und streckte Selene die Hand entgegen. Sie zögerte, nahm dann jedoch seine Hand und half ihr auf. Erst jetzt wurde ihr klar, was er mit seiner Anspielung gemeint hatte. Sofort glitt ihr Blick zu ihrer Wunde. „Meine Wunde? Sie ist weg. Aber ... wie ist das möglich? Ich müßte doch tot sein“, sprach sie verwirrt. Ihr Blick fiel auf Methos, der ganz ruhig vor ihr stand und ihr Reaktion auf die Tatsache, das sie noch lebte, beobachtete.

„Wie du siehst, bist du es nicht“, erwiderte er. „Aber wie ... ist das möglich? Ich verstehe nicht.“ „Du lebst, weil ich es so wollte. Und du wirst weiterleben – solange du mir gefällig bist“, sprach Methos und er griff wieder in ihr Haar. Erneut wiederholte sich die Szene von vorhin. Selene stieß seine Hand zurück. Nun reichte es Methos. Er besaß sowieso nur einen Funken Geduld, aber nun war das Faß voll.

Er zog Selene an sich und zückte seinen Dolch, den er ihr gegen die Kehle preßte. „Hat dir das Sterben so gut gefallen, mein Mädchen? Willst du es noch einmal erleben? Wenn nicht, dann hör gut zu und merke es dir: Entweder du läßt dich von mir freiwillig zähmen oder ich werde ein wenig nachhelfen müssen“, teilte er ihr scharf mit. „Dann tue es doch. Bring mich um“, forderte Selene entschlossen. Für einen Moment war Methos wirklich überrascht. Er war noch keinen Menschen – schon gar keiner Frau – begegnet, der ihm so dermaßen die Stirn geboten hatte. Ihre Zähmung würde ein reinstes Vergnügen werden.

Methos lachte bitter. „Das hat keinen Zweck, denn du würdest wieder aufwachen. Ich kann dich von den Toten zurückholen. Ich kann dich ins Leben zurück bringen und genau das werde ich jedesmal tun, wenn du stirbst. Ich weiß nicht, ob du mutig oder einfach nur töricht bist, das du dich mir gegenüber so verhältst, aber ich rate dir, ändere dein Verhalten. Noch etwas: Lauf nicht vor mir davon. Es würde dir nicht viel helfen. Ich würde dich doch finden und zurückholen und dann erlebst du eine so grausame Strafe, das du dir wünschen wirst, mir niemals begegnet zu sein“, drohte Methos.

„Das wünsche ich mir schon jetzt“, zischte Selene. Methos ignorierte ihren Kommentar und ließ die Spitze des Dolches über ihr Kleid gleiten. „Wir sollten anfangen dich zu zähmen“, schlug er ihr übertrieben freundlich vor und packte sie bei den Armen. „Nein, niemals! Ich werde mich dir niemals ergeben“, rief Selene heftig und sie setzte sich zur Wehr. Methos drehte sich um und schlug zu. „Hör auf zu schreien! Ich gebe dir einen guten Rat: Tue, was dir von mir befohlen wird – ohne Fragen und ohne Geheul. Ansonsten wird dir nicht gefallen wie ich dich zähme. Ist das klar?“ Selene nickte eingeschüchtert. Für diese Sekunde hatte er sie unterworfen, aber Methos war klar, ihr Wille war noch lange nicht gebrochen.

In seinen Zelt angekommen wich Selene zurück. Doch wohin sollte sie fliehen? Sie war gefangen. Langsam legte Methos seine Waffen und seinen Umhang ab. Dann machte er einen Schritt nach vorne und seine Finger bohrten sich in ihre Oberarme. „Du wirst nur meinen Körper bekommen, aber niemals mich“, fauchte Selene. Vielleicht war sie wirklich töricht, aber sie konnte nicht anders. Sie konnte nicht einfach aufgeben. Das paßte nicht zu ihr.

„Ich will auch nicht mehr als deinen Körper“, erklärte Methos ihr. Lustvoll ließ er seinen Blick über ihre Kurven gleiten. Er spürte, wie Selene heftig erzitterte. Auch wenn sie es nicht zeigte, hatte sie doch Angst vor ihm. Er konnte es in ihren Augen lesen. „Bitte nicht“, flehte sie und leicht lösten sich Tränen von ihren Augen. „Hör auf zum heulen! Du hast keinen Grund dazu. Nach so einen Tag will ich ein wenig Spaß und den wirst du mir geben.“ „Niemals“, widersprach Selene.

Methos wußte, das es schwer werden würde, sie zu zähmen. Die Frauen solcher Normadenstämme hatten einen unglaublichen Willen, das war ihm bekannt. Doch besonders diese hier würde es ihm schwer machen, wo sie nur konnte. Sie würde sich ihm nicht so leicht ergeben, daß hatte sie ihm deutlich gezeigt. Methos zweifelte jedoch nicht daran, das er – der Tod der vier Reiter – auch ihren Willen brechen würde. Bis jetzt hatte er noch jeden Stolz gebrochen.

Und es würde ihm ein besonderes Vergnügen bereiten Selenes Willen zu brechen und ihr Feuer zu löschen. Aber damit würde er sich Zeit lassen. Ihr wildes, ungezähmtes Feuer – ihre Gegenwehr – törnte ihn auf eine bestimmte Art und Weise an. Mit dieser Wildkatze würde sein spezielles Spiel mehr Spaß machen als alles andere. Methos wollte ihre Gegenwehr ein wenig genießen, bevor er sie durchbrach.

Er drückte Selene auf das Felllager zurück. Sie wehrte sich mit Händen und Füßen. So leicht wollte sie es ihm nicht machen. „Wehr dich ruhig, meine Schöne! Es wird dir nichts nützen. Ich bekomme doch, was ich will – auf den einen oder anderen Weg“, sprach Methos ungerührt. Mit einer einzigen Bewegung riß er ihr das Kleid von den Schultern, so das sie nackt vor ihm lag. Methos nahm sich Zeit sie zu betrachten. Seine Wahl war richtig gewesen.

Auf den ersten Blick hatte er bemerkt das Selene schön war. Methos ließ seine rechte Hand über ihre Beine bis zu ihrem Gesicht hinauf gleiten. Mit der anderen Hand hielt er ihre Arme über ihren Kopf zusammen. Gequält schloß Selene die Augen als er an ihren Lippen entlang strich. Dann spürte sie, wie sich Methos über sie beugte und hinter den Kissen nach etwas suchte. Verwundert öffnete sie die Augen. Wonach suchte er?

Bevor Selene reagieren konnte, hatte Methos ihr die Arme mit einen Seil zusammen gebunden. „So habe ich mehr Freiheiten und es ist sehr viel angenehmer“, grinste er breit als er ihre Verwunderung sah und mitbekam, wie sie an den Fesseln zog. Doch sie unterließ diese Versuche bald, nachdem sie bemerkte, daß das Seil sich bei jeder Bewegung enger um ihre Handgelenke schloß. Methos begann, sein Spiel fortzusetzen. Es war das Spiel, das ihm so sehr gefiel; von dem er nicht genug bekommen konnte.

Methos wollte sehen wie sie litt, wie langsam ihr Wille starb und ob sie dann noch soviel Stolz besaß, diese Demütigungen mit Würde zu ertragen. Er täuschte sich nicht in ihr. Obwohl sie lange kämpfte, wurde ihr bald klar, das sie diesen Kampf nicht gewinnen konnte. Aus ihren Mut wurde Verzweiflung. Und ihre verzweifelten Schreie verstummten irgendwann in der tiefen, dunklen Nacht. Auch Selenes Willen brach Methos in der ersten Nacht ...

~ 3. ~

Durch ein Geräusch fuhr Selene am nächsten Morgen aus ihren unruhigen Schlaf. Sie blickte zu Methos auf, der sich gerade anzog. An den ängstlichen Ausdruck in Selenes Augen, sah er, das er sein Ziel erreicht hatte. Ihre Frechheiten hatte er ihr ausgetrieben. Ein selbstgefälliges Lächeln huschte über seine Lippen. „Du solltest dich frisch machen. Du siehst scheußlich aus. Und das dulde ich nicht. Meine Mädchen sollen schön aussehen“, sprach er, als wüßte er nicht, was er böses getan hatte.

Ohne ein weiteres Wort schnitt er mit seinen Dolch die Fesseln durch und ließ sie allein. Selene brauchte Zeit, um zu verstehen was geschehen war und sich zu sammeln. Sie sagte sich, das sie verkraften würde, was er ihr angetan hatte. Doch in derselben Sekunde zweifelte sie selbst daran. Selene verspürte keine Kraft mehr in ihrem Körper. Sie versuchte, aufzustehen, doch es gelang ihr nicht. Kraftlos sank sie zu Boden und ließ ihrem Schmerz freien Lauf. Verzweifelte Tränen bannten sich einen Weg über ihr Gesicht.

Auf einmal spürte Selene eine warme, zierliche Hand auf ihrer Schulter. Es war eine sanfte, beruhigende Berührung. Also konnte es Methos nicht sein. Langsam blickte sie auf und sah in das Gesicht eines jungen Mädchens. „Ich weiß, er ist eine menschliche Bestie“, sprach die Fremde tröstend und legte Selene eine Decke um die Schultern, damit sie sich ein wenig wärmen konnte.

„Wer bist du?“ fragte Selene mit zitternder Stimme. „Ich bin Leonnore. Ich bin die Sklavin von Kronos, dem Anführer der vier Reiter. Man hat mir befohlen, daß ich mich ein wenig um dich kümmern soll.“ „Worum sollst du dich kümmern? Das ich nicht auf dumme Gedanken komme?“ sprach Selene bitter. „Es tut mir leid. Ich weiß, was er dir angetan hat.“ „Woher?“ „Auch mich hat Methos entführt. Aber er hat bald das Interesse an mir verloren und mich zu Kronos abgeschoben. Kronos ist zwar auch böse, aber ...“ Sie zuckte schwach mit den Schultern. Leonnore wußte nicht, wie sie das erklären sollte. Kronos war ja nicht viel besser als seine rechte Hand.

„Du mußt stark sein“, sprach sie statt dessen zu Selene. „Wie soll ich das durchhalten? Gestern hatte ich noch einen Lebenswillen. Davon ist jetzt nicht mehr viel übrig“, flüsterte sie. „Du mußt es einfach sein. Nur wenn du stark bist hast du eine Überlebungschance, glaube mir! Bist du nicht stark, wird Methos dich auf die grausamste Art, die es gibt, töten.“ „Und welche Art ist das?“ „Ich kann es dir nicht sagen. Man hat es mir verboten. Komm, du solltest dich anziehen und dich waschen“, wechselte Leonnore das Thema.

„Ich habe kein Kleid mehr zum anziehen“, teilte Selene ihr mit. „Hier, das ist eines meiner Kleider. Es wird dir sicher passen“, sagte Leonnore und reichte ihr ein blaues Kleid aus dünner Seide. „Viel verdeckt das ja nicht“, bemerkte Selene trocken, doch es wunderte sie auch nicht. „Diese Männer lieben es, ihre Sklavinnen in solchen Kleidern zu sehen. Zieh es einfach und verliere kein Wort darüber. Das ist das Beste, das du tun kannst“, seufzte Leonnore. Sie selbst fühlte sich in diesen Kleidern auch nicht wohl, aber sie hatte keine andere Wahl.

Das besagte Kleid hatte dünne Träger aus einem goldenen Band und es verdeckte das Nötigste des weiblichen Körpers. Der blaue Stoff war dünn. Darunter konnte man die Beine erkennen. Um die Taille baumelte ein goldenes Band. Widerwillig zog Selene es an. „Du solltest dich waschen“, sprach Leonnore. Obwohl man keine Spuren an ihrem Körper sah, war Selene noch etwas wacklig auf den Beinen. Das war ein deutliches Zeichen dafür, wie brutal Methos in der letzten Nacht vorgegangen war.

Mit Leonnore an ihrer Seite verließ Selene das Zelt. Die grelle Sonne blendete sie für einen Moment. „Dort drüben ist der Fluss.“ „Ich weiß. Ich habe schon mit ihm Bekanntschaft gemacht.“ „Soll ich dir helfen?“ fragte Leonnore besorgt, weil Selene darauf bestand, sich nicht stützen zu lassen. „Auch mir ging es so nach der ersten Nacht mit Methos.“ „Wie ging es dir – nach der Nacht mit mir?“ sprach Methos auf einmal hinter ihnen interessiert. Leonnore schrak bei der Stimme zusammen. Die beiden Frauen drehten sich um. Da stand Methos – in Begleitung von Kronos.

Angst überhäufte Leonnore. Sie wußte, ihr Herr hatte alles gehört. Und an seinen grimmigen Gesichtsausdruck war ihr auch die Strafe klar, die sie zu erwarten hatte. „Ich ... ich ...“, stammelte sie. „Kronos, du solltest dein Weib besser unter Kontrolle haben. Sie sollte achtgeben, was sie erzählt. Deine Kleine scheint ein Schandmaul zu haben. Ich will nicht, das sie meinen Mädchen einen Blödsinn ins Ohr setzt.“ Scharf blickte Kronos seine Sklavin an. Leonnore drückte kurz Selenes Hand. Dann ging sie mit Kronos in sein Zelt um ihre Strafe entgegen zu nehmen.

Betreten sah Selene zu Boden. Ein Lächeln huschte über Methos‘ Lippen. In ihren Augen konnte er lesen, das sie vor ihm Angst hatte, aber ein wenig von ihren wilden Feuer brannte noch in ihr. „Das Kleid steht dir“, kommentierte er als er zu ihr ging. „Wie fühlst du dich?“ „Soll ich darauf wirklich eine ehrliche Antwort geben?“ fragte Selene spitz. Methos war ihr so nah, das nicht einmal mehr ein Sandkorn zwischen ihnen Platz hatte.

Er beugte sich zu ihr und flüsterte einschmeichelnd: „Gib auf deine Wortwahl acht, mein Mädchen. Du solltest lernen mir mit Respekt gegenüber zu treten. Also ich fühle mich ausgezeichnet. Die letzte Nacht hat mir anscheinend neue Kraft gegeben. Und jetzt antworte mir. Wie fühlst du dich?“ „Das sieht man doch. Ich kann mich kaum rühren ... Herr“, erwiderte Selene bissig. Das ‘Herr‘ sprach sie mit soviel Verachtung aus, die in ihr schlummerte.

Methos legte seinen Arm um ihre Taille und zog sie leicht an sich. „Du bist ehrlich, daß gefällt mir. Ich hätte dir nicht zugetraut, das du es nach dieser Nacht noch wagst, mir die Stirn zu bieten. Ich sehe in deinen Augen, das dein Wille gebrochen ist. Aber dein Feuer ist noch da.“ Selene ertrug seine Berührung nicht. Methos hingegen schien es sogar noch zu gefallen, wenn sie gequält die Augen schloß. Langsam strich seine Hand abwärts. „Ich sollte dir eine kleine Ruhepause gönnen. Schließlich will ich kein Unmensch sein. Du solltest dich waschen gehen“, sagte er und deutete auf den Fluss.

Selene ging zum Fluss und ließ sich davor nieder. Methos nahm neben ihr am Ufer Platz und zog seinen Dolch aus der Gürteltasche, den er in seinen Fingern drehte. Selene versuchte, ihn zu ignorieren, aber das war nicht so einfach. Obwohl er sich mit seinen Dolch beschäftigte, ließ er sie nicht aus den Augen. Mit wachsamen Blick beobachtete er sie. Sein Blick war ihr äußerst unangenehm. Reichte es nicht, was er ihr angetan hatte? Mußte er sie auch noch so anstarren als wäre sie bloß sein Eigentum und kein vollwertiger Mensch?

Doch die Sehnsucht, sich zu waschen, war einfach größer. Es war nicht nur der Schmutz, der auf ihr haftete, sondern auch der Dreck, den Methos an ihr hinterlassen hatte. Aber Selene wußte, diesen Schmutz würde sie nie von ihrem bekommen – egal wie lange und wie intensiv sie sich auch waschen würde. Sie zwang sich dazu sich zu waschen – auch wenn Methos sie beobachtete. Langsam ließ Selene ihre Hände in das kühle Wasser gleiten.

Es tat so gut das kühle Wasser auf ihrer Haut zu spüren, bei der sie das Gefühl hatte, sie würde in Flammen stehen. Es machte sie nervös das Methos neben ihr saß. Das Zittern ihrer Hände verriet deutlich den Zustand ihrer aufgewühlten Gefühle. Auf einmal spürte Selene, wie Methos‘ Messer ihren Rücken hinunter strich und bei ihren Beinen endete. Sie spürte, wie er mit dem Messer ihr Kleid ein wenig höher schob. Doch Selene zwang sich selbst dazu, sich nichts anmerken zu lassen.

So stolz wie es ihr möglich war, drehte sie sich um und erhob sich. „Fertig?“ „Ja.“ „Gut. Es gibt da noch einige Dinge, die wir besprechen müssen – in meinen Zelt“, teilte er ihr mit. Bei seinen Worten zuckte Selene zusammen. Auffordernd blickte er sie an und sie folgte ihm zögernd in sein Zelt. Sie rechnete fest damit, das er nun dort weitermachen würde, wo er in der Nacht zuvor aufgehört hatte.

Doch als sie ihm gegenüberstand, war dem nicht so. „Ich reite jetzt fort. Aber zuerst erkläre ich dir noch deine Pflichten.“ „Meine Pflichten?“ fragte Selene verwundert. Damit hatte sie nun nicht gerechnet. „Aber natürlich, meine Schöne“, erwiderte Methos scheinheilig. „Du wirst mein Zelt in Ordnung halten, dich um mein Essen und meine Kleidung kümmern. Eine Pflicht hast du ja schon letzte Nacht gelernt – mit mir das Lager teilen. Solltest du auch nur eine einzige Pflicht nicht so erfüllen, wie ich das erwarte, dann wirst du bestrafst. Ist das klar?“ Selene nickte leicht. „Gut, wenn ich wieder komme, will ich, das frische Wein bereitsteht und ... natürlich du.“ Mit diesen Worten verließ Methos das Zelt.

„Du kreuzt ja auch wieder auf! Na, was macht dein neues Spielzeug?“ lachte Caspian als er sich auf sein Pferd schwang. Methos griff nach den Zügeln seiner weißen Stute. „Sie macht mir doch ein wenig mehr Ärger als ich zuerst angenommen habe.“ „Ich glaubte immer, du liebst Feuer?“ „Das tue ich, aber Selene hat vielleicht ein wenig zuviel Feuer. Doch keine Sorge, das bringe ich auch noch zum erlöschen“, sprach Methos und er schwang sich in den Sattel. Dann jagten die vier Reiter davon ...

Selene blickte den vier Reitern nach. Ein leiser Seufzer entrang sich ihrer Kehle. Sie war froh, das Methos für ein paar Stunden verschwand. Sie brauchte Zeit, um sich von den Verletzungen zu erholen, die er ihr beigebracht hatte. Es waren nicht die Verletzungen ihres Körpers – da hatte sie keine, was sie nicht verstand – sondern die Wunden ihrer Seele. Er hatte sie tief in ihr zerrissen. Selene würde nie mehr der Mensch sein, der sie einmal gewesen war.

Sie wandte sich ab und begann ihren Pflichten nachzukommen. Sie wollte sich Methos nicht beugen, aber sie wußte, sie hatte keine andere Wahl. Sie hatte Angst vor Methos‘ Strafe, wenn sie nicht tat, was er von ihr erwartete. Selene hatte all ihre Aufgaben bald erledigt und als sie sich für einen Moment auf das Felllager setzte, spürte sie die Müdigkeit, die sie schon den ganzen Tag mit sich herumtrug. Erschöpft sank sie zurück und schlief ein.

Die Wüste versank schon in der dunklen Nacht als Methos wiederkam. Er kam nicht sofort in sein Zelt zurück, da ihr blutiger Erfolg noch gefeiert wurde. Nach einigen Runden Wein verabschiedete sich Methos jedoch von seinen Brüdern. Der Zelteingang schlug hinter ihm zu und Methos legte seinen Mantel sowie seine Waffen ab. Erst dann drehte er sich zu der schlafenden Selene um.

Im ersten Moment erfaßte Wut ihn. Wie konnte sie es wagen zu schlafen, wenn ihr Herr sich wieder im Reiterlager aufhielt? Durch einen kleinen Spalt im Zelt schien das Mondlicht auf Selenes Gesicht. Methos‘ Zorn verrauchte sofort. In diesen Augenblick sah sie wie eine leibhaftige Göttin aus. Methos mußte schwer schlucken um das Gefühl, das in ihm aufkam, nicht näher an sich ran zu lassen.

Methos kniete sich neben Selene und streckte zögernd eine Hand nach ihr aus. Er strich ihr eine Haarsträhne zurück, die in ihr Gesicht gefallen war. In diesen Moment kam ihm zum ersten Mal in den Sinn, das sein Leben eine falsche Richtung verlief. Vielleicht war er schon zulange in der Gesellschaft seiner Brüder. Was wäre aus ihm geworden, wenn er sich Kronos nicht angeschlossen hätte? Energisch schüttelte Methos den Kopf.

Er wollte nicht darüber nachdenken und legte sich neben Selene. Doch Methos konnte nicht schlafen. Seine Gedanken kreisten immer wieder um seine ganze Situation. Seit einigen Tagen beschäftigte ihn das. Doch so richtig bewußt wurde es ihm erst jetzt. Er mußte über seine Taten, über die Grausamkeiten nachdenken, die er begangen hatte. War es richtig was er hier tat? Methos‘ Blick glitt zu Selene, die friedlich neben ihm schlief und nichts von seiner Anwesenheit mitbekam.

Was war bloß los mit ihm? Hatte diese Frau etwas an sich, was sein schlechtes Gewissen hervorrief? War sie sein Schicksal? Würde sie wirklich seinen Weg ändern – so wie er es befürchtete? Methos schüttelte den Kopf. Dies waren zu viele, verwirrende Fragen, auf die er –keine Antwort kannte. Ohne sich dessen bewußt zu sein, zog Methos ein warmes Fell über Selene. Dann lehnte er sich zurück und versuchte selbst ein wenig Schlaf zu finden.

~ 4. ~

Niemand bemerkte, das sich etwas an Methos‘ Verhalten änderte. Er ließ die Zügel ein weniger lockerer. Die Einzige, die das bemerkte, war Selene. Doch ihr Angst vor Methos war inzwischen so groß, das sie nur noch sprach, wenn er sie etwas fragte. Wie jeden Abend aß Methos in seinen Zelt zu Abend. Doch diesmal forderte er von Selene ihm Gesellschaft zu leisten. „Erzähl mir von deiner Familie“, sprach er auf einmal.

„Was?“ Verwirrt blickte Selene ihn an. „Erzähl mir von deiner Familie“, wiederholte Methos seine Bitte. „Aber ... warum?“ „Es interessiert mich.“ „Meine Familie war Dschitan. Ich habe meine Eltern nie kennen gelernt. Dschitan vermutete, das sie umgebracht wurden. Und ich kann mir auch denken von wem“, sprach sie vielsagend und blickte Methos kurz an, doch der schien ihren Unterton einfach zu überhören. Irgendwann würde sie vielleicht die Wahrheit über ihre Natur erfahren und feststellen, das sie gar keine Familie hatte. Und er würde sie in diesen Glauben lassen. Es lag nicht bei Methos sie aufzuklären.

„Dschitan hat mich als Baby in der Wüste gefunden. Er hat mich bei sich aufgenommen und mich aufgezogen. Er liebte mich wie eine Tochter. Er hat mir sehr viel bedeutet. Für mich war er mein Vater, meine Familie“, sprach sie traurig. „Du hast eine neue Aufgabe in deinen Leben“, erwiderte Methos gleichgültig. „Dschitan meinte, ich wäre zu höherem bestimmt. Aber das ...“ Selene schwieg, als er ihr bewußt wurde, was sie gerade im Begriff war, zu sagen.

„Sprich weiter“, forderte Methos sie auf, der ihr Zögern bemerkte. Verneinend schüttelte sie den Kopf. „Warum nicht? Hast du Angst vor meiner Reaktion?“ fragte er amüsiert. „Ja, Herr“, bestätigte Selene leise. „Komm, sage mir, was dein Ziehvater sagte. Ich verspreche, das ich dir nichts tun werde“, sprach Methos nachdrücklich. Selene zweifelte an der Ehrlichkeit seiner Worte, gab jedoch nach, da sie Angst hatte von ihm bestraft zu werden, wenn sie es ihm nicht mitteilte.

„Das hier ... es kann nicht das sein wovon Dschitan sprach. Nein, etwas höheres ist das bestimmt nicht.“ Sie richtete ihren Blick auf den Boden, wagte es nicht Methos anzusehen. Doch ihre Angst war umsonst. Methos saß ruhig da und blickte sie an. „Warum solltest du das anders sehen als die Sklavinnen, die vor dir da waren? Es überrascht mich nicht“, meinte er und lehnte sich zurück. Selene sprang auf, nahm das Geschirr und ging damit nach draußen. „Perfekt gezähmt“, sprach er mit sich selbst. Er war mit dem Resultat seiner Zähmung sehr zufrieden. Sein Spielzeug war genau so wie er sich das vorgestellt hatte.

Auf einmal zerriß eine heller, verzweifelter Schrei die Stille im Reiterlager. Es war der Schrei eines Mädchens. Die Jungs amüsieren sich mal wieder, dachte Methos kopfschüttelnd. Zuerst hörte er nicht genauer hin, doch dann fuhr er hoch. „Methos!“ rief eine Stimme panisch. Die Stimme gehörte eindeutig Selene. Methos schnappte sich sein Schwert und stürzte nach draußen. Doch er konnte seine Sklavin nirgendwo entdecken. Hatte er sich das soeben bloß eingebildet?

„Suchst du deine Kleine?“ fragte Silas von seinen Zelt aus. „Ja, wo ist sie?“ „Kronos will ein wenig Spaß“, lachte Silas, dann verschwand er im Inneren seines Zeltes. Methos verdrehte die Augen. Ich hätte es mir denken können, daß das früher oder später passiert, dachte er. Methos hatte bemerkt, das Kronos Gefallen an Selene gefunden hatte. Es verwunderte Death auch nicht. Doch er würde sie nicht hergeben. Selene gehörte ihm, ihm allein. Methos machte sich auf den Weg zu Kronos‘ Zelt.

„Methos“, schrie Selene noch einmal. Daraufhin schlug Kronos sie nieder. Ein amüsierter Ausdruck lag in seinen kalten, fast leblosen Augen. „Glaubst du, bei ihm hast du es besser? Nein, Weib, gewiß nicht. Außerdem wird er dir nicht helfen. Du bist ihm völlig egal“, sagte er und ließ sich neben Selene nieder. Endlich hatte er das Mädchen für sich. Doch Kronos täuschte sich. Den Methos hatte sehr wohl etwas gegen das, was Kronos im Begriff war, mit Selene zu tun.

Der Anführer der vier apokalyptischen Reiter spürte auf einmal die scharfe Klinge eines Schwertes in seinen Rücken. „Selene ist noch immer mein Mädchen, Kronos. Ich habe dir nicht die Erlaubnis gegeben sie zu dir zu holen. Nimm eine deiner Sklavinnen und laß meine in Ruhe“, sprach Methos drohend. Langsam sah Kronos zu ihm auf. „Methos, was soll das? Tue das Schwert weg. Seit wann willst du nicht mehr teilen? Komm, wir vergnügen uns ein wenig mit ihr“, sprach er beschwichtigend und stand auf.

Methos warf einen Blick auf Selene. Verängstigt und aus großen, weit aufgerissenen Augen sah sie zu ihm auf. Stumm flehte sie ihn an sie zu beschützen. Sie war vollkommen verstört und Methos konnte ihre Angst förmlich greifen. In ihrer ersten Nacht mit mir war sie auch so, dachte er und diese Erkenntnis schockierte ihn. Methos wandte sich Kronos zu. Einen Augenblick starrten sie sich wortlos an.

„Selene ist mein Mädchen. Sie gehört mir allein. Geht das in deinen Schädel hinein?“ knurrte Methos mit scharfen, unnachgiebigen Blick. „Was ist los mit dir?“ fragte Kronos irritiert. So einen Aufstand hatte Methos noch nie gemacht, wenn sich Kronos eines seiner Mädchen geholt hatte. Im Gegenteil: Methos war es egal gewesen. Methos reichte Selene die Hand. Sie ergriff sie und ließ sich von ihm auf die Beine ziehen. Er spürte, das sie am ganzen Körper zitterte. „Wenn du sie noch einmal anrührst, ist hier der Teufel los“, drohte er Kronos und führte Selene in sein Zelt zurück.

Obwohl sie versuchte, stark zu sein, brach Selene doch weinend zusammen. Im ersten Augenblick wußte Methos nicht so recht was er tun sollte. Dann legte er sein Schwert beiseite und ließ sich langsam neben Selene auf dem Felllager nieder. „Komm, es ist ja nichts geschehen“, versuchte er sie halbherzig zu trösten. Methos hatte keine Übung darin eine weinende Frau zu trösten. Deshalb war sein erster Versuch auch nicht sehr gelungen. Methos wollte sie in die Arme nehmen – für ihn eine vollkommen neue Erfahrung -, doch Selene wandte sich ab.

Methos fühlte sich hilflos, wußte nicht, was er tun konnte um Selene zu beruhigen. So hatte er sich noch nie gefühlt. Eigentlich sollte er sie zurechtweisen sich nicht so anzustellen und zum heulen aufhören, aber das brachte er nicht über die Lippen. Methos wünschte sich nichts mehr als ihren Kopf an seine Brust zu ziehen und sie zu trösten. Was ist bloß los mit mir? fragte er sich zweifelnd. Sie sollte ihm noch heute Nacht ein Vergnügen bereiten, aber jetzt sträubte sich alles in ihm, sie dazu zu zwingen. Diesen Fehler wollte er nicht noch einmal begehen.

„Selene, es ist nichts geschehen. Beruhige dich“, sprach er leise. Doch die Tränen lösten sich noch immer von ihren Augen. Wieder streckte Methos seine Hand nach ihr aus und wollte sie in die Arme nehmen. Ihr Widerstand war nicht mehr so groß und er zog sie leicht an sich. Langsam und beruhigend strich er ihr über das Haar. „Ist ja gut. Kronos wird dir nie mehr zu nahe kommen, dafür werde ich sorgen.“ Lange Zeit saßen sie in stiller Eintracht da – solange, bis sich Selene beruhigt hatte. Ihr wurde klar, in wessen Armen sie lag und riß sich von ihm los.

„Tut mir leid, ich ...“, stammelte sie, doch Methos ließ sie nicht zu Ende sprechen. „Leg dich hin. Es ist spät.“ „Aber ...“ Selene verstand sein Verhalten nicht. Eigentlich hatte sie erwartete, das er ... Warum tat er es nicht? „Leg dich hin. Das ist ein Befehl“, sprach er. Seine Stimmlage war jedoch nicht so scharf wie gewöhnlich, sondern sanft, aber trotzdem bestimmend. Und er schenkte ihr ein warmes, fast schon gefühlvolles Lächeln. Verwirrt tat Selene, was er ihr befahl. Sie hielt dies für eine Falle, für eine neue Form seiner Spielchen. Doch nichts dergleichen kam. Methos sah sie einfach an wie sie einschlief.

Irgendwann überfiel auch ihn die Müdigkeit und er schlief ein. Er bekam nicht mit wie Selene aufwachte, leise aufstand und das Zelt verließ. Wenn es Nacht war und der Mond hoch über dem Reiterlager stand, war kein Geräusch zu hören. Es herrschte eine fast gespenstische Ruhe. Nur ab und zu gab eines der Pferde ein Schnaufen oder ein Wiehern von sich. Selene ging zum Fluss und ließ sich davor nieder. Sie versank in Gedanken und trug ihre Seele weit weg von diesen schrecklichen Ort.

Zur selben Zeit schreckte Methos aus seinem Schlaf hoch. Sein Unterbewußtsein schien zu spüren, das Selene nicht mehr da war. Instinktiv sah er neben sich und der Platz war tatsächlich leer. Sein erster Gedanke war, das Kronos sie erneut geholt hatte. Aber er konnte sich auch nicht vorstellen, das Kronos so selten dämlich war und eine Warnung Methos‘ einfach ignorierte. Das hatte er noch nie getan. Also wo war Selene hingegangen?

Methos trat aus dem Zelt und blickte sich um. Er entdeckte Selene am Fluss sitzen – in tiefer Antracht und Gebeten versunken, wie es schien. Methos beobachtete wie Selene zum dunklen, sternenklaren Himmel hochblickte. Lautlos näherte er sich ihr, wagte jedoch nicht, sie zu stören. Doch er stand nahe genug um ihre Worte mitzubekommen. Im Mondschein sah er ihr Gesicht von der Seite und erneut beschlich ihm das Gefühl, das sie wunderschön wie eine Göttin war.

„Warum, Ihr Götter, warum läßt Ihr zu, das er mich so quält?“ rief sie. Ihr verzweifelter Ruf verhallte unbeantwortet in der Dunkelheit. Methos wußte, über wen sie mit ihren Göttern – an die er nicht glaubte – sprach. Sie sprach über ihn, Methos. „Warum läßt Ihr das zu? Was habe ich böses getan? Was, das ich dieses Leid verdient hätte? War ich Euch nicht immer treu ergeben? Habe ich mich nicht immer an Eure Regeln gehalten? Ihr Götter, warum laßt Ihr mich einfach so in Stich? Ich ertrage es nicht mehr. Ich weiß nicht mehr weiter. Bitte, erlöst mich! Erlöst mich von diesen Monster“, bat Selene inständig.

Methos zuckte zusammen, so als hätte jemand ihn geschlagen. Er wußte, er war grausam. Aber er hatte nicht vermutet, das Selene ihn für ein Monster hielt. Sie hat recht. Was habe ich ihr bloß angetan? dachte er beschämend. „Ich habe nie nach diesen Leben verlangt. Es ist kein Leben. Ich bin eine Sklavin – werde geschändet und gequält. Mit meiner Freiheit verlor ich meinen Willen und mein Leben. Warum wurde ich auserwählt Methos zu dienen? Ich könnte ein schönes, freies Leben führen. Aber ich bin hier gelandet. Erlöst mich von diesen trostlosen Weg, den man nicht mehr als Leben bezeichnen kann. Was habe ich nur böses getan?“ fragte sie verzweifelt und sah noch immer zum Himmel entbor.

„Du hast gar nichts böses getan, sondern ich“, murmelte Methos. Selene fiel wieder in eine tiefe Konzentration und Methos ließ sie alleine. Sie mußte das mit sich selbst ausmachen. Doch ihre Worte hatten ihn nachdenklich gestimmt. „Was habe ich zerstört?“ fragte er sich als er sich wieder in sein Zelt begab. Eigentlich sollte er sie für diese Frechheit töten. Aber er konnte es nicht. Er war dazu nicht in der Lage. Methos beschloß, das was sich soeben zugetragen hatte, für sich zu behalten.

Würden es seine Brüder erfahren, würden sie von ihm verlangen, sie mit dem Tod zu bestrafen. Doch das würde Methos nicht zulassen. Seine Brüder brauchten nichts davon zu erfahren. Selene ist mein Mädchen und ich entscheide wann sie bestraft wird, dachte er. Methos konnte nicht mehr einschlafen. Selenes Worte hatten in ihm etwas wach gerüttelt. Sein Gewissen schien endgültig aktiviert worden zu sein. Leise kehrte Selene zurück und sie legte sich neben ihn. Sie nahm an, das er schlief, da er sich nicht rührte.

Sie spürte, wie Methos sich zu ihr drehte und ihr von hinten einen Arm um die Taille legte. Es war keine besitzergreifende Geste, sondern eine tröstende. „Es tut mir leid“, flüsterte er an ihrem Ohr. Selene schrak zusammen. Damit hatte sie nun nicht gerechnet. Hatte er etwa alles gehört, was sie da draußen gesagt hatte? „Ich wußte nicht, das du mich für ein Monster hältst.“ Sie wollte sich zu ihm umdrehen, doch Methos verhinderte dies. „Nein, ich will nicht, das du mich ansiehst“, wies er sie zurecht.

„Herr, ich ...“, sprach sie, doch er unterbrach sie. „Laß es, okay? Ich habe verstanden. Es ist ja auch nicht verwunderlich. Ich habe dir wirklich schreckliches angetan. Verzeih“, flüsterte er. Langsam bekam Methos Zweifel an sich selbst. Wer war er eigentlich wirklich? Und wieso redete er so einen Quatsch? Warum entschuldigte er sich bei seiner Sklavin für das, was sein Recht war, mit ihr zu tun?

Diese Worte fanden wie von selbst ihren Weg über seine Lippen. Zwischen ihnen herrschte Schweigen. Die Art, wie sie nebeneinander lagen, war für beide neu. Methos zog Selene ein wenig näher an sich und grub sein Gesicht in ihre Schulter. Sie lagen beide noch lange wach. Doch keiner der Beiden wagte es, diese Stille zwischen ihnen zu brechen. Vielleicht war zuviel zerstört worden und der Graben zwischen ihnen zu tief ...

~ 5. ~

Lautes Gebrüll weckte Selene am nächsten Morgen auf. Sie blickte neben sich. Doch Methos war nicht mehr da. Augenblicklich fiel ihr ein, was in der Nacht geschehen war. War das, was Methos gesagt hatte, wirklich sein Ernst gewesen? Sie konnte es sich nicht vorstellen. Plötzlich kam Leonnore ins Zelt gelaufen. „Was ist los?“ fragte Selene, die sah, wie aufgeregt Leonnore war. „Komm schnell! Methos und Kronos streiten sich.“ „Warum?“ „Wegen dir.“ „Wegen mir?“ wiederholte Selene verblüfft. Sie stand auf, strich ihr Kleid zurecht und folgte Leonnore nach draußen.

Mit einen Blick erkannte Selene, das ihre Freundin recht hatte. Mit gezogenen Schwertern standen sich Kronos und Methos gefährlich gegenüber. „Was ist geschehen?“ flüsterte Selene. „Als Kronos heute Morgen aufwachte und Methos am Lagerfeuer sah, ging er sofort zu ihm und fragte ihm, wie er das von gestern tun konnte. Und dann meinte er, Kronos, er ließe nicht zu, das Methos ihn vor einer Sklavin so bloßstellt. Ein Wort gab das andere und hier stehen sie nun. Was ist den geschehen, Selene?“ „Nicht so wichtig“, winkte Methos‘ Sklavin ab.

„Ich weiß nicht, was mit dir los ist, Death, aber komme – verdammt noch mal – wieder zur Besinnung“, forderte Kronos zornig. Das wunderliche und neue Verhalten seines besten Mannes gefiel ihm nicht. „Ich? Ich hatte nicht vor über deine Sklavin herzufallen“, sprach Methos spöttisch. „Und? Wir teilen alles, schon vergessen?“ „Es gibt Dinge, die teile ich nicht. Dazu gehört mein Schwert und Selene“, teilte Methos seinen Bruder mit Nachdruck mit, um seinen Standpunkt noch einmal klar zu stellen.

„Du weißt ja nicht mehr was du da sagst. Ist dir eigentlich klar, was du von dir gibst?“ knurrte Kronos zynisch. „Seit wann ist dir das Wohl einer Sklavin so wichtig? Hast du dich etwa verliebt?“ Für einen langen Augenblick erstarrte Methos; konnte nicht mehr reagieren. Hatte Kronos mit seiner spöttischen Vermutung ins Schwarze getroffen? Hatte er sich verliebt? Er konnte es nicht sagen, war sich seiner Gefühle selbst nicht mehr sicher. Dieses tiefe Gefühl, das man verspürte, wenn man liebte, war ihm fremd. Energisch schüttelte Methos den Kopf.

„Hast du den Verstand verloren, Kronos? Sie gefällt mir und ich will ihr Feuer allein genießen. So ein Geschöpf teilt man nicht gerne“, verteidigte sich Methos. „Du solltest nicht vergessen, wer du bist, Bruder. Du bist gerade dabei alles zu verraten, wofür wir stehen. Und wofür willst du all das verraten? Für so eine Hure! Die Kleine scheint dich verhext zu haben“, spuckte Kronos verächtlich seine Worte aus.

„Ich weiß ganz genau wer ich bin. Dafür brauche ich deine Hilfe nicht, Kronos. Außerdem ist Selene weder eine Hure, noch eine Hexe. Sie ist mein Mädchen und das ist auch schon alles. Wage es nie mehr meine Dienerin als Hure zu betiteln“, brauste Methos entrüstet auf. Kronos schüttelte den Kopf. „Du weißt nicht, wer du bist – jedenfalls in Moment ist dir das nicht klar. Komm endlich wieder zur Besinnung. Zerstöre uns nicht. Wir sind die Reiter der Apokalypse, vergiß das nicht!“ forderte der Anführer mit blitzenden Augen.

„Wie könnte ich das vergessen? Du erinnerst mich ja ständig daran“, spottete Methos bissig. „Aber du solltest wissen, Kronos, das es Dinge gibt, die ich mit niemanden teile, ist das klar? Das sind die Dinge, die ich nicht einmal mit dir teile, Bruder.“ Giftig blickten sich Kronos und Methos an. Der Streit drohte in eine Katastrophe auszuarten. Also schritt Caspian entschieden ein. „Jungs, beruhigt euch! Wir sind eine vereinte Gruppe und ... dieser Streit ist nicht gut für das Klima im Reiterlager. Damit untergräbt ihr unsere Autorität.“ Die Streithähne warfen sich noch einen bitterbösen Blick zu und zogen sich dann zurück.

„Er hat recht“, lenkte Kronos ein und verschwand in seinen Zelt. Er mußte sich jetzt abreagieren. Auch Methos drehte sich um und ging zu seinen gesattelten Pferd. „Selene, komm her“, rief er barsch. Sie war noch immer verwirrt über das, was sie gesehen und gehört hatte. Mit unsicheren Schritten trat sie zu Methos. „Ja, Herr?“ fragte sie zögernd. Ohne ein weiteres Wort hob Methos sie in den Sattel und schwang sich mit einer geschmeidigen Bewegung hinter sie.

Er griff nach den Zügeln und blickte auf Caspian hinab, in dessen Augen Verwunderung lag, über das, was Methos anscheinend vorhatte. „Sollte Kronos mich suchen, dann richte ihm aus, das ich heute Abend wieder da bin“, sprach Methos mit eisiger Stimme. Caspian nickte leicht. Er wagte es nicht, öffentlich auszusprechen, das Kronos recht hatte. In letzter Zeit verhielt Methos sich wirklich seltsam. Das er eine Sklavin zu einen Ausritt mitnahm, war ein eindeutiges Zeichen für Methos‘ Veränderung. Das hatte er noch nie getan.

Caspian verstand Kronos‘ Besorgnis. Wenn Methos sich änderte und sogar die Reiter verließ, würde Kronos seinen besten Mann und Strategen verlieren. Und das wollte Kronos auf jeden Fall verhindern. Methos gab seinen Pferd die Sporen und verschwand in einer bestimmten Richtung. „Darf ich fragen ... wohin wir reiten?“ fragte Selene leise. Nachdem letzte Nacht diese eine Sache zwischen ihnen vorgefallen war, faßte sie neuen Mut, obwohl ihr doch etwas mulmig dabei zumute war.

Methos hatte ihr von Anfang an eingetrichtert niemals Fragen zu stellen, sondern nur zu sprechen, wenn das Wort an sie gerichtet wurde. Sie sollte einfach tun, was er ihr befahl. „Wir reiten zu einer heißen Quelle“, teilte er ihr freimütig mit. „Sie liegt nicht weit von hier entfernt. In einen solchen Gebiet ist eine heiße Quelle etwas sehr ungewöhnliches. Man findet sie in der Wüste nur sehr selten. Du solltest sie sehen.“ Dann herrschte wieder Schweigen zwischen ihnen. Nach einer Viertelstunde hielt Methos bei dieser besagten Quelle an.

In dieser Gegend war sie wahrhaftig eine ungewöhnliche und atemberaubend schöne Erscheinung. Die Quelle lag im Schatten. Methos band sein Pferd an dem Baum an und legte sein Schwert neben der Quelle ab. „Zieh dich aus. Wir werden ein kleines Bad nehmen“, sprach er beiläufig während er sich entkleidete. Selene zuckte augenblicklich zusammen. Konnte es sein, das seine Freundlichkeit nur vorübergehend – nur gespielt – gewesen war? Hatte sie sich von ihm wirklich so täuschen lassen?

Methos hatte ihren Willen gebrochen, deshalb begann sie, ohne Widerspruch ihr Kleid auszuziehen. Methos hatte es sich in der heißen Quelle gemütlich gemacht und sah ihr dabei zu wie sie sich auszog. „Komm her! Komm zu mir“, forderte er sie sanft auf. Vorsichtig stieg Selene in die Quelle. Es war ein angenehmes, wohliges Gefühl das heiße Wasser um sich zu spüren. Doch sie hatte Angst vor dem, was Methos nun wieder vorhatte. Doch Methos griff sie nicht an, begann nicht eines seiner kranken Spielchen. Er sah sie eine lange Zeit einfach nur an.

In seinen Kopf spukte die Frage herum, was mit ihm los war und er hoffte, die Antwort ins Selenes Augen zu finden. „Massier mich“, befahl er ihr leise und wandte ihr den Rücken zu. Sie wußte, das er das sehr gerne hatte und so oft, wie es ihm möglich war, genoß. Selene begann seine verspannten Schultern zu massieren. Zufrieden schloß Methos die Augen. Seine Sklavin war eine wahre Zauberin, wenn es um das Massieren ging. Diese Gabe lag ihr im Blut.

Wenn er ihre zarten Hände – so wie jetzt – auf seiner Haut spürte, wurde ihm langsam klar, das er sehr wohl begann, sich zu verändern. Und Methos wußte, das die Antworten auf all seine Fragen bei Selene lagen. Vielleicht hat sie mich wirklich verhext, dachte Methos versonnen. Schweigend massierte sie ihn. Sie zog hastig ihre Hände zurück als Methos sich zu ihr umdrehte. „Habe ich etwas falsch gemacht?“ fragte sie sofort. Methos hörte den Anflug von Panik aus ihrer Stimme heraus.

„Nein, wie kommst du darauf?“ fragte er sanft. „Nun, Herr ...“ „Ich weiß“, unterbrach er sie. „Normalerweise genieße ich das länger, aber es gibt wichtigeres.“ Zärtlich blickte er sie an. So hatte Methos sie noch nie angesehen. Er strich ihr das nasse Haar zurück. „Habe ich dir schon einmal gesagt, das du schön wie eine Göttin bist?“ Verneinend schüttelte Selene den Kopf. „Dann wurde es aber langsam Zeit dafür. Selene, meine süße Göttin, es tut mir ehrlich leid, wie ich dich behandelt habe. Ich werde versuchen mich zu bessern. Du sollst nie mehr solche Qualen erleiden“, flüsterte er.

„Doch du mußt Geduld mit mir haben. Ich habe keine Erfahrung in solchen Dingen. Erst du lehrst mich das. Ich brauche Zeit um zu begreifen.“ „Methos, was ...“ Sie wußte nicht, wie sie sich ausdrücken sollte. Ihr war nicht einmal klar, das sie ihren Herrn mit seinen Namen ansprach. Lächelnd legte Methos ihr einen Finger auf die Lippen. „Schweig“, ermahnte er sie liebevoll.

Dann beugte er sich über sie und zog sie näher an sich. Ihre Lippen berührten sich. Sein Kuss war zaghaft und zärtlich. Man merkte, das er eine Frau noch nie auf diese Art geküßt hatte. Zuerst war Selene verwirrt, aber dann entspannte sie sich, da sich ein warmes Gefühl in ihr ausbreitete. Zögernd erwiderte sie seinen Kuss. In den letzten Tagen war Methos ein angenehmer Zeitgenosse gewesen und ihr Hass begann zu verschwinden. Methos begann, sich in ihr Herz zu schleichen. Aber das war verrückt. Sie konnte sich doch unmöglich in ihren Entführer verliebt haben. Jenen Mann, der sie in ihrer ersten Nacht im Reiterlager so grausam geschändet hatte, das es ihr noch heute einen Schrecken einjagte. Jenen Mann, der so brutal war.

Das Geschrei eines Vogels riß die Beiden auseinander. „Kannst du mir vergeben?“ fragte er leise. „Wenn ich dir eine falsche Antwort gebe, wirst du wieder böse werden“, erwiderte Selene. „Nein, das werde ich nicht. Ich weiß nicht, was du mit mir gemacht hast. Vielleicht hast du mich wirklich verhext, aber wenn ja, dann danke ich dir dafür. Es gefällt mir. Du hast mir gezeigt, das ich auch noch anders sein kann, das ich ein Herz habe. Mein schlechtes Gewissen plagt mich schon lang genug, was ich dir angetan habe, das ich bestimmt nicht ausrasten werde. Ich schwöre es dir.“ Selene faßte Mut und langsam auch Vertrauen zu Methos.

„Ich weiß es nicht“, gestand sie. „Du weißt es nicht?“ wiederholte Methos. „Ja, tut mir leid.“ „Das muß es nicht, Selene. Du hast deine eigene Meinung und das ist okay. Es gibt da noch etwas, was ich dir sagen muß. Ich schätze, ich sollte dir das Geheimnis deine Identität anvertrauen.“ „Was meinst du?“ fragte sie verwirrt. „Ich besitze nicht die Gabe dich jedesmal, wenn du stirbst, ins Leben zurück zu holen.“ „Aber wie ...“ „Du bist unsterblich“, fiel er ihr ins Wort.

„Unsterblich?“ Methos nickte bejahend. „Ich sollte dir die Wahrheit nicht länger verschweigen – nicht jetzt, wo sich etwas zwischen uns ändert. Hör mir zu, Selene. Das was ich dir zu sagen habe, ist sehr wichtig für dich. Unsterbliche können auf alle möglichen Arten getötet werden. Aber wir wachen wieder auf. Nur wenn man dich enthauptet, ist der Tod endgültig.“ „Du meinst ... man schlägt uns den Kopf ab?“ Methos nickte. Angewidert verzog Selene bei dieser Vorstellung das Gesicht.

„Ich sage dir das aus einen bestimmten Grund.“ „Welchen?“ „Ich vertraue dir, meine schöne Göttin. Es liegt an dir, ob du mich über Nacht enthauptest oder nicht. Aber du sollst die Wahrheit über unsere Natur wissen, wenn du eines Tages auf dich selbst gestellt bist.“ „Ich verstehe nicht“, sprach Selene verwirrt. „Wer weiß? Vielleicht laß ich dich eines Tages gehen“, sagte Methos und er stieg aus dem warmen Wasser. „Laß uns zurück reiten.“ Seufzend erhob sich Selene und zog sich an.

Methos half Selene in den Sattel und schwang sich hinter sie. Schweigend trieb er sein Pferd in Richtung Reiterlager. Sie waren beide in Gedanken versunken. War wirklich Selene der Grund, warum er sich veränderte? Methos fragte sich, ob Kronos nicht doch recht hatte und er sich verliebt hatte? Lag diese Vermutung der Wahrheit näher als Methos es selbst glauben wollte? Für ihn war dieses Verhalten neu und fremd.

Die Sonne war schon untergegangen als die Beiden zurückkehrten. Kronos hatte sich in sein Zelt zurück gezogen. Er war wütend und beleidigt. Kronos mußte sich eine Strategie überlegen um seinen gnadenlosen und eiskalten Methos wieder zu bekommen. Er wußte, das Methos‘ beginnende Veränderung nur mit Selene zusammenhängen konnte. Seit sie da war, war Methos nicht mehr selbst. Und Kronos würde es zu verhindern wissen, daß er seinen besten Mann an eine wertlose Sklavin verlor.

Derweil hob Methos Selene vom Pferd. Doch er zog seine Arme nicht zurück. Er hielt sie einfach fest. Ein Sklave kam herbei gelaufen und brachte das Pferd weg um es zu versorgen. Methos‘ Arme glitten zu Selenes Taille. Er hauchte ihr einen zarten Kuss auf die Stirn. „Ist dir kalt?“ fragte er, als er sah, das sie leicht fröstelte. „Nein.“ „Laß uns reingehen“, sprach er sanft und führte Selene in sein Zelt.

Dort zog er Selene auf das Felllager und fing an sie zu streicheln. Zwar war er nicht so brutal wie in ihrer ersten Nacht bei ihm und er ließ auch seine grausamen Spielchen weg, aber es fiel Selene schwer, ihn gewähren zu lassen. Methos genoß diese Nacht, doch er spürte, das Selene sich nicht so richtig entspannen konnte. Sie hatte zwar Vertrauen zu ihm gefaßt, aber es fiel ihr schwer, ihm ihren Körper zu schenken.

Und auch Methos hatte so seine Probleme nicht wieder in sein altes Verhalten hineinzufallen. Es fiel ihm schwer, seine ganze Brutalität abzulegen, da er nie gelernt hatte, eine Frau zärtlich zu lieben – ohne Gewalt, ohne Zwang. Er hatte sich geschworen, sie nicht mehr zu zwingen, aber sie war noch immer seine Sklavin und sie mußte gehorchen. Methos wußte selbst nicht mehr was in ihm vorging. Einmal wollte er sie einfach nur zärtlich in den Armen halten, aber dann sagte er sich selbst wieder, das er böse und ein Reiter war. Methos steckte in einem Zwiespalt.

Während Methos friedlich und zufrieden schleif, lag Selene mit offenen Augen neben ihm. Methos hatte seinen Arm besitzergreifend um sie gelegt und lag dicht bei ihr. Er seufzte im Schlaf und zog Selene noch ein wenig näher an sich. Es war offensichtlich, daß er sich wohl fühlte. Seine Worte hielten Selene jedoch wach. Ihr Blick glitt zu seinen Schwert, das offenherzig im Zelt herum lag.

Wahrscheinlich hatte er es mit Absicht so hingelegt um Selene und auch ihr Vertrauen zu ihm zu testen. Selene ahnte das. Gebannt starrte sie auf das Schwert; konnte den Blick nicht mehr davon abwenden. Methos‘ Stimme hallte in ihrem Kopf. „Unsterbliche können nur sterben indem man ihnen den Kopf abschlägt!“ Bei diesen schrecklichen Gedanken ging ein leichtes Zittern durch Selenes Körper. Es ging ihr einfach nicht mehr aus dem Sinn.

Natürlich konnte sie ihn jetzt töten. Es war die günstigste Gelegenheit, die sich ihr bot. Sie konnte fliehen. Sie hatte die Chance dazu. Jetzt oder nie – dies war eine Chance, die sich ihr vielleicht nie mehr bieten würde. Das war Selene klar. Wahrscheinlich würde sie diese Möglichkeit nie mehr bekommen. Aber sie konnte nicht. Sie konnte Methos nicht töten. Etwas hielt sie davon ab. Außerdem konnte sie mit einen Schwert gar nicht umgehen. Kämpfen war bei ihrem Stamm nicht nötig gewesen. Selene ließ die Nacht einfach vorübergehen ...

~ 6. ~

In den nächsten Wochen ritt Methos zwar weiter mit seinen Brüdern, aber er beschäftigte sich sehr viel mehr mit Selene. Noch nie hatte er soviel Zeit mit einer Sklavin verbracht wie mit ihr. Eines Abends saßen die vier Reiter wieder einmal zusammen und es floß viel Wein. Sie betranken sich und feierten. Auch Methos wurde ein wenig betrunken. Und während die Reiter feierten, saßen ihre Sklavinnen zusammen und redeten sich ihr Leid von der Seele.

„Wie hast du das geschafft, Selene?“ fragte Leonnore. „Was meinst du?“ Methos‘ Sklavin wußte nicht, worauf Leonnore hinauswollte. „Das Methos sich so verändert hat. So habe ich ihn nie kennen gelernt. Er ist richtig brav geworden. Noch nie hat er eine Sklavin so gut behandelt wie dich.“ „Vergiß nicht, was er mir angetan hat“, wich Selene aus. Sie wollte nicht weiter ins Detail gehen; verstand sie ihre Beziehung zu Methos doch selbst nicht.

„Wie könnte ich? Dir ist es schrecklich gegangen. Obwohl du keine körperlichen Verletzungen hattest, warst du ziemlich schwach auf den Beinen.“ „Selene!“ Methos‘ Schrei hallte über den Platz. „Er ist betrunken“, stellte Suleika, Caspians persönliche Sklavin, fest. „Kein Wunder, soviel wie die Herren schon getrunken haben. Ich geh dann mal“, seufzte Selene, erhob sich und ging zum Lagerfeuer, wo die vier Reiter zusammen saßen.

Ungeduldig saß Methos neben Silas. Als Selene vor ihm stand, sah sie aus dem Augenwinkel, wie seine Hand gefährlich zuckte. Doch ihre Reaktion kam zu spät. Methos wandte sich zu ihr und schlug hart zu. „Wo warst du solange?“ wies er sie zurecht. „Herr, ich ...“ „Spar dir deine Ausrede! Wenn ich dich rufe, hast du gefälligst schon hier zu sein.“ „Woher soll ich den wissen, wann du mich rufst?“ rutschte es ihr heraus. „Als meine Sklavin hast du das zu wissen“, fauchte Methos laut.

„Und wage es ja nicht, mir noch einmal zu widersprechen. Habe ich dir nicht beigebracht, mir nicht zu widersprechen oder Fragen zu stellen?“ „Ja, Herr, das hast du.“ „Dann merke es dir endlich. Sei dir endlich im Klaren darüber, wer hier befiehlt. Und jetzt hol mir den Wein“, sprach Methos schroff und er setzte sich wieder zu seinen Kumpels. Gekränkt griff Selene nach dem Kelch und holte den Wein. Dann kehrte sie zu Methos zurück, der ihr wortlos seinen Becher reichte.

Sie kannte diesen Methos, diesen grausamen Reiter. Deshalb hielt sie es für besser, so unterwürfig zu sein, wie er es im Moment von ihr erwartete. Selene kniete sich neben ihn und füllte seinen Becher mit Wein auf. Überrascht zog Methos eine Augenbraue hoch, doch dann lehnte er sich zufrieden zurück. „Kompliment, Methos! Du hast sie wirklich gut gezähmt“, beglückwünschte Kronos ihn. „Ich bin ein Genie, was will man da mehr sagen?“ Caspians Lachen zog Methos‘ Aufmerksamkeit auf sich.

„Was findest du so komisch, Caspian? Denkst du nicht, das ich ein Genie bin?“ „Nein, du bist eher krank“, meinte er lachend und Methos prustete los. Die vier Reiter lachten vergnügt. „Darf ich aufstehen?“ fragte Selene und sie sah Methos von unten herab an. „Sicher. Du kehrst aber nicht zu den anderen Sklavinnen zurück, sondern gehst in mein Zelt. Ich komme bald nach“, befahl Methos. Selene nickte und erhob sich.

„Du hast etwas vergessen, Weib“, ermahnte Methos sie. Verwunderte drehte sie sich zu ihm um. Mit einer Handbewegung deutete er ihr an zurück zu kommen. „Was hat er den jetzt schon wieder vor?“ kicherte Silas. „Ich sage es ja: Er ist krank. Manchmal frage ich mich wirklich, warum ich ihn leiden kann“, kommentierte Caspian und Kronos verschüttete vor lauter Lachen den ganzen Wein. „Leonnore, bringe mir Wein“, schrie er. Aus dem Augenwinkel heraus, sah Selene, wie Leonnore aufsprang und für Kronos Wein holte.

Leonnore eilte mit dem Wein zu Kronos. Da zog Methos Selene zu sich hinunter und drückte ihr einen harten Kuss auf die Lippen. Es war nichts anderes als eine Machtdemonstration. „Jetzt kannst du gehen. Warte in meinen Zelt. Ich habe heute noch etwas mit dir vor. Es wird dir gefallen. Es wird Zeit, das wir mal wieder ein kleines Spielchen spielen“, grinste er breit und schickte Selene weg. Ihr Blick streifte sich mit dem von Leonnore, die sie mitleidig ansah. Leonnore wußte, wie Methos war, wenn er zuviel getrunken hatte. Sie kannte sein Verhalten in einen solchen Zustand zur Genüge.

In diesen Moment schrie Kronos Leonnore an, da sie nicht aufgepaßt und den Wein über seine Kleidung verschüttet hatte. Hastig entschuldigte sich Leonnore für ihre Ungeschicklichkeit. Und Selene breitete sich seelisch auf eine brutale Nacht vor. In diesen Zustand war Methos genau der Mann, der sie gezwungen hatte, seine Sklavin zu sein. „Das ist nur der Wein“, versuchte sie sich einzureden. Sie mußte etwas unternehmen, mußte etwas tun. Nicht noch einmal würde sie eine solch schreckliche Nacht überleben.

Wenig später hörte sie, wie Methos sich von seinen Gefährten verabschiedete. Doch es dauerte bis er endlich im Zelt war. Methos torkelte draußen herum und fand nur langsam den Weg zu seinen Zelt. Der Zelteingang schlug hinter ihm zu und er ließ sich auf die Felle fallen. „Es wird Zeit für unser Spiel. Komm her“, forderte er. Aus der Ferne nahm Selene wahr, wie sich auch seine Brüder in ihre Zelte begaben. Das ist meine Chance, dachte sie, als es endlich ruhig im Lager war.

„Methos, bitte denk nach, was du hier tust“, flehte sie. „Ich weiß schon was ich tue. Du bist meine Sklavin. Also tue, was ich dir befehle“, keifte er aggressiv und griff brutal nach ihr. Aber Selene ließ sich durch sein Verhalten nicht irritieren. Ihre Hand zitterte leicht als sie sie langsam über seine Wange gleiten ließ. „Du bist anders als deine Brüder. Du bist menschlicher und hast ein warmes Herz. Du bist anders, Methos“, sprach sie gefühlvoll.

„Was redest du da für einen Blödsinn? Anscheinend hast du vergessen, daß ich noch immer ein Reiter des Bösen bin. Ich bin Death. Nur weil ich in den letzten paar Tagen nett zu dir war, heißt das noch lange nicht, das ich mich verändert hätte. Diese Zeiten hören jetzt auf. Und jetzt halte die Klappe und zieh dich aus oder ich reiß dir die Kleider vom Leib“, drohte er gefährlich. Selene holte tief Luft und nahm seine Hand. Sie führte sie zu der Stelle, wo ihr Herz schlug.

„Hörst du es schlagen, Methos? Ich habe keine Angst mehr vor deiner kalten Art. Du kannst meinen Willen nicht mehr brechen, denn das hast du schon längst getan. Zerstöre dieses Herz nicht, Methos, den es schlägt. Und wenn du willst, kann es allein für dich schlagen. Es könnte für dich schlagen, wenn du es nur zuläßt. Laß dich leiten, Methos, von dem Gefühl in dir.“ Nun versagte Selene der Mut. Sie hatte getan, was sie konnte, um eine grausame Nacht zu verhindern.

Jetzt lag es allein in Methos‘ Hand wie diese ganze Sache ausgehen würde. Trotz seiner immer wieder kurzen Grausamkeiten hatte sie ihn in ihr Herz geschlossen. Sie vertraute ihm. Auch jetzt vertraute sie darauf, das er die richtige Entscheidung treffen würde. Immer mehr verlor sie sich an Methos. Selene wußte selbst, das es verrückt war, aber sie hatte sich in Methos verliebt, ihren Peiniger und Entführer.

Eine lange Zeit sah Methos sie an. Langsam sah er wieder klar und konnte ihren Worten folgen. „Liebe – ich kenne dieses Gefühl nicht. Es ist mir fremd“, sprach er leise. „Dann lerne sie kennen.“ „Ich kann nicht lieben. Es ist mir nicht bestimmt.“ „Wer sagt das? Kronos?“ „Vielleicht hat er recht. Mein ganzes Leben habe ich immer nur gemordet, geschändet und geplündert. Und jetzt? Jetzt bist du da und du bringst mich vollkommen durcheinander. Ich weiß selbst nicht mehr, wer ich wirklich bin. Was hast du nur mit mir gemacht, Selene?“ fragte er und seine Stimme zitterte leicht.

Fragend blickte Methos sie an. Er konnte sich das alles nicht erklären. Aber zu dieser Frau fühlte er sich hingezogen. Nicht als Reiter, sondern als Mann, der sie als vollwertiger Mensch sah und sowohl ihren Körper wie auch ihren Geist attraktiv fand. In Selenes Augen tauchte ein ungläubiger Funke auf. So offen hatte er noch nie von sich erzählt. „Du bist meine Sklavin. Ich darf nicht so fühlen. Ich sollte mit dir tun was ich will.“ „Was fühlst du den?“ hakte Selene nach.

„Wenn ich vom Lager entfernt bin, wünsche ich mir, so schnell wie möglich wieder bei dir zu sein. Ich will dich in meinen Armen halten und ein glückliches Lächeln auf deine zarten Lippen zaubern. Du bringst mich um den Verstand.“ „Dieses Gefühl kommt aus den Tiefen deiner Seele. So etwas nennt man Liebe, Methos.“ „Ich kann keine Zuneigung für dich empfinden. Das ist verrückt“, sprach er kopfschüttelnd.

„Ja, das ist es“, pflichtete Selene ihm bei. „Es ist ein zu gefährliches Spiel.“ „Was ist gefährlicher, Methos? Diese Gefühle oder du selbst?“ Milde lächelte er. „Ich weiß es nicht. Aber diese Zuneigung und diese Wärme, die sich um mein Herz schließt, wenn du bei mir bist ... Es jagt mir Angst ein. Ich kenne das nicht.“ „Verweigere dich nicht deinen Gefühlen, Methos. Das ist der falsche Weg und es hilft dir nicht. Laß dich leiten. Laß dich einfach fallen“, flüsterte Selene. Zögernd streichelte sie über seine Brust. Genießerisch schloß Methos die Augen. „Sieh in dein Herz und tue, was es dir sagt.“ Methos folgte ihrer Aufforderung.

Im Zelt war es still, dann schlug Methos die Augen auf. „Wenn ich dich heute Nacht berühre ... genießt du es dann?“ fragte er. „Ja, das werde ich. Aber nur, wenn du deine Brutalität ganz ablegst.“ „Laß dich überraschen, meine schöne Göttin“, erwiderte Methos, zog sie an sich und küßte sie liebevoll. Er drehte sich, so das Selene unter ihm lag. „Habe keine Angst! Heute Nacht werde ich dir nicht weh tun, ich schwöre es dir“, flüsterte er in ihr Ohr. Langsam zog er sie aus und entkleidete auch sich selbst.

Gefühlvoll erkundete Methos ihren Körper, ließ ihr alle Zeit dieser Welt sich zu entspannen. Selenes Berührungen wurden bald mutiger, als sie verstand, das er tatsächlich mit dem Herz lieben wollte. Sie wußten es beide. Wenn er sie diese Nacht mit den Herzen liebte ... würde morgen nichts mehr so sein wie früher. Methos würde sich dann für immer verändert haben. Doch es machte ihm keine Angst. Er war bereit diesen Schritt zu gehen. Nichts konnte ihn jetzt noch davon abhalten.

Ein glückliches Lächeln huschte über Methos‘ Lippen als Selene zart über seinen nackten Oberkörper streichelte. Immer und immer wieder verschloß er ihre Lippen zu zärtlichen, aber auch leidenschaftlichen Küssen. Heiße Fluten durchfluteten sie. Selene legte ihre Arme um seinen Nacken. Ihre Finger kraulten das Haar in seinen Nacken und diese zärtliche Geste gefiel ihm. Nun war es um Methos geschehen. Er mußte sie spüren, sie fühlen, ansonsten würde er wahnsinnig werden. Leidenschaftlich und zärtlich zugleich liebte er sie. Es war eine Erfahrung, die ihn verändern würde, das wußte er. Nach einer langen Nacht, in der sie endlich zu Liebenden wurden, lagen sie sich erschöpft in den Armen und schliefen zufrieden ein.

Als Methos am nächsten Morgen aufwachte, mußte er sich eingestehen, das es die schöne Nacht seines Lebens gewesen war. Er hatte keine Ahnung gehabt, das Liebe so schön sein konnte. Bis zu diesen Zeitpunkt hatte er nicht einmal gewußt, wie die Liebe war. Erst jetzt hatte er sie kennen gelernt – durch dieses wunderschöne, weibliche Geschöpf, das da auf seinen Felllager lag und friedlich schlief. Methos fühlte sich frei und wie neugeboren.

Methos wandte sich Selene zu und hauchte ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. Sie drehte sich in ihren Armen und schlug die Augen auf. Methos lächelte sie an. „Ich danke dir für alles, was du für mich getan hast“, flüsterte er. „Was habe ich schon großartiges getan?“ „Du hast mir die Liebe gezeigt. Danke das ich an dieser kostbaren Erfahrung mit dir teilhaben durfte. Doch eines muß dir klar sein, Selene.“ „Was?“ fragte sie, als sie sah, wie seine Miene ernst wurde.

„Wir müssen diese Zuneigung zwischen uns geheimhalten. Kronos darf nichts davon bemerken. Für meine Brüder bist du nur meine Sklavin, vergiß das nicht.“ „Methos“, protestierte Selene schwach. Er stand auf und zog sich an. „Es muß sein. Kronos wird niemals dafür Verständnis haben. Er wird uns beide töten, wenn er von dem – was hier geschehen ist – erfährt.“ Selenes schöne Augen verdunkelten sich. Methos seufzte. Er hatte nicht vor ihr weh zu tun, aber dieses Geheimnis um ihre Gefühle mußten sie machen. Er mußte es tun, allein um Selene vor Kronos‘ Rache zu beschützen.

Ihre Traurigkeit versetzte ihm einen schmerzlichen Stich. Methos kniete sich neben sie und legte ihr zärtlich einen Arm um die Schulter. „Sieh mich bitte nicht so an! Ich habe keine andere Wahl. Wenn ich dich beschützen will, muß unsere intensive Beziehung ein Geheimnis bleiben. Selene, ich will nicht, das dir etwas geschieht. Ich würde es nicht überleben, wenn Kronos dir ein Leid antut und ich kann dich nicht immer vor ihm schützen.“ „Warum lehrst du es mich dann nicht?“ fragte sie. „Was soll ich dich lehren?“ hakte Methos verwirrt nach.

„Das Kämpfen, wie man mit einem Schwert umgeht“, meinte sie. Methos zögerte. „Ich weiß nicht. Selene, du ...“ „Ich will es lernen“, fiel sie ihm ins Wort. Er nickte leicht und ein Seufzer entrang sich seiner Kehle. „Ich werde darüber nachdenken.“ Leicht rieb er seine Nase an ihrer. Ein glückliches Lächeln huschte über Selenes Gesicht. „Das ist meine schöne Göttin. Bitte, reiß dich zusammen – auch wenn es dir genauso schwerfällt wie mir“, wies Methos sie noch einmal sanft zurecht.

„Ich will nicht, das Kronos durchdreht und seine Wut auf dich verlagert. Ich kann ihn nicht immer besänftigen. Kronos zu beruhigen, war schon immer schwer. Er ist schwierig und unberechenbar. Laß dir also vor ihm nichts anmerken, ja?“ ermahnte er sie. Selene nickte leicht. Ein letztes Mal küßte Methos sie, dann ging er nach draußen. Wenig später saß er auf dem Rücken seiner Stute und ritt mit seinen Brüdern davon.

~ 7. ~

Die nächsten Wochen wurden von gefühlvollen Nächten zwischen Methos und Selene beherrscht. Sie war inzwischen viel mehr geworden als nur seine Sklavin. Doch sie hatten sich ihre Liebe mit intimen Worten noch nicht gestanden. Es schien als hätten sie ein stilles Abkommen getroffen und beschlossen, nicht offen über ihre Gefühle zu sprechen. Am Tag war Selene nicht mehr als seine Sklavin. Doch nachts war sie seine Frau, seine Partnerin, seine Freundin.

Methos hatte sich dafür entschieden Selene doch in die Kampfkunst einzuführen. Sie würde es brauchen, wenn sie eines Tages frei wäre. „Selene, warte! Du mußt das Schwert anders halten“, sprach Methos als er sie im Geheimen unterrichtete. Seine Brüder durften niemals davon Wind bekommen. Methos wußte, das dann die Katastrophe perfekt war. Geübt wurde mit Methos‘ Schwert und das war eine große Ehre, da eigentlich niemand außer ihm dieses wertvolle Schwert in die Hände nehmen durfte.

„Warte, ich helfe dir“, sagte er und stellte sich hinter seine. Seine Hände umschlossen ihre und er zeigte ihr wie man ein Schwert richtig hielt und man sich seine Kräfte richtig einteilte. „Wieso lächelst du so, Selene?“ fragte Methos als er ihr Lächeln bemerkte. Sein Gesicht war dem ihren so nahe. Er brauchte sich nur ein Stück vorbeugen und schon konnte er den Duft ihres Haares tief in sich aufnehmen.

„Du tust das ja nur um mich berühren zu können“, tadelte sie ihn. „Ist das schlimm?“ „Nein.“ „Dann ist ja alles in Ordnung.“ Schnell drückte Methos ihr einen Kuss auf den Hals und wandte sich ab. „Kronos kommt bald“, erklärte er. „Du gehörst hier nicht mehr her, Methos.“ „Selene, du hast in mir Gefühle geweckt, die ich früher nicht kannte und ich habe dich gerne bei mir, aber diese Sache mit den Reitern geht nur mich etwas an.“ „Methos!“ protestierte Selene. „Nein, laß es. Du verstehst das nicht. Die Reiter sind etwas besonderes. Das verstehen nur die, die auch reiten. Laß es ruhen“, meinte er und führte seinen Unterricht fort.

Kronos marschierte bei Sonnenuntergang geradewegs zu Methos ins Zelt. Dieser lag mit Selene gemütlich auf den Fellen und amüsierte sich mit ihr. Er fütterte sie gerade mit Erdbeeren. Methos spürte nicht einmal den Buzz als Kronos sich näherte. Vor dem Zelt stutzte Kronos als er das fröhliche Gelächter hörte. „Methos, bitte, benimm dich!“ „Keine Chance, du entkommst mir nicht“, hörte Kronos seinen besten Mann antworten. Er stürmte in das Zelt und sah, wie Methos über Selene lag und eine Erdbeere zwischen den Zähnen hatte. Selene war gerade dabei abzubeißen.

Methos und Selene blickten auf. Mit grimmiger Miene stand Kronos im Zelteingang. „Methos, komm mit raus. Wir müssen reden“, orderte Kronos zornig an. „Was gibt es denn, Kronos?“ fragte der Angesprochene ausgelassen und schluckte die Erdbeere runter. In Gegensatz zu Selene war er nicht im Mindesten beunruhigt. „Komm raus – sofort“, schrie Kronos ungehalten und verließ das Zelt. „Bin ja schon unterwegs“, seufzte Methos und erhob sich. Er bemerkte Selenes ängstlichen Blick. „Keine Sorge, ich werde ihn schon besänftigen.“ „Sei vorsichtig, Methos!“ „Natürlich bin ich das“, versprach er ihr und folgte Kronos nach draußen.

Am Lagerfeuer angekommen, wurde Methos sofort niedergeschlagen. „Kronos, was ist in dich gefahren?“ fauchte er als er zu seinen Bruder aufblickte. In diesen Moment zog Kronos sein Schwert und preßte die Klinge gegen Methos‘ Brust. „Ich weiß nicht, was mit dir los ist, aber das ist nicht mehr der Methos, den ich kenne.“ „Mann, rede keinen Unsinn! Natürlich bin ich noch immer der Alte!“ „Der Alte? Death hätte niemals das getan, was ich soeben gesehen habe, und das noch mit einer Sklavin. Caspian hatte Unrecht. Als er dich als krank bezeichnete, war das noch ein Kompliment, aber jetzt ... jetzt bist du einfach nur noch dumm“, warf Kronos ihm vor.

Methos sprang auf und funkelte Kronos an. „Du tickst wohl nicht mehr richtig! Ich bin immer noch der böse, gnadenlose Methos“, behauptete er. „Ich sehe nicht mehr, daß du eiskalt bist. Deine Lust und Leidenschaft beim Töten ist dahin. Es ist verloren gegangen an diese Hexe, diese Hure.“ „Kronos, halte deine Zunge im Zaum“, sprach Methos schärfer als er es beabsichtigte.

„Ich werde dir jetzt mal etwas sagen, Methos. Dieses Mädchen ist Gift für dich. Sie hat dich vergiftet. Früher hast du deine Sklavinnen gequält, sie benutzt und geschändet. Und was ist jetzt? Der Tod der vier Reiter entdeckt auf einmal eine neue Seite an sich. Er scheint die Liebe zu entdecken.“ Kronos sprach dieses besagte Wort mit soviel Bitterkeit und Verachtung aus, das man merkte, wie sehr er Gefühle dieser Art haßte.

„Komm wieder von deinen Trip runter, Kronos“, versuchte Methos ihn zu besänftigen. „Ich habe eine Idee, Methos. Beweise mir, das du noch immer einer von uns bist, das du noch immer mein bester Mann bist.“ „Wie?“ Kronos hielt ihm die Peitsche entgegen. „Peitsche deine geliebte Sklavin aus – vor meinen Augen. Hundert Peitschenhiebe dürfen reichen, oder?“ Methos erschrak. Das konnte er nicht tun. Wenn er Selene auspeitschte, würde er sie für immer verlieren. Das würde sie ihm nie verzeihen.

Kronos bemerkte Methos‘ Zögern. „Was ist, Death? Bist du für oder gegen uns?“ „Natürlich bin ich für euch, aber warum soll ich sie auspeitschen? Sie macht ihre Arbeit gut, erledigt ihre Pflichten gewissenhaft. Sie hat mir keinen Grund dafür gegeben.“ „Seit wann muß eine Sklavin dir einen Grund geben, um zu ihr grausam zu sein? Früher hast du deine Sklavinnen ohne Grund ausgepeitscht. Du hast es getan, weil dir danach war und du Spaß haben wolltest. Tue es! Tue es für uns! Zeig mir, das du noch immer würdig bist ein Reiter der Apokalypse zu sein.“ Methos zögerte. Alles in ihm wehrte sich, diese grausame und brutale Tat an seiner Selene zu begehen.

„Methos, verrate nicht alles, wofür wir stehen, wofür wir gekämpft und gemordet haben“, warnte Kronos ihn. „Das tue ich nicht“, wich Methos aus um Zeit zu schinden. „Dann nimm die Peitsche und zeige mir, wo du wirklich stehst – auf welcher Seite.“ Noch immer rührte Methos sich nicht. „Nimm die verdammte Peitsche, Methos“, brüllte Kronos. Methos kämpfte mit sich. Du gehörst hier nicht mehr her, hallte Selenes Stimme in seinen Kopf. Hat sie recht? fragte er sich.

„Nimm endlich die Peitsche“, forderte Kronos ungehalten. In diesen Moment wurden sie von Silas unterbrochen. „Kronos, Probleme“, schrie er. „Was ist los?“ „Caspian ist los geritten um alleine gegen einen ganzen bewaffneten Stamm anzugehen. Er scheint verrückt geworden zu sein.“ „Gut, ich komme! Du bleibst hier, Methos. Wir führen unser Gespräch noch zu Ende. Rühr dich nicht von der Stelle“, drohte er ihm und ritt mit Silas Caspian hinterher.

Methos geriet in Panik. Er wußte, was er zu tun hatte. Um sich machte er sich keine Sorgen. Seine Besorgnis galt Selenes Sicherheit. Wenn ihr etwas geschah ... das würde er nicht überleben. Er mußte sie wegbringen. Nur wenn sie weit weg vom Lager war, war sie sicher. Es war vorbei. Er konnte sie nicht länger vor Kronos beschützen. „Ich muß sie fortbringen“, murmelte er. Methos befahl einen Sklaven sein Pferd und noch ein anderes zu satteln, dann ging er ins Zelt. „Du mußt von hier weg“, sprach er sofort zu Selene. „Was?“ „Komm mit, ohne zu fragen. Ich erkläre es dir unterwegs.“ Methos nahm sein Schwert und seinen Dolch und steckte es in die dafür vorgesehenen Riemen.

Draußen half er Selene in den Sattel und schwang sich dann selbst auf den Rücken seines Pferdes. Als sie davon ritten, wollte Selene sich umdrehen, doch Methos hinderte sie daran. „Nein, dreh dich nicht um. Nur wer sich umdreht kehrt zurück. Und ich will nicht, das du zurückkommst. Es ist zu gefährlich für dich.“ „Kannst du mir endlich erklären, was los ist?“ fragte sie. „Kronos verlangt von mir einen Treuebeweis.“ „Was?“ „Er will, das ich dich auspeitsche. Caspians Dummheit hat mich gerettet und es gibt mir Zeit“, sprach er. Neugierig blickte Selene ihn an.

„Zeit wofür?“ hakte sie nach. „Dich wegzubringen. Du mußt von hier fort. Du schwebst in großer Gefahr. Kronos ist ausgerastet. Er wird alles daran setzen, das ich dich verliere. Aber ich werde das nicht zulassen.“ „Er wird dich töten, wenn er zurückkommst und ich bin nicht mehr da“, bemerkte sie besorgt. Methos sah sie an und schenkte ihr ein Lächeln. „Laß das mal meine Sorge sein. Wichtig ist jetzt nur, das du von hier wegkommst. Ich will dich nicht in Kronos‘ Nähe haben.“ Sie hielten an einer Anhöhe an – weit weg vom Reiterlager.

Methos und Selene stiegen ab und nahmen sich für ihren Abschied noch einmal Zeit. Methos hielt sie lange in seinen Armen. „Komm mit mir“, bat sie ihn inständig. „Ich kann nicht. Kronos würde mich jagen und somit auch dich. Nein, das kann ich nicht riskieren. Ich muß dich beschützen, Selene, und wenn das bedeutet, das ich dich gehen lassen muß ... dann werde ich es tun. Ich gebe dir deine Freiheit wieder. Mach etwas daraus“, sprach er eindringlich auf sie ein.

Selene blickte zu ihm auf. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, sprach sie leise. Methos schenkte ihr ein zärtliches Lächeln. „Vergiß nicht, was ich für dich empfinde, Selene. Vergiß niemals, was zwischen uns war. Ich habe noch etwas für dich“, teilte er ihr mit. Methos griff in seine Satteltasche und holte etwas hervor. Dann legte er Selene eine Kette um den Hals. An einen Lederband baumelte ein silberner, orientalischer Anhänger.

„Es heißt, wer diese Kette trägt, wird von den guten Geistern dieser Welt beschützt. Sie soll dich vor allem Bösen schützen und die bösen Dämonen von dir abwenden.“ „Danke, Methos“, seufzte Selene und sie schlang ihre Arme um seinen Nacken. Methos hielt sie fest und grub sein Gesicht in ihr Haar. „Bitte, geh! Geh, Selene!“ flehte er machtlos. In seiner Stimme schwang eine Traurigkeit mit, die er sich selbst nie zugetraut hätte.

Methos hatte keine Ahnung gehabt, das ihm der Abschied von ihr so weh tun würde. Mit diesen Schmerz hatte er nicht gerechnet. Wenn sie nicht bald gehen würde, würde er womöglich noch in Tränen ausbrechen. Und es reichte, das Selene Tränen vergoß. Ihr liegt wirklich etwas an mir, dachte Methos. „Geh, geh endlich, meine schöne Göttin“, flüsterte er an ihrem Haar. Methos wollte sie nicht loslassen, hielt sie fest an sich gedrückt. Doch dann schob er sie von sich und Selene stieg auf ihr Pferd.

Sie blickte zu ihn hinab. „Ich werde dich nie vergessen“, sprach sie und konnte ihre Tränen nur mit viel Mühe zurückhalten. „Methos, ich l...“ „Nein“, fiel er ihr schnell ins Wort. „Sprich es nicht aus. Mit diesen Worten fällt uns der Abschied noch schwerer. Es sollte hier enden. Paß auf dich auf.“ Selene nickte leicht und treib ihr Pferd an. Methos sah ihr nach. „Leb wohl. Vielleicht, eines Tages, sehen wir uns wieder“, sprach er leise. Als nur noch eine Staubwolke am Horizont zu sehen war, schwang sich Methos in den Sattel und ritt ins Reiterlager zurück.

Im Lager war der Teufel los. Seine Brüder waren zurück und warteten schon auf ihn. Methos war kaum vom Pferd gestiegen als Kronos mit dem Schwert auf ihn losging. Er hatte gerade noch Zeit sein Schwert zu ziehen. Nun konnte er vor dieser Auseinandersetzung nicht länger weglaufen. Er mußte sich Kronos stellen. Und niemand wußte, wie dieser Streit enden würde. „Du mieser Verräter“, schrie Kronos und stürzte sich auf ihn. Sofort entstand ein erbitterter Kampf zwischen den Beiden.

„Wo ist deine kleine Hure?“ knurrte Kronos zornig. „Weg“, erklärte Methos kurzangebunden und wehrte den Schlag von Kronos ab. Kronos war wütend, das konnte man ihm deutlich ansehen. „Du hast uns hintergangen – uns alle. Du hast unsere Gesetze hintergangen und verraten. Dafür wirst du mir büßen, Methos.“ „Ich werde euch verlassen. Du hast keine Macht mehr über mich, Kronos“, teilte er seinen Bruder mit. „Ja, du wirst uns verlassen, aber du wirst nie wiederkommen, da ich dich enthaupten werde“, erwiderte Kronos ungehalten.

Einen Moment paßte Kronos nicht auf. Er stolperte und fiel zu Boden. Mit erhobenen Schwert stand Methos über ihn. „Worauf wartest du? Du wolltest doch immer meine Stelle als Anführer der vier apokalyptischen Reiter einnehmen. Jetzt hast du die Chance dazu. Na los, töte mich“, forderte Kronos. Die Versuchung war groß. Methos brauchte nur mit der Hand durchziehen und ... Doch er schüttelte leicht den Kopf.

„Nein, Kronos“, sprach er ruhig. „Ich bin nicht mehr Death. Ich bin nicht länger der, der ich einmal war. Du wirst leben. Ich laß dir deinen verdammten Kopf. Ich bin nicht wie du. Ich war es nie. Ich will nicht länger dieser Killer sein, den du aus mir gemacht hast. Doch ich warne dich: Solltest du Selene verfolgen und ihr zu nahe kommen, dann komme ich wieder und beende, was ich hier begonnen habe. Dann wirst du deinen Kopf verlieren, das schwöre ich. Ich werde dich jagen, wenn du ihr weh tust. Ich bin nicht länger dabei. Ich will nicht mehr“, verkündete er.

Dann drehte sich Methos um und ging zu seinen Pferd. Als er sich in den Sattel schwang, warf er Caspian und Silas einen solch tödlichen Blick zu, das diese es nicht wagten, ihn aufzuhalten. Methos ritt davon und ließ das Lager hinter sich. Es war das letzte Mal, das man die vier Reiter der Apokalypse gemeinsam sah. Methos‘ Weggang war der Anfang vom Ende. Bald danach zerbrachen die Reiter und jeder ging seinen eigenen Weg. Selene und Methos hatten sie nie wieder gesehen ...

 ~ 8. ~

Paris – Frankreich,
Gegenwart

„Das war die ganze, ausführliche Geschichte“, endete Methos seine Erzählung. Ruhig hatte Duncan MacLeod zugehört. „Dann hat diese Selene dich verändert? Sie war der Grund für deine Veränderung?“ hakte Duncan nach. Methos nickte leicht. „Ja, sie war mein Engel. Sie hat mich aufgefangen. Ich war – mit dem, was ich als Death tat – auf den besten Weg in die Hölle. Selene hat meinen Weg in eine neue Richtung gelenkt. Sie gab meinen Leben einen neuen Sinn“, sprach Methos und ein leiser Seufzer entrang sich seiner Kehle.

„Ich bin ihr sehr dankbar dafür, das sie in mein Leben getreten ist und es verändert hat. Sie zeigte mir, das es auch außerhalb der Reiter eine Welt gibt. Wer weiß, was aus mir geworden wäre, wenn sie nicht gewesen wäre?“ „Denkst du noch oft an sie?“ „Ja, sehr oft. Sie ist mir nie aus dem Kopf gegangen. Ich frage mich oft, was aus ihr geworden ist. Aber ich habe wenig Hoffnung, das sie noch am Leben ist.“ „Wieso glaubst du das?“ „Duncan, ich bete jeden Tag, das ich mich irren würde, aber gut zweitausend Jahre sind seit dem vergangen. Selene war nie eine gute Kämpferin. Wahrscheinlich habe ich sie schon längst verloren“, seufzte Methos kopfschüttelnd.

„Methos, du darfst die Hoffnung nicht einfach so aufgeben. Hast du sie nie gesucht?“ sprach Duncan energisch auf ihn ein. „Was denkst du den? Natürlich habe ich das getan – viele Jahrhunderte lang. Ich habe sie gesucht – wie ein Wahnsinniger. Aber ich habe sie nie gefunden. Irgendwann gab ich die Hoffnung auf.“ „Würdest du sie gerne wiedersehen?“ „Es ist mein sehnlichster Wunsch. Aber es wird wohl immer ein Traum bleiben“, sprach der alte Mann resigniert.

„Wie sieht dein Engel eigentlich aus?“ fragte Methos neugierig nach. „Sie ist eine zierliche Frau. Sie weckt in einen Mann sofort den Wunsch, sie zu beschützen. Selene hat grüne Augen und langes, schwarzes Haar. Wieso fragst du?“ Methos entging, wie Duncan neben ihm leicht erschrak. Diese Beschreibung traf genau auf eine gute Bekannte von ihm zu. Konnte es wirklich sein? Konnte es sein, das er Selene kannte, ohne ihre wahre Identität zu kennen?

Tausend Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Sollte er es Methos sagen? Was war, wenn er sich täuschte? Dann wäre Methos bitter enttäuscht. Er liebte diese Frau, das sah man ihn an. Duncan entschied sich dafür, diese Sache vorerst für sich zu behalten. Vielleicht sollte er die Beiden einfach zusammenführen und sehen, was dabei herauskommen würde. „Duncan, wieso willst du wissen, wie sie aussieht?“ hakte Methos nach und seine Stimme riß den Schotten aus dessen Überlegungen.

„Ich bin einfach nur neugierig“, wich Duncan geschickt aus. Methos runzelte skeptisch die Stirn, hakte aber nicht weiter nach. „Ich werde dann mal gehen. Kann ich dich allein lassen?“ fragte Duncan als er aufstand. „Natürlich. Ich kann mich schwer selbst enthaupten“, sprach Methos zynisch. „Ich kann auch noch eine Weile bleiben, wenn du ...“ „Nein, danke, MacLeod. Ich komme schon allein klar“, wehrte Methos das Angebot seines Freundes ab.

Duncan zog seine Jacke an. „Gib nicht einfach so auf, Methos. Wir werden sie finden. Wir werden herausfinden was mit Selene geschehen ist. Du wirst die Wahrheit erfahren. Ich werde dir dabei helfen“, munterte Duncan seinen Freund auf. Dann fiel die Wohnungstür hinter ihm ins Schloß. Methos seufzte schwer. Ich bin verdammt, die Frau, die ich liebe, nicht mehr sehen zu können, dachte er trübsinnig. Nachdenklich ging er in die Küche und holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank. Er hatte sich damit abgefunden, sie nie mehr wiederzusehen ...

Zwei Tage später

Der Regen prasselte auf das Fenstersims von Methos‘ Wohnung. Schon seit dem frühen Morgen wurde die Stadt von einen heftigen Regelhagel heimgesucht. Methos kam gerade aus der Dusche als es an seiner Tür läutete. Nur mit einem Handtuch um die Hüfte bekleidet, drückte er auf den Knopf, damit sich unten die Haustür öffnete. Hastig holte er eine Jeans aus seinem Kleiderschrank und zog sie an.

„Was machen wir hier?“ fragte Nicola Duncan als sie die Treppen nach oben hinaufstiegen. Es war ein altes Haus indem Methos wohnte. Das Haus hatte keinen Lift. „Ich muß nur etwas bei einen guten Freund holen. Wir sind gleich wieder weg“, teilte er ihr mit. Bewußt hatte Duncan ihr verschwiegen was der wahre Grund ihres Besuches war. Und er hatte ihr auch nicht gesagt, das der älteste Unsterbliche der Welt sein Freund war, den sie hier aufsuchten.

Unter einen Vorwand hatte Duncan Nicola aus dem Haus gelockt. Nicht einmal Methos wußte, das Duncan in Begleitung kam. „Komm, mein Freund wartet sicher schon. Wundere dich nicht, er ist äußerst zynisch.“ „Und unsterblich?“ fragte Nicola überrascht als sie den Buzz spürte. Bejahend nickte Duncan. „Ja, er ist einer von uns.“ In diesen Moment ging Methos‘ Wohnungstür auf. Überrascht blickte er Nicola in die Augen und fuhr zurück – als wäre er geschlagen worden.

„Selene“, stieß Methos aus. Das konnte einfach nicht wahr sein. Sie stand nach so vielen Jahrhunderten wieder vor ihm – völlig überraschend. Mit großen Augen blickte Nicola, die eigentlich Selene hieß, ihn an. „Methos“, flüsterte Selene und sie starrte ihn unfaßbar an. „Ihr solltet reden“, warf Duncan ruhig ein. „Wie konntest du? Wie konntest du mich so hintergehen?“ fauchte Selene Duncan an, drehte am Absatz um und lief aus dem Haus.

„Bleib hier! Selene, warte“, rief Methos ihr nach und blickte die Treppe hinunter, über die Selene verschwand. „Wieso hast du mich nicht vorgewarnt?“ fuhr er Duncan an. „Sie ist es also“, stellte Duncan fest als Methos seine Turnschuhe anzog. „Woher kennst du sie?“ „Sie ist eine Bekannte von mir. Ich hatte einen Verdacht, als du sie mir beschrieben hast, aber ich war mir nicht sicher. Also habe ich sie einfach mitgenommen.“ „Wenn ich das gewußt hätte“, murmelte Methos. „Halt die Klappe, Methos, und laufe ihr nach“, forderte Duncan ihn auf.

Methos achtete nicht länger auf Duncan und lief aus seiner Wohnung. Er hatte Selene einmal verloren geglaubt. Nicht noch einmal wollte er das erleben. Nicht jetzt, wo er wußte, das sie noch am Leben war. Sie hatten sich wieder gefunden und er würde nicht zulassen, das sie sein Leben noch einmal verließ. Der Regen strömte noch immer vom Himmel herab – laut und unnachgiebig. „Selene!“ Methos hatte ihren Schatten entdeckt und folgte ihr. Schon bald hatte er sie eingeholt. „Selene, bitte, bleib stehen“, rief er, doch er wußte, das es zwecklos war.

Stur lief sie weiter, achtete nicht auf sein Rufen. Doch so einfach ließ Methos sich nicht abschütteln. Sie war zum greifen nahe und Methos packte sie am Arm, um sie zum stehen zu bringen. „Warte, Selene! Warum läufst du vor mir davon? Einst hat uns doch soviel verbunden. Ich bin kein Reiter mehr, Selene. Diese Zeiten sind vorbei.“ „Es wird nie vorbei sein! Nie! Es wird niemals aufhören“, wies sie ihn scharf zurecht.

„Was redest du da? Es ist vorbei – für immer“, sprach Methos sanft. „Nein, es wird niemals vorbei sein. Kronos wird nie aufhören die Reiter zusammenführen zu wollen.“ „Kronos? Was hat das Ganze mit Kronos zu tun?“ fragte Methos irritiert. „Wo warst du all die Jahre? Methos, du warst nicht da als ich dich gebraucht hätte. Du bist nicht gekommen. Du hast mich allein gelassen. Wo warst du, Methos?“ Der ehemalige Reiter fragte sich, ob die Wassertropfen, die von ihren Wangen rieselten, Tränen oder der Regen waren.

„Sag mir, was geschehen ist“, bat er. „Selene, was hat man dir angetan?“ Selene wandte den Blick ab. Sie konnte ihn nicht ansehen; wollte nicht das er in ihren Augen sah, was vorgefallen war. Doch Methos schob zärtlich eine Hand unter ihr Kinn und hob es an. Er wollte ihr in die Augen sehen. „Was ist passiert?“ hakte er leise nach. „Kronos“, brachte Selene nur über die Lippen. Dann sank sie weinend in Methos‘ Arme. Beruhigend strich er ihr über das nasse Haar. „Was hat er dir angetan?“ „Ich hätte dich gebraucht“, schluchzte sie und klammerte sich haltsuchend an ihn.

„Komm, laß uns in meine Wohnung gehen. Wir haben einiges zu besprechen. Und ich will das nicht gerade im Regen machen“, flüsterte er und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. Selene nickte leicht. Beschützend legte Methos ihr einen Arm um die Schulter. Er führte sie zurück. Der Regen störte beide nicht. Methos machte sich Gedanken, was geschehen war. Er sorgte sich um sie. Instinktiv ahnte er, das Kronos ihr noch einmal begegnet sein mußte und das dies eine sehr schmerzliche Erinnerung für sie war.

Geduldig wartete Duncan in Methos‘ Wohnung. Er sah auf als er Schritte hörte. Dann führte Methos Selene zu seinen Bett. Duncan wollte fragen, was geschehen war, doch Methos winkte mit einer einzigen Bewegung ab. „Ich erzähle es dir später“, sprach er als er seinen Freund zur Tür führte. „Laß uns allein. Selene und ich müssen über vieles sprechen.“ „Ich verstehe! Ich hoffe, ihr findet einen Weg wieder zueinander zu finden.“ „Das hoffe ich auch. Danke, MacLeod.“ „Gern geschehen“, erwiderte Duncan, dann ließ er die Beiden allein. Sie hatten viel aufzuarbeiten. Das, was zwischen ihnen vorgefallen war, brauchte seine Zeit und Duncan wollte nicht stören. Methos und Selene mußten reden.

~ 9. ~

Vollkommen durchnäßt saß Selene bewegungslos auf Methos‘ Bett. Methos holte ein großes Handtuch aus einem Schrank und legte es ihr um die Schultern. Leicht trocknete er ihre Arme ab. Selene blickte ihm in die Augen. „Erzähl mir, was geschehen ist“, forderte er sie sanft auf und setzte sich neben sie. „Ich bin ... Kronos noch einmal begegnet“, sprach Selene mit brüchiger Stimme. „Wann?“ hakte Methos nach und er schluckte schwer. Er wußte, ihre Antwort würde ihm nicht gefallen.

„Es geschah lange nachdem die Reiter sich getrennt hatten. Kronos hat mich sofort erkannt. Er gab mir die Schuld daran, daß die Reiter zerbrachen und das du ... nicht mehr Death warst. Kronos gab mir die Schuld, daß du sie verlassen hast. Er meinte, ich hätte dich vergiftet.“ Selene brach ab, da erneut Tränen über ihre Wangen rieselten. „Liebling, bitte weine nicht! Es ist alles in Ordnung. Du bist in Sicherheit“, flüsterte Methos. Er nahm sie in seine Arme um sie zu beruhigen.

Auf Methos‘ nackten Oberkörper rannen noch die Wassertropfen des Regens herunter. Doch er kümmerte sich nicht darum. Seine einzige Sorge galt Selene, die er nun endlich wieder gefunden hatte. „Selene, bitte rede mit mir. Was hat Kronos getan, das du sagst, es wäre niemals vorbei?“ „Vor vielen hundert Jahren bin ich ihm durch Zufall wieder begegnet“, fing Selene noch einmal von vorne an. Da fiel Methos‘ Blick auf den Anhänger, den er ihr einst geschenkt hatte. Der Anhänger war derselbe, nur die Kette war ausgetauscht worden.

„Du trägst ihn noch?“ fragte er dazwischen. Selene folgte seinen Blick und nickte leicht. „Ja. Wie du selbst sagtest, hat sie mich fast immer beschützt. Außerdem war es das Einzige, das mich an dich erinnerte.“ „Was heißt fast immer?“ hakte Methos zweifelnd nach. „Sie hat mich nicht vor Kronos‘ Zorn beschützt.“ „Selene, wenn es dir so schwerfällt ... du brauchst es mir nicht sagen, wenn du nicht willst.“ Sie griff nach Methos‘ Hand und blickte ihn an.

„Ich will es aber – auch wenn es nicht leicht ist. Zuerst hat er mich ausgepeitscht. Er meinte, wenn du es nicht getan hast, muß er das nachholen.“ „Dieses Schwein“, kommentierte Methos trocken. „Und dann hat er ...“ Selene schluckte schwer. „Er hat mich vergewaltigt“, sprach sie schließlich. „Nein!“ Energisch schüttelte Methos den Kopf. Er hatte damit gerechnet, aber ... jetzt, wo er die Wahrheit wußte, tat es furchtbar weh. Er sprang auf und wanderte unruhig im Wohnzimmer hin und her.

Das, was ihn an dieser Tatsache zutiefst erschreckte, war, das er keinen Deut besser zu ihr gewesen war als Kronos. „Methos, bitte beruhige dich“, sprach Selene. „Wie konnte er nur?“ murmelte Methos. „Es ist lange her.“ Methos ließ die Schultern hängen und blickte sie an. „Kannst du es den je vergessen? Kannst du vergessen was Kronos und ich dir angetan haben?“ „Du hast mich einst gefragt, ob ich dir verzeihen kann. Weißt du noch, was ich dir geantwortet habe?“ Methos nickte leicht.

„Ja, ich erinnere mich gut an deine Antwort.“ „Heute kenne ich die Antwort. Heute bin ich mir dessen bewußt.“ „Und?“ fragte Methos gebannt nach. „Ich kann dir verzeihen, Methos. Heute kann ich es.“ „Wirklich?“ „Ja“, sprach sie bestätigend. Selene schenkte ihm ein leichtes Lächeln. „Du hast mir so sehr gefehlt“, gestand Methos. Er setzte sich vor das Bett hin und lehnte sich an das Möbelstück.

„Du hast mich verändert, Selene. Seit ich dich gehen ließ, habe ich mich gefragt, was aus dir geworden ist. Ich war überzeugt, du wärst nicht mehr am Leben.“ „Das Gleiche dachte ich von dir. Sicher habe ich diese Gerüchte gehört, aber ...“ Sie zuckte leicht mit den Schultern. „Ich bin froh, das Duncan sich eingemischt hat.“ „Ich auch, Methos.“ „Wir standen damals am Anfang unseres Glücks“, bemerkte er. „Warst du den glücklich?“ „Natürlich war ich das“, erwiderte Methos.

„Selene, du warst der erste Mensch, der solch tiefe Gefühle wie Zuneigung und Vertrauen in mir geweckt hat. Dir verdanke ich, das ich lernte, was Liebe wirklich bedeutet.“ „Liebe?“ wiederholte Selene leise. Sie hatten nie darüber gesprochen. „Ja, dieses Gefühl, das man Liebe nennt, hast du mir beigebracht. Du hast sie mich gelehrt.“ „Ich wollte es dir sagen, aber du ...“ „Ich weiß“, fiel Methos ihr ins Wort. „Und ich sollte dir das erklären. Als ich dich damals wegbrachte und du wolltest mir diese drei magischen Wörter sagen ... Da habe ich dich nur aus einem einzigen Grund unterbrochen.“ „Und der wäre?“ fragte Selene neugierig.

„Ich tat es weil ich keine andere Wahl hatte. Ich wußte, wenn du es mir sagst, dann kann ich dich unmöglich gehen lassen. Ich hätte dich nicht wegschicken können, wenn du mir gesagt hättest, das du mich liebst. In diesen Moment hätte ich dir dann – in meinen Augen – meine größte Schwäche gezeigt.“ „Wie soll ich das verstehen?“ „Ich hätte dir gesagt, das ich dich liebe. Ich hätte mich endgültig verloren, wenn du es gesagt hättest.“ „Methos, ich wußte nicht, das du ...“, stammelte Selene überrascht.

„Das was? Das es nicht bloß ein Gefühl war, sondern Liebe, die ich für dich empfand? Das ich mir gar nicht mehr vorstellen konnte ohne dich zu leben? Das ich eine noch größere und tiefere Zuneigung zu dir empfand als ich mir selbst eingestehen wollte? Selene, du hast mich von Grund auf verändert. Du warst mein rettender Engel. Ohne dich würde ich jetzt wahrscheinlich in der Hölle schmoren. Mich quälen solche Schuldgefühle – wegen dem, was ich dir angetan habe“, sprach er leise.

Selene rückte zu ihm und hauchte ihm einen zarten Kuss auf die nackte Schulter. Sie konnte einfach nicht anders. Sie mußte ihn berühren. Methos hatte einfach einen umwerfenden Oberkörper – muskulös und einmalig. Zart strich sie über seine Oberarme. Methos seufzte wohlig auf und drehte sich zu ihr um. „Selene, willst du das wirklich? Bist du dir sicher?“ fragte er. „Jetzt kann ich es dir ja sagen. Mit der Zeit, als du anfingst deine Grausamkeit abzulegen, habe ich mich immer mehr an dich verloren. Ich liebe dich, Methos“, gestand sie ihm.

Nun konnte Methos sich nicht länger zurückhalten. Er stand auf und drängte Selene in die weichen Kissen seines Bettes zurück. Dann verschloß er ihre Lippen zu einen hungrigen Kuss. „Wir sollten da weitermachen, wo wir aufgehört haben“, flüsterte er und knabberte zärtlich an ihrem Ohrläppchen. „Anscheinend kannst du Gedanken lesen.“ „Wenn es dir so geht wie mir ... dann kannst du auch nicht länger warten“, sprach er.

Methos blickte ihr in die Augen. Er sah, das sie sich fallen ließ. Doch Methos wußte, er mußte ihr Zeit lassen. Sie hatte soviel Gewalt in ihren Leben erfahren. Es sollte nie mehr so sein. „Aber da fehlt etwas“, sprach Methos und erhob sich um zum Kühlschrank zu gehen. „Was denn? Ich werde die ganze Nacht hierbleiben.“ „Du bleibst länger als eine Nacht hier. Glaubst du, jetzt wo ich meine schöne Göttin wiederhabe, werde ich dich einfach so wieder gehen lassen? Vergiß es! Doch, wenn wir dort weitermachen wollten, wo wir aufgehört haben, dann fehlt das hier“, sprach er und hielt eine Schüssel Erdbeeren in die Höhe. Selene legte den Kopf in den Nacken und lachte heiter.

Er stellte die Schüssel neben dem Bett ab, nahm eine Erdbeere zwischen seine Zähne und kniete sich über Selene. „Du bist wirklich verrückt“, lachte Selene, dann kam sie ihm entgegen. Sie biß ab und versank in Methos‘ Leidenschaft. „Jetzt hat es endlich damit geklappt. Beim letzten Mal wurden wir ja gestört.“ „Bitte, denk nicht länger an diese Zeit. Wir sind hier – in der heutigen Welt, im Jetzt.“ „Du hast recht“, pflichtete er ihr bei und streichelte zärtlich über ihre Wangen und ihren Hals.

Während er sich zu ihr beugte und sie sanft küßte, tastete seine rechte Hand nach der Fernbedienung der Stereoanlage. Methos bekam sie zu fassen und drückte auf den Knopf, der den CD-Player aktivierte. Leise, langsame Töne erfüllten den Raum. Methos ließ Selene gar keine Zeit darüber nachzudenken, denn er nahm sie fest in seine Arme und küßte sie mit verzehrender Leidenschaft.

„Ich will, das diese Nacht für dich unvergeßlich wird“, flüsterte er. „Und was ist mit dir und deinen Bedürfnissen?“ hakte Selene lächelnd nach. Methos strich ihr eine Haarsträhne zurück. „Für mich wird sie sowieso unvergeßlich sein. Du bist bei mir. Was will ich da mehr? Und wenn du glücklich bist, bin ich es auch.“ Wieder küßte er sie. Methos wußte, in seinen Armen würde sie alles vergessen, was sie erlebt hatte. Er würde die Erinnerung an die schlechten Dinge in ihren Leben für immer auslöschen.

Langsam entledigte er Selene ihrer Kleider und küßte jeden Zentimeter Haut, den er entblößte. Er verwöhnte sie mit Zärtlichkeiten, erkundete jeden Winkel ihres Körpers. Dann folgten auch Methos‘ Kleider und landeten auf dem Boden. Sie ließen sich Zeit; wußten sie doch, das sie alle Zeit der Welt hatten. Wenn man ewig lebte, konnte man dies mit guten Gewissen behaupten. Diesmal war alles anders. Diesmal wußten beide um die Gefühle des anderen Bescheid. Und diesmal waren sie nach Jahrtausenden der Trennung wieder vereint. Sie liebten sich wie noch nie zuvor ...

~ 10. ~

Am nächsten Morgen streckte Methos sich zufrieden und schlug die Augen auf. Er drehte sich zur Seite und blickte auf Selene, die neben ihm schlief. Ein glückliches Lächeln glitt über sein Gesicht. Methos beugte sich leicht vor und hauchte ihr einen zärtlichen Kuss auf die Lippen. Leicht bewegte Selene sich. „Schlaf weiter, Liebling! Ich kümmere mich um unser Frühstück“, flüsterte er, obwohl er wußte, das sie ihn nicht hörte.

Methos schwang sich aus dem Bett, zog eine frische Jeans an und ging in die kleine Küche. Fröhlich hantierte er in der Küche herum und zauberte ein üppiges Frühstück für Selene. Er hatte ihr den Rücken zugewandt und so bemerkte er nicht, das sie aufwachte. Selene räkelte sich leicht und griff neben sich, in der Hoffnung, Methos zu spüren. Doch der Platz war leer. Verwundert sah sie auf. Sie sah, wie Methos in der Küche stand und sich dort fröhlich austobte, wie es schien.

Selene stützte sich auf die Ellbogen und beobachtete ihn. Sie war genau zur rechten Zeit aufgewacht, da sich ihr gerade ein ziemlich verrücktes Bild bot. Aus dem Radio kam leise Musik, wo Lieder aus den achtziger Jahren gespielt wurden. Plötzlich schnappte Methos sich eine Rose, nahm sie zwischen die Zähne und fing wie ein Irrer zu tanzen an. Selene mußte sich auf die Lippen beißen um nicht laut loszulachen. Das sah einfach zu komisch aus. Man sah Methos an der Nasenspitze an, daß er glücklich war.

Und dann begann er auch noch mitzusingen. Tanzend schenkte Methos den Kaffee in die Tasse ein und natürlich kam, was kommen mußte. Er verschüttete die heiße Flüssigkeit. „Verdammt“, fluchte Methos leise. Der alte Mann nahm ein Handtuch und wischte den verschütteten Kaffee vom Boden auf. Schnell war er wieder auf den Beinen und schwenkte seine Hüfte elegant weiter. Nun beschloß Selene aufzustehen. Sie hatte genug gesehen. Lautlos zog Selene sich an und schlich zu Methos in die Küche.

Methos tanzte in der Zwischenzeit mit seinem Handtuch Tango. Auf einmal stand Selene vor ihm. Grinsend ließ Methos das Handtuch sinken. „Guten Morgen“, sprach er fröhlich. „Guten Morgen! Drehst du jeden Tag in der Früh so durch?“ fragte sie neugierig nach. Ein amüsiertes Lachen entrang sich ihrer Kehle. „Wie lange bist du schon wach?“ erkundigte sich Methos. „Lang genug, um dein wildes Herumgehüpfe mitzubekommen.“ „Das, Liebling, zeigt doch nur, wie glücklich ich bin, oder?“ sagte er, nahm Selene in die Arme und hob sie hoch.

„Was soll das den, Methos? Laß mich runter“, kreischte sie als er sie herumwirbelte. „Im Moment gibt es keinen glücklicheren Menschen als mich auf Erden. Sag mal, warum bist du eigentlich angezogen?“ fragte Methos irritiert und stellte sie wieder ab. „Vielleicht weil das die einzige Kleidung ist, die ich hier habe.“ „Dann habe ich drei Vorschläge.“ „Und welche?“ „Erstens, du ziehst zu mir. Dann hast du genug Sachen hier. Zweitens, du ziehst dich wieder aus und legst dich ins Bett zurück. Und drittens, du läßt dir von mir das Frühstück ans Bett bringen.“ „Ich habe eine bessere Idee“, unterbrach Selene ihn.

„Ach ja?“ Fragend zog Methos eine Augenbraue hoch. „Und welche?“ „Wir lassen den ersten und dritten Vorschlag weg und auch das Frühstück und widmen uns gleich deinen zweiten Vorschlag“, lächelte sie verführerisch. „So direkt kenne ich dich gar nicht“, stellte Methos fest. Methos wußte, das Selene durch seine Grausamkeit sehr eingeschüchtert gewesen war. Selbst als er sich in sie verliebt hatte, war immer er es gewesen, der die Initiative ergriffen hatte. Es war nie von Selene ausgegangen.

„Tja, du weißt eben noch nicht alles von mir. Ich habe mich verändert“, sprach sie keck. Methos lachte leise. „Ich würde es gern herausfinden. Weißt du was, Selene?“ „Nein. Aber ich schätze einmal, du wirst es mir gleich sagen“, erwiderte Selene mit einen neugierigen Blick. „Wir sollten an die Nacht anknüpfen. Da gebe ich dir völlig recht. Wir haben gut zweitausend Jahre nachzuholen.“ „Eine lange Zeit“, kommentierte Selene. Methos stellte das Tablett zur Seite und zog sie eng an sich. Wild küssend stolperte er mit Selene auf das Bett zurück. Alles geschah noch einmal – aber diesmal mit einer noch größeren Hingabe und Leidenschaft wie in der letzten Nacht ...

Nachdem sie im Bett gefrühstückt hatten, zog sich Selene langsam an. „Du kannst mich jetzt noch nicht verlassen“, protestierte Methos und drehte sich zu ihr um. Er lag noch im Bett – charmant und verführerisch. Er war die reinste Verführung. „Es geht nicht, Methos. Ich habe heute noch einiges zu erledigen.“ „Und was?“ fragte er neugierig, aber auch eine Spur eifersüchtig. „Arbeiten, zum Beispiel?“ sprach sie herausfordernd. Methos lachte leise und griff nach ihrer Schulter, um sie zu sich zu ziehen.

„Es geht wirklich nicht, Methos. Ich muß mich noch ein wenig daran gewöhnen.“ „Woran gewöhnen?“ fragte er irritiert und stützte sich mit den Armen ab. „Das du wieder in meinen Leben bist.“ „Es verwirrt dich?“ „Ja. Was denkst du den? Und deshalb halte ich es auf für keine gute Idee, wenn ich jetzt schon bei dir einziehe. Laß mir etwas Zeit. Ich werde zu dir ziehen, aber jetzt noch nicht“, versprach sie ihm. „Ich werde dich nicht zwingen. Ich kann warten, auch wenn es mir schwerfällt“, meinte er und strich sanft über ihre Wange. In diesen Moment sahen die Beiden auf. Sie spürten die Anwesenheit eines anderen Unsterblichen.

„Das ist sicher bloß Duncan. Der wird nachsehen wollen wie es uns geht“, kommentierte Methos gelangweilt und stand auf. Da es Selene unangenehm war, so freizügig vor Duncan zu erscheinen, zog sie sich hastig den Rest ihrer Kleidung an. Nichts ahnend öffnete Methos die Tür und erstarrte augenblicklich. Vor ihm stand ein Mann mit einer Narbe im Gesicht. Ein Mann, den er zu gut kannte. „Mein Gott“, flüsterte Methos. „Hallo Bruder“, grüßte ihn der Fremde grinsend.

„Methos, wer ist das?“ fragte Selene neugierig, da sie sah, wie erstarrt Methos an der Tür stand. Da er die Tür nicht weit geöffnet hatte, sah sie nicht, wer davor stand und mit wem Methos sprach. Was brachte Methos so durcheinander? „Dein Besuch kommt mir genau recht“, teilte der Fremde den alten Mann mit und zückte einen Dolch. Methos war zu überrascht um zu reagieren. Die Klinge des Dolches wurde in seine Brust getrieben.

Er verlor das Gleichgewicht und flog in das Innere der Wohnung zurück. Selene schrie auf und wollte zu ihn stürmen, da trat der Fremde ein. Augenblicklich wurde sie weiß wie die Wand. Das Blut gefror ihr in den Adern. „Kronos“, flüsterte sie entsetzt. Was tat er hier? Wie hatte er sie gefunden. Tausend Gedanken schossen ihr durch den Kopf als Kronos zu ihr kam und sie bei den Armen packte. „Unser Liebespaar hat sich also wieder gefunden und versöhnt. Ich muß euch leider stören. Du kommst mit mir, meine Süße.“ „Nein! Methos“, schrie sie verzweifelt und blickte auf ihn herab, der geschwächt am Boden lag.

Methos war noch nicht bewußtlos. Er war noch schwach bei Sinnen. Methos versuchte sich mit der Kraft, die er noch hatte, hochzustemmen, aber es gelang ihm nicht. Die Kraft schwand. Bald würde er sterben und wieder erwachen, das wußte er. Doch er konnte Selene nicht ihren Schicksal überlassen. „Laß deine dreckigen Pfoten von ihr, Kronos“, stöhnte er und sackte in sich zusammen. Bestürzt sah Selene ihn an. Sie sah, wie seine Lippen tonlos ihren Namen sprach, dann schlossen sich seine Augen. Er war soeben gestorben.

„Nicht jetzt! Methos, bitte!“ flehte sie inständig, doch er hörte sie nicht länger. „Was hast du getan?“ fuhr sie Kronos scharf an. Ihr Zorn war größer und stärker als ihre Angst vor diesen unberechenbaren Mann. „Er kommt bald wieder zu sich. Nur, wirst du dann nicht dabei sein. Ich nehme ich nämlich mit. Aber keine Sorge, ihr werdet euch bald wiedersehen. Er wird uns sicher folgen, mein Täubchen. Immerhin wird er dich retten wollen“, teilte Kronos ihr mit und schlug ihr mit der Faust hart ins Gesicht.

Selene verlor augenblicklich die Besinnung und segelte in das Land der Träume. Kronos warf sie sich über seine Schulter und hinterließ auf Methos‘ Bett einen weißen Umschlag – eine kleine Nachricht für seinen Bruder. Als er über den toten Methos hinwegstieg, sprach er: „Bis bald, Bruder! Wir werden uns wiedersehen. Wenn du deine Süße wiederhaben willst, mußt du dich wohl mit mir auseinandersetzen. Dann verschwand er durch die Tür und nahm Selene mit sich.

Kronos verfolgte einen teuflischen Plan. Er hatte lange auf diesen Moment gewartet. Bis heute hatte er Methos nicht verziehen, das er die Reiter verlassen hatte und somit das Ende der vier Reiter eingeläutet wurde. Und Kronos kannte Methos – besser als der ehemalige Tod es vielleicht wußte. Kronos wußte, wenn Methos aufwachte und den Brief las, würde er ausrasten und ihm folgen. Methos würde alles tun um Selene zu retten. Und wenn er das tat, würde er unvorsichtig und verwundbar werden.

In seiner Angst um sein Mädchen würde Methos Fehler machen. Er würde genauso reagieren wie jeder andere Mann, dessen Frau in Gefahr war. Kronos verstand nicht, warum Methos wegen einer Frau alles weggeworfen und verraten hatten, wofür die vier Reiter der Apokalypse einst standen. Doch er – der Anführer der vier Reiter – hatte geschworen, das Methos dafür bezahlen würde. Und dieser Tag war nun gekommen. Selene war das beste Mittel um Methos zornig zu machen und ihn gleichzeitig zu schwächen, so das er unfähig war, zu kämpfen. Und wenn es soweit war, würde Kronos seine Rache bekommen.

Zwei Stunden später

Ein leises, qualvolles Stöhnen drang über Methos‘ Lippen. Er spürte einen stechenden Schmerz in seiner Brust, aber er kümmerte sich nicht darum. Mit einer einzigen Bewegung zog Methos den Dolch heraus. Augenblicklich schloß sich die Haut. Langsam stand er auf und blickte sich um. Die Wohnung war leer. Methos schüttelte leicht den Kopf, mußte sich erinnern, was überhaupt geschehen war. Schlagartig wurde es ihm klar: Kronos war hier gewesen.

„Selene?“ rief Methos mit zitternder Stimme. Als Antwort hallte ihm jedoch nur die grausame Stille seiner Wohnung entgegen. „Kronos – er hat sie mitgenommen“, stellte Methos entsetzt fest. Sein Blick fiel auf den auffällig weißen Umschlag, der auf seinen Bett lag. Neugierig kam Methos näher. Auf dem Umschlag stand sein Name und Methos erkannte die Handschrift. Es war die von Kronos. Unbehaglich öffnete er den Umschlag. Er enthielt einen Brief – eine Nachricht seines ehemaligen Bruders. Methos fürchtete sich vor dem, was auf dem Stück Papier stand. Aber er hatte keine andere Wahl. Mit einer bösen Vorahnung begann er die Nachricht zu lesen.

Death,
Wie Du erkannt hast, bist Du allein in Deiner Wohnung. Sorge Dich nicht, Deine Süße ist bei mir und sie wird vorerst bei mir bleiben. Jedenfalls solange, bis wir beide uns treffen. Du kannst sie wiederhaben, wenn Du bereit bist, Dich mit mir auseinanderzusetzen. Denn ich denke, dafür wird es langsam Zeit. Du bist lang genug vor den Konsequenzen Deines einstigen Fehlers davon gelaufen. Es wird Zeit, das Du Dich mir endlich stellst und wir beenden, was Du damals nicht beendet hast.
Du hast mich bitter enttäuscht, Methos. Ich dachte, du wärst vom gleichen Schlag, von der gleichen Stärke wie ich. Ich dachte, in Deinen Adern fließt dasselbe Blut wie in meinen. Doch ich habe mich getäuscht. Du bist schwach. Ich habe anscheinend zuviel in Dir gesehen. Du hast Deine herausragenden Fähigkeiten wegen einer Sklavin aufgegeben. Und das werde ich Dir niemals verzeihen.
Ich denke, Dein Weib hat Dir von unserer Begegnung erzählt und auch davon, was ich mit ihr angestellt habe. Glaube mir, wenn ich Dir sage, das es mir außergewöhnlich viel Spaß gemacht hat. Ich kann mir vorstellen, das Du rasend bist vor Zorn. Aber ich habe mit ihr nichts getan, was Du einst nicht auch mit ihr gemacht hast. Woher ich weiß, das ihr wieder zusammen seit, ist uninteressant. Das Einzige, das zählt, ist, das ich Dich in der Hand habe. Wenn Du Dich mir nicht freiwillig stellst, werde ich Dich dazu zwingen.
Ich bin gekommen – zurück gekehrt in Dein Leben – um Dir die Leviten zu lesen, um meine Rache zu bekommen. Du hast das größte Werk meines Lebens zerstört. Du hart das Großartigste, was jemals existiert hat, vernichtet – die vier Reiter der Apokalypse. Und wofür? Für eine Frau, die in Dir plötzlich den Wunsch nach Liebe geweckt hat. Und dafür wirst du büßen. Du wirst einen sehr hohen Preis dafür bezahlen. Inzwischen kenne ich Deinen schwächsten Punkt. Es ist Dein Weib. Du bist Derjenige von uns, der sich verändert hat und mit seinen Weggang alles zerstört hat, was ICH aufgebaut habe.
Doch ich gebe Dir die Chance, Selenes Leben zu retten, ohne das ich ihr den hübschen Kopf abschlage und Dir die Leichenteile zuschicke. Sei heute Abend, um 23:00 Uhr, bei der alten Industriefabrik am Stadtrand. Bist Du pünktlich, gebe ich Dir die Möglichkeit, mit Selene nach Hause zu gehen – vorausgesetzt, Du besiegst mich. Du kannst um ihr Leben und auch um Deines kämpfen, obwohl Du es gar nicht verdient hast, die Chance auf ein Duell mit mir zu bekommen. Verlierst Du – und sei Dir sicher, Du wirst verlieren – dann werde ich sie Dir nach Deinen Tod nachschicken. So oder so werdet ihr gemeinsam euren letzten Weg beschreiten, das garantiere ich Dir.
Eines möchte ich Dir noch mitteilen: Als ich ihr damals begegnet bin und sie geschändet habe, war es für mich die größte Freude. Ich weiß ja, wieviel Dir diese falsche Hexe bedeutet. Ihretwegen hast Du die Reiter verlassen. Sie zu schänden, war das größte Vergnügen für mich. Und wer weiß? Vielleicht tue ich es ja noch einmal. Du wirst bezahlen – dafür, das Du die Reiter des Todes verlassen und zerstört hast. Nur Deinetwegen sind sie zerbrochen und dafür wirst Du in der Hölle schmoren.
Aber mache Dir keine Sorgen. Ich gebe schon auf Deine Kleine acht. Wenn Du Deine Süße wiederhaben willst, tauchst Du heute Abend auf – ALLEIN! Kommst Du in Begleitung – mit diesen MacLeod – dann werde ich Deine Süße vor Deinen Augen töten. Dann nehme ich Dir das Wichtigste in Deinen Leben, da Du vor langer Zeit schon verschwendet hast, indem Du Deine Fähigkeiten weggeworfen hast. Wir sehen uns heute Abend! Ich warte auf Dich!

Bis dann Bruder
Kronos

Augenblicklich schien Methos all seine Kraft zu verlieren. Er sank auf die Knie; konnte nicht glauben, was er da las. Kronos hatte Selene entführt, weil er wußte, nur so ließ er – Methos – sich auf ein Duell ein. Er kannte Methos in- und auswendig. Nur wenn Kronos seinen Schwachpunkt ausnutzte, würde Methos sich ihm stellen und nicht einfach seine Sachen packen und verschwinden. Und sein Schwachpunkt war nun einmal Selene. Ich habe sie wieder in Gefahr gebracht. Wieder konnte ich sie vor ihm nicht beschützen, dachte Methos verzweifelt.

„Selene, nein“, flüsterte er immer und immer wieder. Schwach sackte Methos in sich zusammen. Er kauerte am Boden und weinte stumme Tränen. In diesen Moment kam Duncan durch die Tür. Methos spürte zwar die Anwesenheit eines anderen Unsterblichen, aber er rührte sich nicht. Es war ihm egal, wer da kam. Im Augenblick hatte alles seine Bedeutung verloren. Entsetzt blickte Duncan seinen Freund an. Er kam zu ihm. „Methos, um Gottes Willen! Was ist geschehen?“ fragte er und rüttelte ihn leicht an der Schulter.

Langsam hob Methos den Blick. Duncan glaubte zuerst nicht, was er das sah. Methos weinte. Er hatte den alten Mann noch nie weinen gesehen. „Er hat Selene“, flüsterte Methos. „Wer?“ „Kronos! Er war hier. Er hat mich nieder gestochen und Selene entführt.“ „Aber warum?“ „Er will mich bestrafen. Dafür, das die Reiter nicht mehr sind. Kronos gibt mir die Schuld daran.  Er hat mich herausgefordert.“ „Methos, du kannst nicht gegen ihn kämpfen. Seit zweihundert Jahren hast du keinen Kampf mehr gehabt. Und dann willst du ausgerechnet gegen Kronos kämpfen?“ versuchte Duncan ihm seinen Entschluß auszureden.

Plötzlich war Methos‘ Trauer verschwunden und er sprang wütend auf. „Was soll ich machen? Ich habe keine andere Wahl. Er hat Selene, Duncan. Wenn ich mich nicht mit ihm duelliere, wird sie sterben. Er wird sie töten. Ich weiß es. Ich kenne ihn. Er hat sie nur entführt, damit ich vor dieser Auseinandersetzung nicht fliehe. Er weiß, unter normalen Umständen würde ich niemals gegen ihn kämpfen. Aber so? Mein Gott, warum hast du sie hergebracht? Warum, Duncan? Wenn wir uns nicht wieder gesehen hätten, wäre sie nie in diese Gefahr geraten.“ Der Schotte sah Methos an wie verzweifelt dieser war.

Und dann brach es aus Methos heraus. „Ich konnte sie wieder nicht beschützen. Ich kann es einfach nicht“, flüsterte er. „Methos, keiner von uns konnte ahne, das Kronos hinter dir her ist.“ „Er benutzt sie. Selene ist für ihn doch nur ein Mittel zum Zweck.“ „Ich weiß. Was willst du tun?“ fragte Duncan, obwohl er die Antwort schon kannte. Methos blickte ihn entschlossen an. „Ich werde zum Treffpunkt gehen und ... ihn töten. Es soll endlich ein Ende haben. Irgendwann muß es doch vorbei sein. Ich werde nicht zulassen, daß er Selene noch einmal weh tut. Nie mehr soll das geschehen“, sprach Methos.

Er holte sein Ivanhoe-Schwert hervor und blickte aus dem Fenster. Langsam braute sich die Dunkelheit über der Stadt zusammen. „Ich werde dich töten, Kronos“, versprach er. Doch Methos wußte, Duncan würde ihn niemals allein zum Treffpunkt gehen lassen. Aber das war nötig um Selene nicht in Gefahr zu bringen. Deshalb mußte er zuerst seinen Freund ausschalten. „Methos, dieser Kampf ...“, begann Duncan, doch weiter kam er nicht. Methos schlug ihn nieder und fesselte ihn dann an einen Stuhl. „Verzeih mir, aber das ist mein Kampf. Es geht um die Frau, die ich liebe. Das ist allein meine Angelegenheit. Nun ist es persönlich geworden“, sprach er und verließ die Wohnung.

Noch nie war Methos so entschlossen gewesen. Diesmal würde er Kronos töten. Ich hätte es damals tun sollen, dachte er und stieß einen leisen Seufzer aus. Jetzt ging es nicht mehr um Revanche, um Rache oder um eine Sache, die sie damals begonnen hatten. Nun ging es um viel mehr. Es ging um seine Liebe. Diesmal war Kronos zu weit gegangen. Methos brauchte sie, konnte ohne sie nicht länger leben. Und er würde sie retten. Um jeden Preis würde er dafür sorgen, das Selene nichts geschah. Und wenn er sich selbst dafür opfern mußte ...

~ 11. ~

Alte Industriefabrik

Selene stöhnte leicht und schlug die Augen auf. Leicht dröhnte es noch in ihren Kopf. Kronos‘ Schlag war äußerst hart gewesen. „Wo bin ich?“ fragte sie verwirrt und dann begegnete sie den Blick von Kronos. Er saß auf einen alten Stuhl und blickte sie unverwandt an. „In der alten Industriefabrik. Gut, das du aufgewacht bist. Dein Liebster wird bald hier sein, Darling.“ „Ich verstehe nicht“, murmelte Selene. „Ich habe Methos heraus gefordert, obwohl es ja unter meine Würde liegt, einen Verräter eine Chance auf meinen Kopf zu geben. Zuerst wirst du dabei zusehen wie er stirbt und dann töte ich dich“, grinste Kronos breit.

Erst jetzt bemerkte Selene, das sie mit Ketten an die Wand gefesselt war. „Zu deiner eigenen Sicherheit“, erklärte Kronos ihr beiläufig. „Sag mal, mein Täubchen, wie ist das, wenn man seinen Liebsten nach einer Trennung von zweitausend Jahren wiedersieht?“ „Das geht dich überhaupt nichts an, du Bastard“, fauchte Selene wütend. „Oh ... Hat Methos dir einen solchen Ton beigebracht? Also wirklich! Er sollte mehr auf deine Umgangsformen achten.“ Kronos warf einen Blick auf seine Uhr. „Zwei Stunden noch, dann kann es losgehen. Der Showtown kann bald beginnen“, juchzte Kronos vergnügt, stand auf und ließ Selene allein.

Leise seufzte Selene. Tief in sich verspürte sie Angst. Sie hatte keine Angst vor Kronos. Sie fürchtete um Methos‘ Leben. Kronos war stark und Selene ahnte, das Methos lange nicht mehr richtig gekämpft hatte. Leicht begann sie zu frösteln. Es war kalt geworden. Und es war klar, das dies Kronos nicht kümmerte. Auf einmal vernahm Selene den ihr so bekannten Buzz und ein Geräusch an der Tür. Die Ketten klapperten.

Neugierig blickte sie auf. Zuerst sah sie nur glänzenden Stahl, doch dann kam jemand vorsichtig durch die Tür. Es war Methos. Er war hier. Langsam ging er die Stufen hinunter. Sein Blick war wachsam und er nahm jedes noch so kleine Geräusch in sich auf. Sein schönes und unersetzbares Ivanhoe-Schwert hielt erin Angriffsstellung, immer bereit, sich zu verteidigen. Kronos hatte sein Erscheinen noch nicht bemerkt. Und dann sah Methos Selene.

Mit ein paar schnellen Schritten war er bei ihr und hauchte ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. „Bist du in Ordnung? Hat er dir etwas getan?“ fragte er besorgt. „Nein, es geht mir gut.“ Leise öffnete Methos die Ketten und machte Selene los. Als er sie befreit hatte, nahm er sie in seine Arme und drückte sie eng an sich. „Mein Gott, ich hätte es nicht überlebt, wenn dir etwas passiert wäre. Gott sei Dank ist noch alles heil an dir.“ „Methos, willst du wirklich gegen ihn kämpfen?“ fragte Selene besorgt und sie begegnete seinen Blick.

„Zuerst bringe ich dich von hier weg. Kronos ist mein Problem.“ „Nein, ist es nicht. Er ist unser Problem. Methos, er hat mich doch nur entführt, damit du dich auf einen Kampf mit ihm einläßt.“ „Ich weiß. Es tut mir leid.“ Der Ausdruck in seinen Augen veränderte sich. Ernst und traurig blickte er sie an. „Wie meinst du das?“ „Ich hätte es besser wissen sollen. Ich kann dich einfach nicht beschützen.“ „Rede keinen Unsinn“, wies sie ihn zurecht. „Du kannst mich beschützen. Du bist hier. Wie lange hast du nicht mehr gekämpft.“ „So an die zweihundert Jahre.“ „Methos, bist du verrückt?“ rief Selene. 

„Wir reden hier von Kronos. Du weißt, wie gut er ist. Bitte, laß dich nicht darauf ein“, sprach sie eindringlich auf ihn ein. „Ich weiß, was ich tue.“ „Das weißt du nicht. Methos, stürze nicht in den Tod für mich. Das will ich nicht.“ „Selen, hör mir zu: Du hast zu mir gesagt, daß es nie vorbei sein wird. Es wird nie enden. Du täuscht dich. Es wird vorbei sein. Mit Kronos‘ Tod wird es ein für alle Mal enden. Das verspreche ich dir.“ „Ich will nicht, das du dich für mich opferst“, flehte Selene tonlos.

Beruhigend legte Methos ihr einen Arm um die Taille. „Ich bringe dich jetzt erstmal weg. Hier bist du nicht sicher.“ Methos führte sie in Richtung der Stufen und somit dem Ausgang entgegen. Doch am Treppenansatz blieb er stehen und zückte schneller – als Selene reagieren konnte – sein Schwert. Am Eingang stand Kronos. Er schien nicht überrascht zu sein seinen Bruder vor dem vereinbarten Termin zu sehen. „Ich wußte, du würdest früher auftauchen, Bruder.“ „Ich bin nicht mehr dein verdammter Bruder“, erwiderte Methos und schob Selene hinter sich.

„Wie niedlich! Der einstige Death der apokalyptischen Reiter will seine Hure beschützen“, sprach Kronos verbittert. Langsam kam er die Treppe hinunter und Methos wich ein Stück zurück. Eine Hand hatte er leicht rückwärts gestreckt um Selene zu beschützen. Mit der anderen hielt er drohend sein Schwert in der Hand. „Selene ist keine Hure. Merk dir das endlich, du elender Bastard“, wies Methos seinen ehemaligen Bruder scharf zurecht.

„Du bist ein solcher Schwächling geworden, Methos. Wir beide waren vom gleichen Gemüt, vom gleichen Blut. Ich dachte sogar, du wärst stärker als ich. Doch da habe ich mich bitter in dir getäuscht. Du bist schwach – bei weitem nicht so stark wie ich dachte. Du verlierst dich an eine Frau, die deine Sklavin war. Wegen ihr hast du alles verraten wofür wir gestanden haben, wofür wir existiert hatten. Du hast die Reiter der Apokalypse zerstört. Wegen dir zerbrach mein größtes und bestes Werk. Und dafür wirst du bezahlen“, warf Kronos ihm vor.

„Ich habe lange auf meine Rache gewartet. Und heute, Methos, ist dieser Tag endlich da – der Tag der Vergeltung. Jetzt, hier und heute, bekomme ich deinen Kopf und die größte, unsterbliche Macht der Welt. Eine Macht, die mich zum mächtigsten Unsterblichen der Welt machen wird“, rief Kronos und ein Lachen entrang sich seiner Kehle. Instinktiv schob Methos Selene noch weiter hinter sich. Er traute Kronos keinen Millimeter. Und mit dem bin ich einst durch die Gegend gezogen, dachte er kopfschüttelnd. Heute war es für ihn unverständlich, wie er sich je hatte mit Kronos einlassen können.

„Laß Selene aus dieser Sache raus! Das ist ein Kampf, der nur uns beide betrifft. Sie hat nichts damit zu tun.“ „Nein, sie bleibt“, knurrte Kronos. „Sie soll sehen, wie ihr Liebster zu Boden geht und enthauptet wird. Dieses Vergnügen soll sie nicht verpassen.“ „Verdammt, Kronos, sie hat nichts mit unseren Streit zu schaffen. Laß sie gehen“, forderte Methos. „Sie bleibt hier. Hast du noch immer nicht kapiert, das es hier um sie geht? Sie war doch der Grund für deine Veränderung. Der Grund, warum du die Reiter verlassen hast“, sprach Kronos zornig.

Er wurde immer wütender. Methos brachte ihn wirklich auf die Palme. Er konnte nicht glauben, wie sehr sich Death doch verändert hatte. Kronos sah einen völlig neuen Methos vor sich. Einen Mann, dem Schuldgefühle plagten und der verliebt war. Das war nicht mehr Death. Und Selene war sein Schwachpunkt. Er war verletzlich und so ein leichtes Opfer für ihn. Der Kampf würde schnell gehen und Methos würde schon bald tot sein. Dann gehört seine Macht mir, dachte Kronos in freudiger Erwartung.

„Selene gab mir den Anstoß. Aber die Wahrheit, Kronos, ist, das ich mir schon vor ihrem Auftauchen Gedanken über mein Leben als Reiter machte.“ „Rede keinen Unsinn! Diese Hexe hat dich vergiftet. Du warst damals böse und kalt. Und dann kam sie.“ Verächtlich deutete Kronos auf Selene, vor der Methos noch immer schützend stand. „Sie hat dich vergiftet. Sie hat dir einen solchen Blödsinn wie Liebe und Gefühle eingeredet. Du konntest nicht mehr morden, nicht mehr brandschatzen und schänden. Ich verstehe das nicht. Erkläre es mir. Methos, sag mir, was in dir vorgeht“, forderte Kronos unnachgiebig.

„Das ist etwas, was du nie verstehen wirst. Ich liebe sie“, offenbarte Methos ihm. „Vielleicht hast du recht und sie hat mich von Grund auf verändert. Aber ich danke ihr dafür. Ich bin froh, das sie in mein Leben getreten ist. Ohne sie wäre ich schon längst in der Hölle.“ „Nein, wir wären noch da. Wir, die Reiter des Bösen, würden noch existieren. Verstehst du das nicht? Sie hat alles vernichtet. Ihr beide habt mein größtes Werk zerstört“, rief Kronos zornig.

„Du willst es nicht verstehen, oder? Das verdenke ich dir nicht. Du bist nicht dazu in der Lage jemals zu lieben. Das ist dir fremd. Ich habe mich verändert, Kronos. Ich bin nicht mehr Derselbe und ich mag mich, so wie ich jetzt bin. Ich werde nicht zulassen das du ihr noch einmal Leid zufügst. Du wirst nie mehr die Chance dazu bekommen, Kronos.“ „Das werden wir ja sehen. Wenn ich dich erst getötet habe, werde ich mir deine Süße noch einmal zur Brust nehmen, bevor ich sie dir ins Jenseits nachschicke“, meinte Kronos und ging die restlichen Stufen hinunter.

Entschlossen schob Methos Selene zur Seite. „Geh da rüber“, befahl er ihr sanft. „Ich kann dich nicht allein lassen. Bitte, Methos, laß dich nicht darauf ein“, flehte Selene in der Hoffnung, das Methos nicht gegen Kronos kämpfen würde. „Liebling, tue was ich dir sage. Ich befehle dir wirklich nicht gerne etwas, aber höre jetzt auf mich“, wies Methos sie zurecht. Er wollte sie außerhalb der Gefahrenzone haben. Er spürte, das der Kampf zwischen Kronos und ihm bald entfachen würde. Die Situation spitzte sich zu.

Selene seufzte leise. Sie wußte, es hatte keinen Sinn, Methos diesen Kampf auszureden. Er war fest entschlossen, diese Sache ein für alle Mal zu beenden. Er drehte sich kurz zu ihr um und drückte ihr einen zärtlichen Kuss auf die Lippen. Dann wandte er sich Kronos zu und richtete die Spitze seines Schwertes auf seinen Gegner. „Los, Kronos, laß es uns hinter uns bringen“, forderte er seinen ehemaligen Gefährten, mit dem er solange geritten war, auf. Ängstlich beobachtete Selene die Beiden. Sie hatte Angst, daß Methos Kronos unterlag und diese Möglichkeit bestand.

Kronos lachte vergnügt. „Du hast dich ja lange aus unseren Spiel raus gehalten. Wie lange hast du nicht mehr gekämpft, Methos? Ich schätze, einige hundert Jahre nicht, oder? Das wird ein Kinderspiel für mich.“ „Täusche dich nicht, Kronos. Du darfst deinen Gegner niemals unterschätzen, weißt du noch? Ich mag vielleicht lange nicht mehr gekämpft haben, aber ich bin noch immer sehr gut. Nur weil ich es nicht gerne tue, heißt das nicht, das ich es nicht kann“, sprach Methos.

Der Anführer der apokalyptischen Reiter hob sein Schwert und holte zum Schlag aus. Laut klirrte seine Klinge gegen die von Methos. „Oh, der Herr kann wirklich noch etwas. Das hätte ich nicht gedacht. Aber es wird dir nichts nützen, Methos. Du wirst sterben. Du wirst deinen Kopf verlieren, das garantiere ich dir.“ „Sei nicht so arrogant, Kronos. Das war schon immer dein größtes Problem. Du überschätzt dich“, teilte Methos ihn unbeeindruckt mit.

„Los, hör zu quatschen auf und kämpfe!“ Das ließ sich Kronos nicht zwei Mal sagen. Ernsthaft begann er den Kampf, auf den er solange gewartet hatte. Methos sprang über den kleinen Tisch, der in der Mitte des Raumes stand, um nicht in stolpern zu geraten. Er hatte am Anfang einige Schwierigkeiten, doch schon recht bald fand er sich in den Kampf ein. Wie von selbst fiel er in seine alte Form zurück. Nichts hatte er verlernt. Das überraschte Kronos nun doch. Er hatte nicht erwartet, das Methos sich so schnell fangen würde. Aber es würde ihm nichts bringen. Methos würde diesen Kampf nicht überleben. Dafür würde er sorgen.

~ 12. ~

Während sich Methos ein packendes Duell mit seinen einstigen Bruder lieferte, wachte Duncan in der Wohnung seines Freundes auf. Sofort war ihm klar, das Methos ihn gefesselt hatte. „Dieser Bastard! Er bringt sich noch selbst um“, flüsterte Duncan leise. Er brauchte einige Zeit bis er die störenden Fesseln gelöst hatte. Duncan mußte sofort zu Joe, seinen Beobachter. Joe mußte ihm helfen, herauszufinden, wo dieses Duell stattfand.

Gerade als er die Wohnung verlassen wollte, fiel Duncans Blick auf das Stück Papier, das Methos achtlos zu Boden geworfen hatte. Er hob es auf und las sich den Brief durch. Das würde ihm eine lange Suche ersparen. Nun wußte er, wo die Beiden sich bekriegen würden. „Hoffentlich lebt er noch“, dachte Duncan laut. Es war immerhin lange her, das der alte Mann seinen letzten Kampf gehabt hatte. Und er wußte, Methos ging einen Kampf lieber aus den Weg als sich zu stellen. Doch diesmal war er freiwillig zu seinen Duell gegangen.

Duncan konnte seine Beweggründe verstehen. Er tat es aus Liebe. Methos tat dies für die Frau, die er liebte. Sie mußte ihm sehr viel bedeuten, dachte Duncan als er sich in seinen Wagen setzte und losfuhr. Tausend Gedanken schossen Duncan durch den Kopf als er sich auf den Weg zur alten Industriefabrik machte. Er wußte, wie ungern Methos kämpfte. Hoffentlich bringt ihn sein Leichtsinn nicht um, dachte Duncan besorgt. Er betete, das Methos noch am Leben war ...

Das laute Klirren der Schwerter nahm kein Ende. Einige karge Möbelstücke der alten Industriefabrik waren von den beiden Männern schon zerstört worden. Nun waren sie nicht mehr im Inneren des Geländes, sondern hatten das Kampfgeschehen nach draußen verlagert. Lange Zeit schien es so, als würde der Kampf nie enden, da Methos hart Kronos‘ Attacken entgegenhielt. Er gab nicht nach und schon gar nicht dachte er daran aufzugeben. Diesmal mußte –er es beenden – für sich, aber vor allem für Selene.

Sie sollte nie mehr Angst haben müssen, daß es eine Wiedervereinigung der Reiter gab. Sie sollte nie mehr Angst haben, daß Kronos wieder auftauchte. Nein, sie sollte ab jetzt ohne diese Angst leben. Auch, wenn er sich selbst dafür aufgeben mußte, so würde er dafür sorgen, das sie in Zukunft ohne diese tiefverwurzelte Angst leben konnte. Das war er ihr schuldig. Er war bereit sein Leben zu geben, um die Frau, die er liebte, zu beschützen. Methos richtete seine ganze Konzentration auf den Kampf. Er durfte sich einfach keine Schwäche erlauben.

Und dann donnerte es vom Himmel herab. Ein Gewitter brach heran. Doch das störte die beiden kämpfenden Unsterblichen nicht. Zögernd folgte Selene ihnen in sicheren Abstand. „Selene, geh“, schrie Methos und wehrte Kronos‘ Schlag ab. „Ich laß dich nicht allein, Methos“, antwortete sie. „Verdammt, hau ab!“ „Warum sollte sie? Laß sie ruhig hier. Dann brauche ich sie nicht jagen, wenn ich mit dir fertig bin“, warf Kronos ein und ein verächtlicher Blick von ihm traf Selene.

„Wage es ja nie mehr, sie auch nur anzusehen“, warnte Methos ihn. „Weißt du was? Ich tue noch viel mehr“, meinte Kronos bitter. Mit einer schnellen Bewegung war er bei Selene und drückte ihr einen harten Kuss auf die Lippen. Selene setzte sich zur Wehr, konnte diese Machtdemonstration aber nur über sich ergehen lassen. Mit einen nie gekannten Hass ging Methos auf Kronos los. Jetzt war er wirklich zornig. „Das war dein größter und letzter Fehler, Kronos“, brüllte er und hob sein Schwert. Achtlos ließ Kronos Selene los und konnte nur noch mit Mühe den Schlag abwehren.

„Du wirst alt und nachlässig, Kronos. Bald machst du einen Fehler und dann kriege ich deinen Kopf“, zischte Methos. „Das kannst du vergessen.“ Die Schwerter klirrten genauso stark wie der Regen vom Himmel prasselte. Die Beteiligten waren schon bis auf die Knochen naß. Selene hatte den Eindruck, das Methos durch den Regen neue Kraft schöpfte. Er kämpfte so wie einst als Krieger und Reiter der Apokalypse. „Du kannst es also doch noch“, kommentierte Kronos. Ihr Weg des Kampfes führte sie zu einer alten Rampe, die nicht sehr stabil aussah.

Es war ein wenig wacklig, aber Methos wich keinen einzigen Zentimeter. Kronos drängte ihn die Rampe hinunter – zurück auf festen Boden. Ein altes Rohr lag Methos im Weg. Entsetzt mußte Selene mit ansehen wie Methos stolperte und zu Boden fiel. Sein Schwert lag außer Reichweite. „Sag deiner Süßen auf Wiedersehen“, grinste Kronos breit und er hob das Schwert. Die Klinge sauste auf Methos hinab. „Bitte nicht! Steh auf, Methos“, rief Selene panisch.

In der letzten Sekunde rollte Methos sich zur Seite und bekam sein Schwert wieder zu fassen. Ein lautes Klirren hallte durch die Gegend. Kronos‘ Schwert prallte an dem vom Methos ab. Das irritierte Kronos so sehr, das Methos auf die Beine springen konnte. „Gut so“, flüsterte Selene. Sie stand an einer Säule, die nach draußen führte und beobachtete den Kampf von der Weite aus. Gerne hätte sie Methos geholfen, aber einerseits wollte er das nicht und andererseits, war ihr das Eingreifen verboten.

Es war gegen die Regeln der Unsterblichen in ein Duell einzugreifen, obwohl Methos sich nie sonderlich um diese Regeln gekümmert hatte. Außerdem würde es Methos vielleicht irritieren und sie wußte, er wollte diesen Kampf alleine bestreiten. Methos wollte sich selbst beweisen das er Kronos schlagen konnte. Es war sein Kampf, daß hatte er klar gestellt. Wieder gingen die Beiden wie zwei verwundene Löwen aufeinander los. Kronos war nun nicht mehr so konzentriert wie am Anfang. Das Methos so stark war und sich nicht unterkriegen ließ, hatte ihn mehr als irritiert und mehr aus dem Konzept gebracht als er selbst angenommen hatte.

In diesen Augenblick erreichte Duncan endlich das Gelände der alten Industriefabrik. Hastig stieg er aus und stürmte in das Innere der Fabrik. Geschockt blieb er stehen und sah sich um. Es sah so aus als hätte ein Tornado gewütet. „Um Himmels Willen! Was ist den hier geschehen?“ murmelte er. Er sah auf, als er den Buzz spürte und das ihm bekannte Klirren von zwei aufeinander schlagenden Schwertern hörte.

Dunkel nahm Duncan einen Schatten ihm gegenüber wahr. Er sah nur einen Rücken. Die weibliche Gestalt gehörte eindeutig Selene, die gebannt auf einen Punkt draußen blickte. Als die Kampfgeräusche zu seinen Ohr drangen, wurde Duncan klar, das die Beiden draußen kämpften. Instinktiv zog er sein Schwert aus dem Mantel und näherte sich dem Ort des Geschehen.

Leicht tippte er Selene auf die Schulter, die seine Anwesenheit nicht einmal mitbekommen hatte. Erschreckt fuhr sie herum. Dann glitt Erleichterung über ihr Gesicht. „Duncan, Gott sei Dank! Du bist es nur. Wie hast du uns gefunden?“ „Ich habe den Brief gelesen, den Kronos hinterlassen hat“, erklärte er ihr und nahm sie leicht in die Arme. Dabei sah er die beiden Streithähne. Methos war noch am Leben. Aber wie lange, das war hier die Frage. „Ich muß ihm helfen“, sagte er, doch Selene hielt ihn entschieden am Arm fest.

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, du darfst dich nicht einmischen.“ „Selene, ich muß! Er ist mein Freund.“ „Duncan, das ist Methos‘ Kampf. Er will es nicht. Er will das alleine schaffen.“ „Aber ...“ „Ich bin mir sicher, das er gewinnen wird.“ „Wie kannst du dir da so sicher sein? Kronos ist zu stark für ihn“, zweifelte Duncan. „Nein, ist er nicht. Sieh doch hin. Kronos wird müde und Methos steckt noch voller Energie. Er wird ihn besiegen“, sprach sie. Duncan folgte ihrer Aufforderung. Er sah, das Selene recht hatte. Langsam, aber sicher gewann Methos die Oberhand. Seufzend ließ Duncan sein Schwert vorerst sinken.

Methos hatte die Ankunft seinen Freundes bemerkt und war froh, das er sich nicht in seinen Kampf einmischte. Doch er sah Duncan an, daß er es gerne tun würde. Das Duell gegen seinen ehemaligen Bruder war allein sein Kampf. Er mußte dies tun – für Selene, für ihre Liebe. Nie würde er Kronos vergeben, was er ihr angetan hatte. Er konnte es sich ja selbst nicht vergeben. „Wenn sich dein kleiner, schottischer Freund einmischt, ist sie tot“, zischte Kronos wütend.

„Duncan, bring Selene in Sicherheit“, rief Methos seinen Freund entgegen. „Bring sie hier weg!“ Duncan nickte und wollte Selene wegführen. Doch sie weigerte sich. „Er ist für mich diesen Kampf eingegangen. Ich werde Methos nicht in Stich lassen. Ich werde nicht gehen. Ich bleibe“, sprach sie entschieden. Duncan sah ein, das es wenig Sinn hatte, sie überreden zu wollen. Sie würde nicht von der Stelle weichen. „Er liebt dich sehr, ansonsten würde er das hier nicht tun.“ „Ich weiß“, flüsterte Selene.

Unmerklich schüttelte Methos den Kopf über ihren Dickschädel. Ich hätte wissen müssen, das sie nicht geht, dachte er. Das Gewitter hörte nicht auf und der Kampf gegen Kronos neigte sich langsam den Ende entgegen. Kronos hatte nicht erwartete, das Methos nach seiner langen Pause noch immer so gut kämpfte wie in der Bronzezeit. Und dann geschah es. Kronos war nachlässig und ließ sich von Methos entwaffnen. Methos‘ Schwert stieß an seiner Brust an. „Du kannst mich nicht töten, Death, du kannst es nicht. Wir sind Brüder.“ „Wir waren einst Brüder. Doch das ist lange her“, erwiderte Methos. „Leb wohl, Kronos. Deine Zeit ist abgelaufen.“ Dann holte Methos zum letzten Mal aus und enthauptete seinen Bruder. Sein Schwert bohrte sich durch Kronos‘ Hals.

Es war vorbei – ein für alle Mal. Methos hatte gewonnen. Selene und Duncan konnten es kaum glauben, waren aber äußerst erleichtert. Zweihundert Jahre hatte Methos nicht gekämpft und dann siegte er. Er besiegte einen Mann, der nie aufgehört hatte zu kämpfen und zu morden. Einen Mann, der immer stärker als Methos gewesen war. Der Himmel verdunkelte sich. Das altbekannte Quickening begann. Alles um Methos herum explodierte. Grelle Blitze fuhren durch seinen Körper. Ein lauter Schrei hallte durch die Fabrik und Methos fiel auf die Knie.

Die Macht seines ehemaligen Gefährten ging auf ihn über. Mehrere Minuten hielt die Energieübertragung an. Dann sackte Methos keuchend in sich zusammen. Selene lief zu Methos und schlang ihre Arme um seinen Nacken. Duncan folgte ihr. Sanft küßte Selene ihn. Dabei öffnete Methos die Augen. „Es ist vorbei. Die Reiter sind Geschichte. Es ist beendet, Selene. Ich habe es dir versprochen“, flüsterte er schwach.

„Ich bin so froh, daß du noch am Leben bist. Methos, bitte bringe dich nie mehr in eine solche Gefahr“, bat sie inständig. Ein schwaches Lächeln huschte über Methos‘ Lippen. „Für dich werde ich diese Gefahr jederzeit wieder auf mich nehmen, wenn es sein muß.“ „Nein, Methos, das ist es doch nicht wert“, widersprach Selene. Langsam erhob sich Methos. Er kam wieder zu Kräften. „Du bist mir noch viel mehr wert. Versprich mir, das du mich nie mehr verläßt.“ „Das wird nie passieren“, sprach sie lächelnd. „Ich liebe dich, Selene.“ Dann zog Methos sie in seine Arme und drückte sie an sich.

Selene vergrub ihr Gesicht in seiner Schulter. „Ich störe euch wirklich ungern, aber wir müssen hier weg. Ich höre Sirenen der Polizei und Feuerwehr. Die haben sicher die Explosion gesehen. Wir müssen verschwinden“, warf Duncan ein. „Ja, laß uns gehen. Wir haben hier nichts mehr verloren. Es ist vorbei, endgültig. Kronos ist Vergangenheit – für immer. Der läßt uns ab jetzt in Ruhe“, murmelte Methos.

Er hob sein Schwert auf und legte einen Arm um Selenes Taille. Dann verschwanden sie gemeinsam. Duncan fuhr sie zurück zu Methos‘ Wohnung. Ihnen war klar, das die Polizei erneut im Dunkeln tappen würde, wenn sie die kopflose Leiche finden würden. Doch das war nicht mehr wichtig. Für Methos zählte nur, daß er Selene wieder in den Armen halten konnte. Diesmal hatte er sie beschützen können. Und sie würde bei ihm bleiben. Die Schrecken ihrer Vergangenheit waren zu Ende. Es war vorbei. Kronos stellte keine Gefahr mehr für sie dar. Nun nicht mehr ...

~ Epilog ~

Fünf Tage später

Vergessen war Kronos, die Reiter und alles, was mit Methos‘ Vergangenheit zu tun gehabt hatte. Inzwischen hatte Selene es sich anders überlegt und war bei Methos eingezogen. Früh am Morgen – es war noch vor Sonnenaufgang – hatte Methos sie aus dem Bett geholt. Er hatte ihr erklärt, das er eine Überraschung für sie vorbereitet hatte. Widerwillig hatte sich Selene von Methos nach draußen entführen lassen. Doch er hatte mit seiner Geheimniskrämerei ihre Neugier geweckt. Mit einen Tuch hatte Methos ihr die Augen verbunden. Er nahm seine Überraschung sehr ernst.

Selene staunte als Methos das Tuch von ihren Augen entfernte. Methos hatte sie zu einer Anhöhe gebracht, wo man einen wunderschönen Ausblick auf Paris hatte. „Die Sonne geht gerade auf“, sprach Methos und er trat hinter Selene. Er legte seine Arme um ihre Taille. Selene lehnte sich gegen ihn. „Wunderschön“, flüsterte sie. „Ich habe noch etwas für dich.“ „Was denn?“ Sie drehte sich zu Methos um. Nervös fuhr er sich durch sein Haar.

„Was hast du den, Methos?“ „Als Kronos dich entführte, brach für mich eine Welt zusammen. Ich hatte dich kaum wieder gefunden, da wurdest du mir auch schon wieder entrissen“, begann er langsam. „Methos“, protestierte Selene. Hatte er jetzt etwa vor, alles zu wiederholen, was er ihr in den letzten Tagen schon gesagt hatte? Mit einer Handbewegung deutete er ihr an, ihm zuzuhören. „Ich bin noch lange nicht fertig. Ich wollte dich nicht noch einmal verlieren, Selene. Nur aus diesem Grund habe ich gegen ihn gekämpft“, erzählte er.

„Ich wollte verhindern, das er dir noch einmal ein Leid zufügt und ich wollte mich rächen. Ich wollte Rache, für das, was er dir angetan hat. Doch ich kann mich nicht selbst richten. Das liegt allein an dir.“ „Methos, ich habe dir doch schon gesagt, das ich dir verzeihe“, sprach Selene sanft. „Du verzeihst mir meine Taten. Aber kannst du mir auch vergeben?“ Zweifelnd blickte er sie an. „Ich habe dir soviel böses angetan. Ich habe dir sehr weh getan, das weiß ich. Kannst du das je vergessen?“ fragte der alte Mann bedrückt.

„Natürlich. Ich liebe dich doch, Methos. Ich habe dich immer zum Leben gebraucht.“ Ein leichtes Lächeln huschte über sein Gesicht. „Ich liebe dich auch. Und ich hoffe, das so etwas wie mit Kronos nie mehr geschieht.“ „Ich werde dich nicht dafür verurteilen, was du in deiner Vergangenheit getan hast. Bist auf meine erste Nacht warst du immer gut zu mir“, widersprach sie ihm sanft. „Du hast mich gelehrt, was es heißt zu lieben und geliebt zu werden.“ „Methos, wichtig ist nur das hier und jetzt. Du hast dich verändert. Es zählt nur, was du fühlst. Was willst du mir den nun sagen?“ fragte sie neugierig. Warum sprach er nur so lange um den heißen Brei herum?

„Selene, ich brauche dich. Und ich werde dich nie mehr hergeben. Ich schwöre, ich werde dich immer beschützen. Ich weiß jetzt, das ich es auch kann. Selene, was ich dir zu sagen habe, fällt mir nicht leicht.“ „Was meinst du?“ fragte sie verwirrt. „Du merkst ja selbst, wie nervös ich bin. Ich will, das du weißt, daß ich durchgedreht bin als Kronos dich entführt hat. Im ersten Moment wußte ich nicht, was ich tun sollte und ...“ „Methos, jetzt sage mir endlich, was lost ist! Spann mich nicht so auf die Folter“, unterbrach Selene ihn ungeduldig.

„Du hast recht. Wenn ich es jetzt nicht wage, habe ich nie den Mut dazu.“ Methos holte etwas aus seiner Tasche und ging vor Selene auf die Knie. Ungläubig blickte sie ihn an. Was sollte das den jetzt? „Ich werde dich nie mehr gehen lassen und deshalb frage ich dich: Willst du meine Frau werden? Willst du mich heiraten, Selene?“ Einen Augenblick war Selene sprachlos und blickte auf den Ring, den er ihr entgegenhielt.

„Ja, natürlich will ich“, sprach sie schließlich. Methos stand auf und küßte sie stürmisch. Er hatte gehofft, das sie ja sagen würde. Aber erwartet hatte er es eigentlich nicht. Methos steckte ihr den schlichten Goldring an den Finger. In der Mitte glitzerte ein kleiner, blauer Stein. Wieder nahm Methos sie in seine Arme und sah mit ihr auf Paris hinunter. „Jetzt wird uns nichts mehr trennen“, sprach er und begann an ihren rechten Ohr zu knabbern. „Ich werde bei dir bleiben – ein Leben lang“, versprach sie ihm und schloß die Augen, um Methos‘ Zärtlichkeit zu genießen.

„Selene, du weißt, das mich die Menschen – die Feinde – aus meiner Vergangenheit immer wieder einholen werden.“ „Wir werden sie bekämpfen, Methos. Zusammen sind wir stark.“ „Ja, das sind wir. Ich bin sehr glücklich“, flüsterte Methos in ihr Ohr. „Ja, das bin ich auch. Ich hätte nie gedacht, daß ich dich wiederfinde, das ich noch einmal in deinen Armen liegen darf.“ „Wenn du willst ... kann es so für immer sein.“ „Das will ich auch so.“ Dicht stand Methos hinter ihr und hatte seine Arme um ihre Taille gelegt. Endlich war alles vorbei. Es war zu Ende.

Ab jetzt war sie für immer sein. Nie mehr würde sie ihn verlassen. Nun war er endlich frei. Methos hatte sich von seiner grausamen Vergangenheit befreit, die Ketten gesprengt. Mit Selene begann ein neues Leben für ihn. Sie war sein rettender Engel gewesen. Er hatte seinen Weg gefunden. Er hatte sich gegen die Gewalt gestellt und sich für die Liebe entschieden. Die Liebe war stärker als alles andere. Sie besiegte alle Hürden, alle Hindernisse und Schwierigkeiten. Methos wußte, die Entscheidung, die er damals getroffen hatte, war richtig gewesen. Endlich war er befreit von der Gewalt. Es war die Entscheidung für die Liebe, für die er gelernt hatte zu leben und zu kämpfen ...

The End


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