Title: Shadows Of The Past
Author: Tegan

Fandom: Highlander – The Series
Rating: NC-17
Category: ewige Liebe, Hass, Kämpfe

Characters, Pairing: Caspian, Duncan, Joe, Methos / Kira (eig.
Charakter)

Summary: Als Methos als Kriegsherr im alten Ägypten lebt, begegnet er Kira. Er heiratet sie und erweckt ihre Unsterblichkeit. Doch eine Ehe zwischen zwei Unsterblichen ist äußerst kompliziert. Aufgrund von Schwierigkeiten verschwindet Kira für eine lange Zeit. Doch dann gibt es in Paris ein überraschendes Wiedersehen ...

Disclaimer: Die Charaktere von Highlander – The Series gehören nicht mir, sondern der Davis/Panzer Productions und anderen. Diese Story ist FanFiction, mit der weder Geld verdient, noch Rechte verletzt werden sollen. Ich schreibe sie nur zu meinen Vergnügen.

Note: Die Story ist nach der Aktualisierung um einiges länger als zuvor. Ich habe auch den Namen von Methos‘ Ehefrau geändert. Wie bin ich auf diese Idee gekommen, daß Methos mit einer Unsterblichen verheiratet ist? Ganz einfach: Er hat mich darauf gebracht. Es war die Folge „Till Death“, wo es um ein unsterbliches Ehepaar ging und wo auch Methos einen Part übernommen hat, die mich vollends auf diese Idee brachte. Methos sagte in dieser Folge, daß er nie mit einer Unsterblichen verheiratet gewesen wäre. Und ich habe mich gefragt, was wäre wenn doch? Herausgekommen ist diese FanFiction. Also viel Spaß damit!


Shadows Of The Past
written by Tegan
© 2001

Vor langer Zeit existierten vier Dämonen in Menschengestalt.
Sie brachten Angst und Tod über die Menschheit.
Sie waren Bestien.
Bekannt als die vier Reiter der Apokalypse
Versetzten sie das arme Volk einer primitiven Zeit in Angst und Schrecken.
Sie ritten durch die alte Welt und brachten Terror und Tod.
Sie wüteten auf zwei Kontinenten.
Wo sie auch auftauchten, erstarb das Leben.
Sie kannten keine Gnade.
Sie kannten keine Furcht ...

~ Prolog ~

Alexandria/Ägypten,
ca. 150 v. Chr.

Schon vor langer Zeit hatten sich die vier Reiter getrennt. Ihre gemeinsame Zeit war vorüber. Jeder der vier war seinen eigenen Weg gegangen und hatte sich eine neue Existenz aufgebaut. Doch auch, wenn sie nicht mehr zusammen durch die Gegend zogen, hielten die Geschichten über sie an. Die Menschen erzählten sich die Legenden und Geschichten über die vier Reiter, die einst über die Kontinente geritten waren und Tod gebracht hatten, noch immer. Es waren Geschichten, die sie faszinierten, aber gleichzeitig auch zutiefst beunruhigten.

Die Reiter jedoch gaben auf diese Märchen über ihre Person nicht viel. Es war vorbei und sie lebten nun ihr eigenes Leben – allein, weit entfernt von den anderen. Kronos, ehemaliger Anführer der Reiter und einst bekannt als Pest, war in Spanien und hatte sich dort eine neue Existenz als Herrscher aufgebaut, wie Gerüchte in der Welt der Unsterblichen es sagten. Caspian, einmal bekannt als Hunger der apokalyptischen Reiter, hatte es nach Brasilien verschlagen.

Dort trieb er als verrückter Serienmörder sein Unwesen und ergötzte sich an der Angst des einfachen, armen Volkes. Die Angst seiner Opfer freute ihn noch heute diebisch. Silas, der Krieg mit der Axt, hielt sich in Europa auf. Doch in Gegensatz zu seinen Brüdern war er nicht nach Blut und Tod aus. Er hatte sich in die Wälder von Ungarn zurück gezogen und lebte dort das Leben eines Einsiedlers. Silas wartete auf den Tag, an dem seine Brüder kommen und ihn abholen würden, damit sie wieder reiten konnten – so wie einst.

Und Methos, besser bekannt als Death unter den Reitern, war in Alexandria, Ägyptens Hauptstadt, gelandet. Nach der Trennung der Reiter war er immer süchtiger nach Macht geworden. Zulange hatte er sich Kronos unterordnen müssen. Zulange hatte er hinnehmen müssen, daß Kronos alle Macht besaß und die Befehle gab. Auch wenn sie Brüder gewesen waren, war Kronos doch der unumstrittene Boss der vier Reiter gewesen. Nun war Methos auf das aus, was ihm solange versagt geblieben war. Er wollte alle Macht für sich allein.

Methos hatte sich als neuer Kriegsherr des ägyptischen Reiches einen Namen gemacht, der gefürchtet wurde. Das reiche Ägypten hatte ihn schon immer fasziniert. Immer? Nun, seit Ägypten zu den reichsten Länder der Welt zählte, selbstverständlich. Nun wollte er es für sich haben, es besitzen. In Windeseile hatte sich Methos das uneingeschränkte Vertrauen des Pharaos erschlichen. Nur für einige Zeit würde er alles tun, was der Pharao befahl; würde er dessen Befehle befolgen.

Doch ewig würde er dies nicht tun. Methos war auf die Macht des Pharaos scharf. Und bis der richtige Zeitpunkt gekommen war, würde er die Kriege für ihn organisieren und erfolgreich über Ägyptens Feinde siegen. Ägypten war ein reiches Land und schenkte seinen Herrscher viel Luxus. Und auch Methos genoß diesen Luxus in vollen Zügen. Im Geheimen arbeitete Methos schon seit einiger Zeit an einen Plan den Pharao zu stürzen. Er würde es mit Raffinesse tun. Und ehe der Pharao wußte, wie ihm geschah, würde er ihn schon gestürzt haben.

Als Belohnung für Methos‘ hervorragende Dienste hatte der Pharao ihm einen eigenen Palast direkt am Meer und viele Diener und Sklavinnen geschenkt. Methos hatte dieses großzügige Geschenk nur zu gerne angenommen. Es war schön von vorn bis hinten bedient zu werden. Es gefiel ihm und er war es gewohnt. Er genoß dieses Leben, den Reichtum, den er nun pflegte. Ja, Ägypten war wirklich ein reiches Land und wenn er erst Pharao war, würde sich einiges ändern.

In naher Zukunft würde der Reichtum allein ihm gehören. Der Pharao hatte keinen blassen Schimmer von den grausamen Plänen, die sein begabter Kriegsherr Methos im heimlichen führte. Er vertraute Methos vollkommen. Schon bald würde Methos eine Schreckensherrschaft in Ägypten wachrufen. Schon bald würde er Ägyptens Pharao sein und die ganze Macht würde ihm allein gehören ...

~ 1. ~

Die frische Brise des Meeres wurde vom morgendlichen Sommerwind herüber in Methos‘ Palast getragen. Zufrieden nahm Methos eine Weintraube vom Obstteller und schob sie sich in den Mund. Nebenbei studierte er einige Regierungspläne des Pharaos, die dieser ihn hatte zukommen lassen. Der Pharaos pflegte ein so großes Vertrauen zu ihm, daß er ohne wenn und aber die Pläne bekam und ihm seine Meinung mitteilen sollte. Auf leisen Sohlen kam ein Diener in den Saal.

„Herr?“ Tief verbeugt blieb der Diener stehen – regungslos und ohne ein Wort zu sagen. Mit Absicht ließ Methos ihn warten. Er las sich die Schrift zuende durch und erst dann sah er auf. „Was ist los? Warum störst du mich?“ zischte er scharf. „Ein Mann steht vor den Toren. Er bittet um Einlaß. Er sagte, er wäre ein Freund.“ „Hat er einen Namen genannt?“ fragte Methos und nahm einen Schluck des Weines, den eine Sklavin ihm hingestellt hatte. „Caspian“, teilte der Diener ihm mit.

Überrascht hob Methos den Kopf. „Caspian?“ sprach er scharf. „Ja, Herr“, erwiderte der Diener unterwürfig. Ein Lächeln huschte über Methos‘ Lippen. „Laß ihn rein und bring ihn zu mir. Er ist ein alter Freund.“ „Sehr wohl, Herr.“ Der Diener verbeugte sich und verließ den Saal. Er gewährte einer dunklen Gestalt mit schulterlangen, dunklen Haar und Tätowierungen Einlaß in den Palast. Wie sein Herr, war auch der Fremde in weiße Gewänder gehüllt. Dies stellte einen totalen Kontrast zu seiner Erscheinung dar, denn dieser Mann sah alles andere als friedlich aus.

Methos sah auf als er das altbekannte Gefühle spürte, daß jeder Unsterbliche wahrnahm, wenn jemand ihrer Art in der Nähe war. Caspian wurde von einen Diener hereingeführt. Der Diener schloß hinter sich die zweiflügige Tür und ließ seinen Herrn mit dem Besuch allein. Einen Moment stand Caspian reglos dar und blickte Methos nur an. Dann erhob sich der Kriegsherr und kam auf seinen ehemaligen Bruder zu. Lachend umarmten sie sich.

Sie ließen sich auf das Kissenlager fallen. „Wie geht es dir, Methos?“ „Bestens, ich kann mich nicht beklagen. Ich habe gehört, du wärst in Brasilien. Was machst du hier?“ Caspian grinste breit. „Ich wurde umgebracht, du verstehst? Direkt vor den Augen einer Gruppe Sterblicher. Ich mußte verschwinden. Außerdem regnet es in Brasilien nur noch. Ich hasse dieses schlechte Wetter. Und dann hörte ich dieses Gerücht. Das Gerücht, daß du dich in Alexandria herumtreibst. Also bin ich hergekommen, um dich zu besuchen. Ich hoffe, ich störe dich nicht?“ „Aber nein! Du bist mir willkommen“, sprach Methos.

Neugierig blickte Caspian sich um. „Du pflegst einen großen Luxus, Bruder. Du genießt diesen Reichtum sehr“, stellte er fest. „Sieht man mir das an?“ fragte Methos schelmisch zurück. Caspian nickte. „Allerdings. Sag mir, mein lieber Bruder, wie bist du an diesen prächtigen Palast gekommen? Mußtest du dafür eine Horde Barbaren töten?“ Methos lachte amüsiert. „Der Pharao hat ihn mir geschenkt – mit Dienern und hübschen Sklavinnen. Ich bin in meinen Job so gut, daß der Pharao mich mit Reichtum überhäuft“, erklärte Methos.

„Was ist mit deinen Sklavinnen? Sind sie willig?“ erkundigte sich Caspian. „Das glaubst du doch selbst nicht“, gab Methos zurück. Die Frauen, die ihm dienten, fürchteten ihn. Viele hatten schon Bekanntschaft mit seiner Brutalität gemacht. Sie wagten nicht, in seiner Gegenwart den Blick zu heben oder auch nur ein Wort zu sagen. „Darf ich einige Tage hier bleiben?“ „Du kannst mir gerne Gesellschaft leisten, Caspian.“ Methos griff nach einer kleinen Glocke und schüttelte sie.

Einige Sekunden nach dem Klingeln kam ein Diener herein. „Ja, Herr?“ „Mein Freund wird für einige Tage Gast in meinen Palast sein. Sag den Sklavinnen, sie sollen das Gästegemach herrichten.“ „Sehr wohl, Herr“, sprach der Diener und verbeugte sich. Mit leisen Schritten verschwand er. „Die Glocke ist praktisch“, bemerkte Caspian lachend. „Nicht wahr? Was hältst du von einem kleinen Willkommensgeschenk, Bruder?“ erkundigte sich Methos vielsagend.

Caspian kannte diesen Blick und lachte vergnügt. „Was für ein Geschenk bietest du mir den an?“ hakte er unschuldig nach. „Etwas, was in deinen Schlafgemach auf dich warten wird. Etwas, daß dir nachts viel Freude bereiten wird. Ich denke, du weißt, wovon ich spreche“, grinste Methos breit. „Ich nehme deine Großzügigkeit gerne an.“ „Gut. Eine hübsche Sklavin wird auf dich warten“, versprach der Kriegsherr seinen Gast. In Caspians Augen blitzte es vor Freude kurz auf. Er freute sich schon auf die Nacht und auf das, was er mit seinen kleinen Spielzeug anstellen konnte.

Methos hatte Caspian Lena geschickt. Eine hübsche und junge Sklavin, die schon mit Methos einiges durchgemacht hatte. Gutgelaunt kam Methos am Morgen in den Frühstückssaal und machte es sich auf dem Kissenlager bequem. Wenig später kam eine Sklavin herein. Sie war neu, daß sah Methos sofort. Dieses überaus hübsche Gesicht, das zu einer Frau Anfang zwanzig gehörte, war ihm fremd. „Wie ist dein Name?“ fragte er. „Ich heiße Kira, Herr.“ „Du bist neu. Hast du den Platz von Lucille übernommen?“ „Ja, Herr“, antwortete Kira ruhig.

Sie stellte eine große Schüssel mit frischen Obst auf den niederen Tisch. Ihre Haut war sonnengebräunt – ein exotischer Touch, der äußerst sexy aussah. Kira hatte pechschwarze und lange Locken, dazu dunkle, mandelbraune Augen. Methos ließ seinen Blick über ihre zierliche, attraktive Gestalt schweifen. Sie gefiel ihm sehr. „Kira, woher kommst du?“ fragte er. „Aus Arabien, Herr.“ „Arabien? Du bist weit weg von zu Hause. Warum?“ hakte Methos neugierig nach. „Ich bin in Arabien geboren, doch aufgewachsen bin ich hier. Meine Familie ist schon vor vielen Jahren nach Ägypten gekommen, Herr“, erklärte sie freundlich.

Der Klang ihrer Stimme ließ einen wohligen Schauer über seinen Rücken rieseln. Dieses Mädchen war etwas besonders, daß spürte Methos. „Ist der Wein neu aufgefüllt?“ „Ja, Herr. Ich habe es vor Eurem Erscheinen schon getan.“ „Du bist fleißig“, stellte er fest. „Man hat mir beigebracht, fleißig zu sein.“ Methos entdeckte den glitzernden Stein in ihrem Bauchnabel. Er funkelte dunkelblau auf. „Komm näher, meine Schöne“, forderte Methos. Mit gesenkten Blick trat Kira nach zu ihm.

Methos fuhr mit den Fingern über ihren Bauchnabel. „Ungewöhnlich“, murmelte er. „Ich habe das bei einer Sklavin noch nie gesehen. Warum trägst du den Stein? Hat er eine bestimmte religiöse Bedeutung?“ fragte er verächtlich. „Nein, Herr. Es sieht nur schöner aus ... wenn ich ...“ Sie verstummte. „Wenn du was? Sag es mir“, befahl Methos. „Wenn ich dem Bauchtanz nachkomme.“ „Du beherrscht die Kunst des Bauchtanzes? Ich hoffe, als dein Gebieter kriege ich eine kleine Kostprobe von deinen Können.“ „Es wäre mir eine Ehre, Herr.“ „Komm heute Abend in mein Schlafgemach. Ich will eine Privatvorstellung. Du kannst gehen“, meinte Methos. Kira entfernte sich.

Auch Caspian war gutgelaunt als er Methos beim Frühstück Gesellschaft leistete. „Nun, wie hat dir dein Geschenk gefallen?“ erkundigte sich Methos. Caspian grinste zufrieden. „Die Kleine war toll. Ein wenig weinerlich, aber toll.“ Er nahm einen Schluck des Weins. „Was steht heute auf den Plan?“ „Wie wäre es mit einem Ausritt? Der Pharao hat mir äußerst rassige Pferde überlassen. Und ich habe heute Abend eine ganz besondere Verabredung“, erzählte Methos verschwörerisch.

„Was hast du vor?“ hakte Caspian nach und beugte sich neugierig vor. „Ich habe eine neue Sklavin im Palast. Sie heißt Kira und ist Bauchtänzerin. Ich kriege heute Abend eine kleine Privatvorstellung in meinen Schlafgemach.“ „Dabei wird es sicher nicht bleiben“, kommentierte Caspian trocken. „Sie ist eine Sklavin, Bruder. Mehr brauche ich dazu wohl nicht sagen, oder?“ meinte Methos mit einen gleichgültigen Schulterzucken.

„Da hast du recht. Sag mal, was machst du eigentlich den ganzen Tag, außer es dir gutgehen lassen?“ Methos verzog die Lippen zu einen schiefen Grinsen. „Ich reite aus, sehe mir an, wie die Menschen leiden und schau drei Mal die Woche beim Pharao vorbei und helfe ihm, Urteile über Verbrecher zu fällen. Dazu kommen meine Ratschläge, wie man die Grenzen sicherer macht und ob sich ein Krieg gegen ein bestimmtes Land lohnt. Das sind meine Aufgaben“, erklärte Methos knapp.

Caspian nickte leicht. „Ich will dir nicht zu nahe treten, Methos, aber warum spielst du den Handlanger des Pharaos? Das ist nicht deine Art.“ „Ich will sein Vertrauen, Bruder, sein blindes Vertrauen. Ich arbeite schon seit einiger Zeit an einen Plan. Ich laß den Pharao noch eine Weile in den Glauben, er wäre nicht zu stürzen. Und dann, wenn er nicht damit rechnet, hole ich mir die Macht und ganz Ägypten.“ „Das sieht dir schon viel ähnlicher“, lachte Caspian.

„Siehst du? Ich laß mich nicht herum kommandieren, nicht mehr. Das alles ist ein Teil meines Planes. Ich wollte die Macht von Anfang an. Aber zuerst mußte ich die Soldaten auf meine Seite kriegen. Nun sind sie mir treu ergeben und nicht mehr dem Pharao. Den Rest ziehe ich auch noch auf meine Seite.“ Methos lehnte sich zurück. Das Frühstück war wie immer köstlich gewesen. Doch die wahre Köstlichkeit würde er heute Abend vernaschen. Das Beste würde immer zum Schluß kommen. „Laß uns ausreiten, Caspian. Dabei zeige ich dir Alexandria.“ „Eine gute Idee.“ Die beiden ehemaligen Reiter verließen den Palast. Die Pferde, die sie aus den Stall holten, waren reinrassige Araber. Sie trieben sie im harten Tempo aus dem Palast.

Kira hatte wenig zu tun. Der Vormittag im Palast verlief meistens so ruhig, da der Herrscher oft nicht da war. Das Essen wurde von anderen Sklavinnen zubereitet. Sie stand in der Mitte ihres Zimmers und probte ihre Vorstellung. Wenn sie heute Abend die Privatvorstellung für ihren Herrn vorführte, sollte alles perfekt sein. Sie wußte, was er mit den Mädchen, die nachts zu ihm mußten, tat. Doch sie hatte keine Angst davor. Noch einmal ging Kira alle Schritte durch. Sie wollte den Kriegsherrn nicht enttäuschen.

Da ging leise die Tür zu ihrem Zimmer auf. Kira zuckte zusammen. Doch sie beruhigte sich sofort wieder, als sie sah, daß es nur Lena war. Dann sah sie die Spuren im Gesicht des Mädchens. „Was ist mit dir geschehen?“ fragte Kira entsetzt. Wortlos setzte sich die geschundene Dienerin auf das Bett der Freundin. Kira setzte sich zu ihr. „Ich mußte heute Nacht bei seinen Gast bleiben. Sein Freund ... er war so brutal“, schluchzte Lena. Kira nahm sie in die Arme, um ihr Trost zu spenden.

„Es wird alles wieder gut, Lena“, flüsterte sie und strich ihr sanft über das Haar. Lena hatte sich zusammen gekrümmt und weinte in den Armen der anderen Sklavin. „Der Herr selbst ist ja schon brutal. Du hast ihn noch nicht kennengelernt, aber sein Freund ...“ Hilflos schluchzte Lena auf. Kira hatte große Anstrengungen, daß Mädchen halbwegs wieder zu beruhigen. Sie wußte, Lena hatte schon viel durchgemacht. Sie hatte ihr erzählt, was Methos ihr angetan hatte, wie der Herrscher wirklich war. Doch Kira wagte nicht, sich ein Urteil über ihren Gebieter zu bilden.

In eine Familie hineingeboren, die Sklaven waren, hatte Kira nie etwas anderes gelernt als zu dienen. Schon recht früh hatte Kira gelernt, daß es für ihre Familie normal war, jemanden zu unterstehen. Kira selbst hatte noch nie einen großen Mann gedient – bis jetzt. Der Pharao hatte sie in den Palast von Methos geschickt. Ihre Familie jedoch diente im Palast des Pharaos. Kira hatte sich nicht gegen diese Entscheidung gewehrt, sondern war dem einfach gefolgt.

Als Kind hatte sie im Palast des Pharaos den Bauchtanz erlernt. Es machte ihr Spaß und lenkte sie ein wenig von ihrem Schicksal als Sklavin ab. Sie hatte sich nie beschwert, da sie wußte, daß es das Schicksal war, das die Götter für sie auserwählt hatten. Sie wußte, daß sie nie ein anderes Leben haben würde. Also hatte sie es akzeptiert und lebte, so gut es ihr möglich war, damit. Kira widmete ihre Aufmerksamkeit wieder Lena, deren letzten Tränen langsam versiegten.

„Danke, Kira“, sprach sie mit einem traurigen Lächeln. „Schon gut.“ „Was hast du eigentlich vor?“ „Ich übe ein wenig.“ „Wofür?“  „Ich muß heute Abend in das Schlafgemach des Gebieters und ihm eine Kostprobe meines Könnens als Bauchtänzerin vorführen.“ „Sei vorsichtig! Dabei wird es sicher nicht bleiben“, warnte Lena ihre Freundin. „Ich weiß.“ „Und?“ „Wir sind Sklavinnen, Lena. Es gehört zu unseren Aufgaben dazu.“ „Du hast ihn noch nie erlebt. Du hast das Ganze noch nie erlebt. Aber bald wirst du erfahren, wie schrecklich es ist, die Nacht über bei ihm bleiben zu müssen“, murmelte Lena. Sie umarmte Kira noch einmal und ging dann wieder an die Arbeit. Und Kira nahm ihre Übungen wieder auf.

~ 2. ~

Methos hoffte, daß sein Befehl heute Nacht befolgt wurde, ohne das er nachhelfen mußte. Neugierig betrat er sein Schlafgemach und sein Blick fiel sofort auf die Frau, die neben der Tür stand. Er musterte sie. Sie trug ein schönes Kostüm aus dunklen rot, goldenen Bändern und blau. Am Kostüm waren Spangen und goldene Münzen befestigt. Sie trug goldene Armreifen und Ohrringe. Kira war dicht verschleiert, nur die Augen und ihr Bauchnabel hatte sie freigelassen. Sie sah wie eine orientalische Prinzessin aus.

Das volle, schwarze Haar fiel ihr wellig über die Schultern. Zarte Spangen waren auch an ihren Füßen und den Fußgelenken befestigt. Ihre Brüste waren fast entblößt. Ein hauchdünnes, mit Goldplättchen besetztes Tuch betonte nur ihren Reiz. Dazu trug Kira ein winziges Höschen und eine fast durchsichtige, weite orientalische Hose, die jede Bewegung ihrer schlanken Beine erkennen ließ. Der blaue Stein funkelte in ihrem Bauchnabel wild auf. Demütig hielt Kira den Kopf gesenkt.

„Mir gefällt schon jetzt, was ich sehe. Bist du bereit, deinem Herrn eine Freude zu machen?“ „Ja. Die Musiker waren draußen.“ „Musiker?“ wiederholte Methos irritiert als er sein Schwert neben dem Bett ablegte. „Verzeihung, Herr, aber ohne Musik kann ich nicht tanzen.“ „Okay, hole sie herein.“ Kira ging zur Tür. Methos legte sich auf das Bett und machte es  sich bequem. Er war schon tierisch gespannt, was ihm seine neue Sklavin zu bieten hatte. Mehrere Zitherspieler, ein Trommler und ein Mann mit einer Flöte betraten das Schlafgemach. Sie stellten sich neben der Tür auf. Nun war Kira doch etwas nervös. „Fang an“, forderte Methos sie auf.

Die Musiker begannen eine exotische, fremde Musik zu spielen. Es war eine Musik, die Methos noch nie zuvor gehört hatte. Kira begann sich mit sinnlicher Grazie zu bewegen. Die Musik änderte den Charakter, wurde süßer und erotischer. Die Bewegungen von Kira steigerten sich mit dem Tempo der Musik. Sie war eins mit dem Rhythmus der sinnlichen Musik. Methos war fasziniert. Ihm gefiel, was er sah. Selten hatte er so eine schöne und erotische Darbietung einer Frau gesehen.

Kira ließ sich in den Bauchtanz fallen und hob die Arme, die sie sinnlich bewegte. Sie drehte sich um die eigene Achse und ließ aufreizend ihre Hüften kreisen. Verführerisch waren ihre Bewegungen. Sie lockten zu mehr. Kira fiel vor Methos‘ Bett auf die Knie, beugte sich weit zurück und ließ das lange Haar über den Boden gleiten. Mit erhobenen Armen wiegte sie sich hin und her – bis die Musik mit einem wilden Akkord abbrach. Einen Moment verharrte Kira in der letzten Pose, die vollen Brüste hoben und senkten sich in tiefen Atemzügen.

Methos war begeistert. Er hatte mehr gesehen als er sich vorgestellt hatte. Er wandte sich an die Musiker. „Laßt uns allein“, befahl er. Die Musiker verbeugten sich tief und gingen. Währenddessen hob Kira ihren Oberkörper, kniete jedoch noch immer vor dem Bett. Methos schwang die Beine aus dem Bett und fing ihren Blick auf. „Steh auf!“ forderte er. Leichtfüßig erhob sich Kira und atmete noch einmal tief durch. Methos umkreiste sie wie ein Raubtier.

„Ich bin beeindruckt, Kira“, sprach er. Sie war die einzige Sklavin, die er beim Namen ansprach. „Du hast mir geboten als ich erwartet hatte.“ „Es freut mich, daß es Euch gefallen hat, Herr.“ „Dein Kostüm ... es ist sehr freizügig“, bemerkte Methos. „Gefällt es Euch nicht?“ fragte Kira und biß sich augenblicklich auf die Lippe. Das war nicht das, was man von einer gefügigen Sklavin erwartete. Sie sollte nur sprechen, wenn sie direkt angesprochen wurde. Und sie sollte niemals eine Frage an den Gebieter stellen. Methos verzieh ihr diese Unachtsamkeit, weil sie ihm etwas ganz spezielles geboten hatte.

„Es gefällt mir sogar außerordentlich. Du hast das richtige Gewand ausgewählt. Wie lange gibst du dich schon dieser Tanzkunst hin?“ erkundigte sich Methos. Er ging zu einer Karaffe und füllte zwei Becher mit Wein auf. „Seit meiner Kindheit, Herr. Eine Sklavin des Pharaos hat es mir beigebracht.“ „Du hast eine Belohnung verdient.“ Methos reichte ihr einen Becher. Kira wartete, bis Methos einen Schluck trank, so wie es Tradition war. Erst dann nahm sie selbst einen Schluck Wein zu sich.

„Ich hatte noch keine Sklavin, die mir so etwas Faszinierendes zeigte. Ich will das öfters sehen Kira.“ „Wann immer mein Gebieter es wünscht.“ „Du bist eine gefügige Sklavin. Das freut mich. Deine Eltern ... hat man dir beigebracht, was deine anderen Pflichten sind?“ „Ja, Herr.“ Methos nahm ihr den Becher aus der Hand. „Dann leg dich ins Bett.“ Nun zögerte Kira einen Moment. Methos fragte sich, ob es Angst war, daß sie zögern ließ. „Soll ich ... mich ausziehen?“ „Nein. Dieses Vergnügen bleibt mir überlassen“, lächelte Methos. Kira tat wie ihr befohlen. Überrascht zog Methos eine Augenbraue hoch. Er hatte noch nie eine Sklavin gehabt, die sich freiwillig in sein Bett legte, obwohl sie wußte, was auf sie zukam.

Methos kniete sich neben sie und streifte ihr die Sandalen ab. Mit flinken Fingern zog er ihr den Rest ihres Gewandes aus. Zum Schluß nahm er ihr den Schleier ab. „Du hast äußerst erotische Bewegungen drauf. Aber ich schätze einmal, du hast noch nie einen Herrn gedient“, vermutete er nebensächlich. „Nein, Herr.“ Methos ließ seinen Finger über ihren Hals wandern, dann zog er ihr Kinn zu sich und hauchte ihr einen zarten Kuss auf die Lippen. Er drückte sie in die Kissen zurück.

„Deine Vorgängerin hat furchtbar geheult“, sprach Methos, als er seine Kleidung achtlos auf den Boden warf. „Wenn ich etwas nicht leiden kann, dann das. Das macht mich wirklich rasend.“ Methos wollte ihr Angst einjagen und dies gelang ihm auch. Er bemerkte, daß ihre Hände leicht zitterten. Ein breites Grinsen huschte über seine Lippen. Es folgte diesmal ein brutaler Kuss. Und dann bemächtigte er sich ihres Körpers. Doch aufgrund ihrer schönen Darbietung sollte sie die erste Sklavin sein, die seine Brutalität nicht zu sehr zu spüren bekam. Für Methos‘ Verhältnisse war es eine beinah zärtliche Nacht ...

Am nächsten Morgen weckte die frühe Morgensonne Methos auf. Er streckte sich und öffnete schläfrig die Augen. Der Platz neben ihm war leer. Kira war verschwunden. Aber sie hatte etwas hinterlassen – ein kleines Souvenir. Ihr Schleier lag am Boden neben dem Bett. Wie reizend, dachte Methos lächelnd. Er zog sich an und ging in den Frühstückssaal. Dort fand er Kira vor, die damit beschäftigt war, den Tisch abzuräumen.

„Wo ist Caspian?“ erkundigte er sich. Sie zuckte beim Klang seiner Stimme nicht einmal zusammen. Statt dessen drehte sie sich ruhig um und verbeugte sich respektvoll. „Du darfst dich erheben“, forderte Methos sie auf. „Euer Gast ist ausgeritten, Herr“, sprach Kira. „Verstehe! Bring mir mein Frühstück.“ „Sehr wohl.“ Für einen kurzen Moment verließ sie den Raum, dann kehrte sie mit einen Tablett wieder. Methos schwenkte ihren Schleier hin und her.

Kira stellte das Tablett auf den niederen Tisch und goß ihm Wein ein. „Du hast bei mir etwas vergessen“, meinte Methos und blickte vielsagend auf den Schleier. „Das tut mir leid“, sprach Kira, leicht lächelnd. „Ich werde den Schleier behalten – als Andenken. Oder hast du etwas dagegen?“ „Nein, Herr.“ „Das freut mich. Ich will, daß du heute Nacht wieder für mich tanzt. Es gefällt mir sehr.“ „Euer Wunsch sit mir Befehl, mein Gebieter.“ „Und ...“ Methos winkte sie heran.

Leichtfüßig trat Kira zu ihm. Mit seinen Finger umkreiste Methos den funkelnden Stein in ihrem Bauchnabel. „Erfüllst du mir einen besonderen Wunsch, meine Schöne?“ „Natürlich.“ „Ich will, daß du dich von Kopf bis Fuß einhüllst. Ich will nur deine Augen sehen. Nicht einmal den Stein hier will ich funkeln sehen. Hülle dich völlig ein. Ich liebe es nämlich, ein besonders schönes Geschenk auszupacken.“ Kira nickte leicht. „Ich werde mich verhüllen, Herr“, versprach sie. „Du kannst jetzt gehen. Mach dir einen schönen Tag. Ich gebe dir frei, damit du dich auf den Abend vorbereitest. Es würde mich freuen, wenn du nach den Blumen im Garten riechen würdest.“ Kira nickte leicht, verbeugte und entfernte sich.

Gegen Mittag ritt Methos zum Palast des Pharao Ramses. „Mein guter Freund“, rief Ramses aus. „Endlich bist du da. Ich brauche deine Hilfe.“ Methos ging zum Thron, verbeugte sich kurz und erhob sich dann wieder. „Wie kann ich dir helfen?“ fragte er scheinheilig. Ramses reichte seinen Kriegsherrn ein Schriftstück. „Ein Gesuch für Begnadigung?“ „Ja. Was soll ich tun? Soll ich den Mann anhören?“ „Was hat er getan? Gestohlen, gemordet?“ „Er hat Korn aus meinen Speicher gestohlen.“ „Dann richte ihn hin“, sprach Methos gleichgültig. „Aber er sagt, er hätte es nur getan, weil seine Familie hungert.“ Methos lachte verächtlich, dann beugte er sich näher zum Pharao.

„Er hat dich bestohlen. Wenn du das durchgehen läßt, wird dein Volk glauben, du wärst weich geworden. Du mußt den Mann bestrafen. Richte ihn als Zeichen hin, was geschieht, wenn man dich bestiehlt.“ Ramses nickte leicht. Mal wieder hatte Methos ihn überzeugt. „Ich werde ihn hinrichten lassen“, sprach er knapp. „Eine gute Entscheidung“, pflichtete Methos ihm bei und reichte die Schriftrolle an einen Ratgeber des Pharaos weiter.

„Übrigens muß ich dir für die neue Sklavin danken.“ Eine Frau kam herein und brachte ihnen Wein. „Kira, eine tolle Sklavin. Ganz nach meinen Geschmack“, schwärmte Methos. Die Frau zuckte bei der Erwähnung des Namens zusammen. Sie war Kiras Mutter. Gerne hätte sie gehört, wie es ihrer Tochter beim Kriegsherrn, der als äußerst grausam betitelt wurde, ging. Aber sie mußte gehen, ansonsten würde man sie bestrafen. Und das half weder ihr, noch ihrer Tochter. Lautlos verließ sie den Saal und die Türen schlugen hinter ihr zu.

„Sie gefällt dir also?“ hakte der Pharao nach. „Allerdings. Sie hat gestern für mich getanzt. Ich bin schon jetzt süchtig nach dieser Erotik.“ „Es ist sehr verführerisch und schön, nicht wahr? Ich habe selbst eine Sklavin, die den Bauchtanz beherrscht. Es dient wunderbar zur Entspannung. Ich habe dir also das richtige Geschenk gemacht?“ „Oh ja! Ich danke dir für diese Aufmerksamkeit.“ „Ich habe gehört, daß du Besuch hast? Von einem Freund?“ erkundigte sich der Pharao. Methos grinste breit.

„Ja. Ein alter Freund hat mich überraschend aufgesucht. Er bleibt einige Tage.“ „Wer ist er?“ „Ich kenne ihn schon sehr lange. Caspian ist so ‘ne Art Bruder für mich. Wir haben einige Zeit zusammen verbracht – mit noch zwei Freunden.“ Und wie das stimmt, dachte Methos. „Brauchst du mich noch?“ „Nein. Ich danke dir für deine Hilfe.“ „Dann reite ich mal in meinen Palast zurück. Wenn du mich brauchst, du weißt ja, wo du mich findest.“ Methos schritt aus dem Saal. Ein Diener hatte sein Pferd versorgt. Er schwang sich in den Sattel und ritt davon.

~ 3. ~

Diener hatten Methos‘ Schlafzimmer mit Kerzen dekoriert. Sie zündeten sie an als die Musiker eintraten. „Das reicht“, meinte Methos und setzte sich auf das Bett. Leise verließen die Diener das Zimmer. Methos lehnte an einen Bettpfosten, viele Kissen waren unter seinen Kopf gestopft. Und Kira erschien, wie es sein ausdrücklicher Wunsch gewesen war – völlig verhüllt.

Nur Kiras Augen waren zu sehen. Ansonsten war alles in weiß blauen Gewänder gehüllt worden. Das Szenario der letzten Nacht wiederholte sich. Nach der Vorstellung schickte Methos die Musiker hinaus. „Ich liebe deine Art, sich zu bewegen, bei jedem Mal mehr, meine Süße“, sprach er. Mit einer leichten Handbewegung winkte er sie heran. Methos hatte sich aufrecht hingesetzt. Kira trat zu ihm ohne ein Wort zu sagen.

Er begann, daß goldene Band zu entfernen, das um ihre Taille baumelte. „Du hast mich nicht enttäuscht.“ Methos ahnte, daß sie hinter ihrem Schleier lächelte. Dann öffnete er die goldenen Schnallen, die auf ihren Schultern befestigt waren, und hakte die Ärmel ihres Oberteils ab. „Knie dich hin“, befahl er mit leiser Stimme. Mit einer anmutigen Bewegung ließ sich Kira vor ihm auf die Knie fallen.

Methos hob den ersten Schleier ihres Gesichts. Er offenbarte ihr volles Haar. Eine Kette mit goldenen Paletten war um ihre Stirn gebunden. Sie hatte sich wirklich Mühe gemacht ihn zu beeindrucken. Und es funktionierte. Denn Methos sprang darauf an. Er beugte sich vor und suchte den Verschluß der Kette unter ihrem Haar. Mit flinken Fingern fand er ihn und warf die Kette auf den Boden. „Du riechst gut“, bemerkte er. „Ich erfülle nur die Wünsche meines Gebieters“, flüsterte Kira. Ein leichtes Lächeln huschte über Methos‘ Lippen. „Das hast du wirklich getan“, bestätigte er.

Er griff nach dem zweiten Schleier und entblößte nun ihr zartes Gesicht. „Lächle für deinen Herrscher, Kira“, forderte er. Und Kira zeigte ihm ein Lächeln, das ihm unter die Haut ging. Mit den Fingern strich Methos über ihre Lippen und über ihr Kinn. „Steh auf!“ Nachdem Kira sich erhoben hatte, öffnete Methos die Schnüre, die ihr Oberteil zusammenhielten. Es fiel von ihrem Körper und landete achtlos am Boden.

Danach kam das goldene Tuch dran, das um ihre Taille gebunden war. Zum Schluß widmete sich Methos den seidenen, langen Rock mit mehreren aufeinanderliegenden Tüchern. Methos beugte sich nach unten und half ihr aus den Sandalen. Als er den Kopf wieder hob, beobachtete er sie minutenlang. Nie hatte er eine schönere Sklavin gehabt. Sie war vollkommen. Und plötzlich spürte er es. Für eine Sekunde blitzte es in seinen Augen überrascht auf. Kira war eine von ihnen. Eines Tages würde sie wie er unsterblich sein. Sie hatte die Macht in sich.

„Kennst du meinen Namen, Kira?“ fragte Methos. „Nein, Herr.“ „Eine ehrliche Antwort, gefällt mir. Ich heiße Methos.“ Sie nickte leicht. „Sag es! Sprich meinen Namen aus! Sprich ihn so aus, als würdest du mit deinem Geliebten sprechen.“ Kira stutzte einen Moment, doch dann folgte sie seiner Aufforderung. Methos blickte ihr tief in die Augen. „Komm her, meine exotische Schönheit!“ Kira kam noch näher. Mit einer einzigen Bewegung zog Methos sie zu sich ins Bett.

Ihre Haare breiteten sich auf den weißen Kissen aus. „Wunderschön“, murmelte Methos angetan. Er beugte sich über sie. Zärtlich nahm er ihr Gesicht in seine Hände. Wie der Flügelschlag eines Schmetterlings berührte er ihre Lippen mit seinen. Kira fragte sich, was an ihr so anders war, daß er sie nicht so behandelte wie die Sklavinnen vor ihr. Er galt als grausam und brutal, doch bis jetzt hatte er seine Grausamkeit nicht bei ihr ausgelebt. Was hatte ihn so verändert – so von einen Tag auf den anderen?

„Ich kann es in deinen Augen lesen“, flüsterte Methos. „Ich kann die Frage in deinen Augen lesen.“ „Und wie lautet die Antwort, Herr?“ „Ich habe keine Ahnung. Ich sollte dich so behandeln wie eine ganz normale Sklavin. Doch ich kann es nicht. Du ... hast eine ganz andere Stellung bei mir. Ich sehe in deine schönen Augen und könnte darin versinken.“ Zärtlich fuhren seine Finger die weiche Kontur ihrer Schulter nach. „Leg deine Arme um meinen Nacken.“ Dies war kein Befehl, er bat sie darum.

Lächelnd tat Kira es. Sie massierte seine Schultern und half ihm sich auszuziehen. Methos beugte sich über sie und verschloß ihre Lippen zu einen sanften Kuss. In diesen Augenblick fühlte er den Buzz. Dann klopfte es auch schon an die Tür. „Ich komme“, rief er. „Leg dich unter die Decke und sag kein Wort“, befahl Methos Kira, als er sich ein Tuch um die Hüften band und aufstand. Kira schlang sich die Decke um ihren Körper. Wer kann das nur sein? fragte sie sich.

Methos wußte, wer es war und öffnete die Tür. „Was willst du um diese Zeit hier, Caspian?“ fragte er seinen Gegenüber scharf. „Ich störe dich ungern, Bruder, aber ... Hast du Besuch?“ „Ja. Privatvorstellung meiner Bauchtänzerin“, knurrte Methos. „Tut mir leid.“ „Was willst du?“ „Ich störe nicht lange, aber hast du etwas dagegen, wenn ich mir eine schöne Nacht im Heilbad gönne? Mit zwei deiner Sklavinnen?“ „Tue, was du willst, Caspian. Geh ruhig und genieße!“ Methos warf Caspian die Tür vor der Nase zu. Er schüttelte irritiert den Kopf. Seit wann fragte Caspian um Erlaubnis? Wahrscheinlich war es bloß ein Anflug von Höflichkeit gewesen. Er schien sich daran erinnert zu haben, daß er Gast in Methos‘ Palast war.

Methos drehte sich wieder der Frau zu, die im Bett aufrecht saß und ihren Blick im Schlafgemach herum wandern ließ. Gebannt blickte sie auf die Gemälde an der Wand. „Haben sie eine Bedeutung?“ fragte Kira leise als Methos zu ihr ins Bett zurückkam. „Was soll eine Bedeutung haben?“ „Diese Gemälde“, sprach Kira und deutete darauf. Methos lächelte leicht. „Keine Besondere, Süße. Vergiß sie! Deine Aufmerksamkeit sollte allein mir gelten.“ Kira wandte ihm das Gesicht zu.

„Ich habe noch einen kleinen Wunsch“, murmelte Methos. Fragend blickte Kira ihn an. „Wenn ich morgen aufwache, will ich, daß du noch da bist. Diesmal stiehlst du dich morgens nicht wieder lautlos aus meinen Schlafgemach. Du sollst neben mir liegen. Auch wenn wir den halben Tag verschlafen, verstanden?“ „Ich werde da sein“, versprach Kira. Lächelnd nahm Methos sie in seine Arme. Und dann liebte er sie leidenschaftlich ...

Methos gähnte leicht und öffnete die Augen. Die Sonne stand schon längst am Horizont. Die warmen Sonnenstrahlen wanderten langsam durch das Schlafgemach. Sie kitzelten Methos im Gesicht. Er bewegte sich leicht. Dann blickte er auf die schlafende Frau in seinen Armen. Sie hatte sich in der Nacht eng an ihn geschmiegt. Sie schien sich wohl und geborgen zu fühlen. Kira hatte seine Zärtlichkeiten erwidert. Sie hatten sich so geliebt, wie sich Mann und Frau nur lieben konnten.

Er lächelte weich und strich Kira über die Schulter. Methos beugte sich vor und küßte sie sanft auf die Stirn. Zufrieden seufzte sie im Schlaf. „Wach auf, Süße“, flüsterte Methos an ihrem Ohr. „Komm, wach auf!“ Ihre Lider flatterten und dann blickte sie ihn an. „Guten Morgen, meine exotische Tänzerin“, sprach Methos lächelnd. „Wie spät ist es?“ „Hm ... keine Ahnung, aber es interessiert mich auch nicht.“ Kira setzte sich auf, doch Methos zog sie in seine Arme zurück.

„Für ein Frühstück ist es schon zu spät und für das Mittagessen zu früh. Also bleiben wir noch eine Weile im Bett.“ „Ich habe Pflichten, Herr“, erwiderte Kira scheu. Methos umfaßte sanft ihr Kinn und blickte sie an. „Ich habe hier das Sagen. In diesen Palast tut jeder das, was ich will. Zuerst ... hörst du mit dieser dämlichen Anrede auf. Nenn mich Methos. Und ich befehle dir, daß du bei mir bleibst und mir den Tag versüßt.“ Kira nickte leicht. Die Beiden sanken in die Kissen zurück. Da klopfte es an der zweiflügigen Tür.

Genervt verdrehte Methos die Augen und hob den Kopf. „Was, zum Henker, ist eigentlich in diesem Palast los? Kann man nicht einmal für eine Weile seine Ruhe haben?“ fragte er gereizt. „Ja?“ Ein Diener trat ein und verbeugte sich respektvoll. Den Diener überraschte es nicht, Kira im Bett seines Herrn vorzufinden. „Es tut mir leid Euch stören zu müssen, Gebieter, aber diese Schriftrollen sind gerade aus dem Palast des Pharaos gekommen. Der Bote sagte, es wäre von großer Wichtigkeit.“ „Leg sie auf den Tisch. Ich kümmere mich darum. Und sage jeden in diesen Palast, daß ich nicht gestört werden will, klar?“ „Sehr wohl, Herr“, sprach der Diener, verbeugte und entfernte sich.

„Tut mir leid, Süße, aber die Staatsgeschäfte rufen“, sprach Methos seufzend. „Dann gehe ich an meine Arbeit.“ „Nein, bleib hier. Ich lese mir die Papiere durch, erledige das schnell und dann kehren wir ins Bett zurück. Ich habe noch etwas mit dir vor.“ Methos strich ihr durch das zerwühlte Haar und küßte sie sanft auf die Lippen. Dann stieg er aus dem Bett, band sich ein Tuch um die Hüfte und setzte sich an den Schreibtisch. Seufzend rollte Methos die Schriftstücke auseinander und begann sie zu lesen.

Einen Moment war Kira unschlüssig, was sie tun sollte, doch dann wickelte sie sich in ein Laken und trat auf den großen Balkon hinaus. Sie sah sich Alexandria an. Methos überflog hastig die Papiere. Der Pharao übertrieb mal wieder. Er grinste breit. Der Pharao hatte ein Gerücht gehört. Das Gerücht, daß jemand ihn töten wollte, um selbst Pharao zu werden. Methos hatte den Auftrag erhalten, den Verräter aufzuspüren und hinzurichten. „Wenn er wüßte, daß ich der Verräter bin“, flüsterte Methos mit einem scharfen Grinsen. Dann warf er die Papiere achtlos auf den Tisch. Er blickte zu der jungen Frau, die am Balkon stand.

„Kira?“ Beim Klang seiner Stimme drehte sie sich um. Fragend blickte sie Methos an. Inzwischen saß sie auf der breiten Brüstung des Balkons. Methos kam zu ihr. „Ich hätte niemals gedacht, daß man über Alexandria einen solch traumhaften Ausblick haben kann. Das Meer ... es schien mir immer so weit weg zu sein, aber von hier ...“ „Es ist nicht so weit weg wie du denkst.“ Methos stützte sich mit einer Hand neben Kira ab.

„Von heute auf morgen sehe ich dich mit anderen Augen“, flüsterte er und lächelte seine Sklavin zärtlich an. „Wie anders?“ fragte Kira. „Nun ... für mich warst du nur eine Sklavin, eine weitere von vielen. Doch dann ... als du das erste Mal für mich getanzt hast, habe ich gespürt, daß du anders bist als der Rest. Du bist etwas ganz besonderes. Ohne das ich es bemerkt habe, hast du dich in mein Herz getanzt. Und das im wahrsten Sinne des Wortes.“ Kira wandte ihren Blick von ihm ab und sah wieder auf das Meer hinaus.

„Du kommst nicht aus Ägypten, oder, Methos?“ fragte sie neugierig. „Nein, ich komme von hier und da – verstreut in der Welt.“ „Was kommt nach dem Meer? Ich weiß nicht einmal, wo genau Arabien liegt, obwohl ich dort geboren wurde. Ich kann mich auch nicht mehr daran erinnern, denn ich kam schon als kleines Kind hierher. Was liegt dahinter, Methos? Was liegt hinter dem Horizont?“ Methos stützte sich auf beide Hände ab und ließ seinen Blick über das Meer gleiten.

„Eine große, fremde Welt, Kira. Ich habe vieles gesehen – fremde Kulturen, fremde Völker, fremde Länder. Man muß das selbst erleben, um es zu verstehen.“ „Ich dachte immer, Ägypten ist der Mittelpunkt der Welt.“ Methos lachte amüsiert. „Das kommt daher, weil du nie etwas anderes gesehen hast. Du kennst nur Ägypten.“ „Ich kenne nicht einmal meine Heimat.“ „Glaubst du, Arabien ist deine Heimat?“ Kira zuckte leicht mit den Schultern.

„Ich denke schon“, murmelte sie. „Nein, da täuscht du dich.“ „Und warum denkst du, ist Arabien nicht meine Heimat?“ „Du kennst es nicht. Okay, du wurdest dort geboren, aber ... du sagst selbst, du kannst dich daran nicht mehr erinnern. Wie kannst du Arabien als deine Heimat bezeichnen, wenn du es nicht kennst?“ fragte Methos, nachdem er kurz darüber nachgedacht hatte. Kira seufzte schwer und dachte über seine Worte nach.

„Ich bin Araberin.“ „Nein, du bist Ägypterin“, erwiderte Methos. „Aber ich wurde ...“ „Ich weiß“, unterbrach er ihren Protest. „Doch du bist hier aufgewachsen. Du kennst nur diese Welt. Alexandria ist der Ort, an dem du seit deiner Kindheit lebst. Du bist mit der Kultur und der Mentalität der Ägypter aufgewachsen. Du bist eine von ihnen, eine Ägypterin.“ „Dann bin ich hier zu Hause?“ fragte Kira und ihr Blick glitt zurück zum weiten, unberührten Meer.

„Kira, du bist dort zu Hause, wo dein Herz zu Hause ist“, sprach Methos ruhig. Sie schenkte ihm ein warmes Lächeln. „Dann bin ich hier zu Hause ... hier bei dir“, erwiderte sie zögernd. „Ist das dein Ernst?“ fragte Methos lächelnd nach. „Ja, ich will dort zu Hause sein, wo auch du zu Hause bist.“ „Das ist schön. Denn, ehrlich gesagt, will ich dich nicht mehr hergeben. Und das liegt nicht nur an der Tatsache, daß ich der einzige Mann sein will, der deine verführerischen Bewegungen im Einklang mit der Musik sieht.“ Er beugte sich vor und biß ihr spielerisch ins Ohr.

Methos hob sie von ihrem Platz und stellte sie auf den Boden. „Mein ganzes Leben war ich nur eine Sklavin“, murmelte sie ernst. „Dann sollten wir diesen Zustand schnellstens ändern.“ „Was willst du tun? Du bist ein großer Kriegsherr und ich bin nur eine unbedeutende Sklavin.“ „Wenn du so unbedeutend bist, warum sehnt sich dann mein Herz nach dir?“ fragte er mit einen zärtlichen Lächeln. „Ich kann deinen ‘unbedeutenden‘ Zustand ändern.“ „Und wie?“ „Werde meine Frau, Kira“, sprach Methos entschlossen.

~ 4. ~

Entsetzt, aber überrascht zugleich blickte Kira ihn aus großen Augen an. Hatte sie etwa richtig verstanden? Hatte er ihr soeben einen Antrag gemacht? „Was?“ fragte sie verwirrt. „Ich will, daß du meine Frau wirst. Du bist zu höherem geboren“, sprach Methos. Kira wußte nicht, daß er dies in mehrfachen Sinne glaubte. Noch wußte sie nichts von der Macht, die tief in ihr schlummerte. Sie wußte nicht einmal, daß es so etwas wie Unsterbliche überhaupt gab, wußte nichts davon, daß sie eine von ihnen war.

„Aber warum ich?“ fragte sie. Über Methos‘ Lippen huschte ein sanftes Lächeln. „Du würdest ein besseres Leben als jetzt. Du würdest zu der Seite gehören, für die du immer arbeiten mußtest.“ „Das beantwortet nicht meine Frage, Methos.“ „Nun ... ich bin der Meinung, daß man heiraten sollte, wenn man ... liebt.“ „Aber du bist ein großer Kriegsherr“, protestierte Kira schwach. „Kann ich deshalb nicht lieben? Du hast doch selbst festgestellt, daß ich sehr wohl eine sanfte Seite habe.“ „Ich wurde in Gefangenschaft geboren und werde in Gefangenschaft sterben“, murmelte Kira. Sie drehte sich um und ging wieder in das Schlafgemach hinein.

„Kira, warte!“ Methos hielt sie am Arm fest und drehte sie zu sich um. „Sag mir, was du darüber denkst. Ich bin kein Hellseher. Ich kann das nur ansatzweise erahnen.“  „Hast du schon einmal eine Sklavin geheiratet?“ fragte Kira unvermittelt. „Nein.“ „Methos, es würde nicht gutgehen.“ „Doch das würde es.“ „Und das Gerede?“ „Was interessiert mich das? Ich bin Kriegsherr. Und in meinen Palast lebt die vollkommenste Frau, die es gibt.“ „Siehst du? Genau das ist das Problem. Du bist jemand, ich nicht.“ Methos betrachtete sie ernst. Es dämmerte ihm, was in ihr vorging.

„Ist es das, was dir zu schaffen macht?“ hakte er nach. „Ja.“ „Kira, hör zu: Es ist nicht so, daß du unbedeutend bist.“ „Nein? Du hast mich auch so behandelt.“ „Das tut mir leid, aber ich war niemals grob zu dir. Kira, du bist jemand. Du bist etwas ganz besonderes. Du mußt nur anfangen daran zu glauben. Trotz deines angeborenen Schicksals als Sklavin hast du nicht deinen Mut, deinen Willen verloren. Du bist stark. Du bist stärker als du denkst. Und es würde mich sehr stolz machen dich meine Frau nennen zu dürfen“, sprach Methos eindringlich.

„Meinst du das wirklich so?“ fragte Kira, noch immer zweifelnd. „Würde ich es sonst sagen?“ Methos zog Kira an sich und blickte ihr direkt in die Augen. „Jetzt will ich auch eine Antwort hören. Wirst du mich heiraten?“ „Ja, ich werde dich heiraten. Aber ...“ „Aber?“ „Ich will, daß du mir einen Wunsch erfüllst.“ „Der wäre?“ „Erkaufe meinen Eltern die Freiheit. Laß sie zurück nach Arabien gehen. Sie gehören dorthin. Arabien ist ihr wahres zu Hause.“ „Ich werde sie freikaufen – für dich. Sagen wir ... als Hochzeitsgeschenk.“ „Danke.“ Kira küßte ihn auf den Mund. „Du weißt, daß du die Gemächer der Sklaven jetzt verlassen kannst.“ „Und wo soll ich derweil schlafen?“ „Bei mir.“ „Aber die Tradition ...“, protestierte sie. „Zählt für mich nicht.“ Kira seufzte und gab sich geschlagen.

„Caspian?“ Methos trat durch die Tür des Gästegemachs. Sein Bruder war nicht da. Er spürte seine Anwesenheit nicht. Wo zum Teufel war Caspian nur? Kopfschüttelnd blickte Methos sich um. Sein Bruder war ein Schwein und er lebte auch so. Seine Diener hatten bei Caspian Schwerstarbeit. In diesen Augenblick stellte sich bei Methos das altbekannte Gefühl ein. „Hast du mich gesucht?“ fragte Caspian hinter ihm. Methos drehte sich zu ihm um.

„Ja, habe ich. Du hast gesagt, du willst nur ein paar Tage bleiben. Es wird Zeit, daß du wieder verschwindest, Bruder.“ „Du willst mich rauswerfen?“ fragte Caspian. „Laß mich überlegen ... Ja, daß will ich.“ „Nun, ich wollte sowieso verschwinden. So schön das Leben hier auch ist ... ich ziehe weiter. Du willst wohl deine baldige Macht nicht teilen?“ „Hast du sie noch alle? Niemals.“ „Dachte ich es mir doch.“ Caspian packte seine wenigen Habseligkeiten zusammen. Methos begleitete ihn zu den Toren.

„Wo willst du hin?“ „Nun ... ich denke, ich werde mit dem Schiff weiter nach Europa fahren. Danach werde ich schon sehen, wohin mich der Wind verschlägt. Vielleicht besuche ich Kronos, wenn er sich noch in Spanien aufhält.“ „Ich habe das Gerücht gehört. Aber ich bezweifle, daß er noch dort ist – wenn er es jemals war.“ „Wieso?“ „Es soll in Spanien sehr ruhig sein, habe ich gehört. Ohne Leichen, du verstehst? Dann kann Kronos nicht dort sein. Das sieht ihm nicht ähnlich.“ „Das werde ich schon noch sehen. Danke für deine Gastfreundschaft, auch wenn du mich rauswerfen wolltest.“ Caspian und Methos umarmten sich noch einmal. Dann stolzierte Caspian aus dem Palast und ging Richtung Hafen, wo ein Schiff noch am selben Tag ablegen würde.

Tage später

Die Hochzeit wurde geplant. Währenddessen arbeitete Methos an seinen Plan weiter, den Pharao nach seiner Heirat zu stürzen. Doch er wurde immer wieder davon abgelenkt, wenn er am Balkon stand und Kira im Garten entdeckte. Er könnte sie jeden Tag, jede einzelne Minute, beobachten – Schlächter hin, Schlächter her. Methos hatte tiefe Gefühle für sie. Und er wußte, daß er bald ihre Unsterblichkeit erwecken mußte. Er würde ihr weh tun müssen und das mißfiel ihm. Alles in ihm sträubte sich dagegen, seiner zukünftigen Frau weh zu tun, aber es mußte sein. Er hatte keine andere Wahl.

Methos hatte mit dem Pharao gesprochen und Kiras Eltern die Freiheit erkauft, da der Pharao seine Sklaven nicht einfach so gehen lassen wollte. Letztendlich hatte er jedoch in den Wunsch seines Kriegsherrn eingewilligt. Kiras Eltern hatten ihrer Tochter, obwohl sie das nicht wirklich war, viel Glück gewünscht und Methos hatte ihnen Geld gegeben, damit sie sich in Arabien eine neue Existenz aufbauen konnte. Eine kleine Eskorte von Soldaten hatte sie nach Arabien begleitet, die Methos zu ihrem Schutz bereitgestellt hatte.

Dieses Verhalten war für einen großen, grausamen Kriegsherrn ungewöhnlich, wie auch der Pharao meinte. Doch Methos interessierte es nicht, was der Pharao oder das Volk davon hielten. Wenn er das Leuchten in Kiras Augen sah, war er zufrieden. Ihr Glück war ihm das Wichtigste. Am Tag der Hochzeit richtete der Pharao seine Glückwünsche an das junge Paar aus. Die Hochzeit wurde nicht groß abgehalten, sondern fand nur im kleinen Kreis statt. Traditionell, so wie es die Gesetze Ägyptens verlangten.

Methos und Kira ließen die Feierlichkeiten über sich ergehen. Lange nach Mitternacht verabschiedeten sich die letzten Gäste und Methos kehrte mit seiner Frau in ihr Schlafgemach zurück. Kira ließ sich auf das Bett fallen und schloß die Augen. „Schläfst du, Liebling?“ „Noch nicht. Ich hätte nicht gedacht, daß das so anstrengend ist. Ich spüre meine Füße nicht mehr.“ Methos lachte amüsiert und kniete sich neben sie. Er zog ihr die Sandalen aus.

Sanft begann er, ihre Füße zu massieren. „Besser?“ erkundigte er sich. „Viel besser“, murmelte Kira. Methos‘ Augen wanderten für einen kurzen Moment zu dem Dolch, der silbern glänzte, und neben dem Bett lag. Heute Nacht würde er es tun. Es mußte einfach sein. Ich hoffe, du kannst mir diese Tat verzeihen, dachte Methos und blickte seine Frau zärtlich an. Kira öffnete die Augen und setzte sich auf. Ihre Blicken begegneten sich. Dann zog Methos sie in seine Arme und küßte sie.

Langsam glitten seine Hände höher – zu ihren Oberschenkel. Zufrieden schloß Kira die Augen. Es war wundervoll seine Zärtlichkeiten zu spüren. Jetzt, wo sie seine Frau war und nicht mehr seine Sklavin, konnte sie es viel mehr genießen. Fasziniert beobachtete Methos ihre Reaktion. „Bist du dir nun bewußt, was du sehr wohl jemand bist?“ fragte er leise. „Ja, ich bin deine Frau.“ „Du bist etwas besonderes. Darum liebe ich dich“, flüsterte Methos. Überrascht hob Kira den Kopf.

„Du liebst mich?“ „Habe ich dir das noch nicht gesagt?“ „Nicht direkt.“ „Dann hörst du es jetzt. Ich liebe dich, Kira.“ „Ich denke, ich dich auch.“ „Das freut mich zu hören.“ Ein glückliches Lächeln glitt über Methos‘ Lippen. Ein leiser, wohliger Seufzer entkam ihrer Kehle als seine Hände unter den Chiffon ihres Kleides glitt. Sanft berührte er ihre nackte Haut. Kira erschauerte leicht. Verführerisch streichelte Methos sie und flüsterte etwas gegen ihre Schläfe. Aber Kira verstand nicht, was es war. Seine Lippen berührten ihre Haut.

Seine Zärtlichkeiten wurden forscher als er sie küßte. Es war schön, ihn zu spüren und zu wissen, diesmal war ihr Verhältnis nicht mehr Herr und Sklavin. Diesmal war es mehr, viel mehr. Sie war seine Frau. Sanft küßte er ihr Kinn, ihren Nacken, ihren schlanken Hals. Schließlich streifte er ihr das Kleid vom Körper und warf es achtlos zu Boden. Jeden Zentimeter Haut, den er entblößte, küßte er.

Seine Hände glitten über ihre Arme. Es war eine hauchzarte, aber gleichzeitig sehr intime Berührung. Kira strich ihm mit den Fingern durch das kurze Haar. Sie zog ihn näher an sich heran. Ihr ganzer Körper schien ihn Flammen zu stehen. Methos entfachte einen Brand in ihr, den nur er zu löschen vermag. Mit seinen Fingern glitt er über ihren nackten Schenkel. Ihre Haut glühte regelrecht unter seinen Zärtlichkeiten.

Methos kniete über ihr und nahm ihre Reaktion tief in sich auf. Kira wand sich vor Verlangen und stöhnte leise. Sie überließ sich ganz seiner Führung. Er schien genau zu wissen, wonach sich ihr Körper sehnte. Doch sie stellte auch nicht in Frage, daß er ein überaus erfahrener Mann war. Noch ahnte sie nicht, welche Erfahrung er wirklich hatte, wie alt er wirklich war. Doch Methos wußte, bald würde er ihr sein Geheimnis offenbaren.

„Ich bin verrückt nach dir“, flüsterte Methos an ihrem Ohr und verschloß ihre Lippen zu einen zärtlichen Kuss. „Fühlst du dich wohl?“ erkundigte er sich. Kira bewegte sich spielerisch unter ihm und streckte ihm die Arme entgegen. „Ja“, antwortete sie lächelnd. Methos nahm ihre linke Hand und küßte sie sanft. Dann entkleidete er sich. Ein Kleidungsstück nach dem anderen fand seinen Platz auf dem Boden.

Methos betrachtete sie eingehend und erkannte, was in ihr vorging. Er nahm ihr Gesicht n seine Hände und küßte sie sanft auf die Lippen. Noch nie war ihr seine Gestalt so imposant erschienen wie in diesen Augenblick. Seine breiten Schultern und die muskulösen Arme – im Ganzen war er eine schlanke Gestalt, die durchaus bedrohlich wirken konnte, wenn er es wollte. Nun legte er sich zu ihr auf das Bett und preßte seinen warmen Körper gegen ihren. Bereitwillig legte Kira die Arme um ihren Ehemann. Sein Blick verriet ihr, was er dachte, was er für sie empfand.

„Ich liebe dich. Ich habe dich vom ersten Moment an als interessant empfunden“, gestand sie. Methos strich mit der Hand über ihr Kinn und lächelte wissend. Dann senkte er den Kopf und knabberte sanft an ihrer Unterlippe. „Ich sehne mich nach dir“, flüsterte er. „Ich kann nicht mehr warten.“ Bejahend nickte Kira. Erneut senkte Methos den Kopf und verschloß ihre Lippen zu einen leidenschaftlichen Kuss. Dann sah er sie mit dunklen Augen an, in denen sich sein Verlangen und seine Liebe widerspiegelten.

Langsam fand er seinen Weg sich mit ihr zu vereinen. Beiden fanden die Erfüllung, die sie so vergebens gesucht hatten. Kira ließ sich vom Rhythmus seines Körpers in eine Welt berauschender Leidenschaft tragen, die sie wie eine riesige Wellte durchströmte, fortriß und einem Gefühl unendlichen Glücks entgegen trieb. Die Welt verwandelte sich in einen einzigen Regenbogen ...

Regungslos lagen sie eine Weile nebeneinander. Sie sprachen beide kein Wort, sondern genossen das anhaltende Gefühl ihrer Leidenschaft. Der Dolch lag griffbereit neben dem Bett. Methos zögerte. Sein Arm lag um Kiras Taille. Er wußte, wenn er es tun wollte, mußte er es jetzt tun. Er setzte sich auf und wandte sich ihr zu. Methos schluckte schwer. Er hatte keine andere Wahl. Er mußte es jetzt tun. „Vertraust du mir, Kira?“ fragte er plötzlich. Kira schenkte ihm ein Lächeln und nickte leicht. „Ja, daß tue ich. Warum fragst du?“ „Schließ bitte die Augen“, bat Methos sie.

„Wieso?“ fragte Kira unverständlich. „Bitte, Liebes! Es ist ... eine Überraschung“, sprach Methos zögernd. Vertrauenswürdig schloß Kira die Augen. Methos atmete tief durch. Er griff nach dem silbernen Dolch. Fest umklammerte er den Griff. Er wußte, sie mußte einen gewaltsamen Tod erleben, um unsterblich zu werden. „Vergib mir, Kira“, flüsterte Methos und trieb ihr den Dolch mitten ins Herz.

Entsetzt riß Kira die Augen auf und stöhnte. Sie blickte ihn ungläubig an. „Du wirst wieder aufwachen, daß verspreche ich dir“, sprach Methos ruhig. Sein Blick war ernst, fast traurig. Er wußte, welche Schmerzen sie nun durchmachte. Kira konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ein stechender und quälender Schmerz zog sich durch ihren ganzen Körper. Die Wunde blutete schwer. Sanft hielt Methos sie in seinen Armen und blickte auf ihr blasses Gesicht hinab.

Warum hatte er das getan? Hatte sie etwas falsch gemacht? Ein Röcheln kam aus ihrer Kehle. Kira spürte, wie ihr regelrecht der Boden unter den Füßen weggerissen wurde. Ihre Lebensenergie schwand. Ihre Kraft war nur noch ein Hauchen, das sie am Leben erhielt. Und dann tauchte dieses Licht auf. Sie wurde davon gerissen und tauchte in das Licht ein, aus dem plötzlich absolute Dunkelheit wurde ...

Methos seufzte schwer. Er wußte, es würde dauern bis sie wieder erwachte. Deshalb legte er sie sanft nieder und stand auf. Er zündete drei Kerzen an und bastelte weiter an seinen Plan, den Pharao zu stürzen. Immer wieder blickte er zu der regungslosen Gestalt im Bett. „Hoffentlich wacht sie bald auf“, sprach Methos mit sich selbst. Das Schwierigste stand noch vor ihm. Er mußte ihr erklären, was hier vor sich ging, was Unsterbliche waren und welche Regeln sie hatten.

Ein leises Stöhnen riß Methos aus seinen Überlegungen. Er drehte sich zum Bett um und sah, daß Kira sich leicht bewegte. Kira wachte auf. Methos ließ die Papiere auf den Tisch fallen und eilte zu ihr. Ein erneutes, gequältes Stöhnen drang über Kiras Lippen. Es war offensichtlich, daß sie Schmerzen hatte. Methos kannte das. Jeder Unsterblicher hatte Schmerzen, wenn er von seinen ersten Tod aufwachte. Methos selbst konnte sie nur dunkel daran erinnern. Es war einfach zu lange her, um noch eine genaue Erinnerung daran zu haben. Und er wollte sich auch nicht daran erinnern.

„Atme tief durch“, riet Methos ihr. Ihre Augenlider flatterten und dann öffnete sie schwer die Augen. „Methos ...“, stammelte sie. „Ich bin da, ich bin bei dir.“ Irritiert blickte Kira sich um. Sie setzte sich auf und tastete nach ihrer Wunde. „Das ist unmöglich“, flüsterte sie und hob den Kopf. Sie blickte Methos an. „Ich müßte doch ... tot sein.“ „Wie fühlst du dich?“ fragte Methos. „Nicht gut. Ich habe Schmerzen. Was hast du getan? Was ist hier los?“ Wieder tastete sie nach ihrer Wunde, die unerklärlicherweise verschwunden war. Ihre Haut war völlig unversehrt. Verängstigt blickte sie Methos an.

„Du brauchst keine Angst haben. Ich kann dir das alles erklären. Kira, du mußt mir jetzt zuhören. Denn das, was ich dir zu sagen habe, ist äußerst wichtig. Glaube mir, daß ich dir nicht weh tun wollte, aber es ging nicht anders. Ich mußte es tun.“ „Warum?“ „Kira, es gibt etwas, was niemand von mir weiß. Und es ist wichtig, daß es nie jemand erfährt. Wir müssen unser Geheimnis schützen.“ „Welches Geheimnis?“ fragte Kira verwirrt. „Ich bin unsterblich“, gestand Methos und machte eine Pause. „Genau wie du.“

~ 5. ~

Er hatte ihr alles erzählt. Methos hatte sie über die Regeln und Gesetze der Unsterblichen aufgeklärt. Er hatte ihr auch von seinen Plan erzählt, den Pharao zu stürzen, um selbst an die Macht zu kommen. Noch immer konnte Kira nicht glauben, was sie erfahren hatte. Methos war sehr einfühlsam gewesen. Und jetzt ... jetzt führte er sie in die Welt der Unsterblichen ein. Er unterrichtete sie im Schwertkampf und brachte ihr bei, wie man überlebte. Kira hatte sich an ihr neues Leben schnell gewöhnt. Obwohl Methos ein Schlächter war und dies auch auslebte, liebte er sie tief und innig. Jedoch merkte man ihren Einfluß ein wenig. Methos war nicht mehr ganz so brutal zum einfachen Volk. Das Volk wußte, daß es seine minimale Gütigkeit seiner Frau zu verdanken hatte.

Eingehend beriet sich Methos mit den Generälen der Armee. Die Soldaten waren ihm gegenüber loyal und hatten sich auf seine Seite geschlagen, ohne das der Pharao darüber Bescheid wußte. Methos hatte ihnen viel versprochen und er gedenkte es auch einzuhalten. Schließlich stützte die Armee ihn. Und mit den Soldaten, die ihm beim Sturz des Pharaos halfen, wollte er es sich nicht verscherzen.

„Wo genau sind die Soldaten jetzt?“ erkundigte sich Methos. „Sie warten vor den Stadtmauern. Sie warten nur noch auf Euren Befehl über die Stadt herzufallen“, sprach einer der Generäle. „Das ist gut. Wir werden bei der nächsten Morgendämmerung angreifen. Der Pharao wird nicht damit rechnen. Er muß sterben, ist das klar?“ „Ja, Herr. Wir werden bereit sein“, versprachen die Soldaten. „Gut, bald ist es vorbei. Und ihr werdet eure Belohnung kriegen.“ Die Generäle nickten und verabschiedeten sich. Methos selbst ging in sein Schlafgemach.

Kira saß in einer Ecke und arbeitete an einer Stickerei. „Wie war dein Tag?“ fragte sie als Methos sich zu ihr beugte und küßte. „Anstrengend. Wir werden morgen angreifen“, erklärte er. Kira blickte ihn ernst an. „Willst du das wirklich tun? Den Pharao stürzen? Was ist, wenn dein Plan nicht funktioniert?“ fragte sie zweifelnd. „Dann hauen wir ab und bauen uns woanders eine neue Existenz auf. Was machst du da eigentlich?“ „Ich arbeite an einen neuen Schleier“, klärte Kira ihn auf.

„Ich will, daß du morgen hier bleibst – in unserem Gemach. Wenn es vorbei ist, wird einer der Generäle dich in den Palast bringen.“ „Methos ...“, protestierte sie schwach, doch er ließ sie nicht ausreden. „Bitte, tue was ich sage, Kira. Ich will dich in Sicherheit wissen. Außerdem wird es morgen ziemlich blutig werden.“ „Dann hast du sicher deine Freude an dem Gemetzel“, erwiderte sie sarkastisch. „Sei nicht so frech.“ Kira hob den Blick und funkelte ihn spielerisch an. „Warum nicht? Erwartet mich eine Strafe?“ „Ja.“ „Kann ich darüber nach verhandeln?“ „Zu spät, Liebling“, meinte Methos und hob sie hoch. Sie ließen sich auf das Bett fallen ...

Die Soldaten waren in Bereitschaft. Jeder General hatte einen eindeutigen Befehl von Methos bekommen. Methos selbst führte die Truppe an, die den Palast von rechts angreifen würde. Er gab das entscheidende Signal. In wenigen Minuten brach die Hölle über Alexandria herein. Der Pharao und seine Wachen wurden überrascht. Die Menschen flüchteten in ihre Häuser und verriegelten sie. Sie wollten nichts damit zu tun haben. Die Soldaten zündeten Teile der Stadt an, um die Aufmerksamkeit des Pharaos auf sich zu lenken. Währenddessen marschierte Methos mit seinen Soldaten in den Palast.

„Versperrt alle Ausgänge! Tötet die Leibwache des Pharaos. Der Pharao selbst gehört mir“, gab Methos präzise Befehle. Wortlos führten die Soldaten die Befehle aus. Methos ging in das Schlafgemach des Pharaos, wohin sich dieser verzogen hatte. Oder besser gesagt, versteckte er sich dort. Mit roher Gewalt wurde die Tür aufgestemmt. Nun stand Methos dem Pharao gegenüber. „Du?“ rief der Pharao mit blanken Entsetzen. Er konnte es nicht fassen, wer der Verräter war.

„Ja, ich“, erwiderte Methos gelassen. „Du ... du hast mich hintergangen. Du bist der Verräter. Aber warum, Methos?“ Langsam näherte sich Methos dem Pharao. „Glaubtest du wirklich, daß ich ein Leben lang dein Handlanger sein werde? Das ich mein Talent an dich verschwende? Danke, nein. Ich bin selber gern an der Macht. Tut mir leid, mein Freund. Nein, daß stimmt nicht. Es tut mir gar nicht leid.“ Mit diesen Worten hob Methos sein Schwert und tötete den Pharao.

Dem Volk blieb keine andere Wahl. Sie erkannten Methos als ihren neuen Herrscher an. Es ging auch nicht anders, da er das Recht des Siegers hatte. Er hatte die Stadt übernommen und das war sein Recht, wenn er mit der Armee in der Stadt einmarschierte. Sein ehemaliger Palast ging an einen General, der ihm treu ergeben war. Die Soldaten wurden für ihre Loyalität alle mit Reichtum belohnt.

Und Kira? Sie hatte eine unglaubliche Karriere gemacht. Nicht nur, weil sie unsterblich war, sondern weil aus der Sklavin die Ehefrau des neuen Pharaos geworden war. Und so verhielt sie sich auch – anmutig, geistreich und diplomatisch. Methos hatte endlich das, was er immer gewollt hatte. Etwas, was er bei Kronos nie erreicht hatte. Große Macht und dazu eine liebliche Ehefrau, die ihm treu zur Seite stand und ihn liebte. Ja, es war die richtige Entscheidung gewesen nach Alexandria zu kommen ...

Warschau/Polen,
Jahr 1729

Methos saß vor dem Kamin in seinen renommierten Haus und genoß den Wein und das Buch, das er gerade las. Kira war am Marktplatz und kaufte gemeinsam mit einer Dienerin die Lebensmittel für die nächste Woche ein. Methos war allein im Haus. Er hob seinen Kopf und blickte auf das Gemälde, das über den Kamin hing. Es zeigte Kira in ihrer ganzen unverwechselbaren Schönheit. 

Vor einigen Jahren hatte er einen Maler gebeten, sie zu porträtieren. Es war ihm sehr gut gelungen. Kira war einfach eine umwerfende Schönheit. Dieses Bild faszinierte ihn einfach. Aber in den letzten Jahren waren Probleme zwischen ihnen aufgetaucht. Es waren Probleme, die jedes Ehepaar einmal traf. Nur waren sie halt kein normales Ehepaar. Schließlich waren sie schon eine lange Zeit verheiratet. Aber sie fanden immer einen Weg sich zu einigen. Das hieß, jeder mußte Kompromisse eingehen.

Drei Tage später hatte Methos Freunde zum Essen eingeladen – den Bürgermeister und seine Ehefrau. „Ich muß sagen, Sie haben eine ungewöhnliche Frau, Mr. Green.“ Methos lächelte. Sein zärtlicher Blick traf Kira. Er liebte sie über alle Maßen. Auch wenn sie momentan einige Schwierigkeiten hatten, war seine Liebe zu ihr nicht verblaßt. „Ja, sie ist ungewöhnlich, aber das liebreizendste Geschöpf weit und breit.“ „Sie ist eine äußerst gute Köchin“, sprach Brian Adamson, der Bürgermeister, anerkennend.

„Melany, Sie müssen mir unbedingt das Rezept geben. Das Essen war wirklich köstlich. Die Familie meines Mannes wird begeistert davon sein.“ Kira lächelte erzwungen. „Selbstverständlich.“ Sie tauchte einen vielsagenden Blick mit Methos. Sie hatten beide andere Namen angenommen. Zu ihrer eigenen Sicherheit, wie Methos es immer formulierte. Doch es ging ihr auf die Nerven. Sie wollte sie selbst sein, doch genau das verbot ihr Methos‘ Sicherheitsmaßnahme.

Wie Kira das Essen hinter sich brachte und auch das Gespräch mit ihren Gästen danach, wußte sie später selbst nicht mehr. Sie war froh als das Ehepaar Adamson lange nach Mitternacht endlich ging. Methos sah, daß seine Frau frustriert war. „Was ist los, Kira?“ fragte er. „Ich habe es satt.“ „Was hast du satt?“ hakte er nach und folgte ihr in den Salon. „Das alles hier. Dieses ewige verstecken. Außerdem habe ich dir gesagt, daß ich heute keine Gäste will. Und doch hast du diese Leute eingeladen“, rief Kira erregt.

Sie warf Methos einen wütenden Blick zu. „Das was der Bürgermeister, Kira. Was hätte ich tun sollen? Er wollte unbedingt kommen“, erwiderte Methos laut. Verächtlich seufzte Kira auf. „Und das ist für dich Grund genug, meine Wünsche zu ignorieren?“ „Es tut mir leid, Kira“, sprach Methos versöhnlich. „Du hast Recht, ich hätte dich vorher fragen sollen. Ich entschuldige mich für mein falsches Verhalten“, seufzte er aufrichtig.

„Das ist nicht genug. Verstehst du das denn nicht?“ „Sag mir, was los ist. Du bist schon seit einiger Zeit so aggressiv.“ „Siehst du? Genau das ist eines unserer Probleme.“ „Wir haben keine richtigen Probleme. Okay, wir streiten uns dann und wann. Aber das ist normal. Das kommt in jeder Ehe vor.“ Methos wandte sich ab. Im nächsten Augenblick zersprang ein Glas neben seinen Kopf an der Wand. Zornig drehte er sich zu Kira um, die kurz vor einer Explosion stand.

„Du kennst mich schon solange und hast keine Ahnung, wie ich fühle, was in mir vorgeht. Was für ein Ehemann bist du denn?“ warf sie ihm vor. „Ich bin deiner. Und ich bin ein guter Ehemann. Oder streitest du das ab? Biete ich dir nicht allen Reichtum, den es gibt? Tue ich nicht alles für dich?“ „Mich interessiert dieser Luxus nicht. Verstehst du das nicht? Bei uns wird nie etwas normal sein.“ Kira nahm den Teller, der in ihrer Nähe stand, und warf ihn nach Methos. Er duckte sich, um nicht getroffen zu werden.

„Wir sind unsterblich, Methos. Wir werden nie eine normale Ehe führen. Wir sind anders.“ „Schrei noch lauter! Dann hört es die ganze Stadt“, meinte Methos gereizt. „Ich habe dieses ständige Versteckspiel satt. Ich bin nicht Melany Green. Und du bist nicht Brian Green. Ich bin Kira.“ „Aber du kannst diesen Namen nicht vor den Sterblichen tragen, verstehst du das nicht? Er ist zu auffällig, genau wie mein Name. Wir wären in Gefahr, wenn sie die Wahrheit wüßten“, sprach Methos mit soviel Beherrschung, wie er aufbringen konnte.

„Ich habe dieses ganze Leben satt. Ich will nicht mehr. Ewig leben?“ Verächtlich spie sie ihm die Worte entgegen. „Das wollte ich nie. Ich wollte nie unsterblich sein.“ „Aber du bist es. Akzeptiere es doch endlich, Kira. Damals konntest du es doch auch.“ „Ich habe es akzeptiert. Damals konnte ich damit leben weil ich naiv war. Ich bin reifer geworden, falls dir das nicht aufgefallen ist?“ „Natürlich ist mir das aufgefallen.“ „Ich beneide die Sterblichen.“ „Wieso? Sie werden alt und sterben.“ „Sie können eine Familie gründen, Kinder haben. Etwas, was mir immer verwehrt bleiben wird“, flüsterte Kira. Augenblicklich verstand Methos. Ihr sehnlicher Kinderwunsch war noch nicht versiegt.

Aus Kiras unbändiger Wut wurde verzweifelte Traurigkeit. Sie ließ sich auf den Boden fallen und weinte. Sie grub ihr Gesicht in ihre Hände und zitterte am ganzen Körper. Das Schluchzen zog sich bis zu ihren Schultern hoch. Methos seufzte schwer. Er hatte unendliches Mitleid mit ihr. Kiras Wunsch nach eigenen Kindern war immer groß gewesen. Sie konnte die Tatsache nicht akzeptieren, daß sie nie welche haben würde.

Mit ein paar Schritten war Methos bei seiner Frau. Er kniete sich neben sie und nahm sie sanft in seine Arme. „Es tut mir so leid, Liebling“, sprach er ruhig. „Ich wünschte, ich könnte dir deinen Wunsch erfüllen. Ich könnte irgend etwas tun, um es dir leichter zu machen.“ Kira umfaßte seinen Arm und grub ihr Gesicht in seine rechte Schulter. Sie weinte ihren ganzen Schmerz hinaus, der tief in ihr vergraben war.

Von den Geräuschen angelockt, kam das Hausmädchen in den Raum. „Mr. Green ...“, sprach sie und blickte ihre Herrin mitleidig an. „Es ist okay, Gracia. Gehen Sie wieder an Ihre Arbeit.“ „Brauchen Sie einen Arzt? Hat Madame einen Nervenzusammenbruch?“ „Nein, sie braucht nur etwas Ruhe. Mache ihr eine heiße Suppe.“ „Ja, Mr. Green.“ Gracia ging zur Tür. „Die arme Frau. Es muß schrecklich sein, keine Kinder bekommen zu können“, flüsterte sie und schloß die Tür hinter sich. Da sich die Stadt wunderte, warum ein anscheinend junges Ehepaar wie Methos und Kira keine eigenen Kinder hatte, hatte Methos erzählt, daß sie keine bekommen konnte, aufgrund einer alten Verletzung, von der sie sich jedoch schon längst erholt hatte.

Beruhigend strich Methos Kira über das Haar. „Wein dich aus, Liebling. Es wird dir helfen“, flüsterte er. „Warum ich?“ fragte sie mit zitternder Stimme. „Es ist Schicksal. Es ist unser Schicksal, Kira. Es gibt keine Erklärung dafür, warum ausgerechnet wir unsterblich sind. Ich weiß, du würdest gerne eigene Kinder haben, aber akzeptiere, daß dies nie möglich sein wird. Du machst dir nur selbst unnötig das Leben schwer“, sprach er sanft in der Hoffnung, es würde ihr helfen. Doch Methos wußte, er hatte diese Hoffnung umsonst.

„Ich beneide die Sterblichen so sehr. Wenn ich sie sehe, mit ihren Kindern ... mit ihrer Familie ... es bricht mir jedesmal aufs Neue das Herz.“ Methos küßte Kira sanft auf die Stirn. „Ich weiß. Kira, ich habe es längst akzeptiert. Aber ein Mann kommt mit dieser Tatsache auch besser klar als eine Frau.“ Methos spürte, daß ihr Körper noch immer zitterte, während er sie in seinen Armen hielt. Die Tränen versiegten nur langsam.

Zärtlich nahm Methos ihr Gesicht in seine Hände und wischte die letzten Tränen mit seinen Fingern fort. „Ich wünschte, ich könnte deinen Schmerz auslöschen. Es tut mir weh, dich so zu sehen. Kira, ich hatte keine Ahnung, daß es dir noch immer so nahe geht.“ Sanft drückte er sie an sich. Dann erhob sich Methos und zog Kira mit hoch. Er legte einen Arm um ihre Schulter und führte sie Richtung Tür.

„Komm, ich bringe dich ins Bett. Du legst dich jetzt hin, ißt eine Kleinigkeit und schläfst bis morgen. Danach wird es dir besser gehen“, sprach er besorgt. „Ich kann nicht krank werden“, murmelte Kira schwach. „Nicht körperlich, aber seelisch. Liebling, dir geht es seelisch sehr schlecht. Deine Seele fühlt sich krank. Du brauchst Erholung, ein wenig Schlaf.“ Methos führte sie die Treppe hinauf. Er half ihr, sich für die Nacht umzuziehen und sich ins Bett zu legen.

Ein Klopfen ertönte an der Tür und dann kam Gracia mit einen Teller heißer Suppe herein. Methos stellte den Teller auf einen kleinen Tisch. „Danke, Gracia. Räumen Sie die Küche auf. Dann können Sie auch zu Bett gehen. Ich brauche Sie heute nicht mehr.“ „Gute Nacht, Mr. Green.“ „Gute Nacht, Gracia.“ Das Hausmädchen ließ sie allein. „Ich habe keinen Hunger“, meinte Kira. „Du ißt jetzt etwas. Nur ein paar Löffel, Liebling. Danach kannst du besser schlafen, versprochen.“ Gehorsam aß Kira die Suppe.

Methos stellte den leeren Teller zur Seite und deckte seine Frau fürsorglich zu. Er zog sich selbst um und drehte die Lampen ab. Methos liebte Kira, noch genauso wie im alten Alexandria. Doch momentan war das Leben mit ihr nicht einfach. Er war sich jedoch sicher, daß sie die Kurve kriegen würde, so wie immer. Doch er machte sich ernsthafte Sorgen um Kira. Methos blickte sie an und strich ihr zärtlich über das Haar. Er hauchte ihr einen sanften Kuss auf die Stirn.

Er wußte, sie ertrug das Leben als Unsterbliche kaum noch. Im Augenblick war es nicht leicht für sie. Sie haßte sich selbst für die Existenz, die sie leben mußte. In Warschau lebten viele Familien. Familien mit Kindern und es brach ihr jedesmal das Herz, wenn sie eine Mutter mit ihren Kindern sah. Das machte ihr jedesmal bewußt, daß sie dieses Glück nie erfahren würde. Und ihre Verzweiflung über diesen tragischen Schicksalsschlag ließ sie – leider – an Methos aus.

 Ein paar Tage später

Wieder stritten sie sich. Doch diesmal war es viel heftiger als in den letzten Wochen. „Ich kann verstehen, wie du dich fühlst, aber das ist noch lange kein Grund, mich so anzublaffen“, rief Methos gereizt. Er war eindeutig zornig. Schon den ganzen Tag ließ Kira ihre Verzweiflung an ihm aus. Langsam, aber sicher platzte ihm der Kragen. Er hatte eine große Geduld, aber irgendwann mußte sie zur Vernunft kommen und die Tatsache akzeptieren, daß sie nie eigene Kinder haben würde.

„Ich kann das alles nicht mehr ertragen. Diese ständige Lügerei – ich will nicht mehr. Ich habe die Schnauze voll. Es interessiert mich alles nicht mehr. Ich ... dieses ständige lügen und kämpfen, um das eigene Leben zu schützen. So habe ich mir meine Zukunft nicht vorgestellt.“ „Wem sagst du das? Ich habe nie behauptet, daß es leicht ist, sich ständig mit dem Schwert verteidigen zu müssen. Aber wir haben keine andere Wahl.“ „Ich habe das Gefühl, als würdest du mich nicht mehr lieben“, platzte es aus Kira plötzlich heraus. Fassungslos starrte Methos sie an. Hatte er das gerade richtig gehört?

„Wie bitte?“ zischte er. „Du hast mich schon verstanden. Wir leben schon so lange zusammen. Ich habe doch gesehen, wie du das Mädchen am Markt angesehen hast.“ „Ich habe sie bloß freundlich gegrüßt. Immerhin ist sie die Tochter eines Bekannten von uns. Das gehört sich so. Aber da war nichts. Ich habe ihr normal in die Augen gesehen.“ „Ha! Die typische Antwort eines Mannes.“ „Wenn du an meiner Liebe zweifelst, dann geh!“ „Vielleicht sollte ich das tun. Ich habe es nämlich satt – das alles“, rief sie ihm entgegen.

Kira ließ Methos stehen und ging zur Tür. „Gut geh! Wenn du an mir zweifelst, brauchst du mir nie wieder unter die Augen treten. Du zweifelst an meiner Liebe“, klagte Methos sie bitter an. „Ich habe immer alles für dich getan. Ich liebe dich, Kira. Ich würde mein Leben für dich opfern, aber wenn du mir das nicht mehr glaubst, dann ist es besser, du gehst.“ Kira starrte ihn nur an und verschwand. Erst als die Haustür zuschlug, wurde Methos klar, daß sie tatsächlich das Haus verlassen hatte.

Methos mußte sich erst einmal beruhigen, mußte seine aufgewühlten Gefühle wieder unter Kontrolle bringen. Erst dann verließ er das Haus und suchte Kira. Er wollte sich bei ihr entschuldigen. Er hatte im Zorn Dinge gesagt, die er nicht hätte sagen sollen. Methos suchte sie bis es dunkel wurde. Doch Kira war wie vom Erdboden verschluckt. Methos konnte es nicht glauben. Es konnte einfach nicht sein. Hatte sie ihn wirklich verlassen? Hatte er sie vertrieben. Kira war tatsächlich gegangen. Sie kehrte nicht zu ihm zurück – weder in dieser Nacht, noch in den darauffolgenden ...

~ 6. ~

Paris/Frankreich,
Jahr 2000

„Jedenfalls hat Amanda beschlossen wieder abzureisen. Sie ist der Meinung, in unserer Nähe muß man ständig um sein Leben fürchten“, sprach Duncan MacLeod. Er nahm einen Schluck seines Biers und blickte seinen Beobachter, Joe Dawson, an. „Da hat sie auch Recht. Nur vertrete ich die Meinung, daß man in deiner Nähe gefährlich lebt“, mischte sich Methos ein. Er saß auf einen Barhocker und schlürfte gemütlich sein Bier.

Duncan, der mit Joe an einen Tisch saß, drehte sich zu ihm um. „Was willst du damit sagen?“ fragte er grimmig. Methos grinste breit. „Ganz einfach, Schotte: Du bist der Ritter auf dem weißen Ross. Immer da, wenn du Ungerechtigkeit siehst. Du ziehst Schwierigkeiten wie ein Magnet an. Bevor ich dich traf, war mein Leben völlig ruhig und friedlich. Und jetzt suchen mich lauter Unsterbliche auf. Ich kann verstehen, daß Amanda von dir weg wollte. Was ich übrigens auch in Betracht ziehe“, sprach Methos zynisch. Duncan verzog das Gesicht zu einer Grimasse.

„Halt die Klappe, alter Mann!“ „Ich habe nur meine Meinung gesagt. Das darf ja wohl noch erlaubt sein“, verteidigte sich Methos und nahm einen großen Schluck seines Biers. „Mich interessiert deine Meinung auf Amandas Abreise hin nicht“, schnauzte Duncan seinen Freund, den ältesten Unsterblichen der Welt, an. „Ich sage sie aber trotzdem.“ „Jungs, hört auf! Ihr könnt euch nicht schon wieder streiten“, mischte sich nun Joe ein und besänftigte die beiden sturen Unsterblichen.

„Okay, schon gut. Tut mir leid, Methos“, sprach Duncan. Der alte Mann sagte darauf nichts. Man konnte von diesen Zyniker keine Entschuldigung erwarten, daß wußte Duncan. Methos war wirklich ein schwieriger Typ. Der alte Unsterbliche hatte sein Bier ausgetrunken und griff zielsicher nach einer Whiskeyflasche und einen Glas, das er auch gleich füllte und mit einen Zug leerte.

Duncan und Joe wechselten einen besorgten Blick miteinander. Methos hatte schon immer viel getrunken, aber in letzter Zeit übertrieb er damit. „Irgend etwas stimmt nicht mit ihm, Joe. Hast du eine Ahnung, was ihn bedrückt?“ fragte Duncan mit gesenkter Stimme. „Nein, er spricht ja nie über seine Gefühle oder über das, was ihn beschäftigt“, flüsterte Joe. „Würdet ihr bitte aufhören, hinter meinen Rücken über mich zu sprechen?“ begehrte Methos sauer auf.

Ruckartig hob Duncan den Kopf. „Was? Du täuscht dich, Methos. Wir haben nicht über dich gesprochen, oder, Joe? Wir haben uns bloß über ...“ „... Straßenkids unterhalten“, sprach Joe schnell. Duncan nickte eifrig. Genervt verdrehte Methos die Augen. „Sehe ich so blöd aus, daß ich das glaube? Tut mir leid, aber ich weiß, daß ihr lügt. Ich weiß genau, daß ihr über mich gesprochen habt. Also hört auf euch rauszureden“, meinte Methos gereizt.

Duncan drehte seinen Sessel zu Methos um, der seine Freunde mit einen überaus scharfen Blick musterte. „Was ist los, Methos?“ fragte Duncan geradeheraus. „Mich beschäftigt nichts“, behauptete der alte Mann. „Doch, irgend etwas ist los. Du bist so nachdenklich. So ... ja, richtig still. Das ist so untypisch für dich.“ „Ach, laß mich doch in Ruhe!“ „Methos, was ist denn los? Was beschäftigt dich?“ hakte Duncan nach. Methos winkte jedoch mit der Hand ab. „Warum muß man dir eigentlich alles aus der Nase ziehen?“ Duncan war nahe daran, die Geduld zu verlieren und mit der Faust auf den Tisch zu schlagen. Besänftigend legte Joe ihm eine Hand auf die Schulter.

„Damit erreichst du gar nichts bei ihm. Es läßt ihn völlig kalt, wie du dir denken kannst“, sagte Joe zu seinen Schützling. „Ich kann dir sagen, warum ich die Dinge meines Lebens für mich behalte, MacLeod“, mischte sich Methos wieder in das Gespräch ein. Er drehte sich zu seinen Freund um und blickte ihm eindringlich in die Augen. „Und? Warum erzählst du nie etwas über dich?“ „Ganz einfach, es geht dich nichts an. Meine Vergangenheit, mein Leben, geht dich nichts an.“ Methos nahm noch einen Schluck Whiskey, rutschte vom Barhocker und zog seinen Mantel an. „Bis dann, Leute.“ „Methos, warte!“ Doch Duncans Ruf verhallte im Raum. Der alte Mann war schon gegangen.

Seufzend stieg Methos die Treppen zu seiner Wohnung hinauf. Der Flur war – wie immer – schlecht beleuchtet. Bei diesem alten Haus, indem er wohnte, war das kein Wunder. Irgendwann würde es noch in sich zusammenfallen. Methos schloß die Tür seiner Wohnung auf und fiel im nächsten Augenblick über einen Karton. „Verdammt“, knurrte er und stieß den Karton wütend zur Seite. Methos erhob sich und warf die Tür ins Schloß. Mit der Faust haute er ungehalten auf den Lichtschalter. Es flackerte und die Wohnung wurde in künstliches Licht getaucht.

Methos riß sich den Mantel regelrecht vom Leib und schleuderte ihn mitsamt Schwert achtlos auf die Couch. Noch einmal trat er wütend nach dem Karton, über den er gefallen war. Der Karton rutschte ein Stück zur Seite. Methos seufzte schwer und kniete sich nieder. Er öffnete den Karton und blickte hinein, um zu sehen, nach welchen Büchern er getreten hatte. Es waren alte, wertvolle Stücke über die mittelalterliche Kultur von Griechenland und Europa insgesamt. Methos stand auf und schaute in den Kühlschrank. Er nahm sich ein Bier heraus und setzte sich dann – wie schon so oft in letzter Zeit – an den Computer. Methos schaltete sich in das System der Beobachter ein.

Wie schon so oft suchte er die Dateien der weiblichen Unsterblichen durch. Er gab Kiras Namen ein. Das Suchprogramm würde ein wenig dauern, daß wußte er. Methos erhob sich und ging in sein Schlafzimmer. Aus einer Ecke holte ein großes Bild hervor. Es war das Portrait seiner Frau. Bis heute hatte er keine Ahnung, wo sie steckte. Seit ihrem Streit damals war sie nicht mehr aufgetaucht. Methos machte sich große Sorgen um sie. Lebte Kira überhaupt noch?

Methos prägte sich jede Einzelheit des Bildes ein. Er gab sich die alleinige Schuld für das, was geschehen war. Er hatte ihr gesagt, sie brauchte ihm nie mehr unter die Augen treten. Er hatte sie vertrieben. Dabei hätte Kira nur ein wenig mehr Verständnis von ihm gebraucht. Doch das hatte er ihr nicht gegeben. Methos hatte sich an das Leben als Unsterblicher gewöhnt. Auch Kira hatte das getan, aber sie war eine Frau und hatte sich nach Familie und Kinder gesehnt.

Das Einzige, was Kira von ihm erwartet hatte, war etwas mehr Verständnis gewesen. Methos hatte es ihr nicht gegeben. Statt dessen hatte er sie mit ihrem Schmerz, mit ihrer Trauer, allein gelassen. „Was bin ich nur für ein Ehemann?“ seufzte er. Kein Wunder, daß sie gegangen ist als ich sie dazu aufgefordert habe, dachte er. Es wunderte ihn auch nicht, daß Kira angefangen hatte, an seiner Liebe zu zweifeln, wo er nicht für sie da gewesen war, um ihre Verzweiflung zu bewältigen.

 Der Computer, der im Wohnzimmer stand, gab ein kleines Piepsen von sich. Methos stellte das Bild an seinen Platz zurück und deckte es wieder mit einen Tuch zu. Er kehrte ins Wohnzimmer zurück. Ein Bild flimmerte auf, daneben standen ein paar Daten. Methos zog es das Herz zusammen. Seine schöne Frau, es war ein Foto seiner wunderbaren Ehefrau. Die Beobachter hatten allerdings einige falsche Meldungen von ihr eingegeben.

Kira war unter ihren wahren Namen bekannt, aber ihr Alter stimmte und auch die Tatsache, daß sie momentan allein lebte. Sie war verheiratet, aber das war den Beobachtern nicht bekannt. Sie wußten auch nichts davon, daß sie mit den ältesten Unsterblichen der Welt verheiratet war. Es war kein Beobachter auf sie angesetzt und es gab auch keinen Hinweis darauf, wo sie war oder was sie im Augenblick tat. Schwach ließ Methos seinen Kopf sinken. Das war ein einziger Alptraum. Ein Alptraum, der nicht mehr aufhören wollte.

Obwohl er sein Leben weiter gelebt hatte, hatte er nie aufgehört, sie zu suchen. Kira war seine Frau und Methos wollte wissen, wie ihr Wohlbefinden war und ob sie überhaupt noch lebte. Die Beobachter hatten sie jedenfalls nicht als tot gemeldet, also hatte er noch Hoffnung. Methos ließ sich auf die Couch fallen, nachdem er seinen Mantel aufgehängt und das Schwert neben das Möbelstück gelegt hatte. Methos schloß die Augen. Er hatte nicht den kleinsten Hinweis, wo Kira sein konnte, wo er überhaupt mit seiner Suche anfangen sollte.

„Wo bist du bloß, Liebling? Mein Gott, was ist bloß mit uns geschehen? Ist diese Trennung wirklich endgültig? Ich will doch nur wissen, ob es dir gut geht, Kira“, sprach er leise vor sich hin. Verzweiflung machte sich in ihm breit. Noch immer dachte Methos viel über ihren letzten Streit nach. Und er fühlte sich schuldig. Er hatte sie quasi aus dem Haus getrieben. Es war seine Schuld. Wenn Kira etwas passiert war, dann war er dafür verantwortlich. Wenn sie nicht mehr am Leben war, dann trug er die Schuld an ihren Tod.

Duncan durchwühlte die alltägliche Zeitung. „Was suchst du denn?“ erkundigte sich Joe. „Ich habe da was gelesen. Genau, hier.“ Duncan warf die Zeitung auf den Tresen. „Ausstellung alter Schätze verschiedener Kulturen“, las der Beobachter laut. Er begegnete Duncans Blick. „Was willst du damit?“ „Ich habe mir überlegt, dahin zu gehen. Glaubst du, ich kriege Methos dazu, mitzukommen?“ Joe lachte bitter auf. „Das glaubst du doch selbst nicht. Der verkriecht sich gerade wieder in sein Schneckenhaus. Den kriegst du nicht aus seiner Wohnung.“ „Aber ihn beschäftigt etwas. Ich mache mir Sorgen um ihn, Joe. Ich denke, wenn er ein wenig unter die Leute kommt, geht es ihm vielleicht besser“, meinte Duncan ernst. Zweifelnd schüttelte Joe den Kopf.

„Vergiß es, Mac! Er kommt niemals mit“, sprach Joe. „Ich möchte wirklich gerne wissen, was ihn so sehr plagt.“ „Das wüßte ich auch gerne. Weißt du, Mac, vielleicht braucht er einfach seine Zeit, um sich mit seinen Problemen – welcher Art auch immer – auseinanderzusetzen.“ „Und dann?“ „Dann erzählt er es uns vielleicht. Wer weiß das bei diesem Zyniker schon?“ Joe zuckte leicht mit den Schultern. „Ich weiß, daß er ablehnen wird, aber ich muß wenigstens versuchen, ihn dazu zu bringen, mitzukommen. Könntest du mir den Gefallen tun und zwei Karten für mich kaufen? Laß sie reservieren.“ Joe nickte. Er griff bereits nach dem Hörer des Telefons als Duncan seine Jacke anzog und gemächlich durch die Tür ging, um zu Methos zu fahren.

Ein Klopfen – ein durchdringendes und immer lauter werdendes Klopfen riß Methos aus seinen Dämmerschlaf. Müde schüttelte er den Kopf. Da spürte er die Anwesenheit eines anderen Unsterblichen. „Wer ist da?“ „Duncan.“ Wer auch sonst? dachte Methos bitter. „Was willst du denn?“ „Sei bitte so höflich und mache die Tür auf. Ich schreie mir hier noch die Kehle heiser“, bat Mac. Methos erhob sich langsam von der Couch, auf der er eingeschlafen war, und trottete zur Tür. Duncan erkannte sofort, wie müde und unausgeruht Methos war. Doch die Müdigkeit schien seine Seele mehr zu befallen als seinen Körper. Was war bloß mit ihm los?

Methos schien krank zu sein. Aber das konnte nicht sein, da er unsterblich war. Konnte ihn seelisch etwas so schwer mitnehmen, daß es ihm körperlichen Schaden zufügte? „Was willst du, MacLeod?“ fragte Methos barsch. „Du mußt mal wieder unter Menschen. Ich will mit dir zu einer Ausstellung. Die Karten sind schon bestellt. Die Ausstellung ist morgen.“ „Kein Interesse“, blockte der alte Mann ab. „Methos, warte!“ Duncan stemmte sich mit der Hand gegen die Tür, die fast vor seiner Nase zufiel.

„Ich will nicht, okay? Also, was willst du denn noch?“ knurrte Methos wütend. Duncans Sorge um den alten Mann wuchs von Minute zu Minute. Er sah sein Leiden, sein seelisches, tiefes Leiden. Es spiegelte sich in seinen Gesicht wider. Freundlich lächelte der Schotte seinen Freund an. Er wollte ihm Trost spenden und Mut geben, aber er wußte, er konnte es nicht. „Es handelt sich um eine Ausstellung von alten Schätzen verschiedener Kulturen“, setzte Duncan noch einen drauf, um Methos‘ Interesse zu wecken.

Duncan sah, daß Methos leicht schwankte. „Es könnten auch Sachen dabei sein, die dir einmal gehört haben“, sprach er weiter. „Ich will nur eines zurück, das mir gehört und das ich so schmerzlich vermisse“, flüsterte Methos geistesabwesend. „Und was?“ hakte Duncan sofort nach. Ein giftiger Blick von Methos traf ihn. „Es geht dich nichts an“, begehrte er auf. „Okay, schon gut. Kommst du nun mit? Du bist auch eingeladen.“ Methos seufzte schwer. „Ja, gut, ich bin dabei. Aber nur, weil du zahlst. Glaub bloß nicht, daß du mich damit therapierst.“ „Morgen Abend, Methos, zwanzig Uhr. Wir treffen uns vor der Aktionshalle neben dem Theater. Dort findet die Ausstellung statt“, sprach Duncan ruhig. Methos nickte und warf die Tür zu.

~ 7. ~

Duncan mochte es nicht, wenn er unpassend gekleidet irgendwo auftauchte. Deshalb trug er einen eleganten Anzug für die Ausstellung. Methos hatte sich nicht soviel Mühe gemacht. Er trug eine frische Jeans und dazu einen grauen Rollkragenpullover. In seinen Augen war er fein genug angezogen. Duncan hatte auch nicht erwartet, daß Methos im Anzug kam, deshalb überraschte ihn der Aufzug des alten Mannes nicht sehr.

„Wenigstens lassen sie dich damit rein“, sprach Duncan etwas skeptisch. „Das ist ja das Einzige, was passieren soll, oder? Wäre doch wirklich schade, wenn sie mich nicht reinlassen“, spottete Methos. Die Beiden gingen zum Eingang, wo man Eintrittskarten für Duncan zurück gelegt hatte. Er zahlte und sie traten in das Innere. Verschiedene alte Stücke aus einer längst vergessenen Zeit standen auf Podesten im ganzen Raum verteilt. Methos‘ Augen fingen für einen Moment Feuer. Es interessiert ihn, dachte Duncan aufatmend. Er hatte nicht erwartet, daß die Ausstellung Methos tatsächlich ablenken würde.

Methos‘ Aufmerksamkeit wurde auf eine antike Vase gelenkt. Er fühlte sich wie magisch davon angezogen. Duncan folgte ihm zu dem Podest, auf dem die Vase stand. „Sie ist aus Alexandria“, flüsterte Methos andächtig. „150 vor Christi, um genau zu sein.“ „Woher weißt du das so genau?“ fragte Duncan verblüfft. „Sie gehörte ...“ Augenblicklich verstummte Methos. „Sie war in meinen Besitz.“ „Verstehe.“ Vorsichtig fuhr Methos mit den Fingern über die alte Malerei auf der Vase, ganz sanft.

Verwundert beobachtete Duncan seinen Freund. Er ging so extrem vorsichtig mit dem Gegenstand um. So als streichelte er gar nicht die Vase, sondern etwas anderes. Oder jemand anderen, fuhr es Duncan plötzlich durch den Kopf. Methos bemerkte den überraschten Blick des Schotten nicht. Er verlor sich in seiner Erinnerung. Als er die Konturen der Vase berührte, hörte er Kiras Lachen. Ihr Lachen, wenn er mit ihr gescherzt hatte. Es hatte ihn so glücklich gemacht.

Ein schwermütiger Seufzer entrang sich seiner Kehle. Wo bist du nur, Kira, wo steckst du bloß? fragte er sich im Stillen. Er konnte diese Ungewißheit nicht mehr ertragen. Er hielt es ohne sie einfach nicht mehr aus. Tiefe Verzweiflung kam in ihm hoch. Es war diese Verzweiflung, die er fühlte, seit sie nicht mehr da war, seit sie nicht mehr an seinen Leben teilnahm. Angst mischte sich mit dieser Verzweiflung. Er sorgte sich um Kira. Natürlich konnte sie kämpfen, aber was war, wenn sie an einen äußerst mächtigen Unsterblichen geraten war?

Leicht schüttelte Methos den Kopf. Diese Gedanken taten ihm nicht gut. Wenn sie wirklich tot wäre, hätten die Beobachter es in ihre Datei geschrieben. Aber gab es überhaupt noch Hoffnung, daß er sie jemals fand? Die Welt war groß. Sie konnte überall sein. Wieder nahm er ihr wunderbares Lachen wahr. Doch diesmal schien es nah zu sein, zu nah. Und da setzte sich bei Duncan und ihm das altbekannte Gefühl ein. Methos hob den Kopf und blickte sich um.

Und er bekam den Schock seines langen Lebens. Einige Meter von ihnen entfernt, stand sie – leibhaftig und in Person. Es war Kira. Auch sie hatte gespürt, daß jemand ihrer Art bei der Ausstellung anwesend war. Langsam drehte sie sich um, während sie noch über einen Scherz ihres Gesprächspartners lachte. Inzwischen hatte Duncan den entsetzen Ausdruck in Methos‘ Gesicht bemerkt. Methos‘ Augen wurden größer. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, brachte aber keinen Ton heraus. Unfaßbar starrte er auf die Frau, die von ihnen entfernt dastand. Und sie starrte Methos genauso schockiert an wie er sie. Hoffentlich nicht wieder eine ehemalige Sklavin von ihm, betete Duncan.

Methos folgte seinen Gefühl, seinen Instinkt. Er ging auf Kira zu. Dann zog er sie schweigend in seine Arme ohne nachzudenken. Er kennt sie eindeutig, dachte Duncan verwundert. Die Frau war zweifellos eine Schönheit. Verwirrt blickte Duncan von einem zum anderen. Er verstand nicht, was hier los war, sah aber, daß zwischen den beiden sehr viel war. Sie schienen auf irgendeine Art miteinander verbunden zu sein. Geduldig wartete Duncan auf das weitere Geschehen.

„Gott, Kira! Ich kann es nicht glauben“, flüsterte Methos. „Ich bin so froh, daß du gesund bist, das du noch deinen Kopf hast. Ich habe mir schreckliche Sorgen um dich gemacht.“ Zögernd befreite sich Kira aus seiner Umarmung. Noch immer sprach sie kein Wort. „Kira, ich ...“ Im nächsten Augenblick holte sie aus und schlug ihm ins Gesicht. Methos verlor von der Kraft des Schlages das Gleichgewicht und den Boden unter den Füßen. „Mistkerl“, zischte Kira und ihre Schritte hallten auf dem Boden wider.

Duncan kniete sich zu seinen Freund, der am Boden lag, und sich das Kinn rieb. „Oh ... sie hat echt einen harten Schlag drauf“, stöhnte er. Methos hob den Kopf und sah den schwarzen Mantel nach, der sich bei Kiras Bewegungen um ihre Beine schlang. „Kira, warte“, rief er. Doch er rief ihren Namen umsonst. Sie blieb nicht stehen, sondern ging ungerührt weiter. Im Raum war es ganz still geworden. Die Besucher der Ausstellung beobachteten geschockt, aber auch interessiert das Geschehen.

„Ist alles okay?“ fragte Duncan besorgt. „Ja, sicher. Mir war nur nicht bewußt, daß sie so hart zuschlagen kann“, meinte Methos und schüttelte leicht den Kopf. Er blickte sich um und bemerkte, daß alle sie beobachteten. „Was gibt es denn da so blöd zu glotzen?“ fuhr er wütend auf. Peinlich berührt blickten die Besucher weg. Hastig rappelte sich Methos hoch. „Wo willst du hin?“ fragte Duncan, als der alte Mann aus dem Raum stürmte. Doch Methos antwortete ihm nicht. Seufzend folgte Duncan ihm – eine Entschuldigung murmelnd.

„Kira!“ Methos‘ Ruf hallte über die Straßen. Doch sie ging einfach weiter. „Kira, bleib stehen!“ Methos konnte sie nur schwach in der gedämpften Straßenbeleuchtung ausmachen. Er rannte hinter ihr her. Und hinter ihm war Duncan, der wissen wollte, was das alles zu bedeuten hatte. Nur kurz sah Methos auf die Straße. Ein Auto fuhr heran, daß sofort scharf bremste, als der Fahrer den Mann auf der Straße erblickte. Der Fahrer drohte Methos mit lauten Worten, doch der alte Mann achtete nicht darauf. Duncan entschuldigte sich beim Fahrer und folgte Methos. Was ist hier bloß los? fragte sich der Schotte verwirrt.

Endlich hatte Methos es geschafft und Kira eingeholt. Er hielt sie am Arm fest. Kira wirbelte herum und verpaßte ihm eine Ohrfeige. Methos wich zurück, sah, daß es besser war, ihr jetzt nicht zu nahe zu kommen. „Okay, ich kann verstehen, daß du sauer bist, aber ...“ „Sauer? Warum sollte ich sauer sein? Das du mich unsterblich gemacht hast? Das du eigenmächtig über mich und mein Leben entschieden hast? Verdammt, ich wollte nie ewig leben“, warf sie ihm vor.

„Aber damals ...“, sprach Methos irritiert. Er erinnerte sich an ihre Reaktion. Sie hatte so verständnisvoll reagiert. Kira schüttelte den Kopf. „Mein Gott, ich war total in dich vernarrt, Methos. Ich war zu verliebt, daß ich alles gutgeheißen hätte, was du tust. Ich dachte, du wüßtest schon, was das Beste für mich ist. Ich war bloß eine Sklavin. Eine Sklavin, die plötzlich mit einen großen Kriegsherrn verheiratet war. Ich dachte, du hättest es für mich getan. Doch ich habe mich getäuscht. Heute weiß ich, daß du nur egoistisch gehandelt hast. Du hast es allein wegen dir getan“, schleuderte sie ihm entgegen. Schlitternd kam Duncan neben Methos zum stehen. Verwundert blickte er von einem zum anderen.

„Liebes, du hast Recht“, flüsterte Methos, dem das schlechte Gewissen quälte. „Ich war egoistisch. Ich wollte nicht sehen, wie du alt wirst und stirbst. Ich konnte es nicht. Dafür liebte ich dich zu sehr. Dafür ... liebe ich dich zu sehr, Kira.“ „Du hast mir das Recht genommen, eine Familie zu haben, eigene Kinder zu haben“, sprach sie ungerührt, ohne auf sein Geständnis einzugehen. „Kannst du nicht verstehen, daß ich ...“ „Das du was? Das du mich dafür verabscheust? Mich haßt?“ fiel Methos ihr ernst ins Wort.

Kira schwieg und schüttelte fast unmerklich den Kopf. Methos trat einen Schritt nach vorne, doch Kira wich vor ihm zurück. „Liebes“, sprach er gequält. Er konnte nicht glauben, daß sie ihn nicht mehr an sich rankommen lassen wollte. Fragend blickte er sie an. „Nein, laß es, Methos. Der Graben zwischen uns ist zu groß“, sprach sie traurig. „Es tut mir leid. Ich habe dich aus dem Haus gejagt. Ich wollte dich nicht mehr sehen. Doch ich sagte das aus Wut heraus. Ich habe es nie so gemeint.“ „Es ändert nichts. Du hast mir gesagt, daß ich dir nie mehr unter die Augen treten sollte“, klagte Kira ihn an.

„Ich weiß, was ich in Polen gesagt habe. Ich habe es nicht vergessen. Aber ... ich habe es nie so gemeint.“ „Du hast mich damit sehr verletzt.“ „Ich weiß“, seufzte er schwer. So hatte er sich ihr Wiedersehen nicht vorgestellt. Aber er hatte – aufgrund der Umstände ihrer Trennung – auch nicht erwartet, daß es sehr harmonisch ausfallen würde. „Kira, laß uns darüber reden“, bat Methos inständig. „Nein.“ „Kira, bitte! Laß es dir erklären“, sprach Methos nachdrücklich.

„Erklären? Was für eine Erklärung hast du für die Tatsache, daß du mich in jener Nacht einfach ermordet hast? Das ich dir das Ausleben meiner Unsterblichkeit zu verdanken habe? Und ... all meine Träume zerstört sind?“ Sie schwieg für einen Moment. „Ich wußte nichts von deiner Unsterblichkeit. Ich wußte nicht, was du warst oder bist. Ich dachte, du wärst ein normaler Mann, der Kriegsherr in Ägypten ist und ein gutes, reiches Leben führt.“ Aha, daher kennen sie sich also, stellte Duncan stumm fest.

„Es tut mir leid. Aber was hätte ich dir sagen sollen?“ „Wie wäre es mit der Wahrheit?“ fragte sie herausfordernd. „Die konnte ich dir nicht sagen. Das war unmöglich.“ „Hast du auch nur einen Gedanken daran verschwendet, wie ich mich fühlte, als du einfach über mein Leben entschieden hast? Wie es für mich war, als ich herausfand, daß ich nie eigene Kinder haben werde?“ Methos wich ihrem scharfen Blick aus. „Nein“, flüsterte er. Kira stieß einen verächtlichen Laut aus. Sie drehte sich um und ging davon.

„Bitte warte, Kira“, rief Methos. „Warum?“ fragte sie, als sie sich ein letztes Mal zum ihm umdrehte und kurz stehenblieb. „Ich kann nicht rückgängig machen, was geschehen ist – auch wenn ich es noch so sehr will. Ich weiß, daß keine Worte dieser Welt reichen, um deinen Schmerz über das Verlorene zu lindern. Ich kann deinen Schmerz nicht löschen. Aber glaube mir, Liebling, ich kann es verstehen.“ „Nein, daß kannst du nicht.“ „Doch, ich fühlte genau diesen Schmerz als du gegangen bist“, gestand Methos.

Schweigend blickten sie sich an. Dann setzte sich Kira erneut in Bewegung. Methos lief seiner Frau nach. „Was willst du noch?“ seufzte sie. „Ich kann verstehen, daß du jetzt nicht mit mir reden willst. Du hast sehr lange Zeit gehabt, um über alles nachzudenken. Ich kann verstehen, daß du zornig bist. Immerhin habe ich dir vieles genommen ... mit ... meinen egoistischen Verhalten, aber ...“ Hastig kramte Methos in der inneren Tasche seiner Jacke herum.

Er zog seine Geldbörse und einen Kugelschreiber hervor. Aus seiner Geldbörse fischte er einen alten Kassabon. Auf die Rückseite kritzelte er eine Adresse und eine Telefonnummer. „Wenn du reden willst, dann komme dorthin. Es ist die Bar eines Freundes. Du kannst auch tagsüber kommen, wenn er zu hat. Du kannst auch anrufen. Ich werde dort sein ... und ... auf dich warten, Kira“, sprach Methos.

Er reichte ihr den Zettel. Nachdenklich blickte Kira darauf, dann steckte sie ihn ein. „Es tut mir aufrichtig leid“, sagte Methos noch einmal. Kira sah ihn nicht mehr an, sondern ging einfach. Methos schaute ihr nach. Er grub seine Hände tief in die Jackentaschen. Langsam ging er zu Duncan zurück. Fragend blickte dieser ihn an. „Tue es nicht! Du würdest es doch nicht verstehen“, flüsterte Methos. „Ich gehe nach Hause.“ Duncan umfaßte Methos‘ Arm. „Was ist hier los? Wer ist diese Frau und warum sagst du, daß du sie liebst?“ Tausend Fragen gingen Duncan durch den Kopf, doch er ahnte, daß Methos ihm keine davon beantworten würde. Aber er mußte es wenigstens versuchen, etwas aus dem alten Mann herauszukriegen.

„Ich habe es Kira gesagt ... weil es die Wahrheit ist. Ich habe sie geliebt und tue es noch immer.“ Duncan blickte ihn an. Methos bemerkte es nicht, denn er blickte in die Dunkelheit. Er fixierte die Stelle mit seinen Augen, an der Kira vor wenigen Minuten noch gestanden hatte. „Hast du sie wirklich unsterblich gemacht?“ „Ja, daß habe ich. Damals konnte sie damit leben, heute nicht. Du hast sie selbst gehört.“ „Ist sie der Grund, warum du in letzter Zeit so nieder geschlagen warst?“ fragte Duncan vorsichtig nach. Methos nickte leicht.

„Ja, sie war der Grund für meine depressive Stimmung. Ich habe sie über die Beobachter gesucht. Sie ist auch registriert, aber ... es gab keinen Anhaltspunkt, wo sie sein könnte. Ich habe sie so verzweifelt gesucht.“ „Methos, wer ist sie? Wer ist diese Frau?“ hakte Duncan nach. Methos warf seinen Freund einen kurzen Blick zu und drehte sich dann um. „Sie ist meine Ehefrau. Kira ist meine Frau“, sprach er, dann ging er. Duncan blickte ihm nach. Zu geschockt, um etwas sagen zu können.

~ 8. ~

Laut hämmerte Duncan gegen die Tür von Joes Wohnung. „Ja, ja ...“, hörte er die verschlafene Stimme seines Beobachters. Erneut schlug Duncan mit den Fäusten an die Wohnungstür. „Ist ja schon gut. Ich komme!“ Müde öffnete Joe die Tür. „Duncan, ist etwas passiert?“ sprach er verwundert. Duncan drängte sich energisch an ihm vorbei und lief im Wohnzimmer aufgeregt auf und ab. „Er hat eine Frau. Er ist verheiratet – mit einer Unsterblichen“, sprach er immer wieder wütend.

„Komm nur rein“, meinte Joe sarkastisch und schloß die Tür. „Er ist mit einer Unsterblichen verheiratet. Ich glaube es einfach nicht. Er hat sie nie erwähnt. Kein Sterbenswort hat er von ihr gesagt. Er hat nie gesagt, daß er eine Ehefrau hat.“ Duncan hielt einen Moment inne. „Hast du es gewußt? Du bist Beobachter. In euren Dateien muß das doch vermerkt sein. Hast du gewußt, daß er mit einer Unsterblichen verheiratet ist?“ fragte er seinen Freund.

Joe wußte nicht einmal, wovon Duncan sprach. Er hatte keinen blassen Schimmer, was seinen Schützling so aus der Fassung brachte. Wie sollte er da seine verwirrten Fragen beantworten können? Er hatte Duncan selten so außer sich erlebt. „Nun beruhige dich erst einmal, Mac“, sprach Joe. „Ich soll mich beruhigen? Das ich nicht lache! Er hat uns angelogen – die ganze Zeit. Von wegen, er lebt lieber allein, weil er da auf niemanden Rücksicht nehmen muß“, stieß Duncan verächtlich aus.

„Kein Wunder, daß er allein lebt, wenn er verheiratet ist und keine Ahnung hatte, wo sich seine Frau aufhält.“ Duncan unterstrich seine Worte mit einer ausholenden Handbewegung. „Duncan MacLeod, wovon – zum Teufel – redest du eigentlich? Wen meinst du? Wer hat eine unsterbliche Frau?“ platzte es aus Joe heraus. Abrupt blieb der Unsterbliche stehen. „Methos. Wer könnte mich auch sonst so auf die Palme bringen?“ erwiderte Duncan energisch.

Der Beobachter starrte Duncan an als hätte dieser den Verstand verloren. „Methos? Unser Methos?“ flüsterte Joe fassungslos. „Ja, genau, unser Methos ist mit einer Unsterblichen verheiratet“, erwiderte Duncan. „Das glaube ich ja nicht! Dieser Zyniker hat eine Ehefrau?“ Joe nahm auf der Couch Platz. Er mußte sich jetzt dringend setzen. Der Schock saß zu tief. Eindringlich blickte Duncan ihn an. „Hast du davon gewußt?“ „Sehe ich so aus? In seinen Chroniken steht nichts von einer Ehefrau. Die Beobachter wußten es nicht“, murmelte Joe kopfschüttelnd.

„Wundert dich das? Methos hat als Adam Pierson an seinen eigenen Chroniken gearbeitet. Und es ist uns bekannt, daß er ab und zu mal etwas ändert.“ Joe nickte schwach. „Er hat eine unsterbliche Frau. Aber ... warum lebt er nicht mit ihr zusammen?“ „Ich habe nicht viel von ihrem Streit mitbekommen, aber das, was ich gehört habe, war hochinteressant. Die Beiden hatten vor langer Zeit einen heftigen Streit und Kira, so heißt die gute Dame, verschwand daraufhin. Ich schätze, zwischen den beiden gibt es viele unausgesprochene Probleme. Jetzt sahen sie sich überraschend wieder – bei der Ausstellung“, sprach Duncan.

„Das ist echt heftig! Du sagtest, ihr Name ist Kira?“ „Ja.“ „Wir haben da eine Kira in unseren Chroniken, aber die ist nicht so alt, daß sie zum alten Ägypten paßt. Wir haben sie erst vor einigen Jahren durch Zufall entdeckt und haben getan, was wir konnten, um herauszufinden, wer sie wirklich ist. Wir lagen wohl mit einigen Sachen falsch. Es gab nie einen Anhaltspunkt, daß sie etwas mit Methos zu tun hat, das sie mit ihm verheiratet ist.“ „Ich kann dir sagen, sie ist ganz schön sauer auf ihn. Er hat sie – ich nehme an, in der Hochzeitsnacht – getötet. Damals war sie zu verliebt und zu naiv, um ihn dafür zur Verantwortung zu ziehen. Jetzt sieht sie die Sache etwas anders.“ „Kann ich nachvollziehen“, meinte Joe.

Duncan seufzte schwer. „Ich kann es einfach nicht glauben, daß er sie nie erwähnt hat. Was bildet Methos sich eigentlich ein?“ schimpfte der Schotte. „Warum bist du eigentlich so wütend? Ich meine, mit einem hat Methos doch Recht.“ „Und das wäre?“ fragte Duncan grimmig. „Nun, es ist sein Leben und es geht uns nichts an, wenn er verheiratet ist. Immerhin ist Kira ein Teil seines Lebens. Wir haben nichts damit zu tun. Es ist ihre Beziehung und ihr gemeinsames Leben. Methos‘ Privatleben geht uns nichts an“, bemerkte Joe mit einem leichten Schulterzucken.

Einen Moment blickte Duncan seinen Beobachter an, dann schüttelte er den Kopf. „Aber ... nein, so einfach ist das nicht, Joe. Wir sind seine Freunde. Er hätte es uns sagen müssen. Dann hätten wir auch gewußt, warum er so traurig gewesen war. Immerhin hätten wir dann den Grund für seine depressive Stimmung gewußt, oder? Aber nein, er muß ja immer den ewigen Geheimniskrämer spielen. Methos treibt mich noch zum Wahnsinn.“ Wild fuchtelte Duncan mit seinen Händen in der Luft herum.

Ein schwerer Seufzer entrang sich Joes Kehle. Er konnte zwar verstehen, daß Duncan sauer war, aber das die Wahrheit über Methos‘ Privatleben ihn so aus der Fassung brachte, konnte er nicht nachvollziehen. Doch anders gesehen, schaffte Methos es wie kein Zweiter, Duncan ständig zu verärgern. „Nun reg dich erstmal ab, Mac. Ich sage dir das ungern, aber es zählt jetzt nicht, was du willst oder denkst“, bemerkte Joe ruhig.

„Nein?“ Irritiert blickte Duncan seinen Beobachter in die Augen. „Nein, soweit ich das verstanden habe, haben Methos und Kira große Probleme. Ich schätze, vieles zwischen ihnen ist unausgesprochen geblieben und sie brauchen jetzt Zeit, um sich wieder anzunähern. Immerhin war ihre erste Begegnung seit langer Zeit nicht gerade harmonisch.“ „Nein, sie hat ihn geschlagen.“ „Siehst du?“ „Okay, ich weiß, daß sie Eheprobleme haben – das hat man ja gesehen – aber ...“ „Duncan“, fiel Joe ihm ins Wort.

„Es geht hier vor allem darum, was Methos und seine Frau wollen. Es geht darum, daß die Beiden wieder zusammenfinden. Du hast da kein Wort zu melden. Ich will, daß du mir etwas versprichst.“ „Das wäre?“ fragte Duncan herausfordernd. „Versprich mir, daß du sie in Ruhe läßt, bis alles zwischen ihnen geklärt ist. Die Beiden haben viel aufzuräumen. Und wenn das der Fall ist, dann frage sie, was geschehen ist“, sprach Joe eindringlich auf seinen Schützling ein.

Joe sah an Duncans grimmigen Blick, daß ihm das nicht gefiel. Duncan wollte wissen, was Sache war, aber er sah auch ein, daß Methos und Kira Zeit für sich brauchten. „Versprochen“, murmelte er. „Gut. Entschuldige, ich werfe dich ungern hinaus, aber es ist spät und ich würde gerne noch ein paar Stunden schlafen.“ „Sicher. Tut mir leid, Joe, ich wollte dich nicht wecken. Aber ich mußte das loswerden.“ „Schon gut.“ Duncan verabschiedete sich und ging. Joe seufzte schwer. So spät noch eine solch unglaubliche Geschichte zu erfahren, war ein gehöriger Schock.

Methos fand keine Ruhe, keinen Schlaf. Er saß auf der breiten Fensterbank seiner Wohnung und blickte starr hinaus. Er konnte es noch immer nicht glauben. Er hatte sie wieder gesehen. Kira war hier in Frankreich. Vieles, war sie ihm an den Kopf geworfen hatte, stimmte, daß wußte er. Ja, er hatte kein Recht gehabt, ihr das sterbliche Leben – ihre geheimsten Träume – zu nehmen. Er hatte kein Recht gehabt, ihr das Leben zu nehmen, daß sie sich gewünscht hatte.

Doch er hatte nicht zusehen können, wie sie alt wurde und starb. Er hatte sie so sehnlichst gebraucht, tat es noch immer. Methos seufzte schwer. Instinktiv legte er eine Hand gegen die Fensterscheibe, so als könnte er dadurch Kira erreichen. „Ist es ein Verbrechen, dich so sehr zu lieben?“ flüsterte er, mit der Gewißheit, daß er keine Antwort bekommen würde. Er wußte, ihr Wunsch nach eigenen Kindern war noch nicht versiegt. Und es war seine Schuld. Er hätte ihr mehr beistehen müssen. Und egal, was er auch tat, nichts und niemand konnte ihn von dieser Schuld befreien. Wenn er Kira für immer verlor, dann wegen all den Fehlern, die er begangen hatte.

Zur selben Zeit saß Kira, in einen Bademantel gehüllt, auf ihren Bett und versuchte sich auf ihren Roman zu konzentrieren, an dem sie seit einiger Zeit las. Doch sie schaffte es nicht. Immer wieder kehrten ihre Gedanken zu der überraschenden Begegnung mit Methos zurück. Sie sah sein Gesicht vor sich – seinen ernsten und traurigen Blick. Sie hatte die Schuld in seinen Augen gelesen. Und sie wußte, warum er sich schuldig fühlte.

Genervt legte Kira das Buch zur Seite und schwang die Beine aus dem Bett. Sie ging zum Fenster und blickte in die Dunkelheit hinaus. Inzwischen plagte das schlechte Gewissen sie. Sie hatte ihn ziemlich scharf zurecht gewiesen. In den letzten, vielen Jahren ohne ihn, hatte sie sich oft gefragt, wie Methos reagieren würde, wenn sie sich wiedersehen würden. Nie war Kira in den Sinn gekommen, daß er sie so schmerzlich vermissen würde. Doch sie war noch lange nicht an dem Punkt angekommen, an dem sie ihn verzeihen konnte.

Damals ... ja, da konnte sie es. Aber jetzt? Die Zeit hatte sich verändert, sie hatte sich verändert. Als er sie unsterblich gemacht hatte, hatte sie noch nicht gewußt, daß ihr das Glück von eigenen Kindern, einer Familie, für immer verwehrt bleiben würde. Soviel hatte sie einst miteinander verbunden. Ihre Liebe hätte stärker nicht sein können. Kira seufzte schwer und berührte mit ihrer rechten Hand die Fensterscheibe. Sie fühlte, daß ihre Gefühle für Methos noch immer da waren, aber sie konnte ihm nicht vergeben. Der Schmerz saß einfach zu tief.

Kurz dachte sie darüber nach erneut zu verschwinden, aber sie wußte, es war Methos gegenüber nicht fair. Weglaufen war keine Lösung. Sie waren verheiratet und mußten sich endlich ihren Problemen stellen. Sie mußten miteinander sprechen. Es mußte geklärt werden – irgendwann. „Doch ich brauche noch ein wenig Zeit, Methos“, flüsterte Kira. Nachdenklich zog sie ihren Bademantel aus und hängte ihn über einen Stuhl. Kira löschte das Licht und versuchte, ein wenig Schlaf zu finden, aber dies gelang ihr nicht. Das Wiedersehen mit ihrem Ehemann hatte sie aufgewühlt.

~ 9. ~

Jeden Abend – jeden einzelnen Tag – wartete Methos in Joes Bar auf ein Zeichen von Kira. Doch Kira rief nicht an und tauchte auch nicht auf. Als er vormittags am Bauernmarkt vorbeiging, erfüllte der altbekannte Buzz ihn. Irritiert blieb Methos stehen und blickte sich um. Sein Blick traf sich mit dem von Kira, die sich am Gemüsestand aufhielt. Gleichgültig ging sie zum Obst weiter. Methos folgte ihr. „Was kann ich für Sie tun?“ fragte die Verkäuferin. „Geben Sie mir fünf Äpfel und drei Orangen“, sprach Kira. Die Verkäuferin nickte und erledigte ihre Arbeit.

Vorsichtig näherte sich Methos ihr. „Hi“, sprach er zögernd. Diesmal war er schon viel zurückhaltender als beim letzten Mal. Kira sah nicht einmal auf. „Hi“, erwiderte sie knapp. Die Verkäuferin reichte Kira eine Tüte mit ihren Einkäufen. „Danke.“ Kira reichte das Geld hinüber und ging weiter. Methos blieb an ihrer Seite. „Du bist in Joes Bar nicht aufgetaucht“, stellte er fest, um irgendwie ein Gespräch mit ihr zu beginnen. Ihre abweisende Haltung zeigte ihm, daß sie sich noch nicht beruhigt hatte.

„Ich weiß. Was machst du hier? Spionierst du mir nach?“ „Nein, Kira. Ich bin wirklich nur zufällig vorbei gekommen. Und dann habe ich dich gesehen.“ „Verstehe“, murmelte sie. „Warum bist du nicht gekommen?“ fragte Methos nach. „Ich mußte nachdenken.“ „Soll ich das tragen?“ bot er an, als sie den Bauernmarkt verließ. „Das ist nicht nötig. Der Einkaufskorb ist nicht schwer.“ „Sicher?“ „Methos“, zischte Kira wütend.

„Ähm ... nenn mich in der Öffentlichkeit bitte nicht so. Ich heiße Adam Pierson.“ „Sieh mal einer an! Du versteckst dich schon wieder“, sprach Kira spottend. „Liebes, eine Menge Typen sind scharf auf meinen Kopf. Ich habe mir in meinen Leben ... nicht immer Freunde gemacht. Ich muß mich verdeckt halten.“ Abrupt blieb Kira stehen. Sie wandte sich Methos zu. „Tut mir. Ich kann es ja verstehen. Immerhin bist du der Älteste von uns.“ Sie ging weiter und blieb bei einem schwarzen Audi stehen.

„Ist es vorbei?“ fragte Methos plötzlich als Kira ihre Einkäufe in den Kofferraum lud. Sie hob den Kopf und sah ihn an. „Was meinst du?“ „Uns ... ist es mit uns vorbei?“ Kira seufzte schwer. „Ich weiß es nicht. Das alles ist nicht so einfach. Es ist soviel passiert.“ „Ich weiß. Wo warst du die ganze Zeit?“ „Hier und da. Ich habe einige Zeit in Holland und in Schweden verbracht.“ „Ich habe mir Sorgen gemacht.“ „Das habe ich bemerkt. Es tut mir leid. Mir war nicht bewußt, wie sehr du dich um mich sorgst.“ Methos griff zögernd nach ihrer Hand. Es war nur eine hauchzarte Berührung.

„Es ist nicht deine Schuld, Kira. Alles was geschehen ist, habe ich zu verantworten. Du hattest Recht. Ich hätte nicht einfach so über dein Leben entscheiden dürfen. Ich hätte dich vorher aufklären sollen.“ Kira erwiderte darauf nichts, sondern stieg in ihren Wagen ein. Sie kurbelte für einen Moment das Fenster hinunter. „Ich komme heute Abend in diese Bar. Wir sollten reden.“ „Ich werde auf dich warten“, versprach Methos. Dann fuhr sie davon. Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, dachte Methos und Hoffnung keimte in ihm auf.

Derselbe Tag,
Joes Bar

„Nun beruhige dich doch endlich!“ Entnervt ließ Joe das Glas sinken. Es war eigentlich ein ganz normaler Abend in der Bar. Die Gäste genossen die Musik und ihre Getränke. Methos saß neben Duncan auf einen Barhocker. An ihm war etwas anders. Er war unglaublich nervös und blickte alle fünf Minuten zur Tür. Ein anderes Mal trommelte Methos mit den Fingern auf den Tresen oder schob das Glas hin und her. Joe wußte, woran seine Nervosität lag. Methos hatte erzählt, daß er sich mit Kira traf.

„Sie wird schon kommen“, versuchte Duncan seinen Freund aufzumuntern. „Ich weiß, daß sie kommen wird. Kira ist ein ehrlicher Mensch. Wenn sie sagt, sie kommt, tut sie das auch. Es ist nur ...“ „Was?“ hakte Duncan nach als Methos abbrach. „Ich habe einfach Angst davor, was sie mir zu sagen hat. Ich meine ...“ Hilflos zuckte er mit den Schultern. „Methos!“ knurrte Joe dazwischen. Die beiden Unsterblichen sahen bei der Schärfe in Joes Stimme aus. „Was ist denn?“ fragte Methos unverständlich. „Entweder trinkst du den Whiskey oder du läßt es bleiben. Aber hör auf, den Drink auf den Tresen zu verteilen“, forderte Joe. Methos grinste schief und schob das Glas Whiskey zu Joe.

In diesem Augenblick, als die Tür aufging, ergriff der Buzz Duncan und Methos. „Sie ist da“; flüsterte Methos. „Joe, gib mir ein Bier.“ Kira trat durch die Tür. Ihr Blick fiel sofort zum Tresen. Ihr Ehemann glitt vom Barhocker und kam auf sie zu. „Wo können wir reden?“ fragte Kira. „Dort hinten ist ein Tisch frei.“ „Gut. Kann ich einen Cappucino haben?“ richtete sie ihre Frage an Joe. „Sicher. Ich bringe ihn rüber, wenn er fertig ist.“ Kira nickte und schlängelte sich an den Gästen vorbei, um zum freien Tisch zu gelangen.

Sie legte ihren Mantel und ihre Tasche ab und setzte sich. Eine Kellnerin brachte Kira den Cappucino. Dann waren Methos und sie allein. „Ich bin froh, daß du gekommen bist“, sprach Methos, der ihr gegenüber saß. „Ich, ehrlich gesagt, auch. Methos, es ist nicht so, daß ich dich hasse – für das, was du getan hast.“ „Nein?“ „Nein. Es ist nur ... du kennst mich. Du weißt, wie groß der Wunsch nach eigenen Kindern war. Niemand kennt mich besser als du“, sprach sie. „Kira, sag mir, was ich falsch gemacht habe“, bat Methos leise.

Kira nahm einen Schluck ihres Cappucinos. Dann blickte sie Methos ernst an. „Erinnerst du dich an Polen? Die Schwierigkeiten, die wir damals hatten?“ „Wie könnte ich das vergessen?“ murmelte Methos. „Damals, als ich die polnischen Familien sah, wurde mir so deutlich bewußt, daß ich dieses Glück niemals haben kann. Alles, was ich von dir wollte, war ein wenig Verständnis.“ „Ich habe es dir nicht gegeben. Nicht so, wie du es gebraucht hättest“, sprach er. Kira nickte leicht.

„Ich muß mich bei dir entschuldigen, Methos.“ „Warum du? Ich war doch ...“ Doch sie ließ ihn nicht zuende sprechen. „Ich habe an dir, an deiner Liebe, gezweifelt. Das hätte ich nicht tun sollen. Methos, was geschehen ist, ist nicht deine alleinige Schuld. Wir haben beide Schuld. Das macht eine Ehe nun einmal aus. Du hast dich immer um mich gekümmert, warst immer für mich da. Es war Unrecht.“ „Nein, du hattest Recht. Ich hätte dir sagen sollen, was Sache ist. Statt dessen habe ich dir einfach die Entscheidung abgenommen – ohne dich zu fragen.“ Methos griff nach seinen Bier und trank einen langen Schluck.

„Wir haben beide Fehler gemacht, Methos“, sprach Kira ernst. „Kann ich jemals gutmachen, was ich dir genommen habe?“ „Ich hasse dich nicht. Ich verabscheue dich auch nicht. Ich verachte nur das, was du getan hast – die Art und Weise, wie du einfach über mich entschieden hast. Ich sehe nun, daß du dir große Sorgen um mich gemacht hast. Es tut mir so leid. Ich hätte zu dir zurückkommen sollen.“ „Was genau hast du getan – während unserer Trennung?“ „Ich habe mir die Welt angesehen, habe gearbeitet. Es hat mich abgelenkt.“ „Wovon?“ hakte Methos nach.

Einen langen Augenblick sah Kira ihn schweigend an. „Vor dem Schmerz“, gestand sie schließlich. „Vor dem Schmerz, ohne dich zu leben. Ich habe dich sehr vermißt. Jedesmal, wenn ich nachts neben mich griff, warst du nicht da. Die erste Zeit nach unserer ... Trennung war besonders schlimm. Wenn ich einen Mann sah, der dir ähnelte, bildete ich mir ein, du wärst es. Ich wollte zu dir zurück.“ „Warum hast du es nicht getan? Glaubst du, mir ging es anders? Ich fühlte genau wie du. Ich habe dich gesucht. Ich war bereit, meine ganze Zeit zu opfern, nur um dich wiederzufinden.“ „Ich kann dir sagen, warum ich nicht zurück gekommen bin. Ich hatte Angst.“ „Wovor?“ fragte Methos überrascht.

Kira schluckte schwer. „Vor deiner Wut, vor deiner Reaktion.“ „Wut? Wie konntest du das nur denken? Hast du nicht gesehen, wie ich reagiert habe, als ich dir gegenüberstand? Ich hätte damals nicht anders reagiert. Ich wäre einfach froh gewesen, dich gesund wiederzuhaben.“ Ein Seufzer entrang sich Kiras Kehle. „Was ist nur mit uns passiert? Methos, was ist geschehen? Wir waren so glücklich, so verliebt. Am liebsten würde ich die Zeit zurückdrehen – zurück nach Alexandria“, sprach Kira. In ihrer Stimme schwang Sehnsucht mit.

„Ich weiß nicht, was mit uns geschehen ist. Vielleicht war es einfach der Gedanke an die Ewigkeit. Wir sind beide unsterblich und vielleicht ewig aneinander gekettet. Vielleicht war es das. Unsere Ehe ist ein waghalsiges Unterfangen. Bei uns spielt die Ewigkeit sehr wohl eine Rolle. Kannst du mir vergeben, Kira? Kannst du mir all die Fehler, die ich gemacht habe, verzeihen?“ fragte Methos hoffnungsvoll. „Inzwischen habe ich akzeptiert, daß ich einiges nie haben kann. Es ist ein Teil unseres Daseins. Das kann man nicht ändern“, murmelte Kira bedrückt.

„Wie soll es jetzt weitergehen? Wenn du die Scheidung willst ...“ Kira schüttelte verneinend den Kopf. „Nein? Ist es nicht das, was du willst?“ „Nein, Methos.“ „Aber ... was willst du dann?“ „Ich habe die Scheidung nie gewollt. Ich wußte – egal, wo ich auch war – das es jemanden gibt, mit dem ich verbunden bin.“ „Für mich bist du noch immer das wichtigste in meinen Leben. Daran wird sich nie etwas ändern“, fügte Methos hinzu. „Ist das wahr?“ Methos griff über den Tisch und nahm ihre Hand in seine.

„Nicht ist für mich wichtiger als du. Ich bin ehrlich froh, daß du noch deinen Kopf hast.“ „Du hast mich gut unterrichtet, Methos. Ich habe viel von dir gelernt. Damals hätte ich es niemals für möglich gehalten, daß mein Mann einmal der älteste Unsterbliche der Welt sein würde.“ „Tja, ich hätte es auch nicht gedacht – vor langer Zeit.“ Er blickte sie zärtlich an. Ein Lächeln glitt über ihre Lippen. Und Methos erwiderte ihr Lächeln.

„Was denkst du, Joe?“ fragte Duncan. „Nun ... sie stehen sich noch nicht mit den Schwertern gegenüber. Und sie schreien sich auch nicht an. Sie unterhalten sich ganz ruhig und sachlich – wie zwei Erwachsene“, sprach Joe. „Ich möchte zu gerne wissen, was sie bereden.“ „Mac, denk an dein Versprechen“, erinnerte der Beobachter seinen Schützling. „Ja, daß vergesse ich schon nicht. Wie könnten ich auch? Du erinnerst mich ja ständig daran. Außerdem halte ich, was ich verspreche“, bemerkte Duncan spitz.

„Ich weiß. Aber manchmal muß man dich daran erinnern. Du mischt dich ja gerne in Dinge ein, die dich eigentlich nichts angehen. Laß den Beiden ihre Ruhe. Sie brauchen sie, um sich langsam wieder zusammenzuraufen.“ Joe deutete mit einer Kopfbewegung auf die zärtliche Geste von Methos. Noch immer hielt er Kiras Hand. „Sie freunden sich wieder an. Das ist ein gutes Zeichen. Es ist ein Zeichen dafür, daß sie ihre Ehe nicht einfach so aufgeben wollen.“ „Hast du seine Chroniken verändert? Oder die von Kira?“ fragte Duncan plötzlich. Joe hielt einen Moment in seiner Bewegung inne. „Nein, daß habe ich nicht getan“, sprach er. Duncan verstand und nickte leicht.

Kira warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. „Ich sollte jetzt gehen.“ „Willst du nicht noch etwas bleiben?“ versuchte Methos, sie zu überzeugen. „Nein, es ist besser so.“ „Sehen wir uns wieder?“ „Natürlich. Methos, ich will, daß wir unsere Probleme in den Griff kriegen.“ „Ich auch.“ „Was hältst du von einen Spaziergang – morgen?“ „Wann hast du Zeit?“ „Ich muß vormittags noch einiges für die Galerie erledigen. Am Nachmittag gegen drei Uhr?“ „Ich werde dich abholen.“ „Okay.“ Kira erhob sich. Sie schenkte Methos ein Lächeln und verließ die Bar seines Freundes.

Methos stand auf und kam wieder an den Tresen. Er nahm neben Duncan Platz. Joe kam von der anderen Seite des Tresen, wo er gerade einen Gast bedient hatte, herüber. „Und?“ fragte Duncan neugierig nach. „Ich treffe mich morgen wieder mit ihr.“ „Das ist toll. Habt ihr euch ausgesprochen?“ „Ja, daß kann man sagen. Wir haben über vieles gesprochen, was früher nie zur Sprache kam. Sie haßt mich nicht für das, was ich getan habe. Mir fällt ein Stein vom Herzen.“ „Das ist gut. Ich bin mir sicher, ihr habt noch eine Chance“, bemerkte Duncan zuversichtlich.

„Das hoffe ich. Es wäre zu schön, um wahr zu sein“, seufzte Methos. „Hat sie sich verändert?“ erkundigte sich Duncan. „Kira ist ernster geworden. Früher hat sie mehr gelacht. Aber ich denke, ich kann ihr das Lachen zurückgeben, wenn sie mich läßt. Wir stehen erst am Anfang unserer Versöhnung. Das alles braucht Zeit. Das geht nicht einfach so von heute auf morgen. Ich bin nur froh, daß es ihr gut geht. Ich hätte es nicht überlebt, wenn sie nicht mehr am Leben wäre.“ „Das wird schon alles wieder“, tröstete Duncan ihn. „Hoffentlich“, flüsterte Methos und betete darum, daß Kira zu ihm zurückkommen würde.

~ 10. ~

Nächster Tag,
Pariser Galerie

Unruhig lief Methos vor dem Gebäude auf und ab. Er warf einen Blick auf seine Uhr. Es war schon zehn nach drei Uhr und Kira war noch immer nicht aufgetaucht. Deshalb beschloß er kurzerhand, in die Galerie zu gehen. Im Inneren entdeckte er Kira sofort. Sie stand bei einem älteren Mann und unterhielt sich mit ihm. Kira sah auf und gab Methos ein Zeichen, zu warten. Nach fünf weiteren Minuten schaffte sie es, sich von ihrem Kunden loszueisen, und kam auf Methos zu. „Tut mir leid, daß es länger gedauert hat.“ „Schon okay.“ „Ich bin gleich wieder da. Ich muß nur noch meine Sachen holen.“ Sie verschwand in einen Gang, der zu den Privaträumen der Galerie führte.

Mit ihrem Mantel und ihrer Tasche kehrte sie wieder zurück. „Können wir gehen?“ fragte Methos. Kira nickte. Ein letztes Mal drehte sie sich um. „Bis morgen, Jean. Sollte Mr. Valley anrufen, sag ihm, daß ich mich morgen bei ihm melden werden, um mit ihm über die Ausstellung seiner Bilder zu sprechen.“ „Mach ich! Wiedersehen, Kira“, erwiderte der Mann, den sie Jean genannt hatte. Methos hielt ihr die Glastür auf. Sie schlugen den Weg zum Hafen ein.

„Du bist eine vielbeschäftigte Frau“, stellte er fest. „Ja. Ich habe ein ... nun ... einigermaßen normales Leben. Ich habe nachgedacht, Methos.“ „Worüber?“ „Über uns.“ „Und?“ „Beantwortest du mir einige Fragen?“ „Sicher, frag ruhig.“ „Warum hast du mich unsterblich gemacht? Was hattest du für Gründe? Kläre mich auf. Auch wenn deine Gründe noch so egoistisch waren.“ Methos schluckte schwer. Es würde nicht sehr angenehm werden, daß wußte er. Aber er war es ihr einfach schuldig.

„Nun ... mein wichtigster Grund war, daß ich dich liebte. Ich wollte dich immer bei mir haben. Ich wollte den Rest meines langen Lebens mit dir verbringen. Okay, vielleicht wären wir uns mal auf den Geist gegangen, aber daran dachte ich nicht. In dir sah ich die Frau meines Lebens. Plötzlich verstand ich, warum Menschen der Liebe wegen unglaubliche Dinge taten. Ich brauchte dich nur anzusehen und mein Herz schlug sofort schneller. Es war ein Gefühl, das ich noch nie erlebt habe. Mit jedem neuen Tag wuchs meine Liebe zu dir“, sprach Methos.

„Ich wollte nicht zusehen, wie du alt wirst und stirbst, Kira. Du warst in der Blüte deines Lebens. Also mußte ich die Chance ergreifen, auch wenn ich dir dadurch weh tat. Ich weiß, daß es egoistisch war, aber wenn ich neben dir aufwachte und dich schlafend in meinen Armen liegen sah, stand für mich die Welt still. Das waren Momente in meinen Leben, an die ich mich immer erinnern werde“, erzählte er sanft.

Während Methos ihr seine Gründe für seine Tat erklärte, hörte Kira ihm schweigend zu. „Ich hoffe, dadurch verstehst du mich ein bißchen besser. Kira, sag mir, warum du mich geheiratet hast. Ich war als brutaler Schlächter bekannt. Warum hast du meinen Antrag angenommen?“ Kira zuckte leicht mit den Schultern. „Nun ... ich fand dich attraktiv, als ich dich das erste Mal sah. Ich dachte, man könnte dich vielleicht ändern. Außerdem ... warst du – trotz deiner Grausamkeit – sehr sanft zu mir. Ich verliebte mich in dich. Doch so einfach konnte ich deinen Antrag nicht annehmen.“ „Warum nicht?“ hakte Methos nach.

„Wer war ich denn schon? Ich war eine Sklavin. Und du? Du warst ein großer Mann. Ich mußte einfach wissen, woran ich bei dir bin. Als du mir deine Liebe gestanden hast, wußte ich, daß ich einfach ja sagen mußte. Ich wußte, es war richtig.“ „Sieh uns jetzt an, Kira. Wir sind weit voneinander entfernt. Ich weiß nicht, ob wir jemals zurück können. Die Welt ist nicht die Gleiche. Unser Alexandria existiert nicht mehr, so wie wir es kennen. Ich kann dir das Gefühl, das du in Polen gebraucht hast, jetzt nicht mehr geben. Dafür ist es zu spät.“ „Das weiß ich.“ „Was hältst du von einer Eheberatung?“ schlug Methos vor.

„Und was sollen wir dem Therapeuten sagen? Sollen wir ihm sagen, daß wir seit 150 vor Christi verheiratet sind. Das wäre ein zu großer Schock für ihn. Außerdem müßte wir lügen und wir haben genug gelogen, Methos.“ „Du hast Recht. Wir sollten unsere Versöhnung nicht auf Lügen aufbauen. Das ist keine gute Idee.“ „Wir müssen uns einfach Zeit lassen und aussprechen, was uns beschäftigt. Wir müssen anfangen, wirklich ehrlich zueinander zu sein. Dann haben wir noch eine Chance.“ „Das hoffe ich“, sprach Methos und er blieb stehen.

Seine Hand legte sich um Kiras Wange. „Ich liebe dich, Kira. Bitte, komm zurück! Laß mich gutmachen, was geschehen ist. Laß uns von vorne beginnen. Verlaß mich nicht für immer. Das würde ich nicht überleben. Ich brauche dich so sehr.“ So offen sprach Methos selten über seine Gefühle, daß wußte sie. Instinktiv legte sie ihre Hand auf seine. „Ich will uns auch nicht aufgeben. Aber wir brauchen Zeit. Es ist soviel geschehen. Wir können nicht einfach da weitermachen, wo wir aufgehört haben. Wir müssen uns Schritt für Schritt aufeinander zu bewegen“, erklärte sie ihm.

„Das verstehe ich. Eine langsame Annäherung halte ich für eine gute Idee. Aber versprich mir, daß du nicht wieder einfach so verschwindest wie damals.“ „Versprochen. Wenn ich gehe, werde ich es dir sagen.“ „Ich hoffe, daß du nicht wieder gehst, daß du bei mir bleibst.“ Bevor Kira antworten konnte, kamen sie an einen Ehepaar vorbei. Es schien erst seit kurzem verheiratet zu sein. Verliebt turtelten sie herum und küßten sich immer wieder. Neidisch bedachte Methos sie mit einen Blick. Er würde alles tun, um Kira so wieder in seine Arme nehmen zu können.

In diesem Augenblick klingelte ein Handy. „Das ist meines“, sprach Kira und kramte in ihrer Handtasche herum. Sie fischte das Gerät heraus und hob ab. „Ja?“ Eine Weile hörte sie schweigend zu. „Was? Okay, Jean, sag ihm, er soll warten. Ich bin in fünfzehn Minuten da. Ja, ich komme sofort. Gebt ihm einen Cappucino, dann beruhigt er sich.“ Seufzend legte sie auf. „Du mußt gehen?“ fragte Methos enttäuscht.

„Ja, es läßt sich leider nicht vermeiden. Ein Kunde ist in die Galerie gekommen. Er verhandelt nur mit mir. Er ist ein schwieriger Typ. Es tut mir leid, Methos. Ich wollte den Nachmittag wirklich mit dir verbringen.“ „Schon gut. Was hältst du von einem Abendessen? Ich könnte kochen.“ „Nein, daß ist keine gute Idee. Ich meine, wir sind noch nicht soweit.“ „Und was schlägst du vor?“ „Laß ein paar Tage verstreichen. Ich werde dich in dieser Bar anrufen.“ „Aber ...“ „Methos“, sprach sie sanft, aber bestimmend.

„Okay, einverstanden. Ich richte mich nach dir – auch wenn es mir schwerfällt.“ „Danke. Du weißt nicht, wieviel mir das bedeutet.“ „Ich will gutmachten, was ich falsch gemacht habe, Kira. Und ich hoffe, daß gelingt mir eines Tages.“ Sie schenkte ihm ein leichtes Lächeln. „Ich muß jetzt los. Der Kunde ist wirklich schwierig.“ „Ich laß dich nur ungern gehen. Ich habe immer das Gefühl, daß du wieder für eine lange Zeit von mir gehst und ich dich dann vielleicht nie mehr wiederfinde.“ Kira war über dieses Geständnis ihres Ehemannes überrascht.

Wenn es um seine Gefühle ging, war er äußerst wortkarg. Sie hatte nicht gewußt, daß er überhaupt fähig war, über seine tiefen Empfindungen zu sprechen. Früher war das nicht sehr oft vorgekommen. Natürlich hatte er ihr seine Liebe gestanden, aber über seine tiefen Gefühle hatte er nie gesprochen. Methos war nie leicht gewesen. Er war es schon nicht gewesen, als er noch ein machtgieriger und brutaler Kriegsherr gewesen war.

Sicher, er hatte sie geliebt und sie ihn, aber es war schwer gewesen, zu akzeptieren, daß er das einfache Volk tötete und das er es immer wieder auf neue Art und Weise gefoltert hatte. Doch trotz allem hatte sie immer zu ihm gestanden. Niemals wäre Kira in den Sinn gekommen ihn in Stich zu lassen. Methos nahm ihre Hand und küßte zärtlich die Oberfläche. Dann zog er seine Hand sofort zurück. Er wollte nicht, daß Kira das Gefühl bekam, er würde sie bedrängen. Sie mußte sich wohl fühlen, daß war für ihn wichtig.

Noch einmal blickte Kira ihm in die Augen. Sie las darin Traurigkeit, aber auch seine Hoffnung. Hoffnung darauf, daß es noch nicht vorbei war, daß sie noch eine Chance hatten. „Bis bald.“ „Ich werde auf deinen Anruf warten – jeden Tag“, sprach er und ließ sie gehen. Mit anmutigen Schritten entfernte sie sich von Methos. Plötzlich drehte sie sich jedoch um und kehrte zu ihm zurück. Noch ehe Methos wußte, was geschah, hatte sie ihn auf die Wange geküßt. Und dann ging sie für diesen Tag endgültig.

~ 11. ~

Mit seinen nervösen Verhalten trieb Methos seine Freunde in den Wahnsinn. Die Neugier auf Kira war einfach zu groß, deshalb beschloß Duncan, sie aufzusuchen. Er mußte sich ihr einfach vorstellen. Er mußte einfach wissen, was das für eine Frau war, die es schaffte, den alten Mann so um den Verstand zu bringen. Duncan wollte es endlich wissen, nachdem Methos sich noch nicht die Mühe gemacht hatte, ihn vorzustellen. Er würde sich nicht einmischen. Schließlich hatte er es versprochen. Er wollte Kira nur kennenlernen.

Etwas unschlüssig stand Duncan vor der Galerie. Methos hatte ihm erzählt, das Kira dort arbeitete. Soll ich? dachte er. Vorsichtig blickte er sich um. Duncan wußte, wenn Methos ihn hier erwischte, wäre der Teufel los. Duncan kam sich wie ein Verbrecher vor, der überlegte, eine Bank auszurauben. Methos würde ausrasten und den Schotten zurechtweisen, daß ihm seine Probleme mit Kira nichts angingen. Höchstwahrscheinlich würde er sogar in Betracht ziehen, ihm den Kopf abzuschlagen.

Schließlich gab sich Duncan einen Ruck und stieg die paar Stufen hoch. Er stieß die Glastür auf und trat in den sterilen Raum, der die Galerie darstellte. Duncan konnte Kira weder sehen, noch spürte er ihre Anwesenheit. Er ging auf den jungen Mann zu, der hinter dem Empfangstresen saß. „Entschuldigung, ich bin auf der Suche nach Kira.“ „Sie hat Mittagspause“, erklärte der Mann, dessen Schild an seinen Hemd ihn als Jean auswies, ihm. „Wo kann ich sie denn finden?“ „Sie ißt meistens im Restaurant am Ende der Straße. Sind Sie ein Kunde?“ fragte Jean. „Ein Freund“, erwiderte Duncan und verließ die Galerie. Er folgte der Wegbeschreibung von Jean und hoffte, daß Kira auch wirklich im Restaurant war.

Als er das Restaurant betrat, spürte er sofort die altbekannte Präsenz. Duncan blickte sich um und entdeckte Kira an einen Tisch weiter hinten. Er ging auf sie zu. „Entschuldigung, ich weiß nicht, ob Sie sich an mich noch erinnern. Ich war der Mann, der Methos zu ...“ „Ich weiß, sein Freund. Setzen Sie sich, Mr. ...“ „MacLeod, Duncan MacLeod“, stellte der Schotte sich vor. „Ich bin Kira.“ „Ich weiß, obwohl wir einander nicht vorgestellt wurden, habe ich das Gefühl, Sie schon zu kennen“, sprach Duncan lächelnd.

„Methos ist nicht hier, wenn Sie den suchen“, bemerkte Kira. „Ich bin nicht auf der Suche nach ihm. Er lümmelt bei Joe herum und nimmt dessen Telefon in Beschlag. Er hofft, daß Sie bald anrufen“, erzählte Duncan freimütig. „Und weshalb sind Sie dann hier?“ „Ich bin hier, weil ich die Frau kennenlernen wollte, die ihn so verzweifeln läßt. Er liebt Sie sehr, Kira. Ansonsten hätte er nicht so ein verdammt schlechtes Gewissen wegen dem, was er getan hat. Warum rufen Sie ihn nicht einfach an?“ „Weil ich ihn ein bißchen zappeln lassen will“, offenbarte Kira ihm.

„Hat er nicht schon genug gelitten?“ hakte Duncan nach. „Ich will ihn nicht leiden lassen, verstehen Sie mich nicht falsch. Ich will nur, daß ihm klar wird, daß nicht mehr alles so ist wie früher. Er muß verstehen, daß wir von vorn anfangen müssen.“ „Sie wollen noch eine Chance? Sie haben Ihre Ehe noch nicht aufgegeben?“ Kira nahm einen Schluck ihres Mineralwasser und blickte schweigend aus dem Fenster. Dann richtete sie ihren Blick wieder auf Methos‘ Freund.

„Ich liebe ihn, Duncan. Ich liebe ihn sogar sehr“, sprach er offen. Ihr Geständnis überraschte Duncan nun doch. Bis jetzt hatte er nicht den Eindruck gehabt, daß Methos dieser Frau wirklich etwas bedeutete, daß sie seine Liebe wirklich verdiente. Doch die Liebe in ihrer Stimme ließ ihn nicht an ihren Worten zweifeln. „Entschuldigen Sie diese Frage, aber wenn Sie ihn so sehr lieben, warum gehen Sie nicht einfach zu ihm zurück?“ Über Kiras Lippen huschte ein kurzes Lächeln.

„Weil er sich verändert hat, genau wie ich. Man kann einfach nicht erwarten, daß wir noch die Gleichen sind. Wir brauchen Zeit, Duncan. Ich brauche sie. Wir können nicht da weitermachen, wo wir einst aufgehört haben. Das geht nicht. Das wäre unser Untergang. Wir müssen von vorn anfangen. Und das geht nur Schritt für Schritt. Eine Ehe ist nicht leicht. Man muß sie hüten wie einen Garten. Bei Unsterblichen ist das noch etwas schwieriger. Methos und ich haben es lange nicht getan – den Garten hüten, meine ich. Nicht so, wie es getan werde sollte. Wir haben ihn über zweihundert Jahre verwelken lassen. Jetzt müssen wir langsam das Unkraut entfernen.“ „Sie sind eine Poetin“, bemerkte Duncan lächelnd.

„Vielleicht bin ich das“, erwiderte Kira mit einem Schulterzucken. „Wissen Sie eigentlich, was Sie ihm angetan haben?“ „Wie meinen Sie das?“ „Ihr plötzliches Verschwinden ... Er hat nie über Sie gesprochen. Ich wußte nicht einmal, daß er verheiratet ist. Er hat es nie erwähnt. Jetzt, wo ich die Wahrheit kenne, sehe ich, wie sehr er leidet. Ich dachte immer, es liegt daran, was er als Reiter der Apokalypse getan hat, daß er manchmal so depressiv wurde und sich in sich selbst zurückzog. Ich weiß es jetzt besser“, erzählte er ernst.

„Ich weiß heute, daß es nicht nur die Schuld Ihnen gegenüber war, sondern auch die Sehnsucht nach Ihnen, die ihm oft seinen Lebensmut nahm. Es war die Sehnsucht nach der Frau, die er so schmerzlich liebt, die ihn seinen Schlaf raubte. Lassen Sie ihn nicht so zappeln. Gehen Sie auf ihn zu. Ich weiß, er wird Sie nicht noch einmal so enttäuschen. Obwohl ich Methos jetzt schon einige Jahre kenne, kenne ich ihn kaum. Ich weiß eigentlich nicht, wer er wirklich ist. Er gibt so wenig über sich preis. Aber eines ... eines kann ich mit Bestimmtheit sagen. Er braucht Sie, er liebt Sie.“ „Das tue ich auch“, gestand Kira.

„Dann rufen Sie ihn an. Nähern Sie sich wieder an. Ich werde Sie jetzt allein lassen, Kira. Das Gespräch war sehr aufschlußreich. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie Methos nichts davon sagen. Sagen Sie ihm nicht einmal, daß ich Sie aufgesucht habe. Er weiß es nämlich nicht. Und er wäre ganz schön sauer. Er mag es nicht, wenn sich jemand in seine Angelegenheiten einmischt, aber das brauche ich Ihnen sicher nicht sagen.“ „Ich werde ihm nichts davon erzählen“, versprach Kira. „Danke. Sie sind eine erfrischende und zauberhafte Frau, Kira. Ich kann verstehen, warum Methos so sehr an Ihnen hängt.“ Mit diesen Worten ließ Duncan sie allein. Kira lächelte leicht. Er hatte Recht. Sie sollte Methos anrufen.

Zur selben Zeit,
Joes Bar

Methos kroch hinter der Theke am Boden herum. Joe war im Lager, das sich im hinteren Teil der Bar befand, und bekam so nicht mit, was Methos da tat. „Verdammter Mist!“ Joe stellte einen Kasten Coca Cola auf den Tresen als er zurückkam. „Methos?“ Sie waren allein. Es war Nachmittag und die Bar war um diese Uhrzeit immer geschlossen. Der Mantel des alten Mannes lag noch über dem Barhocker, wo er ihn bei seiner Ankunft hingeworfen hatte. Aber wo war er denn?

„Wo bist du denn? Methos!“ „Ich bin ja da“, hörte er die Stimme des Unsterblichen hinter der Theke. „Was machst du da unten denn?“ „Gar nichts“, wich Methos aus. Doch es klang nicht sehr überzeugend. Joe ging um die Theke herum und erstarrte. Er wußte im ersten Augenblick nicht, ob er lachen oder weinen sollte. „Was, zum Teufel, machst du da?“ wiederholte Joe. „Siehst du das nicht?“ Methos kniete beim Telefonkabel und kontrollierte, ob es auch richtig fest in der Steckdose saß.

„Verdammt, Methos! Nun gib endlich Ruhe. Sie wird schon anrufen“, versuchte Joe ihn zu beruhigen. „Ich wollte nur wissen, ob das Telefon auch wirklich funktioniert. Hätte ja sein können, daß es kaputt ist.“ Methos erhob sich. „Und was ist, wenn sie dir das Telefon abgestellt haben? Hast du die Rechnungen bezahlt, Joe?“ Strafend blickte Methos den Beobachter an. „Ich habe die Rechnungen bezahlt“, erwiderte Joe erbost. „Sicher? Zeig mir die Belege“, forderte Methos.

„Du spinnst ja! Also ... jetzt tickst du völlig aus! Sei so freundlich und stell den Kasten hinter die Theke“, sprach Joe. Methos murrte etwas, was der Beobachter nicht verstand, und stellte den Kasten an seinen Platz hinter der Theke ab. Methos hob den Hörer des Telefons ab. „Funktioniert das auch wirklich?“ fragte er zweifelnd. „Langsam, aber sicher gehst du mir auf den Geist. Sie wird schon anrufen, Methos. Ich bin froh, wenn sie endlich tut“, meinte Joe genervt.

„Wieso?“ fragte Methos unverständlich. „Dann hörst du endlich auf mich zu nerven. Ständig höre ich: Joe, daß Telefon funktioniert nicht. Joe, hast du die Rechnungen auch tatsächlich bezahlt? Du gehst mir wirklich auf den Geist. Sie wird schon anrufen. Also hör endlich auf, dich so aufzuführen. Das Telefon ist in Ordnung. Die Telefongesellschaft ist es auch. Sie werden Kiras Anruf schon durchstellen, wenn sie diese Nummer wählt. Beruhige dich endlich“, forderte Joe gestreßt.

Unruhig lief Methos auf und ab. Joe war wirklich soweit, Methos das Telefon an den Kopf zu werfen, entschied sich aber dagegen. „Ich kann nicht. Sie hat sich seit Tagen nicht mehr gemeldet. Was ist, wenn ihr etwas zugestoßen ist? Oh Gott, Joe!“ Methos machte so ein entsetztes Gesicht, daß Joe wider Willen lachen mußte. „Das ist nicht lustig“, beschwerte sich Methos. „Entschuldige, aber dein Verhalten ist nicht mehr normal ... wenn ich so darüber nachdenke, war es das noch nie.“ „He“, protestierte Methos entrüstet.

„Schon gut. Das war nicht so gemeint. Setz dich hin und beruhige dich“, sprach Joe. In diesen Moment klingelte das Telefon. Methos‘ Hand schoß über den Tresen und riß den Hörer von der Gabel. „Ja?“ fragte er hoffnungsvoll. „Ist Joe Dawson da?“ „Augenblick.“ Methos reichte den Hörer weiter. „Für dich. Aber beeile dich. Ich brauche das Telefon.“ „Sie wird wohl kaum in diesen Sekunden anrufen, oder?“ „Wer weiß das schon? Mach es kurz“, forderte Methos.

Joe hielt den Hörer ans Ohr. Es war ein anderer Beobachter, der mit ihm über etwas wichtiges sprechen mußte. Man hatte den Neuling an den erfahrenen Beobachter weiter geleitet, da dieser über ein ausreichendes Wissen verfügte. Methos blickte auf die Uhr. Schon seit zehn Minuten telefonierte Joe mit seinen Gesprächspartner. „Leg endlich auf“, sprach Methos. „Nun gedulde ich doch.“ „Leg auf!“ Joe drehte Methos den Rücken zu, um in Ruhe das Gespräch zuende führen zu können. Plötzlich war sein Gesprächspartner nicht mehr dran.

Verwundert blickte Joe auf. Was war denn nun los? Er drehte sich um und konnte nicht fassen, was er sah. Methos‘ Hand lag auf der Gabel. Er hatte es gewagt, daß Gespräch einfach zu unterbrechen. „Hast du sie noch alle? Das war ein Beobachter“, beschwerte sich Joe. „Das interessiert mich nicht. Ich habe dir mehrmals gesagt, daß du auflegen sollst. Und wer nicht hören kann, muß fühlen“, erwiderte Methos frech. Joe explodierte fast. Das war ja wirklich der Gipfel der Dreistigkeit.

Methos hatte sich wirklich schon viel geleistet, aber das ... „Du hast ein Handy. Ruf deinen Beobachter darauf zurück. Aber das ...“ Methos schob das Telefon vor sich hin. „... Gehört mir.“ Er war tatsächlich bereit mit Joe über das dumme Telefon zu streiten. Seufzend gab der Beobachter auf. Er ging ins Hinterzimmer und holte sein Handy hervor. Dann rief er den Beobachter an, mit dem er vor wenigen Minuten noch gesprochen hatte.

Fünf Minuten später – Joe telefonierte immer noch – klingelte erneut das Telefon. Methos hob ab. „Ja?“ „Methos?“ Sofort erkannte er ihre Stimme. „Kira, endlich“, sprach er erleichtert. „Sag mal, interessierst du dich für die Oper?“ „Eigentlich nicht“, gab er zu. „Oh“, bemerkte sie enttäuscht. „Aber für dich gehe ich gerne hin. Hast du Karten? „ „Ja, zwei für ein italienisches Stück.“ „Und wann?“ „Morgen Abend. Wir könnten hin gehen und danach ... irgendwo was essen.“ „Klingt gut. Ich bin dabei. Darf ich dich abholen?“ „Es würde mich freuen“, erwiderte sie und nannte ihm ihre Adresse.

„Ich freue mich, Kira, sehr sogar“, sprach er offen. „Ich auch. Bis morgen, Methos.“ „Bis morgen.“ Joe kam in dem Moment herein als Methos den Hörer zurück auf die Gabel legte. „Ja“, stieß er freudig aus. „Deinen Jubelschrei nach zu urteilen, war sie das“, brummte er. „Das war sie, ja. Wir gehen morgen in die Opfer“, verkündete er. „Du kannst die Opfer auf den Tod nicht ausstehen, Methos“, bemerkte Joe.

„Kira will dorthin. Also gehe ich mit ihr dorthin. Danach gehen wir noch essen. Es geht wirklich aufwärts. Wiedersehen, Joe!“ „Kann ich mein Telefon jetzt wiederhaben?“ fragte er skeptisch. Er traute den plötzlichen Frieden nicht. „Klar. Sie hat jetzt ja angerufen.“ Joe entkam ein erleichterter Seufzer. Fröhlich nahm Methos seinen Mantel und verließ die Bar. Endlich war er ihn los. Er brauchte jetzt dringend etwas Erholung von dieser Nervensäge.

~ 12. ~

Kira wartete schon vor dem Haus, indem ihre Wohnung lag, als Methos mit dem Wagen vorfuhr. Sie trug ein langes, schwarzes Kleid bei dem die Träger im Rücken gekreuzt waren. „Du siehst toll aus“, sprach Methos mit einen bewundernden Blick als Kira einstieg. „Danke. Warum magst du keine Oper, Methos?“ Geschickt fädelte sich Methos in den abendlichen Verkehr ein. „Ich kann sie nicht ausstehen, wenn ich ehrlich bin. Sie ist langweilig, man versteht kein Wort und es passiert dabei nichts.“ „Und warum willst du mich dann begleiten?“ fragte Kira irritiert. Methos lächelte leicht.

„Weil ich in deiner Nähe sein will. Außerdem willst du dort hingehen, also begleite ich dich. Ich will gerne erfahren, wofür du dich in der heutigen Zeit interessierst.“ „Für einiges.“ „Zum Beispiel?“ „Nun, ich lese gerne, gehe gern in die Oper und ins Kino. Ich besuche auch gerne Ausstellungen. Also etwas, was ich auch berufliche mache. Ich mag klassische Musik und stöbere gerne in Antiquitätengeschäften herum.“ Methos‘ Miene wurde finsterer. Kira bemerkte seine Wandlung. „Stimmt etwas nicht?“ erkundigte sie sich.

„Deinen Interesse nach zu urteilen, würdest du dich prima mit Duncan verstehen. Du würdest dich viel zu gut mit ihm verstehen, deshalb werde ich ihn dir auch nicht vorstellen.“ Kira mußte sich zurückhalten, um nicht laut loszulachen. Sie hatte Duncan MacLeod schon längst kennengelernt, ohne das Methos dies wußte. Der Schotte war nett, aber nicht ihr Typ – auch wenn er ähnliche Interessen hatte wie sie.

„Bist du eifersüchtig?“ fragte Kira amüsiert. „Ich werde immer eifersüchtig auf andere Männer in deiner Nähe sein. Kira, du bist eine schöne, geistreiche Frau. Viele Männer träumen nur von einer solchen Frau.“ Methos sah, daß sie tatsächlich etwas errötete. „Du übertreibst, Methos.“ „Sei nicht so bescheiden. Du weißt, daß ich es so meine, wie ich es sage.“ „Ich weiß.“ Methos parkte direkt vor dem Opernhaus. Menschen in abendlicher Garderobe strömten in das Innere. „Weißt du, was der Unterschied zwischen dir und diesen Männern ist, Methos?“ „Nein.“ „Ich bin mit dir verheiratet“, sprach Kira ruhig. Methos blickte sie verblüfft an als sie ausstieg. Ein kleiner Funke Hoffnung blitzte in seinen Augen auf. Sie sah ihre Ehe nicht mehr als so verloren an. Das war gut. Es gab ihm Hoffnung, daß sich alles wieder zum guten wenden würde.

Sie waren kaum in Inneren der Opfer angekommen als ein Mann Mitte dreißig auf Kira zustürmte. „Kira, es freut mich, daß du kommen konntest“, rief er begeistert und küßte sie links und rechts auf die Wange. „Ich habe doch gesagt, daß ich komme, Bernard“, sprach sie lächelnd. „Ich war mir nicht sicher, ob du auch wirklich die Zeit dafür findest. Das Stück soll wunderbar sein. Die Kritiker haben es sehr gelobt.“ „Ich weiß. Ich habe die Kritik gelesen. Danke für die Karten.“ „Ich muß mich bedanken.“ Der Mann, den Kira Bernard genannt hatte, zog sie zur Seite.

Methos war nahe daran, den Kerl eines auf die Nase zu geben. Wer war er und welche Beziehung pflegte er zu Kira? Man sah Methos seine Eifersucht regelrecht an. „Ich danke dir für das hervorragende Bild, das du mir verkauft hast. Es macht sich wunderbar in meinen Wohnzimmer. Es war seinen hohen Preis wirklich wert.“ „Das freut mich. Bernard, darf ich dir meinen Begleiter Adam Pierson vorstellen?“ sprach Kira und griff nach Methos‘ Hand.

„Mr. Pierson, es ist mir eine Freude“, sprach Bernard. „Guten Abend.“ Methos‘ Gruß war äußerst eisig und knapp. „Das ist Bernard Louchey, ein Stammkunde der Galerie“, stellte Kira den Mann vor. „Sagen Sie, Mr. Pierson, wie haben Sie es geschafft, Kira begleiten zu dürfen?“ erkundigte sich Bernard neugierig. Methos bemerkte den Blick, mit dem dieser Kerl seine Frau verschlang. Also beschloß er, die Verhältnisse gleich einmal zu klären. „Kira ist meine Frau, Mr. Louchey.“ „Ihre Frau?“ murmelte Bernard fassungslos.

„Ja, meine Ehefrau.“ „Aber ... ihr Name ...“, stammelte er. Methos lächelte gemein. „Wir lebten einige Zeit in Trennung – wegen ein paar Probleme, die in jeder Ehe einmal auftauchen. Während dieser Zeit hat Kira den Mädchennamen ihrer Mutter angenommen. Aber eigentlich heißt sie Pierson. Sie trägt meinen Namen. Wir haben uns wieder versöhnt. Nicht wahr, Liebling?“ Kira selbst war einen Moment verdutzt. „Stimmt.“ „Laß uns auf unsere Plätze gehen. Die Vorstellung fängt bald an.“ Methos nahm Kira die Karten aus der Hand und warf einen Blick darauf. Dann führte er sie die Treppe hoch und von diesem aufdringlichen Kunden weg.

„Sag mal, spinnst du, Methos?“ beschwerte sich Kira sofort als Bernard außer Hörweite war. „Ich stelle hier nur klar, daß kein Kerl meine Frau anzubaggern hat.“ „Er hat mich nicht angebaggert.“ „Ich bitte dich, Kira, daß sieht doch ein Blinder, daß er total scharf auf dich ist. Der hat dieses Bild doch nicht nur gekauft weil es so schön war.“ „Woher willst du das wissen? Du hast es nicht gesehen“, zischte Kira. „Egal. Die Karten hat er dir nicht nur aus purer Dankbarkeit überlassen. Dafür hat er etwas erwartet. Und ich habe ihn nur klar gemacht, daß er mit meiner Frau nicht zu flirten hat“, sprach Methos mit einen Schulterzucken.

„Du bist schrecklich eifersüchtig. Denkst du nicht, du übertreibst ein wenig?“ „Nein. Außerdem sagte ich schon im Wagen, daß ich allen Grund habe, eifersüchtig zu sein. Du bist eine wunderschöne Frau, Kira. Da ist es kein Wunder, daß jeder Mann dich will. Duncan stelle ich dir sicher nicht vor. Du brauchst ihn nicht näher kennenlernen.“ „Er würde dir niemals die Frau wegnehmen. Duncan MacLeod ist ein Mann von Ehre“, platzte es aus Kira heraus. Im nächsten Augenblick wußte sie, was sie gesagt hatte. Sie hatte sich verraten.

Methos warf ihr einen scharfen Seitenblick zu. „Hast du mir etwas zu sagen?“ hakte er nach. Die Plätze waren in einer Lounge, die sie ganz für sich hatten. Methos schob ihr den Sessel zurecht und nahm dann neben ihr Platz. „Nein, gar nichts“, wich Kira aus. „Du warst noch nie eine gute Lügnerin. Mich kannst du nicht täuschen. Er war bei dir. Wann?“ „Das spielt keine Rolle. Ja, er hat mich aufgesucht. Er wollte bloß mit mir sprechen. Duncan wollte nur wissen, was ich für eine Frau bin, da du dich ja weigerst, uns einander vorzustellen. Er hat sich Sorgen um dich gemacht.“ „Und?“ fragte Methos herausfordernd. Kira seufzte leise.

„Hör mit dieser Eifersucht auf! Das ist nicht nötig. Duncan MacLeod ist ein netter Kerl, aber  nicht mein Typ. Außerdem ist er anständig genug, um dir niemals die Frau ausspannen zu wollen. Ich wäre nicht mit dir hier, wenn ich an deinen Freund Interesse hätte.“ Methos überlegte einen Moment. „Stimmt, tut mir leid. Aber ich kenne ihn. Er ist ein Magnet für Frauen und hinter jedem Rock her. Es gibt kaum eine, die dem Schotten widerstehen kann. Ich will dich nur nicht verlieren, Kira. Ich kriege Panik, wenn ich nur daran denke, ein anderer könnte ich mehr interessieren als ich.“ Gerührt schenkte sie ihm ein Lächeln. „Du bist süß.“ Die Lichter gingen aus und der Vorhang hob sich.

Es war ein italienisches Drama. Methos bekam nicht sehr viel von der Handlung mit. Er konnte die Oper einfach nicht leiden. Aber was tat man nicht alles, um seine Ehe zu retten? Kira hingegen war sehr wohl an den Stück interessiert. Methos versuchte sich zu konzentrieren, aber das war gar nicht so einfach. Kiras Anwesenheit lenkte ihn immer wieder ab. Er blickte auf ihre Hände. Sie braucht einen Ring, überlegte er. Er sollte Eheringe kaufen. Ein Siegel, ein Zeichen, daß sie zu ihm gehörte.

Kira bemerkte seinen Blick und beugte sich zu ihm. „Du solltest auf die Bühne sehen und nicht mich beobachten“, flüsterte sie. „Das ist leichter gesagt als getan. Du bist interessanter als dieses Stück“, raunte er zurück. „Halte durch! Das Stück dauert nur noch eine Dreiviertelstunde.“ „Solange noch?“ stieß er überrascht aus. „Die ist schneller vorbei als du denkst“, erwiderte Kira und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder der Bühne zu.

Nach einer Dreiviertelstunde – so wie Kira gesagt hatte - gingen die Lichter an und der Vorhang fiel, nachdem die Darsteller der Aufführung sich vor ihrem Publikum verbeugt hatten. Erleichtert atmete Methos auf. „Es war toll“, schwärmte Kira. „Nun ja ... nicht ganz mein Ding. Ich bin froh, daß ich es überlebt habe.“ „Und ich bin froh, daß du trotz deiner Oper-Abneigung mitgekommen bist. Das du meinetwegen etwas tust, was du eigentlich nicht willst, ist unglaublich lieb von dir. Danke“, sprach Kira und küßte ihn auf die Wange.

Methos half ihr in den Mantel. Kira hakte sich bei ihm ein und sie schlenderten langsam die Treppe hinunter. Bernard stand in der Halle des Opernhauses und unterhielt sich mit einem älteren Mann. „Gehen wir sofort raus“, meinte Methos. „Ich muß mich von ihm verabschieden, Methos.“ „Nein, daß mußt du nicht.“ „Sei nicht albern“, tadelte Kira ihn. Ein strafender Blick traf Methos. Er hob schwach die Hände, um zu signalisieren, daß er kapitulierte. „Okay, aber nur kurz. Und er wird uns auf keinen Fall begleiten.“ „Das wird er nicht. Ich will doch allein mit dir sein.“ „Gut“, kommentierte Methos.

Bernard sah, daß Kira auf ihn zukam und entschuldigte sich höflich bei seinen Gesprächspartner. „Wie hat es dir gefallen?“ erkundigte er sich. „Es war toll. Ich liebe die italienische Oper.“ „Dein Mann nicht so sehr“, bemerkte Bernard trocken. Kira lachte. „Nein, er mag die Oper nicht sehr. Um ehrlich zu sein, haßt er sie.“ „Und warum ist er dann heute hier?“ „Weil er mir eine Freude machen wollte. Ich muß mich jetzt verabschieden.“ „Schon?“ fragte Bernard. Er klang enttäuscht. „Ja, Adam und ich wollen noch essen gehen.“ „Ich wußte nicht, daß du verheiratet bist. Du hast es nie erwähnt. Mit keinem Wort hast du jemals gesagt, daß du einen Mann hast“, warf er ihr vor.

„Ich weiß, aber wie Adam schon sagte ... wir lebten einige Zeit in Trennung. Die Probleme zwischen uns ... es war schwer, für uns beide. Ich muß jetzt los.“ „Das heißt, du wirst nie mit mir essen gehen?“ „Nein. Aber das habe ich dir schon oft gesagt. Ich gehe weder jetzt, noch sonst irgendwann mit dir essen. Privat treffe ich mich grundsätzlich nicht mit meinen Kunden.“ Kira reichte Bernard die Hand. Für einen Moment zog er sie näher an sich. „Warum hast du den Typ überhaupt geheiratet? Ihr scheint mir so verschieden zu sein. Was hat er, was andere nicht haben?“ „Er ist im Besitz meines Herzens“, erwiderte Kira sehnsüchtig und machte sich los. Sie ging zu Methos, der bei der Tür gewartet hatte.

Das Restaurant ‘La Femme‘ gehörte zu den teuersten in ganz Frankreich. Es lag in einer vornehmen Gegend, in der Nähe des Opernhauses. Die Tische standen in Nischen auseinander. Der Teppich war weich und rot. Alles war im altertümlichen Stil gestrichen. Methos und Kira bekamen einen Tisch weiter hinten. Er befand sich in einer Ecke, nicht vom Fenster aus sichtbar. Die Tischdecke war aus dunkelrot mit goldenen Nähten. Darüber lag eine weiße Tischdecke mit Spitzen. Eine Kerze stand in der Mitte, die der Kellner angezündet hatte, als er ihnen die Speisekarte gebracht hatte. Methos bestellte den geräucherten Lach, Kira entschied sich für die Forelle. Der Kellner brachte ihnen eine Flasche ihres exklusivsten Weines.

„Warst du schon einmal hier?“ erkundigte sich Kira. „Mit wem soll ich hergehen? Etwa mit Duncan? Wunderbar, ein romantischer Abend mit dem Schotten“, spottete Methos. „Das würde doch passen, oder?“ lachte Kira. „Gewiß nicht. Ich will nur mit einer Person in diesem Restaurant sein und die sitzt mir gerade gegenüber. Ich kann noch immer nicht glauben, daß ich dich tatsächlich wiedergefunden habe.“ „Ich, ehrlich gesagt, auch nicht.“ Der Kellner brachte ihre Bestellung, wünschte guten Appetit und verzog sich diskret.

„Darf ich dich etwas fragen, Methos?“ „Natürlich.“ „Was ist mit deinen Brüdern? Was machen sie jetzt? Was ist mit Kronos und den anderen beiden passiert?“ Methos sah von der Gabel auf. Seine Miene verfinsterte sich augenblicklich. „Sie sind tot. Kronos, Caspian und Silas ... sie haben ihren Kopf verloren.“ „Was ist geschehen?“ fragte Kira interessiert. „Willst du das wirklich wissen? Es ist ... nicht unbedingt eine schöne Geschichte.“ „Natürlich will ich es wissen, ansonsten würde ich nicht fragen.“ Methos seufzte und erzählte ihr, was in Bordeaux passiert war.

„... Wenn MacLeod nicht gewesen wäre, hätte Cassandra mich enthauptet. Ich war noch von Silas‘ Quickening geschwächt. In diesen Zustand konnte ich mich nicht wehren. MacLeod bat sie um mein Leben.“ „Ich hätte es nicht überlebt, wenn dir etwas zugestoßen wäre“, gestand Kira offen. „Wirklich?“ „Methos, du bedeutest mir noch sehr viel. Weißt du das denn nicht?“ „Wir fangen an, uns in die richtige Richtung zu bewegen“, sprach er zuversichtlich.

„Ja, daß tun wir. Du weißt, daß es nie mehr so sein wird wie früher“, bemerkte sie. „Wir fangen neu an, Kira. Wir finden einen Weg, um es diesmal besser zu machen.“ Kira lächelte leicht. „Du hast mir gefehlt.“ „Das hast du mir schon mal gesagt. Aber ich höre es immer wieder gern, Kira. Sag mal, was ist jetzt mit ... diesem Problem?“ fragte er vorsichtig nach. Er wollte keine alten Wunden aufreißen. „Welches Problem?“ „Das du nie eigene Kinder haben wirst.“ Kira nahm einen Schluck ihres Weines und schwenkte das dunkelrote Getränk im Glas hin und her.

„Ich habe lange darunter gelitten. Weißt du, Methos, ich habe einen Fehler gemacht, einen gravierenden. Als du mir gesagt hast, daß ich nie Kinder haben werde, habe ich es einfach so hingenommen. Mein Fehler war, daß ich es zu schnell akzeptiert habe, ohne mich wirklich damit auseinandersetzen. Ich wollte nicht wahrhaben, wie schrecklich diese Wahrheit ist. Ich habe es verleugnet. Ich habe alles verdrängt und mit der Zeit litt ich immer mehr darunter. Ich hätte von Anfang an darüber reden und mich dem stellen sollen. Doch das habe ich nicht getan“, sprach Kira ernst.

„Du bist nicht die Einzige, die Fehler gemacht hat, Kira. Ich habe sie auch gemacht. Ich hätte dir beistehen müssen. Ich hätte sehen müssen, wie sehr du darunter leidest.“ „Jetzt habe ich es überwunden, Methos. Es hat zwar lange gedauert, aber ich habe mich gründlich damit auseinandergesetzt. Ich habe es akzeptiert. Jetzt kann ich es. So schlimm wie damals ... ist es –nicht mehr. Als wir uns wiedersahen, wurde mir klar, daß ich dich noch immer brauche, daß ich dich jeden einzelnen Tag brauchen werde, Methos“, gestand sie freimütig.

„Und warum hast du mich dann geschlagen?“ fragte er irritiert. „Weil ich wütend war. Ich konnte dir endlich alles sagen, was ich dir sagen wollte. Und nachdem ich das getan habe und meine Wut verraucht war, war ich bereit, mich mit dir zu versöhnen, unserer Ehe noch eine Chance zu geben.“ „Wir sind auf den besten Weg dahin.“ Kira nickte. Methos griff über den Tisch und umschlang ihre Finger mit seinen. „Ich bin froh, daß wir uns durch Zufalle wieder getroffen haben. Ich danke dir.“ „Wofür?“ „Das du meine Frau bist, daß du mich immer ertragen hast, egal wie ich drauf war.“ Sanft küßte Methos ihre Handfläche.

Ein wohliger Schauer rieselte Kiras Rücken hinab. Die Berührung seiner Lippen mit ihrer Haut war so zärtlich, so schön. Sie hatte fast vergessen, wie wunderbar es war. Methos ließ mit einen triumphierenden Lächeln ihre Hand aus. Ihre Reaktion war ihm nicht entgangen. Augenblicklich wußte er, daß er noch immer die gleiche Wirkung auf sie ausübte wie früher. „Das Essen war hervorragend“, wechselte Kira das Thema und schob den leeren Teller von sich.

„Ich wußte doch, daß es dir hier gefallen würde.“ „Du hättest dir aber nicht so ein teures Restaurant aussuchen müssen.“ „Hätte etwa eine Imbißbude gereicht?“ scherzte Methos. Kira verzog die Lippen zu einen schiefen Grinsen. „Ich glaube, dort wären wir wegen unserer eleganten Abendgarderobe sehr aufgefallen.“ „Das denke ich auch. Willst du noch etwas? Einen Kaffee, vielleicht?“ „Nein, danke. Fahr mich nach Hause“, bat sie. „Sicher.“ Methos rief nach dem Kellner und beglich die Rechnung.

Weit weg vom Ausgang des Restaurants stand ein Mann – groß, dunkles Haar und blaue Augen. Er war ein Unsterblicher. Er lehnte an einen Baum und hielt ein Fernglas an seine Augen. Er beobachtete Methos und seine Frau, wie sie gemeinsam das Restaurant verließen und zum Wagen gingen. „Methos“, sprach der Mann leise. Ein breites Grinsen huschte über seine Lippen. Noch lief er lebend herum, aber schon bald würde er ohne Kopf am Boden liegen. Der Fremde prägte sich Kiras Gesicht genau ein.

Vielleicht konnte ihm die Frau, die zweifellos eine Schönheit war, noch nützlich werden. Sein alter Feind Methos war verheiratet. Das rückte den alten Mann in ein ganz neues Licht. Er hatte nicht gewußt, daß es eine Frau im Leben des Killers gab. Durch seine Recherchen hatte er davon erfahren. Damals war er ihm entwischt. Heute würde er nicht abhauen können. Er würde keine andere Wahl haben als sich zu stellen und zu kämpfen. Als Methos den Wagen wegfuhr, drehte der Mann sich um und ging langsam Richtung Innenstadt. Er mußte noch einiges tun, bevor er zuschlug.

Von dem Unsterblichen, der sie beobachtete, hatten Methos und Kiras nichts mitbekommen. Sie hatten ihn nicht spüren können, da er viel zu weit weg war. Methos wußte nichts von der drohenden Gefahr, die im Dunkeln auf ihn lauerte. Er war ganz und gar damit beschäftigt, die Zuneigung und Liebe seiner Frau zurück zu erobern. Methos hielt den Wagen vor dem Haus, indem Kira wohnte. Wie versprochen, hatte er sie sicher nach Hause gebracht.

„Es war ein schöner Abend, Methos.“ „Wann wiederholen wir ihn?“ erkundigte er sich. „Bald, versprochen.“ „Was hältst du von einen Jazzabend?“ „Einen Jazzabend?“ wiederholte Kira. „Ja, Joe hat morgen eine Jazzband in seiner Bar. Sie spielen live.“ „Jazz ist eigentlich nicht meine Richtung.“ „Ich bin allein für dich in die Oper gegangen. Jetzt verbringst du mit mir einen Jazzabend bei Joe.“ „Das ist nur gerecht“, bemerkte Kira. „Okay, die Band beginnt um acht Uhr abends.“ „Ich werde da sein.“ „Bis morgen.“ „Gute Nacht, Methos“, sprach Kira lächelnd.

Einen Moment sahen sie sich schweigend in die Augen. Eine plötzliche magische Spannung lag zwischen ihnen. Es war wie früher. Diese knisternde Spannung hatte schon früher immer zwischen ihnen geherrscht. Methos legte den Arm um Kiras Schulter und zog sie näher an sich heran. Er verschloß ihre Lippen zu einen zärtlichen Kuss. Lange hatte er davon geträumt. Jetzt endlich konnte er sie in den Armen halten. Und Kira verwehrte ihm den Kuss nicht. Sie erwiderte ihn. Danach hatte sich Methos so lange gesehnt.

Er zog sie noch näher an sich. Ein kleiner, wohliger Seufzer entrang sich aus Kiras Kehle. Sie hatte sich ebenfalls nach ihm gesehnt. Das wurde Methos klar, als er sie nun in den Armen hielt. Der Kuss war nicht leidenschaftlich. Aber er zeigte Kira, was er wirklich für sie empfand – tief in sich. Der Kuss offenbarte Kira die wahren Gefühle von Methos. Es waren Gefühle, die er niemanden anvertrauen würde, bei denen er bereit war, sie offen mit ihr zu teilen. Nur widerwillig gab Methos ihre Lippen frei.

„Wir sehen uns morgen“, stammelte Kira und stieg aus. Lächelnd blickte Methos ihr nach und wartete, bis sie im Haus verschwunden war. Einen Moment legte er seinen Kopf auf das Lenkrad. Dann atmete Methos tief durch, richtete sich auf und startete den Motor. Er wartete noch ein paar Sekunden, um seine Nerven zu beruhigen, und fuhr schließlich nach Hause. Der Kuss war wie von selbst geschehen. Und es hatte sich so gut angefühlt. Fast hatte er das Gefühl vergessen, das sich immer in ihm breit gemacht hatte, als er sie geküßt hatte. Nun war es wieder da.

~ 13. ~

„Nun, Methos, wie war der Abend mit deiner Frau?“ fragte Duncan. Sie saßen in der vollen Bar am Tresen und seit einigen Minuten versuchte Duncan, jede Einzelheit aus Methos herauszubekommen. Methos ließ sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen und trank einen Schluck seines Biers. Ein glückliches Lächeln huschte über seine Lippen. „Hast du etwas gesagt, Mac?“ fragte er schließlich. Genervt verdrehte Duncan die Augen. „Du hast mir in den letzten Minuten überhaupt nicht zugehört, oder?“ „Nein“, kam die brutal ehrliche Antwort.

„Das dachte ich mir schon. Aber beantworte mir bitte meine Frage. Wie war dein Abend mit Kira?“ Methos grinste breit und in seinen Augen blitzte es glücklich auf. „Duncan, sieh dir den Burschen doch mal an“, mischte sich Joe ein. „Da muß man Hellseher sein, um zu merken, daß der Abend äußerst gut verlaufen ist. Immerhin strahlt er, wie wir ihn noch nie gesehen haben.“ „Ich will aber wissen, was genau geschehen ist. Irgend etwas ist vorgefallen, daß sehe ich ihm an“, erwiderte Duncan. „Und mir wirft man vor neugierig zu sein“, bemerkte Methos spitz.

„Schon gut. Du brauchst mir ja nicht jedes Detail, jede Einzelheit, erzählen. Aber wie wäre es mit dem wesentlichen?“ schlug Duncan vor. Methos seufzte genervt. „Okay, die Oper war langweilig, das Essen war wunderbar und meine Frau hat sich wohl gefühlt, was mich wiederum zufrieden macht. Nach dem Essen habe ich Kira nach Hause gefahren und sie für heute Abend eingeladen.“ Methos lächelte bei dem Gedanken an den Kuss. Aber das würde er Duncan und Joe nicht erzählen. Alles mußten sie auch nicht wieder wissen.

Methos selbst wußte nicht einmal wie Kira auf ihn reagieren würde – jetzt nach dem Kuss. Er seufzte schwer. Wenn sie kam, würde er Gewißheit haben. „Sie kommt heute her?“ „Eine überflüssige Frage, MacLeod. Übrigens habe ich mit dir noch ein Hühnchen zu rupfen.“ „Wegen was?“ fragte Duncan unschuldig, obwohl er da schon eine Ahnung hatte. „Tue nicht so unschuldig! Warum hast du Kira hinter meinen Rücken aufgesucht?“ brachte Methos die Sache auf den Punkt. Duncan verschluckte sich an seinen Bier.

„Woher weißt du das?“ fragte er unruhig. „Kira hat es mir erzählt, obwohl ich mir denken kann, daß sie dir versprochen hat, nichts zu sagen. Immerhin wolltest du ja nicht auffliegen, oder? Es ist ihr raus gerutscht. Was soll das, Mac? Spionierst du mir nach? Glaubst du, ich kann das nicht alleine regeln? Das ist meine Ehe. Und das geht dich rein gar nichts an.“ „So ist das nicht, Methos. Ich wollte nur wissen, was für eine tolle Frau Kira sein muß, wenn sie dich so um den Verstand bringt“, verteidigte Duncan seine Handlung.

„Und?“ fragte Methos gedehnt. „Sie ist wirklich eine tolle Frau.“ „Laß die Finger von ihr“, forderte der alte Mann wütend. „Ich will gar nichts von ihr. Sie ist deine Ehefrau. Ich würde dir niemals die Frau wegnehmen, die du liebst.“ „Hoffentlich.“ „Du bist von der eifersüchtigen Sorte, richtig?“ hakte Duncan nach. „Ja“, knurrte Methos widerwillig. „Bei dieser Frau auch gar kein Wunder. Sie ist sehr stark. Aber das muß sie ja sein, wenn sie mit einer solchen zynischen Nervensäge, wie du es bist, verheiratet bist“, sprach Duncan anerkennend.

„Sehr komisch! Übrigens, hat sie mir gesagt, daß sie dich in keinster Weise attraktiv findet“, stichelte Methos. „Siehst du? Und warum machst du dir dann solche Sorgen?“ „Weil ich dich kenne. Du bist doch hinter jedem Rock her. Ich schwöre dir, MacLeod, wenn du mir Kira wegnehmen willst, bist du tot. Dann schlage ich dir deinen sturen Schädel ab“, drohte Methos. Unverständlich blickte Duncan den alten Mann an. Dann glitt sein Blick zu Joe, der leise vor sich hin kicherte. „Du solltest seine Drohung ernst nehmen. Er meint es nämlich so“, mischte sich der Beobachter ein. „Ich will doch gar nichts von ihr“, beteuerte Duncan noch einmal und stimmte Methos damit versöhnlich.

In diesen Augenblick fuhr die altbekannte Präsenz durch Methos und Duncan. Gleichzeitig hoben sie die Köpfe und sahen zur Tür. Kira lächelte, als sie ihren Mann erkannte. Wie immer trug er einen Pulli und eine ausgewaschene Jeans. Er sah wirklich wie ein armer Student aus. Aber der erste Eindruck täuschte meistens. Das lernte man schnell, wenn man unsterblich war. Neugierig blickte Methos sie an. Es war offensichtlich, daß sie das, was zwischen ihnen geschehen war, nicht bereute.

Bewundernd blieb Methos‘ Blick an ihrem langen Haar hängen, das ihr locker über die Schulter fiel. Kira kam zu ihnen an die Bar. „Du siehst toll aus. Aber du siehst immer wunderschön aus“, sprach Methos zur Begrüßung. „Ist das etwa die Begrüßung für die Zukunft, Methos?“ fragte sie neckend. Ein Lächeln huschte über seine Lippen und er verstand, was sie ihm damit sagen wollte. Er beugte sich vor und küßte sie zärtlich auf die Lippen. Duncan und Joe fielen fast die Augen aus dem Kopf. Das hatte Methos mit keinem Wort erwähnt.

„Ihr habt euch versöhnt“, stellte Duncan überrascht fest. „Wir sind auf den Weg dahin“, erwiderte Methos und legte Kira einen Arm um die Taille. „Die Zuneigung ist noch äußerst groß.“ „Hast du je daran gezweifelt, Mac, daß es nicht so ist?“ fragte der alte Mann. „Jetzt weiß ich auch, warum du schon die ganze Zeit so vor dich hin grinst. Zieht sie bei dir ein?“ Verneinend schüttelte Kira den Kopf. „Noch nicht. Dazu ist es noch etwas zu früh.“ „Stimmt.“ „Gibst du deiner Frau immer Recht?“ fragte Duncan. Methos grinste breit.

„Sie ist eben die klügste Frau der Welt. Wir haben uns darauf geeinigt, uns Zeit zu lassen. Kira bestimmt das Temp. Aber sie ist wenigstens nicht mehr sauer ... wegen, nun ... du weißt schon ...“ „Ja“, sprach Duncan nickend. Er verstand, worauf Methos hinauswollte. Joe stellte ein Glas Eistee vor Kira hin. „Danke.“ „Kein alkoholisches Getränk?“ fragte Methos. „Du bist zum Alkoholiker geworden, mein Lieber. Das muß ich dir unbedingt wieder abgewöhnen“, tadelte Kira ihn. Methos lachte amüsier. Die Jazzband fing an zu spielen und die Gäste in der Bar lauschten der Musik.

Kira saß auf einen Barhocker neben Methos. „Und? Wie gefällt dir die Musik?“ fragte er, als er sich zu ihr beugte. „Nicht schlecht.“ „Besser als die stinklangweilige Oper.“ „Das würde ich nicht sagen. Die Oper hat ihren eigenen Stil. Du nimmst dir nur nicht die Zeit, dich damit auseinanderzusetzen.“ „Darüber kannst du mit MacLeod diskutieren, aber nicht mit mir, Liebling.“ Kira lachte leise und legte ihm vertrauensvoll eine Hand auf den Oberschenkel. Methos umschlang ihre Finger mit seinen, führte sie an seine Lippen und hauchte ihr einen Kuss auf die Handfläche.

Duncan beobachtete die Beiden. Er konnte nicht abstreiten, daß er so etwas wie Neid empfand, wenn er Methos und Kira ansah. Die Beiden hatten es geschafft, einen Weg zu finden, um ihre Liebe aufzufrischen, ihrer Ehe noch eine Chance zu geben. Sie hatten ihre Probleme beseitigen können. Für einen Augenblick wurde Duncan sentimental. Tessa – er hatte sie so sehr geliebt. Mindestens genauso wie Methos Kira liebte. Der Unterschied war nur, daß Tessa sterblich gewesen und nun tot war.

Er hatte großes Vertrauen zu ihr gehabt, deshalb hatte er ihr auch erzählt, was er wirklich war. Tessa hatte von seiner wahren Natur gewußt und es hatte sie nicht gestört. Noch oft dachte Duncan an sie. Die Erinnerung an ihre glückliche Zeit tat noch sehr weh. Ihr Tod hatte ihn hart getroffen und der Schmerz war noch da – tief in seinen Herzen. Und auch Amanda war fort. Es zog sie – mal wieder – in die weite Welt hinaus. Amanda brauchte Abstand. Aber wenigstens hatte der alte Mann mal Glück. Duncan schüttelte die schlechten Gedanken ab und horchte wieder auf die Musik, die den Raum völlig ausfüllte.

Am nächsten Tage war Methos schon früh auf den Beinen. Er hatte etwas vor. Methos suchte einen Juwelier auf. „Guten Morgen. Wie kann ich Ihnen helfen?“ sprach die Verkäuferin freundlich. „Ich brauche zwei Ringe mit Eingravierungen“, erwiderte Methos. „Was haben Sie sich vorgestellt?“ Die Verkäuferin, die ihr Haar mit einem Knoten im Nacken zusammenhielt, ging zu einer Glasvitrine. Sie lächelte Methos freundlich an und holte zwei Samtpolster heraus, auf dem Ringe in verschiedenen Variationen lagen.

Das Telefon klingelte im Geschäft. „Sehen Sie sich die Ringe in Ruhe an. Ich bin gleich wieder da“, sprach sie und entfernte sich. Methos ließ seinen Blick über die Ringe gleiten, die vor ihm lagen. Zwei fielen ihm sofort ins Auge. Es waren zwei Goldringe, einer davon war zierlich und ein Diamant zierte die Mitte, der andere war ein einfacher Ring, wie Männer ihn trugen. „Haben Sie sich entschieden?“ fragte die Verkäuferin, die unbemerkt von ihm heran gekommen war.

„Ja, ich will die Beiden“, sprach er und deutete auf die beiden Goldringe. „Und was für eine Gravierung wünschen Sie?“ „Eine einfache. Es soll ‘Für immer‘ dort stehen.“ „Das werden wir erledigen, Mr. ...“ „Pierson“, fügte Methos hinzu. Er folgte der Verkäuferin an den Tresen, wo sie sich alle wichtigen Daten aufschrieb. „Wann werden die Ringe fertig sein?“ erkundigte sich Methos. „Ich denke in drei Tagen. Schauen Sie einfach vorbei.“ „Das werde ich. Auf Wiedersehen.“ „Wiedersehen, Mr. Pierson.“ Methos steckte die Bestätigung ein und verließ das Geschäft.

Methos blieb einen Moment stehen und genoß die morgendliche Sonne auf seinen Gesicht. Da erfaßte ihm die plötzliche Präsenz eines anderen Unsterblichen. Er blickte sich aufmerksam um. Von der anderen Straßenseite kam ein Mann auf ihn zu. Augenblicklich erkannte Methos ihn. Es war David Gillis. An seinen Gesichtsausdruck erkannte Methos, daß der Unsterbliche nichts von den Geschehnisse von damals vergessen hatte. Auch nicht, daß Methos dem Kampf gegen ihn einst ausgewichen war ...

Atlanta/Amerika,
Jahr 1832

Methos hatte eine wichtige Verabredung. Er lief über die Straße, um zum verlassenen Platz am Stadtrand zu gelangen. Es war schon dunkel und der Unsterbliche, sein Gegner, würde sicher schon auf ihn warten. Eigentlich wollte er gar nicht kämpfen, aber man ließ ihm ja keine andere Wahl. Methos ging jedoch nicht ohne Plan zu diesem Duell. Er würde nicht riskieren, seinen Kopf zu verlieren. Wie erwartet, war sein Gegner schon da. Methos seufzte schwer, nahm seinen ganzen Mut zusammen und ging auf ihn zu. Während dessen zog er sein Schwert.

„Du bist tatsächlich gekommen“, rief der Unsterbliche, dessen Namen Jack Remedy war. „Ich dachte schon, du kommst nicht mehr.“ „Ich habe mich etwas verspätet, tut mir leid“, erwiderte Methos knapp. „Dann können wir ja anfangen“, sprach Jack gleichgültig. Er holte zum Schlag aus. Die Klingen klirrten laut gegeneinander. Weder Methos, noch Jack sahen die Frau, die gerade auf den Weg nach Hause war. Entsetzt blieb sie stehen. Der Schock fuhr ihr in die Glieder, als sie die beiden Männer sah, die sich mit Schwertern ein heißes, unnachgiebiges Gefecht lieferten.

Keiner der Beiden wich auch nur einen Millimeter. Keiner wollte nachgeben, denn sie wußten beide, daß wäre ihr Todesurteil. Doch der Ältere, Methos, fand, daß er schon lang genug hier war. Es war besser, dem ganzen ein Ende zu setzen und zwar schnell. „Ich habe noch eine kleine Überraschung dabei“, sprach er. Überrascht hielt sein Gegner mitten in der Bewegung inne. „Und das wäre?“ fragte er scharf. Methos zuckte leicht mit den Schultern und zog eine Pistole aus seinen Mantel.

Ungläubig blickte Jack von der Pistole zu Methos. „Das ist nicht fair. Du weißt, daß du das nicht darfst. Das ist gegen unsere Regeln“, rief er entrüstet. Seine Miene war eine einzige Empörung. „Weißt du was? Mir ist egal, ob das gegen unsere Regeln ist oder nicht. Und auch wenn ich es eigentlich nicht tun darf, wird mich niemand daran hindern, es trotzdem zu tun. Fairneß ist etwas, was in unserer Welt keinen Platz hat, wenn wir überleben wollen“, erklärte Methos knapp.

Jack sprang zur Seite, als er erkannte, daß Methos es wirklich ernst meinte. In diesen Moment feuerte der ältere Unsterbliche los. Er konnte um sich schießen. Immerhin war niemand anderer in der Nähe. Sie waren allein. In der nächsten Sekunde spürten Methos und Jack die Präsenz eines weiteren Unsterblichen, der sich in der Nähe aufhielt. Gleichzeitig hörten sie ein dumpfes Geräusch, dem ein leiser Schrei folgte. Entsetzt starrte Methos auf die Frau, die blutüberströmt zu Boden stürzte. Die Kugeln hatten nicht nur seinen Feind getroffen, sondern auch eine unschuldige Zivilistin.

Da bog der Unsterbliche, den sie zuvor noch gespürt hatten, um die Ecke. Methos wußte nicht, was er jetzt tun sollte. Das waren ihm eindeutig zu viele Zeugen für seinen Kampf. Sein Plan war total nach hinten losgegangen. Sein Feind war tot. Dieser Teil seines Planes hatte funktioniert. Aber dafür war eine unschuldige Frau tot. Was macht auch eine Frau um diese Uhrzeit hier draußen? dachte er. Der fremde Unsterbliche trat auf die Straße. Bevor er etwas sagen konnte, glitt sein Blick zu der Toten. Entsetzen breitete sich in seinen Gesicht aus.

Oh oh, daß ist gar nicht gut, dachte Methos ernst. Es war offensichtlich, daß der Unsterbliche die Frau kannte, die er soeben unbeabsichtigt erschossen hatte. „Mein Gott“, flüsterte er. „Nein, bitte nicht! Das darf nicht sein“, murmelte der Unsterbliche und stürzte zu der Frau. Vorsichtig nahm er sie in seine Arme. „Mariah, sag doch etwas. Bitte, Mariah, sprich mit mir!“ Verzweiflung und Trauer las man in seinen Gesicht. Die Frau war tot. Daran konnte er nichts mehr ändern.

Methos überlegte hastig, was er tun sollte. Es war klar, daß der Mann nicht gut auf ihn zu sprechen sein würde. Wutentbrannt blickte der Fremde auf. „Dafür werde ich dich töten. Du hast Mariah umgebracht“, sprach er und erhob sich. Er zog sein Schwert und richtete die Spitze auf Methos. „Hören Sie, daß habe ich nicht gewollt. Ich wollte den da treffen“, erwiderte Methos und deutete mit den Kopf auf den toten Unsterblichen am Boden. „Du hast meine Frau getötet. Sie hatte nichts mit all dem zu tun.“ „Das weiß ich. Es war ein Unfall.“ Methos wich einen Schritt zurück. „Mein Name ist David Gillis. Du wirst meinen Namen nie vergessen“, sprach er drohend. Er stürzte sich auf Methos.

Gerade noch rechtzeitig konnte Methos dem Schlag ausweichen. Er verpaßte seinen Gegner einen Schlag mit dem Ellbogen. Dann drehte er sich um und rannte die Straße hinunter. David Gillis folgte ihm. Methos drehte abrupt um und lief in eine Seitengasse. Er bog bei einem Haus ein und kam dann wieder auf die Hauptstraße. Als er sich umblickte, stellte er fest, daß er seinen Verfolger abgehängt hatte. Methos beschloß, Atlanta sofort zu verlassen. Es wurde ihm hier zu gefährlich ...

Paris/Frankreich,
Jahr 2000

Er war abgehauen, wie schon so oft in seinen Leben. Doch diesmal hatte David ihn gefunden. Er hatte es ihm nie verziehen, daß Mariah durch dieses Unglück ums Leben gekommen war. Obwohl es ein Unfall gewesen war, war David von seinen Hass geblendet. Er wollte, daß Methos für Mariahs Tod bezahlte – mit seinen Kopf, seinen Leben. Methos seufzte schwer. Jack, den Unsterblichen, mit dem er sich eigentlich duelliert hatte, hatte er letztendlich doch geköpft. Nach einigen Jahren waren sie sich wieder begegnet und Methos hatte beendet, was er in Atlanta begonnen hatte.

Und nun war David Gillis hier. Er hatte ihn aufgespürt. Augenblicklich bekam Methos Angst um Kira. Wußte er von ihr? Wollte er ihm das nehmen, was Methos das Wichtigste überhaupt war? David grinste breit und stellte sich ihm in den Weg. „Hallo Methos“, sprach er haßerfüllt. „David“, seufzte Methos und versuchte, seiner Stimme einen normalen Klang zu geben. „Was willst du hier?“ „Ich will zu dir. Du bist schwer zu finden. Aber etwas anderes hätte ich vom ältesten Unsterblichen auch nicht erwartet. Was machst du beim Juwelier?“ „Das geht dich nichts an“, blockte Methos ab und ging auf Distanz.

David lachte bösartig. „Ich schätze einmal, ein Geschenk für deine Frau?“ Methos zuckte zusammen, so als hätte jemand ihn geschlagen. David wußte von Kira. „Du weißt ...“, stammelte er, doch David fiel ihm ins Wort. „Ja, ich weiß von der hübschen Unsterblichen, die deine Frau ist. Sie ist wirklich schön. Das muß man dir lassen, du hast einen guten Geschmack. Hätte ich einen kaltblütigen Mörder wie dir gar nicht zugetraut.“ „Ich habe dir schon mal gesagt, daß das mit Mariah ein Unfall war.“ „Ich weiß. Damals wußte ich noch nicht, mit wem ich es zu tun habe. Heute bin ich eines besseren belehrt. Ich werde mir deinen Kopf holen, Methos“, versprach er.

„Eines solltest du noch wissen, mein Lieber. Wenn du dich weigerst, gegen mich zu kämpfen, wirst du deine Frau verlieren. Dann hole ich sie mir.“ Methos stieß David gegen die Wand des Ladens, indem er gerade gewesen war. „Du wirst Kira nicht anrühren, hast du verstanden? Du wirst sie in Ruhe lassen“, zischte er wütend. „Das liegt ganz allein an dir“, erwiderte David ungerührt. Methos seufzte und nickte leicht. „Wann und wo?“ fragte er bloß. „Das sage ich dir noch. Wiedersehen.“ David befreite sich aus Methos‘ Griff und ließ ihn sehen. Geschockt blickte Methos ihm nach. Er wollte nicht kämpfen, aber wenn er es nicht tat, würde Kira für seinen Fehler bezahlen müssen. Methos wußte, er hatte keine andere Wahl. Er mußte sich auf dieses Duell einlassen.

~ 14. ~

Methos war mit Kira zum Essen verabredet, aber er hörte ihr kaum zu. Dies war ein Zeichen dafür, daß ihn etwas bedrückte. Kira kannte ihn lang genug, um das zu wissen. „Methos, ist alles in Ordnung?“ fragte sie und riß ihn somit brutal aus seinen Gedanken. „Was?“ murmelte er verwirrt. „Ich habe dich gefragt, ob alles okay ist.“ „Sicher. Mir geht’s prima.“ „So siehst du aber nicht aus. Du bist so still und hörst gar nicht zu. So kenne ich dich nicht“, sprach sie besorgt.

Ein schwaches Lächeln huschte über Methos‘ Lippen. „Es ist wirklich alles in Ordnung. Ich bin nur schlecht drauf, daß ist alles. Tut mir leid, daß du meine schlechte Laune abkriegst. Das hatte ich nicht vor. Es hat aber nichts mit dir zu tun, Liebes.“ Noch immer zierte eine Sorgenfalte ihre Stirn. Sie schien zu spüren, daß da mehr dahintersteckte. „Es geht mir wirklich gut, Kira. Mach dir bitte keine Sorgen. Ich habe nur einen schlechten Tag erwischt“, beteuerte er. „Bist du dir sicher, Methos?“ fragte sie zweifelnd. „Ja“, erwiderte er nickend.

Erneut zwang er sich zu einem Lächeln. Mit seinen Gedanken war Methos bei David. Er konnte und wollte Kira nichts davon erzählen. Methos wollte sie in diese alte Sache nicht hineinziehen. Es hatte nichts mit ihr zu tun. Er würde sie da raushalten. Es war besser, wenn sie nichts davon wußte. Methos blickte Kira an, während sie sprach. Doch ihre Worte kamen gar nicht bei ihm an. Er konzentrierte sich nur auf ihr Gesicht. Egal, was auch passieren mag, ich liebe dich, sprach er im Stillen. Er konnte es nicht aussprechen – nicht jetzt. Es würde seine Gedanken verraten. Es würde das verraten, was ihn so sehr zu schaffen machte.

Tage später

Doch Kira blieb es nicht verborgen, daß irgend etwas Methos schwer belastete. Er machte sich über etwas Sorgen, wollte aber mit der Sprache nicht herausrücken. Was war bloß los mit ihm? Sie kamen sich wieder näher und er müßte eigentlich glücklich sein. Immerhin hatte er sich das so sehr gewünscht, daß wußte sie. Aber statt dessen schien er sich plötzlich von ihr zurück zu ziehen. Was war denn nur los? Kira sah die Veränderung an Methos. Was beschäftigte ihn nur so sehr?

Kira stand am Tresen in der Galerie und studierte einige Unterlagen. Aber, egal wie sehr sie auch versuchte, sich darauf zu konzentrieren, es gelang ihr einfach nicht. Methos hatte ein Problem, dessen war sie sich sicher. „Was ist nur los mit ihm?“ murmelte sie. „Kann ich dir helfen, Kira?“ fragte plötzlich ihre Kollegin Lisa. „Es geht um meinen Mann Adam. Er ist so ruhig und in sich gekehrt. Irgend etwas stimmt nicht mit ihm. Ich sehe es ihm an. Er hat ein Problem, aber er rückt einfach nicht damit heraus.“ „Du warst lange von ihm getrennt. Vielleicht liegt es daran“, bemerkte Lisa.

Verneinend schüttelte Kira den Kopf. „Nein, daß ist es nicht. Wir sind uns wieder näher gekommen und es müßte ihn glücklich machen. Aber er verhält sich nicht so, verstehst du? Etwas ist los mit ihm. Vielleicht sollte ich mit seinen Freund sprechen. Vielleicht weiß Duncan MacLeod, was mit Adam los ist“, sprach Kira auf einmal. „Kommst du hier alleine klar? Ich muß dringend weg.“ „Natürlich, geh nur“, meinte Lisa lächelnd. Kira holte ihre Sachen und verließ die Galerie. Die Sache war zu wichtig, um sie aufzuschieben.

Am Nachmittag war die Bar – wie immer – geschlossen. Doch Kira konnte inzwischen wie Methos und Duncan jederzeit dort auftauchen. Sie wußte, daß sie Duncan bei Joe finden würde. Und ihre Ahnung bestätigte sich auch als sie seine Anwesenheit spürte. Duncan saß am Klavier und spielte ein melancholisches Stück als sie durch die Tür trat. Er hob den Kopf und ein Lächeln huschte über seine Lippen. „Kira“, rief er erfreut und stand auf. „Ich muß mit dir sprechen, Duncan“, sprach sie. „Was ist los?“ fragte er besorgt, als er ihren ernsten Gesichtsausdruck sah.

„Es geht um Methos. Ich mache mir große Sorgen um ihn.“ „Aber er ist doch so glücklich mit dir.“ „Es geht nicht um uns, Duncan. Es ist etwas anderes. Irgend etwas ist los mit ihm, aber er will mir nicht sagen, was es ist. Vor einigen Tagen, es war kurz nach dem Jazzabend, waren zum Essen verabredet. Er kam auch, daß war nicht das Problem. Er war nur ... so ... verändert. Richtig still und in sich gekehrt. Er hat mir nicht einmal zugehört. Etwas stimmt da nicht, Duncan“, sprach sie ihre Sorge aus.

Er sah ihr an, daß sie sich ehrlich um Methos sorgte. Und wenn sie zu ihm kam, weil Methos mit der Sprache nicht herausrückte, mußte es wirklich ernst sein. „Weißt du, er ist manchmal so. Du warst die letzten zweihundert Jahre nicht an seiner Seite. Er hat sich ... verändert. Er ist nicht mehr so wie in Ägypten“, versuchte er sie zu beruhigen. Aber er versuchte auch, sich mit seinen Worten zu beruhigen. „Das weiß ich, Duncan.“ „Ich bin mir sicher, daß sich seine Stimmung bald ändern wird. Vertrau mir! Er ist sicher bald wieder so, wie du ihn kennst.“ „Er hat irgend etwas, Duncan“, rief Kira erregt.

„Irgend etwas bedrückt ihn, aber er weigert sich, mit mir darüber zu reden. Ich bin mir ziemlich sicher, daß da was im Busch ist. Wenn ich nur wüßte, was es ist. Ich mache mir wirklich Sorgen um ihn. Also hör auf, mich zu beruhigen. Du bist ein guter Mensch, Duncan MacLeod. Aber du hast keine Ahnung, wer Methos wirklich ist. Du kennst ihn nicht. Du magst sein Freund sein, aber wer er wirklich ist, daß weißt du nicht. Du kennst ihn nicht so lange wie ich.“ „Da hast du Recht. Ich bin sein Freund, weiß aber nicht, wer er wirklich ist. Methos versteckt sich hinter einer Fassade. Er zeigt nicht sein wahres Ich. Jedenfalls nicht mir“, sprach Duncan ernst.

„Aber er zeigt mir, wer er wirklich ist. Mir offenbart er sich normalerweise. Ich weiß, wer er ist. Bei mir ist er, er selbst, verstehst du? Und wenn ich dir sage, daß er ein Problem hat, dann hat er es.“ „Okay, nehmen wir an, er hat ein Problem. Was willst du tun?“ Machtlos ließ sich Kira auf einen Stuhl fallen. „Ich kenne ihn, Duncan. Wenn er denkt oder auch nur annimmt, ich könnte in Gefahr geraten, wird er es mir verschweigen. Dann wird er alles tun, um seinen Feind zu töten und mich da raus zu lassen. Er wird es mir nicht sagen“, seufzte sie schwer.

Sie strich sich ein paar Haarsträhnen zurück. „Aber dir“, meinte sie plötzlich. „Mir? Wie kommst du darauf? Nein, mir wird er das auch nicht sagen. Er spricht mit mir nicht über ernste Probleme, die ihn quälen. Bis zu eurem Treffen wußte ich nicht, daß er verheiratet ist. Er hat mir auch nicht gesagt, daß er einst ein Reiter der Apokalypse war. Das erzählte er mir erst als Cassandra und Kronos aufgetaucht sind.“ „Er hat es dir nicht erzählt, weil er dich kennen gelernt hat, Duncan. Du bist ... wie sagt er es immer ...“ „Der Ritter auf den weißen Ross“, half Mac ihr auf die Sprünge.

„Genau. Sei doch mal ehrlich: Du hättest es nicht verstanden. Du tust es noch immer nicht, oder?“ „Nein“, gab er offen zu. „Siehst du? Genau aus diesem Grund hat Methos dir nichts gesagt. Er ist fünftausend Jahre alt. Er kennt das Wesen der Menschen zur Genüge.“ „Da hast du Recht. Du denkst also, er hat wirklich ein ernsthaftes Problem? Und es ist nicht bloß eine seiner Depressionen?“ „Das ist keine Depression oder sonst irgendeine Stimmungsschwankung. Ich bin mir ganz sicher“, sprach sie. Nachdenklich rieb Duncan sich über das Kinn.

„Vielleicht ist er einen Unsterblichen begegnet“, überlegte er laut. „Duncan, würdest du bitte mit ihm sprechen? Vielleicht sag er dir, was Sache ist. Wenn er wirklich einen von uns getroffen hat und es deswegen Probleme gibt, wird er es mir nicht sagen. Er ist der Meinung, daß er mich mit so etwas nicht belasten sollte“, meinte sie besorgt. „Ich werde mich mit ihm reden und zwar sofort. Wo kann er dich erreichen?“ „Zu Hause.“ „Gut, keine Sorge, Kira. Ich kriege schon raus, was mit ihm los ist.“ „Danke, Mac. Du bist ein echter Freund.“ „Sag Methos das mal“, witzelte er und verließ die Bar. Kira verabschiedete sich von Joe, der sich die ganze Zeit im Hintergrund gehalten hatte, und ging ebenfalls.

Laut klopfte Duncan an die Tür von Methos. Doch nichts rührte sich. „Ich weiß, daß du da bist! Mach die Tür auf, Methos!“ forderte er. Der alte Mann riß die Tür fast aus den Angeln als er sie öffnete. „Schrei noch lauter! Dann erfährt die ganze Nachbarschaft, daß ich nicht Adam Pierson bin“, knurrte er. Widerwillig ließ er Duncan eintreten. Methos blickte in den Flur hinaus, um sich zu vergewissern, daß niemand seiner Nachbarn den Lärm mitbekommen hatte. Er ließ die Tür ins Schloß fallen und ging ins Wohnzimmer.

„Was willst du, MacLeod?“ fragte er genervt. Die Neugier des Schotten hatte ihm gerade noch gefehlt. „Kira war bei mir. Sie macht sich Sorgen um dich. Und sie schickt mich, um herauszufinden, was mit dir los ist.“ Methos mußte breit grinsen. „Sehr schlau! Eine wirklich gute Taktik. Das sieht ihr mal wieder ähnlich.“ „Hat sie Recht? Muß sie sich Sorgen machen?“ fragte Duncan und setzte sich auf das Sofa. Methos beäugte ihn genau. „Was hat sie dir erzählt?“ hakte er nach. Duncan rückte bereitwillig mit dem heraus, was Kira ihm berichtet hatte.

Der alte Mann seufzte schwer und schloß für einen Moment die Augen. Es war klar gewesen, daß Kira sich Hilfe suchen würde, wenn er es ihr nicht freiwillig sagte. Etwas anderes hatte er von seiner eigensinnigen Frau auch nicht erwartet. Wieder sah er Davids Gesicht vor sich, sah sein gemeines Grinsen und erinnerte sich an seine Drohung. Er wußte, daß David sich wahr machen würde. Er mußte Kira beschützen. Er würde nicht zulassen, daß ihr etwas zustieß, das sie gegen David kämpfen mußte und womöglich verlor.

Methos kämpfte verzweifelt gegen den Drang an, laut zu schreien. „Was ist los, Methos? Sag es mir“, sprach Duncan sanft, der sah, daß der alte Mann mit sich kämpfte. Er sah die widerstrebenden Gefühle, die in Methos miteinander rangen. Es spiegelte sich alles in Methos‘ Gesicht wider. Schließlich öffnete Methos die Augen und richtete seine Aufmerksamkeit auf seinen Freund.

„David Gillis“, sprach er schlicht. „David Gillis? Wer ist das?“ „Ein alter Feind.“ „Wie meinst du das?“ hakte Duncan nach. Methos seufzte schwer und erzählte dem Schotten die Kurzfassung der ganzen Geschichte, die durch seine Unachtsamkeit ins Rollen gebracht worden war. „Verstehe! Und seitdem ist er hinter dir her“, stellte Duncan fest. Methos nickte leicht. „Ja, er ist hier, hier in Paris.“ „Was? Seit wann?“ fragte der jüngere Unsterbliche besorgt nach.

„Keine Ahnung, ich weiß nur, daß er sich hier aufhält. Er hat mich zum Kampf gefordert. Duncan, du kennst mich. Ich schäme mich nicht, zuzugeben, daß ich vor meinen Duells gerne davonlaufe. Das habe ich damals gemacht und ich könnte es auch jetzt tun.“ „Und warum tust du es nicht? Was hindert dich?“ Methos blickte ihn traurig an. „Er hat mir gedroht, MacLeod.“ „Wie gedroht? Ich verstehe nicht ganz“, sprach Duncan verwirrt. Genervt verdrehte Methos die Augen.

„Bist du echt so schwer von Begriff? Verstehst du nicht, Duncan? Er kennt meinen Schwachpunkt. Er weiß, wie er mich am tiefsten verletzt. Er weiß von Kira. Er weiß, daß sie meine Frau ist. Wenn ich vor dem Kampf fliehe und mich weigere, gegen ihn anzutreten, muß Kira daran glauben. Er wird sie umbringen, wenn ich mich ihm nicht stelle. Duncan, Kira ist in Gefahr. Ich weiß nicht, wozu der Mann in seinen ganzen Hass auf mich fähig ist“, sprach Methos verzweifelt.

Nickend fuhr sich Duncan durch sein Haar. Nun verstand er. „Du willst sie schützen“, stellte er fest. „Ich muß. David ist gefährlich. Er bedroht Kiras Leben. Er will mir das nehmen, was ich ihm ... einst ... genommen habe.“ „Aber das war doch ein Unfall. Du wolltest die Frau nicht treffen. Du wußtest nicht einmal, daß sie da war.“ „Tja, sag das einmal einen Mann, der wirklich tief liebt. Sei mal ehrlich, Mac: Wenn es sich um Tessa gehandelt hätte, wärst du besonnen geblieben?“ Duncan nickte leicht. Er hatte gewußt, daß diese Frage kommen würde.

„Nein, ich glaube nicht. Ich meine, der Mann, der Tessa ermordet hat, er hat jetzt Familie. Er hat sich geändert.“ „Ich weiß. Aber hast du es ihm verziehen?“ bohrte Methos weiter nach. Verneinend schüttelte Duncan den Kopf. „Ich arbeite noch daran“, murmelte er. „Siehst du? Würde jemand Kira töten, würde ich den Kerl jagen – solange bis ich ihn gefunden habe. Ich würde den Bastard stellen und töten. Und das vielleicht nicht nur aus Rache, sondern auch aus dem Grund, damit ich Kira dann in mir habe. Niemand soll ihre Energie und ihre Erinnerungen bekommen ... außer mir“, sprach Methos ernst.

„Ich kann dich verstehen. Aber was willst du jetzt tun?“ Methos‘ Blick offenbarte Duncan die Wahrheit. „Tue das nicht, Methos“, bat Duncan inständig. „Ich habe keine andere Wahl. Ich werde auf Davids Anruf warten und mich ihm stellen. Ich werde gegen ihn kämpfen“, sprach Methos entschlossen. „Und was ist, wenn du ihm unterliegst? Männer, die hassen, sind härtere Gegner als andere.“ „Männer, die ihre Frauen beschützen wollen, auch.“ Methos erhob sich von der Couch und wanderte in die Einbauküche. Er holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank.

„Wolltest du dir das nicht abgewöhnen?“ bemerkte Duncan. „Kira wollte mir das abgewöhnen“, erwiderte Methos amüsiert, aber dann wurde er sofort ernst. „Ich liebe sie – mehr als alles andere auf dieser Welt, MacLeod. Ich würde nie zulassen, daß Kira etwas geschieht.“ „Dann sag ihr die Wahrheit“, schlug Duncan vor. „Nein, daß ... das kann ich nicht. Sie kennt nicht jedes Detail aus meiner Vergangenheit. Diese Sache geschah nach unserer Trennung. Außerdem will ich sie nicht beunruhigen“, sprach Methos.

„Du bist echt lustig“, kommentierte Duncan trocken. „Du sagst doch selbst, daß dieser Kerl unberechenbar und äußerst gefährlich ist. Und Kira muß wissen, welche Gefahr hier herum schwirrt. Methos, laß mich das machen.“ „Nein. Das ist mein Kampf“, erwiderte der alte Mann ruhig. „Ich habe jedoch eine Bitte an dich, Duncan. Du mußt mir etwas versprechen.“ „Alles, was du willst.“ Methos beugte sich leicht vor und blickte den Schotten ernst an. „Wenn ich dieses Duell nicht überlebe, schwöre mir, daß du dich um Kira kümmern wirst“, bat Methos seinen Freund.

Unfaßbar starrte Duncan ihn an. „Was?“ „Versprich mir, daß du dich um Kira kümmerst, sollte ich den Kampf gegen David nicht überleben“, wiederholte Methos seine Bitte. „Sag so etwas nicht.“ „MacLeod, es ist mir sehr ernst. Ich will sie in guten Händen wissen, wenn mir was zustößt. Und es gibt da noch etwas, um das ich dich bitten möchte.“ „Das wäre?“ „Ich weiß, daß das ein Eingriff in deine Moral ist, aber sorge dafür ... das Kira meine Energie bekommt“, sprach Methos. Er wußte, worum er Duncan bat. Er bat ihn um etwas, was eigentlich gegen jegliches Prinzip des Highlanders war.

„Du meinst ...“, stammelte Duncan ungläubig, aber Methos ließ ihn nicht aussprechen. „Sollte ich sterben, will ich, daß du David stellst, aber Kira seinen Kopf überläßt. Ich will in meiner Frau weiterleben. Ich will, daß sie meine Erinnerungen in sich aufnimmt. Verstehst du?“ Nun war Duncan wirklich schockiert. Mit dieser großen Bitte hatte er nicht gerechnet. „Ich weiß, daß ich unmögliches von dir verlange, aber nur sie soll meine Erinnerungen haben. Nur Kira soll fühlen, was ich gefühlt habe. Wenn ich in ihr bin, fühlt sie, was ich wirklich für sie empfunden habe, wie tief meine Liebe zu ihr war“, erklärte der ältere Unsterbliche.

Kurzes Schweigen entstand zwischen ihnen. Duncan dachte über Methos‘ Worte nach und nickte schließlich. „Ich verspreche es. Ich verspreche dir, daß ich mich um Kira kümmern werde, wenn du nicht überlebst. Und ich verspreche, daß sie Davids Kopf bekommt, um deine Lebensenergie in sich aufzunehmen.“ „Danke. Ich weiß, daß dir das sehr schwer fällt, MacLeod.“ „Allerdings. Und ich würde es für keinen anderen tun. Aber ich sehe dir an, daß es dir damit wirklich ernst ist. Andere Frage: Glaubst du wirklich, daß dieser Gillis dein Quickening überlebt? Ich meine, die Macht von fünftausend Jahren ... kann er das wirklich überleben?“ hakte Duncan zweifelnd nach.

„Ja, kann er“, antwortete Methos ruhig. „Er braucht nur sehr stark sein. Und das ist er. Ich weiß nicht, wie alt er genau ist. Aber ich habe immer wieder Gerüchte über ihn gehört.“ „Welche Gerüchte?“ fragte Duncan. „Nun, daß er seit dem Vorfall mit Mariah jeden Unsterblichen enthauptet hat, der ihm über den Weg gelaufen ist“, erklärte Methos mit einen schwachen Schulterzucken. „Klasse“, murmelte Duncan. Das war wirklich ein Problem.

„David Gillis scheint seine Ziele auf mich zu richten. Was soviel bedeutet wie, daß er in jedem Unsterblichen dieser Welt mich sieht – seinen erklärten Erzfeind, den er abgrundtief haßt. Ich weiß, daß er solange hinter mir her sein wird bis er meinen Kopf hat.“ Methos lehnte sich gegen eine Säule, die einen Teil seiner Altbauwohnung ausmachte. „Laß mich gegen ihn kämpfen“, bat Duncan noch einmal, obwohl er wußte, daß Methos dieses Angebot nicht annehmen würde. Dazu stand für den alten Mann zuviel auf den Spiel.

„MacLeod“, sprach Methos scharf. „Das ist mein Kampf. Ich kann nicht ewig davor davonlaufen. Ich werde gegen ihn kämpfen. Das ist allein meine Sache.“ „Aber ...“, protestierte Duncan, kam jedoch nicht dazu, auszusprechen. „Es geht hier um Kira, verstehst du? Ich würde dich kämpfen lassen, wenn es nicht um Kiras Leben ging. Aber ich bin ihr Ehemann. Es ist meine Pflicht. Und ich werde sie erfüllen. Ich muß sie beschützen, Duncan. Kannst du das nicht verstehen? Ich will sie in guten Händen wissen, wenn ich vom Kampf nicht zurückkomme.“ Der Schotte nickte leicht. Er konnte seinen Freund nur zu gut verstehen.

Kira hörte Schritte näher kommen. Sie war gerade auf den Weg nach Hause. In diesen Moment fühlte sie die altbekannte Präsenz. Es war ein Unsterblicher, der sich ihr da näherte. Vielleicht war es Methos oder Duncan. Wenige Minuten später tauchte jedoch eine ihr völlig fremde Person auf. „Wer sind Sie? Wenn Sie einen Kampf wollen, muß ich Sie enttäuschen. Ich kenne Sie nicht und habe deshalb auch keinen Streit mit Ihnen“, erklärte sie ihm ruhig. „Oh, die Frau von Methos hat aber feine Manieren“, spottete der Mann. Kira erstarrte. „Sie kennen meinen Mann?“ fragte sie vorsichtig nach.

„Ja“, erwiderte David Gillis und trat ins Licht. „Ich bin bloß ein ... Freund.“ „Eher ein Feind“, erwiderte Kira eisig. Instinktiv griff sie in ihren Mantel und wollte ihr Schwert ziehen. Sie sah in den Augen des Fremden, daß er Methos haßte – aus welchen Grund auch immer. Der Fremde schlug ihr mit dem Fuß das Schwert aus der Hand und zwang sie mit einen einzigen Griff in die Knie. Sein Schwert blieb Millimeter vor ihrer Kehle stehen.

„Ich bin nicht hier, um Sie zu töten, Kira“, flüsterte er. „Nein? Ich sollte Sie warnen. Wenn Sie es tun, wird Methos Sie töten. Er wird nicht eher ruhen, bevor er nicht Ihren Kopf hat. Das würden Sie bitter büßen, glauben Sie mir.“ „Ich zittere vor Angst“, meinte der Fremde ironisch. „Übrigens ... mein Name ist David Gillis. Ich bin mir sicher, daß Methos mich nie erwähnt hat.“ „Sie sagen es. Wenn Sie meinen Kopf wollen, warum sind Sie dann hinter mir her?“ fragte Kira irritiert.

„Ich wollte nur die Frau kennenlernen, die diesen Mörder geheiratet hat“, gab er zu. „Methos hat sich geändert“, seufzte Kira. Sie wußte, worauf dieser Mann hinauswollte. Sie kannte die Geschichten aus Methos‘ dunkler Vergangenheit zu gut. „Ich weiß, daß er ein Reiter der Apokalypse war. Er hat mir alles gebeichtet. Eine alte Geschichte, kenne ich schon. Damit erzählen Sie mir nichts neues.“ „Aber damit vielleicht“, meinte David und beugte sich vor. Er grinste kalt als er ihr die Wahrheit offenbarte. Die Wahrheit, warum er ihren Mann so sehr verachtete.

Doch Kira war klar, daß er ihr nur seine Version der Wahrheit erzählte. Nach seinen Worten steckte er sein Schwert ein und verschwand in der Dunkelheit. Kira war geschockt und zitterte leicht. Einen Moment hatte sie wirklich gedacht, er würde sie enthaupten, um sich so an Methos zu rächen. Kira griff nach ihrem Schwert und hob es auf. Sie stand auf und schlug eine andere Richtung ein, als die, die zu ihrer Wohnung führte. Sie mußte wissen, ob das stimmte, was David Gillis erzählt hatte. Und nur einer konnte ihr diese Fragen beantworten.

~ 15. ~

An der Tür drehte sich Duncan noch einmal zu seinen Freund um. „Bitte, paß auf dich auf“, sprach er besorgt. „Ich kann ganz gut auf meinen Kopf achten, keine Sorge.“ „Ich will dich nur nicht als Freund verlieren.“ „Ich dachte immer, ich wäre eine zynische Nervensäge und du wärst froh, wenn du mich los bist“, erwiderte Methos. „Red nicht einen solchen Blödsinn! Du bist mein Freund, daß weißt du.“ „Hör auf damit, Kleiner! Ich kann sowas nicht hören. Du ...“ Methos verstummte, als er die Präsenz spürte. Auch Duncan spürte es. Und als die Präsenz stärker wurde, tauchte Kira auf.

„Du willst schon gehen, Duncan?“ fragte sie. Methos warf dem Schotten einen Blick zu, der Bände sprach. Er flehte ihn an, ihr nichts zu sagen. Unmerklich nickte Duncan. Auch wenn ihm nicht ganz wohl dabei war, würde er all die Versprechen, die er heute gegeben hatte, halten. Das erste Versprechen konnte er mühelos einhalten und hätte er sowieso getan. Es war für Duncan selbstverständlich sich um Kira zu kümmern, wenn Methos nicht mehr da war, wenn er es nicht mehr konnte.

Dieser Gedanke versetzte ihm einen schmerzlichen Stich in der Brust. Duncan hatte gehofft, daß es nie soweit kam, daß er Methos vor den Geistern aus seiner Vergangenheit schützen konnte. Doch diesmal schien er machtlos gegen die Gefahr zu sein, die seinen Freund bedrohte. Aber das zweite Versprechen, das Methos ihm abgerungen hatte, war nicht so leicht einzuhalten. Er sollte gegen die Regeln verstoßen. Er sollte David stellen, aber Kira seinen Kopf überlassen. Duncan sah jedoch, daß es Methos viel bedeutete, in seiner Frau weiterzuleben, ihr zu zeigen, welche Erinnerungen und Gefühle er an sie hatte. Also war Duncan fest entschlossen auch dieses Versprechen einzuhalten.

„Ja, ich wollte gerade gehen, bin schon auf den Sprung. Und was machst du hier?“ „Ich muß mit meinen Mann sprechen. Es ist dringend. Danke, Duncan“, sprach sie mit einen kurzen Lächeln. Der Schotte erwiderte ihr Lächeln kurzangebunden und verschwand. Hinter Kira fiel die Tür ins Schloß. „Kira, es freut, daß du noch vorbeikommst und ...“ „Erzähl mir von David Gillis“, unterbrach sie den anfänglichen Redeschwall ihres Mannes energisch.

Methos‘ Gesicht schien einzufrieren. Seine Miene wurde bitterernst. „Woher ... woher weißt du von ihm?“ fragte er unruhig. Seine Stimme zitterte leicht. „Er ist mir begegnet, vor einer guten halben Stunde. Und er hat mir eine ungeheuerliche Geschichte erzählt. Jetzt will ich wissen, ob diese auch stimmt.“ Kira zog ihren Mantel aus, legte ihn über einen Stuhl und drehte sich zu Methos um. „Ich warte“, forderte sie ihn streng auf.

Ein schwerer Seufzer entrang sich Methos‘ Kehle. „David hat Recht. Ich weiß nicht, was genau er dir erzählt hat, aber ich kann es mir denken. Ich habe damals eine unschuldige Frau getötet. Mein Gott, ich wußte nicht einmal, daß sie da war.“ Methos erzählte ihr alles – so wie es wirklich geschehen war. „Es war nicht deine Schuld, Methos. Es war ein Unglück“, sprach Kira schließlich. „Erzähl das mal David Gillis. Er läßt mich – und auch dich – nicht ihn Ruhe, wenn ich mich ihm nicht endlich stelle.“ „Ist es das, was dich bedrückt? Er hat dir gedroht, nicht wahr?“ Kira ging auf ihn zu.

„Ja, hat er. Er wird dich töten, Kira, wenn ich nicht gegen ihn kämpfe“, gestand Methos. Jetzt hatte es keinen Sinn mehr, alles zu leugnen. Jetzt, wo David sie aufgesucht und es ihr erzählt hatte, blieb ihm keine andere Wahl als zu gestehen. „Methos, warum hast du mir das nicht schon früher erzählt“, seufzte Kira schwer. „Weil ich Angst um dich habe. Das ist eine Sache, die dich nichts angeht. Es betrifft nur David und mich etwas.“ „Methos, du bist mein Mann. Natürlich geht es mich etwas an.“ „Du bist in Gefahr“, murmelte er und umschlang ihre Finger mit seinen.

„Ich möchte dir etwas sagen. Kira, ich weiß nicht, wie diese ganze Sache enden wird. Es kann sein, daß ich sie nicht überlebe.“ „Sag so etwas nicht, Methos.“ „Ich muß. Hör mir zu, Liebling: Duncan wird für dich da sein, wenn ich es nicht mehr kann. Ich werde alles in meiner Machtstehende tun, um zu dir zurückzukommen, aber ich bin kein Zauberer. Ich werde allerdings dafür sorgen, daß David dir nichts antut. Du bist sicher. Egal, was auch passiert, ich werde dich beschützen.“ „Methos ...“, sprach Kira hilflos. Sie spürte, wie Tränen sich von ihren Augen lösten.

„Nicht weinen, Liebes. Wir sollten die Zeit, die wir haben, gemeinsam verbringen.“ „Ich weiß. Methos, ich habe Angst um dich“, gestand Kira. Er lächelte sanft. „Ich weiß, denn meine Angst um dich ist genauso groß. Ich bin dein Mann, Kira. Ich muß mich vor dich stellen und dich beschützen. Das ist meine Pflicht. Kira, selbst wenn ich es nicht schaffe, werde ich immer bei dir sein. Duncan wird dafür sorgen.“ „Was meinst du?“ fragte sie irritiert. „Er wird dafür sorgen, daß du Davids Kopf bekommst.“ „Nein ... Methos ... ich kann das nicht.“ „Doch. Ich will, daß du meine Erinnerungen und Gefühle wahrnimmst. Ich will, daß du spürst, was ich fühle, was ich für dich empfand. Versprich mir, daß du es tun wirst“, forderte er. Schwach nickte Kira.

Und dann glitt erneut ein Lächeln über Methos‘ Lippen. „Kira, ich weiß, ich habe dir versprochen zu warten, aber ... dies könnte unsere letzte Nacht sein – gemeinsam.“ Kira verstand, was er sagen wollte. „Ich liebe dich, Methos. Ich habe nie damit aufgehört.“ „Das wollte ich die ganze Zeit hören. Es wurde Zeit, daß du es mir sagst.“ Zärtlich küßte er sie. Mit einer Hand fuhr er durch Kiras schönes Haar. Und als er den Kopf hob, blickten sie sich tief in die Augen. Unentwegt sahen sie sich an.

Auf einmal lag eine knisternde Spannung in der Luft. Die alten und doch neuen Funken zwischen ihnen sprangen sofort über. Methos zog sie eng an sich. Ein erleichterter Seufzer entrang sich seiner Kehle. Er war froh, sie wieder in den Armen halten zu dürfen. Und doch war er verunsichert, was der Morgen bringen würde. Ein wohliger Schauer durchfuhr Kiras Körper als er sie erneut küßte. Doch diesmal war der Kuss um vieles leidenschaftlicher. Sie spürte seine sanften Berührungen auf ihrer Haut. Spürte, wie er sie zärtlich streichelte und noch enger an sich zog. „Laß uns ins Schlafzimmer gehen“, flüsterte Methos. Zustimmend nickte Kira. Sie hatte keine Bedenken mehr. Sie wußte, es war richtig.

Wie von selbst fanden ihre Hände ihren Weg in sein Haar, während er sie immer wieder küßte. Im Schlafzimmer angekommen ließen sie sich auf das ungemachte Bett fallen. Kiras Herz klopfte wie wild, während sie seine Küsse hingebungsvoll erwiderte. Das leidenschaftliche Feuer zwischen ihnen brannte wieder. Die Flamme hatte nie aufgehört zu brennen. Nichts und niemand könnte sie jetzt davon abhalten, sich zärtlich zu lieben. Zulange hatten sie darauf gewartet.

Kira reagierte mit völliger Hingabe auf seine Leidenschaft, auf seine Zärtlichkeiten. Hektisch streiften sie sich gegenseitig die Kleider ab und warfen diese achtlos auf den Boden. Methos seufzte verlangend auf als er ihren nackten Körper betrachtete. Sie war so schön, so vollkommen. Endlich durfte er sie wieder so spüren wie er es wollte, wie er es sich wünschte. Seine Hände gruben sich in ihr Haar, während er spürte, wie sich ihr Körper wie selbstverständlich an seinen schmiegte.

Methos hob den Kopf und blickte Kira tief in die Augen. In ihrem Blick las er die Liebe, die sie für ihn empfand. Er beugte sich über sie und verwöhnte ihren Körper mit Zärtlichkeiten. Kira bog sich ihm leicht entgegen und spürte die Leidenschaft genauso wie er. Sie küßten und berührten sich, entdeckten altes und neues zugleich. Kiras Lippen berührten seinen Hals. Methos wurde fast verrückt vor Verlangen. Er ergab sich seiner schmerzlichen Sehnsucht und vereinigte sich mit ihr. Das süße Liebesspiel wurde immer leidenschaftlicher, bis sich all ihre Wünsche erfüllten ...

„Das nenne ich eine gelungene Versöhnung“, flüsterte Methos in Kiras Ohr, als sie sich erschöpft in den Armen lagen. „Ich will nicht, daß du dich mit diesen Gillis anlegst. Wir könnten verschwinden“, schlug sie vor. „Nein, ich muß das tun. Ich bin zulange davor weggelaufen. Jetzt geht es um dich, um dein Leben. Ich muß es für dich tun.“ „Aber, Methos ...“ „Nein, kein Protest, Liebling. Ich werde das regeln. Egal was auch geschehen mag, ich bin immer bei dir. Ich werde dich nie verlassen“, versicherte Methos ihr.

„Ich will nicht, daß du gehst. Ich weiß, daß Gillis gefährlich ist und ...“ Methos beugte sich über sie und küßte sie sanft, um sie zum schweigen zu bringen. „Ich liebe dich, mehr als ich mit Worten sagen kann. Und das werde ich immer“, teilte er ihr zärtlich mit. Kira gähnte leicht. „Du bist müde“, stellte er fest. „Ja“, flüsterte sie. Zufrieden ruhte ihr Kopf an Methos‘ Schulter. Sanft küßte er sie auf die Stirn. „Schlaf ruhig. Du wirst sehen, alles wird gut“, sprach er. Doch da war Kira schon eingeschlafen.

Ein lautes, nicht aufhörendes Klingeln riß Methos aus seinen tiefen Schlaf. Schläfrig blickte sich um. Es war kurz vor fünf Uhr. Kira schlief in seinen Armen. Vorsichtig beugte sich Methos zum Telefon und nahm den Hörer ab. „Ja?“ fragte er und zog seinen Arm unter Kira hervor. Er rieb sich die Augen, um die Müdigkeit zu vertreiben. „Ich hoffe, du hast die letzten Stunden mit deiner Frau genossen“, sprach David. Dies überraschte Methos nicht. Insgeheim hatte er damit gerechnet, daß David der Anrufer zu so früher Stunde war.

„Komm in eine Stunde zur alten Papierfabrik. Ich warte dort auf dich. Es ist soweit. Heute wirst du sterben, Methos“, prophezeite David ihm und legte auf. Methos seufzte schwer. Ja, es war soweit. Vielleicht sein letzter Kampf. David war sehr stark und voller Hass. Ein Fehler reichte, um den Kopf zu verlieren, daß wußte Methos. Sein Blick glitt zu Kira, die noch immer friedlich an seiner Seite schlief. Es ist besser, wenn ich gehe, solange sie noch schläft, überlegte er ernst.

Methos stand auf und zog sich an. Sein Schwert und sein Mantel lagen noch im Wohnzimmer. Im Badezimmer blickte er sein Spiegelbild an und seufzte schwer. Er schaltete das Licht aus und kehrte ins Schlafzimmer zurück. Einen langen Augenblick betrachtete er seine Frau. Vielleicht würde er sie nie wiedersehen, sie nie mehr in den Armen halten. Vor kurzer Zeit hatte er sie wieder gefunden. Und sie hatten sich nun wieder versöhnt. Jetzt schien es so zu sein, daß er für immer von ihr ging, sie für immer allein lassen mußte.

Er setzte sich auf die Bettkante und nahm Kiras schönen Anblick tief in sich auf. Anscheinend ist es uns nicht bestimmt, zusammen zu sein, dachte er. Die dunklen Schatten seiner Vergangenheit holten ihn immer wieder ein. Methos beugte sich vor und küßte Kira sanft auf die Lippen. „Ich liebe dich“, flüsterte er. Dann stand er auf und zog die Tür zum Schlafzimmer leise zu. Er nahm Mantel und verließ die Wohnung.

Ein leeres und verlassenes Gebäude, etwas abgelegen von der Innenstadt – die alte Papierfabrik. Als Methos sie betrat, spürte er Davids Anwesenheit. „Du bist sogar zu früh“, rief er durch die Halle, an deren anderen Ende David stand. Methos zog sein Ivanhoe Schwert und schritt langsam auf seinen Gegner zu. „Ich will es so schnell wie möglich hinter mich bringen“, erklärte der älteste Unsterbliche der Welt. Ein breites Grinsen huschte über Davids Gesicht.

„Dein frühes Erscheinen hat nichts damit zu tun, daß du keine schmerzliche Abschiedsszene mit deiner Frau haben wolltest, oder?“ bohrte David nach. Methos zuckte deutlich zusammen. Für David ein Zeichen, daß er gar nicht so falsch lag. Langsam umkreisten sich die beiden Männer. „Ich habe mich von ihr verabschiedet, aber nur für heute. Denn ich werde zu ihr zurückkehren.“ „Dessen bist du dir doch selbst nicht so sicher“, meinte David und griff an. Mühelos parierte Methos den Schlag. Der harte Kampf hatte begonnen.

„Methos?“ Kiras verschlafene Stimme verhallte in der Dunkelheit. Sie spürte ihn nicht. Er war nicht da. Sie setzte sich auf und blickte aus dem Fenster. Die Sonne stand halb am Horizont. Bald würde sie ganz Paris erhellen. „Methos?“ Kira wußte selbst, daß es blöd war, nach ihm zu rufen, wenn er eindeutig nicht da war. Sie wickelte sich in die Decke und suchte die Wohnung nach einer Nachricht von ihm ab. Aber sie fand nichts. Ein schrecklicher Gedanke breitete sich in ihr aus. Es mußte soweit sein. Sein Duell gegen David Gillis mußte der Grund für seine Abwesenheit sein. Anders konnte sie sich das nicht erklären.

Kira rannte zum Telefon und suchte aus Methos‘ Telefonbuch die Nummer von Duncan heraus. Mit zitternder Hand wählte sie seine Nummer. Sie wußte, er würde nicht begeistert sein aus dem Schlaf geklingelt zu werden. Aber er würde ihr das verzeihen, wenn er erfuhr, welchen Grund sie dafür hatte. Am anderen Ende der Leitung wurde abgehoben. „MacLeod“, sprach eine Stimme schläfrig. „Es ist mitten in der Nacht. Ich hoffe, für diesen Anruf gibt es einen wirklich guten Grund“, brummte er.

„Duncan, hier ist Kira“, meldete sie sich zu Wort. „Was ist denn?“ „Methos ist weg.“ „Wie weg?“ fragte der Schotte irritiert. „Na weg. Ich denke, er hat ... er hat sein Duell mit David Gillis.“ Sofort war die Müdigkeit verschwunden und Duncan war hellwach. „Wo bist du?“ „In Methos‘ Wohnung.“ Unwillkürlich mußte Duncan grinsen. Sie hatte bei ihm übernachtet. Was das bedeutete, wußte er nur zu gut. Aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um Kira auszufragen, ob dies nun die endgültige Versöhnung war.

„Okay, warte dort auf mich. Ich hole dich ab. Dann klappern wir die Orte durch, die sich hier in Paris für ein Duell von Unsterblichen besonders gut eignen. Ich hoffe, wir kommen nicht zu spät“, sprach er überaus besorgt. „Das hoffe ich auch. Ich will ihn nicht verlieren, Duncan.“ „Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, damit du ihn nicht verlieren wirst“, versprach der Schotte und legte auf. Er sprang aus dem Bett und zog sich an – genau wie Kira in Methos‘ Wohnung. Dann raste Duncan aus dem Haus und machte sich auf den Weg.

Kira lief die Treppe hinunter und wartete unruhig vor dem Haus. Einige Minuten später fuhr ein Wagen an den Straßenrand. Die Beifahrertür schwang auf. Kira ließ sich auf den Sitz fallen und schloß die Tür. Duncan fuhr los. „Und was jetzt?“ fragte sie. „Jetzt gehen wir auf die Suche.“ „Glaubst du wirklich, daß wir ihn finden? Paris ist groß, Duncan.“ Flüchtig band sie ihr Haar mit einen Haargummi zusammen. „Nun die Chancen stehen, ehrlich gesagt, schlecht. Hast du nicht bemerkt, wie er das Haus verlassen hat?“ erkundigte sich Duncan.

„Nein“, sprach sie kopfschüttelnd. „Ich habe zu tief geschlafen. Ich habe zwar am Rande ein Klingeln wahrgenommen, aber in meinen schlaftrunkenen Zustand dachte ich, ich bilde mir das ein. Jetzt weiß ich, daß es das Telefon war. Oh Gott, was ist, wenn er schon tot ist?“ Tausend Gedanken spukten in Kiras Kopf herum. Sie wollte nicht, daß Methos etwas passierte. Solange hatte sie sich nicht gesehen und nun sollte sie ihn schon wieder verlieren? Das durfte einfach nicht sein. „Beruhige dich, Kira, wir finden ihn.“ Hoffentlich, dachte Duncan, und gab Gas.

~ 16. ~

Geschickt sprang Methos zur Seite, um der scharfen Klinge aus dem Weg zu gehen. Inzwischen stand die Sonne hoch am Horizont und tauchte den frühen Morgen in warme Strahlen ein. Methos umfaßte den Griff seines Schwertes fester. David wirbelte herum und Methos konnte dem Schlag gerade noch rechtzeitig parieren. Er wußte, daß er im Notfall noch immer seinen Dolch bei sich hatte. Dies war zwar ziemlich unfair, aber er hatte sich noch nie viel um die alten Regeln gekümmert.

„Du hast mir die Frau genommen, die ich geliebt habe. Mariah hatte nichts mit diesen Duell zu tun“, schrie David ungehalten und griff erneut an. Hart schlugen die langen Klingen gegeneinander. David wandelte Methos‘ Angriff um und nutzte den Vorteil für sich aus. Methos drehte sich nach einen harten Stoß in den Rippen um. „Es war ein Unglück. Ich wußte nicht einmal, daß sie da war. Ich habe sie nicht bemerkt“, sprach er die Wahrheit aus.

„Du hättest dich nur an unsere Regeln halten brauchen. Dann hätte sie überlebt, du Bastard.“ Methos wirbelte um die eigene Achse herum und duckte sich, um den Angriff seines Gegners zu entkommen. Nebenbei verpaßte er David noch eine Schnittwunde am linken Arm. Dann schlug er drei Mal hart mit dem Schwert zu. Ehe David reagieren konnte, ging Methos in die Knie und schlug ihm brutal in den Magen. David taumelte zurück und funkelte Methos zornig an. Mit einen lauten Schrei stürzte er sich auf den älteren Unsterblichen. Das laute Klirren der Schwerter nahm kein Ende. Hart bekämpften sie sich.

Langsam, aber sicher verzweifelten Duncan und Kira an der Suche nach Methos. Sie hatten nun schon viele Orte abgesucht, wo der Kampf stattfinden konnte. Aber alles war eine Fehlanzeige gewesen. „Wo kann er denn nur sein?“ fragte Kira besorgt. „Ich weiß es nicht. Verdammt, Paris ist einfach zu groß. Wir suchen die Nadel im Steckhaufen“, meinte Duncan und schlug mit der Hand auf das Lenkrad. Ein schwerer Seufzer entrang sich Kiras Kehle.

Sie blickte Duncan von der Seite aus an. „Ich habe Angst um ihn. Kann er ihn schlagen, Duncan? Sei ehrlich, kann er diesen Gillis besiegen?“ „Ich wünschte, ich wüßte es“, sprach der Schotte aufrichtig. „Ich kann dir diese Frage nicht beantworten. Ich weiß es nicht. Ich kenne diesen David Gillis nicht. Aber ich kenne Methos. Auch wenn er nicht gerne kämpft, kämpft er außerordentlich gut.“ „Wir müssen ihn einfach finden“, sagte Kira. „Ja, fahren wir zur alten Papierfabrik“, beschloß Duncan und lenkte den Wagen nach rechts.

Schon vor der Fabrik wurde ihnen klar, daß sie richtig waren. Sie hörten schwach das aufeinanderschlagen von Schwertern. Und sie spürten die altbekannte Präsenz. Sie hatten Methos gefunden. Ein Feuerwerk hatte es noch nicht gegeben. Also war er noch am Leben, fragte sich jedoch nur, für wie lange. Kira riß die Wagentür auf und stürmte ins Innere der Fabrik. Duncan folgte ihr. Von der starken und plötzlichen Präsenz überrascht, blickten Methos und David auf.

„Gäste! Wie schön! Das macht das alles ja gleich viel interessanter“, rief David erfreut. „Töte meinen Mann und ich schwöre dir, daß ich mir nach dem Quickening deinen verdammten Kopf holen werde“, rief Kira mit bebender Stimme. „Verschwindet von hier“, forderte Methos, der sich genau im richtigen Moment wieder seinen Gegner zuwandte. Der Kampf konnte von vorn beginnen. 

Entsetzt und hilflos zugleich blieb Kira und Duncan keine andere Möglichkeit, als dem Kampf zuzusehen. Duncan mußte Kira jedoch festhalten, damit sie nicht gegen die Regeln verstieß und eingriff. Sie wollte es, daß sah er ihr an. Sie wollte Methos helfen, durfte es aber nicht. In diesen Augenblick rutschte Methos aus und verlor fast die Balance. Er drehte sich und die scharfe Klinge seines Gegners bohrte sich durch seinen Arm.

„Methos!“ schrie Kira panisch. David hörte die Angst in ihrer Stimme und grinste breit. „Glaubst du noch immer, mich besiegen zu können, alter Mann? Du wirst unachtsam und müde.“ Methos erhob sein Schwert und schlug zurück. Er wußte auch so, ohne das er hinsehen mußte daß Kira um ihn Angst hatte, daß Duncan Angst hatte. Als er ein zweites Mal stolperte, fiel er. Das Schwert glitt aus seiner Hand. Es war nicht mehr in seiner Reichweite.

„Nein! Methos, nein!“ hallte Kiras Ruf durch die Halle. „Leb wohl, Methos. Jetzt ist Mariahs Tod gerächt“, sprach David ernst und mit einem diabolischen Grinsen auf den Lippen. In dem Moment, als sich Kira von Duncan losriß und mit dem Schwert auf David zustürmen wollte, zog Methos seinen Dolch und stieß ihn seinen Widersacher in den Bauch. David keuchte und riß überrascht die Augen auf. Er taumelte einen Schritt zurück. „Was soll ... das? Das ist ... nicht fair“, stöhnte er. „Ich habe nie behauptet fair zu sein“, erwiderte Methos.

Abrupt blieb Kira stehen. Damit hatte sie nicht gerechnet, aber es sah ihrem Mann ähnlich. Methos hob sein Schwert auf. David fiel rückwärts und blieb schwer atmend am Boden liegen. Der Dolch hatte ihn schwer getroffen, hatte ihm eine tiefe Verletzung zugefügt. Er wußte, er würde so oder so sterben. Er war verloren. Er würde seine Rache nie bekommen. „Duncan, bring Kira hier raus. Das Quickening wird äußerst stark werden“, rief Methos und stand mit erhobenen Schwert über David. Duncan nickte leicht und führte Kira aus dem Gebäude. Sie ließ sich von ihm wegführen, weil sie wußte, daß für Methos‘ Leben keine Gefahr mehr bestand.

„Es hätte nicht so enden müssen. Ich wollte nie dein Feind sein, David“, sprach Methos leise. „Nun ... mach schon“, forderte der Unsterbliche ihn auf. Er war bereit, endlich erlöst zu werden, erlöst von seinen tiefen Schmerz und seinen Hass. Methos holte aus und zog durch. Er enthauptete David Gillis. Er hatte nie erfahren, wie alt der Mann gewesen war. Die Stärke seines Quickenings zeigte jedoch, daß er schon einige Jährchen auf den Buckel gehabt hatte. Methos streckte die Arme von sich und schrie gequält auf. Das Schwert glitt ihm aus der Hand. Dann fiel Methos auf die Knie.

Blitze, Donner, grelles Feuer – Die Fabrik schien regelrecht zu explodieren. Überall schlugen die Blitze ein. Die alten Fensterscheiben zerbrachen von der Wucht. Alte Bilder stürzten auf Methos herein. Es waren Bilder aus Davids Vergangenheit, seine Gedanken und Erinnerungen. Methos erfuhr, daß er von Hass geleitet worden war. Er hatte Mariah geliebt und hatte Rache für ihren Tod gewollt, der nicht hätte passieren sollen. Jedenfalls nicht so. Die Blitze wurden schwächer. Methos ließ den Kopf sinken und stöhnte leise. Es war vorbei.

Er hörte Schritte, die sich ihm schnell näherten. Schwach hob er den Kopf. Kira rannte auf ihn zu. Mühsam erhob sich Methos und nahm seine Frau in die Arme. „Du lebst, Gott sei Dank“, flüsterte sie und schlang ihre Arme um seinen Nacken. Ein leiser, erleichterter Seufzer entkam Methos. „Das war ein wirklich starkes Quickening“, bemerkte Duncan hinter Kira. „Ja ... allerdings. Ich weiß jetzt, woher sein Hass auf mich kam“, meinte Methos, als er sein Schwert und seinen Dolch an sich nahm und mit seiner Frau und seinen Freund die Fabrik verließ.

„Und was war der Grund?“ hakte Duncan nach. „Tiefgründige Liebe, MacLeod, tiefgründige Liebe. Er hat Mariah sehr geliebt. Genauso wie ich Kira liebe und du Tessa geliebt hast.“ Duncan nickte. Irgendwie konnte er die Gründe von David verstehen – auch wenn er hinter Methos‘ Kopf hergewesen war. „Ich bringe euch nach Hause, einverstanden?“ „Okay.“ Sanft küßte Methos seine Frau. „Ich bin so froh, daß du noch lebst“, flüsterte sie. „Und ich bin froh, daß du bei mir bist. Bleibst du?“ Er blickte ihr tief in die Augen. „Ja, ich bleibe“, war ihre schlichte Antwort.

Der nächste Tag

Warme Sonnenstrahlen tanzten über den Asphalt. Kira wartete vor dem Juweliergeschäft, zu dem Methos sie mitgenommen hatte. Sie war froh, daß er überlebt hatte und das ihre Liebe neu erblüht war. Ihre Ehe hatte noch eine Chance bekommen. Unruhig schritt sie vor dem Laden auf und ab. Wo blieb er nur solange? Und was tat er überhaupt da drinnen? Methos hatte ihr befohlen, vor dem Geschäft zu warten, da er eine Überraschung für sie hatte.

Die Glocke über der Tür läutete und Methos trat auf die Straße. „Was für eine Überraschung hast du für mich?“ fragte Kira sofort. Er lachte amüsiert und zog sie an sich. „Du bist ungeduldig, Liebling. Sei nicht so neugierig.“ „Dann spann mich nicht so auf die Folter! Los, her damit“, forderte sie lachend. Methos seufzte und zog eine kleine, schwarze Schatulle aus seiner Manteltasche.

Er klappte den Deckel auf. Auf schwarzen Samt lagen zwei goldene Ringe. Einer war mit einem kleinen Diamanten besetzt. „Die habe ich gekauft. Ich dachte, wir ... da wir ja verheiratet sind, sollten wir auch traditionell Ringe tragen. Außerdem will ich, daß jeder weiß, daß diese besondere Frau vergeben ist“, sprach er. Methos nahm den Ring mit dem Diamanten vom Polster.

Strahlend nahm Kira den Ring entgegen. „Ließ die Gravur“, bat Methos. Sie stutzte einen Moment und sah sich die Innenschrift an. „Für immer“, las sie verblüfft. „Und diesmal soll es wirklich so sein“, sprach Methos überzeugend. Er nahm ihr den Ring aus der Hand und steckte in ihr an den Finger. Kira tat das Gleiche bei ihm. „Ringe! Du kommst wirklich auf die verrücktesten Ideen“, lachte sie und küßte ihn.

„Sei doch froh darüber. Dadurch wird uns nie langweilig. Du bist das Licht in meinen Leben, Kira. Erst du machst mich vollkommen. Ich bin froh, daß du zu mir zurück gekommen bist. Das wir es geschafft haben, unsere Probleme zu regeln. Ich brauche dich, um richtig zu leben. Du bist alles, was ich zum leben benötige. Und diesmal ... laß ich dich nie mehr gehen, du ungezogenes Weib“, stichelte er und legte einen Arm um ihre Taille.

Ihre Lippen verschmolzen zu einen zärtlichen Kuss. Methos war glücklich, daß er sie wiederhatte. Sein größter Wunsch war in Erfüllung gegangen. Und die finsteren Schatten seiner Vergangenheit waren besiegt – ihre gemeinsamen dunkeln Schatten. Sie waren weg, vorbei gezogen. Nun fing für sie beide ein neues Leben an – eine neue und doch alte Liebe. Diesmal würden sie es richtig machen.

Ende


|| Home ||