Title:
Dark Menace
Fandom:
Highlander
– The Series Summary: In der Bronzezeit begegnet Kronos Sharee zum ersten Mal. Nach langer Zeit kreuzt sich ihr Weg erneut und das Schicksal nimmt seinen Lauf. In all den Jahren hat Kronos jedoch nie sein Ziel aus den Augen verloren – nämlich die Wiedervereinigung der vier apokalyptischen Reiter ... Disclaimer: Die Charaktere von Highlander – The Series gehören nicht mir, sondern der Davis/Panzer Productions und anderen. Diese Story ist FanFiction, mit der weder Geld verdient, noch Rechte verletzt werden sollen. Ich schreibe sie nur zu meinen Vergnügen.
Note:
Die Story wurde aktualisiert,
ist jetzt etwas länger als zuvor. Ein paar Dinge wurden geändert. So erlebt
Caspian zum Beispiel ein völlig anderes Schicksal als in der ersten Vision
dieser FanFiction. Ich hatte auch vor, einen zweiten Teil zu schreiben, aber das
habe ich jetzt ad acta gelegt.
Dark Menace ~ 1. ~ [Kleinasien, Bronzezeit] Sie waren eines morgens gekommen und hatten sich genommen, was sie wollten. Jeder, der die Erzählungen über sie kannte, fürchtete sie zutiefst. Die vier Reiter der Apokalypse brachten Terror und Tod. Mit ihnen zog das Verderben durch das Land. Die Menschen beteten jeden neuen Tag, daß sie ihnen nicht begegneten. Sie hatten Angst vor diesen geheimnisvollen Reitern, deren Identität niemand kannte. Die verschiedensten Geschichten wanderten über die Lagerfeuer. Man erzählte sich, daß sie nicht sterblich waren, daß man sie nicht töten konnte. Man erzählte sich, daß sie wieder erwachten, wenn sie starben. Sie wurden vom Tod beschützt. Sie waren Dämonen, fast schon Götter. Die Furcht vor ihnen beherrschte die Welt und jeder hoffte – wünschte sich – die vier Reiter niemals mit eigenen Augen zu sehen. Denn jeder, der ihnen so nahe kam, war dem Tode geweiht. Überraschend und schnell war der Überfall erfolgt. Der friedliche, kleine Wüstenstamm hatte keine Chance gegen die blutige Wut der vier apokalyptischen Reiter. Es gab keine Überlebenden. Sie alle starben durch die Hand eines Reiters. Silas und Caspian waren schon zum Reiterlager zurück geritten. Die Schlacht war vorbei, doch Methos und Kronos blieben noch, um sich an den Anblick der Toten zu ergötzen und um die Sachen ihrer Opfer zu durchstöbern. Methos war gerade dabei eine junge Frau mit langen, dunkelbraunen Haaren in eine Decke einzuwickeln. Sie hatte überlebt – jedenfalls zum Teil. Sie war unsterblich und würde wieder aufwachen. Doch sie war sich ihrer Unsterblichkeit nicht bewußt. Methos würde sich hüten, es ihr jemals zu sagen. Mit ihrer Unsterblichkeit standen ihm ganze neue Türen offen, um sie zu quälen. Sie würde sich von den Schmerzen erholen und immer wieder aufwachen. Das perfekte Spielzeug, dachte Methos amüsiert. In der Zwischenzeit war Kronos auf eine tote Person am Boden aufmerksam geworden. Er spürte die Macht, die in ihr schlummerte. „Methos, komm mal her“, rief er über das Schlachtfeld. Methos blickte einen Moment auf. „Einen Moment“, erwiderte er den Ruf seines Bruders und Anführers. Er nahm sich die Zeit, die Frau auf sein Pferd zu heben. Erst dann ging er zu Kronos. „Was ist los?“ erkundigte er sich. „Sieh dir dieses Mädchen an und sag mir, was du denkst“, forderte Kronos ruhig. Methos‘ Blick glitt zu der jungen Frau, die bewußtlos vor ihnen lag. Aus einer tiefen Wunde am Hals war Blut ausgetreten, doch es trocknete bereits. Die Wunde selbst war fast nicht mehr zu sehen. Überrascht blickte Methos seinen Bruder an. Konnte es wirklich sein, daß dieser Stamm im Besitz von zwei unsterblichen Frauen gewesen war? „Können wir endlich zurück reiten?“ fragte Methos gelangweilt. „Sei nicht so ungeduldig, du Genie. Zuerst sagst du mir, was du denkst.“ Methos blickte zurück zu der jungen Frau mit den langen, pechschwarzen Haar und den höchst wahrscheinlich blau-grauen Augen. Sie war schlank und überaus attraktiv. Sie ist genau Kronos‘ Typ, dachte Methos mit einen leichten Grinsen auf den Lippen. „Schön“, kommentierte Methos gedehnt. Kronos stöhnte und verdrehte die Augen. Wenn Methos ungeduldig wurde, war nicht vernünftig mit ihm zu reden. „Methos! Du hast es auch gespürt, nicht wahr?“ Methos nickte langsam. „Ja, ich habe es gespürt“, bestätigte er. Er spürte dieses ihm so bekannte Gefühl nur zu gut. Wie die Frau, die quer über seinen Pferd lag, war auch diese hier von ihrer Art. „Nimm sie mit, wenn sie dir gefällt. Sie ist doch genau dein Typ. Auf solche Frauen bist du doch ganz scharf“, sprach Methos ruhig. „Ich hatte sowieso vor sie mitzunehmen. Ja, sie ist schon eine Schönheit und dazu noch unsterblich. Sie ist genau das, was ich will und ich langweile mich mit meiner momentanen Sklavin. Doch diese hier ... sie soll meine neue persönliche Sklavin werden.“ Kronos hob sie auf und legte sie quer über sein Pferd. Gemeinsam mit Methos ritt er zurück in ihr Lager. Kronos brachte das Mädchen in sein Zelt und schlug den Eingang zu. Ein qualvolles Stöhnen drang über die Lippen des Mädchens, das langsam aus ihrem ersten Tod erwachte. Sharee hustete stark und faßte sich instinktiv an die Kehle. Ein schweres Keuchen glitt ihr über die Lippen. Ihre Kehle war trocken und schmerzte. Verwirrt blickte sie sich um. Wo war sie? Was war mit ihr geschehen? Augenblicklich erinnerte sie sich. Sie war getötet worden. Man hatte ihren Stamm angegriffen. Doch warum ... warum lebte sie noch? Sharee tastete nach der tödlichen Wunde an ihren Hals. Irritiert stellte sie fest, daß die Wunde verschwunden war. Die Haut war völlig verheilt. Nicht der kleinste Kratzer war zu fühlen. Sharee konnte nicht verstehen, wie das möglich war. Sie müßte doch tot sein. Amüsiert beobachtete Kronos seine neue Sklavin. Sie war vollkommen verstört, ängstlich und durcheinander. Sie konnte sich nicht erklären, warum sie noch am Leben war. In diesen Moment hob sie den Kopf und erblickte ihn. Unter seinen scharfen Blick zuckte sie leicht zusammen. Ein dämonisches Grinsen huschte über sein Gesicht. Sharee konnte seine bedrohliche und gefährliche Ausstrahlung spüren. Langsam, wie eine Raubkatze, kam er auf sie zu. Sein Verhalten und seine Bewegungen jagten ihr Angst ein. Von der ersten Sekunde an spürte Sharee, daß dieser Mann eine Gefahr war. Furcht stieg in ihr auf. Wer war er? Als er ins schwache Licht des Feuers trat, das vor sich hin flackerte, konnte sie ihn genauer sehen. Sein dunkles Haar war halblang und eine Narbe zog sich über sein rechtes Auge. Orientalische Zeichen zeichneten mit schwarzer Farbe sein Gesicht. „Du bist endlich erwacht, wie ich sehe. Das freut mich“, sprach Kronos trügerisch sanft. Seine Stimme klang rauh und eine unausgesprochene Drohung schwang in seinen scheinheiligen Worten mit. Ängstlich wich Sharee vor ihm zurück. Kronos lachte über das Verhalten der jungen Frau. Sie sah zu ihm auf und er erkannte die tiefe Furcht in ihren Augen. Kronos grinste breit und machte es sich auf seinen Felllager gemütlich. Ruhig blickte er sie eine Zeitlang an. „Komm her“, befahl er schließlich streng. Sharee strich sich mit zitternder Hand eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie erhob sich langsam, zögerte jedoch einen Moment, zu ihm zu gehen. Spöttisch zog Kronos eine Augenbraue nach oben. Sharee wußte, es war besser zu tun, was er sagte. Sie ahnte, daß eine grausame Strafe sie erwarten würde, wenn sie seinen Befehl nicht sofort folgte. Vorsichtig ging sie auf Kronos zu. Kronos packte sie brutal an den Handgelenken und zwang sie auf die Knie. Sharee konnte sich einen lauten Schrei nur knapp verbeißen. Jetzt, wo sie ihm so nah war, bekam sie noch mehr Angst vor ihm. Und Kronos genoß ihre Angst. „Siehst du die Waschschüssel da?“ fragte er und seine Stimme war viel zu freundlich für einen so grausamen Mann. Langsam nickte Sharee. „Ich bin heute weit geritten. Nimm sie und wasche mir sowohl das Gesicht wie auch die Hände. Das gehört ab jetzt zu deinen Pflichten.“ „Meine Pflichten?“ fragte sie leise. Augenblicklich schlug Kronos ihr mit der Hand hart ins Gesicht. „Mein Mädchen, du redest nur, wenn ich dir die Erlaubnis dazu erteile, verstanden?“ knurrte er. Bejahend nickte die eingeschüchterte Frau. „Brav und jetzt tue endlich, was ich dir befohlen habe“, wies Kronos scharf sie zurecht. Sharee stand auf, nahm einen Lappen sowie die Schüssel mit Wasser und kehrte zu Kronos zurück. Sie tauchte den Lappen in das Wasser und zögerte einen Moment. Deutlich sichtbar zitterte ihre Hand. „Du hast allen Grund vor mir Angst zu haben“, meinte Kronos amüsant. Sharee streckte die Hand aus und wusch das Blut und den Dreck von seinen Händen. Sie schluckte schwer. An seinen Händen klebte das Blut ihres geliebten Stammes. Sie hatte alles verloren – ihren Stamm, ihre Freunde, ihre Familie und ihre Freiheit. Kronos registrierte ihren ernsten, schmerzerfüllten Blick. Ihre Gedanken spiegelten sich in ihren zarten Gesicht wider. Der Schmerz, den sie gerade über den Verlust ihrer Familie empfand, war deutlich zu sehen. „Du bist nicht ganz allein“, sprach er in die Stille hinein. Ruckartig hob Sharee den Kopf und blickte ihn unsicher an. „Es gibt noch eine Überlebende. Eine dunkelhaarige Frau, die bei einen meiner Brüder ist.“ Sharee schwieg und nickte leicht. Stumm nahm sie die Information zur Kenntnis. Zufrieden lächelte Kronos. Sie folgte seiner Warnung und hielt sich daran, obwohl sie gerne etwas sagen würde, daß sah er ihr an der Nasenspitze an. „Du darfst sprechen“, meinte Kronos mit einen leichten Nicken. „Cassandra lebt?“ flüsterte Sharee kaum hörbar. Kronos verstand sie kaum, da sie aus Angst so leise sprach. „Wenn das ihr Name ist, ja, dann lebt sie. Ihr wird es aber nicht besser ergehen wie dir, mein Mädchen. Übrigens ... mein Name ist Kronos. Doch für dich gilt die Ansprache Herr, wenn du mir etwas zu sagen hast. Verstanden?“ Bejahend nickte sie langsam. Sharee tauchte den Lappen ins Wasser und wusch das Blut heraus. Dann wusch sie sein Gesicht. Kronos schloß die Augen, während sie mit dem Lappen über sein Gesicht strich. Ihre Hand zitterte leicht. Sharee gab sich Mühe, ihre Aufgabe so zu erledigen, wie er es von ihr erwartete. Die schwarze Farbe löste sich von seinen Gesicht. Als sie über sein Kinn strich, öffnete er wieder die Augen. „Wenn du tust, was ich sage, erträgst du das Leben mit mir vielleicht“, sprach er lächelnd. Sharee schluckte schwer. Nun registrierte sie, daß sie nicht länger frei war. Sie war nun eine Sklavin. Sie wußte, was er mit ihr tun würde und sie würde es nicht zu verhindern wissen. Sharee wußte genau, daß sie ein grausames Schicksal erwartete. Es war ein Schicksal ohne jegliche Hoffnung und Zukunft. Sie würde das Leben als bedeutungslose Sklavin eines Todesreiters führen. Und ihr war klar, daß dies kein einfaches Leben sein würde. Er würde ihr ihren Willen und auch ihren Stolz nehmen. Er würde ihr alles nehmen, was sie noch besaß und aus ihr eine billige Bedienstete machen, die tun mußte, was er von ihr verlangte. Und wenn sie seinen Befehlen nicht folgte, würde er sie grausam bestrafen. Leise seufzte Sharee. Sie legte den Lappen in die Waschschüssel und brachte die Schüssel an ihren Platz zurück. Gut, sie wird eine brave Sklavin, dachte Kronos zufrieden. In freudiger Erwartung wanderte sein Blick über sie. Er war sich sicher, daß in ihr viel Feuer steckte. Es war ein Feuer, an dem er viel Freude haben würde. Und er würde auch Freude daran haben dieses wilde Feuer zu löschen. Er wollte sie resignieren sehen. Er wollte sehen, wie sie sich seinen Willen beugte und sich ihm unterwarf. Kronos wollte Sharee besiegen. Seine nächste plötzliche Handlung konnte Sharee nicht mehr vorhersehen. Blitzschnell sprang Kronos auf und riß ihr das Kleid mit zwei, drei heftigen Bewegungen vom Körper. Entsetzt schrie sie laut auf. Sie las in seinen Augen, daß er kein Erbarmen mit ihr haben würde. Brutal warf Kronos sie auf das Felllager und kniete sich mit einer anmutigen Bewegung zu ihr. Spöttisch blickte er auf sie herab. Sharee wich vor ihm zurück. Ihr Instinkt trieb sie an vor ihm fliehen zu wollen. Doch Kronos war schneller als sie und packte sie beim Knöchel. Mehrere Male schlug er ihr heftig ins Gesicht. „Tue das nie mehr“, warnte er sie. „Wage es nie mehr, vor mir zurück zu weichen oder ich schwöre, ich werde dich töten.“ „Warum lebe ich noch?“ rutschte es aus Sharee heraus. Erneut schlug Kronos zu. „Du hast nicht zu sprechen, wenn ich es dir nicht erlaube. Merke dir das gefälligst sehr schnell oder du wirst meine Bestrafung für dieses Vergehen recht bald kennenlernen. Du willst wissen warum du noch lebst, obwohl du von uns getötet worden bist?“ Sharee nickte langsam. Ein breites Grinsen huschte über Kronos‘ Gesicht. „Weil ich dich immer wieder ins Leben zurück rufen kann – sooft ich will“, erklärte er ihr. Kronos zog ihr Gesicht zu sich heran und teilte mit seinen Mund brutal ihre Lippen. Sharee schlug um sich und rang mit Kronos. Doch er war bei weitem viel stärker als sie und hatte sie bald wieder unter Kontrolle. In ihrer Panik traf sie Kronos mit ihren Fingernägeln am Kinn und bereute es sofort. Ein tiefer Kratzer war zu sehen. In der selben Sekunde jedoch sah Sharee, wie sich die Wunde schloß und seine Haut unversehrt war. Mein Gott, was ist das für ein Zauber? dachte sie entsetzt. Er war kein Mensch und auch kein Gott ... nein, er war ein Dämon. Einen langen Augenblick war Kronos verblüfft über ihr Vergehen. Überrascht blickte er Sharee an. Er hatte sehr wohl bemerkt, was sie getan hatte. Doch seiner Überraschung wich bald kalte Wut. „Du verdammtes Miststück“, knurrte er zornig. „Wie kannst du es wagen mich zu kratzen?“ Kronos entledigte sich seiner Kleidung und fiel über Sharee her. Er war brutal und nahm keine Rücksicht. Und obwohl Sharee sich wehrte, hatte sie keine Chance. Irgendwann umgab Dunkelheit sie, und sie fiel in ein tiefes Loch ... Ein qualvolles Stöhnen drang über Sharees trockene Lippen. Mit ausgestreckten Beinen saß Kronos neben ihr als sie aufwachte. Zufrieden blickte er durch den Spalt im Zelteingang und sah zu den klaren Sternen hoch. Kronos wirkte mit sich und der Welt zufrieden. Ein Zittern ging durch Sharees Körper. Ihr war entsetzlich kalt und sie spürte heftige Schmerzen in ihrem ganzen Körper. Warum lebte sie noch? Konnte er sie wirklich immer wieder ins Leben zurück rufen, so wie er es gesagt hatte? Anscheinend konnte er dieses Wunder wirklich vollbringen. Erneut stöhnte sie leise. Da drehte Kronos ihr das Gesicht zu und ein Grinsen huschte über sein zufriedenes Gesicht. Sein durchdringlicher Blick bohrte sich tief in sie und jagte ihr einen unwohlen Schauer über den Rücken. „Wenn du mich noch einmal kratzt oder schlägst werde ich dich auspeitschen und mir eine Strafe einfallen lassen, die in diesem Ausmaß noch nie statt gefunden hat. Hast du das verstanden?“ Langsam nickte Sharee. „Antworte, Weib“, befahl Kronos scharf. „Ja, Herr“, flüsterte sie mit zitternder Stimme. „Je schneller du begreifst, daß du nichts wert bist, desto besser für dich. Füge dich deinen Schicksal. Du bist nur dazu da einen Mann zu dienen. Es ist dein Schicksal eine Sklavin zu sein.“ Kronos stand auf und ging aus dem Zelt. Sharee wagte nicht sich zu bewegen. Zu groß war die Angst vor dem, was er noch mit ihr machen würde. Der Zelteingang schlug hinter ihm zu. An einen warmen Lagerfeuer saßen Caspian und Silas. Methos beschäftigte sich mit Cassandra. „Wer hat Interesse?“ fragte Kronos seine beiden Brüder. „Hat sie Feuer?“ erkundigte sich Caspian. „Das kann man wohl laut sagen. Dieses kleine Biest hat mich gekratzt“, teilte Kronos seinen Gefährten mit. Caspian und Silas kicherten leise. „Das ist nicht komisch“, begehrte Kronos auf. „Schon gut, Kronos! Reg dich nicht auf“, besänftigte Caspian seinen Anführer. „Also, wer will?“ fragte Kronos erneut in die Runde. Caspian stand auf und trank noch einen Schluck Wein. „Ich bringe deine Kleine schon zur Vernunft. Keine Sorge, ich zähme das Wüstenkätzchen schon“, sprach er gelassen. „Das überläßt du schön mir“, teilte Kronos ihm mit und machte Caspian Platz. „Nimm ihr nicht das ganze Feuer. Ich will noch was von ihr haben“, meinte Kronos mit einen vielsagenden Blick Richtung Zelt. „Kann ich alles mit ihr machen?“ Kronos wußte, worauf Caspian anspielte. „Laß deine perversen Spielchen“, wies er ihn an. Dann ließ er seine Sklavin mit Caspian allein. Und Caspian war noch grausamer als Kronos, wie Sharee recht bald feststellte. Kronos saß gelassen mit Silas am Lagerfeuer und unterhielt sich mit ihm. In der Dunkelheit verhallten Sharees flehende Schreie. Irgendwann ließ sie die Qual, der man sie aussetzte, einfach geschehen. Und Kronos, der nach einiger Zeit zurück kam, nahm auf ihren angeschlagenen Zustand keine Rücksicht. Er quälte sie und amüsierte sich über ihr Verhalten. Sharee erlitt tausend Qualen. Die Schmerzen waren unerträglich für sie. Niemals hätte sie es für möglich gehalten, daß solche Schmerzen wirklich existierten. Und sie wußte, ihrer Freundin Cassandra erging es nicht besser. Cassandra litt genauso wie sie. Die beiden Frauen gaben ihren verzweifelten und doch sinnlosen Kampf irgendwann auf. Sie ergaben sich den Männern, die sie zu ihren Sklavinnen gemacht hatten. Die Frauen wußten - erkannten - sie waren verloren. Ihr Leben gehörte nicht länger ihnen, sondern den Männern, die ihnen die Freiheit geraubt hatten. Als Kronos endlich von ihr abließ und einschlief, war Sharee froh. Doch sie wußte, daß war nur der Anfang. Es würde weitergehen. Ihre Qual an der Seite dieses Mannes würde nicht aufhören. Es würde so lange gehen bis Kronos keinen Gefallen mehr an ihr hatte. Es würde erst dann enden, wenn er sich mit ihr langweilte. Doch bis dahin konnte es dauern. Der Alptraum, in dem sie steckte, würde kein Ende nehmen.
~ 2. ~ Erst nach vielen endlosen und brutalen Tagen sah Sharee Cassandra wieder. Sie sah nicht viel besser als sie selbst aus – unglücklich und verzweifelt. Zwei Frauen ohne Hoffnung, deren trauriges Schicksal sie miteinander verband. Methos, der Herr von Cassandra, war mindestens genauso grausam wie Kronos. Doch Methos gab seine Sklavin nicht weiter so wie Kronos dies tat. In den letzten Tagen hatte Kronos sie oft an Caspian und Silas weiter gegeben. „Sharee, du lebst“, rief Cassandra erleichtert und umarmte ihre langjährige Freundin. Sie hielten einander fest und spendeten sich gegenseitig Trost. „Wie ist es dir ergangen?“ fragte Sharee. „Nicht besser wie dir, schätze ich“, seufzte Cassandra betroffen. „Bei wem ...“, sprach Cassandra, doch sie führte ihre Frage nicht zuende. Sie wußte nicht, wie sie sich ausdrücken sollte. „Kronos“, antwortete Sharee schlicht. Sie wußte, worauf ihre Freundin hinaus wollte. Seit unzähligen Jahren waren Sharee und Cassandra schon Freundinnen. Sie waren seit Kindheitstagen die besten Freundinnen. Die beiden Frauen hatten sich immer alles anvertraut. Und das sie in dieser ausweglosen Situation nicht alleine waren, tröstete Cassandra sowohl wie auch Sharee ein wenig. Es gab ihnen das Gefühl, nicht ganz allein und verloren zu sein. Es gab ihnen den letzten Rest an Halt, den sie noch hatten. In diesem Moment ertönte aus der Ferne das Wiehern eines Pferdes. Sharee schrak zusammen und blickte zum Hügel. Wenig später tauchten vier Reiter am Horizont auf. Angst überkam sie. Wenn Kronos sie hier erwischte, war der Teufel los, dessen war sie sich sicher. „Ich muß gehen“, sprach sie hastig. „Sharee, warte“, meinte Cassandra und hielt ihre Freundin am Arm fest. „Nein, Cassandra, ich kann nicht“, erwiderte sie und schüttelte leicht den Kopf. „Du verstehst nicht. Kronos hat mir verboten, das Zelt ohne ihn zu verlassen. Ich darf sein Zelt nicht verlassen, solange er unterwegs ist. Ich darf eigentlich nicht hier sein. Wenn er mich hier sieht ... ich will gar nicht daran denken, was dann passiert, welche Strafe er sich ausdenkt“, blockte Sharee ab. Mit schnellen Schritten ging sie in Kronos‘ Zelt zurück. Sie füllte einen Becher mit Wein und wartete geduldig am Eingang des Zeltes. Die vier Reiter näherten sich dem Lager. Sie lachten und schienen zufrieden zu sein. Ihr Streifzug war wie immer ein voller Erfolg gewesen. Ihre Satteltaschen waren gefüllt. Kronos stieg von seinen Pferd und ging auf sein Zelt zu. Ein Sklave kam sofort heran und kümmerte sich um das Pferd des apokalyptischen Anführers. Sharee hatte den Kopf gesenkt – in voller Demut, so wie Kronos es ihr beigebracht hatte. Einen Moment sah Kronos sie durchdringend an. „Ich habe alle Aufgaben erledigt, Herr“, sprach sie zögernd. Ein kleines, zufriedenes Lächeln huschte über Kronos‘ Lippen. Ja, sein Weib war perfekt erzogen, obwohl sie sich noch immer gegen ihn wehrte, wenn er sein Recht einforderte. Mit ehrfurchtsvollen Blick hielt sie ihm den Becher entgegen. Kronos nahm ihn und trank einen kräftigen Schluck. Sharee folgte ihm ins Zelt und öffnete die Schnallen seines schwarzen Umhangs, um ihn Kronos abzunehmen. Es war für sie schon zur Gewohnheit geworden, daß sie nach einen Ritt sein Gesicht und seine Hände wusch. Da hörte sie auf einmal ein Geräusch. In der nächsten Sekunde stellte sich ein Rauschen in ihrem Kopf ein. Es war das Rauschen, das sie immer vernahm, wenn Kronos oder einer seiner Brüder auftauchte. Caspian betrat das Zelt. Sharee zuckte merkbar zusammen und senkte den Blick. Ihre Angst vor Caspian war weit größer als die vor Kronos. „Du hast sie gut gezähmt“, stellte Caspian mit einen leichten Lächeln fest. Kronos‘ Blick glitt zu Sharee, die neben ihm kniete. „Ja, sie ist ein braves Mädchen“, kommentierte er. „Was willst du?“ richtete er dann seine Aufmerksamkeit auf seinen Bruder. „Unsere Beute wird gerade geteilt. Dein Anteil wie immer?“ fragte Caspian. Kronos nickte leicht. „Ja, bring sie rein.“ Caspian nickte und verschwand wieder. „Füll mir noch einen Becher auf“, befahl Kronos ohne Sharee anzusehen. Wortlos folgte Sharee seinen Befehl. Sie nahm den Krug und reichte Kronos noch einen Becher Wein. Kronos‘ Blick fiel auf das frische Obst, das in einer Schale lag. „Sind das Pfirsiche?“ Sharee nickte leicht. „Ja, Herr. Ich habe sie in der Nähe des Flusses gefunden. Sie sind frisch gewaschen. Ich dachte, ich mache Euch damit eine kleine Freude“, sprach sie zögernd. „Eigentlich habe ich dich nicht fürs Denken geholt, aber ... du hast richtig gedacht. So gefällst du mir, mein Mädchen“, sprach Kronos zufrieden mit seinem Werk, wenn er sie betrachtete. Ein lauter, panischer Schrei hallte durch das Lager und Caspian warf ein blutjunges Mädchen auf Kronos‘ Felllager. Mit einen fiesen Grinsen ließ er Kronos und sein Spielzeug allein. „Verschwinde ins Sklavenzelt“, fuhr Kronos Sharee scharf an und wandte ihr den Rücken zu. Das Mädchen würde die Nacht nicht überleben, daß war ihr klar. Egal wie Kronos sie – Sharee - ins Leben zurück rufen konnte, er würde es bei diesem jungen Ding nicht tun. Daran war er nicht interessiert. Ängstlich floh Sharee aus dem Zelt ihres Herrn. Sie kannte diesen scharfen Unterton in Kronos‘ Stimme nur zu gut, wußte, daß er in solchen Momenten keinen Widerspruch gelten ließ. In solchen Augenblicken war er äußerst reizbar. Sharee ging ins Sklavenzelt, so wie Kronos es ihr befohlen hatte. Im Zelt hielten sich einige Sklavinnen auf, die nicht die Stellung einer persönlichen Dienerin eines Reiters inne hatten. Sharee ließ sich in einer Ecke nieder und hing ihren Gedanken nach. Noch vor wenigen Tagen hatte sie ein völlig normales Leben inmitten ihres Stammes geführt. Doch dann hatte sich ihr ganzes Leben gedreht. Einst war sie frei gewesen, nun war sie nicht mehr als eine Sklavin. Sie war die persönliche Sklavin des Anführers der vier apokalyptischen Reiter. Sharee hatte schon bald eingesehen, daß es besser war, sich seinen Willen zu fügen. Sie konnte nicht sagen, wie oft Kronos sie in den letzten Tagen getötet hatte - allein um ihren Stolz und ihren Willen zu brechen. Er hatte sie zu Tode vergewaltigt und zu Tode geprügelt – immer und immer wieder. Und er dachte sich immer grausamere Spielchen für sie aus. Sharee erinnerte sich, was er vor gut drei Tagen mit ihr getan hatte. Er hatte ihr eine tiefe Wunde in den Nacken geritzt, hatte ihre Haut bis zum Hals aufgeschnitten – so weit, daß sie daran elend gestorben war. Kronos hatte sich an ihrem qualvollen Stöhnen und ihrem Tod ergötzt. Ihr Flehen um Erlösung war wie Musik in seinen Ohren gewesen. Es hatte ihn gefreut, sie so schwach zu sehen. Er hatte jede einzelne Sekunde ihres erbitterten Todeskampfes genossen. Ein Zittern ging durch Sharees Körper, wenn sie daran zurück dachte. Sie schlief über ihren schmerzhaften Erinnerungen ein. Das junge Mädchen war am nächsten Morgen tot, so wie Sharee es erwartet hatte. Ohne großes Aufsehen machte sie in Kronos‘ Zelt sauber. Er konnte die getrockneten Blutflecken in seinen Zelt nicht ausstehen. Langsam fügte sich Sharee ihrem Leben als seine Sklavin. Sie hatte auch keine andere Wahl. Er allein verfügte über ihr Leben und fällte alle Entscheidungen, die ihr Leben betrafen. Schwermütig seufzte Sharee. Nur äußerst selten begegnete sie Cassandra. Und wenn sie das Glück hatte, ihre Freundin zu sehen, dann hatten die beiden Frauen keine Möglichkeit miteinander zu sprechen. Die einzige Person, zu der Sharee engen Kontakt hatte, war Kronos. Wie lange wird es noch so weitergehen? Wie lange wird es dauern bis er meiner überdrüssig ist? fragte sich Sharee im Stillen. „Verdammt, Sharee!“ rief eine Stimme gereizt. Der Fluch ihres Herrn holte sie ruckartig aus ihren Gedanken. Zögernd blickte sie auf. Kronos stand am Eingang seines Zeltes und ein wütender Blick traf sie aus seinen Augen. Erst jetzt bemerkte Sharee, daß er sie beim Namen genannt hatte. Es war das erste Mal, daß er sie mit ihren Namen angesprochen hatte. Sharee hatte nicht einmal gewußt, daß er ihren Namen kannte. „Entschuldigt, Herr! Ich war einen Moment abwesend“, sprach sie ruhig. „Das habe ich bemerkt, Weib. Eigentlich sollte ich dich für diese Unachtsamkeit bestrafen, aber ich bin heute nicht in Stimmung“, erklärte Kronos. Sharee musterte ihn einen Moment. Er sah müde – ja, richtig erschöpft – aus. Kronos und seine Brüder waren weit geritten und er hatte sich noch nicht entspannen können. Nachdem sie von ihren Ausflug zurück gekommen waren, hatte Kronos einen lautstarken Streit zwischen Caspian und Silas schlichten müssen, da die Beiden sich heftig in die Wolle bekommen hatten. Kurz schloß Kronos die Augen und strich sich leicht über die Stirn. Zögernd erhob sich Sharee. Sie wußte, sie wagte sich auf gefährliches Terrain, wenn sie ohne seine Aufforderung sprach. Trotzdem wagte Sharee es. „Ihr seit müde, Herr“, stellte sie leise fest. Scharfe Funken tauchten in Kronos‘ Augen auf. Sein Blick warnte sie stumm nicht ihre Grenzen zu überschreiten. „Ich habe dich nicht nach deiner Meinung gefragt, Weib. Außerdem habe ich dir nicht beigebracht, daß du nicht zu sprechen hast, wenn ich es dir nicht erlaube? Nutze meine Großzügigkeit nicht aus!“ fuhr Kronos laut auf. Deutlich sichtbar zuckte Sharee zusammen. „Bitte, verzeiht mir meine Kühnheit. Ich bin mir Eurer Regeln bewußt, Herr. Doch ich sehe, daß Ihr müde seit. Ihr hattet noch keine Entspannung, aber Ihr benötigt sie. Ich könnte Euch massieren“, schlug sie vorsichtig vor. Demütig blickte sie zu Boden. Sie spürte, wie Kronos‘ durchdringender Blick auf ihr ruhte. „Okay, massiere mich, Weib. Aber eine falsche Bewegung und ...“ Kronos sprach seine Drohung nicht zuende. Sharee verstand diese unausgesprochene Drohung und nickte langsam. Lässig legte Kronos einen Teil seiner Kleidung ab und ließ sich auf seinen Schlaflager nieder. Sharee setzte sich neben ihn und zögerte noch einen kurzen Moment. Dann begann sie jedoch seine Schultern zu massieren. Ihre Finger kneteten seine Schultern – seine verspannten Rückenmuskeln – durch. Ruhig lag Kronos da und fing an, ihre besondere Behandlung zu genießen. Sharee konnte nicht glauben, wie er auf ihre Massage reagierte. Kronos‘ Atmung verlangsamte sich und er wurde ruhiger. Vertrauenswürdig schloß Kronos seine Augen. Ab und zu gab er einen zufriedenen Seufzer von sich. Er schien sich wohl zu fühlen. Sharee konnte kaum glauben, daß er so friedlich – so sanft – im Augenblick war. Schließlich hatte sie es hier mit dem grausamsten Schlächter zu tun, der auf Erden wandelte. Plötzlich erfaßte das ihr so bekannte Rauschen sie. Kronos seufzte leise und sah auf. Auch er hatte es gespürt und wußte, es konnte nur einer seiner Brüder sein. Gleich darauf betrat eine schlanke Gestalt das Zelt. Methos blickte seinen Bruder ernst an. „Kronos, wir müssen reden“, sprach er. Kronos sah ihm an, daß ihn etwas beschäftigte. „Verschwinde!“ sagte er an Sharee gewandt. Wortlos erhob sie sich und ging mit gesenkten Blick an Methos vorbei. „Was ist los?“ fragte Kronos und setzte sich auf. Methos nahm ihm gegenüber Platz. „Du verbringst viel Zeit mit ihr“, stellte er ruhig fest. „Du meinst Sharee?“ Bejahend nickte Methos. „So fern ich mich erinnere, verbringst du ebenfalls viel Zeit mit deiner Sklavin. Cassandra war ihr Name, nicht wahr?“ Wieder nickte Methos. „Also, Methos, wo liegt das Problem?“ „Das Problem liegt darin, daß unser Anführer anscheinend beschlossen hat, gütig zu sein“, sprach der als Death bekannte Reiter. „Methos, was soll das?“ begehrte Kronos wütend auf. „Entschuldige, wenn ich dir zu nahe treten, aber ich habe diese Massage von draußen eine Zeitlang beobachtet. Hätte einer dieser Wüstenratten dich gesehen, hätte er über dich gelacht. Du bist in ihren Händen zu Wachs geworden, Kronos. Von unserem brutalen Anführer war nichts mehr zu sehen. Du hast dich in einen schnurrenden Kater verwandelt, der die Streicheleinheiten seiner Herrin genießt. Ist dir das klar?“ warf Methos ihm vor. „Sei still“, knurrte Kronos und in seinen Augen blitzte es wütend auf. „Du bist doch keinen Deut besser, Methos. So weit ich informiert bin, greifst du deine Cassandra nicht so hart an wie du es sonst mit deinen Sklavinnen tust. Was also beschwerst du dich über mich? Denk zuerst über dein eigenes Verhalten nach, bevor du es wagst, über meines zu urteilen. Außerdem ... ist es meine Sache, was ich mit meinen Weib mache. Wage es nicht mit mir über mein Verhalten zu diskutieren“, wies Kronos ihn zurecht. „Mache mir nicht meine Macht streitig, Bruder. Du würdest den Kürzeren ziehen“, fuhr Kronos seinen besten Mann an. „Das will ich auch gar nicht“, erwiderte Methos ruhig und erhob sich. Am Eingang des Zeltes drehte er sich noch einmal um und sprach: „Bruder, du bist Kronos, die Pest. Vergiß das niemals. Du bist das Herz der vier Reiter des Bösen. Du bist unser Anführer.“ Dann verschwand Methos. Lange dachte Kronos über die Worte seines Bruders nach. Ja, er hatte Recht. Dieses Weib hatte die Gabe ihn in einen friedlich schnurrenden Kater zu verwandeln. Kronos schüttelte den Kopf und fuhr auf. Niemals würde er das zulassen. Laut rief er nach Sharee. Nach wenigen Minuten erschien sie im Zelt. „Zieh dich aus“, befahl er kalt. Ein leichtes Zittern durchfuhr ihren Körper. Kronos bemerkte ihr Zögern. Er zog seine Peitsche hervor und ging auf Sharee zu. Selten hatte sie ihn so zornig erlebt. Kronos brannte regelrecht vor Kälte und Zorn. Panisch blickte sie sich im Zelt um. Kronos hatte ihr eingetrichtert ihn niemals zu schlagen. Doch er war so verändert, so unberechenbar, wie Sharee erkannte. Die blanke Angst vor ihm erfaßte sie. Ihr Instinkt wollte sich wehren, sich verteidigen. Und sie ließ sich von ihren Instinkt leiten. „Zieh dich auf der Stelle aus“, wiederholte er zornig. Kronos stand kurz vor einer Explosion. Zorn brodelte tief in ihm. Er schien sich kaum noch beherrschen zu können. Sharee ahnte, daß sein Verhalten mit dem Besuch von Methos zu tun hatte. Das Gespräch schien Kronos nicht gefallen zu haben. Methos schien ihm etwas gesagt zu haben, was Kronos nicht ausstehen konnte. Ihr Herr lief zu Hochtouren an. Hastig glitten ihre Augen im Zelt umher. Sie mußte sich gegen Kronos verteidigen. Wenn sie es nicht tun würde, würde er sie diese Nacht töten, daß wußte sie. Sie las es in seinen kalten Augen. Sharee mußte wenigstens versuchen ihm zu entkommen. Ihr Blick blieb bei einer Vase aus einfachen Ton stehen, die Kronos von einen Händler gestohlen hatte. Ihr war klar, wenn es ihr nicht gelang, Kronos nieder zu schlagen und zu fliehen, war sie verloren. Als schien Kronos zu wissen, was sie vorhatte, lachte er laut auf. „Das wagst du nicht, mein Mädchen. Du hast viel zuviel Angst vor mir, um dir meinen Zorn noch mehr einzufangen. Du fürchtest meine Strafen zu sehr“, sprach er amüsiert. Diese ganze Situation schien ihm Spaß zu machen. Es war offensichtlich, daß er sie auslachte. Er muß mich wirklich für sehr dumm halten, dachte Sharee entrüstet. Es reichte, daß er sie auf alle möglichen Arten verletzte, demütigte und tötete. Es war genug, daß er sie immer wieder ins Leben zurück holte, um ihr noch mehr Qualen zuzufügen und das ihm das noch soviel Spaß bereitete. Doch das er sie auslachte und sie nicht ernst nahm - sie bloß für ein Dummerchen hielt - ... das war in diesen einen Moment zuviel. Es war der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen brachte. Blitzschnell bückte sich Sharee und nahm die Vase an sich. Dann warf sie diese Kronos an den Kopf. Das Gefäß traf genau ihr Ziel und zersprang mit einen lauten Klirren. Überrascht von der plötzlichen Attacke war Kronos nicht mehr in der Lage auszuweichen. Er stöhnte auf, der Schmerz traf ihn plötzlich, und sackte zu Boden. Einen Moment starrte Sharee ihn an, konnte nicht glauben, ihn wirklich getroffen zu haben. Dann nutzte sie ihre Chance und floh aus dem Zelt. Hoch am Himmel funkelnden die Sterne und durchbrachen die dunkle, finstere Nacht. Niemand schien den Lärm aus Kronos‘ Zelt gehört zu haben. Hastig stolperte Sharee zu den Pferden. Sie mußte hier weg. Sie mußte fliehen. Lange hielt sie diese Tortour nicht mehr aus. Und sie wußte, wenn ihr die Flucht nicht gelang, würde Kronos sie grausam bestrafen. Er würde das niemals dulden. Er würde ihr niemals durchgehen lassen, was sie soeben getan hatte. Gerade, als sie auf ein Pferd stieg, umfaßte jemand ihre Hand und riß sie brutal herum. Entsetzt riß Sharee die Augen auf als eine Faust in ihr Gesicht krachte. „Wir halten uns ja für so schlau, mein Mädchen. Du glaubst doch nicht wirklich, daß du vor mir fliehen kannst, daß du mir entkommen kannst“, wütete Kronos zornig. Die Wunde, die die Vase an seiner Stirn hinterlassen hatte, war schon wieder verheilt. Wütend zerrte er Sharee an den Haaren in sein Zelt zurück. „Verdammt, ich dachte, ich hätte dich gezähmt, dein Feuer gelöscht und deinen Willen gebrochen. Anscheinend habe ich mich gründlich getäuscht. Dieser Fehler unterläuft mir kein zweites Mal. Dir bringe ich bei mich niederzuschlagen und abhauen zu wollen. Dir treibe ich deine Flausen ein für alle Mal aus.“ Kronos warf sie auf das Felllager. Dann schlug er ihr ins Gesicht und jeder einzelne Schlag war härter als der vorangegangene. „Dank deiner hervorragenden Massage fühle ich mich jetzt besser. Sie hat mir neue Energie verschafft. Dein Fluchtversuch war eine törichte Idee. Ich dachte, ich hätte dir jeden Gedanken an Flucht oder Gegenwehr ausgetrieben. Dir werde ich deinen Ungehorsam nehmen – ein für alle Mal. Nach dieser Nacht wirst du dir wünschen, ich würde dich endlich endgültig töten. Wenn ich mit dir fertig bin, wirst du nie mehr auch nur einen Gedanken an Flucht verschwenden.“ Brutal riß er ihr das Kleid von den Schultern. „Bitte nicht“, flehte Sharee unter Tränen. „Ja, flehe ... weine um dein wertloses Leben. Bettle, mein Weib! Diese Strafe hast du dir selbst zuzuschreiben“, knurrte Kronos. Er griff nach seiner Peitsche und legte sie um Sharees Hals. Die Schlinge zog sich immer enger um ihre Kehle. Panisch schnappte Sharee nach Luft, keuchte, bettelte um jeden kleinen Atemzug. Es wurde immer dunkler um sie als die Luft immer weniger wurde. Und bevor sie einen grausamen Erstickungstod erlitt, hörte sie noch Kronos‘ Stimme, die vor Wut regelrecht vibrierte. „Das wird dir eine Lehre sein, Weib. Du wirst mich nie mehr angreifen oder dich gegen mich verteidigen. Und du wirst nicht einmal mehr an Flucht denken.“ Ein grausames Lachen glitt über seine Lippen. Dann fiel Sharee in das ihr so bekannte tiefe, dunkle Loch. Sie war gestorben. Sharee spürte jeden einzelnen Knochen als sie erwachte. Ihr Körper schien ihr vor Schmerzen nicht mehr richtig zu gehorchen. Ihr Körper resignierte. Sharee bemerkte, daß sie keine Kleidung mehr trug. Mit einen selbstgefälligen Grinsen saß Kronos neben ihr und schenkte die Peitsche in seiner Hand hin und her. Leise schrie Sharee auf, wagte es jedoch nicht zurück zu weichen – aus Angst, er könnte sie noch grausamer bestrafen. Ruhig umfaßte Kronos ihren Arm und drehte ihn nach hinten. Heftige Schmerzen jagten ihr durch den Körper. Schmerzerfüllt schrie Sharee auf. „Mein Mädchen, wenn du je wieder fliehen willst, dann flehe um Gnade. Ein zweites Mal werde ich dir diese Durchtriebenheit nicht durchgehen lassen. Hast du mir nichts zu sagen?“ Erwartungsvoll sah er sie an. Sharee gab auf und resignierte vor ihm. „Ich werde nie mehr an Flucht denken und Euch schlagen, Herr. Es tut mir leid“, flüsterte sie kaum hörbar. „Das will ich für dich auch hoffen“, erwiderte Kronos grinsend. Seine Hand strich ihren nackten Oberschenkel entlang. „Ich bin noch lange nicht fertig mit dir“, sprach er. In dieser Nacht trieb er ihr jeden noch so kleinen Gedanken an Flucht für immer aus. Wie oft er sie mißhandelte und tötete, wußte Sharee später nicht mehr. Sie betete nur dafür, daß es bald vorbei sein würde. Wie sie diese Nacht überlebte, wußte sie nicht. Doch in dieser Nacht brach Kronos ihren Willen endgültig. Sie unterwarf sich ihm. Eine andere Wahl hatte sie auch nicht, daß wußte Sharee. In dieser Nacht lernte sie ihre Lektion. Nie mehr würde sie Kronos schlagen oder an Flucht denken. Eine Nacht wie diese wollte sie nie mehr erleben.
~ 3. ~ [Ein paar Wochen später] Das Lager der Reiter wurde abgebrochen und sie beschlossen, weiter zu ziehen. Besser gesagt, Kronos befahl diesen Entschluß. Sie zogen durch die Wüste bis sie bei einen großen, klaren Fluss ankamen und dort ihr neues Lager aufschlugen. Während dieser Tage hatte sich Sharee dem Willen von Kronos völlig unterworfen. Sie dachte auch kein einziges Mal mehr an Flucht. Sharee führte einfach seine Befehle aus. Widerspruchslos tat sie alles, was Kronos ihr befahl. In der Nähe des Flusses blickte Cassandra sehnsüchtig auf die Kräuter, die dort wuchsen. Sie war eine gelernte Heilerin und hatte den Menschen ihres Stammes bei Verletzungen immer bei gestanden. Doch sie würde es nie mehr durchführen können, daß wußte sie. Hijad – er hatte Sharee und Cassandra aufgezogen wie seine eigenen Töchter – hatte den beiden Mädchen jeweils andere Dinge beigebracht. Cassandra hatte er die Fähigkeiten einer Heilerin gelehrt, weil er bemerkt hatte, daß sie großes Talent in dieser Richtung hatte. Sharee hatte er einen Gelehrten zur Seite gestellt, der ihr schreiben und lesen beigebracht hatte. Sharee war immer mehr an Bildung interessiert gewesen als an traditionellen Bräuchen. Und sie war gebildeter als ihr Herr es ahnte. Sie suchte nach einer Beschäftigung. Gerne würde sie tun, was ihr am meisten Spaß bereitete und was sie einst erlernt hatte. Im Lager hatte sie leere Schriftrollen und Farbe entdeckt. Sie würde gerne wieder mit dem schreiben und lesen anfangen, wagte es jedoch nicht, es heimlich zu tun. Sharee wußte auch, daß sie die Schriftrollen nicht einfach an sich nehmen konnten. Immerhin gehörten sie ihr nicht. Um die Schrift wieder durchführen zu dürfen, mußte sie Kronos um seine Erlaubnis bitten. Sie mußte sich die Erlaubnis ihres Herrn einholen, bevor sie ihr größtes Hobby wieder aufnehmen durfte. Und sie fürchtete sich davor Kronos darum zu bitten. Noch nie hatte sie Kronos um etwas gebeten. Sharee beschloß, es nach dem Abendbrot zu probieren. Wenn er gegessen hatte, war er am zugänglichsten und guter Laune. Soviel hatte Sharee über Kronos‘ undurchdringliches Wesen schon gelernt. Er war böse und ohne Skrupel. Außerdem war er unberechenbar und gierte nach Blut und Tod. Wahrscheinlich wird er es mir verbieten und mich für diese Unverfrorenheit auch noch bestrafen, dachte Sharee ohne Hoffnung darauf, einen kleinen Hoffnungsschimmer in ihren traurigen Leben zu erblicken. Doch Sharee beschloß, es trotzdem zu probieren. Vielleicht hatte er einen gnädigen Tag und erlaubte es ihr. Nach Beendigung des Abendbrotes lehnte Kronos sich zufrieden zurück. Sharee sprang sofort auf und brachte die Schüsseln nach draußen, um sie am nächsten Morgen im Fluß zu waschen – so wie es jeden, neuen Tag ihre Aufgabe war. Zögernd erschien sie danach wieder im Zelt. Kronos bemerkte, daß sie äußerst nervös war und fragte sich, warum dem so war. Irgend etwas lag ihr auf der Seele, daß sah er. Sharee setzte sich still neben ihn. Sie wußte nicht, wie sie beginnen sollte. Sie hatte Angst vor seiner Reaktion. Kronos schwieg. Er sah ihr an der Nasenspitze an, daß sie etwas von ihm wollte. Nach einer Weile wurde es ihm jedoch zu dumm und sprach: „Okay, Weib, was willst du von mir?“ „Ich ...“ Überrascht sah sie ihn an. Sah man es ihr so deutlich an, daß sie eine Bitte an ihn hatte? „Ich weiß alles, schon vergessen? Also, raus mit der Sprache“, forderte er. „Ich wollte um Erlaubnis bitte“, stammelte sie leise. „Um Erlaubnis? Was soll ich dir erlauben?“ fragte Kronos neugierig. „Ich brauche eine Aufgabe, eine Beschäftigung. Und ...“ „Du hast eine Beschäftigung“, unterbrach Kronos sie heftig. „Deine Aufgabe, mein Mädchen, ist es, dafür zu sorgen, daß ich zufrieden bin.“ „Das weiß ich, Herr. Aber ich weiß nicht, was ich tun soll ... wenn Ihr nicht da seit“, sprach sie zögernd. Fragend zog Kronos eine Augenbraue hoch. „So? Du langweilst dich also, wenn ich nicht da bin?“ Sharee nickte leicht. „Und was schwebt dir vor ... was du tun könntest?“ Sharee schluckte schwer und flüsterte: „Bei meinen Stamm lehrte mich ein Gelehrte die Schrift und ...“ „Du bist gebildet?“ sprach Kronos überrascht. Damit hatte er nun nicht gerechnet. Es war selten, daß eine Frau hier draußen in der Wüste gebildet war. „Du kannst schreiben und lesen? Dein Stamm war schon soweit?“ hakte Kronos nach. Langsam nickte Sharee. „Ja, ich kann schreiben und lesen“, flüsterte sie. „Ich bin überrascht, daß hätte ich nicht erwartet. Also, was hat das mit mir zu tun?“ fragte Kronos. „Ich habe hier im Lager leere Schriftrollen entdeckt, Heer“, begann sie zögerlich. „Die hat Silas mal von einen Überfall mitgenommen“, murmelte Kronos. „Jedenfalls ... ich wollte Euch um Erlaubnis bitten, während Eurer Abwesenheit schreiben zu dürfen“, sprach Sharee. So, nun hatte sie es ausgesprochen. Lange sah Kronos sie still an. Sharee konnte in seinen Gesicht nicht lesen, ob er sich über sie ärgerte oder nicht. Sie konnte nicht sagen, ob er es für eine törichte Idee hielt oder ob er ihr die Erlaubnis tatsächlich erteilen würde. „Während meiner Abwesenheit?“ hakte Kronos mißtrauisch nach. „Ja, nur während Euer Abwesenheit und ... nach der Erfüllung all meiner Pflichten zu diesen Zeiten“, erwiderte Sharee zögernd. Langsam nickte Kronos. „Von mir aus“, sprach er schließlich. „Nimm dir diese Rollen und tue damit, was du willst.“ „Wirklich?“ fragte Sharee ungläubig nach. Sie konnte nicht fassen, daß er es ihr wirklich erlaubte. „Ja, die Schriftrollen gehören dir. Niemand in diesen Lager hat ansonsten eine Verwendung dafür. Aber ... damit wir uns verstehen, Weib“, sprach Kronos und blickte sie scharf an. „Ich erlaube es dir – solange du deine Pflichten als meine Sklavin nicht vernachlässigt. Sollte dies der Fall sein, entziehe ich dir diese Erlaubnis sofort. Du kannst schreiben und lesen, solange ich unterwegs bin. Wenn ich aber da bin, gilt deine ganze Aufmerksamkeit mir allein. Verstehen wir uns?“ „Ja, Herr“, sprach Sharee nickend. Ein zögerliches Lächeln huschte über ihre Gesicht. „Danke, Herr“, flüsterte sie kaum hörbar. Überrascht zog Kronos eine Augenbraue hoch. Damit hatte er nun nicht gerechnet. Sie bedankte sich bei ihm? Das war ja etwas ganz neues. Anscheinend hatte er ihr soeben einen Wunsch erfüllt. Sharee war froh, daß er nicht wütend auf ihren Vorschlag reagierte, sondern sie tatsächlich schreiben ließ. Und sie würde sich an ihre Vereinbarung halten und ihre Pflichten auf keinen Fall vernachlässigen. Cassandra gefiel es gar nicht, daß Sharee plötzlich eine solche Freiheit hatte. Inzwischen durfte Sharee sich im Reiterlager frei bewegen – solange Kronos anwesend war. Nur beschränkt durfte sie sich im Lager bewegen, wenn er nicht da war. Sharee hatte die leeren Schriftrollen an sich genommen und schrieb meistens, wenn er unterwegs war. Oft saß sie dabei am Fluß auf dem großen Felsen und schrieb ihre Gedanken oder kleine Geschichten nieder. Ihre Füße baumelten im kühlen Wasser und sie konnte sich entspannen. Es war die perfekte Ablenkung für Sharee von ihrem hoffnungslosen Schicksal als Kronos‘ persönliche Sklavin. Mit der Zeit und sehr langsam hatte sie angefangen ihr Schicksal zu akzeptieren. Eine andere Wahl hatte sie auch nicht. Sie gewöhnte sich langsam an ihr Leben an der Seite von Kronos, obwohl es noch immer unerträglich für sie war, wenn er sein Recht einforderte. Doch Hoffnung ... die hatte Sharee schon lange nicht mehr. Ihr Leben gehörte nicht mehr ihr. Ihr Leben gehörte Kronos. Sharee veränderte sich, ohne das es ihr selbst auffiel. Sie wurde lockerer und ausgeglichener. Doch Kronos bemerkte die Veränderung seiner Sklavin sehr wohl. Er hatte den neugewonnenen Enthusiasmus von ihr bemerkt, mit dem sie nun an ihre alltäglichen Aufgaben ran ging. Sie war nicht länger das scheue, verschüchternde und ängstliche Mädchen, das sie bei ihrer Ankunft im Reiterlager gewesen war. Sie war nun selbstbewußter und ... ja, reifer. Sharee war reifer geworden. Die Zeit im Lager hatte sie verändert und ihr beigebracht, ihr Schicksal zu akzeptieren. Wenn er von einen langen, anstrengenden Ritt zurück kam, stand Sharee mit einen Becher frischen Wein vor seinen Zelt und wartete auf ihn. Das Essen war schon vorbereitet und sein Zelt aufgeräumt. Er war verwundert. Konnte seine Erlaubnis, daß sie lesen und schreiben durfte, wirklich eine solche Veränderung bei ihr bewirkt haben? Kronos wollte es genau wissen. Abends, wenn Kronos mit seinen Jungs am Lagerfeuer saß und Sharees Dienste nicht benötigte, zog sie sich zurück und saß am Fluß, um zu schreiben. Noch nie hatte er sie da aufgesucht. Kronos ließ sie eigentlich allein, wenn sie ihre Gedanken nieder schrieb, da es ihn nicht interessierte. Doch diesmal suchte er sie auf. Kronos wollte wissen, ob ihre neue Energie wirklich von seiner Erlaubnis abhing. Sharee war unbemerkt aufgeblüht. In ihren Gedanken versunken, nahm sie weder das Rauschen in ihrem Kopf, noch die schweren Schritte ihres Herrn wahr. Ohne ein Wort nahm Kronos neben ihr Platz und beobachtete die sanften Wellen des Flusses. Erst diese schattenhafte Bewegung holte Sharee aus ihren Gedanken und erschreckte sie zutiefst. Mit zitternden Händen ließ sie die Schriftrolle und die Feder fallen. Kronos bückte sich und hob die Schriftrolle auf. Skeptisch blickte er auf die geschriebenen Zielen. „Was schreibst du eigentlich?“ wollte er neugierig wissen. Diese Frage überraschte Sharee nun doch. Damit hatte sie nicht gerechnet ... denn es hatte ihn noch nie interessiert. „Nun ... ich ... ich schreibe meine Gedanken nieder. Ich schreibe über das Leben an Eurer Seite und ... ich schreibe einfache, erfundene Geschichten“, gestand sie zögernd. Kronos nahm dies leicht nickend zur Kenntnis. „Lies mir eine vor“, befahl er plötzlich. „Was?“ Überrascht blickte Sharee ihm direkt in die Augen. „Ich will, daß du mir eine deiner Geschichten vorliest“, wiederholte er ruhig. In seinen Augen konnte Sharee keine Spur von Aggressivität oder Wut lesen. Sie bückte sich nach einer Schriftrolle, die neben den Felsen lag und entrollte diese. Dann begann sie laut vorzulesen ... Kronos saß die ganze Zeit neben ihr und hörte ihr zu. „Du hast eine blühende Phantasie, mein Mädchen“, gab er nach dem Ende der Geschichte seiner Sklavin zu verstehen. Ein kleines Lachen entrang sich seiner Kehle. „Hinter diesem hübschen Kopf scheint tatsächlich ein einfallsreicher Geist zu stecken“, meinte er amüsiert. „Gefällt Euch die Geschichte nicht?“ fragte Sharee leise. Sie fragte ihn selten etwas, wußte sie zu gut, daß er hier Derjenige war, der die Fragen stellte. „Das habe ich nicht gesagt“, sprach Kronos. „Sie ist gut. Ich bin nur überrascht, daß du wirklich so gut schreibst. Das Schreiben tut dir gut. Du blühst dadurch auf und erledigst deine Arbeit viel schneller. Du solltest versuchen diesen einfallsreichen Geist zu behalten, Weib. Es wäre echt schade um das Talent, das du besitzt“, meinte er und mit diesen Worten stand er auf und ließ sie allein. Verwundert blickte Sharee ihrem brutalen Herrn nach. Dieses Verhalten war eine völlig neue Seite an ihm. Doch sie wußte: Es hatte nichts zu bedeuten. Er hatte wirklich ihr Talent zum schreiben gelobt. Warum tat er es? Verfolgte er etwa ein Ziel damit? Aber die Geschichte schien ihm wirklich gefallen zu haben. Er hatte es ehrlich und aufrichtig gemeint, daß wußte Sharee augenblicklich.
~ 4. ~ Sie hielten sich nun schon lange am Fluß auf. Kronos beschloß – aufgrund er raren Wasservorräte – noch eine Zeitlang dort zu bleiben. Mit der Zeit kamen immer neue Sklaven ins Lager. Es waren Menschen, deren Schicksal Sharee kannte und es selbst schon durchlebt hatte. Diese Menschen waren wie Cassandra und sie Überlebende von Wüstenstämmen. Und auch diese Menschen würden entweder als Sklaven oder tot enden. Beides war gleich schlimm. Sharee wußte, was die neuen Sklaven im Reiterlager bedeuteten. Kronos würde eine Zeitlang sein Interesse an ihr verlieren und sich mit den neuen, blutjungen Mädchen beschäftigen bis er deren müde war. Inzwischen war ihr auch klar geworden, daß sie froh sein konnte, Kronos‘ Sklavin zu sein und nicht die von Caspian. Caspian war ein Tier. Sie hatte es selbst erlebt. Er nahm noch weniger Rücksicht als Kronos. Und ihr war klar, daß sie bei Caspian nicht lange durch gehalten hätte. Mit Schauder erinnerte sie sich an einen Vorfall, der vor einiger Zeit stattgefunden hatte. Caspian hatte ein Mädchen zuerst ausgepeitscht und dann gekreuzigt. Es war für das ganze Lager schrecklich gewesen als das Mädchen am nächsten Morgen gefunden worden war. Kronos hatte das gesamte Lager vor Wut zusammen gebrüllt. Selbst er war über diese Schweinerei nicht erfreut gewesen und hatte Caspian zurecht gestutzt. Sharee selbst war schon auf alle möglichen Arten gestorben, doch eine Kreuzigung war ihr erspart geblieben. Eines abends – nach langer Zeit – begegnete sie Cassandra wieder. Die beiden Freundinnen umarmten sich und freuten sich beide, die andere endlich mal wieder zu Gesicht zu bekommen. „Laß uns von hier verschwinden“, flüsterte Cassandra in Sharees Ohr. Sharee versteifte sich sofort und blickte Cassandra in die Augen. „Was?“ fragte sie irritiert. „Wir schlagen sie nieder und hauen ab. Es kann uns gelingen“, sprach Cassandra überzeugend. Automatisch dachte Sharee an die Nacht zurück, wo sie probiert hatte, zu fliehen. Sie erinnerte sich an die grausame Strafe, die Kronos an ihr verübt hatte. Ein leichtes Zittern ging durch ihren Körper. Noch zu gut erinnerte sich Sharee an alles, was in jener Nacht geschehen war. „Nein“, sprach sie entschieden. Sie wußte, Kronos konnte nett zu ihr sein, wenn er wollte, aber er konnte auch total ausrasten. Kronos‘ Stimmungsschwankungen waren äußerst gefährlich. Im ersten Moment war er freundlich, in der nächsten Sekunde rastete er aus. Kronos war völlig unberechenbar. Man konnte ihn einfach nicht einschätzen. Und Sharee war klar, daß er ausrasten würde, wenn sie erneut versuchen würde zu fliehen. Er hatte sie damals gewarnt, hatte ihr gesagt, was mit ihr geschehen würde, wenn sie es auch nur in Betracht zog. Sharee schüttelte leicht den Kopf. Niemals würde sie das riskieren. „Cassandra, dein Platz ist an der Seite von Methos, meiner ist bei Kronos. Akzeptiere dein Schicksal. Du bist eine Sklavin. Sieh es endlich ein, daß es keine Fluchtmöglichkeit für uns gibt. Wenn wir fliehen ... sind wir tot“, sprach Sharee ruhig. „Sharee, wie kannst du nur so etwas sagen?“ fragte Cassandra entrüstet. Sie konnte nicht glauben, was ihre Freundin da von sich gab. Unverständlich blickte Cassandra ihr in die Augen. Wie konnte sie nur so etwas sagen? Wie konnte sie das, was sie da sagte, nur ernsthaft glauben? Hatte sie all ihre Hoffnungen etwa aufgegeben und sich Kronos gefügt? „Weil es die Wahrheit ist“, erwiderte Sharee. „Tut mir leid, aber ich kann dir nicht helfen und ich will es auch gar nicht.“ „Wie kannst du nur so reden? Wir sind keine Sklavinnen.“ „Doch, sind wir. Wir sind es schon lange“, sprach Sharee gereizt. „Wie kannst du dich einfach so aufgegeben und dich seinen Willen beugen?“ warf Cassandra ihr verbittert vor. In Sharees Augen blitzte es kurz auf. „Weil ich keine andere Wahl habe“, erklärte sie. „Ich habe Angst vor Kronos, verstehst du das nicht? Wenn wir fliehen und sie uns zurückholen und glaube mir, sie werden es tun, dann prügelt Kronos mich zu Tode. Er wird sich die grausamsten Strafen einfallen lassen, die es gibt. Nein, ich kann und will das nicht riskieren. Nur wenn ich mich ihm beuge, überlebe ich“, sprach Sharee und drehte sich um, um ihre Pflichten zu erledigen. Fassungslos starrte Cassandra ihr nach. Sie konnte nicht glauben, daß Sharee – im Gegensatz zu ihr – einfach so aufgab. Durch einen lauten Schrei wurde Sharee am nächsten Morgen geweckt. Verschlafen setzte sie sich auf und blickte sich um. Neugierig horchte sie. Es war Kronos, der das ganze Lager zusammen brüllte. Er klang äußerst zornig und unbeherrscht. Seine Brüder kamen verschlafen aus ihren Zelten und sahen neugierig zu Kronos‘ Lager. Zu gerne würden sie wissen, was da vor sich ging. Auch Sharee kam aus den Zelt der Sklavinnen. Unsicher blickte sie zu dem Zelt von Kronos. Was ging da wohl vor sich? Sollte sie einen Blick riskieren? „Du dummes Miststück“, schrie er wütend. Es bestand kein Zweifel daran, daß Kronos das junge Mädchen zusammen stauchte, das die Nacht mit ihm hatte verbringen müssen. Sie schien etwas getan zu haben, was Kronos zur Weißglut brachte. Nach einigen Zögern entschloß sich Sharee dazu nachzusehen. Vorsichtig ging sie zu dem Zelt ihres Herrn, die scharfen Blicke seiner Gefährten ignorierend. Zaghaft betrat sie das Zelt und erfaßte sofort die Situation. Vor Kronos saß ein junges Mädchen, das noch nicht lange im Lager war. Kronos‘ Unbeherrschtheit kam zu Tage und er bestrafte das Mädchen für ihren Fehler, den sie begangen hatte. Sharee realisierte, daß das Mädchen den Wein über seinen schwarzen Umhang geschüttet hatte und für dieses Vergehen mußte sie nun büßen. In diesen Moment spürte Kronos die Anwesenheit seiner Sklavin. Mit funkelnden – vor Wut blitzenden Augen – sah er sie an. „Verschwinde, Weib! Das hier geht dich nichts an“, zischte er. „Verzeiht mir, Herr, aber dieses Mädchen kennt ihre Pflichten als Sklavin noch nicht. Ich werde es ihr beibringen und Eure Kleidung reinigen. Sie nützt Euch mehr, wenn sie lebt“, murmelte Sharee zögernd. Ihre Stimme zitterte deutlich, während sie respektvoll den Blick gesenkt hielt. Sie hatte es gewagt Kronos einen Vorschlag zu machen. Das hatte sie noch nie getan. Er wird mich dafür bestrafen, dachte sie ängstlich. Doch für eine Umkehr war es jetzt zu spät. Kronos musterte sie einen Moment, dann nickte er leicht. „Du hast Recht. Lebend nützt sie mir mehr. Weih sie in ihre Pflichten ein und schau, daß du den Wein aus meinen Umhang heraus bekommst. Wirklich, Weib, du überrascht mich immer mehr“, sprach Kronos, nun schon etwas versöhnlicher. Er packte das Mädchen an den Haaren und zog sie auf die Beine. Mit einen unsanften Stoß schleuderte er sie in Sharees Arme. Dann warf er ihr den Umhang zu. Sharee führte das Mädchen aus dem Zelt als Kronos sie zurück rief. Sie drehte sich um und ging zurück. „Hast du keine Angst, mein Mädchen, daß ich so sehr Gefallen an ihr finde, das sie dich als meine persönliche Sklavin ablöst? Dann müßte ich dich an Caspian oder Silas weitergeben“, sprach Kronos. Diese Stichelei saß. Sie traf Sharee tief in ihrer Seele und sie zuckte deutlich sehbar zusammen. Dies registrierte Kronos mit einen amüsierten Grinsen. „Ich tue alles um Euch zu gefallen, Herr. Ich ...“, stammelte Sharee. „Ja, du bist ein braves Mädchen“, unterbrach er sie. „Ich könnte dich nicht weitergeben. Ich habe selbst zu sehr Gefallen an dir. Es wäre eine Schande, dich nicht mehr zu haben. Kümmere dich jetzt um meine Kleidung und dieses kleine Miststück. Ich will, daß sie heute Nacht weiß, was ihre Pflichten sind“, wies Kronos sie an. Sharee nickte leicht und verließ das Zelt. Sie stützte das Mädchen und führte sie an den Fluß, um Kronos‘ Umhang zu waschen. Sharee kniete sich vor das Wasser und machte sich an die Arbeit, während das Mädchen ängstlich neben ihr saß. Sie konnte sich kaum bewegen, was Sharee nur zu gut verstehen konnte. Immerhin war Kronos in der ersten Nacht nicht gerade zimperlich. Er war es eigentlich nie. Kronos hatte seine bestimmte, eigene brutale Art, mit den Sklavinnen umzugehen ... das wußte Sharee nur zu gut. „Wie heißt du?“ fragte Sharee sanft das zitternde Mädchen neben sich. „Satrinka“, flüsterte sie. „Ich bin Sharee, Kronos‘ persönliche Sklavin.“ „Wie ... was ...?“ stammelte das Mädchen verwirrt. „Ich werde dir alles erklären“, erwiderte Sharee ruhig. Und während sie den Umhang wusch, erklärte sie Satrinka die genauen Pflichten einer Sklavin im Reiterlager. Sie wußte, Kronos würde sie an die anderen weitergeben. Bei ihr hatte er es schon lange nicht mehr getan. Anscheinend wollte er sie tatsächlich für sich allein. Sharee legte den Umhang zum trocknen in die heiße Wüstensonne. Während dieser Zeit kochte sie etwas zum essen und brachte es Kronos. „Hast du die Flecken heraus bekommen?“ fragte er ruhig. „Ich denke schon, Herr. Der Umhang liegt in der Sonne, um schnell zu trocknen.“ „Weiß sie Bescheid?“ „Ja, Herr. Sie kennt nun ihre Pflichten.“ „Ich bin schon neugierig, ob sie sich auch daran hält. Du warst am Anfang ja auch nicht sehr brav ... als es um deine Pflichten ging“, sprach Kronos amüsiert. „Vernachlässige ich dich?“ fragte er plötzlich und sah sie grinsend an. Sharee erstarrte regelrecht. War dies eine neue Art Spiel von ihm? Auf diese Frage war sie nicht vorbereitet gewesen. Was sollte sie darauf antworten? Woher sollte sie wissen, daß sie das Richtige sagte und nicht das Falsche? „Ich ... ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll, Herr“, sprach Sharee irritiert. „Hast du das Gefühl, ich habe dich in letzter Zeit vernachlässigt? Ich kümmere mich zu wenig um dich?“ In der Tat hatte er ihr in letzter Zeit wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Sharee kümmerte sich zwar um sein leibliches Wohl und auch um das Zelt, aber er hatte sich stets mit anderen Sklavinnen vergnügt. Doch warum? Genügte sie ihm nicht mehr? War sie nicht mehr gut genug? Langweilte sie ihn etwa schon? Sharee verstand an diese Sache nur nicht, warum es ihr einen schmerzlichen Stich gab, daß er sich so wenig mit ihr beschäftigte. „Ich werde schon nicht ausfallend“, sprach Kronos amüsiert. „Nun, es ist schon so ... das Ihr mir in letzter Zeit wenig Aufmerksamkeit gewidmet habt“, gab Sharee zögernd zu. Ein undefinierbares Lächeln huschte über Kronos‘ Lippen. „Mein Mädchen, daß müssen wir ändern. Du mußt doch wissen, daß dieses blutjunge Ding dir nicht das Wasser reichen kann. Du tust alles um mich zufrieden zu stellen. Und doch hast du noch genügend Feuer in dir, das mich erfreut. Niemand kann es mit deinen Temperament aufnehmen. Dieses Ding wird mich bald langweilen – genau wie alle anderen. Doch du ...“ Er umfaßte Sharees Handgelenk und zog sie leicht zu sich. „... Du wirst mich nie langweilen, mein Mädchen. An dir werde ich immer meine hellste Freude haben.“ Kronos strich mit dem Daumen über die Ader an Sharees Handgelenk, fühlte wie ihr Puls raste. Er lächelte selbstgefällig. „Sieh nach meinen Umhang“, befahl er ihr rauh. „Ja, Herr.“ Sharee erhob sich und führte den Befehl von Kronos aus. Dieser schüttelte hinter ihr den Kopf; so als wollte er einen lästigen Gedanken los werden. Gott, Kronos? Was hast du da gerade gesagt? fragte sich der Anführer der vier Reiter unverständlich. Was war bloß in ihm gefahren? Stimmte etwas nicht mit ihm? Kronos wußte selbst, was in der letzten Nacht vorgefallen war. Tatsächlich hatte er alles Feuer aus dem jungen, ängstlichen Ding heraus geholt, doch sie hatte ihm nicht gefallen. Sie war nicht annähernd so reizvoll wie Sharee. Und sie hatte ihn nicht so sehr gefordert wie Sharee es tat. Genau das hatte Kronos in Rage gebracht. Kronos schickte Satrinka in dieser Nacht zu Silas. Er hatte keine Verwendung mehr für sie und hatte seine Meinung geändert. Statt dessen holte er Sharee zu sich ins Zelt. Sharee stellte sich darauf ein, was er wollte, was er von ihr verlangen würde. Doch es kam ganz anders als sie gedacht hatte. Kronos zog es in dieser Nacht vor, nur mit ihr im Arm einzuschlafen. Und aus irgendeinen unergründlichen Grund fühlte sich Sharee zum ersten Mal seit ihrer Gefangenschaft wirklich wohl. Sharee wachte lang nach Mitternacht auf. Leicht wandte sie sich und blickte auf den schlafenden Mann neben sich. Kronos‘ Kopf lag friedlich an ihrer Schulter verborgen. Sein Arm lag um ihre Taille. Ja, in diesen Moment sah er äußerst sanft und friedlich aus. Inzwischen wußte Sharee, daß zwei Seelen in seiner Brust miteinander kämpften. Da war die sanfte Seite von ihm, die manchmal zum Vorschein kam. Doch es gab auch noch die harte Seite, die den Schlächter in ihm rief und der er auch mit Leib und Seele war. Leise seufzend entzog sich Sharee seiner Umarmung und erhob sich. Sie trat in die ungewöhnlich warme Nacht hinaus. Sehnsüchtig blickte Sharee zum Fluß, wo das Mondlicht sich im klaren Wasser spiegelte. Plötzlich stellte sich in ihr der Drang ein, schwimmen zu gehen. Vorsichtig blickte sie durch den Eingang des Zeltes. Kronos schlief noch tief und fest. Irgendwie traute sie sich nicht, sich vom Zelt zu entfernen, aber andererseits wollte sie wieder einmal schwimmen gehen. Doch was war, wenn Kronos während ihrer Abwesenheit aufwachte? Sharee war klar, daß er die Beherrschung verlieren würde. Er würde ausrasten und von seinen Freundlichkeiten würde nichts mehr zu sehen sein. Aber was sollte er ihr sonst schon antun? Sie hatte doch schon alles mögliche erlitten. Sharee entschied sich nach kurzen Zögern für ihre Sehnsucht. Mit leisen Schritten ging sie zum Fluß hinunter. Am Ufer blickte sie sich noch einmal zu dem Lager um, doch niemand hatte bemerkt, daß sie sich entfernt hatte. Das Kleid glitt von ihren Körper und fiel zu Boden. Sharee stieg in das kühle Wasser und schwamm ihre Züge. Nach all den schrecklichen Erlebnissen mit den apokalyptischen Reitern war dies eine wahre Befreiung. Für einen kurzen Augenblick konnte sie ihr schweres Schicksal als Sklavin vergessen. Zur selben Zeit wachte Kronos auf. Ein Blick neben sich genügte, um zu merken, daß Sharee nicht in seinen Zelt war. Sein erster Gedanken war sofort, daß sie wieder probiert hatte, zu fliehen. Hastig verließ Kronos das Zelt und blickte sich um. Die Pferde standen noch alle unter ihrem Stand. Sie hatte also kein Pferd genommen. Das ergibt keinen Sinn, dachte Kronos verwundert. Zu Fuß würde sie niemals weit kommen. Doch da hörte Kronos ein leises Geräusch. Überrascht blieb er mitten im Lager stehen. Sein Blick glitt zum Fluß, wo er Sharee entdeckte. Sie schwamm vor sich hin und schien nichts um sich herum wahr zu nehmen. Kronos ging den Weg zum Fluß hinunter und blieb am Ufer stehen. Sharee spürte seine Anwesenheit und drehte sich vorsichtig um. Wahrscheinlich zerrt er mich gleich vor Wut aus dem Fluß, dachte sie mit einen unwohlen Gefühl im Magen. Kronos setzte sich mit einer geschmeidigen Bewegung auf den Felsen, auf den Sharee immer saß, wenn sie schrieb. Er bückte sich und hob ihr Kleid auf, das er in seiner Hand hin- und herschwenkte. Kronos erschien ihr gar nicht aggressiv oder wütend. Doch das konnte auch eine Finte sein, ein neues Spiel von ihm. Aus diesem Grund war Sharee auf der Hut. „Konntest du nicht schlafen?“ fragte er scheinheilig. „Nein, Herr“, gestand Sharee ehrlich. „Ist das Wasser nicht zu kalt zum schwimmen?“ fragte er gelassen. „Es ist sehr angenehm. Es tut mir leid, Herr, wenn ich mich Euren Regeln widersetzt habe.“ „Nun, dein Verhalten ist noch im Rahmen meiner Grenzen. Ich fragte mich nur als ich aufwachte, wo du steckst. Zuerst dachte ich, du wärst ausgebüxt. Jetzt, wo ich sehe, daß du nur ein kleines Bad nimmst, bin ich beruhigt. Schwimm ruhig weiter! Ich erlaube es dir“, sprach Kronos. Erleichtert, aber auch verwirrt blickte Sharee ihn kurz an. Sie wunderte sich über den Blick, den Kronos ihr zuwarf. So hatte er sie noch nie angesehen, doch sie wagte es nicht, ihn darauf anzusprechen. Und während sie schwamm, saß Kronos ruhig auf den Felsen und sah ihr dabei zu. „Erzähl mir von dir“, brach er plötzlich die Stille. „Was?“ Vollkommen überrascht blickte Sharee zu ihm auf. Mit einer solchen Frage hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. Kronos hatte sich noch nie für ihr Leben vor seiner Zeit interessiert. Erst in letzter Zeit hatte er Interesse an den Geschichten, die sie schrieb, gezeigt. Kronos hatte ihr befohlen, ihre Geschichten mit ihm zu teilen und sie hatte ihm immer wieder aus den Schriftrollen vorlesen müssen. Sein Interesse daran war ehrlich und aufrichtig, daran zweifelte Sharee nicht mehr. Auch seine Meinung über das Talent, das sie hatte, war ehrlich. Er schien nun mehr über sie erfahren zu wollen. Und Sharee war aus unerklärlichen Gründen mehr als bereit ihm von ihrem Leben zu erzählen. „Nun ... Hijad hat Cassandra und mich als Babys in der Wüste gefunden“, erzählte Sharee zögernd. „Er hat uns zu sich genommen und aufgezogen als wären wir seine eigenen Töchter. Er hat uns sehr geliebt. Hijad hat Cassandra die Fähigkeiten einer Heilerin beigebracht. Und bei mir sorgte er für die Bildung. Er stellte mir einen Gelehrten zur Seite und dieser brachte mir Lesen und Schreiben bei.“ „Weiter, erzähl mir mehr“, forderte Kronos sie auf. „Wir wurden älter und lernten immer mehr. Tja und eines Tages hat sich unser Schicksal gewendet. Eines Tages kamt Ihr.“ „Hat Hijad dir all das beigebracht?“ „Ja, ich habe sehr viel von ihm gelernt. Er war wie ein Vater für mich“, sprach Sharee mit leichter Wehmut in der Stimme. Hijad war nicht mehr da, um sie zu beschützen und ihr Leben in eine bestimmte Richtung zu lenken. Ihr Blick fiel auf Kronos. Jetzt war er da. Auf eine andere Art und Weise hatte er Hijads Platz eingenommen. „Hat er dir beigebracht, daß es besser ist, einen Mann wie mir zu gehorchen?“ fragte Kronos. Leicht schüttelte Sharee den Kopf. „Nein, daß habe ich erst von Euch gelernt, Herr“, gab sie zu. „Weises Mädchen“, sprach Kronos und ein leichtes Grinsen huschte über sein Gesicht. „Eines interessiert mich noch: Haben die Männer deines Stammes nie probiert dich oder deine Freundin zu besitzen?“ „Nein, Herr. Sie haben uns respektiert, da Hijad ihnen gesagt hatte, daß wir etwas besonderes sind“, erwiderte Sharee. „Wir haben es selbst irgendwann geglaubt. Hijad brachte uns dies von klein auf bei. Und irgendwann glaubt man an das, was einem ständig erzählt wird. Nur inzwischen tue ich das nicht mehr. Ich wurde eines besseren belehrt. Ich weiß, daß ich ein nichts bin.“ Kronos nickte leicht und zog es vor, ihr nicht zu widersprechen. Warum sollte er auch? Es gab keinen Grund darauf zu antworten. Genau das hatte er ihr eingetrichtert. „Komm raus! Du hast lang genug gebadet“, befahl Kronos ihr nach einer weiteren Schweigeminute. Sharee gehorchte widerspruchslos und stieg aus dem Fluß. Für einen kurzen Augenblick stutzte Kronos. Das Wasser tropfte von ihren langen, nassen Haar und rann ihren nackten Körper hinunter – jeder Tropfe ganz langsam. Noch nie hatte er eine verführerischere Frau gesehen. Das mußte er sich eingestehen. Wie konnte eine Sklavin – eine Frau, die nichts wert war – so verführerisch aussehen? Unerwartet pfiff er leise anerkennend durch die Zähne. Statt ihr das Kleid zu geben, legte Kronos ihr seinen Umhang um, den er abnahm. Es war eine intime und liebevolle Geste. Kronos sah sie mit einen seltsamen Ausdruck in den Augen an. Langsam strich er ihr durch das nasse Haar. Leicht zog er Sharee an sich. „Dein Stamm brachte dir anscheinend auch die Hexerei bei“, flüsterte er. „Nein, wieso?“ fragte Sharee leise. Sie war verwirrt. Kronos‘ Verhalten glich ganz und gar nicht den brutalen Krieger, den sie bis jetzt in ihm gesehen hatte. Er reagierte so fremd auf sie. Sie kannte dieses Verhalten an ihm nicht. Kronos antwortete ihr nicht, sondern blickte ihr weiter in die Augen. Dann zog er plötzlich ihr Gesicht zu sich und küßte sie. Nicht brutal, so wie es oft der Fall gewesen war. Nein, er küßte sie sanft, fast schon zärtlich.
~ 5. ~ [Fünf Tage später] So hat er mich noch nie geküßt und auch nicht berührt, dachte Sharee verwundert, als sie das Abendmahl für Kronos zubereitete. Seit dem Kuss am Fluß war nun schon fast eine Woche vergangen. Und seit diesen Abend hatte Kronos sich verändert. Doch nur Sharee bemerkte dies, denn er war seit diesem Geschehnis ihr gegenüber anders. Und jedesmal, wenn sich ihre Blicke trafen, sah er sie mit demselben Ausdruck in den Augen an wie am Fluß. Was war bloß mit ihm los? Leicht schüttelte Sharee den Kopf, um diese verwirrenden Gedanken zu vertreiben. Es brachte sie ja doch nicht weiter - egal wie lange sie darüber nachdachte. Sharee brachte Kronos das Abendmahl. Sie wollte ihn allein lassen – so wie immer – doch der Ruf ihres Herrn hielt sie zurück. „Bleib hier“, befahl er ihr. Sharee leistete seinen Befehl sofort Folge und setzte sich zu ihm. Starr richtete sie ihren Blick auf den Boden. Was sollte sie tun oder sagen? Wie sollte sie nur aus seinen veränderten Verhalten schlau werden? „Warum siehst du mich nicht an, Weib?“ fragte Kronos ruhig. Beharrlich schwieg Sharee - aus Angst ihn aufzuregen. Doch sie wußte auch, daß dieses Verhalten Kronos nur wütend machen würde. Jedenfalls nahm Sharee das an. Aber dem war ganz und gar nicht so. Kronos umfaßte ihr Kinn und zog ihr Gesicht näher zu sich. „Irgend etwas zwischen uns hat sich geändert. Ich weiß nur nicht genau was“, murmelte er. „Ich ... sollte das Geschirr waschen gehen“, sprach Sharee zögernd. „Ja, daß solltest du tun“, pflichtete Kronos ihr mit rauher Stimme zu. Sie griff nach dem Geschirr, wartete jedoch noch einige Sekunden. Instinktiv spürte sie, daß Kronos ihr noch etwas sagen wollte. „Ich will dich danach in meinen Zelt sehen, verstanden?“ Langsam nickte sie. Kronos stand auf und ließ sie allein. Leicht schüttelte Sharee den Kopf. Sein Verhalten ergab einfach keinen Sinn für sie. Sie ging zum Fluß und kümmerte sich um ihre Pflichten. Auf den Weg zurück zu Kronos‘ Zelt begegnete ihr Caspian. „Dein Herr ist nicht im Zelt. Wo ist er?“ fragte er barsch. Sharee senkte den Kopf. Angst breitete sich in ihren Körper aus. Ein leichtes Zittern durchfuhr sie. Caspian machte ihr mehr Angst als Kronos es jemals schaffte. „Ich weiß es nicht“, flüsterte sie eingeschüchtert. „Warum weißt du das nicht? Wofür bist du seine Sklavin?“ warf Caspian ihr mit scharfer Stimme vor. Er packte Sharee brutal am Arm. „Caspian!“ ertönte da eine Stimme hinter ihm. Langsam drehte dieser sich um als er den ihm bekannten Buzz spürte. „Was willst du denn von mir?“ seufzte Kronos. „Wir müssen reden“, erwiderte Caspian. Etwas war in seinen Augen, was Kronos stutzig machte. „Okay, geh in dein Zelt. Ich komme gleich.“ Caspian nickte leicht und ließ Sharee los. Er ging in sein Zelt und wartete dort auf Kronos. „Warte in meinen Zelt auf mich“, befahl Kronos ihr. Dann folgte er seinen Bruder. Unruhig lief Sharee im Zelt auf und ab. Um sich selbst zu beruhigen, hatte sie ein wenig aufgeräumt. Ihr Gefühl sagte ihr, daß – egal was Caspian seinen Anführer zu sagen hatte – es Kronos nicht gefallen würde. Immer wieder strich sie sich über ihr schlichtes Kleid. Sie setzte sich auf das Felllager und versuchte ihre Nerven zu beruhigen. Sie wußte, wie Kronos war, wenn ihm etwas wütend machte. Und genau das beunruhigte sie zutiefst. Sharee spürte seine Anwesenheit, schon bevor er das Zelt betrat. Sie sprang auf als Kronos erschien und der Zelteingang hinter ihm zuschlug. Doch Kronos beachtete sie nicht. Er schien nicht einmal zu realisieren, daß sie da war. Diese Ruhe, die Kronos ausstrahlte, war untypisch für ihn. „Herr?“ fragte Sharee leise. Ruckartig hob Kronos den Kopf und sah sie an. „Komm, massiere mir die Schultern“, sprach er. Kronos entledigte sich von einen Teil seiner Kleidung und setzte sich auf das Felllager. Sharee nahm hinter ihm Platz und folgte seinen Befehl. Lange schwieg Kronos und starrte ernst auf den Boden. Es war so untypisch für ihn, daß er einfach schwieg. „Herr, darf ich Euch etwas fragen?“ sprach Sharee zögernd. „Ja.“ „Ihr wirkt so bedrückt. Ist alles in Ordnung?“ „Das geht dich nichts an“, wies Kronos sie barsch zurecht. Sharee nickte leicht und akzeptierte dies. Doch wenig später drehte Kronos sich zu ihr um. „Wir haben ein Problem, denke ich. Methos bereitet mir Sorgen“, erzählte er. „Warum?“ rutschte es aus Sharee heraus, bevor sie richtig darüber nachdenken konnte, welches Vergehen sie sich gerade erlaubt hatte. Sharee biß sich leicht auf die Lippe und bereute es sofort. Als Kronos die Hand ausstreckte, zuckte sie automatisch zurück, weil sie dachte, er wolle sie schlagen. Dem war aber nicht so. Kronos legte seine Hand in ihren Nacken und zog sie näher an sich. „Du bist eine Frau. Sei ehrlich: Hast du bemerkt, daß Methos sich in letzter Zeit verändert hat? Legt er ein anderes – ihm fremdes – Verhalten an den Tag?“ „Wie meint Ihr das, Herr?“ fragte Sharee zögernd. „Das er anders ist als früher.“ Sharee nickte leicht. Ja, Methos hatte sich verändert. Sie hatte es bemerkt. „Ja, er ... hat sich verändert“, sprach sie ehrlich. „Sag mir, wie du das siehst. Was ist der Grund für seine Veränderung?“ forderte Kronos sie auf. „Er ist ... ruhiger geworden, vielleicht etwas sanfter.“ Kronos nickte zustimmend. „Das ist genau die richtige Bezeichnung für sein neues Verhalten. Es liegt an Cassandra.“ „Ja, ich denke schon“, gab Sharee zu. Im Stillen war ihr auch klar, daß er – Kronos – sich langsam veränderte. Er war ein Schlächter, aber ihr gegenüber war er viel sanfter geworden. Er hatte die Zügel gelockert und erlaubte ihr mehr Freiheiten als zu ihrer Anfangszeit im Lager. „Du warst in letzter Zeit sehr brav“, bemerkte Kronos. „Ich sollte dir einen Wunsch erfüllen. Du hast es dir verdient.“ „Was?“ Verwirrt blickte Sharee ihren Herrn an. „Wünsche dir etwas, mein Mädchen.“ Sharee konnte nicht glauben, was er da von sich gab. So etwas hatte er ihr noch nie vorgeschlagen. War es eine Falle? „Heute soll ein Wunsch für dich wahr werden“, sprach Kronos ernst. Sein Angebot schien wirklich so ehrlich gemeint zu sein, wie er es sagte. Einen Moment dachte Sharee darüber nach. Was sollte sie sich wünschen – ohne das er wütend darüber sein würde? Natürlich gab es da eine Sache, aber darum konnte sie ihn nicht bitten. Das würde er ihr niemals gestatten. Ein kleines, amüsiertes Lächeln huschte über Kronos‘ Gesicht. Er konnte ihre Gedanken erraten. „Du willst mir heute Nacht nicht zu Diensten stehen, richtig?“ sprach er. Langsam nickte Sharee. Ihr war unbehaglich dabei zumute, daß er ihre Gedanken so gut kannte. Wissend lächelte Kronos und nickte leicht. Es überraschte ihn nicht. Mit diesen Wunsch hatte er schon gerechnet. „Okay, ich laß dich heute Nacht in Ruhe“, meinte er. Überrascht blickte Sharee ihn an. So recht schien sie ihm nicht zu glauben. „Versprochen“, sagte er mit Nachdruck. Kronos legte sich auf die Felle und schien nicht zu erwarten, daß Sharee bei ihm blieb. Zögernd legte sie sich zu ihm und er zog ein Fell über sie beide. Ein heftiger Regen erwachte spät nachts zum Leben und suchte das Lager der Reiter heim. Es donnerte laut und Blitze erschienen am Himmel. Die Zelte hielten den starken Regen problemlos stand. Doch Sharee ängstigte sich vor dem Sturm und flüchtete sich in Kronos‘ Arme. Amüsiert lachte er über ihre Torheit, gewährte ihr allerdings seinen Schutz. „Hast du etwa Angst vor Gewitter?“ fragte er neugierig. „Ja“, gab Sharee zu. Kronos schüttelte leicht den Kopf. „Ich glaube es einfach nicht! Mein braves, gefügiges Mädchen hat tatsächlich Angst vor Gewitter.“ In Kronos‘ Stimme war ein leises Lachen zu hören. Als sich ein lauter Donner und gleich darauf ein heller Blitz über das Lager erhob, grub Sharee ihr Gesicht in Kronos‘ Schulter. Minutenlang hielt er sie beschützend in seinen Armen. Sharee wagte nicht sich zu bewegen. Die Angst vor dem Gewitter war fast größer als die vor ihren brutalen Herrn, der für Gefühle nur bittere Verachtung übrig hatte. Auf einmal spürte sie jedoch, wie Kronos ihr besänftigend über das Haar strich. Und so schnell wie es gekommen war, war das starke Gewitter auch wieder verschwunden. Doch noch immer hielt Kronos sie beschützend im Arm. Erst nach einer Ewigkeit – so kam es Sharee vor – hob Kronos den Kopf. Einen Augenblick sahen sie sich schweigend in die Augen. „Siehst du, Weib? Du hast es überlebt“, kommentierte er schließlich mit rauher Stimme. Er erhob sich und ging zum Zelteingang. Als er hinaus blickte, sah er, daß es noch immer leise vor sich hin regnete. Regen in der Wüste, dachte er kopfschüttelnd. Es war eine Seltenheit, kam jedoch vor. Für diesen Regen konnte man dankbar sein, wenn man ihn benötigte. Doch die Reiter brauchten den Regen nicht so dringend wie die Sterblichen, die Wüstenvölker. Ein mächtiger Regenbogen erstreckte sich hoch am Himmel. Es war ein wunderschönes, einzigartiges und gleichzeitig faszinierendes farbiges Showspiel, das sich den Blicken der Menschen darbot. „Komm her“, sprach Kronos mit einer leichten Handbewegung. Verwirrt erhob sich Sharee und trat zu ihm. „Schau dir das an“, sprach er und deutete Richtung Himmel. Sharee folgte seiner Bewegung und entdeckte den Regenbogen. Begeisterung tauchte in ihren Augen auf. „Was ist das?“ „Hast du das noch nie gesehen?“ „Nein.“ „Das ist ein Regenbogen, mein Mädchen“, erklärte Kronos sachlich. „Wie wunderschön! Ich habe noch nie etwas schöneres gesehen“, flüsterte sie und für einen Moment vergaß sie, wo sie war, wer sie war. Sie vergaß ihr Schicksal als Sklavin. „Siehst du? Du kannst noch eine Menge von mir lernen, wenn du schön brav bist und es auch willst“, sprach Kronos neben ihr. Langsam nickte Sharee. Er hatte Recht, daß wußte sie. Solange sie genau so war, wie er sich das wünschte, würde seine Freundlichkeit womöglich anhalten. Sharee fühlte es tief in sich. Und sie schwor sich nun endgültig eine gefügige Sklavin zu sein. [Ein paar Tage später] Und Sharee hielt sich an den Schwur, den sie in dieser Nacht mit sich selbst getroffen hatte. Inzwischen durfte sie sich völlig frei im Lager bewegen, selbst wenn Kronos nicht da war. Langsam, aber sicher schenkte er ihr sein Vertrauen. Um zu verhindern, daß er irgendwann das Interesse an ihr verlor und sie an Caspian oder Silas weitergab, achtete sie ein wenig auf ihr Aussehen. Diese deutliche Veränderung an ihr freute Kronos. Cassandra hingegen konnte nicht verstehen, warum Sharee so etwas tat. Doch Sharee selbst wußte, sie hatte keine andere Wahl. Sie mußte dafür sorgen, daß Kronos sein Interesse nicht verlor. Zwischen Kronos und ihr hatte sich etwas verändert. Die anderen im Lager bemerkten es nicht, doch Sharee war es sehr wohl aufgefallen. Nur konnte sie sich nicht erklären, wie genau sich ihr Verhältnis verändert hatte, welche Richtung es eingeschlagen hatte. Schon lange hatte er sie nicht mehr geschlagen. Er ging sanfter mit ihr um und war mit ihrer Arbeit äußerst zufrieden. Und seit geraumer Zeit verzichtete er auch auf seine grausamen Spielchen. Kronos hatte menschliche Züge angenommen. Sie war ihm nicht mehr völlig egal – so wie am Anfang. Immer öfter fragte er Sharee über ihr früheres Leben aus. Und in seinen Augen las sie, daß sein Interesse aufrichtig und ehrlich war. Irgendwann waren Sharee und Cassandra die am längsten verbleibenden Sklavinnen im Lager. Unter den Sklaven waren sie nun die Ältesten. Doch während Cassandra noch immer an Flucht dachte, hatte sich Sharee ihrem Schicksal gefügt. Und obwohl immer neue Sklavinnen kamen, nahm Kronos sich keines der Mädchen. Er beschäftigte sich ausschließlich mit Sharee. „Du hast mal erwähnt, daß du Pferde gerne hast. Was hältst du von meiner Mähre?“ fragte Kronos eines abends. „Sie ist das schönste Pferd, das ich je sah“, erwiderte Sharee. „Du bist wirklich unglaublich“, schmunzelte Kronos. „Warum?“ In letzter Zeit war Sharee etwas selbstbewußter geworden und Kronos störte es nicht, daß sie Fragen stellte. Sie kannte ihre Grenzen und wußte, wie weit sie gehen durfte. Du siehst in allem was gutes ... selbst in mir. Und das hat vor dir noch keiner gewagt. Warum siehst du in allem und jeden etwas gutes?“ hakte Kronos nach. „Ein Mensch ... hat zwei Seelen in sich. Die Gute und die Böse. Bei vielen ist die Gute ausgeprägter und andere gehen auf der bösen Seite erst so richtig auf. Ich kann nichts verurteilen, was ich nicht kenne“, erwiderte Sharee. „Viele Menschen haben vor dem, was sie nicht kennen, Angst. Warum nicht du?“ „Wie kann ich etwas, was mir fremd ist, verurteilen? Ich kenne es nicht, Herr. Ich muß es zuerst kennenlernen, dann kann ich auch darüber urteilen.“ „Sehr weise“, spottete Kronos. „Was ist mit tiefer Furcht? Angst? Ich weiß, daß du vor Gewitter Angst hast. Da widersprichst du deiner eigenen Aussage“, forderte Kronos sie heraus. „Nein, daß tue ich gewiß nicht, Herr. Ich verurteile Gewitter nicht. Ich habe nur vor ihnen Angst weil sie so laut sind. Dieser Donner ... davor fürchte ich mich. Doch ich urteile nicht über Gewitter. Es ist allein dieser Lärm, der mich beunruhigt.“ Kronos nickte leicht bei ihren Worten. „Wovor fürchtest du dich noch?“ Zufrieden streckte er die Beine von sich und wartete geduldig auf ihre Antwort. Sharee biß sich kurz auf die Lippe und dachte nach. Sollte sie es wirklich wagen ihm die Wahrheit zu sagen? Es würde ihm zeigen, daß sie voll und ganz ihm gehörte. „Also, wovor hast du noch Angst?“ hakte Kronos nach. „Davor das ... das Ihr Euer Interesse an mir eines Tages verliert“, gestand Sharee zögernd. Überrascht zog Kronos eine Augenbraue nach oben. Mit dieser Antwort hatte er nun gar nicht gerechnet. „Ich bewundere deine Ehrlichkeit. Aber davor brauchst du keine Angst haben. Ich bezweifle, daß dies jemals der Fall sein wird. Du hast dich sehr zu meinen Freuden verändert, mein Mädchen. Du bist eine sehr brave Sklavin geworden, ein richtig zahmes Mädchen. So soll es auch sein. So leicht verliere ich mein Interesse an dir nicht“, sprach er ruhig. Kronos bemerkte, wie Sharee ein zaghaftes Lächeln entkam. Seine Antwort schien sie zu beruhigen. „Ist es wirklich nur der Donner vor dem du bei Gewitter Angst hast?“ wechselte er das Thema. Bejahend nickte Sharee. „Es ist nicht die Rache der Götter, falls du das glaubst. Gewitter sind ein einfaches Vorkommen der Natur. Manchmal kommt es vor, daß es Tagelang – Wochenlang – brechend heiß ist und damit die Temperatur wieder abkühlt, gibt es Sturm und Regen“, erklärte Kronos. Stumm hatte Sharee ihm zugehört. Später am Abend wusch sie das Geschirr. Als sie zu Kronos zurückkehrte, war Caspian bei ihm. Erstarrt blieb sie stehen. „Ich kann sie dir nicht geben“, erklärte Kronos ruhig. „Du hast sie doch in letzter Zeit genug um dich gehabt“, protestierte Caspian. „Bruder, du versteht nicht! Sharee ist meine persönliche Sklavin und momentan erledigt sie ihre Sache so gut, daß ich sie nicht weitergeben kann und will.“ Sharee zuckte unmerklich zusammen. Caspian war mit der Forderung nach ihr an Kronos heran getreten. „Tut mir leid, aber ich will mich heute selbst mit ihr vergnügen“, blockte Kronos ab. „Du vergnügst dich schon viel zu lange allein mit ihr“, murrte Caspian beleidigt. „Caspian, wir haben genügend Mädchen, mit denen du dich amüsieren kannst. Damit eines klar ist: Mein Weib bekommst du nicht mehr. Sie ist endlich die Sklavin geworden, die ich mir immer gewünscht habe.“ „Du hast sie doch auch früher an uns weitergegeben“, sprach Caspian. „Ja, weil ich sie zähmen wollte. Sie ist jetzt gezähmt. Außerdem glaube ich kaum, daß du an ihr jetzt noch Gefallen haben wirst.“ „Warum?“ Caspian verstand nicht, worauf sein Bruder hinaus wollte. „Sie hat kein Feuer mehr. Du liebst Mädchen mit viel Feuer. Sharees Feuer ist erloschen. Sie würde dir nicht länger zusagen.“ „Dein letztes Wort?“ hakte Caspian nach. „Mein letztes Wort“, bestätigte Kronos nickend. „Du hast mal gesagt, wir teilen alles“, motzte Kronos Bruder weiter. „Dazu beziehe ich meine persönliche Sklavin nicht mehr. Sharee würde dir keine Freude bereiten, glaube mir. Hol dir doch eine dieser neuen, blutjungen Mädchen. Daran hast du deine Freude und sie langweilen dich nicht. Du kannst meinen Anteil an der letzten Kriegsbeute gerne haben.“ Das stimmte Caspian versöhnlich. „Das soll mir recht sein. Gut, wenn du keine frische Kost willst. Ich danke für deinen Anteil.“ „Nichts zu danken. Ich will es noch einmal klar stellen, Caspian: Sharee ist für dich und die anderen tabu.“ „Schon verstanden! Wenn du so sehr an ihr Gefallen hast, behalte sie. Ich laß dir deinen Spaß“, sprach Caspian und drehte um. Er verschwand Richtung Sklavenzelt, wo er sich sein neuestes Spielzeug holte. Zum ersten Mal – seit sie bei ihm war – war sie bereit einfach alles zu tun, damit er zufrieden war. Sharee war Kronos unendlich dankbar. Er hatte sie vor einer äußerst grauenhaften Nacht mit Caspian bewahrt, daß war ihr klar. „Ich hoffe, ich bereue diese Entscheidung nicht, mein Mädchen“, sprach er. „Nein, Herr.“ Ohne ein weiteres Wort ging sie zu ihm. Sie streifte sich ihr Kleid von den Schultern und Kronos nahm diese Einladung dankend an. Doch in dieser Nacht geschah etwas neues. Er war nicht brutal. Im Gegenteil: Er war zärtlich. Kronos drückte sie auf das Felllager zurück. „Ich weiß, du hast vor Caspian Angst. Ich sehe, wie du zusammen zuckst, wenn er dir über den Weg läuft. Er kann ein ganz schönes Tier sein, daß ist mir klar. Mach heute Nacht, daß ich die Entscheidung – dich nicht weiterzugeben – nie bereue. Hast du verstanden, mein Mädchen? Ich will, daß es heute Nacht anders ist. Ich will, daß du mich liebst – so wie eine Frau einen Mann nur lieben kann“, sprach er ruhig. Überrascht blickte Sharee ihren Herrn an. Dieser Wunsch von ihm war ihr völlig neu und er kam unerwartet. Einen solchen Wunsch hatte er noch nie geäußert. Etwas dergleichen hatte er noch nie ausgesprochen. Was war mit ihm los? War dies ein neues Spiel für ihn oder meinte er es ernst? Sharee dachte nicht länger über Kronos‘ Beweggründe nach. Sie erfüllte ihm seinen Wunsch und verschwendete ihre Gedanken nicht länger an seine Motive. Diese Nacht zwischen ihnen lief anders, lief völlig neu ab. Es kam keine Brutalität, kein grausames Spielchen vor, sondern sie war beherrscht von zärtlichen Berührungen und Gefühlen, die beide niemals in Worte fassen würden. Sharee wehrte sich nicht und ließ es auch nicht über sich ergehen. Es schien ihr, als wäre dies gar nicht der Kronos, den sie kannte, der sie gezwungen hatte, seine Sklavin zu sein. Sie ließ sich in einen Strudel von Gefühlen fallen, den sie noch nie zuvor erlebt hatte.
~ 6. ~ Von draußen waren die Geräusche der arbeitenden Sklaven zu hören. Sharee wachte dadurch auf und blickte zu Kronos. Er schlief friedlich neben ihr. Leise zog sie sich an und stahl sich aus dem Zelt. Die Sklaven gingen ihrer Arbeit nach, doch die Reiter schliefen alle noch. Hoch am Horizont stand die Sonne und erhitzte den Sand der Wüste. Das Wasser im Fluß plätscherte leise vor sich hin. Sharee blickte sich um und atmete einmal tief die frische Luft ein. Auf einmal schien sie alles anders wahrzunehmen. Es war unbeschreiblich. Sie sah das gesamte Lager mit anderen, neuen, Augen. Dann begann sie für Kronos das Frühstück zu zubereiten. Das war ihre erste Aufgabe, die sie zu erledigen hatte, wenn sie morgens aufstand. Es war zur Gewohnheit für sie geworden. Kronos öffnete gerade die Augen als Sharee das Zelt betrat. „Du bist wirklich fleißig“, stellte er fest. „Doch ehrlich gesagt, habe ich jetzt noch keinen Hunger. Stell es da rüber“, murmelte er und drehte sich um. Sharee stellte das Frühstück in die Ecke, die Kronos gemeint hatte. Doch was sollte sie jetzt tun? Wissend öffnete Kronos ein Auge und blickte sie an. „Ist dir langweilig? Weißt du nicht, was du tun sollst?“ Bejahend nickte Sharee. „Ich hätte da eine Aufgabe für dich. Du könntest mir noch eine Weile Gesellschaft leisten, bevor die anderen aufwachen. Es ist noch sehr früh. Meine Brüder schlafen noch zwei, drei Stunden. Und wir sollten das auch tun“, sprach er vielsagend. Sharee wußte, worauf er anspielte und zögerte keine Sekunde. Kronos musterte sie als sie neben ihm Platz genommen hatte. „Jetzt weiß ich, was mich stört“, murmelte er. „Es ist das Kleid. Ohne gefällst du mir viel besser.“ Kronos nahm das Schwert, das neben ihm lag, und durchtrennte den Stoff mit einer geschickten Bewegung. „Schon viel besser“, kommentierte er zufrieden und legte das Schwert zur Seite. „Küß mich“, forderte er sie auf. Irgend etwas hat ihn seit letzter Nacht verändert, dachte Sharee, während sie sich küßten. Kronos zog eine heiße Spur ihren Hals entlang. „Sag mir, was hier mit uns geschieht“, flüsterte er. „Ich weiß es nicht, Herr.“ Kronos hob den Kopf und blickte sie an. „Nenn mich beim Namen.“ „Was?“ Verwirrt blickte Sharee ihm in die Augen. „Sprich meinen Namen aus. Ich will es hören. Ich will es aus deinen Mund hören.“ „Kronos“, sprach Sharee. „Noch einmal!“ „Kronos.“ Ein zufriedenes Lächeln huschte über seine Lippen. „Es ist noch alles ruhig“, bemerkte er. „Wir könnten uns noch eine ganze Weile beschäftigen. An Schlaf kann ich jetzt nicht mehr denken.“ Langsam nickte Sharee. „Das ist mein braves Mädchen“, flüsterte Kronos, bevor er da weitermachte, wo er letzte Nacht aufgehört hatte. Denn ganzen Tag waren die Reiter unterwegs. Wie neu beflügelt schwebte Sharee durch den Tag. Sie fühlte sich befreit. Es war anders, es war neu. Doch gleichzeitig stellte sie sich auch die Frage, wie es weitergehen würde. Sie wußte es nicht. Bei Sonnenuntergang kehrten die vier Reiter zurück. Kronos schenkte Sharee einen vielsagenden Blick als er vom Pferd stieg und ein Sklave es wegbrachte. Sharee hielt einen Becher gefüllten Wein in der Hand. Kronos nahm ihn ihr ab und betrat sein Zelt. Sharee folgte ihm. Als der Zelteingang zuschlug, wirbelte Kronos herum und küßte sie. Achtlos schleuderte er den Becher in eine Ecke des Zeltes. „Ich sollte ...“, stammelte Sharee, doch Kronos ließ sie nicht aussprechen. „Du kannst alles später erledigen“, erwiderte er heftig als er sie leidenschaftlicher küßte. Sie ließen sich in einen gewaltigen Strudel ihrer Leidenschaft fallen ... Es war ein Strudel, der die ganze Nacht anhielt und sie beide voll in seinen Bann riß. Doch irgendwann überfiel auch die Erschöpfung die Beiden und sie gaben sich der Müdigkeit ihres Körpers hin. Sharee erwachte einige Stunden später und blickte auf Kronos, der lächelnd neben ihr saß. Im Moment schien er völlig mit der Welt und mit sich selbst zufrieden zu sein. Sharee bemerkte den silbernen Gegenstand, den er in seiner Hand hin und her schwenkte. „Was ist das?“ fragte sie neugierig und setzte sich auf. „Die habe ich heute jemanden abgenommen. Gefällt sie dir?“ fragte er mit einen wissenden Blick. Er sah, daß eine Antwort überflüssig war. Man sah Sharee an, daß ihr der Gegenstand gefiel. Sharee nickte leicht und blickte auf den orientalischen Anhänger, der an einen schlichten Lederband baumelte. „Ja, sie gefällt mir“, gestand sie. „Freut mich! Sie gehört nämlich dir. Ich dachte, ich bringe dir ein kleines Geschenk mit.“ „Wirklich?“ Bejahend nickte Kronos. Spontan fiel Sharee ihm um den Hals. Er hatte ihr noch nie etwas geschenkt. Bereitwillig ließ sich Kronos zurück fallen und zog Sharee mit sich. „Äußerst temperamentvoll“, grinste er als er Sharee in die Augen blickte. „Eigentlich lag ich bis jetzt immer oben.“ Nun wurde Sharee schlagartig klar, daß sie gegen jegliche Regel von Kronos verstoßen hatte. „Entschuldigung“, murmelte sie und wollte sich erheben. Doch er hielt sie fest und verhinderte dadurch, daß sie sich von ihm abwandte. „Nein, es gefällt mir, mal etwas anderes. Wenn ich gewußt hätte, wie sehr dich mein Geschenke erfreut, dann hätte ich dir noch etwas mitgebracht. Das nächste Mal werde ich daran denken.“ „Du ... bist nicht böse?“ „Nein. Früher wäre ich es gewesen, aber jetzt ... jetzt freut mich deine Reaktion. Das alles ist vollkommen verrückt. Aber ich komme einfach nicht dagegen an. Du bist eine Hexe, Sharee.“ „Nenn mich nicht so“, bat sie, da ihr diese Bezeichnung nicht besonders gefiel. Erst in diesen Moment wurde ihnen beiden klar, daß sie Kronos duzte. Ihr erste Befürchtung war, daß er sie nun bestrafen würde, aber er lächelte bloß darüber. „Geh runter von mir“, befahl er ihr sanft. Sharee setzte sich gehorsam auf. Kronos nahm die Kette und legte sie Sharee um den Hals. „Hast du gar keinen Hunger?“ fragte sie. „Doch, aber anders als du denkst“, erwiderte Kronos mit feurigen Blick. Das bewiesen ihr auch seine Lippen, die sie verführerisch küßten und nach mehr verlangten ... In ein warmes Fell gewickelt, saß Sharee später neben einen schlafenden Kronos. Sie hängte ihren Gedanken nach. Es hatte sich alles zwischen Kronos und ihr geändert. Seine gesamte Brutalität kam bei ihr nicht mehr zum Vorschein. Und Sharee? Sie begann ihm alles zu verzeihen, was er ihr angetan hatte. Doch sie fragte sich, warum das so war. Und es wurde ihr auch klar. Sie hatte sich verliebt. Sie liebte Kronos. Wann und wie es passiert war, konnte sie nicht sagen. Doch es war geschehen. Und er? Sharee blickte Kronos an. Sie streckte ihre Hand aus und strich ihm eine Haarsträhne zurück, die ihm in die Stirn gefallen war. Was empfand er für sie? Ich brauche mir nicht einbilden, daß er mich liebt, dachte Sharee nüchtern. Sie wußte, daß es nicht so war. Was auch immer Kronos zu diesem Verhalten trieb, sie sollte es genießen, solange es anhielt. Ja, ich werde ihm meine ganze Liebe schenken, dachte sie. Sharee legte sich wieder hin und schlief bald darauf ein. [Wochen später] Die Zeit verging und Kronos‘ Verhalten änderte sich nicht. Seine Brüder bemerkten nicht, was hinter dem Eingang seines Zeltes vorging. Und es war auch besser so. Kronos bezweifelte, daß irgend jemand es verstehen würde. Schließlich verstand er es selbst nicht. Inzwischen war Sharee schon ein gutes Jahr bei ihm. Beide wußten das. Und Kronos sollte an ihrem Jahrestag etwas tun, was mehr als untypisch für ihn war. Er schickte sie in jener besagten Nacht fort. Kronos gab Sharee die Freiheit zurück. Und er weihte sie in das Geheimnis ihrer Unsterblichkeit ein. Seine Brüder würden seine Entscheidung widerspruchslos akzeptieren, dessen war er sich sicher. Sie würde es nicht in Frage stellen. Das würden sie nicht wagen. Sharee konnte kaum glauben, daß er sie gehen ließ. Sie wußte nicht einmal, ob sie es wirklich wollte. Doch sie ging und fügte sich seinen letzten Befehl. Kronos führte sein Leben als brutaler Schlächter weiter, während sich Sharee ein neues Leben aufbaute. Doch bis die Beiden sich wiedersahen, sollten sehr viele Jahre vergehen ... [Altes Ägypten, 30 v. Chr.] Schon lange existierten die vier Reiter der Apokalypse nicht mehr. Jeder der vier hatte sich eine neue Existenz aufgebaut. Die meiste Zeit dieses neuen Lebens verbrachten sie als Herrscher mit einen Volk um sich. In Ägypten gab es einen bekannten Kriegsherrn, der vom neuen Herrscher mit einen eigenen Palast und genügend Sklaven belohnt worden war. Der neue Pharao Ägyptens hatte den Platz von Cleopatra eingenommen, die den Selbstmord gewählt hatte, um nicht in römische Hände zu fallen. Gemeinsam mit dem Kriegsherrn hatten sie die römische Armee aus Ägypten vertrieben. Der Kriegsherr, der die Kriege des ägyptischen Reiches organisierte und die Siege für das Reich eingeholt hatte, war ein brutaler Mann. Ein Mann, der für seine wilden Taten bekannt war. Ein Mann, der pure Lust beim töten und quälen seiner Opfer empfand. Das Töten war sein Kapital, es war das, was er am Besten beherrschte. Und das hatte seinen Grund. Denn er hatte nie etwas anderes in seinen Leben getan. Der Kriegsherr dieses reichen Landes war niemand geringerer als Kronos. Und, wie sollte es auch anders sein, ließ er es sich einfach gutgehen. Immerhin überhäufte in der Pharao mit Luxus. Sein Leben in Ägypten gefiel ihm außerordentlich. Es verlief genau so, wie er sich das vorgestellt hatte. Auch hier konnte er machen, was er wollte – ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen. Mit den Sklavinnen in seinen Palast ging er noch immer so um, wie er es früher getan hatte. Manchmal fragte er sich, was aus seinen Brüdern geworden war. Doch diese alte Zeit war vergangen. „Aber eines Tages wird es wieder so sein“, sprach er leise vor sich hin. Gelangweilt scheuchte Kronos seine Sklavinnen hin und her und ließ sich von vorn bis hinten bedienen. Die Mädchen wagten in der Gegenwart des großen Kriegsherrn nicht den Blick zu heben. Sie hatten Angst vor ihm. Viele hatten seine Brutalität kennen gelernt. Und genau aus diesem Grund war ihre Angst berechtigt. Auf einmal wurde Kronos gestört. „Herr, ich störe Euch ungern, aber eine Dame ist vor dem Tor und verlangt einzutreten“, sprach der Diener demutsvoll. Der Unsterbliche zog die rechte Augenbraue hoch. „Eine Dame? Schickt sie weg“, sprach er. „Das haben wir versucht. Doch sie weigert sich. Sie sagte, wenn sie keinen Einlaß bekommt, werden wir es ewig bereuen und das Sie, mein Herr, sie sehen wollen.“ Kronos seufzte genervt. „Na schön, laßt sie rein.“ „Sehr wohl, Herr.“ Der Mann verließ den Raum. Kronos schickte die Mädchen weg. Wer immer diese Frau war, die zu ihm wollte, er wollte allein sein mit ihr. Da spürte er die Anwesenheit eines anderen Unsterblichen. Die besagte Dame war also unsterblich. Doch er blieb ruhig sitzen. Da ging die Tür auf und sie trat ein. „Hallo Kronos“, grüßte sie und amüsierte sich leicht über Kronos‘ fassungslosen Blick. Ihn einmal so zu sehen ... damit hatte sie nicht gerechnet. Die Frau war niemand anderer als Sharee. „Sharee! Was zum Teufel machst du denn hier?“ rief er überrascht aus. „Ich besuche meinen alten Herrn“, erwiderte sie frech. Kronos erhob sich und kam auf sie zu. „Du siehst gut aus. Wie hast du erfahren, daß ich hier bin?“ fragte er neugierig nach. „Das war nicht schwer zu erraten“, teilte sie ihm mit. „Ein mächtiger Kriegsherr – skrupellos, brutal und gewissenlos, der sich in Ägypten ein schönes Leben macht. Eben ein ganzer Schlächter. Da denkt man zuerst an dich.“ Kronos lachte amüsiert. „Wie ich sehe, hast du die letzten Jahre gut verbracht. Warum bist du hier ... Weib?“ sprach Kronos provozierend. Über Sharees Lippen huschte ein kurzes Lächeln und sie überhörte seine Anspielung einfach. Dies überraschte Kronos nicht sehr. Im Gegenteil: Er hatte es sogar erwartet. „Ich bin hier um dich zu sehen“, erklärte Sharee freimütig. Kronos bemerkte sofort, daß sie sich verändert hatte. Die ängstliche Sklavin – die sie einst gewesen war – existierte schon lange nicht mehr. Aus ihr war eine starke, selbstbewußte Frau geworden, die sich ihrer Haut erwehren konnte. „Wirklich?“ hakte er nach. „Ja, außerdem hatte ich gehofft, hier nächtigen zu können, da ich noch keinen Unterschlupf gefunden habe.“ „Du willst hier also übernachten?“ „Ja.“ Kronos musterte sie skeptisch. „Wenn das ein Trick sein soll, mein Mädchen ...“, begann er, doch Sharee unterbrach ihn. „Es ist kein Trick. Außerdem hast du etwa vergessen? Ich bin dein braves, gefügiges Mädchen. Ich wage es nicht dir ein Leid anzutun.“ Kronos grinste breit. „Ich denke, daß hat sich wirklich nicht verändert. Nun, ich habe nichts dagegen, daß du mir ein wenig Gesellschaft leisten willst. Okay, du kannst bleiben. Sei Gast in meinen Palast.“ „Herzlichen Dank“, spottete Sharee. „Hast du Hunger?“ erkundigte sich Kronos. Sharee nickte bejahend. Kronos rief nach einer Sklavin und orderte ihr einen Befehl an. Dann führte er Sharee in einen Eßraum. Zufrieden lehnte sich Sharee nach dem Essen zurück. Kronos betrachtete sie eingehend. „Du scheuchst deine Sklavinnen noch immer herum“, bemerkte sie. „Warum nicht? Er macht mir Spaß“, sprach Kronos mit einen gleichgültigen Schulterzucken. „Das ist mir bekannt. Warum habt ihr euch getrennt – du und deine Brüder?“ erkundigte sie sich neugierig. „Methos verließ uns. Wir zerbrachen irgendwann. Aber eines Tages wird es wieder so sein wie einst. Ich bin das Ende der Welt, Darling. Die Welt fürchtet mich.“ „Eingebildet warst du ja noch nie“, meinte Sharee ironisch. „Hast du in den letzten Jahren dazu gelernt?“ erkundigte sich Kronos. „Wie meinst du das?“ „Ich rede von deiner Unsterblichkeit. Wie schaut es mit deinen Kampfkünsten aus?“ „Ich kann sagen, ich kann mich gut meiner Haut erwehren.“ Kronos hob sein Schwert auf. „Komm, laß es uns herausfinden!“ „Du willst mit mir kämpfen? Jetzt?“ fragte sie ungläubig. Aber das sah Kronos mal wieder sehr ähnlich. „Nur eine kleine Trainingseinheit, Täubchen. Ich wüßte gerne, ob mein Weib wirklich eine gute Kämpferin geworden ist. Ich glaube nämlich ihren Worten nicht. Ich würde es gern selbst herausfinden“, forderte er sie amüsiert heraus. Sharee seufzte leise. „Na gut, wenn du willst.“ Sie erhob sich und griff nach ihren Schwert. „Hier? Hältst du das für eine gute Idee?“ fragte sie skeptisch. „Warum nicht? Meine Sklaven fragen sich nicht, was ich treibe. Komm schon, zeig mir, wie gut du das Schwert beherrscht“, sprach Kronos. Der ehemalige apokalyptische Reiter mußte zugeben, daß er ihr nicht zugetraut hatte, gut zu sein. Doch Sharee führte ihr Schwert außerordentlich gut und sicher. Und wie er spielte sie gerne mit ihrem Gegner. Doch gegen ihn konnte sie sich nicht behaupten. Sharee war froh, daß es nur ein Training war als Kronos sie entwaffnete und gegen die Wand drängte. „Du bist besser als ich dachte“, gab er freimütig zu. „Aber du bist nicht gut genug für mich.“ „Das habe ich auch nie behauptet. Ich weiß, welche Erfahrung du besitzt. Ich weiß selbst, daß ich nicht gut genug bin, um dich auch nur ansatzweise besiegen zu können. Und was hast du jetzt vor?“ „Ich werde dir nicht deinen hübschen Kopf nehmen, falls du das denkst. Ein wenig mehr Übung könnte nicht schaden, um deinen Stil aufzubessern“, bemerkte der erfahrene Kämpfer. „Wovon sprichst du?“ fragte Sharee verwirrt, da sie nicht wußte, worauf er hinaus wollte. „Du könntest eine Zeitlang hierbleiben und ich unterrichte dich.“ „Soll das ein unmoralisches Angebot sein?“ fragte Sharee herausfordernd. „Moral? Was ist das?“ Sharee lachte amüsiert. Kronos hatte sich überhaupt nicht verändert. „Wir könnten eine aufregende Zeit miteinander verbringen, mein Mädchen.“ „Mußt du mich so nennen?“ fragte Sharee stöhnend. „Ja, allerdings“, erwiderte Kronos ruhig. „Ich bin nicht mehr deine naive, kleine Sklavin.“ „Aber noch immer mein braves, gefügiges Mädchen – wie du selbst gesagt hast“, sprach Kronos mit einen amüsierten Lächeln. Leicht strich die Spitze von Kronos‘ Schwert über ihr Kleid. Er fuhr die weiblichen Rundungen ihres Körpers nach. „Also, wie entscheidest du dich? Bleibst du?“ Aufmerksam betrachtete Kronos ihr Gesicht. „Und für wie lange?“ fragte Sharee. „Das werden wir sehen. Du könntest dich ein wenig verwöhnen lassen. Meine Sklaven werden dir jeden Wunsch erfüllen. Alles, was du auf den Herzen hast, werden sie erfüllen.“ „Ich brauche dich also nicht mehr bedienen?“ neckte Sharee ihn. „Diese Zeiten sind vorbei, Weib. Wenn du es allerdings wieder so haben willst ... ich denke, da kann man was machen. Wenn es dein Wunsch ist, wieder meine persönliche Sklavin zu sein ... er soll dir erfüllt werden“, spottete Kronos vergnügt. Sharee lächelte schief. „Ich werde bleiben – aber nur für ein paar Tage“, beschloß sie. „Ich hatte eigentlich vor bald nach Europa weiter zu reisen.“ „Was ist schon Europa, Kleines? Wir sind hier in Ägypten – in dem reichsten und sonnigsten Land der Welt. Was willst du da noch in Europa? Das kann warten.“ „Okay, du hast mich überzeugt. Ein paar Tage, aber mehr wirklich nicht. Und jetzt würde ich gern ein wenig schlafen. Ich bin etwas erschöpft, Kronos.“ „Komm, ich zeige dir dein Gemach.“ „Machen das nicht deine Sklaven?“ „Diesmal nicht“, grinste er spitzbübisch. Sharee hob ihr Schwert auf und folgte ihm durch den prächtigen Palast. Die Tür fiel mit einen leisen Geräusch ins Schloß. „Wieso haben ich das Gefühl, daß dies kein Gemach für Gäste ist?“ fragte sich Sharee, als sie sich in den Raum umblickte. Sie drehte sich zu Kronos um, der sich gegen die Tür gelehnt hatte. „Wie kommst du darauf?“ fragte er gespielt unschuldig. „Ist nur so ein Gefühl.“ „Dein Gefühl täuscht dich nicht, Weib. Dies hier ist mein persönliches Gemach“, teilte er ihr mit. Ein Lächeln huschte über Sharees Gesicht. „Ich wußte es. Soll ich etwa so für meinen kostenlosen Aufenthalt in deinen Palast bezahlen? Deine Tricks waren auch schon mal besser, Kronos. Eine solch miese Falle, du solltest dich schämen“, zog sie ihn auf. Kronos lächelte sie teuflisch an. „Du sagst das so negativ. Hast du etwa etwas dagegen?“ „Ganz und gar nicht. Wie kann ich auch nur darauf kommen, schlecht von dir zu denken? Willst du dich heute nicht mit einen blutjungen Mädchen vergnügen?“ stichelte sie. „Ich bin sie leid“, sprach Kronos verächtlich. „Sie sind jung, weinen und liegen oft reglos da. Ich bin diese Mädchen so leid. Sie langweilen mich. Ich brauche Feuer in meinen Bett. Und die Einzige, die viel Feuer besessen hat, warst du. Du hast mich immer richtig angestachelt.“ „Ob gewollt oder ungewollt“, fügte Sharee hinzu. Kronos überhörte ihren bissigen Kommentar einfach. Ein leises Lachen entrang sich seiner Kehle. Durchdringend blickte er Sharee in die Augen. „Ich erinnere mich noch gut, wie du mich in jener Nacht nieder geschlagen hast. Das hätte sich niemand außer dir getraut. Du hast in dieser Nacht wirklich viel Mut bewiesen. Ab diesen Moment wußte ich, daß du außergewöhnlich, etwas besonderes bist“, gab er offen zu. „Und warum hast du mir das nie gesagt?“ hakte Sharee nach. „Warum sollte ich?“ teilte er ihr locker mit und zuckte gleichgültig mit den Schultern. Kronos legte sein Schwert neben den Bett ab. „Wir haben uns lange nicht gesehen“, stellte er fest, als er sie betrachtete. Langsam kam Sharee auf ihn zu. „Sehr lange nicht. Aber ich glaube nicht, daß du mich vermißt hast.“ „Dein Feuer und deine Unterwürfigkeit hat mir manchmal gefehlt. Manchmal hast du mir tatsächlich gefehlt. Du hast dich mir völlig unterworfen, erinnerst du dich, Sharee?“ „Ich hatte doch gar keine andere Wahl“, sprach sie als Kronos ihr das Schwert abnahm und zur Seite legte. „Du hättest mir den Kopf abgeschlagen, wenn ich mich weiter so aufmüpfig benommen hätte.“ „Allerdings, daß hätte ich wirklich getan. Ich bin mir oft wie ein Narr vorgekommen“, flüsterte Kronos. „Warum?“ „Warum? Da fragst du noch? Nach einer gewissen Zeit war ich vollkommen vernarrt in dich. Ich kam einfach nicht mehr von dir los.“ „Das habe ich gar nicht bemerkt“, flüsterte Sharee nahe an seinen Ohr und lächelte wissend. „Natürlich, mein Täubchen, du hast es nicht bemerkt. Und das soll ich dir glauben?“ zog er seine ehemalige Sklavin auf. „Ich würde dich nie anlügen, Kronos. Das würde ich nicht wagen“, schmeichelte Sharee ihm. „Natürlich nicht, aber weißt du ... mir ist jetzt nicht nach reden. Über all das können wir später auch noch diskutieren.“ Kronos schnitt Sharees Kleid mit seinen Dolch auf und stieß sie mit einer heftigen Bewegung auf sein Bett. Die Nacht sollte sehr, sehr lang werden ...
~ 7. ~ [Vier Wochen später] Sharee stand am Balkon des Palastes und beobachtete den Sonnenaufgang. Es war ein wunderschönes Showspiel, das der Horizont ihr da bot. Sie liebte solche Momente. Obwohl Sharee vorgehabt hatte, nach einigen Tagen wieder zu verschwinden, hielt sie sich noch immer in Ägypten auf. Sich von Kronos zu trennen, war gar nicht so einfach. Und, wenn sie ehrlich zu sich selbst war, wollte sie ihn auch nicht verlassen – jedenfalls nicht im Moment. Im Grunde ist es wie damals, dachte sie und widmete ihre Aufmerksamkeit ganz dem farbigen Showspiel. Täglich trainierte sie nun mit Kronos und sie gestand sich gerne ein, durch seine Unnachgiebigkeit besser geworden zu sein. Sharee übernahm viel von seinen eigenen Kampfstil. Doch besiegen ... das konnte sie nicht. Kronos war einfach der Beste und daran würde sich wohl nie etwas ändern. Nachdem die Sonne hoch am Horizont stand, ging Sharee in den Speisesaal und ließ sich ein üppiges Frühstück servieren. Nach einer Weile erschien Kronos. Er küßte sie flüchtig auf die Stirn und nahm neben ihr Platz. „Guten Morgen!“ „Wie lange bist du schon wach?“ erkundigte sich Kronos. „Schon eine Weile. Hast du gut geschlafen?“ „Bei der guten Behandlung letzte Nacht kann man nur gut schlafen. Eigentlich wollte ich neben dir aufwachen, um dort anzuknüpfen, wo wir irgendwann nachts aufgehört haben“, sprach er mit einen leichten Lächeln auf den Lippen. „Das hast du in den letzten vier Wochen auch getan“, wies Sharee ihn zurecht. Kronos musterte sie einen Moment. Er konnte regelrecht riechen, daß irgend etwas mit ihr nicht in Ordnung war. „Warum hast du nicht neben mir gelegen?“ bohrte er nach. „Ich mußte nachdenken.“ „Worüber?“ „Was ist das? Ein Frage und Antwortspiel? Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig, Kronos“, zischte Sharee. Fragend hob Kronos eine Augenbraue. „Warum so gereizt, Schönheit?“ spottete er. Sharee seufzte leise. „Entschuldige, aber mir ist gerade klar geworden, daß ich schon viel zu lange hier bin. Ich sollte wirklich abreisen.“ „Das erlaube ich nicht“, teilte er ihr mit. „Was?“ Ungläubig blickte sie ihn an. „Ich werde nicht zulassen, daß du verreist – jedenfalls nicht ohne mich.“ „Du willst mich begleiten?“ „Wir reisen später nach Europa, Darling. Ägypten ist zu schön, um es zu verlassen. Mir gefällt es hier. Dir etwa nicht?“ Fragend blickte er sie an. „Doch, es ist wunderschön hier, aber ...“ „Aber was?“ hakte Kronos nach. „Wie soll es weitergehen? Hast du daran schon mal gedacht? Sei doch mal ehrlich, Kronos: Wie stellst du dir das vor? Soll ich etwa weiter deine persönliche Hure spielen?“ Überrascht zog Kronos eine Augenbraue hoch. „So harte Worte kenne ich gar nicht von dir. Worauf willst du hinaus, Sharee?“ „Das es so nicht weitergehen kann“, murmelte sie. „Du findest also, du bist meine persönliche Hure?“ „Ja“, sprach sie mit einen leichten Nicken. Kronos sah an Sharees Gesichtsausdruck, daß ihr das nicht besonders gefiel. „Was willst du?“ seufzte er. „Was erwartest du von mir, Sharee? Du weißt, ich gebe dir soviel ich kann. Verlange von mir nichts, was ich dir nicht geben kann“, sprach er scharf. „Ich verstehe nicht so ganz, worauf du hinaus willst“, erwiderte sie zögernd. „Sharee, du bist eine Frau. Und irgendwann wollen Frauen Liebe. Nur bist du da bei mir an der falschen Adresse. Du kennst mich, weißt, wer ich bin. Ich bin ein Schlächter und werde es immer bleiben. Liebe kannst du von mir nicht kriegen. Ich kann dir Leidenschaft, Begehren und Lust geben, aber Liebe ... vergiß es, Täubchen.“ Kronos erhob sich. Fassungslos starrte Sharee ihn an. Aber was hatte sie erwartet? Das er sie wirklich liebte? Sie wußte selbst, daß es Unsinn war. Liebe kam nicht in Kronos‘ Wortschatz vor und damit mußte sie sich abfinden. Irritiert suchte Sharee nach den richtigen Worten. Sie wußte nicht, was sie darauf antworten sollte. „Ist es das, was du von mir willst? Liebe?“ fragte Kronos weiter und fing ihren Blick auf. „Ich weiß es nicht, Kronos“, gestand Sharee ehrlich. „Wie kommst du überhaupt auf diesen Quatsch?“ Sie hatte plötzlich das Gefühl, sich verteidigen zu müssen. Ein leises Lachen entrang sich Kronos‘ Kehle. „Ach komm, Sharee! Glaubst du, du hast es hier mit einen vollkommenen Idioten zu tun? Ich merke sowas doch. Also, was willst du?“ Sharee hielt seinen scharfen Blick stand. „Die Zeit mit dir war sehr schön, Kronos. Ich habe sie wirklich genossen. Aber ich kann dir nicht sagen, was ich genau will. Ich weiß es nämlich selbst nicht.“ „Du könntest hierbleiben“, schlug er freimütig vor. „Hier? Hier bei dir?“ fragte sie überrascht. Eigentlich war es ein stilles Abkommen zwischen ihnen gewesen, daß sie bald wieder verschwinden würde. Warum bot er ihr plötzlich an, daß sie bleiben konnte? Sharee seufzte leise. Kronos‘ Verhalten war ihr schon immer ein Rätsel gewesen. Daran hatte sich bis heute nichts geändert. „Ja, dir gefällt es hier. Und du hast dich daran gewöhnt von vorn bis hinten bedient zu werden“, stichelte er vergnügt. „Ja, daß habe ich“, gab sie zu. „Dachte ich es mir doch.“ Sharee erhob sich und lief unruhig auf und ab. Sie war sich nicht sicher, ob Kronos Vorschlag wirklich eine so gute Idee war. Doch irgendwann wurde es Kronos zuviel und er packte sie bei den Schultern, damit sie stehenblieb. „Du machst mich ganz verrückt damit“, sprach er. „Du willst, daß ich abreise. Du willst mich loswerden“, warf sie ihm vor. Überrascht blickte Kronos sie an. „Nein. Ich habe dir gerade vorgeschlagen, daß du bleiben kannst. Wie kommst du auf diesen Schwachsinn?“ Sharee zuckte leicht mit den Schultern. „Darling, ich habe dir einmal gesagt, daß ich immer meine Freude an dir haben werde, erinnerst du dich daran?“ fragte Kronos seufzend. „Ja, und was hat das damit zu tun?“ „Mit immer, meinte ich eigentlich diese Zeitspanne der Ewigkeit.“ Sharee blickte ihn schief an. Worauf wollte Kronos bloß hinaus? „Würdest du mich bitte aufklären?“ „Komm her“, sprach Kronos und führte Sharee zurück zu den Kissenlager. „Frauen sind wirklich schwer von Begriff“, seufzte er. „Okay, hör mir zu: Wir zwei wären ein verdammt geiles Paar, Sharee. Wir harmonieren gut miteinander. Irgendwie bist du wie ich geworden. Und solange ich bei dir bin, wirst du auf keinen Fall geköpft werden. Wir beide sich von der gleichen Art und das in mehr als einer Hinsicht. Und unser Liebesleben würde auch nie langweilig werden. Deshalb liegt es doch auf der Hand.“ „Was?“ „Das wir zusammen bleiben.“ „Als was? Herrscher und Hure?“ sprach Sharee spöttisch. Ihr Gegenüber schüttelte leicht den Kopf und blickte ihr ernst in die Augen. „Nein, als Ehepaar. Wir könnten heiraten. Immerhin streiten wir gerade wie eins.“ Ungläubig starrte Sharee ihn an. Sie konnte nicht fassen, was er ihr gerade vorschlug. „Du willst mich heiraten?“ flüsterte sie verwirrt. „Ja, warum nicht? Solange du keine Liebe von mir erwartest, könnte es perfekt funktionieren.“ „Du meinst das ernst, nicht wahr?“ „Ich meine immer alles ernst, was ich sage. Also, was ist? Heiratest du mich?“ „Ist das ... wirklich ein Heiratsantrag?“ hakte Sharee nach. Noch immer hielt sie seinen Vorschlag für einen schlechten Scherz. „Ja, daß ist ein Heiratsantrag. Aber ich werde sicher nicht auf die Knie fallen“, erwiderte Kronos. „Und wie stellst du dir das vor – unser Eheleben?“ „Ungefähr so wie jetzt.“ „Ist dir klar, daß wir vielleicht ewig verheiratet sein werden?“ „Wenn wir uns wie die Pest hassen, können wir uns ja noch immer scheiden lassen und getrennte Wege gehen. Du mußt das von der positiven Seite aus sehen. Solange du meine Frau bist, wird dir nichts geschehen. Als dein Mann werde ich dich immer beschützen. Außerdem würde sich nicht viel ändern. Unser Liebesleben wäre nach wie vor sehr ausgewogen und aktiv.“ Kronos‘ Hand streichelte langsam an ihren Arm entlang. „Das ist wirklich dein voller Ernst“, stellte Sharee kopfschüttelnd fest. „Natürlich. Wie wäre es mit einer Antwort, Täubchen? Es ist nicht sehr höflich, den Mann – der dir gerade einen Antrag gemacht hat – warten zu lassen.“ „Ich soll mich jetzt entscheiden?“ „Ich mache dir dieses Angebot nur einmal, ein einziges Mal. Du wirst es nie mehr von mir hören, Sharee. Also, entscheide dich! Dein Schutz wäre durch mich gewährleistet. Ich wiederhole mich ungern, wie du weißt. Und ich mag es nicht, wenn ich keine Antwort bekomme“, teilte Kronos ihr mit. „Schon gut! Ja, ich werde dich heiraten“, willigte Sharee in sein Angebot ein. „Wieso überrascht mich das nicht? Ich wußte es doch.“ „Du bist sowas von dir selbst eingenommen“, stichelte sie. „Ich weiß alles, mein Mädchen.“ Kronos verschloß ihre Lippen mit einen leidenschaftlichen Kuss und sank mit ihr in die Kissen zurück. Die Sklavin, die gerade den kleinen Tisch abräumte, wurde von den beiden geflissentlich ignoriert. Kronos schickte sie mit einer kurzen Handbewegung weg, ließ sich aber sonst nicht weiter stören. [Drei Tage später] Die Hochzeit war kurz und formell. Kronos hielt nicht viel von Traditionen. Außerdem wollte er es so schnell wie möglich über die Bühne bringen, bevor Sharee es sich noch anders überlegte. Sharee hatte sich murrend gefügt, daß die Hochzeit so schnell erfolgte und ohne großes Aufsehen stattfand. Selbst der ägyptische Herrscher richtete seine Glückwünsche an das junge Paar aus. Schließlich war Kronos sein Kriegsherr und der Beste, der je für das ägyptische Reich gekämpft hatte. Sharee wußte, daß Kronos in vielen Punkten, die er angebracht hatte, Recht hatte. Er würde sie beschützen und auf sie aufpassen. Kronos würde seine schützende Hand über ihr Leben halten. Doch ihr war auch klar, daß sie sich oft seinen unnachgiebigen Willen fügen mußte. Aber sie war zuversichtlich, daß es auch schöne Zeiten mit Kronos geben würde. „Sharee?“ Sie blickte auf und begegnete den fragenden Augen ihres Ehemannes. „Du bereust es doch etwa nicht?“ fragte Kronos, band sich ein Tuch um die Hüfte und leistete ihr am Balkon Gesellschaft. „Nein“, lächelte sie. „Aber mir ist gerade klar geworden, daß du wohl immer der Dominante in unserer Beziehung sein wirst.“ „Das hättest du dir früher überlegen müssen. Jetzt ist es zu spät. Du bist in keinen Gefängnis, Täubchen“, sprach Kronos sanft. „Früher war es mit mir auch nicht so schlimm.“ Sharee lachte bitter. „Sehr komisch! Du bist ja in einer Nacht nicht bis zu sieben Mal gestorben und mußtest wieder aufwachen.“ Kronos zuckte leicht mit den Schultern. Er wollte darauf nicht weiter eingehen, da er wußte, daß es ein Thema war, wo ihrer beider Meinungen völlig auseinander gingen. „Vergiß es! Es ist vergangen. Es zählt nicht mehr. Diese Zeit liegt weit hinter uns, Sharee. Außerdem ... gab es nicht auch schöne Zeiten zwischen uns? Ich habe dich nach einer Zeit nicht mehr so hart behandelt.“ „Ich weiß“, sprach Sharee und schmiegte sich leicht in seinen Arm. „Die Welt kann sich vor uns in acht nehmen. So ein richtig blutiges Ehepaar hat es noch nie gegeben.“ „Du willst, daß ich so werde wie du?“ fragte sie. Kronos blickte ihr vielsagend in die Augen. „Irgendwie bist du doch schon so wie ich“, schmunzelte er. „Da könntest du Recht haben.“ „Willst du hier noch länger stehen oder können wir wieder rein gehen?“ „Was willst du denn tun?“ fragte Sharee lächelnd. „Die Nacht ist lang. Da fällt mir schon was ein ...“ [Paris/Frankreich, Gegenwart] Der Landrover hielt vor einer alten, stillgelegten Fabrik. Kronos blickte sie neugierig um. Das war der perfekte Unterschlupf. Niemand würde ihn hier vermuten. Er würde eine Weile hierbleiben. Es hatte seinen Grund, warum sein Weg ihn ausgerechnet nach Paris geführt hatte. Sein alter Bruder Methos lebte hier. Und er brauchte Methos. Ohne ihn konnte er seinen geheimen Plan nicht so perfekt durchführen, wie er sich das vorstellte. Erst spät hatte Kronos erfahren, daß Methos noch am Leben war. Aber es überraschte ihn nicht sehr. Methos war schon immer ein Überlebungskünstler gewesen. Kronos würde ihn in seinen teuflischen Plan mit einbeziehen. Der alte Mann würde gar keine andere Wahl haben als mitzumachen. Es würde wieder so werden wie früher. Kronos fuhr sich durch sein kurz, geschnittenes Haar. Sie würden wieder das werden, was sie einst gewesen waren. Kronos wartete, bis es dunkel wurde und machte sich dann auf den Weg zum Pariser Stadtzentrum. Inzwischen war Methos fünftausend Jahre alt, der älteste Mensch der Welt. Auch Kronos wußte das. Noch wußte Methos nicht, daß sein Bruder in derselben Stadt wie er und auf der Suche nach ihm war. Und er wußte auch noch nichts von Kronos‘ dämonischen Plan, wo er ihn mit hineinziehen wollte. Vor kurzem war Methos‘ Exsklavin Cassandra aufgetaucht und hatte seinen Freunden – dem Schotten Duncan MacLeod und seinen Beobachter Joe Dawson – alles erzählt. Sie hatte Mac alles über Methos und dessen grausame Vergangenheit erzählt. Methos ging durch die dunklen Straßen zu seinen Wagen. Seit Tagen hatte sich MacLeod nicht gemeldet. Er konnte nicht verstehen, was Methos getan hatte. Mac verstand nicht, daß die Welt damals anders gewesen war. Es hatte nur ein Gesetz gegeben: Der Stärkere überlebt. Jeden einzelnen Tag war es ums nackte Überleben gegangen. Wie hätte ich mich gegen Kronos stellen sollen? Ich hätte auch Silas und Caspian gegen mich gehabt, dachte Methos kopfschüttelnd. Duncan verstand es einfach nicht. Bei seinen Wagen angekommen, verspürte Methos auf einmal das ihm altbekannte Gefühl. Er spürte die Präsenz eines anderen Unsterblichen, der sich in unmittelbarer Nähe befand. Methos hob den Kopf und blickte sich um. Doch er sah nur die Dunkelheit um sich. „MacLeod?“ fragte er laut. Im nächsten Moment traf ein Dolch ihn mit voller Wucht in der Brust. Ungläubig sah Methos auf. Eine Gestalt trat aus der Dunkelheit. „Hallo Bruder“, grüßte Kronos ihn mit einen breiten Grinsen. „Kronos“, stammelte Methos fassungslos. Was tat er hier? Wie hatte er ihn gefunden? Weiter konnte Methos nicht darüber nachdenken, denn starke Schmerzen breiteten sich in seinen Körper aus. Der alte Mann schrie quälend auf und sank zusammen. „Du hast mir auch gefehlt, Methos“, kommentierte Kronos ruhig als sein Bruder vor seinen Augen starb.
~ 8. ~ Ein qualvolles Stöhnen drang über Methos‘ Lippen. Benommen schlug er die Augen auf und blickte sich um. Er befand sich in einer verlassenen Fabrik. Was ist geschehen? fragte er sich augenblicklich. „Du bist wach, wie schön“, rief Kronos in die Stille hinein und tauchte aus der Dunkelheit auf. Mit einen spöttischen Grinsen blickte er auf seinen Bruder hinab. „Wie fühlst du dich?“ fragte Kronos. „So als hätte ein Laster mich voll erwischt“, stöhnte Methos. Ein kaltes Lachen entrang sich Kronos‘ Kehle. Er fand das alles sehr amüsant. „Du verträgst nichts mehr, Methos. Was ist passiert? Bist du etwa weich geworden?“ „Ach, laß mich in Ruhe“, blockte er scharf ab. „Tut es weh?“ erkundigte sich Kronos. „Was denkst du denn? Natürlich tut es weh.“ Langsam setzte Methos sich auf. „Ich wußte nicht, daß du in der Stadt bist“, sprach er ruhig. „Ein kurzfristiger Entschluß“, teilte Kronos ihm mit. „Was willst du, Kronos?“ fragte Methos geradeheraus. Kronos tötete ihn nicht, ohne etwas zu wollen. Das wußte er aus Erfahrung. Er kannte seinen Bruder. Mit einen leichten Seufzer setzte sich Kronos zu ihm. „Ich brauche dich – für meinen Plan.“ „Welchen Plan?“ fragte Methos neugierig. „Das erfährst du später. Weißt du, Methos, niemand war im planen jemals so gut wie du. Du warst nicht immer der Beste, wenn es ums töten ging, hast oft gezögert, aber du warst ein Genie auf deinen Gebiet.“ „Niemand ist so gut wie du. Das Töten beherrscht niemand besser“, erwiderte Methos. Kronos grinste breit. „Danke, daß ist mein Gebiet.“ „Also willst du, daß wir wieder ein Team bilden?“ „Du sagst es, Bruder. Wenn du mein großzügiges Angebot allerdings ablehnst, nun ja ... deine Macht ist sehr groß. Sie wäre mir sehr von Nutzen, wenn du verstehst?“ sprach Kronos vielsagend. Methos seufzte schwer. „Du tötest mich, wenn ich nicht mitmache“, stellte er sachlich fest. Bejahend nickte Kronos. „Du weißt, wie sehr ich am Leben hänge. Okay, wir sind wieder ein Team“, beschloß Methos. „Schwöre es“, forderte Kronos mit ernsten Blick. Er zog einen Dolch hervor und schnitt sich eine Wunde in die Handfläche. Den Dolch reichte er an Methos weiter. Dieser zögerte einen Moment, tat es ihm jedoch gleich und schlug mit Kronos ein. „Bruderschaft auf ewig!“ „Bruderschaft auf ewig“, wiederholte Methos ihren Schwur und besiegelte somit erneut sein Schicksal. Wenig später folgte er seinen Bruder durch die Fabrik. „Sag mal, Kronos, was ist eigentlich aus deiner kleinen Sklavin geworden, die du damals weggeschickt hast?“ erkundigte sich Methos neugierig. „Du meinst Sharee?“ „Ja, ich glaube, daß war ihr Name.“ „Sie lebt noch“, wich Kronos kurzangebunden aus. Mißtrauisch blickte Methos Kronos an. Er verheimlichte ihm etwas, Methos spürte es. „Du lügst, Kronos“, sprach er. „Du verschweigst mir etwas. Das sehe ich dir an der Nasenspitze an.“ „Und ich dachte, nur du würdest lügen und deinen Freunden gewisse Dinge verschweigen“, spottete der Anführer der vier Todesreiter. „Also, was ist mit ihr?“ hakte Methos nach. Kronos seufzte leise und legte die Kette beiseite, die er in der Hand hielt. Er holte seine Geldbörse hervor und schlug sie auf. Kronos zog ein Foto heraus und reichte es Methos. „Das ist sie doch“, stellte Methos verwundert fest. Und er mußte feststellen, daß sie sich sehr verändert hatte. Methos fand, daß sie nun viel hübscher war als früher. „Ja, Methos, daß ist sie.“ „Und? Wieso trägst du ein Foto von ihr mit dir herum?“ „Sie ist meine Frau“, gestand Kronos ruhig. Methos fielen fast die Augen aus dem Kopf. Er konnte nicht glauben, was er da hörte. Kronos hatte geheiratet? Das konnte nicht sein. „Sie ist deine Ehefrau?“ fragte Methos perplex. „Ja, ich bin mit Sharee verheiratet.“ Der alte Mann war vollkommen überrascht. Mit einer solchen Neuigkeit hatte er nicht gerechnet. Kronos und eine Ehefrau? Das konnte er sich einfach nicht vorstellen. Doch wenn Kronos dies zugab, mußte es wohl stimmen. Methos gab seinen Bruder das Foto zurück. „Und du hältst mich für weich“, kommentierte er. „Das ist etwas anderes.“ „Wenn du verheiratet bist ... wieso bist du dann allein hier?“ „Sharee und ich leben im Moment getrennt.“ „Warum?“ „Wir brauchen Abstand. Ich bin seit dem alten Ägypten mit ihr verheiratet. Wir hatten vor einigen Jahren mal wieder die Phase, wo wir uns gegenseitig auf die Nerven gegangen sind. Im Moment durchleben wir – mal wieder – die berühmte Trennungsphase“, erklärte Kronos. „Hätten wir nicht gesagt, daß wir mal wieder Abstand brauchen, hätten wir uns wohl gegenseitig den Kopf abgeschlagen.“ „Wie lange hast du sie nicht mehr gesehen?“ fragte Methos neugierig nach. „Sechs Jahre“, teilte Kronos ihm mit. „Wie hältst du das aus? Sie ist deine Frau, Kronos.“ „Sie kommt von selbst zurück. Das hat Sharee immer getan“, erwiderte er ruhig – als wäre es das normalste der Welt. Kronos, hattet ihr solche Phasen schon öfter?“ „Klar“, gab er locker zu. „Wo ist sie?“ „Ich weiß es nicht.“ „Du weißt es nicht?“ „Nein, aber ich wüßte es gerne. Immerhin ist Sharee meine Frau.“ Kronos zuckte leicht mit den Schultern. „Wir könnten es raus kriegen, wenn es dir so wichtig ist“, bemerkte Methos. „Wie?“ „Ich war mal eine Zeitlang Beobachter. Du wirst doch sicher wissen, was die machen?“ „Ja, ich habe von ihnen gehört. Sie sind lästige Fliegen“, kommentierte Kronos trocken. „Nun ja ... ich habe mich bei ihnen eingeschlichen, war selbst eine Zeitlang Beobachter“, erwiderte Methos. „Du hast dich bei ihnen versteckt, Bruder“, korrigierte Kronos ihn. „Okay, ja, ich habe mich bei ihnen versteckt.“ „Und was willst du mir jetzt sagen?“ „Ich könnte in den Daten der Beobachter nachsehen. Da steht sicher, wo sich deine Frau aufhält.“ „Ein guter Vorschlag. Okay, mach es. So kannst du mir gleich deine Treue beweisen.“ „Ich wußte, daß kommt noch“, stöhnte Methos. Kronos grinste breit. Ja, es wäre schön zu wissen, wo sich seine Sharee aufhielt. Methos brauchte nicht viel Zeit, um herauszufinden, wo Sharee steckte. Kronos wartete schon ungeduldig in der Fabrik. „Wo ist sie?“ fragte Kronos. „Sie ist in der Ukraine.“ „Was macht sie denn an so einen verschlafenen Ort? Das paßt doch gar nicht zu ihr“, murmelte er vor sich hin. „Ich habe noch eine Überraschung für dich“, fügte Methos hinzu. „Was noch? Sag nicht, sie hat einen anderen?“ „Nein, aber Silas lebt in der Ukraine.“ „Silas lebt noch?“ fragte Kronos überrascht. Das hatte er nicht erwartet. „Caspian lebt auch noch“, meinte der alte Mann. „Bruder, kann es sein, daß du mir was bestimmtes sagen willst?“ fragte Kronos scharf. „Mag sein“, erwiderte Methos mit einem Schulterzucken. „Die Beiden leben also noch. Klasse, die Reiter könnten zurückkehren.“ „Du sagst es.“ „Methos, du bist noch immer ein Genie. Aber das überrascht mich nicht. Was machen wir noch hier? Auf in die Ukraine. Zuerst holen wir Silas, dann meine süße Frau.“ „Liebst du Sharee?“ fragte Methos unvermittelt. „Das geht dich nichts an“, erwiderte Kronos schroff. Es war offensichtlich, daß er über dieses Thema nicht sprechen wollte. „Ich meine ja nur. Du solltest auf sie aufpassen. Wenn MacLeod mitkriegt, daß wir die Wiedervereinigung der Reiter planen, wird er uns daran hindern wollen – und das mit allen Mitteln. Und wenn er raus kriegt, daß du verheiratet bist, könnte er deine Frau als Druckmittel benutzen, ist dir das klar?“ sprach Methos. Ein leises Lachen entrang sich Kronos‘ Kehle. „Das gelingt ihm schon nicht. Ich hüte Sharee wie meinen Augapfel. MacLeod kriegt sie nicht in die Finger. Außerdem bezweifle ich, daß sie es zulassen würde. Eher würde er seinen Kopf verlieren.“ „Hat sie deine Züge angenommen?“ fragte Methos neugierig nach. Er konnte sich nicht vorstellen, daß die sanfte Frau, die er als Kronos‘ Sklavin kennen gelernt hatte, solch eiskalte Eigenschaften angenommen hatte. „Sie kann äußerst kalt sein, wenn sie will. Immerhin habe ich sie im alten Ägypten ein wenig unterrichtet. Los komm“, forderte Kronos seinen Bruder auf. Die Nachrichten wurden immer besser. [Ukraine, Drei Tage später] Silas lebte, total abgeschnitten von der Außenwelt, im tiefsten Welt. Er hatte sich von allem zurück gezogen. Kronos und Methos hatten sich Pferde geliehen und ritten zu ihm, da man den unebenen Weg durch den Wald nicht mit dem Auto passieren konnte. „Und was ist, wenn er sich nicht erinnert? Immerhin ist es knapp zweitausend Jahre her. Die Erinnerung könnte verblaßt sein“, bemerkte Methos. „Wenn er uns sieht, Methos, wird ihm alles wieder einfallen. Was wir waren, vergißt man nicht. Warte es nur ab“, sprach Kronos in freudiger Erwartung. In diesen Augenblick spürten sie Silas‘ Anwesenheit. Silas war gerade beim Holz hacken und hob überrascht den Blick. Sekundenlang sahen sich Silas und seine beiden Brüder schweigend an. Dann hob Silas die Arme und warf die Axt in ihre Richtung. Sie bohrte sich in den Baum neben Methos, der den Kopf zur Seite ziehen mußte, um von der scharfen Klinge nicht getroffen zu werden. „Da ist überhaupt nichts verblaßt“, lachte Kronos zufrieden und stieg wie Methos vom Pferd. „Brüder“, rief Silas und kam auf sie zu. Er umarmte zuerst Kronos und dann Methos, den er um einiges fester umarmte als den Anführer. Zu Methos hatte Silas schon immer ein engeres Band gehabt als zu den anderen. Hoffnungsvoll blickte Silas von einem zum anderen. „Reiten wir?“ fragte er. „Ja, wir werden reiten. Komm, Silas, es gibt eine Menge zu erledigen“, sprach Kronos. Er war zufrieden. Alles lief besser als er gedacht hatte. Sharee hatte sich ein Leben in Kiew aufgebaut. Und genau dorthin führte der Weg die drei ehemaligen Reiter. „Was machen wir denn in Kiew?“ fragte Silas, der noch nicht von Kronos‘ Ehefrau erfahren hatte. „Wir holen jemanden ab“, informierte Kronos ihn. „Caspian?“ „Nein, Caspian ist in Rumänien.“ „Wenn dann?“ „Silas, es hat sich einiges geändert, mußt du wissen. Wir holen ...“, begann Methos ruhig. „Meine Frau, wir holen meine Frau ab“, knurrte Kronos dazwischen. Silas warf Methos einen prüfenden Blick zu. Hatte er da etwa richtig gehört? Wie zur Bestätigung nickte Methos bejahend. Silas konnte diese Information genauso wenig glauben wie Methos, als dieser von Sharee erfahren hatte. „Deine Frau? Du hast geheiratet?“ „Ja, verdammt noch mal! Ist das denn so schwer zu glauben?“ fluchte Kronos. „Ja, ist es“, antworteten Methos und Silas gleichzeitig. Kronos warf ihnen einen verächtlichen Blick zu und lenkte den Wagen auf die Hauptstraße. „Du hast wirklich geheiratet?“ hakte Silas nach. „Ja.“ „Und wer ist die Glückliche?“ „Oh, du kennst sie, Silas“, mischte sich nun wieder Methos ein. „Echt? Wer?“ „Erinnerst du dich an Kronos‘ Lieblingssklavin? Die kleine Schwarzhaarige?“ Kurz dachte Silas nach. „Nein“, sprach er schließlich. „Sharee war ihr Name. Und jetzt darfst du drei Mal raten, wen Kronos geheiratet hat.“ „Machst du dich gerne über mich lustig, Methos?“ warf der Anführer ein. „Tut mir leid, Kronos. Aber ich konnte nicht widerstehen“, lächelte er zufrieden. Er hatte es sich einfach nicht verkneifen können. „Deine Sklavin? Du hast deine Sklavin zur Frau genommen?“ „Ja, Silas, habe ich. Und jetzt ist dieses leidige Thema beendet. Wo genau befindet sich ihre Wohnung, Methos?“ fragte Kronos. „Sie lebt in einer teuren Eigentumswohnung im Zentrum. Und weißt du, was sie von Beruf ist?“ „Was hat sich mein Liebling nun wieder ausgedacht?“ „Sie ist Journalistin und schreibt über die ‘Rätselhaften kopflosen Leichen‘, die hier in der Gegend gefunden wurden.“ Kronos lachte laut auf. Das sah Sharee mal wieder ähnlich. Da sich die drei Männer in der Stadt nicht so gut auskannten, hatte sich Methos einen Stadtplan gekauft, der ausgebreitet auf seinen Schoß lag. Er diktierte Kronos durch die Stadt. Irgendwann hielt dieser jedoch an, da er feststellte, daß sie sich verfahren hatten. „Super, Methos! Du hast uns ins letzte Loch geführt. Tust du das mit Absicht?“ knurrte er. Methos konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Tschuldigung! Aber dieser Stadtplan ist unlesbar.“ „Gib her.“ Kronos entriß ihm den Stadtplan und studierte ihn. „Kein Wunder, daß wir uns verfahren haben. Wir sind zwei Straßen zu früh abgebogen. Das hast du wirklich super gemacht, Methos. Das Lesen eines Stadtplans zählt wohl nicht gerade zu deinen Stärken. Ich hoffe, dein geniales Gehirn, das solch tolle Pläne entwickelt, hat nicht nachgelassen. Schau her! Da müssen wir lang. Soll ich dir den Weg vielleicht markieren, damit du ihn findest?“ „Warum bist du so gereizt, Kronos? Nervös, weil du deine Frau nach sechs Jahren wiedersiehst?“ „Quatsch! Ich hasse Verzögerungen, daß ist alles.“ Kronos schleuderte die Karte auf Methos‘ Schoß zurück. Der alte Mann enthielt sich einen Kommentar und lotste sie auf die ursprüngliche Straße zurück. Während der restlichen Fahrt schwiegen die Männer. Kronos war ungewöhnlich gereizt und es war besser, ihn nicht noch mehr herauszufordern, daß wußten Methos und Silas, die ihn immerhin lang genug kannten. Endlich fanden sie das Haus mit den Eigentumswohnungen. Es war eine sehr luxuriöse Gegend. „Nur das Beste. Das ist typisch Sharee. Sie hat sich wirklich zum Luxusluder entwickelt“, kommentierte Kronos. Beim Pförtner erkundigten sie sich nach Sharee und nahmen dann den Lift, der sie in den dritten Stock hinauf brachte. Vor ungefähr einer halben Stunde war Sharee nach Hause gekommen. Ihre Arbeit hatte es nicht zugelassen, daß sie die Redaktion früher verließ. Endlich Feierabend, dachte sie seufzend und streckte sich auf der Couch aus. Sie hatte es sich gerade gemütlich gemacht als der Buzz sie erfaßte. Ruckartig fuhr sie hoch. Ein Unsterblicher? Hier? Sharee nahm ihr Schwert und ging zur Tür. Es war besser, immer auf alles vorbereitet zu sein. Aber sie war nicht auf den Mann vorbereitet, der vor der Tür stand, als sie diese öffnete. Verblüfft blickte sie direkt in die kalten Augen ihres Ehemannes. Hinter ihm standen seine Freunde. Sharee glitt das Schwert aus der Hand. Amüsiert schüttelte Kronos den Kopf und bückte sich danach. „Täubchen, du scheinst nachlässig geworden zu sein. Wie kannst du nur dein Schwert fallen lassen?“ „Was machst du denn hier?“ sprach sie, da sie mit ihm nicht gerechnet hatte. „Eine schöne Begrüßung! Heißt du so deinen Ehemann willkommen?“ fragte er spottend. „Wirst du schon wieder streitlustig? Manchmal bist du ein richtiges Ekel“, giftete Sharee ihn an. Schweigend verfolgten Methos und Silas die Szene. „Ich und streitlustig? So fern ich mich erinnere, warst du vor sechs Jahren Diejenige, die mich ohne Grund angefaucht hat.“ „Ohne Grund? Das ich nicht lache! Du lieferst mir jeden Tag tausend Gründe, dich zurecht zu weisen, mein Lieber. Du bist ein arroganter, selbstverliebter Kerl. Manchmal frage ich mich wirklich, warum ich dich geheiratet habe. Du ...“ Sharee verstummte, als Kronos sie an sich zog und fordernd küßte. Augenblicklich schmolz ihr Widerwille und sie ließ sich in seine Arme sinken. „Ich glaube, daß war einer der Gründe“, flüsterte sie. „Können wir endlich reinkommen oder willst du noch eine Runde mit mir streiten?“ „Kommt rein“, seufzte Sharee. „Deine Wohnung?“ fragte Kronos als die Tür ins Schloß fiel. „Ja, meine.“ „Bezahlt von meinen Geld, schätze ich einmal.“ „Wofür habe ich dich denn? Also was willst du hier, Kronos?“ wechselte Sharee geschickt das Thema. „Was denkst du, warum ich hier bin?“ fragte er herausfordernd. „Woher soll ich das wissen? Kann ich deine Gedanken lesen?“ gab Sharee schlagfertig zurück. „Ich bin hier, um meine Frau zu holen. Du bist schon viel zu lang allein durch die Gegend gezogen. Es wird Zeit, daß du wieder zu mir zurückkommst.“ „Zufälligerweise führe ich hier ein sehr gutes Leben. Es gefällt mir hier“, bemerkte Sharee spitz. „Täubchen, willst du wieder aufmüpfig werden?“ „Das ist mal wieder typisch für dich, Kronos. Du kreuzt einfach hier auf und ich soll sofort alles stehen und liegen lassen. Es ist jedesmal das Gleiche.“ „Dunkle Wolken ziehen über das werte Glück“, spottete Silas leise. Methos schluckte, um nicht laut los zu lachen. „Sharee, hast du mich denn gar nicht vermißt?“ fragte Kronos nach und blickte sie ernst an. Ein schwerer Seufzer entrang sich ihrer Kehle. „Natürlich habe ich das.“ Mit einer einzigen Bewegung zog Kronos sie an sich. „Dann komm mit mir“, forderte er sie auf. „Du weißt, daß ich hier nicht widerstehen kann. Ich werde meine Zelte hier abbrechen.“ „Gut, ich verfolge nämlich einen Plan.“ „Und der wäre?“ „Erinnerst du dich an dein Geschenk?“ „Das ich dir vor sieben Jahren zum Hochzeitstag geschenkt habe.“ „Ja.“ „Was ist damit?“ „Es wird Zeit, daß wir es ausprobieren.“ „Wirklich?“ fragte Sharee mit leuchtenden Augen. „Ja, aber vorher müssen wir Caspian abholen. Dann sind die Reiter wieder vereint und wir können endlich mein Geschenk ausprobieren.“ „Du bist genial“, sprach Sharee. „Das war ich schon immer.“ Silas und Methos beobachteten erstaunt wie anders Kronos in der Nähe seiner Frau war. Er ging ganz anders mit ihr um als man es von ihm erwartete. Wenn man ihn so sah, konnte man wirklich anfangen zu glauben, daß Kronos tiefere Gefühle für Sharee hegte, obwohl er das ja heftig bestritt. Zärtlich strich er Sharee eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich kann diesen Plan ohne dich nicht in die Tat umsetzen.“ „Warum nicht?“ „Es war dein Geschenk. Du hast es erfunden. Du sollst dabei sein.“ „Wissen sie es denn schon?“ Sie deutete mit dem Kopf auf Silas und Methos. „Nein. Sie erfahren es erst, wenn sich Caspian zu uns gesellt hat. Pack deine Sachen. Wir fahren in ein paar Minuten.“ „Ich soll einfach so verschwinden ohne mich von den Leuten, die ich hier kenne, zu verabschieden?“ sprach Sharee. „Das hast du doch immer getan“, erwiderte Kronos. Er beugte sich zu ihr und flüsterte ihr etwas ins Ohr. „Du bist unmöglich“, lachte Sharee und verschwand kurz im Schlafzimmer. „Was für ein Geschenk, Kronos?“ hakte Methos sofort nach. Die Neugier packte ihn. Noch immer konnte er nicht glauben, daß Kronos‘ Verhalten so anders war als früher. Es war so ein fremdes Verhalten, daß er sich einfach nicht erklären konnte. Hing das alles wirklich nur mit Sharee zusammen? „Das wirst du schon noch sehen. Ein äußerst schönes Geschenk, Methos. Mein Liebling weiß eben, was mir gefällt“, antwortete der Anführer. Wenig später war die Gruppe auf den Weg nach Rumänien, um Caspian zu holen.
~ 9. ~ [Rumänien, Einige Tage später] Caspian hielt sich in einer Klinik für schwer gestörte Kriminelle auf. Besser gesagt, man hatte ihn in der geschlossenen Anstalt eingewiesen. Kronos grinste selbstgefällig als sie vor der Klinik hielten. „Täubchen, würdest du bitte im Wagen warten?“ „Warum?“ fragte Sharee. „Das ist nicht der richtige Ort für dich.“ „Wohl eher für dich“, stichelte sie. Kronos lachte amüsiert. „Deine freche Klappe hast du in der Zwischenzeit nicht verloren. Manchmal sehne ich mich nach dem braven, schüchternen Mädchen zurück, das mal meine Sklavin war“, seufzte er. „Die bin ich schon lange nicht mehr, Süßer“, erwiderte Sharee. „Ich weiß. Warte trotzdem im Wagen auf uns.“ „Ist das ein Befehl?“ „Muß ich dich anketten, bevor du tust, was ich sage?“ „Du kettest mich doch gerne an.“ Methos und Silas hoben hellhörig die Köpfe. Das Gespräch verlief langsam in eine ganz andere Richtung. „Das ist etwas anderes. Außerdem gehört das nicht hierher. Nicht jeder muß etwas von ...“ „... Unseren ausgedehnten Liebesleben erfahren?“ „So ungefähr. Warte nur heute Abend ab. Ich habe eines unserer Spielzeuge im Gepäck“, sprach er leise. „Wolltest du nicht Caspian abholen?“ lenkte Sharee ab. „Hab schon verstanden. Warte hier“, sprach Kronos und verschwand mit seinen beiden Brüdern in der Klinik. Nachdenklich blickte der Arzt auf den Umschlag, indem sich 25.000 Dollar befanden. Kronos hatte ihm diesen gereicht, um Caspian aus seinen Verließ zu holen. Der Arzt nickte und steckte den Umschlag ein. „Folgen Sie mir“, sprach er und führte die drei Männer in den Keller. „Was haben Sie mit ihm vor?“ „Ihn rehabilitieren“, erwiderte Kronos. „Ist das Ihr Ernst? Das ist unmöglich.“ „Wieso?“ erkundigte sich Methos. „Man hat überall in seinen Haus Leichenteile gefunden. Niemand weiß, wie viele Menschen er getötet hat.“ „Warum wurde er nicht hingerichtet?“ fragte Silas barsch. „Früher hätte man das getan, doch heute ... heute ist man humaner“, erwiderte der Arzt mit einen leichten Schulterzucken. Methos mußte den Kopf schütteln als sich der Keller als ein nasses, dreckiges Loch herausstellte. „Wirklich ... sehr human“, spottete er. In diesen Augenblick spürten sie Caspians Anwesenheit. „Machen Sie die Tür auf“, forderte Kronos. Zögernd tat der Arzt es. Caspian sah seinen Brüdern entgegen und fing aus heiterer Kehle laut zu lachen an. Sie waren endlich gekommen. Sie waren hier, um ihn zu holen. Sie waren wieder vereint. Kronos schlug mit dem Schwert die Kette durch und Caspian war frei. Er stürzte sich auf den Arzt und tötete ihn. Sharee saß auf der Motorhaube des Leihwagens und langweilte sich. Das kann doch nicht so lange dauern, dachte sie. Ein ungutes Gefühl breitete sich in ihr aus. Sie war nervös. Das Herz schlug ihr regelrecht bis zum Hals. Vor Caspian hatte sie noch heute Angst. Sie mochte ihn nicht. Sie hatte ihn noch nie leiden können und ihre Haltung ihm gegenüber hatte sich nicht geändert. Da erfaßte die altbekannte Präsenz sie und gleich darauf erschienen vier Gestalten. Caspian stutzte als er sie sah. Im Gegensatz zu Silas erinnerte er sich an Sharee. „Was macht sie denn hier?“ fragte er. „Das ist meine Frau, Caspian. Ich weiß, du hast keine Manieren, aber versuch es wenigstens“, erklärte Kronos knapp. Ungläubig beobachtete Caspian, wie Kronos zu Sharee ging und sie von der Motorhaube hob. Die Information, daß die Beiden geheiratet hatten, mußte er erst einmal verdauen. „Können wir fahren?“ fragte Methos. „Ja. Steigt hinten ein. Mein Liebling sitzt neben mir“, erwiderte Kronos. Schweigend fügten sich die Reiter. „Kann mir mal jemand erklären, was hier los ist?“ fragte Caspian. „Auch wenn du es nicht glaubst ... die Beiden haben wirklich geheiratet“, klärte Methos ihn auf. Kronos bemerkte, daß Sharee sich völlig in sich zurück zog. „Täubchen, was ist los? Du bist so still“, sprach er besorgt. „Es ist nichts.“ „Du hast was. Liebes, wir sind schon so lange ein Paar. Ich kenne dich in- und auswendig. Und aus diesem Grund weiß ich, daß dich irgend etwas bedrückt.“ „Mir geht es gut.“ „Lügnerin“, tadelte Kronos sie. Er ahnte den Grund. Es lag an Caspians Anwesenheit, daß sie so still war. Doch er wollte sie hier nicht darauf ansprechen. „Und was hast du jetzt vor, Kronos?“ erkundigte sich Methos. „Das werdet ihr noch früh genug erfahren“, gab der Anführer seinen Brüdern zu verstehen. „Wieso muß sie dabei sein?“ fragte Caspian abfällig. „Erstens, weil sie meine Frau ist und zweitens, weil es ihre Erfindung ist.“ „Deine Frau, ausgerechnet du heiratest, Kronos. Und das auch noch deine Sklavin. Du warst ja schon immer verrückt nach ihr.“ „Caspian, ich warne dich ...“ „Was ist, Kronos? Hast du ein Problem damit? Es ist doch so, daß sich eigentlich nicht viel verändert hat zwischen euch. Nur das sie jetzt viel länger deine Hure ist als damals.“ Kronos wendete scharf und fuhr an den Straßenrand. Wütend stieg er aus. Als er die hintere Wagentür aufriß, wußte Caspian, daß er zu weit gegangen war. Am Kragen zog Kronos seinen Bruder aus dem Wagen und schleuderte ihn brutal dagegen. Seine Brüder sahen sich das Szenario fassungslos an. Nun war es klar, daß Sharee ihm sehr wohl etwas bedeutete. Und damit hatte niemand von ihnen gerechnet. „Ich habe dich nicht aus der Anstalt geholt, damit du meine Frau beleidigst, Caspian. Und wenn du dich nicht sofort dafür bei ihr entschuldigst, schicke ich dich dorthin zurück. Dann kannst du bis in alle Ewigkeiten dort bleiben und meinetwegen versauern“, knurrte Kronos zornig. Wie ein wildgewordener Stier schützte Kronos seine Frau. „Man, Kronos, ich weiß gar nicht, was du hast. Das war doch bloß ein Scherz“, versuchte Caspian seinen Bruder zu beschwichtigen. „Scherze über meine Frau vertrage ich nicht. Sie wird von euch mit Respekt und Würde behandelt. Das gilt für jeden von euch. Ist das klar?“ Scharf blickte er Caspian an. „Ja, ich habe verstanden, Kronos.“ „Du hast dich noch immer nicht bei ihr entschuldigt. Übrigens hat sie einen Namen, Caspian – Sharee.“ Noch immer hielt Kronos seinen Bruder hart am Kragen fest. „Es tut mir leid, Sharee“, stieß Caspian hervor. „Schon besser. Lern daraus. Ich mag es nicht, wenn jemand meine Frau beleidigt oder ihr zu nahe kommt.“ „Verstanden. Ehrlich, Kronos, ich habe es kapiert. Du kannst dich wieder abregen.“ „Gut.“ Kronos ließ Caspian los. Dann forderte er alle auf wieder einzusteigen. Ein großes Schweigen erfüllte den Wagen als sie zu ihren Hotel fuhren. Sie würden erst am nächsten Tag zurück nach Frankreich fliegen. Aus dem Radio kam leise Musik. „Sharee ...“, sprach Kronos, verstummte jedoch, als er bemerkte, daß seine Frau eingeschlafen war. „Ich wußte es“, warf Methos ein, als er den Blick sah, mit dem Kronos sie musterte. Er konnte nicht anders. Er mußte einfach etwas zu diesen Thema sagen. „Was wußtest du, Methos?“ „Das zwischen dir und Sharee mehr war. Vielleicht keine Liebe, aber doch mehr. Du bist so anders in ihrer Nähe.“ „Sie ist wundervoll. Was soll ich dazu mehr sagen?“ Kronos streckte seine Hand aus und strich ihr die losen Haarsträhnen, die sich aus ihrer Frisur gelöst hatten, aus dem Gesicht. Kronos parkte den Wagen am Parkplatz vor dem Hotel und hielt an. „Denk dran, wir verhalten uns unauffällig. Wir können Schwierigkeiten vor unserer Abreise nicht gebrauchen“, wies er seine Leute an. „Wir können uns alles erlauben und nehmen, was wir wollen“, meinte Caspian. „Diese Einstellung gefällt mir, aber wir müssen trotzdem ein wenig achtgeben. Es steht zuviel auf den Spiel.“ „Kronos hat Recht. Wir sollten uns einfach ausschlafen. Bald geht es los, was auch immer er vorhat“, mischte sich Methos ein. „Das erfährt ihr noch früh genug“, meinte Kronos. Sharee bewegte sich in Kronos‘ Arm. Er hatte sie aus dem Wagen gehoben, da er sie nicht hatte wecken wollen. „Ich kann alleine gehen“, murmelte sie. „Findest du? Vor wenigen Sekunden hast du noch wie ein Murmeltier geschlafen. Geht es dir wirklich gut?“ „Ich bin unsterblich. Ich kann nicht krank werden.“ „Aber todmüde kannst du werden. Das verstehe ich jedoch. Du kannst bald ins Bett fallen.“ „Ich glaube kaum, daß du mich schlafen läßt.“ „Liebling, du schätzt mich noch immer völlig falsch ein“, tadelte Kronos sie. Da Sharee trotzdem darauf behaarte, selbst zu laufen, ließ er sie runter. Die Zimmer lagen alle im gleichen Stock. Sie hatten ein Zweibettzimmer und ein Dreibettzimmer reserviert. „Wir brechen morgen früh auf. Schlaft euch also aus“, befahl Kronos. „Benimm dich, Bruder“, rief Methos und verschwand mit seinen Freunden in ihren Zimmer. Eine Tür weiter lag Kronos‘ Zimmer. Es war äußerst luxuriös. „Immer nur das Beste“, kommentiere Sharee. „Das ist nur für dich. Es ist schon spät. Wir sollten ins Bett gehen“, erwiderte Kronos mit einen wissenden Lächeln. „Du hast aber sicher nicht das Schlafen an sich im Sinn. Oh, was für ein schönes Badezimmer“, rief Sharee begeistert aus als sie einen Blick ins Badezimmer warf. Als sie ins Schlafzimmer zurückkehrte, hielt Kronos gerade einen Gegenstand in der Hand. „Ich hätte mir denken können, daß du sie mitnimmst“, lachte Sharee. „Wie du sagtest, ich kette dich eben gerne an.“ Kronos warf die beiden Handschellen auf das Bett. „Worauf willst du noch warten, Süße? Ich will mich endgültig mit meiner Frau versöhnen.“ „Deine Versöhnungen finden immer im Bett stand“, tadelte sie ihn. „Das ist doch das Reizvolle an einen Streit.“ „Da mußt du aber noch warten, da ich unbedingt die Dusche ausprobieren muß.“ „Hat das nicht bis morgen Zeit?“ stöhnte Kronos. „Nein, hat es nicht. Du kannst mir ja Gesellschaft leisten“, lockte sie ihn. „Gute Idee. Worauf warten wir noch? Gehen wir duschen.“ Kronos zog seine Frau ins Badezimmer und schlug die Tür zu. Irgendwann landeten die Beiden im Schlafzimmer. Wie sie dahin gekommen waren, konnten sie später nicht sagen. Ihre Versöhnung wurde wie immer sehr leidenschaftlich ... Am frühen Morgen brach die Gruppe nach Frankreich auf. Sie würden in Bordeaux in einer verlassenen U-Boot-Station eine neue Heimat finden. Am späten Nachmittag waren sie dort endlich angekommen. „Gefällt es euch?“ fragte Kronos. „Wir sind begeistert. Und jetzt sag uns endlich, was du vorhast“, bat Caspian. „Na schön! Die Zeiten, als wir mit unseren Schwertern durch die Welt geritten sind, sind vorbei. So können wir heutzutage niemanden mehr schocken. Wir leben in einer modernisierten und technologischen Welt. Und das sollten wir zu unseren Vorteil ausnutzen. Kommt mit! Ich zeige euch, was ich meine. Es ist im Keller“, forderte Kronos seine Leute auf und ging voraus. Seine Brüder folgten ihm. Kronos nahm Sharee bei der Hand. „Kannst du uns mal erklären, was deine Frau damit zu tun hat?“ „Ganz einfach, Caspian. Es ist mein Hochzeitsgeschenk, das ich von Sharee vor knapp sieben Jahren bekommen habe. Sie weiß eben, was mir gefällt.“ Kronos öffnete die Tür zum Keller. Sie gingen durch ein paar Gänge. Affen waren in Käfigen gefangen. Vor einer schweren, verschlossenen Tür blieben sie stehen. „Willst du die Welt mit Affen erobern?“ witzelte Caspian. Kronos überhörte diesen Scherz jedoch geflissentlich. „Sharee, wärst du so lieb?“ bat er seine Frau. Sie wußte, was er von ihr wollte. Sie gab eine Kombination neben sich ein und die Tür öffnete sich. Auf einen Podest lag ein Reagenzglas, indem sich eine klare Flüssigkeit befand. „Was ist das?“ erkundigte sich Silas. „Das ist die Zukunft, mein Freund. Ein neu entwickelter Virus. Sharee hat ihn erfunden. Es hat keinen Namen und ist nur von meiner bezaubernden Frau entwickelt worden. Caspian, warst du in England als dort die Pest wütete?“ Caspian grinste selbstgefällig. „Wir waren auch dort. Hat es dir gefallen?“ fragte Kronos grinsend. „Klar.“ „Wir waren auch begeistert. Epola, Pest und Aids – gegen meinen Virus waren all diese Krankheiten ein kleiner Husten. Und wißt ihr, was das Beste daran ist?“ „Nein, was?“ „Es gibt kein Gegenmittel.“ Kronos legte seinen Arm um die Taille seiner Frau. „Ich bin unheimlich stolz auf dich, Täubchen. Mit diesen Geschenk hast du mich wirklich glücklich gemacht.“ „Ich weiß.“ „Mit diesem Virus holen wir uns die Herrschaft über die Welt zurück. Wir werden wieder das, was wir mal waren. Doch diesmal sind wir tausendmal gemeiner“, prophezeite Kronos. Caspian und Silas lachten zufrieden. Methos schwieg andächtig. Wenig später saß Methos in einen breiten Sessel und las in einen Buch. Silas und Caspian leisteten ihm Gesellschaft und diskutierten über ihren Plan. Die Idee mit dem Virus war eine grandiose Idee, da waren sie sich einig. Sie hörten Schritte und nahmen die Anwesenheit eines anderen Unsterblichen wahr. Sharee trat durch die Tür. „Wo ist dein Mann?“ fragte Methos. „Er kommt gleich nach“, erwiderte sie. Mißtrauisch musterte Caspian sie. „Caspian, erinnere dich daran, was Kronos gesagt hat. Er hat seine Drohung ernst gemeint. Sie ist seine Frau. Also benimm dich und behandle sie mit Respekt“, kommentierte Methos. „Schon gut. Ich fragte mich gerade nur, warum er sie überhaupt geheiratet hat. Liebe kennt Kronos nicht“, meinte Caspian. „Eine lange Geschichte“, seufzte Sharee und ließ sich auf einen Stuhl fallen. „Hast du damit ein Problem, Caspian? Stört es dich, daß ich Kronos‘ Frau bin?“ „Mich stört, daß er geheiratet hat. Er scheint weich geworden zu sein. Du warst schon immer seine billige Liebessklavin ... und du wirst es immer bleiben“, sprach Caspian hart. „Was zwischen Kronos und mir ist, geht dich nichts an“, zischte Sharee scharf. „Ich erinnere mich an eine Zeit, in der du viel ängstlicher warst. Damals hättest du dich nie getraut, einen Reiter zu widersprechen. Vor allem nicht mir. Mit einem hatte Kronos Recht. Du hattest schon immer Feuer. Und wie du dich immer gewehrt hast. Ich erinnere mich gut ... Weib“, sprach er provozierend. „Caspian, hör auf! Du gehst langsam zu weit. Dafür bringt Kronos dich um“, warnte Methos seinen Bruder. Doch dieser zuckte nur mit den Schultern. Heftig sprang Sharee auf. „Diese Zeit ist vorbei, Caspian. Und ich bezweifle, daß Kronos jemals wieder erlauben würde, daß du Hand an mich legst. Methos hat Recht. Du solltest deine Zunge hüten.“ „Warum? Denkst du, du bist Kronos wichtiger als die Reiter? Vergiß es, Schätzchen. Du wirst es nie sein. Die Reiter werden immer das Wichtigste in seinen Leben sein.“ „Du warst schon immer eine miese Schlange, Caspian. Und das hat sich bis heute nicht geändert.“ Sharees Lippen zitterten leicht. Caspian sah, daß seine Anschuldigungen sie schwer getroffen hatten. „Du wirst immer nur seine Sklavin, seine Hure sein. Glaub bloß nicht, daß du ihm wirklich etwas bedeutest“, fügte er hinzu. Schon lange hatte Sharee keine Träne mehr vergossen, doch nun stand sie nahe davor. In diesen Augenblick erschien Kronos. Er blickte Sharee an und erkannte sofort, daß Caspian seine Frau tief verletzt hatte. Sharee wollte an ihm vorbei stürmen, doch er umfaßte ihren Arm und zog sie an sich. Beruhigend strich er ihr über den Rücken. „Caspian, ich denke, ich sollte mal ein paar ernste Takte mit dir reden“, sprach Kronos ernst. „Ich kann dich einfach nicht verstehen. Was soll dieser ganzer Quatsch mit der Ehe? Das ist dir nicht ähnlich.“ „Ich warne dich. Wenn du Sharee noch einmal beleidigst und sie so verletzt, dann hast du keinen Kopf mehr. Verstanden?“ „Ja“, murrte der Angesprochene. „Sie ist meine Frau. Und wenn sie von euch nicht so behandelt wird, wie ich es erwarte, dann schlage ich euch allen den Kopf ab.“ Bei dieser offenen Drohung schien Caspian es endlich begriffen zu haben. Eingeschüchtert nickte er. Schließlich wollte er sich nicht mit seinen Anführer verscherzen. Kronos wandte sich Sharee zu. „Alles wieder okay?“ fragte er besorgt. Sie nickte langsam. Er küßte ihre Stirn, dann die Wangen und zum Schluß die Lippen. „Du bist meine Frau, Sharee. Vergiß das niemals. Und niemand, wirklich niemand, kann dir etwas anhaben.“ „Ja.“ „Das ist mein Mädchen. Was hältst du davon, wenn wir eine Runde trainieren?“ „Warum nicht?“ sprach sie mit zuckenden Schultern. „Unten. Ich bin in einigen Minuten bei dir.“ „Okay.“ Sharee verließ den Raum. Kronos wandte sich noch einmal zu Caspian um. „Und nun zu dir, mein Lieber“, knurrte er. „Du solltest aufpassen, was du zu meiner Frau sagst. Sie ist mein wertvollster Besitz.“ „Ich dachte immer, die Reiter – wir – wären das Wichtigste“, sprach Caspian aufgebracht. „Manchmal ändert sich etwas, Caspian. Meine Beziehung zu Sharee ist etwas Besonderes. Hast du das jetzt endlich kapiert oder muß ich noch deutlicher werden?“ „Ich habe verstanden“, gab Caspian zähneknirschend zu. „Gut. Heute Abend besprechen wir, wie wir unseren Plan fortsetzen. Und jetzt entschuldigt mich!“
~ 10. ~ Das laute Geräusch, das durch die U-Boot-Station hallte, kam von zwei Schwertern, die heftig gegeneinander schlugen. Die Reiter hoben die Köpfe und horchten angestrengt. Doch die Kampfgeräusche verstummten nicht. „Da kämpft jemand“, sprach Methos. „Kronos“, riefen Silas und Caspian gleichzeitig. Die drei Männer nahmen ihre Waffen und rannten die Stufen hinunter. Sie folgten dem Geräusch, das immer lauter wurde. Doch das Szenario, das sich vor ihnen auftat, ließ sie in ihrer Bewegung innehalten. Kronos lieferte sich einen erbitterten Kampf mit seiner Frau. „Kronos, was ist hier los?“ mischte sich Methos ein. Die beiden Unsterblichen sahen auf. „Nur eine kleine Trainingseinheit. Was habt ihr denn gedacht? Das ich angegriffen werde? Oder das Sharee und ich unsere Streitigkeiten so austragen?“ „Beides“, meinte Methos amüsiert. „Ihr könnt euch wieder abregen. Es ist alles in Ordnung, Jungs. Also könnt ihr wieder gehen.“ Während die drei verschwanden, wandte sich Kronos wieder seiner Frau zu. In den Jahren an seiner Seite war Sharee immer besser geworden. Ihren Kampfstil hatte Kronos wirklich den letzten Feinschliff gegeben. Sharee gelang es, Kronos zu Boden zu werfen. Doch er zog sie mit sich, so das sie über ihn zum liegen kam. „Ich muß sagen, an deinen Stil gibt es nichts mehr auszusetzen. Du bist verdammt gut geworden“, meinte er zufrieden. „Ich hatte einen guten Lehrer. Also, wann willst du mit deinen Plan beginnen?“ erkundigte sie sich. „Mal sehen, was Methos sagt. Er ist das Genie mit den großen Plänen. Ein echter Taktiker und Überlebungskünstler.“ „Ich weiß. Du hältst soviel von ihm. Ich frage mich, ob Caspian nicht Recht haben könnte“, murmelte sie und erhob sich. „Wie meinst du das, Täubchen?“ fragte Kronos und stand ebenfalls auf. „Ganz einfach. Er sagte, dir ist nichts wichtiger als die Reiter. Und so wird es wohl immer bleiben. Die Reiter stehen bei dir an erster Stelle.“ „Das ist nicht wahr“, widersprach Kronos. „Wirklich?“ „Sharee, du wirst immer die Nummer eins in meinen Leben sein. Ich habe gelernt, daß es wichtigeres im Leben gibt als die Reiter. Und das bist du. Zuerst kommt meine Frau, dann meine Brüder.“ „Ist das wahr?“ „Ja, ist es“, sprach er und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. Derweil traf sich Methos mit Duncan MacLeod. Nur widerwillig hatte sich Mac zu diesen Treffen überreden lassen. „Ich bin da. Was willst du?“ fragte er barsch. „Das nenne ich eine nette Begrüßung! Wie wäre es mit ‘Hallo Methos, wie geht es dir?‘ So wie man einen guten Freund normalerweise begrüßt?“ spottete der alte Mann. „Ein guter Freund? Du bist kein Freund mehr von mir. Du bist kalt und grausam. Du hast Tausende von Menschen – unschuldige Frauen und Kinder – getötet, einfach so“, sprach Duncan bitter. Methos lachte amüsiert auf. „Ah, meine süße Ex-Sklavin hat dich vollends aufgeklärt, wie ich sehe. Cassandra ist schon eine Augenweite, nicht wahr?“ meinte Methos lässig. Zufrieden nahm er die Reaktion Duncans zur Kenntnis. Der Schotte mußte sich zusammen reißen, um Methos nicht zu schlagen. Ein breites Grinsen huschte über Methos‘ Lippen. „Ja, ich war es. Ich habe es getan. Und weißt du was? Ja, es hat mir Spaß gemacht. Ich war Death der apokalyptischen Reiter. Wolltest du das von mir hören? Ich war ein Mörder, ein Vergewaltiger und ein Räuber. Ich war alles, was Cassandra dir erzählt hat“, gestand Methos offen. „Wie konntest du nur?“ warf Duncan ihm vor. „Damals war alles anders. Die Welt, wie du sie kennst oder siehst, existierte damals nicht. Die ganze beschissene Welt war anders. Es gab nur ein Gesetz, MacLeod. Und das hieß, nur der Stärkere überlebt“, zischte Methos mit einen gefährlichen Glitzern in den Augen. „Dann bist du also wieder Kronos‘ rechte Hand?“ hakte Duncan nach. „Möglich“, sprach Methos geheimnisvoll. „Ich fühle mich wieder gut. Wohl und befreit. Jetzt, wo Kronos wieder da ist, empfinde ich keine Schuld mehr. Mein schlechtes Gewissen hat sich verabschiedet. Und das ist einfach ein tolles Gefühl.“ „Du bist krank“, kommentierte Duncan und drehte um. Er hatte genug gehört. Duncan war schon auf den Weg zur Tür, doch Methos schnitt ihm den Weg ab. „Nein, du wirst mir jetzt zuhören“, sprach Methos und seine Augen funkelten ihn böse an. „Du glaubst, du bist der Einzige auf der Welt, der keine Fehler gemacht hat. Du denkst, so dermaßen perfekt zu sein. Doch du täuscht dich, mein Lieber. Ich bin hier nicht der Einzige, der unschuldige Menschen getötet hat. Was war mit all den Engländern, die du einst getötet hast?“ fragte er herausfordernd. „Das war etwas anderes, Methos. Ich habe keine Frauen und Kinder umgebracht.“ „Ach ja? Aber du hast Familien die Ehemänner und Väter genommen. Auch diese Menschen waren unschuldig.“ „Ich tat es für eine höhere Sache, an die ich geglaubt habe. Du hast es aus purer Lust am töten getan. Und das unterscheidet uns grundsätzlich voneinander“, begehrte Duncan wütend auf. Was war nur aus seinen Freund geworden? Methos lächelte kalt und trat zur Seite. Er wußte, daß er Duncan MacLeod, den edlen Ritter, an seinen wunden Punkt getroffen hatte. An einem Punkt, an dem es dem stolzen Schotten sehr weh tat, wo er äußerst empfindlich war. Diesmal ließ Methos zu, daß Duncan an ihm vorbei ging und den Treffpunkt verlassen wollte. Er hatte ihm gesagt, was er ihm hatte sagen wollen. Und er hatte einen Teil des Planes durchgeführt, so wie Kronos es gewollt hatte. Die Worte, die er Duncan nachrief, sollte dieser nicht so schnell vergessen. „Diese Welt ist verdammt. Sie wird untergehen, MacLeod. Und du wirst es nicht verhindern können. Kronos, wir, werden den Beginn der Apokalypse einläuten. Du kannst uns nicht aufhalten. Richte meiner süßen Cassandra schöne Grüße von mir aus.“ Duncan zuckte zusammen und verließ fluchtartig das Gebäude. Methos lachte amüsiert. Immer wieder stellte sich Duncan die Frage, was Methos und seine Brüder vorhatten? Was war nur in ihm gefahren? Doch er kam nicht dahinter. War Methos wirklich gut oder war er wieder der Methos, der Kronos so gefiel? Im Hotel, in dem sich Duncan und Cassandra eingemietet hatten, lag die Unsterbliche auf den Bett und wartete auf ihren Begleiter. Sie war nicht begeistert von der Idee gewesen, daß sich Duncan mit dieser miesen Ratte von Methos traf. Nach wie vor konnte sie ihren Hass auf Methos, der sie einst gezwungen hatte, ihm zu dienen, nicht vergessen. Das Sharee inzwischen Kronos‘ Ehefrau war, wußte sie nicht. Sie grübelte über die alten Zeiten nach als sich das bekannte Gefühl einstellte. Duncan war endlich zurück. Was wohl sein Gespräch mit Methos ergeben hatte? „Es wurde aber auch langsam Zeit. Duncan, wo warst du bloß solange?“ rief sie laut und öffnete die Tür. Doch es war nicht Duncan, der davor stand, sondern Kronos – in Begleitung von Silas und Caspian. Einen Augenblick erstarrte sie, konnte nicht glauben, die Männer wiederzusehen. Dann versuchte sie, hastig die Tür zu verschließen, doch Silas stemmte sich dagegen. Die Reiter traten ein. Cassandra wich zurück, blickte sich panisch um, obwohl sie wußte, daß sie keine Fluchtmöglichkeit hatte. Als sie Kronos sah, dachte sie an das zurück, was geschehen war, als Sharee nicht mehr dagewesen war. Kronos hatte sie geholt und mir ihr getan, was er wollte. Es war eine schreckliche Nacht gewesen. Und Methos hatte ihr nicht geholfen, obwohl sie bis dahin gedacht hatte, er würde sie beschützen. Sie hatte sich bitter in ihm getäuscht. Er hatte sie einfach Kronos überlassen. Cassandra war es jedoch gelungen, Kronos seinen Dolch ins Bein zu stoßen und zu fliehen. Sie blickte ihm in die Augen und erkannte, daß auch er es nicht vergessen hatte. „Mit deinen Lover kann ich nicht dienen, meine Süße. Der ist zur Zeit beschäftigt. Sag mal, Schätzchen, schulde ich dir nicht noch was?“ sprach Kronos. Er zog einen Dolch aus seinen Gürtel. Es war genau der Dolch, mit dem sie ihn damals nieder gestochen hatte. „Du hättest meinen Kopf nehmen sollen. Aber damals wußtest du das ja nicht“, schmeichelte Kronos ihr. „Das können wir nachholen“, rief Cassandra und wollte ihr Schwert ergreifen, doch Caspian verhinderte dies, indem er sich auf das Bett warf. Langsam und bedrohlich ging Kronos auf sie zu. Cassandra stand mit dem Rücken zur Wand. „Darauf habe ich lange gewartet“, sprach er zufrieden. Silas und Caspian sahen Kronos dabei zu, wie dieser sein Werk vollbrachte ... Als Duncan ins Hotel zurückkehrte, war er außer sich. Cassandra war fort. Und augenblicklich wurde ihm klar, was Methos mit seinen Treffen hatte bezwecken wollen. Man hatte ihn reingelegt. Wie hatte er auch nur so blöd sein können und auf diesen alten Trick hereinfallen können? Methos war nur das Ablenkungsmanöver für ihn gewesen, damit die anderen Cassandra entführen konnten. Und er war natürlich prompt auf den Lockvogel, den Methos gespielt hatte, herein gefallen. Duncan tobte. Er hätte es einfach besser wissen müssen. Er hätte es einfach ahnen müssen. Hoffentlich lebt sie noch, dachte er besorgt und blickte aus dem Fenster seines Zimmers. Kronos lobte Methos für seinen genialen Schachzug. „Gratuliere, alter Junge. Du hast nichts verlernt“, sprach Kronos. „Ich bin ein Genie, schon vergessen?“ „Nein, wie könnte ich auch!“ Die beiden Unsterblichen standen an einen Geländer und blickten auf Cassandra hinunter, die in einen Käfig eingesperrt war. „Was hast du nun vor?“ „Ich habe schon einen Plan entwickelt, wie du deinen Virus vernünftig einsetzen kannst. Bald gehörst uns erneut die Welt“, sprach Methos. Sie nahmen das Rauschen in ihren Kopf wahr und blickten auf. Sharee kam auf sie zu. Bereitwillig streckte Kronos den Arm nach seiner Frau aus. „Wir haben Besuch“, erklärte er ihr und deutete mit dem Kopf auf den Käfig. Sharee warf einen Blick hinunter und erstarrte. Sie konnte nicht glauben, Cassandra zu sehen. Überrascht sah sie Kronos an. „Sie lebt noch?“ flüsterte sie. „Wie du siehst ... ja.“ „Mein Gott! Du hast sie entführt. Warum?“ „Als Versicherung.“ „Darf ich zu ihr?“ „Was?“ fragte Kronos verwirrt. Warum wollte seine Frau ausgerechnet zu Cassandra? „Oh bitte, Kronos! Ich habe sie so lange nicht gesehen. Ich will wissen, wie es ihr ergangen ist. Immerhin war sie einst meine Freundin“, sprach Sharee. „Du wirst doch nicht auf dumme Gedanken kommen?“ fragte er zweifelnd. „Nein. Du weißt, ich würde mich nie gegen dich stellen. Ich bin dir gegenüber immer sehr loyal gewesen und ich werde es immer bleiben. Hast du etwa kein Vertrauen zu mir, Süßer?“ Ein Lächeln glitt über seine Lippen. „Meinetwegen geh zu ihr.“ „Danke, Kronos“, sprach sie und gab ihm einen leichten Kuss. Dann ging sie die Treppe hinunter. Ein leises Stöhnen drang über Cassandras Lippen. Sie schüttelte den Kopf. Wo war sie? Wo hatte man sie hingebracht? „Hallo Cass“, sprach eine Stimme dich neben ihr. Cassandra sah auf und entdeckte Sharee. „Du? Hier? Bei den Reitern? Wie kann das sein?“ fragte sie verwirrt. „Was machst du hier? Wie kann das möglich sein?“ Sharee schwieg andächtig. Ihr gefiel dieses Spiel. „Verdammt, Sharee, sag etwas“, forderte Cassandra. „Wie fühlst du dich?“ „Gut, aber das meine ich nicht. Wie kommst du hierher?“ „Warum müssen Frauen eigentlich immer Small Talk betreiben?“ mischte sich Kronos in das Gespräch ein. Cassandra hob den Kopf und funkelte ihn haßerfüllt an. Überrascht riß sie die Augen auf als Kronos seine Arme um Sharees Taille legte und sie zu sich umdrehte. Dann preßte er leidenschaftlich seine Lippen auf ihre. „Was ... zur Hölle ... soll das denn?“ rief Cassandra laut. „Darf ich vorstellen, Cass? Mein Mann Kronos“, lächelte Sharee zufrieden. Kronos trat ein paar Schritte zurück und tigerte zur anderen Seite des Käfigs. Lässig lehnte er sich dagegen. „Dein Mann? Du hast diesen Bastard geheiratet? Bist du noch ganz bei Trost, Sharee? Nach allem, was er dir angetan hat? Wie konntest du nur einen solchen Verrat an unseren Stamm begehen?“ schrie Cassandra zornig. Kronos lachte selbstgefällig und wartete gespannt auf die Antwort seiner schönen und geistreichen Frau. „Cass, du hast es noch immer nicht begriffen, oder? Kronos ist was besonderes. Er ist genial. Außerdem ... solange er mein Ehemann ist, beschützt er mich. Solange ist mein Überleben gesichert“, erklärte Sharee. „Und was ist mit all den Qualen, die er dir einst zugefügt hat? Hast du das etwa vergessen?“ warf Cassandra bitter ein. „Es ist solange her, meine Liebe, zweitausend Jahre. Du solltest aufhören so Hass zerfressen zu sein. Ich habe es vergessen, ihm verziehen, denn es ist Vergangenheit“, meinte Sharee locker. Sie zwinkerte ihren Ehemann zu. „Du bist verrückt. Wenn er dich nicht mehr braucht, wird er dich töten“, prophezeite Cassandra ihrer ehemaligen Freundin. „Das glaube ich kaum. Dazu hat er zuviel Spaß mit mir. Außerdem bin ich seit dem alten Ägypten seine Frau“, sprach Sharee amüsiert. „Warum? Wieso bist du so kalt geworden? Sag es mir, Sharee“, murmelte Cassandra kopfschüttelnd. „Weil sie den besten Lehrer hatte, den es gibt. Nicht wahr, Baby?“ mischte sich nun Kronos wieder ein. Er hatte an Sharees Spiel großen Spaß. „Du kannst nicht so sein wie er. Er ... er ...“ „... Ist ein Schlächter, ein Mörder, ein Räuber und Vergewaltiger. Ich weiß. Ich kenne die Geschichte. Und er ist ein ganzer Mann – hart, rauh und einfach männlich.“ „Du hast ja nicht mehr alle Tassen im Schrank.“ „Methos ist auch hier, Cass. Dein Methos, wohl gemerkt. Schließlich warst du mal in ihn verliebt.“ „Ha! Ich war nie in ihn verliebt“, stritt Cassandra energisch ab. „Wirklich nicht? Du warst noch nie eine gute Lügnerin.“ „Du weißt nicht, was geschehen ist, als du geflohen bist“, erwiderte die dunkelhaarige Unsterbliche. „Geflohen? Wer hat jemals etwas von Flucht gesagt, Cass? Zu deiner Information, ich wurde von Kronos frei gelassen. Und ich weiß, was er getan hat, als ich fort war. Meine Liebe, ich mag es nicht, wenn man meinen Mann angreift. Du hättest ihn nicht niederstechen dürfen.“ „Warum vertraust du ihm?“ „Ich bin nicht mehr die Sharee, die du kanntest, die ich mal war. Das ehrliche, brave Mädchen von einst existiert nicht mehr. Ich habe sehr viel von Kronos gelernt.“ „Was habt ihr mit mir vor?“ „Es wäre dumm, dir unseren Plan anzuvertrauen. Keine Sorge, bevor du stirbst, wirst du erleben, wie deine Freunde sterben. Richtig, Liebster?“ „Richtig. Komm, Süße, lassen wir unseren Gast allein“, sprach Kronos. Sharee hakte sich bei ihm unter und verließ mit ihm den Raum. Cassandra blieb allein zurück. Am Abend saß die Gruppe zusammen und Methos hatte seinen Plan erklärt, so wie Kronos es wollte. Genau aus diesen einen Grund hatte Kronos seinen besten Mann zurück geholt. Stille herrschte einen langen Augenblick, bevor Kronos endlich das Wort erhob. Er trat einen Schritt nach vorne und sah Methos scharf an. „Eine Bombe mit dem Virus in einen Brunnen? Was glaubst du, wie viele das töten wird? Du bist weich geworden, Junge“, warf Kronos ihm vor. Kronos stützte sich mit einer Hand auf der Lehne des altertümlichen Stuhls ab, auf den Sharee saß. Er klang bitter enttäuscht. Er hatte mehr von Methos erwartet. Sharee griff nach Kronos‘ Arm, doch er wehrte ihre Geste ab. Ein deutliches Zeichen dafür, daß er von Methos mehr erwartet hatte. „Ich zittere vor Angst“, warf Caspian scherzhaft ein. „Zitterst du auch?“ fügte er hinzu und blickte Silas an, an den die Frage gerichtet war. Bevor dieser antworten konnte, schnitt Methos Caspian scharf das Wort ab. „Es ist das Prelüt. Kennst du zufällig Aristoteles Poetik? Nein, du kennst nicht einmal Casablanca.“ Methos sah in die Runde. „Was ist die goldene Regel eines großen Dramas?“ fragte er auffordernd. „Fang erst mal klein an, um dich dann ... zu steigern.“ Bei seinen letzten Worten drehte sich Kronos um. Langsam wurde ihm klar, was Methos mit seinen Plan bezweckte, was hinter der Aktion mit dem Brunnen steckte. „Ein Brunnen ist der erste Akt. Dann ein Schwimmband, um hundert zu töten. Dann ein Stadion, um Tausende zu töten.“ Aufmerksam blickte Kronos seine rechte Hand an. Sharee stand auf, um Kronos auf dem Stuhl Platz zu machen. Er setzte sich und zog seine Frau auf seinen Schoß. „Und dann nur einen einzigen Tropfen dieses Virus in die städtische Wasserversorgung und ...“ Methos ließ den Satz ausschweifen, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. „... Binnen einer Woche ...“, sprach er weiter. „... Erwischt es das ganze Land“, beendete Kronos den Satz. Nun klang er schon zufriedener. „Dann hast du die Welt. Stell sie vor die Wahl. Entweder die vier Reiter herrschen oder sie sterben alle“, sprach Methos. „Entweder wir herrschen oder die Welt geht unter“, sprach Kronos mit einen breiten Grinsen. Kronos blickte seine Brüder an – einen nach dem anderen. Caspian strich lächelnd über die scharfe Klinge seines Schwertes. „Klingt nicht schlecht, oder?“ fragte Kronos und blickte dabei Silas an. Dieser grinste über das ganze Gesicht und nickte eifrig. Er verspürte nervöse Vorfreude. Silas wollte endlich in Aktion treten. „Tja, du hast nichts verlernt, Methos. Heute Abend erster Akt“, sprach Kronos befehlend. Die vier Reiter lächelten zufrieden. Kronos fischte nach einer Strähne von Sharees Haar und ließ sie durch seine Finger gleiten. Ja, Methos‘ Pläne waren nach wie vor die Besten.
~ 11. ~ Als die Dunkelheit über Paris hereinbrach, machten sich die vier Reiter auf den Weg, um die Bombe mit dem Virus in einen Brunnen zu plazieren. Gezielt hatte Kronos nach dem perfekte Ort für die Bombe gesucht. Es war der Brunnen, der in der Nähe des großen Vergnügungsparks war. Das Treiben im Park war groß und die Besucher genossen den Spaß, den sie hatten. Niemand schenkte ihnen Beachtung, so konnten sie in aller Ruhe die Bombe installieren. Während sich die Reiter mit dem installieren der Bombe beschäftigten, blickte Sharee mit leuchteten Augen auf das Riesenrad, das sich hoch über ihren Köpfen erhob. „Fertig! Wir können gehen. Das wird ein schönes Feuerwerk“, meinte Caspian zufrieden. „Freu mich schon darauf, wenn sie hochgeht“, jubelte Silas. „Gehen wir, Jungs. Sharee?“ Fragend blickte Kronos seine Frau an. Doch die hörte ihm gar nicht zu. Sie richtete ihre ganze Aufmerksamkeit auf das Riesenrad. „Hallo! Erde an Sharee! Täubchen, was ist los?“ knurrte Kronos ärgerlich. Da drehte sie sich zu ihm und schenkte ihm ein zärtliches Lächeln. Und sofort verzieh Kronos ihr die kleine Unaufmerksamkeit. Er konnte nie lange auf sie böse sein. Das war eine seiner wenigen Schwächen. Wenn es um seine Frau ging, dachte er nicht mehr nach. Und böse auf sie konnte er nur schwer sein. „Hast du was gesagt?“ fragte sie ihn. „Ja, ich sagte, wir sind fertig und können gehen“, sprach Kronos. „Jetzt schon?“ Sie klang enttäuscht. Kronos seufzte schwer. Sie wollte doch etwas, daß sah er ihr an der Nasenspitze an. „Okay, was ist los? Was fasziniert dich da drüben so?“ fragte er und deutete auf den Vergnügungspark. „Siehst du das?“ meinte Sharee und deutete auf das Riesenrad. „Eine Riesenrad, na und?“ Kronos wandte den Blick vom Riesenrad und sah seine reizende Frau an. Und plötzlich dämmerte ihm, was sie wollte. „Oh nein“, stöhnte er. „Bitte, Kronos!“ „Nein, Schatz! Dafür sind wir beide doch wirklich zu alt.“ Flehend blickte Sharee ihren rauhen Mann an. Als das auch nichts nützte, schmiegte sie sich verführerisch an ihn. „Bitte“, sprach sie nachdrücklich. „Kronos, kannst du uns mal sagen, worüber es in eurer Diskussion geht?“ fragte Caspian genervt. „Sie will mit dem Ding da fahren“, knurrte der Anführer und deutete verächtlich auf das Riesenrad. „Also wirklich! Findest du nicht, daß das unter unseren Niveau ist?“ gab Caspian bissig zurück. „Sie will ja nicht mit euch fahren, sondern mit mir – allein“, sprach Kronos und blickte Sharee an. „Erspare mir das, Täubchen“, bat er trocken. „Oh bitte, Kronos“, jammerte Sharee übertrieben. Doch er stöhnte nur genervt auf. Sharee warf ihm einen aufreizenden Augenaufschlag zu, kannte sie doch die Wirkung dieses Blickes auf ihren Ehemann. „Sieh mich nicht so an“, warnte er sie. „Wieso nicht?“ gab Sharee unschuldig zurück. „Du weißt genau, daß ich diesen Blick nur schwer widerstehen kann.“ „Ich weiß.“ Kronos seufzte und gab auf. Er konnte Sharee einfach keinen einzigen Wunsch abschlagen. „Okay, aber nur eine Runde, Liebling“, sprach er . „Oh klasse!“ Spontan fiel Sharee ihm um den Hals. „Das ist nicht dein Ernst, Kronos. Du willst wirklich mit dem Riesenrad fahren? Seit wann hast du Spaß an so etwas?“ rief Methos ungläubig. „Ich interessiere mich eigentlich nicht dafür. Aber meine liebenswürdige Frau hat Spaß daran. Ich bin machtlos gegen diesen bittenden Blick aus diesen großen, schönen Augen. Was soll ich machen? Sie weiß eben, wie sie mich rum kriegt“, seufzte Kronos. „Sollen wir warten?“ fragte Caspian mißmutig, dem Kronos‘ Idee ganz und gar nicht gefiel. Ihm gefiel nicht, daß Kronos seiner Frau keinen Wunsch abschlagen konnte und dies auch noch vor seinen Brüdern offen zugab. Ja, wenn es um Sharee ging, war Kronos ein ganz anderer Mensch. Da nahm sein Wesen eine ganze andere und liebenswürdige Seite an. Etwas, was bei Kronos eigentlich nicht vorkam. „Ihr könnt warten, wenn ihr wollt. Aber ihr könnt auch zurückfahren. Das hier dauert sicher eine Weile.“ „Wir fahren zurück“, beschloß Methos, bevor irgend jemand etwas dagegen sagen konnte. „Bis später, Jungs“, sprach Kronos. Die drei Männer nickten und begaben sich auf den Heimweg. Mürrisch marschierte Kronos neben Sharee zum Riesenrad. Plötzlich blieb sie stehen. „Was ist denn jetzt schon wieder?“ seufzte er und sah sie an. „Wenn du eine so miese Laune hast, kannst du es gleich vergessen. Dann macht es mir keinen Spaß mehr. Ach, vergiß die Idee! Es war ein blöder Einfall“, sprach sie und drehte sich um. „Sharee, warte“, sprach Kronos und hielt sie auf. „Tut mir leid. Ich bin unausstehlich. Aber das ist eben nicht mein Ding.“ „Wenn es dir keinen Spaß mach, dann vergiß es.“ „Es macht dir Spaß. Also fahren wir auch.“ „Wirklich?“ „Ja, verdammt. Und jetzt komm endlich, bevor ich es mir anders überlege.“ Lachend warf Sharee ihr Haar zurück und hakte sich bei Kronos unter. Bald darauf schwebten die Beiden über den Boden. Kronos und Sharee hatten eine Gondel ganz für sich allein. Als sie am höchsten Punkt angekommen war, hielt die Gondel für einen Moment an. Die beiden Unsterblichen blickten auf das erhellte Bordeaux bei Nacht, das sich unter ihnen ausstreckte. Kronos zog Sharee eng an sich. „Hättest du das je für möglich gehalten? Diese moderne Welt?“ flüsterte sie und lehnte ihren Kopf gegen seine Schulter. „Nein. Die Zeiten ändern sich, Schätzchen. Das müßtest du doch wissen. Nationen kommen und gehen. Doch wir, die Unsterblichen, bleiben immer dieselben“, erwiderte er. „Manchmal ändern auch wir uns. Wünscht du dir die alte Welt zurück? Unsere Welt?“ hakte sie nach. Nachdenklich rieb Kronos sich das Kinn. „Manchmal“, antwortete er. „Und wann ist das?“ „Wenn du mich mal wieder nervst“, scherzte Kronos und drehte Sharee zu sich um. Zärtlich rieb er seine Nase an ihrer. „Ich verstehe, warum du Methos und Silas geholt hast, aber Caspian ... Du weißt, daß ich ...“, wechselte sie zögernd das Thema. „... Das du Angst vor ihm hast?“ beendete Kronos ihren Satz. Sie nickte leicht. „Wir haben nie darüber gesprochen“, stellte er fest. „Worüber?“ „Was er mit dir getan hat. Eigentlich habe ich es ja zu verantworten. Immerhin habe ich dich damals an Caspian weiter gegeben.“ „Nein, ich will nicht, daß du davon redest.“ „Sharee, ich ...“ Doch sie beugte sich vor und verschloß seine Lippen mit ihren. Dieses Thema war vergangen. Und ihre Ablenkung wirkte auch. Kronos umschlang sie mit seinen Armen und küßte sie wild. Er drückte sie an die Wand der Gondel. Zielsicher wanderten seine Hände unter Sharees Mantel. „Kronos ...“, flüsterte sie hilflos. „Nicht hier“, fügte sie energischer hinzu. „Wir sind allein“, erwiderte Kronos heftig und küßte sie leidenschaftlich. „Ja, schon, aber ...“ In diesen Moment setzte sich die Gondel wieder in Bewegung. Seufzend hob Kronos den Kopf. „Wir verschieben es auf später“, versprach er ihr mit einen wissenden Blick. Und Sharee wußte, er würde dieses Versprechen bald einlösen. Kronos hatte das schwarze Laken um sich geschlungen und sah auf seine Frau herab. Schön und nackt – so hatte er sie am liebsten. Er stützte sich auf seinen rechten Ellbogen und ließ den Blick in seiner typischen Weise über ihren Körper gleiten. Leicht zog er das Laken zur Seite. „Mir fällt gerade ein Gedicht von Swinburne ein. Es paßt zu dir, Süße“, murmelte er. „Seit wann kennst du Gedichte?“ witzelte Sharee. „Sei nicht so frech.“ „Wieso? Es stimmt doch. Du bist nicht der Typ Mann, der Gedichte kennt, Kronos.“ „Wenn es zu dir paßt ... schon.“ „Also, was für ein Gedicht ist es?“ fragte sie neugierig nach. „Ihr Gesicht war wie Honig für meine Lippen und ihr Körper eine Weide für meine Augen ...“ Amüsiert lachte Sharee. Während Kronos die Zeilen zitierte, streichelte er sie mit seinen Blicken. Und ihr Körper reagierte, als berührte er ihre Schultern, ihre Brüste, ihre Taille und ihre Schenkel. Kronos beugte sich über sie und küßte sie leidenschaftlich. „Ich glaube einfach nicht, daß ich noch immer so verrückt nach dir bin. Was machst du bloß mit mir? Kaum sehe ich meine Frau, verfalle ich in einen Zustand, denn ich selbst nicht glauben kann“, flüsterte Kronos an ihrem Ohr. „Sag mir, Liebste, wie machst du das?“ „Ich weiß es nicht, Kronos. Aber ist das nicht egal? Zeig mir, wer hier der Mann ist“, bat sie und streichelte seinen starken, stählernen Rücken. „Das höre ich gern, liebend gerne, meine Süße.“ Und er tat es. Erneut liebten sie sich leidenschaftlich. Sie vergaßen Raum und Zeit. Der Virus, die Wiedervereinigung der Reiter ... alles zählte für Kronos nicht mehr. Seine Frau in den Armen zu halten und zu sehen, wie entzückt sie von seinen Liebkosungen war ... das war alles, was er im Moment wollte. Später, als Sharee tief und fest schlief, wurde Kronos aufgeweckt. Ein Klopfen an der Tür und das altbekannte Gefühl stellte sich ein. Kronos schaltete die Lampe neben dem Bett ein und warf sich einen Bademantel über. Es war Methos, der vor seiner Tür stand. „Was willst du denn?“ brummte Kronos. „Du schläfst schon?“ fragte Methos verwundert und betrat einfach das Zimmer. Der Blick des alten Mannes glitt zum Bett und er entdeckte die schlafende Sharee und die Kleider, die davor lagen. Ein breites Grinsen huschte über seine Lippen. „Jetzt versteh ich auch warum“, sprach er. Kronos schloß die Tür hinter seinen Bruder. „Was willst du?“ seufzte er. „Ich wollte mit dir reden - über sie.“ Methos deutete mit dem Kopf in Richtung Sharee. „Was ist los? Hast du plötzlich eine Abneigung gegen sie entwickelt?“ fragte Kronos scharf und setzte sich auf die Bettkante. Methos schüttelte den Kopf. „Nein, ganz und gar nicht. Es ist nur ... Du bist so anders in ihrer Nähe. Ich kenne dich so nicht.“ „Wie soll ich das verstehen?“ knurrte der Anführer der vier Reiter abweisend. Er war nicht scharf darauf mit Methos über sein Eheverhältnis zu diskutieren. Methos räusperte sich. „Ich habe dich beobachtet, Bruder. Eigentlich bist du ein gnadenloser, brutaler Schlächter, ein Mörder und so weiter. Aber wenn Sharee in der Nähe ist, dann ... Du bist so fürsorglich und besorgt. Du blickst sie auch ganz anders an. Es ist nicht der Blick, den ich so gut an dir kenne. Die Kälte verschwindet und du entwickelst dich zum zärtlichen Ehemann“, erklärte Methos seine Beobachtungen. „Du täuscht dich“, winkte Kronos ab. Jedoch war Methos nicht bereit, einfach so aufzugeben. Er wollte wissen, was Sache ist. So leicht würde er das nicht auf sich beruhen lassen. „Nein, Kronos! Ich will es wissen. Bedeutet sie dir etwas?“ hakte Methos nach. „Natürlich tut sie das“, erwiderte er spontan. „Okay, ich stelle die Frage anders. Was bedeutet sie dir?“ Darüber mußte Kronos nachdenken. Er blickte auf das zarte Gesicht seiner Frau und unwillkürlich glitt ein Lächeln über seine Lippen. Kronos wußte, daß Methos diese Schwäche seinerseits bemerkte. „Ich will sie beschützen“, sprach er schließlich. „Beschützen? Ist das alles?“ fragte Methos mit einer hochgezogenen Augenbraue. „Ich bin besorgt um Sharee. Jemand könnte ihr den Kopf abschlagen.“ „Und was empfindest du bei diesen Gedanken? Sei einmal ehrlich, Kronos. Sei ehrlich zu dir selbst. Was würdest du tun, wenn ihr jemand den Kopf nimmt?“ Ein schwerer Seufzer entrang sich Kronos‘ Kehle. Er wußte, worauf das hinauslaufen würde. Und er war sich nicht so sicher, ob er sich Methos wirklich offenbaren wollte. Aber er wußte genau, wenn er es nicht tat, würde Methos ihn bis in alle Ewigkeiten nerven. „Panik“, sprach er schlicht. „Ich fühle Angst, wenn ich nur daran denke, jemand könnte Sharee endgültig töten.“ „Panik? Wovor? Vor dem plötzlichen Alleinsein?“ hakte Methos nach. Verneinend schüttelte Kronos den Kopf. „Nein, ich habe Angst davor, sie zu verlieren. Methos, sie ist schon so lange ein Teil meines Lebens. Ich weiß nicht mehr, was ich ohne sie getan habe, wie ich ohne sie gelebt habe. Natürlich hatten wir Phasen, wo wir uns vorübergehend getrennt haben. Und ich war immer froh, wenn sie wieder bei mir war. Ich will Sharee vor allen Gefahren beschützen. Ich will nicht, daß ihr etwas zustößt. Dafür habe ich sie geheiratet“, erklärte Kronos ungewöhnlich offen. „Doch jetzt ist dieser Grund nicht mehr das Wichtigste, richtig? Etwas anderes ist an seine Stelle getreten“, bohrte Methos weiter. „Da hast du Recht. Sie bedeutet mir unendlich viel. Diese Frau ist ein wichtiger Teil meines Lebens. Ich weiß nicht, womit ich sie verdient habe. Ich könnte ihr nie weh tun.“ „Du hast es aber getan“, erinnerte Methos in an die Zeit als Reiter, in der Bronzezeit. Kronos seufzte schwer. „Glaub mir, so blöd wie das klingt, ich werde es mir nie verzeihen. Es ist unglaublich, daß ich so daherrede, aber es ist so. Selbst ein Schlächter kann etwas empfinden“, sprach er ernst. „Etwas? Kronos, glaubst du nicht, daß es endlich an der Zeit ist, sich seinen Gefühlen zu stellen? Endlich erkennen, was man wirklich fühlt?“ bemerkte Methos. Kronos zuckte mit den Schultern. „Ich habe es schon erkannt“, murmelte er. „Nein, Kronos, hast du nicht. Du gibst zu, Sharee mehr als nur beschützen zu wollen. Aber es wird Zeit, daß du dich deinen Gefühlen stellst. Diese Frau hat es verdient. All die Jahrhunderte hat sie immer zu dir gehalten. Und das bedeutet eine Menge Mut. Sie hat es verdient, einmal von dir zu hören, was du wirklich für sie empfindest. Aber darüber mußt du dir erst selbst im Klaren werden“, warf Methos ein und ging zur Tür. „Ich weiß, was du wirklich für sie fühlst. Ich sehe es in deinen Augen, Kronos. Deine Augen verraten es einem. Und es wird Zeit, daß du es endlich selbst erkennst und den Mut findest, es auch auszusprechen.“ Die Tür fiel leise hinter Methos zu. Kronos fuhr sich durch sein kurzes Haar. Er blickte auf die geschlossene Tür, dann auf seine schlafende Ehefrau. Eigentlich hatte Methos Recht und das wunderte ihn nicht. Methos, sein ehemaliger Death, war ein sehr guter Beobachter. Er konnte einen an der Nasenspitze ansehen, was man dachte und fühlte. Lange blickte Kronos Sharee an. Ja, sie hatte es verdient, hatte verdient, wenn er es ihr endlich gestand. Doch er wollte es sich selbst nicht eingestehen. Es war seine größte Schwäche. Denn in all diesen Jahren und Jahrhunderten hatte sich sein Gefühl für Sharee drastisch verändert. Er hätte es nie für möglich gehalten, daß solche Gefühle in ihn existierten. Er wußte nicht einmal, wann und wie es geschehen war. Er wußte nur, es war geschehen. Und es war an der Zeit, sich die Wahrheit einzugestehen. Kronos hatte angefangen sie zu lieben ...
~ 12. ~ „Hast du schon die Zeitung gelesen?“ fragte Methos seinen Bruder. „Nein. Wieso?“ Methos reichte die Zeitung an Kronos weiter. „Explosion im Vergnügungspark“, las er laut. Ein zufriedenes Grinsen breitete sich auf seinen Gesicht aus. „Vom Virus steht kein Wort“, stellte er fest. „Gedulde dich etwas. Das braucht Zeit, bis sie das entdeckt haben.“ „Es wird Zeit für den zweiten Akt.“ „Das kommt noch, Kronos. Übe dich in Geduld, auch wenn es dir schwerfällt.“ „Das war noch nie meine Stärke, wie du weißt“, knurrte er. Methos wollte etwas darauf erwidern, doch das Rauschen in seinen Kopf ließ ihn seine Antwort vergessen. Sharee erschien in der Tür. Sie hielt eine duftende, heiße Tasse Kaffee in der rechten Hand. Methos‘ Blick glitt zu Kronos, da er sehen wollte, wie dieser auf seine Frau reagierte. Ein liebevolles Lächeln lag auf den Lippen des kalten Anführers. „Guten Morgen, Täubchen! Die Bombe ist wunderbar hochgegangen“, erzählte Kronos. „Und mein Virus?“ „Methos meint, es wird sich bald ausbreiten.“ „Methos‘ Pläne sind ja immer Kunstwerke. Wie könnte das schiefgehen?“ spottete Sharee und setzte sich neben Kronos. „Danke, meine Liebe“, gab Methos mit einer übertriebenen Handbewegung zurück. Kronos nahm seiner Frau die Kaffeetasse aus der Hand und trank einen Schluck. „Das ist meiner“, protestierte Sharee lautstark. „Wir teilen alles.“ Sie verzog die Lippen zu einen schiefen Grinsen und nahm ihren Mann die Tasse ab. „Es gibt noch Kaffee. Du brauchst nur runter gehen. Er ist sogar noch heiß.“ „Bring mir eine Tasse“, forderte Kronos sie ruhig auf. „Hol sie dir selbst. Ich bin nicht dein Dienstmädchen.“ „Leute, störe ich?“ mischte sich Methos ein. „Ich kann gehen, wenn ihr allein sein wollt.“ „Ist schon okay. Methos, daran mußt du dich gewöhnen“, sprach Sharee. „Da gebe ich dir Recht, Liebes. Bei Ehepaaren ist das nunmal so. Sie streiten wegen jeder Kleinigkeit“, stichelte Kronos. Sharee verzog die Lippen zu einen schiefen Lächeln. „Da muß ich dich korrigieren. Mit dir streitet man wegen jeder Kleinigkeit. Jedes kleine Detail bringt dich auf die Palme“, behauptete sie. Kronos brummte eine unverständliche Antwort. „Ach komm, Süßer, du wirst doch nicht beleidigt sein“, lachte sie. „Du bist ein ganz schön freches Biest.“ „Tja, daß muß ich wohl sein. Immerhin brauche ich starke Nerven, wenn ich deine Frau bin und mit dir schon solange durch die Gegend ziehe“, teilte sie ihm mit. Darauf erwiderte Kronos nichts. Methos wußte, daß dies der perfekte Zeitpunkt war. Er erhob sich und ging zur Tür. „Ich sehe mal nach Cassandra. Ich denke, es ist besser, wenn ich euch allein lasse. Denn ich glaube, Sharee, daß dein lieber Mann, der mir gerade einen tödlichen Blick zuwirft, dir noch etwas wichtiges zu sagen hat“, scherzte Methos und ignorierte den grimmigen Blick seines Bruders. „Habe ich das?“ fragte Kronos. „Denk an unser Gespräch. Sag es ihr. Es wird Zeit.“ Mit diesen Worten ließ Methos das unsterbliche Ehepaar allein. „Wovon spricht er?“ fragte Sharee verwundert. Kronos setzte sich auf den Tisch, der vor Sharee stand, und blickte ihr in die Augen. „Ich kann selber nicht glauben, daß es so gekommen ist“, begann er. „Wovon redest du, Kronos?“ Er blickte sie ernst an. So ernst war er selten, daß wußte Sharee. Dadurch war ihr klar, daß es sich um etwas sehr wichtiges handeln mußte. Sie stellte die Tasse auf die Seite und sah ihren Mann erwartungsvoll an. „Was ist los?“ hakte sie nach. „Erinnerst du dich an den Grund, warum ich dich geheiratet habe?“ „Ja, weil wir viel Spaß zusammen hatten und du mich beschützen wolltest.“ Bejahend nickte Kronos. „Heute ist dies nicht mehr der wichtigste Grund für mich.“ „Was meinst du?“ Sharee kam auf einmal ein schrecklicher Verdacht. „Kronos, willst du die endgültige Trennung? Willst du die Scheidung?“ fragte sie zögernd. Verblüfft blickte Kronos seine Frau an. Wie kam sie denn auf diesen absurden Gedanken? „Gott, nein! Ich habe noch nie einen Gedanken an eine Scheidung verschwendet. Ich würde sterben, wenn ich mich von dir trennen würde“, gab er freimütig zu. „Aber ... wovon redest du dann?“ „Ich dachte immer, daß Wichtigste in meinen Leben wäre die Existenz der vier apokalyptischen Reiter. Jetzt, wenn ich so zurückblicke, sehe ich ein, daß ich mich getäuscht habe. Ich habe eingesehen, daß es für mich wichtigeres gibt. Das es nicht die Vereinigung der vier Reiter, ist, die mich jeden neuen Tag glücklich macht.“ „Sondern?“ fragte Sharee erwartungsvoll. Langsam wurde ihr klar, wovon Kronos sprach, worauf er hinauswollte. So offen hatte er noch nie über seine Empfindungen gesprochen. Es war ihr neu, daß er plötzlich anfing, mit ihr über seine Gefühle zu sprechen. Ihr gefiel diese Wandlung. Vielleicht würde aus ihm doch noch ein richtiger Ehemann werden. Nicht, daß er das nicht war, aber sie hatte es immer als enttäuschend empfunden, daß er nie über seine Gefühle sprach. Sie hatte es aber akzeptiert, daß es einfach zu seinen Wesen gehörte, und nicht weiter nachgebohrt. Kronos griff nach ihrer Hand. „Du“, antwortete er schlicht. Er blickte ihr in die Augen. „Sharee, du bist es, die mich jeden neuen Tag glücklich macht. Wenn ich morgens aufwache und dich sehe ... die Welt könnte untergehen, ich würde es wahrscheinlich nicht einmal bemerken.“ „Ist das wahr?“ fragte Sharee leise nach. Kronos nickte langsam. Es fiel ihm nicht leicht, ihr das zu sagen. Es fiel ihm schon schwer, es selbst zu glauben. Aber nun hatte er damit angefangen. Jetzt gab es keine Rückkehr mehr. „In all diesen Jahren und Jahrhunderten bist du immer wichtiger für mich geworden, unendlich wichtig. Ich würde jeden töten, der dir etwas antun will. Derjenige, der dir den Kopf nimmt ... er würde nicht lange überleben. Denn ich würde ihn bis in alle Ewigkeiten verfolgen, daß schwöre ich. Aus diesem Beschützerinstinkt ist mehr geworden, viel mehr. Dieser Grund zählt nicht mehr für mich. Etwas anderes ist an seine Stelle getreten. Etwas, was jetzt tausend Mal wichtiger ist für mich.“ „Die Reiter“, warf Sharee ein. „Nein, Süße“, sprach Kronos kopfschüttelnd. „Die Reiter, der Virus ... es zählt nicht. Im Vergleich mit dir zählt es überhaupt nicht. Da verliert alles seine Bedeutung.“ „Was willst du mir sagen? Worauf willst du hinaus?“ „Ich kann selber nicht glauben, daß ich so empfinde, aber es ist passiert. Ich kann nicht sagen, wann oder wie. Ich kann nicht einmal glauben, daß ich dazu überhaupt in der Lage bin. Aber ich kann mit Bestimmtheit sagen, es ist geschehen.“ „Was meinst du?“ wiederholte Sharee ihre Frage. Kronos blickte seiner Frau tief in die Augen. „Mit einem hat Methos Recht. Du warst immer da, hast immer zu mir gehalten. Du verurteilst mich nicht für das, was ich bin. Du hast es verdient. Du hast es verdient, daß ich mich dazu bekenne und es dir endlich sage.“ „Wovon redest du, Kronos? Mach es nicht so spannend. Sag es endlich“, forderte sie ihn auf. „Sharee, ich weiß nicht, wie es geschehen ist, aber ... ich liebe dich“, gestand Kronos schließlich. Entsetzen und Überraschung spielten sich in Sharees Blick wider. Sie konnte nicht glauben, daß er wirklich so fühlte, daß er es aussprach. „Du liebst mich?“ flüsterte sie. „Ja, wann es geschehen ist ... ich weiß es nicht. Aber wenn Methos es mit einen Blick erkennt, sollte ich endlich dazu stehen. Du hast es verdient, Darling“, meinte er und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Kronos, ist das wirklich wahr? Spiel nicht mit diesen Worten. Ich kenne deine Vorliebe für solche Spielchen“, sprach Sharee zögernd. „Es ist kein Spiel. Es ist mein voller Ernst. Ich empfinde wirklich so. Wenigstens einmal sollte ich es dir sagen, aber gewöhne dich daran nicht, denn es wird nie mehr vorkommen.“ „Es genügt, daß du es mir einmal gesagt hast. Oh Kronos, du weißt gar nicht, was mir das bedeutet“, sprach sie. „Kronos, ich habe dich jedes einzelne Jahr unserer Ehe geliebt. Doch ich hätte niemals gedacht, daß du eines Tages genauso empfindest.“ Er beugte sich vor und küßte sie. Sharee legte ihre Arme um seinen Nacken und genoß diesen so kostbaren Moment. Ein Mann wurde ins Krankenhaus eingeliefert. Er hustete stark, schwitzte schwer und litt unter starken Schmerzen. „Was ist geschehen?“ fragte Dr. McKormy. „Er ist zusammen gebrochen. Er ist bei der Spurensicherung hat die Explosion im Park untersucht. Plötzlich ist er mitten während der Arbeit zusammen gebrochen. Heute Früh war er noch kerngesund“, erklärte der Polizist, der seinen Freund begleitete. „Bringt den Mann in die Zwei“, befahl der Arzt. „Wir werden schon rauskriegen, was mit ihm los ist. Keine Sorge, wir tun, was wir können“, beruhigte Dr. McKormy den Polizisten und ging zu seinen Patienten. Die Ärzte kämpften lange um das Leben des Mannes. Sie konnten seinen Zustand etwas stabilisieren, konnten aber nicht sagen, welche Behandlung ihm helfen würde. Sie konnten nicht erklären, woran der Mann litt. Es war ihnen neu. Die Symptome paßten einfach nicht zusammen. Und es gab keine Erklärung dafür, warum ein gesunder Mann einfach so zusammenbrach. Sie standen vor einen Rätsel. Woran war der Mann erkrankt? Cassandra langweilte sich. Sie hoffte, daß Duncan bald kam, um die Reiter aufzuhalten. Sie hing ihren Gedanken nach, als sich plötzlich das Rauschen in ihren Kopf einstellte. Cassandra blickte auf und entdeckte Methos. „Hast du Lust nach ein wenig Gesellschaft?“ fragte er. „Danke, auf deine kann ich verzichten“, zischte Cassandra. Methos ignorierte das und setzte sich neben den Käfig. „Du wirst überleben, daß verspreche ich dir“, flüsterte er. „Ich bin nicht daran interessiert, was du mir versprichst“, gab sie bitter zurück. Methos schüttelte den Kopf. Nach wie vor war sie so uneinsichtig. „Verstehst du nicht? Kronos wird dich töten, wenn das hier vorbei ist. Ich bin der Einzige, der dich schützen kann“, sprach er eindringlich auf sie ein. „Du? Du hast doch selbst eine Riesenangst vor Kronos“, stieß Cassandra verächtlich aus. Methos erhob sich und watete durch das knöchelhohe Wasser. „Begreifst du nicht die Gefahr, in der du dich befindest? In der wir alle uns befinden, Cassandra? Ich kann nicht gegen Kronos kämpfen. Er würde mich töten.“ „Deshalb beschließt du, wieder in seinen Team mitzuspielen“, bemerkte sie trocken. „Ich will nur überleben und tue, was dafür nötig ist“, erwiderte er schlicht. „Auch wenn dafür unschuldige Menschen draufgehen?“ Methos schluckte schwer und nickte leicht. „Ja“, sprach er ernst. „Du hast dich kein Stück verändert“, spie Cassandra ihm entgegen. „Du bist noch immer eine mordende Bestie – so wie deine Brüder. Wenn Kronos verlangt, daß du töten sollst ... tust du es auch?“ Methos blickte ihr in die Augen, lange, und sprach kein Wort. „Es ist besser, wenn ich gehe. Ich bin hergekommen, weil ich dich schützen wollte, aber wenn du meine Hilfe nicht willst oder mir nicht glaubst ... kann ich dir auch nicht helfen. Mit deiner Ignoranz hast du dir dein eigenes Grab geschaufelt“, brach er schließlich das Schweigen zwischen ihnen und ließ sie allein. Cassandra sah ihm mit harten Gesichtsausdruck nach. Sie brauchte seine Hilfe nicht, war darauf nicht angewiesen. Duncan würde sie befreien. Er würde sie finden. Duncan befand sich auf der Suche nach Cassandra, doch das gestaltete sich als schwieriger, als er gedacht hatte. Die Reiter hatten sich ein gutes Versteck ausgesucht, denn sie waren unauffindbar. Der Schotte telefonierte mit seinen Beobachter. Obwohl er wütend war, durfte er sich davon nicht leiten lassen. Nur wenn er einen kühlen Kopf behielt, hatte er eine Chance gegen Kronos und seine Brüder. „Wo könnten Sie sein, Joe?“ fragte er. „Ich weiß es nicht“, gestand Joe leise. Es war ihm unangenehm, daß er Duncan keine große Hilfe war. Jedenfalls nicht so eine Hilfe, wie der Schotte es von seinen Beobachter gewohnt war. „Das kann doch einfach nicht wahr sein“, fluchte Duncan. „Tut mir leid, aber wir haben auf keinen der Reiter einen Beobachter angesetzt.“ Duncan hörte, wie Joe an seinen Computer arbeitete. „Warum macht Methos das?“ „Kann ich dir nicht sagen. Hast du schon mal daran gedacht, daß er nur sein überleben sichern will?“ meinte Joe. „Nein, daß glaube ich nicht. Diese Explosion im Park geht auf Kronos‘ Konto, dessen bin ich mir sicher. Sag mal, Joe, was machst du da eigentlich?“ fragte Duncan, da das Getippe, das er am anderen Ende der Leitung hörte, nicht aufhörte. „Ich hab hier etwas gefunden. Geh hinunter zur Rezeption. Frag, ob du das Fax benutzen darfst. Dann schicke ich dir was, was dich sicher interessieren dürfte.“ „Okay, ich ruf gleich wieder an“, meinte Duncan und legte auf. Er verließ sein Zimmer und suchte die Rezeption auf. „Entschuldigung?“ sprach er die ältere Dame hinter dem Tresen an. „Ja?“ „Könnte ich Ihr Faxgerät für einen Moment benutzen? Ich erhalte eine dringende Nachricht“, sprach er und schenkte der Frau sein charmantestes Lächeln. „Natürlich. Kommen Sie nur.“ Duncan trat hinter die Rezeption. Er holte sein Handy hervor und rief Joe an. Duncan gab ihm die Nummer des Faxgeräts durch. „Was schickst du mir überhaupt?“ fragte Duncan neugierig nach. „Wirst du gleich sehen. Das ist äußerst interessant.“ Das Faxgerät arbeitete und spuckte ein Blatt Papier aus. Duncan stutzte, als auf dem Papier ein Foto von einer jungen, hübschen Frau zu sehen war. Damit hatte er nun nicht gerechnet. „Was soll das, Joe?“ fragte er in den Hörer und verließ die Rezeption. Er nickte der älteren Dame freundlich zu und stieg die Treppe zu seinen Zimmer hinauf. „Ihr Name ist Sharee. Sie ist wie du unsterblich.“ „Und? Was hat sie mit dieser ganzen Sache zu tun?“ „Über sie kommst du womöglich an Kronos ran“, teilte Joe seinen Schützling mit. „Wie meinst du das? Ich sehe an ihrem Alter, daß sie ungefähr so alt wie Cassandra ist. Aber, was zum Henker, hat sie mit Kronos und seinen Brüdern zu tun? Joe, ich habe keine Zeit für solche Spielchen. Die Sache ist wirklich ernst. Sag mir, wer ist sie oder laß es einfach bleiben“, sprach der Schotte ungeduldig. „Lies dir mal ihre Daten durch. Sharee hatte einmal einen Beobachter. Das ist schon ein paar Jahre her. Er wurde getötet. Aber lies, was er über sie herausgefunden hat. Das ist eine Sensation, die ich nicht glauben kann.“ Duncans Blick glitt über die Informationen, die neben dem Foto abgedruckt waren. Dann erstarrte er plötzlich. „Nein, daß kann nicht sein“, flüsterte er. „Sie ist ...“ „... Die Ehefrau von Kronos. Er ist verheiratet“, stellte Joe klar. „DER ist verheiratet?“ fragte Duncan perplex. Das konnte er sich nicht vorstellen. Kronos, dieser Schlächter, und verheiratet? Das paßte doch gar nicht zusammen. „Unglaublich, nicht wahr?“ „Allerdings.“ „Der Beobachter von Sharee konnte nicht raus finden, wie lange Kronos schon verheiratet ist, aber er hat angenommen, daß es schon eine ganze Weile war.“ „Du hast gesagt, er wurde getötet. Von wem?“ „Kronos. Als er erfahren hat, daß jemand hinter ihr her ist, hat er ihn aufgespürt und getötet. Da hat er auch erfahren, daß es Beobachter gibt“, klärte Joe den Schotten auf. „Er wußte es also, als er Methos aufgesucht hat?“ „Ja, er wußte es“, bestätigte der Beobachter. „Du glaubst, Kronos würde sich auf einen Handel einlassen? Wenn ich Sharee finde?“ hakte Duncan nach. „Ich sage nur, über sie kommst du an Kronos ran. Was du mit dieser Information letztendlich anstellst, bleibt dir überlassen. Ich weiß nichts davon – wie immer. Du kennst das ja schon, Duncan“, sprach Joe. Duncan nickte, obwohl er wußte, daß sein Beobachter es nicht sehen konnte. „Übrigens mag Sharee Blumen, sogar sehr. Also ist es wahrscheinlich, daß sie den großen Blumengarten in Bordeaux aufsucht. Vielleicht findest du sie dort.“ „Danke, Joe.“ Duncan legte auf. Das alles war äußerst interessant. Er machte sich sofort auf den Weg. Vielleicht hatte er wirklich Glück und er fand Kronos‘ Ehefrau im Blumengarten, so wie Joe gesagt hatte. Joe hatte Recht. Über Sharee kam er an Kronos ran. Wenn er Kronos aufspüren wollte, mußte er zuerst dessen Frau finden.
~ 13. ~ Fassungslos schüttelte Dr. McKormy den Kopf. Innerhalb der letzten Stunden waren noch vier weitere Mitarbeiter der Polizei eingeliefert worden. Sie hatten dieselben Symptome wie der Polizist, der als erstes eingeliefert worden war. Der Arzt war sich sicher, daß es mit dem Brunnen zusammenhing. Diese Meinung teilte er mit der Polizei, die das Wasser bereits untersuchen ließ. Und während man sich beeilte, ein Ergebnis zu bekommen, starben die Patienten Dr. McKormy unter den Händen weg. Der erste Patient war vor einer guten Stunde verstorben. Alles Wiederbelebungsmaßnahmen hatten nicht geholfen. Es war zum verzweifeln. Woran litten diese Menschen und was hatte eine so schnelle, intensive Wirkung? Caspian hatte in der U-Boot-Station das Radio eingestellt. Zufrieden hörten die Reiter die Nachricht über die infizierten Menschen, die mit seltsamen Anzeichen ins Krankenhaus eingeliefert worden waren. „Der Virus wirkt“, sprach Caspian. „Hast du daran gezweifelt? Sharee hat nun einmal viel Ahnung auf diesen Gebiet. Sind Methos und Silas schon unterwegs?“ fragte Kronos. „Ja, wie du verlangst hast.“ „Gut. MacLeod freut sich sicher. Um auf den Virus zurück zu kommen ... Ich habe eine gute Wirkung erwartet. Aber das er so schnell bei einen einzelnen Menschen wirkt, überrascht mich doch etwas. Ich muß Sharee danken, wenn sie wieder da ist.“ „Wo ist sie überhaupt?“ fragte Caspian mürrisch. Obwohl es ihm nicht gefiel, daß Kronos verheiratet war und eine Frau jetzt ein wichtiger Teil seines Lebens war, hatte er sich gefügt. Er mußte es akzeptieren. Kronos hätte sein unpflegelhaftes Verhalten seiner Frau gegenüber nicht länger geduldet. „Sie brauchte frische Luft. Dieses stinkende Loch, wie sie es genannt hat, geht ihr auf die Nerven“, sprach Kronos lächelnd. „Und du läßt sie einfach gehen?“ „Ich weiß, wo sie ist, ohne nachzufragen. Sharee zieht es zu den Blumen. Sie sucht den großen Blumengarten auf, den es hier gibt“, erklärte Kronos ruhig. „Wie kann sie Blumen mögen? Immerhin ist sie mit dir verheiratet“, bemerkte Caspian. Kronos lachte laut. „Sie ist eine Frau, Caspian. Frauen mögen nun einmal Blumen. Das müßtest du doch wissen. Immerhin lebst du schon lang genug.“ Kronos warf einen Blick auf seine Armbanduhr. „Aber du hast Recht. Sie ist schon lange fort. Ich gehe sie besser suchen.“ „Glaubst du, ihr ist etwas passiert?“ Verneinend schüttelte Kronos den Kopf. „Sharee kann sich gut selbst verteidigen. Aber ich weiß sie gern in Sicherheit. Immerhin ist sie meine Frau. Bis später, Caspian. Und sei brav. Methos und Silas werden heute Abend zurück sein.“ Kronos nahm die Autoschlüssel an sich und verließ die U-Boot-Station. Sharee ging langsam durch den großen Blumengarten in Bordeaux. Es war schönes Wetter und die Menschen suchten an einen solchen Tag den Garten besonders gern auf. Sie fühlte sich im Augenblick außerordentlich glücklich. Kronos‘ Geständnis, daß er sie liebte, hatte ihr einen großen Schub an Energie verpaßt. Niemals hätte sie es für möglich gehalten, aber er hatte es getan. Er hatte ihr seine Liebe gestanden. Und Sharee wußte, er würde es ihr nie mehr sagen. Es genügte, daß sie es einmal von ihm gehört hatte. Das war mehr, als sie jemals von ihm erwartet hatte. Ein leichtes Lächeln huschte über ihre Lippen und sie ging weiter. Sie war froh, daß Kronos Caspian die Leviten gelesen hatte. An Kronos‘ Seite war sie stark geworden, doch sie hatte nach wir vor keine Sympathie für Caspian. Dank Kronos ließ er sie endlich in Ruhe. Der Buzz erfaßte sie ohne Vorwarnung. Aufmerksam blickte sich Sharee um. Ein Mann kam auf sie zu. Er schien sie zu kennen, doch er war ihr völlig fremd. Sie hatte ihn noch nie zuvor gesehen. „Sharee?“ fragte er. Sie war auf der Lauer. Obwohl sie hier nicht kämpfen konnten – aufgrund der vielen Menschen um sie herum. „Wer sind Sie?“ fragte sie mißtrauisch. „Ich bin Duncan MacLeod“, stellte er sich vor. „Sieh mal einer an, der Freund von Methos. Er hat von Ihnen erzählt. Was wollen Sie von mir?“ „Mit Ihnen sprechen. Es geht um Kronos“, erklärte er ruhig. „Tut mir leid, aber ich habe keine Zeit für Sie.“ Sharee entfernte sich von ihm. „Ich weiß, daß Sie seine Frau sind“, rief Duncan ihr nach. Wie vom Blitz getroffen blieb sie stehen. Woher konnte er das wissen? Das war doch nicht möglich. Mit hastigen Schritten kam sie zu ihm zurück. „Woher?“ zischte sie. „Von einem Freund. Er ist Beobachter.“ „Ein Beobachter? Wieder einmal. Das überrascht mich gar nicht. Warum können die uns nicht in Ruhe lassen“, fluchte Sharee. „Lassen Sie uns reden, bitte“, sprach Duncan nachdrücklich. „Sie haben fünf Minuten, Mr. MacLeod. Aber Sie wissen, daß ich Kronos alles erzähle werde, oder? Und Sie wissen sicher auch, daß er Sie töten wird, wenn er davon erfährt“ sprach sie herausfordernd. „Dessen bin ich mir bewußt“, gab Duncan schlicht zurück. „Und trotzdem wollen Sie dieses Risiko eingehen? Entweder sind sie sehr mutig oder äußerst dumm“, bemerkte Sharee. „Es geht hier um Cassandra. Sie ist meine Freundin und ich sorge mich um ihr Leben.“ „Und was geht mich das an?“ Duncan breitete die Hand aus. „Lassen Sie uns ein Stück gehen“, schlug er vor. Sharee nickte und die beiden Unsterblichen setzten sich in Bewegung und gingen an den prächtigen Blumenanlagen vorbei. „Ich weiß, daß Ihr Mann sie entführt hat. Was hat er mit Cassandra vor? Was hat er überhaupt vor?“ Sharee lachte amüsiert. „Glauben Sie im Ernst, ich würde Ihnen das sagen? Wenn Sie das glauben, sind sie wirklich dümmer als Methos Sie beschrieben hat.“ Mit ernster Miene blieb Duncan stehen. „Ich glaube nicht, daß Sie mir sagen werden, was Kronos vorhat. Immerhin sind Sie mit ihm verheiratet, aus welchem Grund auch immer. Aber glauben Sie mir, er wird Sie nicht glücklich machen.“ „Sie wissen nicht, wie lange ich schon mit ihm verheiratet bin, oder?“ fragte Sharee unvermittelt. „Nein.“ „Dann werde ich es Ihnen sagen, Mr. MacLeod. Seit dem alten Ägypten, um genau zu sein, seit dreißig vor Christus.“ Duncans Augen weiteten sich vor Überraschung. Mit dieser Information hatte er nicht gerechnet. „So lange?“ hakte er nach. Sharee nickte leicht. „Ja, und davor war ich in der Bronzezeit seine Sklavin. Ich kenne Kronos schon eine sehr lange Zeit, seit Beginn meiner Unsterblichkeit. Ich kenne ihn besser als er sich selbst. Ich bin mir sicher, daß Sie das nicht verstehen können und das erwarte ich auch gar nicht. Aber ich weiß, wer Kronos wirklich ist. Ich kenne ihn und kann Ihnen sagen, daß Sie verloren sind. Ihr seit alle verloren“, sprach Sharee und drehte sich um. Langsam ging sie davon. Duncan war nicht bereit, einfach so stehen gelassen zu werden. Er wollte – nein, mußte – mit ihr reden. Sie war vielleicht Cassandras einzige Chance in Kronos‘ Gefangenschaft zu überleben. Er wollte sie zurückhalten – wenn nötig, würde er dafür sogar Gewalt anwenden. Sie war die Einzige, die ihn zu Kronos und damit auch zu Cassandra führen konnte. Sie war das Einzige, das Kronos wirklich etwas bedeutete. Er wollte sie zurückrufen als das altbekannte Gefühl sich einstellte. Und im nächsten Moment tauchte auch schon ein in Leder gekleideter Mann auf. Es war Kronos. Er kam Sharee entgegen und warf Duncan einen finsteren Blick zu. Kronos griff nach der Hand seiner Frau und küßte die Oberfläche. „Was will er von dir?“ fragte er und deutete verächtlich mit dem Kopf in Duncans Richtung. „Was glaubst du denn?“ gab Sharee zurück. Kronos blickte Duncan an, der mit eisiger Miene zu ihnen kam. „Laß meine Frau in Ruhe, MacLeod“, sprach Kronos scharf. „Wo ist Cassandra?“ fragte Duncan ruhig. Ein kaltes Grinsen huschte über Kronos‘ Lippen. „Du wirst bald von deiner Süßen hören, daß verspreche ich. Keine Sorge, sie lebt noch.“ Kronos legte einen Arm um Sharees Taille. „Gehen wir, Liebling“, sprach er und sie gingen langsam davon. „Kronos!“ Der Ruf des Schotten ließ den Mann zurückblicken. „Ich werde dich töten, daß schwöre ich. Nichts und niemand kann mich davon abhalten.“ „Tja, dafür müßtest du erst einmal rauskriegen, was für einen Plan ich habe. Weißt du was? Wärst du so schlau, wie Methos sagt, wüßtest du es schon längst. Dann wüßtest du, was bereits geschehen ist. Aber das ist erst der Anfang. Und wenn du Sharee noch einmal zu nahe kommst, beende ich es gleich hier, obwohl ich noch keine Lust auf deinen Kopf habe. Aber der Zeitpunkt wird schon noch kommen, MacLeod“, versprach Kronos. Die beiden Unsterblichen ließen Duncan stehen. Er war wie vor dem Kopf gestoßen. Was meinte Kronos damit, etwas sei bereits geschehen, was auf sein Konto ging? Die Opfer häuften sich und Dr. McKormy war machtlos dagegen. Sein Team wußte einfach nicht, was es tun sollte, wie sie ihren Patienten helfen konnten. Niemand wußte, was all diese Menschen überhaupt getötet hatte. Es waren alles Polizisten und Mitarbeiter der Spurensicherung. Alles Menschen, die mit der Explosion im Park zu tun hatten. Für den Arzt stand fest, daß in diesen Brunnen etwas sein mußte, was eine tödliche und schnelle Wirkung hatte. Irgend etwas, was die Menschen infizierte und nach mehr als achtundvierzig Stunden des Leids tötete. Es mußte ein unbekannter Virus sein. Der Arzt rief das Tropeninstitut an. Obwohl er wenig Hoffnung hatte, daß sie ihm weiterhelfen konnte. Alle waren mit den Nerven am Ende. Was ging hier bloß vor? „Woher wußtest du, daß MacLeod mich aufsucht?“ fragte Sharee im Wagen. „Ich wußte es nicht. Aber du warst lange weg und ich habe mir Sorgen gemacht. Ich wollte einfach sicher gehen, daß du in Ordnung bist, Täubchen. Was genau wollte er von dir?“ Sharee lachte leicht. „MacLeod wollte wissen, wo du Cassandra fest hältst und was du vorhast. Er wußte, daß ich deine Frau bin. Er wußte aber nicht, daß ich schon eine so lange Zeit mit dir verheiratet bin. Aber diese kleine Lücke habe ich schnell geschlossen.“ Kronos lachte. „Das dachte ich mir. Das war den Beobachtern schließlich nicht bekannt.“ „Du meinst, er weiß es wirklich von seinen Beobachter? Das mit uns?“ Kronos nickte und fädelte den Wagen in den Verkehr ein. „Allerdings. Methos erzählte, daß MacLeod ein sehr freundschaftliches Verhältnis zu seinen Beobachter hat. Von diesem Beobachter ... Dawson heißt er, glaube ich ... hat er auch erfahren, wo die Jungs sind und wo du bist. Um genauer zu sein, hat er es von den Daten dieses Beobachters.“ „Verstehe.“ „Keine Sorge, Methos kümmert sich bereits um das Problem.“ „Und was ist mit meinen Virus?“ wechselte Sharee das Thema. „Er funktioniert gut. Bald kommt der zweite Akt.“ „Darauf freue ich mich schon.“ Kronos griff nach ihrer Hand und küßte die Fingerspitzen. „Ohne dich wäre es niemals möglich gewesen“, meinte er und grinste zufrieden. Alles verlief genau nach Plan.
~ 14. ~ Nachdenklich stieg Duncan aus seinen Wagen. Noch immer kreisten seine Gedanken über das, was Kronos gesagt hatte. Was hatte er damit gemeint, sein Plan hatte schon längst begonnen? Duncan betrat die Empfangshalle des Hotels. Im Hintergrund liefen die Nachrichten im Fernsehen. Als von unerklärlichen Todesfällen berichtet wurde, wurde Duncan hellhörig. Schweigend sah er sich die Nachrichten an. Und da wurde ihm klar, was der Plan von Kronos war. Er wollte das herauf beschwören, was die Menschheit am meisten fürchtete: Die Apokalypse. Und mit Hilfe eines unbekannten Virus, so schien es Duncan, wollte er das erreichen. Ich muß das verhindern, dachte Duncan entschlossen und ging auf sein Zimmer. Rastlos lief er auf und ab. Warum machte Methos bei so etwas mit? Er mußte doch wissen, daß dabei Hunderte – womöglich Tausende – von unschuldigen Menschen sterben würden. Wie konnte er das tun? Wie konnte er sich bei diesen Vorhaben beteiligen und eine Katastrophe riskieren – nur um sein Leben zu retten? Oder fühlte er sich wirklich befreit und hatte sich freiwillig wieder mit Kronos zusammen getan? Ich muß Joe anrufen, dachte Duncan. Einerseits brauchte er jetzt einen Freund, mit dem er reden konnte. Und andererseits wußte Joe vielleicht etwas über diesen unerklärlichen Virus. [Paris, Joes Wohnung Das Telefon klingelte. Im selben Moment ertönte auch ein Klopfen an der Tür. Joe seufzte schwer und entschloß sich, an die Tür zu gehen. „Ich komme ja schon“, rief er und öffnete. Joe erstarrte regelrecht. Vor ihm standen Silas und Methos. Augenblicklich wurde ihm bewußt, daß sie hier waren, weil er Duncan geholfen hatte. Kronos hatte sie geschickt. Es sollte eine Strafe dafür sein, daß er seinen Schützling verraten hatte, wer Sharee war und welche Rolle sie in Kronos‘ Leben spielte. Oh mein Gott, dachte Joe und schluckte schwer. Der Beobachter sah das wilde Funkeln in Methos‘ Augen. Er war fest entschlossen Kronos‘ Befehl durchzuführen und ihn zu töten. Brutal stieß Methos Joe in die Wohnung zurück. Hinter Silas fiel die Tür ins Schloß. „Hallo Joe“, sprach der alte Mann gefährlich. Er erschien seinen Gegenüber kalt, aber auch gelassen. „Methos“, erwiderte Joe monoton. „Methos, ich bitte dich! Tue es nicht. Wir sind doch Freunde.“ „Wir waren Freunde. Du hast Duncan verraten, daß Kronos eine Frau hat. Das hat ihm gar nicht gefallen. Er mag es nicht, wenn man ihm hinterher schnüffelt“, wies Methos ihn zurecht und zog eine Waffe mit Schalldämpfer hervor. Panische Angst breitete sich in Joes Körper aus. Er wird mich töten, dachte er schockiert. Es ging Methos nicht mehr darum zu überleben. Es ging ihm darum diese Macht wieder diese Macht zu spüren, die ein Reiter besaß. Er schien es zu lieben, wieder so zu sein, wie er es einst gewesen war. Methos wandte sich Silas zu. „Halte vor der Wohnung Wache! Ich traue Joe und seinen Freunden nicht. Würde mich nicht überraschen, wenn Richie oder sogar der Highlander persönlich hier auftaucht.“ „Okay“, sprach Silas nickend, verließ die Wohnung und postierte sich vor der Tür. Methos ging zur Tür und schloß ab. Er wollte auf Nummer sicher gehen. Niemand sollte ihm bei seinen Vorhaben in die Quere kommen. „Methos, bitte, tue es nicht. Ich ...“ „Ich habe nicht vor dich zu töten“, fiel Methos ihm ins Wort. „Nicht?“ fragte Joe überrascht. „Nein. Kronos wollte Caspian und Silas schicken, doch ich habe mich freiwillig gemeldet, weil ich deine einzige Chance bin.“ „Meine einzige Chance?“ murmelte Joe verwirrt. „Ja, deine einzige Chance zu überleben.“ „Du spielst ein gefährliches Spiel, Methos“, meinte Joe, als der Unsterbliche in die Küche ging und sich dort umsah. Joe hatte es endlich verstanden. Methos hatte sich Kronos nur angeschlossen weil er überleben wollte. Wäre es nicht so, hätte er ihn schon längst getötet – ohne jeglichen Skrupel. Methos war noch immer der Mann, den Duncan und er kannten. In diesen Augenblick kam der Unsterbliche mit einer Flasche Tabascosoße zurück. „Was hast du damit vor?“ „Ich rette dein verdammtes Leben, Joe.“ „Du spielst mit dem Feuer, Methos. Wenn Kronos dahinter kommt, wird er dich töten. Du spielst ein doppeltes Spiel.“ „Du verstehst nicht, Joe“, bemerkte Methos. „Wenn ich mich Kronos nicht wieder angeschlossen hätte, hätte er mich getötet. Ich habe keine Chance gegen ihn – nicht im Kampf.“ „Du willst ihn besiegen?“ warf Joe fassungslos ein. „Ich habe nur eine ernsthafte Chance gegen Kronos, wenn ich von innen her gegen ihn arbeite. Er würde nie glauben, daß ich ihn hintergehe und gegen ihn arbeite. Mir traut er einen Verrat nicht zu. Kronos vertraut mir. Er glaubt, ich stehe wieder auf seiner Seite und bin froh, daß er mich erlöst hat, daß ich wieder böse sein kann. Aber das bin ich nicht. Auch wenn Kronos es nicht glaubt, ich mag mich so, wie ich jetzt bin. Ich habe nicht vor, mich noch einmal zu Death zu verwandeln. Und jetzt müssen wir uns beeilen. Sonst wird Silas noch mißtrauisch“, erklärte Methos. „Und wie hast du dir die ganze Sache vorgestellt?“ hakte Joe nach. So ganz überzeugt war er von Methos‘ Vorstellung nicht. Er zweifelte, daß es wirklich funktionierte – egal, was der Unsterbliche plante. „Vertrau mir, Joe. Tue einfach, was ich dir sage, dann wirst du überleben“, sprach Methos nachdrücklich. Langsam nickte Joe. Er mußte Methos vertrauen. Eine andere Wahl hatte er nicht. Joe wußte, daß Methos ihm das Leben retten wollte und das ging nur, wenn er ihm vertraute. Dem Beobachter wurde klar, welches Risiko Methos mit seinen Verrat an seinen Brüdern einging. Er intrigierte gegen Kronos und das war ein überaus gefährliches Spiel. Wenn er aufflog, war sein Leben nichts mehr wert – denn Kronos würde ihn enthaupten. „Okay, wie lautet dein Plan?“ erkundigte sich Joe. „Ganz einfach, ich schieß einmal in die Luft. Du legst dich auf den Boden – mit blutverschmierter Brust natürlich.“ „Blut? Und wie ...“ Joe brach ab, als Methos ihm die Tabascosoße über die Brust schüttete. „Du wirst dich nicht rühren. Ich werde mit Silas so schnell wie möglich verschwinden.“ „Das funktioniert nie“, meinte Joe skeptisch, als er sich auf den Boden legte. „Sei nicht so negativ, Joe! Es funktioniert. Hab ein wenig Vertrauen in meine Fähigkeiten, Pläne zu schmieden und durchzuführen“, tadelte Methos den Beobachter. Methos richtete die Waffe zur Decke und feuerte eine Kugel ab. Ein kurzes Zischen war zu hören. Methos tat dies als reine Vorsichtsmaßnahme. Falls Kronos ihm noch nicht ganz vertraute und er die Waffe kontrollieren wollte, sollte er sehen, daß sehr wohl eine Kugel abgefeuert worden war. „Bleib liegen, Joe! Silas vertraut mir. Er wird mir glauben“, sprach Methos. Er schloß die Tür auf und öffnete sie. Joe hatte die Augen geschlossen und hielt ganz still. Innerlich zitterte er jedoch. Er betete, daß es wirklich funktionierte. Methos hatte immer behauptet, ein guter Taktiker zu sein. Jetzt konnte er es beweisen. Silas warf einen Blick in die Wohnung und entdeckte Joe, der regungslos und blutüberströmt am Boden lag. „Er ist tot. Gehen wir“, drängte Methos. „Warum hat das so lang gedauert?“ Methos verdrehte die Augen – was Silas zeigte, daß er genervt war. „Er hat mich voll gequasselt. Nach dem Motto ... Ich kann das nicht tun. Ich bin doch sein Freund und so weiter. Gehen wir, Silas! Ich will mit diesem Kerl nichts mehr zu tun haben. Ich habe ihn kalt gemacht. Der Job ist erledigt“, sprach Methos eiskalt. Die Tür fiel hinter Methos und Silas zu. Vorsichtig öffnete Joe die Augen. Er war allein. Es hatte tatsächlich funktioniert. Silas hatte Methos die Show abgekauft. Für die Reiter lebte der Beobachter Joe Dawson nicht mehr. „Er hat mir das Leben gerettet“, flüsterte Joe. Methos hatte sich nie wirklich den Reitern angeschlossen. Er hatte es nur getan, um zu überleben und um Kronos unschädlich zu machen. Duncan mußte davon erfahren. Er mußte ihm erzählen, was soeben geschehen war. Duncan mußte wissen, daß er – dank Methos – einen Anschlag der Reiter überlebt hatte. Joe stand auf und wählte Duncans Nummer seines Hotelzimmers in Bordeaux. [Bordeaux, Duncans Hotelzimmer] „Ja, MacLeod hier“, meldete sich Duncan zu Wort. „Hier ist Joe.“ „Ich habe dich angerufen. Wo warst du?“ „Duncan, hör mir einfach zu. Es ist etwas geschehen.“ „Das wäre?“ „Methos und Silas sind bei mir aufgetaucht.“ „Was? Haben sie dir etwas angetan?“ rief Duncan besorgt. „Nein. Folgendes ist geschehen ...“, sprach Joe ruhig und erzählte seinen Schützling alles. „... Er hat mir das Leben gerettet. Methos steht auf unserer Seite“, beendete Joe die Kurzfassung des Geschehnis. „Das kann ich nicht glauben. Durch diesen Virus sind bereits unschuldige Menschen zu Tode gekommen“, warf Duncan zweifelnd ein. „Ich weiß“, seufzte Joe schwer. „Aber ich bin mir sicher, daß er das nicht gewollt hat. Wichtig ist jedoch, daß Methos Kronos vernichten will. Doch er kann das nicht alleine. Er braucht dich dafür. Und du brauchst seine Hilfe, um die Reiter in ihre Schranken zu verweisen. Ihr seit in dieser Sache aufeinander angewiesen. Ihr habt das gleiche Ziel, aber alleine schafft es keiner von euch beiden. Du mußt ihm einfach vertrauen, Duncan. Ich bin mir sicher, er wird sich bei dir melden, um es zuende zu bringen.“ Duncan schwieg nachdenklich. Konnte Joe wirklich Recht haben? Konnte er Methos noch immer vertrauen? „Gib deinen Stolz einen Ruck, Duncan. Vertrau ihm. Du wirst sehen, er wird dich nicht enttäuschen. Er wird uns helfen Kronos‘ Traum von der Apokalypse zu verhindern. Er will Kronos aufhalten. Und vergiß nicht, er hat mir gerade das Leben gerettet. Das ist ein eindeutiges Zeichen dafür, daß er sich Kronos NICHT angeschlossen hat“, bemerkte Joe. „Da hast du Recht. Aber ich weiß nicht, ob man Methos nach allem – was in den letzten Tagen geschehen ist – wirklich vertrauen kann. Warum kämpft er nicht einfach gegen Kronos, wenn er wirklich auf unserer Seite steht?“ warf Duncan ernst ein. „Weil er Angst vor ihm hat. Er kann Kronos nicht besiegen. Methos mag zwar ein wenig älter sein als Kronos, aber Kronos ist der bessere und gerissenere Kämpfer. Außerdem würde Methos auch Caspian und Silas gegen sich haben. Er weiß, daß er keine Chance hat, wenn er sich offen gegen Kronos stellt. Er braucht deine Hilfe. Nur gemeinsam könnt ihr sie besiegen.“ „Und warum denkst du, daß ich gegen Kronos eine Chance haben, wenn er so gut ist?“ „Weil du keine gemeinsame Vergangenheit mit ihm hast, die dich blockiert – so wie es bei Methos der Fall ist“, erklärte Joe sachlich. Manchmal ist Duncan wirklich ein sturer, uneinsichtiger Hund, dachte Joe kopfschüttelnd. Methos war seine einzige Chance und Kronos und seine wahnsinnigen Pläne von der Apokalypse aufzuhalten. Und Duncan wußte das. „Ich werde darüber nachdenken. Joe, halte dich bitte bedeckt. Ich werde dich erst wieder anrufen, wenn diese ganze Sache vorbei ist. Du hältst dich zurück. Immerhin bist du für die Reiter tot. Und ich will nicht, daß du wieder in ihr Visier gerätst“, sprach Duncan eindringlich auf seinen Freund ein. „Ich werde mich daran halten“, versprach Joe, zögerte jedoch, aufzulegen. Er spürte, daß Duncan ihm noch etwas sagen wollte. „Auch wenn ich nicht weiß, was ich im Augenblick von Methos‘ Verhalten halten soll, bin ich froh, daß er da war“, gestand der Schotte seinen Beobachter. „Ich auch, sogar sehr. Ohne ihn hätten die Reiter mich getötet. Rede mit ihm, Duncan. Du wirst sehen, daß er Kronos wirklich loswerden will.“ „Na gut, ich werde mit ihm sprechen. Aber erwarte nicht zuviel von mir. Ich melde mich, wenn die ganze Sache ausgestanden ist. Du tauchst bitte unter und rührst dich nicht. Verstanden, Joe?“ „Ja, ich habe verstanden“, erwiderte der Beobachter und legte auf. Er wußte, daß Duncan Recht hatte. Er mußte untertauchen und warten, bis Duncan sich bei ihm meldete. Joe konnte nur hofften, daß Duncan Methos vertraute – so wie er es getan hatte.
~ 15. ~ „Ist er tot?“ fragte Kronos beiläufig, als Methos und Silas wieder in Bordeaux ankamen. „Ja, ist er. Methos hat das toll gemacht“, lobte Silas seinen Bruder. Methos wußte, daß Silas zu ihm aufsah und niemals an etwas zweifeln würde, was er tat. Genau aus diesen Grund war es gewesen, Silas mitgenommen zu haben und nicht Caspian. Caspian wäre mißtrauisch geworden, wenn er ihn aus dem Raum geschickt hätte. Doch nicht so Silas. Silas schenkte Methos sein grenzenloses Vertrauen. „Das freut mich zu hören. Methos, willst du diese erfreuliche Nachricht – über den Tod des Beobachters – nicht deinen alten, schottischen Freund mitteilen?“ spottete Kronos. „Das würde ich gerne. Dessen verdutztes und gequältes Gesicht würde ich gerne sehen. Wenn ich es ihm sagen, wird es noch schmerzhafter für ihn. Vor allem, wenn er erfährt, daß ich Joe getötet habe.“ „Sag es ihm.“ „Morgen, Kronos. Ich bin müde von der Reise. Ich will mich ausschlafen“, sprach Methos und ging in sein Zimmer. Hoffentlich geht die ganze Sache gut aus, dachte er, als er sich ins Bett legte. In der nächsten Sekunde war er auch schon eingeschlafen. Sharee stieg die Stufen hinauf und nahm sich eine Tasse Kaffe, als sich das altbekannte Gefühl einstellte. Es war früher Morgen und im Gegensatz zu ihrem Mann war sie eine Frühaufsteherin. Es war Methos, der die Treppe hoch kam. „Guten Morgen! Du siehst aus, als hättest du eine durchzechte Nacht hinter dir“, bemerkte Sharee. Methos lächelte schwach. „Ich habe nicht viel geschlafen, richtig“, brummte er. Sharee hielt ihm eine Tasse Kaffee hin. „Danke.“ Er nahm einen langen Schluck und lehnte sich gegen das Geländer. Nachdenklich studierte er Sharee. „Was ist los? Wieso siehst du mich so an?“ fragte sie irritiert. „Du liebst ihn sehr, nicht wahr?“ fragte Methos schließlich. Ein leichtes Lächeln huschte über Sharees Gesicht. „Ja, daß tue ich. Ich liebe ihn. Kronos ist der wichtigste Teil in meinen Leben.“ „Glaubst du nicht, daß du zuviel für ihn tust?“ fragte er. Sharee warf ihr Haar zurück. Sie zog einen Stuhl heran und setzte sich. „Nein, daß denke ich nicht. Ich mag mein Leben so wie es ist. Sicher ist Kronos kein einfacher Mensch. Das muß ich dir ja nicht sagen. Aber ich lieben ihn aus tiefsten Herzen und ich würde alles für ihn tun“, gab Sharee freimütig zu. „Du hast dich sehr verändert, Sharee“, bemerkte Methos ernst. „Wie meinst du das?“ hakte sie verwundert nach. „Ich erinnere mich an damals, an die Bronzezeit und dein Leben bei uns. Ich erinnere mich, wie ängstlich du warst, als du ins Lager gekommen bist.“ „Methos, ich war ein freier Mensch. Von heute auf morgen habe ich alles verloren – meine Familie, meinen Stamm, meine Freiheit. Sklavin von Kronos gewesen zu sein, war nicht einfach“, seufzte Sharee schwer. „Doch dann hat sich euer Verhältnis verändert. Es wurde lockerer, vertrauensvoller“, bemerkte Methos. „Ja, es hat sich verändert. Kronos hat aufgehört mich zu schlagen. Er wurde ... sanfter.“ „Ich weiß. Ich habe seine Veränderung bemerkt. Niemand hat jemals nachgefragt, warum er dich einst gehen ließ. Doch ich wußte, warum er es getan hat. Dazu brauchte ich ihn nicht fragen.“ „Und was wußtest du?“ fragte Sharee neugierig nach. Methos lächelte verschwörerisch und beugte sich vor. „Ich wußte, er ließ dich gehen, weil er sich in dich verliebt hatte“, teilte Methos ihr mit. „Das war der Grund, warum er dir deine Freiheit zurückgab und dich in das Geheimnis deiner Existenz einweihte. Seine Liebe zu dir entstand nicht erst in den letzten Jahren. Sie hat ihren Ursprung vor gut zweitausend Jahren im Reiterlager.“ „Aber das verstehe ich jetzt nicht so ganz. Ein Mensch, der verliebt ist, will doch mit seiner Liebe zusammen sein.“ „Wir reden hier von Kronos, Sharee“, meinte Methos lachend. Doch dann wurde er sofort wieder ernst. „Kronos hatte noch nie vor irgend etwas Angst. Ich kenne ihn lang genug, um das zu wissen. Aber diese Gefühle, die er für dich entwickeln hat, machten ihm Angst. Er hatte Angst, daß du ihn komplett verändern würdest. Und dagegen wehrte er sich. Deshalb schickte er dich fort – weil er Gefahr lief, daß seine Gefühle zu dir noch tiefer gingen. Er war unausstehlich als du weg warst“, teilte Methos ihr mit. „Tatsächlich?“ Das konnte sich Sharee gar nicht vorstellen. So detailliert hatte ihr noch nie jemand diese Zeit beschrieben. Kronos sprach nicht gerne darüber. „Ja, er rastete vollkommen aus. Um ein Haar hätte er sogar Caspian enthauptet“, sprach Methos amüsiert. „Was ist denn passiert?“ Methos zog einen Stuhl heran und setzte sich. „Caspian hat eine blöde Bemerkung gemacht. Und Kronos hat das nicht besonders gut aufgenommen. Nachdem er dich weggeschickt hat, hat er fast den Verstand verloren. Wir sind einem Gelehrten begegnet. Kronos hat ihn mitgenommen und gezwungen, ihm lesen und schreiben beizubringen. Danach hat er ihn getötet und hat all deine Schriftrollen gelesen. Er hat es nie zugeben, doch ich wußte, er vermißte dich schrecklich. Seinen Frust lebte er ordentlich aus. Nach einiger Zeit hat er sich wieder beruhigt und nie mehr ein Wort über dich verloren. Trotzdem hast du ihm gefehlt“, erzählte Methos. Ruhig hatte Sharee ihm zugehört. Das ist unglaublich. Als ich bei ihm in Ägypten aufgetaucht bin, hat er kein Wort darüber verloren“, sprach Sharee überrascht. „Das denke ich mir. Du kennst ihn doch, Sharee. Du weißt, wie er über Gefühlsausbrüche denkt.“ „Du hast ihn ermutigt, mir zu sagen, was er fühlt, nicht wahr?“ fragte sie unvermittelt. Bejahend nickte Methos. „Ja, ich habe mit ihm gesprochen, weil ich der Meinung bin, du hast es verdient. Ich wußte vom ersten Moment an, als er mir gesagt hat, du bist seine Frau. Ich wußte, er liebt dich noch immer. Auch wenn er es dir nicht sagt, zweifle nicht an seiner Ehrlichkeit. Ich weiß, daß Kronos alles für dich tun würde.“ Sharee lächelte leicht. „Du hast wirklich nichts gegen unsere Ehe – so wie Caspian?“ Methos schüttelte den Kopf. „Vergiß Caspian! Er ist ein Idiot und wird nie verstehen, daß Kronos seine Prioritäten nun anders setzt. Hey, ich mag dich“, meinte Methos. „Mit dir verstehe ich mich auch. Ich komme inzwischen auch mit Silas klar, aber Caspian ...“ „Caspian ist ein Tier“, fiel Methos ihr ins Wort. „Außerdem hat Kronos ihn in seine Schranken gewiesen. Auch wenn er es nicht versteht, traut er sich kein Wort mehr zu sagen, wenn es um dich geht. Schließlich will er es sich nicht mit Kronos verscherzen. Genug geredet“, meinte Methos und stellte seine Tasse ab. „Ich besuche jetzt den Schotten und teile ihm mit, daß sein lieber Beobachter-Freund Geschichte ist.“ Methos schenkte Sharee ein letztes freundliches Lächeln und machte sich auf den Weg. Vom Auto aus rief er Duncan an. „MacLeod“, meldete sich der Jüngere. „Methos hier. Ich muß mit dir sprechen. Es ist wichtig. In einer halben Stunde bei der leeren Kathedrale vom letzten Mal. Und komm allein“, sprach Methos kurzangebunden. Duncan – von Methos‘ Anruf vollkommen überrascht – hatte keine Möglichkeit, etwas zu erwidern, da der alte Mann schon aufgelegt hatte. Unverständlich blickte Duncan auf das Telefon. Joe hatte gesagt, Methos würde sich melden und man könnte ihm auch weiterhin vertrauen. „Ich muß einen Versuch wagen“, flüsterte Duncan und verließ das Hotelzimmer. Hoffentlich hatte sich Joe – im Bezug auf Methos – nicht geirrt. Duncan hielt den Wagen vor der Kathedrale und stieg aus. Methos war schon da. Das sah er daran, daß sein Wagen neben dem von Duncan parkte. Duncan straffte die Schultern und stieg die Stufen zur Kathedrale hinauf. In diesem Moment spürte er Methos‘ Anwesenheit. Er öffnete die schwere Holztür, die zu zwei Flügeln auseinander schwang, und trat ein. Methos saß weiter vorne auf eine der Bänke. Ruhig blickte er dem Jüngeren entgegen. Seine Augen war ohne jegliche Kälte, ohne Aggression. Er schien völlig normal zu sein, schien genau der Methos zu sein, den Duncan kannte. „Hat Joe dich informiert?“ fragte Methos. Duncan nickte leicht. „Ja, hat er. Er sagte, du hättest ihm das Leben gerettet. Wem dem so ist, danke ich dir. Was soll dieses ganze Spiel, Methos?“ fragte Duncan geradeheraus. Methos stand so abrupt auf, daß Duncan erschrocken einen Schritt zurückwich. Der alte Mann bemerkte diese Reaktion, erwiderte jedoch nichts. Unruhig begann er, auf und ab zu wandern. „Das ist kein Spiel, MacLeod. Jedenfalls nicht für mich.“ „Was ist es dann?“ hakte Duncan, noch etwas mißtrauisch, nach. „Bittere Realität“, antwortete Methos schlicht. Er seufzte schwer und beobachtete das Kreuz, das über dem Altar hing. Schweigen breitete sich zwischen den beiden Unsterblichen aus. „Ich wußte, daß es so kommen würde – eines Tages“, durchbrach Methos‘ Stimme die Stille. „Ich wußte, daß Kronos mich eines Tages finden und sich wieder in mein Leben drängen würde. Ich wußte, daß er irgendwann bei mir auftaucht. Mir war klar, was er dann von mir verlangen würde. Ich verdrängte jedoch, daß es einmal wirklich so kommen würde. Glaubst du wirklich, ich will wieder so werden wie ich einst war?“ fragte Methos unvermittelt und blickte Duncan scharf an. „Ehrlich gesagt, dachte ich das“, gestand Duncan zögernd. „Herzlichen Dank für dein Vertrauen MacLeod. Ich dachte, du kennst mich“, erwiderte Methos aufgebracht. „Ich bin mit dir befreundet, Methos, weiß aber noch immer nicht, wer du wirklich bist. Dein wahres Ich hast du mir noch nie gezeigt.“ „Okay, schon gut“, murrte Methos. „Jedenfalls ... Ich habe nicht vor, wieder so zu werden wie früher. Ich mag mich so wie ich heute bin. Ich habe diese finsteren Schatten meines Lebens überwunden. Ich mag mein Leben so wie es heute ist. Ich vermisse nichts“, erzählte Methos. Er drehte sich zu Duncan um. „Ich will Kronos unschädlich machen“, gestand er entschlossen. „Du arbeitest also wirklich gegen ihn. Aber was. .. ist mit diesem Virus? Er hat einige unschuldige Menschen getötet.“ Bleiche überzog Methos‘ Gesicht. Betroffen blickte er zu Boden. Daran sah Duncan, daß es ihm wirklich ernst war. Er wollte sich von Kronos befreien, wollte es ein für alle Mal beenden. Und der Tod dieser unschuldigen Menschen lastete schwer auf ihn. „Ich habe das nicht gewollt. Aber ... ich hatte keine andere Wahl. Ich mußte etwas tun, einen Plan entwickeln für Kronos. Doch keine Sorge, der Virus kann sich nicht durch die Luft ausbreiten. Es tut mir leid, aber ich hatte keine Wahl. Es geht um mein Leben. Ich muß mein Überleben sichern.“ „Aber ...“, begehrte Duncan auf. „Was wäre dir lieber gewesen, MacLeod? Das der Virus ein ganzes Schwimmbad infiziert oder gleich das ganze Land?“ fiel Methos ihm zornig ins Wort. „Das hatte Kronos eigentlich vorgehabt. Doch ich konnte ihn überzeugen, daß man bei einem großen Drama klein anfangen muß. Ich konnte gerade so noch verhindern, daß er den Virus in die städtische Wasserversorgung hinein fließen läßt.“ „Methos ...“ „Du kannst das nicht verstehen“, unterbrach der Ältere den Schotten. „Duncan, ich will Kronos aufhalten. Ich will, daß er aus meinen Leben verschwindet, mich für immer in Ruhe läßt.“ „Okay, schon gut. Ich denke, es gibt viele Dinge, die ich nicht verstehen kann. Das muß ich akzeptieren. Aber ... nun ja, wir sollten uns auf das eigentliche Problem konzentrieren. Wir müssen Kronos einen Strich durch die Rechnung machen.“ „Sag ich doch“, pflichtete Methos ihm bei. „Es gibt da noch etwas, worüber ich mit dir sprechen muß“, sprach Methos auf einmal äußerst ernst. „Das wäre?“ „Ich will, daß du Sharee verschonst. Ich will, daß du Kronos‘ Frau gehen läßt“, forderte Methos unvermittelt. „Wieso?“ fragte Duncan entgeistert. Sharee war mit Kronos verheiratet – sie war wie er. Warum sollte er sie gehen lassen? „Weil sie ihn liebt. Sie liebt Kronos abgöttisch. Sie würde alles für ihn, MacLeod. Er hat aus ihr den Menschen gemacht, der sie heute ist. Kronos hat sie zur Killerin gemacht“, erklärte Methos. „Aber ...“ „Nein, hör mir zu“, fiel er dem Schotten ins Wort. „Kronos hat eine unglaubliche Gabe, Menschen auf seine Seite zu ziehen, sie glauben zu lassen, daß das, was er tut, richtig ist. Sharee vergöttert ihn. Sie hängt so sehr an ihm. Er hat aus ihr das gemacht, was sie heute ist. Sie war nicht immer so. Ich weiß es. Ich habe sie gekannt als sie ins Reiterlager kam. Damals war sie ein anderer Mensch. Duncan, du weißt, sie sind seit dem alten Ägypten verheiratet. Glaubst du nicht, daß sein Wesen da auf sie abgefärbt hat? Er hat ihr so vieles über das Töten beigebracht. Als seine Frau konnte sie doch gar nicht anders. Gegen seine geschickte Manipulation war sie machtlos. Da konnte sie den Kampf für das Gute in sich nur verlieren“, sprach Methos eindringlich auf seinen Freund ein. „Ich will nicht, daß sie für Kronos‘ Fehler bezahlt. Das hat sie nicht verdient.“ „Warum liegt dir daran was?“ hakte Duncan nach. „Weil sie unschuldig ist. Es war Kronos, der aus ihr die Mördern gemacht hat, die sie nun ist. Sie hat ein sanftes, menschliches Wesen – trotz allem.“ „Woher willst du das wissen?“ Methos seufzte schwer. „Ich spreche mit ihr. Ich lebe unter einen Dach mit ihr. Sie ist geistreich und sanft. Einen Teil ihrer Menschlichkeit hat sie sich aufbewahrt. Duncan, sie hat eine zweite Chance verdient. Du hast sie mir gegeben. Also gib sie auch Sharee“, forderte Methos energisch. Ein leiser Seufzer entrang sich Duncans Kehle. „Okay, ich vertraue deinem Urteil. Sharee kann gehen, aber Kronos laß ich nicht weg“, willigte Duncan ein. „Das will ich auch gar nicht.“ „Was schlägst du vor, Methos?“ „Wir mischen sie auf. Unsere Unterkunft ist die ehemalige U-Boot-Station am Hafen von Bordeaux.“ „Dort seit ihr also“, stellte Duncan fest. „Ja, es wird Zeit, daß wir Kronos‘ Träume von der Apokalypse vernichten“, erwiderte Methos. „Ja. Wie geht es Cassandra? Ist sie in Ordnung?“ „Sie ist wohlauf, keine Sorge.“ Erleichtert seufzte Duncan auf. Wenigstens lebte sie noch. „Dann gehen wir also gemeinsam zum Angriff über?“ fing der Schotte das eigentliche Thema wieder auf. Methos nickte leicht. „Ja. Versprich mir, daß du Sharee verschonen wirst. Ich will dein Ehrenwort, MacLeod“, forderte Methos. Er wußte, wenn Duncan sein Wort gab, würde er es unter keinen Umständen brechen. „Sharee ist unschuldig in diese Sache hinein geschlittert. Also, versprich es mir.“ „Das werde ich. Du hast mein Wort“, erwiderte Duncan ernst. „Gut. Heute Abend, MacLeod. Ich werde vorbereitet sein“, sprach Methos und marschierte an seinen Freund vorbei. Die Tür fiel mit einem lauten Geräusch ins Schloß und Duncan blieb alleine in der Kathedrale zurück. Methos ging zu seinen Wagen. Die Kieselsteine knirschten unter Methos‘ Schritten. Duncan trat aus der Kathedrale und blickte ihm nach, wie er davon fuhr. „Ich werde da sein“, versprach er leise und fuhr in sein Hotel zurück. Heute Abend würde er es beenden. Er würde Kronos‘ Pläne durchkreuzen.
~ 16. ~ „Weiß er es?“ fragte Kronos, als Methos zurückkam. „Ja“, erwiderte er bloß. „Und? Wie hat er reagiert? Muß ich dir alles aus der Nase ziehen?“ „Wie wird er schon reagiert haben, Kronos? Er war schockiert, entsetzt. Immerhin war Joe sein Freund. Was denkst du, wie MacLeod reagiert hatte? Er ist ziemlich sauer“, kommentierte Methos. „Gut so. Heute Abend werden wir den zweiten Akt durchführen“, sprach Kronos unvermittelt. Methos erstarrte regelrecht. Hatte er da gerade richtig gehört? „Was?“ fragte er unverständlich. „Der zweite Akt unseres großen Dramas, Methos. Hast du etwa unseren Plan schon vergessen? Heute Abend kommt das Schwimmbad dran“, beschloß Kronos. Langsam nickte Methos. Er durfte sich nichts anmerken lassen. Kronos durfte nicht merken, daß Methos ein doppeltes Spiel spielte. Der zweite Akt wird niemals stattfinden, dachte er. Mit Duncans Hilfe würde er Kronos‘ Träume für immer vernichten. Eine düstere Dunkelheit legte sich über Bordeaux. Es war, als wüßte die Natur von dem gefährlichen Kampf, der bald stattfinden würde – ein Kampf, der über das weitere Schicksal der Welt entscheiden würde. Duncan lenkte seinen Wagen die Straße entlang. Er hoffte, daß Methos sein Versprechen wirklich halten würde. Wenn es eine Falle von den vier apokalyptischen Reitern war, dann hatte er ein Problem. Leicht schüttelte er den Kopf. Er mußte Methos einfach vertrauen. Eine andere Wahl hatte er nicht. Duncan parkte seinen Wagen in der Nähe der ehemaligen U-Boot-Station. Er stieg aus und ging den Weg hinauf. Duncan atmete tief durch und blieb einen Moment stehen. Er hatte keine Ahnung, was geschehen würde, wie Methos letztendlich wirklich reagieren würde. Doch das er Kronos aufhalten mußte ... war beschlossene Sache. Duncan ging weiter. „Hoffentlich hältst du dein Versprechen, Methos“, flüsterte der Schotte und betrat die U-Boot-Station. Die vier Reiter saßen zusammen und diskutierten über ihren Plan. Methos wirkte bedrückt, hörte gar nicht richtig zu. Immer wieder warf er einen Blick auf seine Armbanduhr. Er wußte, daß Duncan bald auftauchen würde. Ich will die Sache hier überleben. Ich will nicht draufgehen. Wenn es wirklich einen Gott gibt, bitte, laß mich überleben, dachte er flehend. „Methos“, riß die unnachgiebige Stimme von Kronos ihn aus seinen Überlegungen. Der alte Mann sah auf. Er begegnete Kronos‘ scharfen, undurchdringlichen Blick. „Ja, Kronos?“ fragte Methos gedehnt und versuchte, seiner Stimme einen normalen Klang zu verschaffen. Er wollte nicht, daß Kronos seine Angst hörte und womöglich dadurch heraus bekam, daß Methos ihnen etwas vorspielte. „Was ist los mit dir, Mann? Du bist so ruhig. Schon den ganzen Tag scheint dich etwas zu bedrücken. Hast du ein Problem?“ Verneinend schüttelte Methos den Kopf. „Nein, Kronos, ich ...“ Mitten im Satz hielt er inne. Das altbekannte Gefühl machte sich in seinen Körper breit. Und auch die anderen fühlten es. Methos schluckte schwer. Duncan war da. Es war soweit. Die schwere Tür fiel ins Schloß. Methos blickte die Treppe hoch. Dort stand er, am Eingang – Duncan MacLeod, in seiner rechten Hand das Katana. Die Miene des Schotten war hochkonzentriert und entschlossen. Langsam kam er die Stufen hinab. Kronos und die anderen sprangen auf und griffen nach ihren Waffen. „MacLeod“, rief der Anführer der vier Reiter überrascht. Er hatte mit allem gerechnet, nur nicht damit, daß der Highlander ihr Versteck kannte und sie aufsuchen würde. „Woher weißt du, wo wir sind?“ fragte Kronos und trat ihm entgegen. „Ich bin nicht auf den Kopf gefallen“, erklärte Duncan knapp. „Leg dein Schwert nieder, MacLeod. Denk an Cassandra. Dein Leben gegen ihres“, sprach Kronos kalt. Duncans Blick glitt zu Methos, der hinter Kronos stand. In den Augen des alten Mannes konnte er nicht erkennen, ob er sich an ihren Plan halten würde oder ob er es sich anders überlegt hatte. Abwarten, dachte Duncan. „Du wirst sie nicht töten.“ „Meinst du? Silas, nimm Cassandra den Kopf und teile ihr mit, daß es MacLeod war, der ihren Tod wollte.“ Silas lachte vergnügt und verließ den Raum. Methos und Duncan blickten sich kurz an. Diesmal bekam der Schotte ein fast unmerkliches Nicken als Reaktion. Kronos bemerkte, wen Duncan anblickte. Er drehte sich zu Methos um. „Warum sieht du ihn an?“ fragte er aggressiv. Methos schluckte schwer. Er mußte es tun. „Tut mir leid, Kronos“, sprach er und zog sein Schwert. In der nächsten Sekunde lag die Klinge des Ivanhoes an Kronos‘ Hals. Ungläubig riß Kronos die Augen auf, konnte nicht glauben, was sein Bruder da tat. „Du hintergehst mich“, rief er fassungslos. „Wie kannst du es wagen mich zu verraten? Nach allem, was ich für dich getan habe, was wir Reiter für dich getan haben? Was wir waren?“ brüllte Kronos zornig. Unter der scharfen Lautstärke von Kronos‘ Stimme zuckte Methos merklich zusammen. Man sah ihm an, daß er trotz der Tatsache, das sein Schwert an Kronos‘ Kehle lag, er vor seinem Bruder Angst hatte. Aber wenn er wollte, daß Kronos seine Macht über ihn verlor, mußte er seinen Plan beenden, durfte sich nicht noch einmal von ihm beeinflussen lassen. „Du hast mich nur belogen“, schrie Kronos aufgebracht. Er konnte es nicht glauben. Methos hatte ihn die ganze Zeit über nur belogen. Er hatte von Anfang an geplant ihn zu hintergehen. Und das war so perfekt geschehen ... das er es nicht bemerkt hatte. „Ich will mit dieser ganzen Sache nichts mehr zu tun haben. Ich will kein Reiter mehr sein. Für mich ist es vorbei. Verstehst du das denn nicht? Ich habe mich verändert. Ich bin ein anderer geworden. Und es ist nicht mehr in mir. Ich verspüre dieses Gefühl nicht mehr, schon lange nicht mehr. Ich mag mich und mein Leben so, wie es jetzt ist. Ich wußte, ich konnte dich nur unschädlich machen, wenn ich von innen her gegen dich arbeite.“ „Du feiger Verräter! Du hast mich die ganze Zeit nur belogen und hintergangen. Aber ich werde nicht zulassen, daß du deinen Plan zuende führst“, knurrte Kronos und seine Hand schoß nach oben. Sein Schwert prallte gegen das von Methos. Automatisch wich Methos einen Schritt zurück. Nun stand er Kronos gegenüber. Etwas, was er nie beabsichtigt hatte zu tun, da er wußte, gegen seinen Bruder hatte er keine Chance. „Ich werde dich töten“, schwor Kronos kalt. In diesen Moment nahm Duncan die letzten Stufen und stellte sich schützend vor Methos. „Du wirst mit mir kämpfen müssen“, sprach er entschlossen, als er Kronos‘ Vorhaben verhinderte, indem er sich ihm in den Weg stellte. Wütend funkelte Kronos den Schotten an. Die Wendung, die die Dinge genommen hatten, gefiel ihm gar nicht. „Hilf Cassandra, Methos“, sprach Duncan zu seinen Freund, bei dem er nun definitiv wußte, daß er die Wahrheit gesprochen hatte, daß er ihm vertrauen konnte. Methos nickte leicht. „Denk an das, was du mir versprochen hast, MacLeod. Brich dein Versprechen nicht“, forderte Methos und lief los. „Ich werde es halten“, gab Duncan zurück, ohne ihn anzusehen, da er Kronos mit seinen Blick fixierte. „Methos, bleib gefälligst hier“, schrie Kronos wütend. Doch Methos ignorierte ihn und war schon über eine Treppe verschwunden. Entschlossen ging Duncan in seine typische Kampfstellung. Er wußte, daß Kronos seine ganze Wut und Enttäuschung über Methos‘ Verrat an ihm auslassen würde. Kronos hätte das niemals für möglich gehalten, daß ausgerechnet Methos – seine rechte Hand – ihn hinterging. Und wenn es Duncan nicht gelang, Kronos zu töten, würde dieser Methos den Kopf nehmen, sobald er Gelegenheit dazu hatte. Man sah ihn seinen Augen, daß Kronos Rache wollte für Methos‘ abgebrühten Verrat. Doch Duncan würde das zu verhindern wissen. „Das fechten wir beide alleine aus, Kronos“, sprach Duncan. Kronos‘ Wut schäumte beinahe über. Man sah, daß Kronos buchstäblich vor dem explodieren stand. Es loderte in ihm. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er seinem Zorn freien Lauf lassen und regelrecht in die Luft gehen würde. Denn in Kronos‘ Augen flackerte seine ganze Wut auf, die er im Augenblick auf Methos und wahrscheinlich auf die ganze Welt empfand. Kronos schwang geschickt sein Schwert und deutete mit der Spitze auf Duncan. Es war ein geheimes Zeichen, daß der Kampf beginnen konnte. Mit seiner ganzen Härte ging Kronos zum Angriff über. Duncan blockte den Schlag ab und wußte instinktiv, er hatte hier den härtesten Kampf seines Lebens vor sich.
~ 17. ~ Mit brutalen Griff hatte Silas Cassandra aus dem Käfig geholt. „Nein, bitte nicht“, flehte sie inständig als er seine Axt über sie erhob. Es ist vorbei. Ich werde durch die dreckige Hand eines Reiters sterben, dachte sie mit weit aufgerissenen Augen. Cassandra schluckte schwer. Sie schloß die Augen, wollte nicht mitkriegen, wie Silas sie tötete. Sie wollte die Axt, sein Gesicht mit dem breiten Grinsen, nicht sehen. Das leise Zischen der Klinge hallte wie eine Explosion in ihren Ohren wider. Sie wollte ihr Ende nicht miterleben. Doch die Axt sauste nicht auf sie herab. Verwundert öffnete Cassandra die Augen und konnte nicht fassen, was sie sah. Da stand Methos und die Klinge seines Schwertes stieß gegen die Brust von Silas. Ungläubig blickte Cassandra zwischen den beiden Männern hin und her. Entsetzen breitete sich auf Silas‘ Gesicht aus. Er verstand nicht, warum sich Methos plötzlich gegen ihn stellte. „Was soll denn das?“ fragte Silas verwundert. „Laß sie am Leben“, forderte Methos barsch. „Bruder, was machst du da?“ Ein wütendes Blitzen tauchte in Methos‘ Augen auf. „Nenn mich nicht Bruder. Ich bin nicht dein verdammter Bruder, Silas“, begehrte er zornig auf. Silas verstand, was Methos da machte. Sein Wille, sich den Reiter wieder anzuschließen, war nur Show gewesen. Methos war die ganze Zeit nicht länger ein Teil der vier apokalyptischen Reiter gewesen. Er hatte sie alle verraten. „Du hintergehst uns? Wegen der?“ rief er fassungslos. Abfällig deutete Silas mit dem Kopf Richtung Cassandra. Die Spitze von Methos‘ Schwert wanderte bedrohlich zu Silas‘ Kinn hinauf. „Schon gut, du kannst sie haben“, sprach der Reiter besänftigend und gab Cassandra frei. „Methos, hast du vergessen, wer du bist? Was wir einst waren?“ hakte Silas nach. Starr blickte Methos ihm in die Augen. Silas sah die Wut, die in den Augen seines Bruders aufflackerte. Sie standen sich wie Feinde gegenüber. Obwohl Silas der Einzige von ihnen war, den Methos wirklich leiden konnte. Doch er würde nicht zulassen, daß Cassandra etwas geschah. Diese ganze Sache war etwas, was nur die Reiter betraf. Cassandra spielte dabei keine Rolle. „Was weißt du denn schon, wer ich bin?“ erwiderte Methos und griff Silas an. Auch wenn er es nicht wollte, wußte er, daß er keine andere Wahl hatte. Auf der Galerie oben kämpfte Kronos mit Duncan. Und unten lieferte sich Methos ein hartes Duell mit Silas. Von den Kampfgeräuschen angelockt, kam Sharee dazu. Die Szene war sofort klar zu erkennen. Doch bevor sie die Möglichkeit hatte, Kronos zur Hilfe zu eilen, stellte sich ihr Caspian in den Weg. „Diesmal ist dein Mann nicht da, um dich zu beschützen, Weib“, sprach Caspian und zog sein Schwert. Mit finsteren Blick sah Sharee ihn an und griff ebenfalls nach ihrem Schwert. „Darauf habe ich lange gewartet“, sprach sie und ließ sich nicht lange bitten. Auch Caspian ließ sich das nicht zwei Mal sagen. Hart attackierte er Sharee, wohl wissen, daß Kronos ihn töten würde, wenn er Sharee vernichtete. Doch das war Caspian egal. Er konnte sie nicht leiden und würde diese Sache beenden. Aber er hatte nicht erwartet, daß Sharee so gut war. „Kronos hat dich gut unterrichtet“, spottete Caspian. „Er hat mir bloß die Feinheiten beigebracht“, teilte Sharee ihm mit und nutzte Caspians Nachlässigkeit für sich aus. Sie brachte den Vorteil auf ihre Seite, indem sie ihn an der Schulter verletzte. Die Klinge ihres Schwertes bohrte sich tief in das Fleisch. Gequält schrie Caspian auf. Sharee schlug ihm das Schwert aus der Hand. Caspian sah das zufriedene aufblitzen in ihren Augen. „Wie kann mich bloß eine Frau besiegen?“ murmelte Caspian fassungslos. „Deine Überheblichkeit ist daran schuld. Glaub mir, Caspian, ich habe lange darauf gewartet, daß dich endlich jemand aus dem Verkehr zieht. Das ich das sein werde, hätte ich mir nicht einmal in meinen kühnsten Träumen vorgestellt“, sprach Sharee und zog durch. Caspians kopfloser Leichnam fiel zu Boden. Gleich darauf begann das Quickening. Um Sharee herum schlugen Blitze ein. Das Schwert glitt ihr aus der Hand. Die Energie des Quickenings zwang sie regelrecht in die Knie. Gequält schrie Sharee auf. Caspians Erinnerungen – die Bilder seines Lebens – fielen auf sie ein. Zum ersten Mal nahm Sharee an seinen Leben teil und erfuhr, was wirklich in Caspian vorgegangen war. Und nach wenigen Minuten war auch schon alles vorbei. Caspian, bekannt als Hunger der vier apokalyptischen Reiter, lebte nicht mehr. Sharee hatte ihn ein für alle Mal besiegt. Und während sich Sharee von dem schweren Quickening erholte, fiel Methos rücklings eine Rampe hinunter. Doch er rappelte sich wieder hoch und blockte Silas‘ harten Angriff ab. „Methos!“ Kronos‘ kalte Stimme hallte durch den Raum. Methos blickte auf und blickte Kronos direkt an. Dann glitt sein Blick zu Duncan. Die vier Unsterblichen beobachteten sich schweigend. Erneut griff Silas an – mit einem markerschütternden Schrei. Gerade rechtzeitig konnte Methos ausweichen. Silas stolperte und die Axt glitt aus seinen Händen. Er blickte zu Methos auf. Dieser schloß die Augen und zog seinen Angriff durch. Sein Schwert durchtrennte Silas‘ Hals. Für einen langen Augenblick war es totenstill. Und dann schwappte das Quickening auf Methos über. Harte, laute Blitze schlugen um Methos herum ein. Fensterscheiben zersprangen und dunkle Wolken breiteten sich aus. Schreiend sank Methos auf die Knie. Schmerzen breiteten sich in seinen Körper aus und hielten ihn gefangen. Silas‘ Erinnerungen stürzten auf ihn ein. Methos erfuhr, woran Silas gedacht hatte, an welche Erinnerungen er sich verzweifelt fest gehalten hatte. Und er fühlte, was Silas gefühlt hatte. Fassungslos blickte Kronos auf das Quickening. Er konnte das alles nicht glauben. Methos hatte seinen eigenen Bruder getötet. Und auch Caspian war Geschichte. Doch Sharee konnte er das verzeihen, weil er ihre Probleme mit Caspian kannte. Er hatte gewußt, daß es zwischen den beiden irgendwann so enden würde. Die Sache mit Methos war eine ganz andere. Er hatte sie verraten. „Dafür töte ich dich, du Bastard“, schrie Kronos zornig. „Zuerst muß du aber mich besiegen“, machte Duncan wieder auf sich aufmerksam und ging auf ihn los. Das harte Duell zwischen ihnen ging weiter. Methos fiel nach vorne und stöhnte gequält auf. „Ich habe Silas getötet“, schrie er. „Ich mochte Silas.“ Erneut drang ein Stöhnen über seine Lippen. Er atmete schwer. Das Quickening hatte ihn geschwächt, sehr beeinträchtigt. Methos konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Was hatte er soeben getan? Was geschah hier überhaupt? Er hatte soeben seinen einzigen Freund bei den apokalyptischen Reitern getötet. Methos‘ Blick glitt nach oben, wo das unerbittliche Duell von Kronos und Duncan dem Ende entgegensah. Hart schlugen die Klingen gegeneinander. Keiner der beiden Unsterblichen gab sich eine Blöße. Jeder wollte über den anderen siegen. Kronos‘ wütender Blick traf kurz Methos, als dieser versuchte, auf die Beine zu kommen. Doch das Quickening, das er soeben erlebt hatte, schwächte ihn noch zu sehr. Duncan wich Kronos‘ Angriff aus und drehte sich um die eigene Achse. Nun stand er hinter seinen Widersacher. Er gab Kronos einen harten Stoß in den Rücken. Kronos stolperte, konnte aber sein Gleichgewicht halten. Wütend drehte er sich um. Duncan tauchte erneut ab und schaffte es, Kronos zu entwaffnen. Die Klinge des Katanas preßte sich gegen Kronos‘ Kehle. Er sah, wie die Klinge auf ihn niedersauste. Er hatte keine Chance mehr. Die Klinge durchtrennte seinen Hals und tötete ihn. Und Sekunden später begann das Showspiel von neuem. Nun war es Duncan, der schreiend auf die Knie sank und sich den Erinnerungen von Kronos ergab. Sie quälten ihn und zeigten ihm Dinge, von denen Duncan geglaubt hatte, daß er sie nie erleben würde. Doch er erkannte auch, daß Kronos seine Frau wirklich tief geliebt hatte. Stöhnend sackte Duncan in sich zusammen. Die Totenstille wurde durch laute Schritte durchbrochen, die eine Rampe hinunterliefen. Schwach hob er den Kopf und blickte zu Methos, der langsam wieder auf die Beine kam. Duncan nahm eine Bewegung hinter Methos wahr. Es war Cassandra, die nach Silas‘ Axt griff und die Klinge gegen Methos‘ Kehle preßte. Der pure Hass sprach aus ihren Augen. Methos schluckte schwer und blickte zu ihr hoch. Prima, jetzt kriegt sie meinen Kopf doch noch, dachte er. Cassandra holte aus und wollte ihrer Rache folgen. Doch Duncans Ruf ließ sie mitten in ihrer Bewegung innehalten. „Cassandra“, rief er laut, bestimmend. „Er hat dein Leben gerettet“, sprach Duncan. „Das ist das Mindeste, was er mir schuldete. Doch es ändert nichts“, erwiderte sie und holte erneut aus. „Ich will, daß er am Leben bleibt“, schrie Duncan unnachgiebig. „Ich soll ihn verschonen?“ sprach Cassandra fassungslos. „Ja, du wirst ihn am Leben lassen“, befahl Duncan ihr eindringlich. Sie blickte von Methos zu Duncan und nickte langsam. Cassandra ließ die Axt sinken. Sie wußten alle, es war vorbei. Die Sache war ausgestanden.
~ Epilog ~ Duncan beugte sich aus dem Fenster. „Viel Glück“, sprach er zu Methos und fuhr davon, so wie es Methos‘ Wunsch war. Er wollte diesen Schritt alleine gehen. Methos wartete, bis Duncans Wagen nicht mehr zu sehen war, und ging dann über den Rasen auf eine junge, zierliche Gestalt zu. Cassandra war abgereist. Sie war verschwunden, ohne ein Wort zu Methos zu sagen. Ihr Hass auf ihn war noch immer da. Und daran würde sich nie etwas ändern. Sharee hatte Methos um dieses Treffen gebeten. Es gab da ein paar Dinge, die sie mit ihm besprechen wollte. Duncan hatte sich bereit erklärt, Methos zu fahren, obwohl das Verhältnis zwischen ihnen noch etwas angespannt war. Sie hatten sich ein wenig voneinander entfremdet. Doch Duncan hoffte, daß ihre Freundschaft zu dem Punkt zurückkam, bevor Cassandra ihm die Wahrheit über Methos‘ Vergangenheit mit Kronos und seinen Brüdern erzählt hatte. Duncan und Joe hatten alles, was an den Virus erinnerte, vernichtet. Methos erblickte Sharee auf einer Parkbank. Sie war tief in Gedanken versunken. Ihre Hände waren in den Taschen ihres Mantels vergraben. Eine nachdenkliche Falte zierte ihre Stirn. Sie trauerte um Kronos. Sie hatte ihn geliebt. Doch ihr war auch klar, daß er aus ihr die kalte Frau gemacht hatte, die sie heute war. Kronos hatte aus ihre eine Killerin gemacht. Er hatte ihr die Menschlichkeit geraubt. Oft war sie blind vor Liebe gewesen, hatte alles getan, um ihn glücklich zu machen. Ohne dabei zu merken, daß sie in ihr eigenes, inneres Verderben rannte. Zögernd blieb Methos vor ihr stehen. „Hi“, sprach er knapp. Sharee blickte zu ihm auf. „Hallo Methos! Danke, daß du gekommen bist.“ „Kein Problem.“ Sie stand auf und umarmte ihn kurz. „Warum wolltest du mit mir sprechen?“ erkundigte sich Methos. Ein trauriges Lächeln huschte über ihre Lippen. „Ich wollte mich von dir verabschieden. Ich werde abreisen.“ Traurige Schatten legten sich über ihre Augen. Methos sah den Schmerz, der von ihr Besitz ergriffen hatte. Er seufzte schwer. „Ich weiß, Sharee, du kannst das jetzt noch nicht verstehen. Und du willst meine Erklärungen sicher nicht hören, aber ... eines Tages wirst du verstehen. Ändere dein Leben, nutze diese Chance. Du wirst sehen, irgendwann wird es nicht mehr so weh tun“, sprach er sanft. „Ich hoffe es. Ich habe ihn geliebt“, flüsterte sie. „Ich weiß, aber es wird Zeit, daß du ihn gehen läßt. Laß ihn gehen, laß ihn los, Sharee.“ Sie schüttelte leicht den Kopf. Stumm weinte sie ihre Tränen um Kronos. Methos zögerte kurz. Dann nahm er sie in die Arme. Er wußte, es fiel ihr nicht leicht, die Dinge ihren Lauf nehmen zu lassen. Sharee hob den Kopf und blickte Methos an. Sie kannte die Wahrheit. Sie wußte, daß mehr hinter seinen Verrat steckte. Mit ihrem gesunden Menschenverstand konnte sie seine Beweggründe verstehen. Methos hatte diesen Verrat nicht nur begangen, um sein Leben zu retten. Er hatte es auch getan, um sie zu retten, um ihre Seele vor dem Verderben zu retten. Nur ohne Kronos hatte sie eine Chance sich zu ändern - ihr Leben zu ändern - um wieder zu dem sanften, warmherzigen Menschen zu werden, der sie einst war. „Er hat dich wirklich geliebt, Sharee, vergiß das niemals. Aber es mußte enden. Es wurde Zeit dafür. Danke, daß du mir soviel Verständnis entgegenbringst, daß du mich nicht verurteilst“, sprach er. Methos strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich hasse dich dafür nicht. Eines Tages werde ich es vollends verstehen. Aber ich brauche Zeit, Methos.“ Er nickte leicht. „Wohin gehst du?“ erkundigte er sich. Schwach zuckte Sharee mit den Schultern. „Weiß ich noch nicht. Doch ich kann nicht hier bleiben“, murmelte sie. „Wirst du meinen Erklärungen jemals Gehör verschaffen?“ Ein leichtes Lächeln huschte über Sharees Lippen. „Eines Tages, Methos, eines Tages“, versicherte sie ihm. „Das heißt, du kommst zurück?“ Sharee beugte sich vor und küßte Methos auf die Wange. Sie strich mit ihren Händen zärtlich über seine Wangen. Ihr Gesicht näherte sich dem seinen. Ihre Nasen rieben sich gegeneinander. Methos lächelte schwach als seine Stirn ihre berührte. Es war die intimste Berührung, die er jemals in seinen langen Leben erlebt hatte. Sharee löste sich von ihm. „Eines Tages werde ich mir deine ganzen Erklärungen anhören. Dann, wenn ich dazu bereit bin. Aber ich brauche Zeit, um all das zu verarbeiten. Ich trauere um meinen Mann und wenn der Schmerz nachläßt, bin ich auch bereit, dir zuzuhören. Ich komme zurück, Methos“, versprach sie aufrichtig. „Eines Tages“, fügte er lächelnd hinzu. Sharee umarmte ihn noch einmal. Sie schenkte ihm ein letztes Lächeln, dann schlug sie den Kragen ihres Mantels hoch und ging davon. Methos blickte ihr nach und seufzte leise. „Ja, eines Tages“, sprach er ruhig und blieb an den Ort, wo Sharee ihn stehen gelassen hatte, allein zurück ... The End || Home || |