Lt. Colonel John Sheppard

Title: Sanctuary / Black Memories, Part 1
Author: Tegan (teganspirit@gmail.com)
Fandom: Stargate Atlantis
Rating:
R
Category:
Drama, Liebe, Abenteuer
Characters, Pairing: Doktor Weir, Lt. Ford, Teyla, Doktor McKay, Doktor Beckett, Major John Sheppard/Elektra Shiva

Summary: Nachdem Ford einen geheimnisvollen Geist auf Atlantis herumwandern sieht, hilft das Team der toten Seele, ins Leben zurück zu kehren. Zwischen John und Elektra existiert von Anfang ein ganz besonderes Band. Auf den Weg, ihre Erinnerung wieder zu erlangen, erfährt das Atlantis-Team Unglaubliches über sie ...

Disclaimer: Die Charaktere von SG-Atlantis gehören nicht mir, sondern Brad Wright, Robert C. Cooper, Peter DeLuise, MGM Television und anderen. Der Charakter Elektra gehört ebenfalls nicht mir, sondern gehört allen Mitarbeitern, Produzenten und anderen, die an dem Daredevil Spin-off Elektra gearbeitet haben. Diese Story ist FanFiction, mit der weder Geld verdient, noch Rechte verletzt werden sollen. Ich schreibe sie nur zu meinen Vergnügen.

Note: Happy Birthday, my Dear! Die Fertigstellung dieser Story ist ein Geburtstagsgeschenk für meine beste Freundin Susanne, der ich sehr dankbar dafür bin, das sie mich in die Pegasus-Galaxie entführt hat. Angefangen hat das alles eigentlich recht harmlos. Tagelang hat sie mir von der neuen Stargate-Serie vorgeschwärmt und von Doktor McKay. Nachdem das bei mir nicht wirklich funktioniert hat, hat sie zu einem hinterhältigen Trick gegriffen, bei dem sie wußte, das er auf jeden die gewünschte Wirkung erzielen wird. Sie hat mir ein Foto von Major John Sheppard geschickt, wohlwissend, das sie mich mit einem äußerst gutaussehenden Kerl wie Joe Flanigan ködern kann. Das Lockmittel hat gewirkt und so bin ich bei Atlantis gelandet, das ich heute nicht mehr missen möchte.
Die Story um Elektra und die Kamaguris ist ein wenig aus dem gleichnamigen Film abgeschaut, jedoch habe ich mich bemüht, ihr nicht das Aussehen von Jennifer Garner (die ich eigentlich sehr scharf finde!!!) zu verpassen. Die lächerliche Story des Filmes wird mit keinem Wort erwähnt, da ich damit nichts anfangen kann. Mir gefällt nur der Charakter von Elektra, die im Film den Nachnamen Nachios trägt, einfach so sehr, deshalb mußte ich sie verwenden. Inhaltliche Fehler seien mir bitte verziehen, so bin ich noch frisch auf dem Gebiet von Stargate. In Susi habe ich jedoch eine gute Beraterin, die meine Fehler eigentlich korrigiert. Doch wir übersehen beide manchmal etwas. Viel Spass beim Lesen, besonders dir Susi, da die Geschichte ja dir gewidmet ist.


Sanctuary, Part 1 - Black Memories
© 2005 by Tegan

~ 1. ~

“Verdammt!” Der eine Schrei genügte, um Sheppards Aufmerksamkeit auf den Übeltäter der lauten Stimme zu lenken. Rodney McKay stand vollkommen frustriert vor einer der vielen Antiker-Konsolen und schüttelte energisch den Kopf. Seine Verzweiflung war alleine schon in seiner Haltung zu erkennen. Am liebsten würde er wohl vor Zorn auf die Tastatur einschlagen, doch daran würde ein Wissenschaftler wie McKay nicht einmal im Traum denken. Er würde es niemals wagen, die einzigartige Technik der Antiker mit einem solch banalen Verhalten zu zerstören.

John stieg eine Treppe hinunter, um zu McKay zu gelangen. Was diesen so durcheinanderbrachte, war genau das, womit der Major schon gerechnet hatte. Vor acht Tagen hatten sie auf Atlantis ein schwer verschlossenes Tor gefunden, das sich in keinster Weise öffnen ließ. Seit dem Tag des Fundes war McKay dabei, genau dieses Geheimnis zu lüften, um heraus zu finden, was sich hinter den massiven Türen befand. Doch egal, welch technischen Trick er auch anwandte, sie bewegten sich nicht einmal einen kleinen Millimeter.

“Sagen Sie jetzt nichts, Major”, knurrte Rodney, als er sich der Anwesenheit des Soldaten bewußt wurde. Schwach zuckte John mit den Schultern. “Das hatte ich doch gar nicht vor.” “Und ob Sie das vor hatten. Ich kann im Augenblick ihre niveaulosen Kommentare nicht gebrauchen”, sprach der Wissenschaftler und wanderte zwischen den Konsolen, wobei mehrere vor dem Tor befestigt waren, hin und her. Für einen kurzen Moment schwieg Sheppard, bevor er das Wort erhob.

“Was ist das Problem?” Genervt verdrehte Rodney die Augen und seufzte leise. Mit Fragen wie diesen hatte er sich in den vergangenen Tagen schon genug herumschlagen müssen. Langsam drehte sich Rodney zu den Major um. “Was haben Sie an den Worten ‘Sagen Sie nichts‘ nicht verstanden? Ich habe für so etwas keine Zeit.” “Wohl auch nicht dafür, ein paar Stunden zu schlafen”, bemerkte John mit ernster Miene. Es war ihm nicht entgangen, das Rodney in den letzten Tagen sehr selten sein Quartier aufgesucht hatte. Jedesmal, wenn er einen Kontrollgang gemacht hatte, hatte er den Wissenschaftler bei den nicht zu öffnenden Toren vorgefunden.

“Dazu habe ich später noch genügend Zeit.” “Sie haben nicht einmal eine Ahnung, was sich dahinter verbirgt.” “Es ist eine gerundete Kammer, mit unzähligen höhlenartigen Eingängen, soviel erzählen mir die Konstruktionspläne von Atlantis.” “Vielleicht sind ja ein paar Wraith dahinter eingeschlossen.” “Dann können Sie ihnen wieder seltsame Namen geben, Major.” “Diese Kritik ist unangebracht. Immerhin sorge ich damit nur, das ein Verhör etwas vertraulicher abläuft, klar?” gab John knapp zurück. Dies kommentierte Rodney nur mit einem scharfen Blick und einem entschiedenen Kopfschütteln. In dieser Hinsicht sollte man besser nicht mit John Sheppard diskutieren, da er seine eigenwillige Art sowieso nicht ablegen würde.

“Außerdem bezweifle ich diese Theorie. Was auch immer hinter dieser Kammer liegt, die Antiker haben besonderen Wert darauf gelegt, es zu verschließen, so das niemand damit in Kontakt gerät.” “Und da drängt sich bei mir natürlich die Frage auf, was so gefährlich ist, das es hinter einem massiven Tor eingesperrt gehört”, bemerkte John mit einer tiefen Sorgenfalte in der Stirn. Er sah diese Entdeckung mehr aus der militärischen Sicht als die von Doktor McKay. Was auch immer dahinter verborgen lag, es mußte mindestens genauso gefährlich sein wie die Wraith. Warum sollten die Antiker jedoch ein hohes Risiko unmittelbar in ihrer direkten Nähe aufbewahren?

“Das ergibt keinen Sinn”, murmelte John kopfschüttelnd. “Was ergibt keinen Sinn?” hakte Rodney nach, während er den Major zur Seite schob, um zur vierten Konsole zu gelangen. “Wieso sollten die Antiker die Gefahr in ihren Räumen einsperren? Sie müßten doch damit rechnen, das dieses Etwas irgendwann ausbricht.” “Diese Spekulationen bringen uns nicht weiter. Ich ziehe es vor, das Tor zu öffnen und einfach zu sehen, was dahinter zum Vorschein kommt.” “Ich stelle nur ein paar Vermutungen auf.” “Ein schlechter Zug Ihres Charakters, worauf ich mich nicht einlasse”, spottete Rodney und gab eine neue Berechnung in die Tastaturen ein.

Angespannt beobachtete er die Reaktion des Tors. Für eine halbe Sekunde leuchteten an dem Tor ein paar Zeichen auf, dann erklang jedoch ein dumpfes Geräusch und nichts hatte sich am gegenwärtigen Zustand verändert. John konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, den der Anblick, wie Rodney McKay sprichwörtlich seine kurzen Haare zu Berge standen, war einfach göttlich. “Wagen Sie es ja nicht zu lachen, Sheppard”, drohte Rodney genervt, ohne sich zu seinem Gesprächspartner umzudrehen.

“Keine Sorge, das hatte ich nicht beabsichtigt”, behauptete John nicht sehr überzeugend. “Haben Sie eigentlich nicht etwas anderes zu tun als mir über die Schulter zu blicken? Sie stören meine Arbeit, Sheppard, und sind nicht gerade sehr hilfreich.” “Machen Sie mal eine Pause, McKay”, sprach der Soldat, der diesen Wink nur zu gut verstanden hatte. Rodney stürzte sich mit seinen altbekannten Elan an eine neue Berechnung, um das Tor endlich öffnen zu können. Dabei ignorierte er John, der für einen langen Moment neben der zweiflügigen Tür stand und eine Hand auf die Oberfläche legte.

Das massive Gestein fühlte sich kühl auf seiner Haut an. Jedem Mitglied ihrer improvisierten, neuen Atlantis-Gesellschaft beschäftigte die Frage, welches Geheimnis sich dahinter versteckte. Was war von so großer Bedeutung für die Antiker gewesen, das sie es niemanden offenbaren wollten, nicht einmal ihren eigenen Bewohnern? Irgendwie konnte er sich nicht vorstellen, das dahinter ein Schatz lag, so wie viele es vermuteten. Auch Weir glaubte daran in keinster Weise. Was auch immer dort verborgen lag, es könnte womöglich einige Rätsel aufklären, die die Antiker und ihr sagenumwobenes Atlantis umgaben.

“Sie sind ja noch immer da”, bemerkte Rodney spitz. “Ich bin schon so gut wie weg”, erwiderte John und setzte sich in Bewegung. So wie es aussah, würden sie vielleicht nie erfahren, was hinter dem Tor zum Vorschein kam. Auch wenn er Rodney für ein absolutes wissenschaftliches Genie hielt, zweifelte er doch daran, das dieser die Lösung fand, die nötig war, um das Tor zu öffnen. Und wenn es ihm tatsächlich gelang, konnte unter Umständen eine Gefahr auf sie alle zu rollen, die ihre Schwierigkeiten mit den Wraith nur noch vergrößerte. Und beides waren Optionen, die Sheppard nicht sehr gefielen.

Schon lange hatte sie keine Stimmen mehr gehört. Doch die, die sie vernahm, gehörten nicht zu ihrem Volk. Und warum sollten die Antiker auf einmal Probleme haben, das Tor zur Kammer der Kamaguri zu öffnen? Die hohen Mitglieder des Rates kannten doch den geheimen Code. So vieles geschah auf einmal, was sie nicht richtig einordnen konnte. Vor einiger Zeit war Bewegung nach Atlantis gekommen. Wer waren bloß die Menschen, die gekommen waren, um Atlantis zu übernehmen? Und warum hatte sich ihr Volk nicht dagegen gewehrt?

Sie wollte sich bewegen, den Unruhestifter scharf zurechtweisen, das er sich gefälligst von dem Tor entfernen sollte. Er hatte kein Recht, daran herum zu fummeln, um die Kammer zu betreten. Nicht einmal die Bewohner von Atlantis hatten diese Erlaubnis erhalten. Die Kamaguris hatten ihr eigenes Leben innerhalb der Antiker geführt. Was war nur geschehen, das sich dies verändert hatte? War es ihnen gelungen, die Wraith zu bezwingen und die Antiker zu beschützen?

Gab es überhaupt Überlebende? Aber wieso hatten sie Atlantis nicht wieder aufgebaut und wie viele von ihnen hatten den Tod ihres Körpers überlebt? In diesen Zustand konnte sie nicht einmal sagen, über welchen langen Zeitraum sie sich schon auf dieser hohen Bewußtseinebene befand? Das Einzige, was sie noch fühlte, war die Kälte, die ihren Körper befiel. Das Eis griff unbarmherzig nach ihr und ihrer Seele. Aber sie war noch lange nicht bereit zu gehen. Ihr besonderer Instinkt weigerte sich, die Seele dem Reich der Toten zu übergeben. Irgend etwas wichtiges wartete noch auf sie. Ihre Aufgabe war noch nicht beendet. Nach wie vor verspürte sie den Drang, Atlantis vor den Wraith zu retten, so wie sie es einst geschworen hatte.

Lieutenant Aiden Ford schrak aus seinem leichten Schlaf, als er eine rasche Bewegung im schwachen Abendlicht vernahm. Er war für die heutige Nachtwache zuständig und Sheppard würde es bestimmt nicht gefallen, das er bereits am Anfang einschlief. Hastig blickte sich Ford um, konnte jedoch nichts entdecken. Niemand hielt sich in seiner Nähe auf. Das erschien ihm äußerst seltsam, da er sich absolut sicher war, eine Bewegung hatte ihn aus seinen Dämmerzustand gerissen.

“Da muß ich mich wohl getäuscht haben”, sprach er mit sich selbst und schüttelte den Kopf. Er rieb sich über die Augen, um die Müdigkeit zu vertreiben. In diesen Moment spürte er einen Windhauch, der ihn berührte. Dieser Umstand war unmöglich durchzuführen, da er sich im Kontrollraum befand, wo kein einziges Fenster geöffnet war. Ford blickte zu den Wissenschaftlern, die ein paar Analysen durchgingen. Sie schienen nichts von dem Windstoß mitbekommen zu haben. Sein Blick glitt im Raum umher und bei näherer Betrachtung sah er sie.

Es war die Silhouette einer Frau, die in einem langen Korridor verschwand und deren Bewegungen nicht einmal einen Schatten warf. Ruckartig war Ford auf den Beinen und folgte der merkwürdigen Erscheinung, bei der er sich nicht sicher war, ob er sich dies nur einbildete oder ob es tatsächlich geschah. Langsam bewegte er sich an der Wand entlang, wobei er die Silhouette, die nicht mehr als ein kaum zu sehender Umriss war, nicht aus den Augen ließ. In ihm breitete sich ein unwohles Gefühl aus. Was auch immer hier vor sich ging, er konnte sich nicht vorstellen, das es mit guten Absichten passierte. Wohin führte dieses Wesen ihn? Und weshalb ließ es zu, das er ihm folgte? Wollte das Geschöpf, das er ihr Ziel sah?

Ford war überrascht, an welchen Ort von Atlantis sein Weg endete. Er stand vor dem geheimnisvollen Tor, das McKay seit Tagen verzweifelt versuchte zu öffnen. Wie einen goldenen Schleier hatte er das eigenartige Wesen darin verschwinden sehen. Es war einfach durch die Wand gegangen. Aiden glaubte an vieles - durch seine Arbeit für das Stargate bedingt - aber nicht an Geister. Doch das, was er mit eigenen Augen gesehen hatte, ähnelte sehr einem körperlosen Wesen, das die Allgemeinheit zweifellos als Geist bezeichnen würde.

“Was machen Sie hier, Lieutenant?” holte eine arrogante Stimme den Soldaten aus seinen Überlegungen. Hinter ihm erschien Doktor McKay, der nach wie vor unerbittlich an der Lösung des Codes arbeitete. “Ich ... ich ... Haben Sie jemanden gesehen, der sich am Tor zu schaffen machte?” sprach Ford verwirrt. “Nein, ich bin seit Stunden alleine hier. Sie sind der Erste, der mir in dieser Nacht begegnet. Wieso fragen Sie? War jemand am Tor?” erwiderte McKay in einen ärgerlichen Anflug von Panik. Mißtrauen schwang in seiner Stimme mit. Er würde nicht dulden, das irgendein Unwissender seine Zeit aufreibende Arbeit an dem massiven Tor zunichte machte.

“Ich dachte, ich hätte jemanden gesehen. Es war, als wäre irgend etwas am Tor gewesen”, bemerkte Ford vorsichtig. Energisch schüttelte Rodney den Kopf. “Das ist ausgeschlossen. Es war niemand hier. Und ich müßte es wissen, da ich solange nicht von dieser Stelle weiche, bis diese Tür sich öffnet. Sie sollten besser hinsehen, ansonsten können Sie in einem Einsatz nicht auf Ihre Augen vertrauen. Verschwinden Sie nun bitte. Ich habe noch viele Dinge zu erledigen und Ihre Anwesenheit stört”, bemerkte Rodney knapp.

Ford setzte sich langsam in Bewegung. Er stieg eine Treppe hinauf, warf dabei jedoch immer wieder einen Blick über die Schulter. Mit nichts konnte er sich diesen merkwürdigen Vorfall erklären. Er könnte schwören, eine weibliche Person gesehen zu haben, die durch das Tor gegangen war. Aber er glaubte nicht an die Existenz von Geister. Und auf einen anderen Weg war das, was sich soeben zugetragen hatte, nicht zu beschreiben. War all das wirklich dem Sinnbild seiner Phantasie entsprungen oder hatte er soeben eine seltsame Begegnung mit einem Geist erlebt?

Und auch eine andere Frage drängte sich in ihm auf. Sollte er diesen Vorfall melden? Doktor McKay würde sich am Morgen zweifellos bei Doktor Weir beschweren, das die Soldaten seine wichtige Arbeit behinderten? Es war also nur das Beste, wenn er es sofort Major Sheppard meldete, der ihn für dieses Geschehnis nicht auslachen, sondern die Sache ernst nehmen würde. Er würde es untersuchen wollen, um Gewißheit zu erhalten, ob sich irgendein Wesen auf Atlantis herumtrieb, dessen Anwesenheit bis jetzt von niemanden entdeckt worden war. Ford hatte diesen Beschluß nicht einmal richtig getroffen, als er sich schon auf den Weg zum Quartier des Majors machte. Auch wenn es ihm unangenehm war, seinen kommandieren Offizier aus dem Schlaf zu holen, so ließ ihm dies keine Ruhe und er mußte dringend mit jemanden darüber sprechen, der ihm vielleicht ein wenig Klarheit verschaffen konnte.

Zu gerne wollte sie über sein dichtes Haar streicheln, doch in ihrem momentanen Zustand konnte sie nach noch so vielen Dingen greifen, ohne sie richtig berühren zu können. Männer wie er waren ihr selten begegnet. Die Antiker verhielten sich nicht auf die Art und Weise, wie er es tat. In ihren Augen vertrat er zwar einen Hauch an Disziplin, doch seine Methoden waren äußerst unkonventionell. Auch sein Name klang in ihren Ohren sehr seltsam. Sie hatte noch nie von einen Antiker gehört, der einen ähnlichen Namen wie den seinen trug - Major John Sheppard.

Doch innerlich spürte sie, das er ihr helfen konnte, auf die Ebene seiner Existenz zurück zu gelangen. Dafür mußte er aber Notiz von ihr nehmen. Nur durch große Konzentration konnte sie ihr Bewußtsein durch einen goldenen Schleier unterstreichen. Es kostete sie viel Kraft, eine Botschaft mittels ihrer Gedanken auf seinen Spiegel zu bannen, indem sie ihn eindringlich bat, ihr zu helfen. All dies war nicht leicht zu ertragen für sie, da jede Form von Sichtbarkeit ihre Energie schwinden ließ. Und bei jedem Versuch stieß sie ihre Seele mehr Richtung Endlosigkeit, bis der Tod sie irgendwann verschlucken und sie mit ihrem Körper nie mehr freigeben würde.

Durch einen Lichtschein irritiert - wobei er sich sicher war, das Licht am Abend abgedreht zu haben - wachte John aus seinem tiefen Schlaf auf. In der nächsten Sekunde glaubte er, noch zu träumen, denn vor seinem Bett stand eine Frau. Soviel konnte er jedenfalls von ihr erkennen, da ein goldenes Licht sie einhüllte. “Was zum Teufel ...?” stieß er laut aus und war mit einem einzigen Sprung aus dem Bett. Er griff nach seiner Handfeuerwaffe, die stets neben ihm lag, und richtete sie direkt auf das fremde Wesen. John konnte dem Besuch eines nicht menschlichen Geschöpfs mitten in der Nacht nicht gerade Freundlichkeit abgewinnen, deshalb stufte er sie für den ersten Augenblick als feindlich ein.

Aber die Frau ließ sich davon nicht beeindrucken. Sie wandte sich schweigend um und durchquerte langsam den Raum. Neugierig, aber zugleich auch noch ein Stück mißtrauisch folgte John ihr. Irgend etwas an ihrer Art sagte ihm, das sie nicht vorhatte ihn zu verletzen, sondern ihm etwas begreiflich machen wollte. “Jetzt verliere ich wirklich den Verstand”, murmelte er, als sie auf eine geschriebene Zeile auf seinem Spiegel deutete und anmutig durch die Wand verschwand.

“Hilf mir zurück zu kehren”, las er leise. Als John sich der Tür zuwandte, öffnete sich diese automatisch mit einem leisen Geräusch und er stürmte auf den Gang hinaus. Dort traf er auf Lieutenant Ford, der gerade um die Ecke bog und den Major verwundert musterte. Erst in diesem Moment wurde John klar, das er nichts außer seinen Boxershorts trug, mit denen er nachts durch die Korridore von Atlantis lief. “Sie sehen aus, als hätten Sie einen Geist gesehen, Sir”, bemerkte Ford zögernd. Zu seiner eigenen Verblüffung nickte John bejahend.

“Das habe ich auch”, erwiderte er ruhig. “Dann sind Sie nicht der Einzige. Ich habe sie auch gesehen”, offenbarte Ford in der nächsten Minute. John wandte ihm das Gesicht zu und betrachtete den jüngeren Soldaten eingehend. “Eingehüllt in einen goldenen Schein und durch Wände gehend?” “Ja, sie ging durch das Tor, das Doktor McKay zu öffnen versucht. Ich habe sie bis dorthin verfolgt.” “Mir hat sie einen nächtlichen Besuch abgestattet und eine Botschaft auf dem Spiegel hinterlassen.” “Wir sollten Doktor Weir darüber informieren”, sprach Aiden beunruhigt. Jetzt, wo auch Sheppard den Geist gesehen hatte, war klar, das irgend etwas auf Atlantis vorging, was eine nähere Untersuchung nach sich zog.

“Ich ziehe mich nur schnell an”, erklärte John und verschwand in seinem Quartier. Während er in seine Uniform schlüpfte, betrachtete er die seltsame Nachricht auf seinen Spiegel. Er sollte ihr helfen zurück zu kehren? Wer war sie und wie sollte er ihre Rückkehr bewerkstelligen? Wenn er nicht einmal wußte, an welchen Ort sie sich befand, wie sollte er ihr beistehen? Verwirrt schüttelte er den Kopf. Instinktiv mußte er an das geheimnisvolle zweiflügige Tor denken, das McKay den letzten Nerv raubte, weil es so fest verschlossen war. Hatte sie etwas damit zu tun? John kam nicht an dem Gedanken vorbei, das zwischen dem weiblichen Wesen und dem Tor eine Verbindung bestand. Sie mußten die Identität dieses Geistes klären, denn dies würde ihnen unweigerlich helfen, das Tor zu öffnen.

~ 2. ~

“Ein Geist?” wiederholte Doktor Weir. Sheppard und Ford nickten einheitlich, als hätten sie dies abgesprochen. “Das ist doch lächerlich”, bemerkte Rodney, der gar nicht erfreut darüber war, an seiner Arbeit mit dem Tor wegen einer solchen Kleinigkeit gestört worden zu sein. Vor fünfzehn Minuten hatte Sheppard sowohl Elizabeth Weir, wie Doktor Beckett aus dem Bett und Rodney von seinen Forschungen geholt, um sie in einem Besprechungsraum zu versammeln. Mit kurzen Worten hatte er ihnen von den seltsamen Vorkommnissen dieser Nacht erzählt.

“Sehen Sie mich nicht an, als wäre ich vollkommen durchgeknallt. Sie können sich gerne die Botschaft auf meinen Spiegel ansehen. Irgend etwas geht hier vor. Ford hat sie auch gesehen.” “Sie? Der Geist ist eine Frau?” “Das sie weiblich ist konnte ich erkennen. Ich kann Ihnen aber nicht ihr Aussehen beschreiben, da das goldene Licht das verhüllt hat.” “Was für ein Zufall”, spottete Rodney leise. “Hey, ich bin nicht verrückt! Ich habe einen Geist gesehen, davon bin ich überzeugt. Sie will, das ich ihr helfe.” “Und wie sollen Sie das anstellen?” mischte sich Beckett in die Unterhaltung ein.

“Ich habe keine Ahnung. Ich weiß ja nicht einmal, wer sie ist oder wo sie sich aufhält. Aber wir sollten der Sache auf jeden Fall nachgehen.” “Danke, kein Bedarf. Ich gehe zurück zu meiner Arbeit”, blockte Rodney auf und erhob sich demonstrativ. “Wissen Sie, McKay, diese Frau könnte Ihnen helfen, das Tor zu öffnen”, erwiderte John gelassen. Langsam wandte sich Rodney ihm zu und starrte ihn unnachgiebig an. “Wie meinen Sie das?” hakte er scharf nach. “Ich glaube, das dieser Geist, dieses Wesen, oder was auch immer sie ist, genau weiß, wie das Tor zu öffnen ist. Ford sah sie bei dem Tor. Sie hatte einst Zugang dazu. Also ist es nur in Ihrem Interesse, Doktor, wenn wir der Frau helfen”, führte der Major lächelnd aus.

“Absolut unmöglich”, stieß Rodney schwach aus. “Sie waren mit Ihrer Antwort auch schon überzeugender.” “Nehmen wir an, wir helfen dieser Frau, natürlich rein theoretisch”, begann Rodney gedehnt und nahm wieder Platz. “Sind Sie sicher, das es sich bei ihr um einen Geist handelt?” “Ja, bin ich”, gab Sheppard zurück. Ford konnte dem nur mit einem Nicken beipflichten. Wenn selbst der Major mit einer solchen Entschlossenheit hinter diesem merkwürdigen Vorfall stand, konnte er nicht mehr leugnen, den Geist von Atlantis nicht gesehen zu haben.

“Rodney, sie ist durch eine Wand gegangen. Ich konnte sogar durch sie hindurch sehen. Ihre Anwesenheit bestand nur aus einer schwachen, goldenen Silhouette. Was für Beweise brauchen Sie noch?” “Regen Sie sich nicht auf, Major, ich benötige nur alle Fakten, um mir ein genaueres Bild machen zu können. Wissenschaftlich betrachtet ist die Existenz von Geistern nicht möglich. Es gibt keinen einzigen Bericht, der darauf hinweist, das eine solche Behauptung der Wahrheit entspricht.” “Und das sagt der Mann, der durch ein Tor in eine andere Galaxie gegangen ist”, spottete John kopfschüttelnd.

“Was setzt die Existenz eines Geistes voraus?” warf Rodney seine Frage in die Runde, wobei er den spitzen Kommentar von Sheppard geflissentlich ignorierte. Eigentlich ließ er sich in einen solchen Fall stets auf eine Diskussion mit dem Soldaten ein, doch er war seit Tagen ohne vernünftigen Schlaf auf den Beinen und dies machte sich durchaus auch bei ihm bemerkbar. Er war im Augenblick einfach nicht in der Lage, sich auf ein minutenlanges Streitgespräch mit Sheppard zu konzentrieren, um ihm die passenden Antworten um den Kopf zu werfen.

“Die Person, deren Seele herum wandert, muß tot sein”, bemerkte Ford. “Richtig. Da dieser Geist Sheppard die Nachricht, das er zurück kehren will, auf dem Spiegel hinterließ, können wir davon ausgehen, das die geheimnisvolle Frau damit ihre Rückkehr in das Leben anspricht. Und genau das stellt uns vor ein gravierendes Problem.” “Weshalb?” “Weil man Tote nicht mehr zum Leben erwecken kann?” gab Rodney bissig zurück, der die knappe Frage von Sheppard als völlig überflüssig betrachtete.

“Wir haben keinen Körper, in den man die verirrte Seele zurück geben kann, und es gibt keinen einzigen wissenschaftlichen Hinweis, das dies überhaupt im Bereich des Möglichen liegt. Man kann nicht einfach ein paar Sprüche aufsagen, ein wenig Zauberei und schon ist die Tote wieder am Leben. Viele verrückte Wissenschaftler haben probiert Gott zu spielen, und sind daran gescheitert. Schon einmal etwas von Frankenstein gehört?” “Erstens ist das nur ein Roman und zweitens liegt die Situation bei uns vollkommen anders.” “Sheppard, für eine solche Transformation benötigen Sie den Körper und die Seele zur selben Zeit am gleichen Ort. Und Sie haben weder das eine, noch das andere”, erwiderte Rodney gedehnt. Arrogant blickte er den Soldaten an, machte ihm damit klar, das er ihn und sein Vorhaben in keinster Weise ernst nahm. Das, worüber Sheppard nachdachte, war nichts weiter als Hokuspokus, nicht ein existierender Umstand, der mit den Händen greifbar war.

“Wir könnten nach dem Körper suchen.” “Der Leichnam wird wahrscheinlich nicht mehr auffindbar sein, da diese Frau eine Antikerin war, und die lebten bekanntlich vor zehntausend Jahren hier auf Atlantis”, wollte Rodney die Begeisterungsstürme des Majors bremsen. Doch dieser ließ sich davon nicht beeindrucken, sondern führte seine Gedanken weiter aus. “Ich habe gelernt, das die Seele an dem Ort festsitzt, wo der Körper getötet wurde. Da wir sie auf Atlantis gesichtet haben, erledigt sich schon einmal dieses Problem. Sie will ins Leben zurück, deshalb können wir es ausschließen, das der Leichnam nicht mehr existiert. Der Geist weiß genau, wo sich ihr Körper befindet.” “Sie haben viel zu viele Filme gesehen, Sheppard”, sprach Doktor McKay bitter und sein finsterer Gesichtsausdruck unterstrich seine Aussage nur noch.

Mit einer entschiedenen Handbewegung wischte Sheppard diesen Einwand jedoch vom Tisch. Rodney konnte nichts von sich geben, um ihn von seiner Art der Sicht zu überzeugen. “Jetzt müssen Sie nur noch mit Ihrem reizenden Nachtgespenst in Kontakt treten, um die näheren Umstände zu klären. Versuchen Sie es einfach einmal mit Gläser rücken, Major”, spottete Rodney vergnüglich weiter. “Rodney, Sie gehen langsam zu weit! Diese Frau braucht unsere Hilfe. Es ist nicht angebracht, darüber Scherze zu treiben. Oder wollen Sie sich ausgerechnet mit mir messen? Ich bin Ihnen körperlich überlegen”, drohte John, der dem Wissenschaftler einen ebenso dunklen Blick zurück schickte, wie er ihn vor wenigen Sekunden von seinem Gegenüber erhalten hatte.

“Sie haben Recht, Sheppard”, mischte sich Elizabeth in die Unterhaltung ein, die sich bis jetzt alles schweigend angehört hatte, um in Ruhe eine Entscheidung treffen zu können. “Diese Frau hat um unsere Hilfe gebeten, deshalb sollten wir die Sache wenigstens genauer untersuchen. Jedoch sehe ich auch die Schwierigkeiten, auf die Doktor McKay hinweist. Wir haben keine Ahnung, wie man eine Tote erweckt. Es gibt keine schriftlichen Beweise, das dies überhaupt schon einmal jemanden gelungen ist.” “Die Antwort finden wir hier”, bemerkte Sheppard und machte eine ausholende Handbewegung.

“Auf Atlantis?” entkam es Rodney genervt. “Ja, die Antwort steckt irgendwo auf Atlantis. Wir müssen uns nur auf die Suche machen.” “In Ordnung, Leute, so werden wir vorgehen. Lieutenant Ford und Doktor Beckett werden nach einer Lösung für diese Transformation suchen. Vielleicht finden Sie ja etwas in den alten Aufzeichnungen der Antiker. Das dürfte ziemlich viel Zeit in Anspruch nehmen. Rodney, Sie bleiben an dem Tor dran. Sheppard, da dieser Geist Sie um Hilfe gebeten hat, versuchen Sie irgendwie mehr über diese Person zu erfahren. Vielleicht spricht sie noch einmal zu Ihnen. Es wird zwar wenig bringen, aber einen Versuch ist es wert. Haltet mich auf den Laufenden. Und die Geschichte bleibt vorerst unter uns. Ich will die anderen nicht in unnötige Panik versetzen”, erklärte sie sachlich.

“Da wird sowieso kein vernünftiges Ergebnis heraus kommen, da die ganze Sache absolut lächerlich ist. Es gibt keine Geister. Die Beiden haben sich das nur eingebildet”, fügte Rodney zum Schluß hinzu und marschierte hastig aus dem Raum, um endlich an der Entschlüsselung für sein Tor, und insgeheim bezeichnete er es schon als das, weiter zu kommen. “Er irrt sich. Ich weiß, das Ford und ich im Recht mit dem liegen, was wir gesehen haben.” “Glauben Sie auch, diese Frau wieder zum Leben erwecken zu können?” hakte Weir nach, als Sheppard schon auf den Weg zur Tür war. Er blieb im Türrahmen stehen und legte den Kopf in den Nacken.

“Ich weiß nicht, was ich von all dem glauben soll”, gestand er ehrlich, ohne sich zur Leiterin der Atlantis-Expedition umzudrehen. Er offenbarte es nicht nach außen, aber innerlich stellte er sich durchaus die Frage, ob er nicht den Verstand verloren hatte. Dies wäre definitiv einfacher zu akzeptieren als die Wahrheit, das es auf Atlantis einen Geist gab, der vor zehntausend Jahren getötet worden war und der nun ausgerechnet ihn um Hilfe bat, um einen Weg ins Leben zurück zu finden. Elizabeth konnte John regelrecht ansehen, das ihn dieses seltsame Ereignis noch lange beschäftigen würde.

Sobald sich die Tür zu seinem Quartier hinter ihm geschlossen hatte, trat John vor den Spiegel und betrachtete die Botschaft näher, die der Geist im hinterlassen hatte. Seine Räume waren in gedämpftes Licht getaucht. Er zog seine Jacke aus und warf sie achtlos auf das Bett. Unruhig wanderte er zu den großen Fenstern und beobachtete das Wasser, das Atlantis umgab, und selbst in der dunkelsten Nacht vor Schönheit erstrahlte. Egal, was er auch unternahm, er konnte vor dem Geschehnis, das er soeben erlebt hatte, nicht fliehen. Es wollte einfach nicht aus seinem Kopf verschwinden.

“Ich muß wirklich durchgeknallt sein”, murmelte John und ließ sich schwach auf das zerwühlte Bett fallen. Sein Blick wanderte immer zu ihrer Nachricht zurück. “Wenn du mich hörst, dann rede mit mir. Sag mir, was ich tun soll”, sprach er laut, nicht wissend, ob sein Nachtgespenst, wie Rodney den überraschenden Besucher abfällig bezeichnet hatte, seine Stimme überhaupt wahrnahm. War sie anwesend, verstand sie, was er sprach oder redete er nur mit sich selbst? Auf welchen Weg verfuhr man mit einem Geist, wo er noch nie mit so etwas konfrontiert worden war? Woher sollte er wissen, was die richtige Entscheidung für diese komplizierte Situation war?

“Du bist der Einzige, der mich retten kann”, erwiderte eine leise Stimme. Ruckartig schoß Sheppard in die Höhe, doch er konnte niemanden erblicken. In seinem Quartier war er der Einzige, der sich aufhielt. “Du kannst mich nicht sehen. Meine Kraft reicht nicht aus, um erneut auf deine Bewußtseinsebene zu gelangen. Mein Volk wußte, wie man Tote zum Leben erweckt. Wir haben einen Vorgang entwickelt, der dies möglich macht.” “Wie geht dieser Vorgang vonstatten?” “Er wurde in unseren Aufzeichnungen gespeichert. Ihr müßt nur die Bezeichnung ‘Prozeß der Na-Thil‘ finden”, erklärte sie schwach.

“Wo finden wir deinen Leichnam? Ohne deinen Körper kannst du nicht zurück kehren.” “Ich ... es ist so eisig kalt. Ich kann Atlantis sehen. Es schwimmt über mir”, sprach sie, bevor sie mit einem qualvollen Stöhnen ihre Ausführungen abbrach. Eine grausame Stille breitete sich in dem Quartier aus. Instinktiv wußte John, das er den Kontakt zu ihr verloren hatte. Doch nun wußte er wenigstens, was er zu tun hatte, um ihr den Weg in ihren Körper und nach Atlantis zu ermöglichen. Ihre kurzen Worte hatten ausgereicht, um ihm die Wahrheit zu offenbaren.

Beckett und Ford schraken heftig zusammen, als Sheppard überraschend in den Raum stürmte, in dem die Aufzeichnungen der Antiker aufbewahrt wurden, jedenfalls das, was man nicht zerstört hatte, als die Wraith vor zehntausend Jahren nach Atlantis gekommen waren. “Der Prozeß der Na-Thil”, sprach John energisch und sowohl der jüngere Soldat, wie der Arzt sahen ihn skeptisch an. “Wovon reden Sie, Major?” erkundigte sich Beckett, der alles andere als wach war für eine solche Aufgabe, sie jedoch trotzdem erledigte, so wie Elizabeth ihn darum gebeten hatte.

“Der Vorgang, mit dem die Antiker einen Toten zurückholen konnten, trägt diese Bezeichnung.” “Woher wissen Sie das?” “Sie hat mit mir gesprochen.” “Was hat sie noch gesagt? Hat sie Ihnen erzählt, wo wir ihren Körper finden, Sir?” hakte Ford neugierig nach, dem die Geschichte dieses Geistes immer mehr faszinierte, je mehr er sich damit beschäftigte. Er konnte regelrecht spüren, das diese Frau ein besonderes Leben hinter sich hatte und nur sie allein konnte ihm erzählen, wie es war zu sterben. Die letzten Geheimnisse des Todes könnte sie aufklären.

“Allerdings. Können Sie tauchen, Lieutenant?” erkundigte sich John mit ernster Miene. “Natürlich, Sir. Innerhalb meiner militärischen Ausbildung hat man uns auch darin unterrichtet.” “Gut, morgen früh unternehmen wir nämlich einen kleinen Tauchgang.” “Sie wollen doch nicht etwa ...”, begann Beckett ahnungsvoll, wurde aber von John unterbrochen. “Genau das will ich. Wir tauchen unter Atlantis hinab.” “Hat sie Ihnen gesagt, dort unten zu liegen?” “So etwas in der Art”, wich John aus und drehte am Absatz um. Beckett kam nicht einmal mehr dazu, weitere Fragen zu stellen, da der Soldat den Raum auch schon wieder verlassen hatte. Ihm blieb nichts anderes übrig, als diese merkwürdige Nacht mit einem Kopfschütteln zu kommentieren. Zu viele Dinge ereigneten sich Schlag auf Schlag, um richtig abschätzen zu können, wo das alles endete. Und wenn ihnen diese Totenerweckung tatsächlich gelang, würden sie bald der letzten echten Antikerin in dieser Galaxie gegenüberstehen.

~ 3. ~

Kein Mitglied der Atlantis-Expedition hatte etwas von den Vorkommnissen der vergangenen Nacht etwas erfahren. Jeder ging seiner alltäglichen Arbeit nach, aber es entging niemanden, das sich Major Sheppard und Lieutenant Ford auf einen Tauchgang vorbereiteten. Bei ihrem One-Way-Ticket nach Atlantis hatten sie mehrere Taucherausrüstungen für den Notfall mitgenommen, jedoch war es bis jetzt nie nötig gewesen, davon Gebrauch zu machen. Für jeden neuen Atlantis-Bewohner war die Anspannung der beiden Soldaten, sowie von Doktor Beckett und Doktor Weir deutlich spürbar. Nur Rodney McKay war ungewöhnlich unberührt von dem ganzen Geschehen. Den Vorgang für die beiden Taucher ignorierte er geflissentlich und lenkte statt dessen seine Konzentration auf das noch immer verschlossene Tor.

“In welche Richtung werden wir uns bewegen, Sir? Das Meer ist groß. Wir müssen uns darauf einigen, wie wir da unten vorgehen”, bemerkte Ford, der den Luftdruck seiner Sauerstoffflasche überprüfte. “Haben wir irgendwelche Aufnahmen des Meeresspiegels, Doktor Weir?” erkundigte sich John. “Tut mir leid, nein. Das Problem ist die Weite des Meeres rund um Atlantis. Der Meeresboden ist nicht zu erfassen. Wir können über die Tiefe nur spekulieren. Glauben Sie, wirklich das Richtige zu tun? Was auch immer Sie dort unten finden, wir können Ihnen nicht helfen, Major”, bemerkte Elizabeth besorgt, die ihre Leute ungern in ein Meer entließ, dessen Einzelheiten sie vorher nicht genauer abklären konnte.

Schweigend nahm John diese Information auf und wechselte einen vielsagenden Blick mit Ford. “Willst du es noch immer machen, mein Junge? Ich kann auch alleine runter gehen. Dann ist nur mein Leben unter Umständen in Gefahr.” “Ich gehe mit Ihnen, Sir. Es gibt keinen Grund für mich jetzt nein zu sagen. Ich will dieser Frau helfen, genau so sehr wie Sie. Ich werde Sie begleiten. Und wenn dort unten tödliche Risiken auf uns lauern, bin ich auch dafür bereit”, erklärte er und wies es von der ersten Sekunde an ab, auf Atlantis zu bleiben, während Sheppard für diese Frau das Meer absuchte.

Mit einem kurzen Nicken dankte John seinem Gegenüber und warf einen Blick über die Schulter. Er stand mit dem Rücken zum Meer, das sich friedlich an Atlantis brach. “Wie wollen Sie den Körper nun finden, Major?” mischte sich Elizabeth erneut in die Unterhaltung ein. “Ich lasse mich von ihr führen. Wer auch immer sie ist, sie wird uns dort unten nicht sterben lassen. Tot nutzen wir ihr nichts, denn sie braucht uns für ihre Rückkehr ins Leben.” “Ich hoffe, Sie haben mit Ihren Vermutungen Recht. Ansonsten geraten Sie womöglich in große Schwierigkeiten. Dort unten sind Sie auf sich alleine gestellt.” “Ich hege auch die Hoffnung, das ich mich nicht irre”, erklärte John und befestigte an seinen Tauchergürtel ein scharfes Messer für die Sicherheit. Man konnte nie wissen, auf was man unterhalb der Meeresoberfläche traf. Er wollte sich wenigstens ein Stück gegen Gefahren verteidigen können.

“Viel Glück, Sheppard”, sprach Teyla hinter ihm, die dem Treiben still zugesehen hatte. Er drehte sich mit einem schiefen Grinsen zu ihr um. “Das können wir gut gebrauchen”, erwiderte er und sprang in das warme Wasser. Ohne ein Zögern tat Ford es ihm gleich. Nach wie vor hatte die Expedition keine Erklärung dafür, warum das Wasser von Atlantis so angenehm warm war und niemals zu erkälten schien, nicht einmal in der dunkelsten Nacht. Es änderte auch niemals seine Farbe, sondern glänzte stets im tiefsten türkisblau vor sich hin. Ein weiteres Phänomen, das eine echte Antikerin vielleicht lösen konnte.

“Paßt gut auf euch auf”, flüsterte Elizabeth und sah dabei zu, wie die beiden Soldaten mit ihrem Tauchvorgang begangen. “Kommen Sie, Doktor Weir, wir sollten Doktor Beckett bei den Nachforschungen nach dem Prozeß der Na-Thil helfen. Wenn die Beiden wieder da sind, sollten wir ihnen die nötigen Antworten auf diese eigenartige Erweckung geben können”, beschloß Teyla, die am Morgen von Beckett über die Ereignisse der letzten Nacht eingeweiht worden war, da sie eine besondere Vertraute von Anfang an für die Stargate-Gesellschaft dargestellt hatte.

Ein leiser Seufzer entrang sich Elizabeths Kehle. Sie wußte, das Teyla Recht hatte. Im Augenblick waren sie außer Stande, irgend etwas für Major Sheppard und Lieutenant Ford tun zu können. Im Meer waren sie alleine und wenn ihnen etwas zustieß, konnte kein Mitglied des Atlantis-Teams ihnen zu Hilfe eilen. Sie konnten nun nur abwarten und innerlich ein Gebet sprechen, das die Beiden wohlbehalten zurück kehren würden. Und solange sollten sie die Zeit nutzen und mehr über dieses seltsame Totenritual herausfinden.

Sheppard und Ford stellten mit einem kurzen Anflug von Erstaunen die absolute freie Sicht des Meeres fest. Dieses Wasser war so klar, das sich John unwillkürlich fragen mußte, ob es überhaupt normal einzustufen war. Auf der Erde gab es jedenfalls kein so sauberes und verlassenes Meer. Er konnte keinen einzigen Meeresbewohner entdecken - keinen Fisch, keine Quallen oder etwa einen Hai. Aber so vieles war an Atlantis seltsam, das er eine solche Kleinigkeit gar nicht erst zu hinterfragen anfangen sollte.

Ford berührte ihn leicht an der Schulter und seine Handzeichen machten ihm deutlich, das er gerne wissen wollte, wie es nun weitergehen sollte. Mit einer kurzen Bewegung deutete Sheppard unter sich und die Beiden schwammen der Tiefe entgegen. Gib mir ein Zeichen, irgend etwas, das mir sagt, wo der genaue Standort deines Körpers liegt, dachte John im Stillen und hoffte, das sein guter Geist ihn nun nicht verließ. Dies war nicht der richtige Augenblick, um ihm die Stecknadel im Heuhaufen suchen zu lassen. Sie konnten unmöglich das ganze Meer absuchen, da ihr Sauerstoff bei weitem nicht dafür reichte.

Für eine kurze Minute flackerte direkt unterhalb von Atlantis ein goldenes Licht auf. Ford und John betrachteten diesen Vorgang, der genauso hastig wieder verschwand wie er aufgetaucht war. Nun wußten sie, wo sie nach dem weiblichen Leichnam suchen mußten. Sie bewegten sich unter Atlantis zu und begaben sich immer mehr in die Tiefe. Wie weit sie nach unten schwammen, konnten sie in keinster Weise sagen, da die Druckanzeige ihrer Flaschen ausfiel. Jedoch gab es für Panik keinen Grund, da keiner der Beiden irgendwelche Beschwerden fühlte, die ein Taucher erhielt, wenn er sich vom Druckausgleich entfernte.

Obwohl sie tief genug hinab tauchten, wurden sie nicht von Dunkelheit überfallen, so wie es eigentlich innerhalb der Normalität der Fall gewesen wäre. Das Einzige, das sich veränderte, war die Temperatur. Zwar kaum merklich, aber dennoch konnte Sheppard den kalten Hauch spüren, der über seinen Körper kroch. Sein Instinkt verriet ihm, das sie sich auf den richtigen Weg befanden, denn sein Geist hatte davon gesprochen, das ihr kalt war. Nun bekamen diese Worte eine doppelte Bedeutung. Es war nicht nur die Kälte ihres toten Körpers, sondern auch das tiefe und inzwischen kühle Wasser, das sie umgab.

Gleichzeitig sahen Sheppard und Ford den Sarkophag, der am Grund lag, und das schon seit vielen Jahrtausenden. Es war ein altertümlicher Sarg, mit unzähligen Zeichen der Antiker verziert. Allein an diesem Gegenstand würde Rodney seine Freude haben. Erst als sie näher kamen, erkannten die beiden Soldaten die Besonderheit des Sarkophags. Er war nicht aus irgendeinem Metall oder sonstigen Baustoff, sondern aus reinem Eis. Dies ermöglichte es John auch, in das Innere zu blicken. Wie erwartet lag eine Frau - offensichtlich tot - in dem eisigen Grab.

Ihr Körper hatte die Ruhephase von zehntausend Jahren erstaunlich gut überstanden. Das Eis und vielleicht auch der Segen von Atlantis hatten den Leichnam konserviert und somit in seinem ursprünglichen Zustand erhalten. Sheppard und Ford hoben den Sarkophag an und waren für die Leichtigkeit des länglichen Gegenstandes dankbar. Ihre Finger umschlossen die runden Griffe des Sarges, um ihn nach oben zu bringen. Gemeinsam schwammen sie den Weg zurück, den sie gekommen waren. Alle Besorgnis war unbegründet gewesen. Sie hatten am Meeresboden gefunden, wonach sie suchen sollten, und hatten diesen kleinen Ausflug ohne einen Zusammenstoß mit irgendwelchen Gefahren durchgeführt.

Das laute Geräusch, das beim Auftauchen entstand, holte mehrere Atlantis-Bewohner von ihrem Arbeitsplatz weg. Gemeinsam eilten sie nach draußen und wurden Zeugen, wie Sheppard und Ford einen aus Eis bestehenden Sarkophag bei sich hatten. Die Sonne warf seine Strahlen auf den Gegenstand und hinterließ den Eindruck eines gläsernen Grabes. “Helft den Beiden”, befahl Elizabeth, auf deren Gesicht ein erleichterter Schatten huschte, das die Soldaten wohlbehalten von ihrem Ausflug zurück kamen.

Sheppard entledigte sich der Tauchermaske und wies das Angebot mit einem entschiedenen Kopfschütteln zurück. “Er ist nicht schwer zu transportieren”, erklärte er, während er gemeinsam mit Ford zum Ufer schwamm. “Wir haben uns schon Sorgen gemacht, Major.” “Weshalb? Wir waren nicht länger als eine Stunde unten”, erwiderte John ungerührt. Verwundert blickte Elizabeth den militärischen Leiter von Atlantis an. Ihr vielsagender Blick verriet ihm, das sie dieser Aussage nicht zustimmte.

“Sie waren fast vier Stunden fort, Sheppard”, sprach sie in derselben Sekunde. Irritiert warfen Sheppard und Ford sich einen Blick zu. “Tatsächlich? Das ist mir bei weitem nicht so vorgekommen”, bemerkte der Lieutenant verwirrt. “Mir auch nicht.” “Haben Sie nicht auf Ihre Taucheruhren gesehen?” erkundigte sich Elizabeth. “Die haben dort unten nicht funktioniert. Ford, überprüfen Sie die Druckanzeige der Flaschen.” “Sie haben das doch vor Ihrem Tauchgang schon gemacht. Sagen Sie mir nicht, das die Anzeige ebenfalls nicht richtig funktioniert hat”, bemerkte Doktor Weir unruhig. Das schiefe Lächeln von Sheppard war ihr Antwort genug.

Ford und Sheppard stiegen aus dem Meer. Nun halfen ein paar Soldaten, den gläsernen Sarkophag aus dem Wasser zu schaffen. Vorsichtig stellten sie ihn auf den Boden ab. Neugierig betrachteten die Anwesenden den extrem gut erhaltenen Leichnam der Frau, deren Geist angeblich auf Atlantis herum wandern sollte. Während dem Tauchgang von Sheppard und Ford hatte Doktor Weir beschlossen, die Expedition doch in ihr Geheimnis einzuweihen, da sie spätestens dann Fragen stellen würden, wenn die Beiden mit einem Sarg wieder auftauchten. Und dem hatte Elizabeth vorbeugen wollen.

“Mein Gott”, stieß Ford aus, als er dem Befehl des Majors nachkam. “Was ist los, Lieutenant?” hakte Sheppard nach. “Sir, das werden Sie mir nicht glauben. Sehen Sie sich das an”, sprach Ford und deutete mit dem Kopf auf die Druckanzeige der Sauerstoffflaschen. John trat näher, um sich anzusehen, was seinen untergebenen Soldaten so aus der Fassung brachte. Die Anzeige schrieb keine Zahl, sondern war schlichtweg durch den Druck zerstört worden. Das offenbarte ihm nur zu deutlich, wie tief sie unten gewesen sein mußten. Die Anzeige hatte dem einfach nicht standgehalten.

“Was denken Sie, Sir, wie tief waren wir unten?” erhob Ford nach dem ersten Schock das Wort. “Keine Ahnung, aber ich schätze, tiefer als jemals ein Taucher vor uns in irgendeiner Galaxie.” “Sie sollten sich von Doktor Beckett untersuchen lassen”, bemerkte Elizabeth. “Das ist nicht nötig”, winkte Sheppard ab. “Aber wenn Sie so tief unten waren, dann ...” “Der Major hat Recht, Doktor Weir. Ich habe keine Auffälligkeiten gespürt, keine typischen Symptome, die bei einem Tauchunfall auftreten. Es geht mir ausgezeichnet.” “Es war unglaublich! Obwohl wir so tief unten waren, hat das Wasser uns vor Schaden geschützt”, führte John kopfschüttelnd aus.

Er ging neben dem eisigen Sarkophag in die Knie und betrachtete das Gesicht der Frau, die darin verborgen lag. Es kam ihm nicht so vor, als wäre sie tot, sondern als würde sie nur lange schlafen. Irgendwie erinnerte ihn diese Szene an Schneewittchen, die ebenfalls in einem weißen Sarg gelegen hatte, als der Prinz gekommen war, um sie zu retten. Ein sanftes Lächeln glitt über seine Lippen. Man hatte ihn schon als vieles bezeichnet, aber sicher nicht als Prinz, der auf seinen Ross daher geritten kam, um die in Not geratene schöne Prinzessin vor dem Greuel zu schützen.

“Wir haben die Aufzeichnungen über Na-Thil gefunden”, warf Elizabeth hinter ihm ein. “Das habe ich erwartet. Was müssen wir tun?” “Es ist eine Mischung aus einem Ritual und Wissenschaft.” “Eigentlich etwas, das McKay interessieren dürfte.” “Er hat dafür nach wie vor nur Ablehnung übrig. Er hat gesagt, wir sollen ihn rufen, wenn sie tatsächlich wach ist. Wir bringen sie im medizinischen Bereich unter. Beckett wird die Leitung ihrer Versorgung übernehmen. Den Aufzeichnungen zufolge dauert es Tage, bis sie sich wieder im Leben befindet.” “Dann fangen wir am Besten gleich an”, beschloß Sheppard, der den Soldaten, die um ihn herum standen, kurz zunickte.

Auf sein Zeichen hin hoben sie den Sarkophag hoch und brachten ihn zu Doktor Beckett, der bereits damit beschäftigt war, alles für die Ankunft der Antikerin vorzubereiten. Ford griff nach den Taucherausrüstungen, um sie noch einmal zu überprüfen, bevor er sie an ihren vorhergesehenen Platz zurück brachte. “Wie war es da unten?” hakte Elizabeth neugierig nach, als sie mit Sheppard alleine am Ufer stand. “Ruhig. Ich glaube nicht, das dieses Meer als bewohnt gilt.” “Und was denken Sie, wer die Unbekannte ist?” “Ich weiß es nicht, aber ich brenne darauf, es von ihr selbst zu erfahren”, grinste er breit.

“Sheppard, Sie müssen auch damit rechnen, das Ihr Plan nicht aufgeht. Vielleicht funktioniert es nicht, das wir sie ins Leben zurückholen können. Wir sind keine geborenen Antiker, die dieses Wissen besaßen. Wir können uns nur an die Aufzeichnungen halten und hoffen, das wir keinen Fehler begehen.” “Dessen bin ich mir bewußt, was mich aber nicht daran hindert, an den guten Ausgang dieser besonderen Mission zu glauben. Ich verschwinde schnell unter die Dusche. Zerstören Sie nicht den Sarkophag, wenn er geöffnet wird. McKay wird das nicht freuen, da er übersät ist mit Zeichen der Antiker, auf die er sich mit Begeisterung stürzen wird”, kommentierte John, als er die Terrasse verließ und sein Quartier ansteuerte. Kopfschüttelnd sah Doktor Weir ihm nach. Hoffentlich brachten die nächsten Tage Gewißheit über den Tod und das Leben der geheimnisvollen Frau, deren Leiche sie aus dem Meer geborgen hatten.

~ 4. ~

[Dreißig Minuten später]

Etwas hilflos wanderte Beckett um den gläsernen Sarkophag herum, bei dem sich dasselbe Problem zu entwickeln schien, wie bei dem Tor, an dem Rodney verzweifelt arbeitete. Es sah nicht so aus, als würde er sich auf sanfte Weise öffnen lassen. “Wieso ist er noch verschlossen?” sprach John, als er den Raum betrat, indem sich Elizabeth, Teyla und Ford versammelt hatten. Rodney verzichtete nach wie vor darauf, bei dieser überflüssigen Show dabei zu sein, da er mit seiner Zeit weitaus wichtigeres anstellen konnte, als an so etwas wie Totenerweckung zu glauben.

“Weil er sich nicht öffnen läßt. Wir könnten ihn mit Gewalt aufbrechen”, bemerkte Beckett kopfschüttelnd. “Das geht sicher auch anders”, führte John aus und trat näher. “Wahrscheinlich steht die Antwort sogar auf dem Sarg geschrieben, aber solange Rodney sich weigert, uns zu helfen, können wir nur blind raten.” “Verzweifeln Sie nicht, Beckett. Ich glaube, wir schaffen das auch ohne Doktor McKay.” “Wie können Sie nur so zuversichtlich sein? Klar, das sind Sie schon die ganze Zeit über, Major, doch der Sarkophag stellt ein Rätsel dar”, bemerkte Beckett, in dessen Stimme eine Spur von Frustration auftauchte.

John strich mit der Hand über die glatte Oberfläche des Sarkophags und hielt erst an, als er eine kleine Einkerbung unter den Fingern spürte. Instinktiv drehte er diese nach links. Einem leisen Geräusch folgend löste sich die Verankerung des Sarges und gab den Deckel frei. “Woher wußten Sie das?” fragte Elizabeth verblüfft. “Ich habe es nicht gewußt. Ich habe einfach nur geraten. Vielleicht hat mich mein Gefühl ein kleines Stück geleitet”, erwiderte John mit einem Schulterzucken. Gemeinsam mit Beckett und Ford hob er den Deckel an, um den Blick in das Innere zu offenbaren.

“Sie ist sehr schön”, bemerkte Teyla, als sich für mehrere Minuten Schweigen im Raum ausbreitete. Niemand der Anwesenden konnte mehr den Blick von der Frau nehmen. John konnte Teyla nicht ganz zustimmen, so war diese tote Antikerin mehr als bloß schön. Sie verkörperte die vollkommenste Weiblichkeit, die er je gesehen hatte. Noch nie in seinem Leben war ihm eine Frau begegnet, die soviel Schönheit, aber auch Anmut ausstrahlte, das sie damit jeden Mann einzufangen wußte. Perfekt, dachte John lächelnd. Kein anderes Wort konnte die Antikerin besser beschreiben als pure Perfektion.

“Wir ... nun ... wir sollten sie heraus heben”, räusperte sich Beckett und forderte die anderen damit auf, ihm dabei zu helfen. Auf einen zweiten Untersuchungstisch wurde die Leiche abgelegt und Doktor Beckett begann mit dem Na-Thil, wie die Antiker diesen mehrtägigen Vorgang nannten. Dabei wurden einhundertundeins lange Nadeln in den Körper gestoßen, der für vier Tage in diesen Zustand gehalten wurde. Die Nadeln mußten an den richtigen Stellen verteilt werden, ansonsten war der ganzen Versuch vergeblich. Beckett mußte sich also an den genauen Vorgaben der Aufzeichnungen halten, um nicht schon am Anfang einen gravierenden Fehler zu begehen. Einmal am Tag wurde der Leichnam mit drei Liter Wasser, das direkt aus dem Meer um Atlantis geschöpft wurde, eingesalbt.

“Ihre Kleidung sieht sehr irdisch aus”, bemerkte Elizabeth sachlich. Der tote Körper trug eine dunkelrote Uniform. Jedenfalls sah es für John nach einer Uniform aus. Das Oberteil bestand nur aus einer engen Korsage, die auch auf der Erde bekannt war. Dazu trug sie seltsame Armreifen, die ihre Oberarme schmückten. Ein rotes, knielanges Tuch war über ihrer langen Hose zu sehen. Ihre Stiefel waren mit Zeichen der Antiker beschrieben und an ihren Schultern waren mehrere, bis zum Rücken hinab reichende Fransen befestigt.

John wurde auf die vielen Verletzungen aufmerksam, die ihr Körper aufwies. Er konnte eine tiefe Wunde an ihrer Stirn erkennen, sowie in der Bauchgegend und direkt am Herzen. Außerdem waren unzählige Kratzer zu sehen, die nur von einem besonders harten Kampf stammen konnten. “Sie scheint durch die Hölle gegangen zu sein”, bemerkte er getroffen. “Wahrscheinlich ist sie im letzten Krieg der Antiker gegen die Wraith getötet worden. Mich beschäftigt viel mehr die Frage, wer sie in den Sarkophag gelegt und ins Meer geworfen hat”, erwiderte Elizabeth. “Das kann sie uns selbst erzählen, sobald sie wach ist. Wenn sie wirklich im Kampf gegen die Wraith verwickelt war, könnte sie uns hilfreiche Informationen liefern, worauf wir eine bessere Verteidigung gegen diese Bestien aufbauen können”, warf John nachdenklich ein.

“Diese Gelegenheit könnte durchaus im Bereich des Möglichen liegen, doch zuerst müssen wir das Na-Thil abwarten, ob es wirklich den gewünschten Erfolg verspricht. Den Sarkophag bringen wir in einem Untersuchungsraum unter. Rodney wird ihn sich sicher ansehen wollen.” “Sollte er jemals seine Arbeit an dem Tor beenden”, fügte John grinsend hinzu. “Das ist wirklich nicht lustig, Sheppard. Er gibt sich alle Mühe. Das es ihm nicht gelingt, es zu öffnen, ist nicht seine Schuld.” “Aber er glaubt, es liegt an ihm. Ich finde sein Bemühen recht amüsant und werde das sicher auch in Zukunft nicht verbergen”, bemerkte der Major zufrieden, was Elizabeth nur mit einem schwachen Kopfschütteln quittierte.

“Halten Sie mich auf dem Laufenden, Beckett. Ich will über jeden kleinen Fortschritt umgehend informiert werden.” “Natürlich, Doktor Weir”, erwiderte Beckett, der gar nicht darauf achtete, wie die Leiterin mit Ford und Teyla den Raum verließ. Nur Sheppard blieb bei ihm, um ihm neugierig über die Schulter zu blicken, da die Details des Na-Thils durchaus in seinem Interesse lagen. Er machte es sich auf einen Stuhl bequem und legte den Kopf in den Nacken, wobei auch seine Füße auf einen Tisch landeten.

“Wie lange dauert das Na-Thil insgesamt?” erhob er das Wort. “Fünf Tage. Vier davon verbringt sie in diesen seltsamen Zustand mit den Nadeln und der Letzte dient als sogenannte Ruhephase, bevor sie endgültig erwacht. So steht es jedenfalls in den Aufzeichnungen. Würden Sie jetzt bitte den Mund halten, Major? Ich muß mich vollends auf das Na-Thil konzentrieren. Wenn ich nämlich nur eine einzige Nadel falsch ansetze, kann der Geist nicht in den Körper zurück kehren. Dann wird die Seele dem toten Körper ins Jenseits folgen und ich glaube nicht, das Sie dieses Ergebnis erreichen wollen”, bemerkte Beckett spitz.

“Ich bin ja schon still”, beteuerte John und hob schwach die Schultern. Schweigend beobachtete er Beckett bei seiner Arbeit, wie er geschickt eine Nadel nach der anderen an der richtigen Stelle des Leichnams positionierte. Für einen langen Moment schloß John erschöpft die Augen und ließ die Ruhe auf sich wirken. Er hatte äußerst wenig Schlaf in der letzten Nacht erfahren. Aufgrund der merkwürdigen Geschehnisse war dies auch kein Wunder. Und John befürchtete, das sich dies in den nächsten Tagen nicht sehr ändern würde, da er solange nicht friedlich schlafen konnte, bis die Sache mit der Antikerin aufgeklärt war.

“Und was machen wir jetzt?” hakte John nach, als Doktor Beckett mit seiner Arbeit zuende war und sich auf einen Stuhl neben dem Major niederließ. “Wir warten”, sprach er ruhig und reichte ihm eine Tasse Kaffee, den er frisch aufgesetzt und von seiner Reserve, die er in seinem Zimmer aufbewahrte, noch übrig hatte. “Ich kann nicht einfach fünf lange Tage herum sitzen und nichts tun. Dabei werde ich verrückt! Irgend etwas muß ich doch unternehmen können, um ihr zu helfen”, erwiderte John mißmutig, dem es überhaupt nicht gefiel, das ihm bis zu dem ersehnten Ziel eine solch lange Wartezeit bevor stand.

“Wenn es Sie interessiert, können Sie sich ja mit den Aufzeichnungen über das Na-Thil näher beschäftigen. Die Unterlagen sind ziemlich zahlreich. Es gibt viele von den Antikern dokumentierte Fälle, die mehrere ihrer Toten ins Leben zurück geholt haben.” “Beckett, das ist eine hervorragende Idee”, bemerkte John, der die Papiere bereitwillig entgegennahm, die der Arzt ihm hinhielt. Schon nach wenigen Minuten war er vollkommen fasziniert von dieser ungewöhnlichen Tatsache, die die Antiker erfolgreich entwickelt hatten.

“Gibt es schon eine Veränderung?” erkundigte sich Ford neugierig, als er am späten Abend im Untersuchungsraum erschien. Sheppard hatte sich den ganzen Tag über nicht von der Stelle gerührt. “Nein. Beckett geht auch nicht davon aus, das eine eintreten wird. Immerhin soll sie vier Tage lang in diesen Zustand verbringen, ohne irgendein Anzeichen, ob die ganze Sache wirklich funktioniert.” “Haben Sie noch einmal mit Ihrem Geist gesprochen, Sir?” hakte der jüngere Soldat begeistert nach.

“Nein, sie hüllt sich in Schweigen. In diesen Unterlagen steht, das während des Na-Thil der Geist in Verbindung mit seinem Körper steht und sich auf die Rückkehr vorbereitet. Darauf lenkt er seine Konzentration, weshalb er alles andere ausschaltet, um den richtigen Augenblick nicht zu versäumen. Jede Wanderung auf eine andere Bewußtseinsebene würde sie die Kraft kosten, die sie für die Erweckung benötigt. Deshalb bezweifle ich, das wir sie vor ihrer Rückkehr ins Leben noch einmal zu Gesicht bekommen”, sprach Sheppard mit einem Kopfschütteln.

“Wer mag sie wohl sein? Haben Sie da eine Ahnung, Sir? Ihre Kleidung sieht mir sehr nach einer Art Soldatin aus. Hatten die Antiker eine eigene Armee?” “Darüber ist nichts bekannt. Aber es ist durchaus möglich, das eine fortschrittliche Zivilisation wie die der Antiker so etwas wie ein hauseigenes Sicherheitspersonal besaß. Die Wraith sind ziemlich harte Gegner, wie wir aus eigener Erfahrung wissen, und ich glaube nicht, das die Antiker denen schutzlos gegenüberstehen wollten.” “Damals hatten sie noch ein funktionierendes Schutzschild über Atlantis”, bemerkte Ford, während seine Augen ausschließlich auf der geheimnisvollen Frau ruhten.

“Das alleine reicht nicht aus, um einen Angriff der Wraith abzuwehren. Es würde mich nicht wundern, wenn sie einige gut ausgebildete Söldnern hatten, die in ihren Diensten standen. Näheres kann uns nur unser hübscher Geist erzählen”, sprach John gelassen. “Wenn ich das sagen darf, Sir, so ist sie mehr als nur hübsch. Ich habe noch nie eine so vollkommene Frau gesehen.” “Mit dieser Meinung stehst du nicht alleine da, Kleiner. Hab Geduld! Das Na-Thil wird uns gelingen und dann kannst du sie alles fragen, was dir auf der Seele liegt.” “Ich vertraue auf Ihre Zuversicht, Sir”, erwiderte Ford, nickte seinem Vorgesetzten noch einmal zu und begab sich zu seinen Aufgaben zurück, während Sheppard nach wie vor im Raum blieb, um das Aufwachen der Toten um keinen Preis zu versäumen.

Sie konnte nicht glauben, das er wirklich bereit war, so viel für ihre Rückkehr ins Leben zu riskieren, ohne überhaupt auch nur annähernd zu wissen, wer sie war. Major Sheppard hatte keine Ahnung, welche Gefahren unterhalb der Wasseroberfläche - in den unendlichen Tiefen des Meeres - auf seine Opfer wartete. Und ohne lange zu überlegen hatte er den Tauchvorgang vorgenommen, nur um ihr beizustehen und sie zu retten, so wie sie ihn eindringlich darum gebeten hatte.

Bewegungslos stand sie neben ihrem Körper, den er geborgen hatte, und beobachtete den so wichtigen Vorgang des Na-Thils, das ihr Volk vor Tausenden von Jahren ins Leben gerufen hatte. Wie erfolgreich es war, konnte sich keiner der neuen Bewohner von Atlantis auch nur im Entferntesten vorstellen. Sie hatte es, als sie noch am Leben gewesen war, mehrmals mit eigenen Augen gesehen. Jedoch hatte sie nicht daran geglaubt, das eines Tages sie es sein würde, die davon Gebrauch machte.

Nach wie vor stellte sie sich die Frage, was mit ihrem Volk geschehen war. Hatte irgend jemand den schweren Angriff der verdammten Wraith überlebt? So vieles war aus ihrer Erinnerung verschwunden. Und auf Atlantis hatte sie noch kein einziges bekanntes Gesicht entdeckt. Instinktiv wußte sie aber, das diese Menschen ihr Antworten auf diese verwirrenden Fragen geben konnten. Sie hatte in ihrer kurzen Anwesenheit auf der anderen Ebene nur erfahren, das die Wraith nach wie vor ein hartnäckiges Problem für jegliches Menschenleben darstellten. Die Gefahr war noch lange nicht vorüber.

Und solange auch nur ein einziger Wraith aufrecht durch die Galaxie ging, solange würde es niemals richtigen Frieden geben. Sie würden immer wieder kommen, um sich zu holen, wonach sie verlangten. Es würde stets in harten Kämpfen enden, wobei die meisten Menschen ihr Leben verloren, da sie den Wraith einfach unterlegen waren. Ich kann sie stoppen. Dafür brauche ich nur eine Gelegenheit, dachte sie und spürte regelrecht, wie unbändiger Zorn in ihr hoch kochte. Die Wraith hatten ihr Volk und sie ins Unglück gestürzt. Für dieses Verbrechen würden sie mit dem Untergang ihrer Rasse bezahlen.

Nachts kehrte Ruhe auf Atlantis ein. Bis auf McKay und der Nachtwache gab es niemanden, der um eine solche späte Uhrzeit noch auf den Beinen war. McKay arbeitete nach wie vor unerbittlich an der Entschlüsselung für den Code des Tores. Dabei zeigte er schon beinahe besessene Züge. Langsam fragte sich die Expedition, ob der Wissenschaftler in den letzten Tagen überhaupt an so etwas wie Schlaf gedacht hatte. Außer diesen beiden Optionen war nur noch Sheppard wach, der sich weigerte, von der Seite jener Frau zu weichen, die er zu seinem persönlichen Schützling auserkoren hatte.

Im Untersuchungsraum war es vollkommen still. Beckett war ebenfalls zu Bett gegangen, da er wußte, er konnte das Na-Thil in Johns Hände legen, der gut auf die tote Frau aufpassen würde. Unbeobachtet wollte der Arzt diesen Vorgang nicht lassen, da sein persönliches medizinisches Interesse an diesem Wunder einfach viel zu groß war, als das er diese Chance durch irgendeine Unachtsamkeit ruinieren wollte. Durch Sheppards Instinkt, die Frau retten zu wollen, hatte sich für die Nächte die perfekte Lösung gefunden. So konnte Beckett beruhigt seinen Schlaf finden, ohne sich ernsthafte Sorgen darüber machen zu müssen, das während seiner Abwesenheit etwas schief ging.

Leise erhob sich John von seinem Stuhl und wanderte im Raum umher. Er trat direkt an den Tisch, auf den der Leichnam lag, und studierte eingehend ihr makelloses Gesicht. “Aus den Unterlagen geht hervor, das es dem Na-Thil hilft, wen man zu der verstorbenen Person spricht, aber ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung, was ich dir sagen soll. Das du ungewöhnlich schön bist, brauche ich dir nicht mitteilen. Schon zu deinen Lebzeiten mußt du das ständig von den Männern gehört haben”, sprach John leise, der verhindern wollte, das jemand von der Wache dies mitbekam und seinen kommandierenden Offizier für dieses Verhalten wahnsinnig erklärte. Er redete vertraulich mit einer Toten, von der er genau wußte, das er keine Antwort erhielt.

“Es ist seltsam. Ich habe mich auf diese Expedition eingelassen, weil es nichts gab, das mich auf der Erde hielt. Ich dachte mir, ein wenig Abwechslung, die ich zweifellos auf Atlantis haben werde, wird mir gut tun und mich von den Problemen der letzten Zeit ablenken. Und die perfekte Frau, von der jeder Mann insgeheim träumt, finde ich ausgerechnet hier und sie ist tot. Ich weiß nicht, was ich von dieser ganzen Sache denken soll. Noch nie habe ich an Geister oder etwas ähnliches geglaubt, doch seit ich durch das Gate ging, hat sich meine Weltanschauung leicht verändert. Das ist wohl die logische Konsequenz einer solchen ungewöhnlichen Reise”, bemerkte John und sprach somit seine intimsten Gedanken aus, an denen er noch nie jemanden hatte teilhaben lassen.

“Mein Herz glaubt daran, das dieser Vorgang funktioniert und ich bald deine Augen sehe. Und glaube mir, ich brenne darauf zu erfahren, ob deine Augen ebenso perfekt sind wie der Rest von dir. Mein Verstand jedoch erzählt mir, das ich verrückt bin, an Totenbeschwörung zu glauben und das ich viel mehr auf meine militärische Ausbildung vertrauen sollte, als auf die Worte, die mir ein Geist mitteilt. Wie lange hast du wohl dort unten gelegen? Vielleicht kannst du uns helfen, den Wraith beizukommen, um ihre schrecklichen Morde aufzuhalten”, sprach Sheppard und berührte zärtlich eine Strähne ihres langen, blonden Haares. Es fühlte sich genauso samtweich an, wie er es sich vorgestellt hatte.

“Langsam mache ich mir wirklich Sorgen um Ihren gesunden Menschenverstand”, erhob sich eine Stimme hinter John, die er inzwischen nur zu gut kannte. “So sieht also dieses seltsame Na-Thil aus, von dem jeder hier spricht.” “Ich habe nicht damit gerechnet, das irgend etwas Sie von Ihrer Arbeit an dem Tor abbringt, McKay”, erwiderte John, ohne sich umzudrehen. “Und ich habe nicht erwartet, das Sie hier eine sehr monotone Unterhaltung mit einer Toten führen, die Ihnen bekanntlich nichts entgegen setzen kann”, setzte der Wissenschaftler nach, als er neben dem Soldaten auftauchte.

“Es soll angeblich den Erfolg des Na-Thils fördern, wenn man mit dem Leichnam spricht. So haben es jedenfalls die Antiker beschrieben.” “Seit wann halten Sie sich an das, was Ihnen jemand anderer vorgibt?” “Wir haben keine Erfahrung mit diesem Prozeß. Also müssen wir uns an jeden einzelnen Schritt halten, den die Antiker aufgezeichnet haben.” “Sie können ja ein ganz braver Schüler sein”, kommentierte McKay überrascht. “Wer würde schon etwas tun, um einer solchen Frau Schaden zuzufügen?” erwiderte John herausfordernd und warf dem Mann neben sich einen kurzen Seitenblick zu, wie dieser ungerührt neben dem toten Körper stand.

“Sagen Sie bloß, McKay, Ihre anmutige Schönheit berührt Sie nicht?” “Ich kann dem nicht wirklich etwas abgewinnen.” “Sie ist vollkommen”, sprach John mit einem warmen Lächeln. “Perfekte Menschen gibt es nicht, Major. Diese Frau macht da keine Ausnahme.” “Wie weit sind Sie mit Ihrem Tor?” wechselte John das Thema, der McKay nicht unbedingt für den richtigen Gesprächspartner hielt, um mit ihm über Frauen zu sprechen. “Ich werde das Geheimnis schon noch lösen”, behauptete Rodney überzeugend. “Seit dem Fund arbeiten Sie daran, sind alle möglichen Zahlencodes durchgegangen. Ich will Ihre Intelligenz nicht angreifen, doch ich bezweifle, das Sie es ohne die Hilfe dieser Frau schaffen werden, das Tor zu öffnen”, führte John ernst aus.

Entgeistert blickte McKay den Soldaten an, fing sich jedoch in der nächsten Sekunde wieder, da er nicht als der Wissenschaftler der Atlantis-Expedition bekannt werden wollte, der Major Sheppard die Augen auskratzte, weil dieser es gewagt hatte, ihn zu beleidigen. “Diese Unterstellung weise ich demonstrativ von mir. Ich benötige keine Hilfe. Auf den einen oder anderen Weg werde ich die Lösung finden. Und dann erwarte ich eine Entschuldigung von Ihnen, Major Sheppard.” “Die Lösung liegt direkt vor Ihnen, McKay”, erwiderte John, ohne auf den bissigen Kommentar näher einzugehen.

“Warum sind Sie sich dessen so sicher? Sie vertreten das mit einer Überzeugung, das niemand ein vernünftiges Argument dagegen aufweisen kann, nicht einmal ich”, gestand Rodney überraschend. “Ich weiß es nicht. Es ist einfach so ein Gefühl, das sich in mir ausbreitet. Wenn ich sie ansehe, sehe ich ihre besondere Verbindung zu dem Tor, die sie besitzt. Ich kann es nicht genauer erklären, denn ich empfinde in ihrer Nähe nun einmal so.” “Am Ende dieser fünf Tage werden wir sehen, wer im Recht liegt”, behauptet Rodney. Schweigend blickten die beiden Männer auf die tote Frau. Nickend stimmte John dem Wissenschaftler zu. Wenn sie erwachte, würde man sehen, welche Meinung sich als Wahrheit entpuppte.

~ 5. ~

[Vier Tage später]

Vorsichtig entfernte Beckett jede einzelne Nadel, die er am Körper der Antikerin positioniert hatte. Er war sich deutlich darüber bewußt, das die Leitung der Atlantis-Expedition aufmerksam jede seiner Bewegungen verfolgte. “Wie geht es jetzt weiter?” erhob Teyla das Wort. “Der Körper befindet sich für die nächsten vierundzwanzig Stunden in einer Art Ruhephase. Das Na-Thil gibt an, das sie danach erwachen wird.” “Einfach so?” “Nach dem Verlauf des letzten Tages muß jemand, der dieses besondere Gen besitzt, um die Maschinen zu benutzen, seine Hände auf ihre Stirn legen und sie ins Leben zurück rufen”, erklärte John mit ruhiger Stimme.

“Diese Aufgabe wirst du sicher nicht Beckett überlassen, sondern selbst übernehmen, nicht wahr?” hakte Teyla lächelnd nach. “Ich bin dafür sowieso nicht die geeignete Person”, mischte sich Beckett ein, der einen etwas nervösen Eindruck machte. Es behagte ihn nicht sehr, sich mit der Technik der Antiker beschäftigen zu müssen, so war es ihm lieber, wenn Sheppard die Verantwortung für das Na-Thil übernahm. Der Soldat konnte auch besser mit den Maschinen der Antiker umgehen, so würde auch der Ausgang des Na-Thil kein Problem für ihn darstellen.

“Beruhigen Sie sich, Beckett. Immerhin kam sie zu mir, das ich ihr helfen soll. Deshalb werde ich auch den letzten Teil des Na-Thils persönlich erfüllen”, beschloß Sheppard und allein sein entschlossener Blick offenbarte den Anwesenden, das er sich um keinen Preis an diesen Vorhaben hindern lassen würde. Leicht berührte John die Fremde an der Hand, um ihre Körpertemperatur festzustellen. “Sie ist noch immer eiskalt”, bemerkte er kopfschüttelnd. “Die Antiker behaupten, das sich das erst mit ihrer Erwachung ändert.” “Wir sollten Decken bereit halten, damit wir sie auf den schnellsten Weg aufwärmen können”, murmelte Sheppard und Elizabeth stimmte seinem Vorschlag mit einem Nicken zu.

“Wir werden dafür sorgen. Gehen Sie in Ihr Quartier und ruhen Sie sich ein wenig aus, Major. Sie haben in den letzten Nächten kaum geschlafen, sondern nur an der Seite der Antikerin gewacht. Sie brauchen auch etwas Schlaf, ansonsten sind Ihre Kraftreserven bald erschöpft.” “Es geht mir gut”, blockte er ab. “Major, das war keine Bitte. Ich befehle Ihnen sich hinzulegen. Sie fallen uns bald um, wenn Sie so weitermachen.” “Sagen Sie das McKay, der rennt ja seit gut einer Woche ohne Schlaf durch die Gegend.” “Auch ihn habe ich schon ins Bett geschickt. Gehen Sie! Wir achten gut auf die Antikerin, das wissen Sie”, sprach Weir in einem Tonfall, der keinen Widerspruch zuließ.

John war sich im Klaren darüber, das Elizabeth ihm solange im Nacken sitzen würde, bis er sich ihrem Befehl beugte. Sie würde ihm keine Ruhe lassen. Deshalb hatte er nicht allzu viele Optionen, zwischen denen er wählen konnte. Einem kaum zu sehenden Nicken folgend willigte er auf den Vorschlag ein, da er selbst spürte, wie die Müdigkeit von seinen Körper Besitz ergriff. Es konnte nicht schaden ein paar Stunden Schlaf zu finden, um seine Batterien wieder aufzuladen. Sheppard war durchaus aufgefallen, das seine Konzentration nach gelassen hatte und es ihm schwer fiel, die Augen offen zu halten. Ja, er mußte sich dringend ausruhen, um wieder einsatzfähig zu sein.

Die Dunkelheit entfernte sich immer mehr von ihr. Ihre Seele kam dem Licht des Lebens wieder näher. Der sanfte Hauch von Atlantis strich über sie hinweg, führte sie langsam dorthin zurück, wo sie hingehörte. Der Tod ließ sie gehen, damit sie beenden konnte, was sie einst begonnen hatte. Ihr Kampf gegen die Wraith war noch lange nicht vorbei. Sie würde den Krieg ihres Volkes wieder aufnehmen und ihre Feinde endgültig in die Hölle schicken. Es war ihr Schicksal, der Schwur, den sie schon als Kind geleistet hatte, als der Orden sie in ihr Training gestellt hatte.

Mit ihrem Blut, ihrem Leben und ihrem Tod hatte sie sich diesem Eid verpflichtet. Und egal, was auch geschah, sie mußte ihn erfüllen. Nicht einmal ihr eigener Tod konnte daran etwas ändern. Ihre Seele würde erst dann Frieden finden, wenn sie die Wraith bezwungen hatte. Doch zuvor gab es keine Erlösung für sie. Solange war sie gefangen in ihrem Schwur, der sie niemals daraus entlassen würde. Zu viele Menschenleben hatte der Krieg gegen die Wraith gekostet. Ihr Volk war regelrecht von ihnen überrannt worden. Sie hatten ihre Welt, ihr Volk und ihre Hoffnungen zerstört, nicht aber den Schwur der Kamaguris, der über den Tod hinaus existierte.

Die geheimnisvolle Antikerin stand die gesamte Zeit über unter der Beobachtung von Beckett, der jede noch so kleine Auffälligkeit genauestens dokumentierte. Sollte ihnen jemals der Rückweg zur Erde ermöglicht werden, so kam er mit einer Sensation zurück. Er hätte einen wissenschaftlichen Bericht im Gepäck, der bewies, das man Tote ins Leben zurück rufen konnte. Diese Neuigkeit war absolut faszinierend und würde noch viele Untersuchungen mit sich ziehen, die Beckett vornehmen würde, sollte ihnen der Erfolg tatsächlich auf dieselbe Art gelingen wie den Antikern.

Während Sheppard und Ford jedoch nur auf ihr ersehntes Ziel warteten, beschäftigte sich Beckett auch mit den Nebenwirkungen, die die Antiker in ihren Aufzeichnungen ansprachen. Jene Personen, die den Weg aus dem Tod zurück gefunden hatten, litten unter Kopfschmerzen und Gedächtnisverlust. Je länger sie aus dem Leben verschwunden waren, desto größer war auch die Amnesie. Die Verletzungen, die sie getötet hatten, würden wieder aktiv werden und gehörten nach der Erwachung umgehend behandelt, ansonsten bestand die Gefahr, dass das Opfer erneut daran starb. Und danach waren selbst die Antiker machtlos, da sich der Prozeß an derselben Person nicht wiederholen ließ.

Auch Gleichgewichtsstörungen und vermehrte Müdigkeit waren Symptome, die die Personen solcher Erwachungen befielen, und über einen längeren Zeitraum anhielten. Sie brauchten eine regelmäßige medizinische Beobachtung, um dies zu behandeln. Die körperlichen Beschwerden verschwanden bei den Meisten nach ungefähr zwei Monaten wieder. Jedoch hatten viele selbst Jahre nach dem Na-Thil noch Schwierigkeiten mit dem Gedächtnis. Der Verlust der Erinnerungen konnte hartnäckig bestehen oder nach wenigen Tagen bereits Geschichte sein. Außerdem wußte kaum einer noch, wie sein eigener Tod zustande gekommen war.

Mit all diesen Nebenwirkungen würde sich auch Sheppards Schützling herum schlagen müssen. Und niemand konnte voraussagen, welche Auswirkungen ihr Tod vor gut zehntausend Jahren auf ihr neues Leben haben würde. Beckett ahnte, das es durchaus möglich war, das sie ihre Erinnerung an ihr erstes Leben vielleicht nie mehr zurück erlangen würde, das sie nicht einmal mehr ihren Namen wußte, geschweige denn, auf welche Art sie getötet worden und sie in den aus Eis bestehenden Sarkophag gekommen war.

“Es könnte fatal enden”, murmelte Beckett, der sich nicht vorstellen konnte, das ein einzelner Mensch diese groß angelegte Belastung von einer zehntausendjährigen Zeitspanne wirklich ohne Schaden überstehen konnte. Der Druck, der über die Antikerin unweigerlich herfallen würde, war enorm. Sie mußte schon eine Willensstärke, die weit über die der Menschen hinaus ging, verfügen, um damit richtig umgehen zu können. Ansonsten war es regelrecht vorprogrammiert, das diese Frau und womöglich auch Atlantis mit einer Katastrophe untergehen würde.

“Sir, wachen Sie auf”, sprach eine respektvolle Stimme neben Sheppard. Müde rieb er sich über die Augen und öffnete diese in einem noch verschlafenen Zustand. Neben seinem Bett stand Lieutenant Ford, der auf eine Reaktion seines kommandierenden Offiziers wartete. “Was willst du hier, Kleiner?” fragte John und strich sich durch das dichte Haar. “Es wird Zeit für den letzten Schritt des Na-Thils und dafür benötigen wir Ihre Hilfe. Doktor Weir schickte mich, um Ihnen Bescheid zu sagen”, erklärte Ford sachlich.

Irritiert blickte John seinen Gegenüber an. Sein Blick wanderte zu seiner Armbanduhr. Erst jetzt drang die Bedeutung von Fords Worten zu ihm durch. “Habe ich etwa vierundzwanzig Stunden durch geschlafen?” stieß er überrascht aus. Das bejahende Nicken, das er zu sehen bekam, war ihm Antwort genug. “Sir, Sie waren mehrere Tage fast ununterbrochen auf den Beinen. Es wundert mich, das Sie nicht schon zusammen gebrochen sind. Sie haben die Pause gebraucht, Major. Immerhin müssen Sie sehr erschöpft gewesen sein”, führte der Lieutenant aus, ohne auf irgendeine Art anmaßend zu klingen. Ein kurzes Lächeln glitt über Johns Lippen, bevor er seinem Soldaten nickend beipflichtete.

“Ich bin in zehn Minuten im Untersuchungsraum”, sprach John und massierte sich leicht eine schmerzende Stelle am Nacken. Seine gesamte Schultermuskulatur fühlte sich verspannt an. Dies war kein Wunder, so hatte sein Schlaf der vergangenen Tage auf unbequemen Stühlen ausgesehen. “Wir erwarten Sie dort, Sir”, erklärte Ford knapp und verließ das Quartier des Majors. John ließ sich für einen kurzen Moment in die Kissen zurück fallen und atmete einmal tief durch. Der Augenblick der Wahrheit war gekommen.

Nun würde sich entscheiden, ob sie in der Lage waren, das Na-Thil der Antiker aufgrund der Aufzeichnungen richtig anzuwenden oder ob dies nur Jene vollbringen konnten, die es einst entwickelt hatten. Entweder würde er sich heute mit der geheimnisvollen Frau unterhalten können oder ihre Seele würde genauso sterben wie ihr Körper. Er hatte sich mit den Gefahren des Na-Thils auseinander gesetzt und auch, wenn er es nach außen hin nicht offenbarte, so machte er sich Sorgen um ihre Sicherheit.

Wenn irgend etwas schief ging, würde der Tod unweigerlich nach ihrer Seele greifen und den letzten Rest, den sie verzweifelt irgendwie am Leben erhielt, würde in der Endgültigkeit des Jenseits verloren gehen. Ein schwerer Seufzer entrang sich seiner Kehle, als er sich aus dem Bett erhob und nachdenklich seine Uniform anzog. Noch immer kannte er nicht ihren Namen. Doktor Weir und Teyla hatten sich die Aufzeichnungen der Antiker noch einmal vorgenommen, doch keinen Hinweis gefunden, der auf die Fremde hindeutete. Das war auch nicht weiter verwunderlich, so besaßen sie Massen an Daten, die die Antiker angelegt hatten, und die sie bei weitem noch nicht alle gelesen hatten. Nur die Tote alleine konnte ihre Identität preisgeben.

Im Untersuchungsraum herrschte eine angespannte Atmosphäre. Sogar Rodney McKay hatte sich dazu herab begeben, anwesend zu sein. “Ich hätte nicht damit gerechnet, das Sie hier sein würden, McKay. Immerhin haben Sie bis jetzt wenig Interesse an dem Na-Thil gezeigt”, spottete John. “Dieses Versagen und Ihre Erkenntnis, das die Erweckung eines Toten doch nicht möglich ist, lasse ich mir nicht entgehen. Ich will Ihre Erklärungen hören, wenn es nicht so läuft, wie Sie sich das erhoffen”, gab Rodney spitz zurück.

“Darauf können Sie lange warten, denn Ihre Schadenfreude wird einen heftigen Dämpfer erleben”, erwiderte John und trat an das Kopfende des Tisches. Beckett hatte die Aufzeichnungen auf einem anderen Tisch ausgebreitet, um den Abschnitt über den letzten Teil des Na-Thils genauer studieren zu können. “Sind Sie bereit, Sheppard?” erkundigte er sich über die Schulter. “Sagen Sie mir nur, was ich tun muß”, gab dieser entschlossen zurück. “Zuerst müssen Sie Ihre Hände mit dem Wasser von Atlantis waschen. Danach legen Sie Ihre Hände auf die Stirn der Toten. Im Stillen müssen Sie dann die Worte ‘Kehre ins Leben zurück‘ sprechen”, führte Beckett ernst aus.

“Das ist alles?” “Klingt ein bißchen wenig, wenn man den Aufwand bedenkt, den hier alle wegen dieses Na-Thils veranstalten”, warf McKay zynisch ein. Sheppard bedachte ihn mit einem scharfen Blick. Er mußte nicht einmal etwas sagen, damit Rodney seine Botschaft verstand. Dieser hob schwach die Schultern und hielt sich im Hintergrund, während John seine Hände in das Wasser von Atlantis eintauchte, das Beckett bereits vorbereitet hatte. Jeder seiner Schritte wurde genauestens beobachtet. Keiner der Anwesenden wollte auch nur ein kleines Detail versäumen.

Vorsichtig legte Sheppard seine Hände auf die Stirn der Fremden. Nach wie vor fühlte sie sich eisig kalt an. Ihre Körpertemperatur war noch immer in keinster Weise gestiegen. Es würde Stunden dauern, bis Ihr Körper von Wärme eingehüllt wurde. “Das wird nie funktionieren”, prophezeite McKay, der es für nötig hielt, seine Meinung mit einem weiteren, negativen Kommentar zu unterstreichen. “Halten Sie den Mund, McKay. Ich muß mich konzentrieren und ihr Gequatsche stört dabei”, wies Sheppard den Wissenschaftler zurecht.

“Wir müssen still sein. Aus den Unterlagen geht hervor, das die Stille von Bedeutung ist für die Rückführung der Seele in den toten Körper”, bemerkte Beckett, um die Anwesenden darauf aufmerksam zu machen, das eine solche Störung im Augenblick alles andere als angebracht war. McKay verzog leicht das Gesicht, erwiderte jedoch nichts. Alle Augen richteten sich einheitlich auf Sheppard und der toten Frau, die sich so sehr danach sehnte, wieder am Leben zu sein.

Hoffentlich hilft dieses seltsame Gen wirklich, dachte Sheppard, bevor er seine ganze Konzentration auf den Leichnam und dessen herum wandernde Seele lenkte. Kehre ins Leben zurück, sprach er im Stillen und schickte gleichsam seine Hoffnung hinterher, das sie seine Worte auch wirklich hörte und seiner Stimme ins Leben folgte. Gebannt starrten die Anwesenden auf die junge Frau, während Sheppard langsam seine Hände zurück zog. Für einen langen Moment geschah überhaupt nichts. McKay wollte schon mit seiner Aussage ansetzen, das er Recht gehabt hatte, als der Oberkörper der Antikerin mit einem lauten, gequälten Stöhnen hoch schoß.

Erstaunen, aber auch ein leichter Schock wanderte von Doktor Weir bis zu Doktor McKay. Keiner von ihnen - außer Sheppard, der wußte, das es funktionieren würde - hatte tatsächlich daran geglaubt, das der Erfolg des Na-Thils wirklich so atemberaubend war, wie die Antiker es behaupteten. Die Fremde atmete heftig, verzog jedoch in derselben Sekunde vor leidenden Schmerzen das Gesicht. Beckett setzte sich sofort in Bewegung und begann mit der Behandlung ihrer Wunden, die überraschend zum bluten angefangen hatten.

Unruhig wanderten ihre Augen im Raum umher, bedachten jeden Anwesenden mit einem kurzen Blick. In der ersten Minute war nicht klar zu erkennen, ob sie wußte, was geschehen war. Ein heftiges Zittern befiel ihren Körper. Sheppard griff nach eine der vorbereiteten Decken und legte sie ihr über die Schultern. Ihr Blick blieb bei ihm hängen und ein kurzes Lächeln huschte über ihre Lippen. Es war ein deutliches Zeichen dafür, das sie ihn sofort als jenen Soldaten identifiziert hatte, der ihr so bereitwillig geholfen hatte.

“Hi”, sprach er sanft, wobei der Klang seiner Stimme einen wohligen Schauer bei ihr hinterließ. “Willkommen zurück im Leben. Ich bin John Sheppard”, stellte er sich nun offiziell vor und wartete geduldig auf ihre Antwort. Er konnte nur nicht sagen, ob sie ihm vor Kälte keine gab oder weil sie einfach ihren Namen vergessen hatte. “Wir müssen sie auf den schnellsten Weg aufwärmen. Beckett, wie sehen die Verletzungen aus?” “Die erste Versorgung ist schon so gut wie beendet. Das ist in ein paar Wochen verheilt”, erwiderte der Arzt zuversichtlich, als er den letzten Verband anlegte.

John blieb neben der Fremden stehen und nahm ihre Finger zwischen die seinen, um sie durch Körpernähe aufzuwärmen. Die Schwäche ihres Körpers war selbst für einen Blinden klar zu erkennen. “Wo ... wo ist mein Volk?” erhob sie schließlich das Wort. Elizabeth und John wechselten einen raschen Blick miteinander. Sie vertraten beide die Ansicht, das es nicht gut für die Antikerin war, bereits ein paar Minuten nach ihrer Erweckung mit der bitteren Wahrheit konfrontiert zu werden. Niemand konnte sagen, wie sich das auf ihre angeschlagene Psyche auswirken würde.

“Wie lautet dein Name?” sprach John statt einer Antwort. “Mein Name ist Elektra Shiva”, erwiderte sie und bekam die entsetzte Reaktion der Anwesenden nicht mit. Sie war zu sehr damit beschäftigt, ihre Gedanken zu sortieren. Immerhin hatte sie eine lange Reise aus dem Reich der Toten hinter sich. Der Name Elektra Shiva war genauso legendär wie das geheimnisvolle Atlantis selbst, von dem einst der Glaube vertreten war, es würde nicht existieren. Und auf dieselbe Art und Weise verhielt es sich mit diesen einen und besonderen Namen.

Die Frau, die sie mittels Na-Thil wieder zum Leben erweckt hatten, war die legendäre Kriegerin Elektra Shiva? Jene Frau, die zwischen dem Bösen und dem Schutz der Menschheit stand? Die Einzige, die die Menschen vor den Mächten der Finsternis und vor der Apokalypse retten konnte? Es war nicht irgendeine Antikerin gewesen, die Sheppard um Hilfe gebeten hatte, sondern ausgerechnet Elektra, die Frau, deren Existenz genauso nebelumhangen gewesen war wie die der Stadt, der sie angehörte. Die Totenbeschwörung hatte der mächtigsten Kriegerin der menschlichen Geschichte den Weg ins Leben offenbart.

~ 6. ~

“Du bist Elektra Shiva?” hakte John verblüfft nach, nachdem er der Erste war, der die Sprache wiederfand. “Wer sollte ich sonst sein? Wieso ... reagiert ihr so seltsam?” erwiderte Elektra, als sie die Mienen der Anwesenden bemerkte. “Das benötigt ein paar längere Erklärungen, für die du viel zu schwach bist. Du solltest dich ausruhen. Nach deinem Schlaf werde ich dir erzählen, was ich weiß”, versprach John und legte ihr eine Decke um die Schultern. “Was macht ihr auf Atlantis? Haben die Antiker euch den Aufenthalt erlaubt? Und woher kommt ihr überhaupt?” sprach Elektra mit zitternder Stimme.

“Dafür, das du erst seit ein paar Minuten wieder lebst, sind das ziemlich viele Fragen auf einmal. Es ist nicht so einfach wie du denkst.” “John Sheppard, du irrst dich. Menschen machen das Leben und dessen Fragen kompliziert. Das Leben an sich ist einfach gestrickt”, erwiderte sie knapp. “John genügt”, wies er sie sanft zurecht. Die angespannte Atmosphäre, die im Raum lag, entging Elektra in keinster Weise. Ihr ausgeprägter Instinkt verriet ihr, das man ihr etwas Entscheidendes verschwieg.

Ruckartig richtete sie sich auf und warf die Decke beiseite, die Sheppard ihr fürsorglich um die Schultern gelegt hatte. Sie war so schnell auf den Beinen, das keiner der Anwesenden darauf reagieren konnte. Ihre Beine fühlten sich unendlich schwach an. Dies war eine logische Konsequenz der langen Ruhephase, die sie erlebt hatte. Lange hatte sie ihren Körper nicht mehr bewegt. Dieser mußte erst wieder lernen, seine Muskulatur richtig zu benutzen, damit er erneut zu der tödlichen Waffe wurde, der ihr Körper einst gewesen war.

“Du bist noch viel zu schwach, um hier herum zu laufen. Du gehörst dringend in ein Bett”, rief John besorgt, als sie auf wackeligen Beinen und etwas ungelenk den Untersuchungsraum verließ. Sie stolperte mehr durch die Gegend anstatt das sie aufrecht ging. Verblüfft blickten ihr alle nach. Eigentlich hatte jeder damit gerechnet, das sie in den nächsten Tagen noch Hilfe brauchen würde. Statt dessen erhob sie sich bereits nach wenigen Minuten ihrer Erweckung und wollte auf Atlantis ohne irgendeine Unterstützung selbst herum zu wandern.

John war der Erste, der sich von dieser Überraschung erholte, und sich in Bewegung setzte, um sie einzuholen. Zutiefst besorgt beobachtete er Elektra dabei, wie sie durch die Räume lief und sich jedes Detail genauestens ansah. Nach wie vor lag ein verwirrter Ausdruck in ihrem Blick. Bereits nach ein paar Sekunden erkannte John, wohin es sie zog. Ihr unsicherer Weg führte sie direkt zu dem fest verschlossenen Tor, das McKay mit aller Macht zu öffnen versuchte und seit Tagen jede einzelne Sekunde an seinem Vorhaben scheiterte.

Auch der Rest der Atlantis-Führung war inzwischen in Bewegung und verfolgte das Szenario interessiert. Hastig eilte John zu Elektra, als sie das Gleichgewicht verlor und zu Boden stürzte. “Du mußt dich ausruhen”, bemerkte er noch einmal, obwohl er das Gefühl verspürte, das sie sich von ihm nicht zu diesem Vorschlag umstimmen ließ. Sanft legte er seine Hände um sie und half ihr vorsichtig auf die Beine. “Ich muß zu ... meinen Orden”, flüsterte sie kaum hörbar. Nur Sheppard, der sich in ihrer direkten Nähe befand, konnte ihre Worte verstehen.

“Dein Orden? Du warst Mitglied eines Ordens?” hakte er neugierig nach. “Ich bin ... eine Kamaguri. Ich muß zu ihnen hinein. Nur so kann ich mit eigenen Augen sehen, welches Schicksal sie erfahren haben.” “Sprichst du von dem Tor, das sich so schwer öffnen läßt?” “Ihr könnt es nicht öffnen, niemals, unter keinen Umständen”, erwiderte sie mit einem bitteren Lächeln. Der einzige Weg, wie sich Elektra zur Zeit auf den Beinen halten konnte, war die Tatsache, das sie sich bei Sheppard festhielt.

“Was soll das heißen?” mischte sich McKay energisch in die Unterhaltung ein. Ein giftiger Blick traf ihn aus Elektras funkelnden Augen. “Du hast nichts bei dem Erbe der Kamaguris verloren. Wie kannst du es wagen, Hand an dieses Tor zu legen? Niemand gab dir die Befugnis, es berühren zu dürfen”, zischte sich zornig. “Ich werde es öffnen”, versprach er arrogant. “Das wird dir nicht gelingen. Denn du bist kein Mitglied der Kamaguris oder jemand aus dem hohen Rat der Antiker. Unser Gen magst du in dir tragen, aber das vermittelt dir nicht all unser Wissen und die besondere Fähigkeit, die heiligen Hallen der Kamaguris sehen zu dürfen”, wies Elektra den Wissenschaftler scharf zurecht.

“Nur ein Kamaguri oder ein Mitglied des hohen Rates darf in die Hallen der Kamaguri. Jedem anderen unwürdigen Wesen ist dies nicht gestattet. Es sei denn, als Außenstehender erhältst du von einer Kamaguri die Erlaubnis dazu. Ein Verstoß wird mit dem Tod bestraft. Nur von uns läßt sich das Tor öffnen.” “Das ist doch Schwachsinn. Es gibt immer einen wissenschaftlichen Hintergrund, weshalb sich eine solche Technik nicht auf Anhieb öffnen läßt”, widersprach McKay heftig. “Du bist kein Kamaguri. Und wenn ich noch einmal erlebe, das du dich dem Tor auch nur näherst, werde ich dich töten”, stieß sie ihr Versprechen mit einer so ernsten Miene aus, das McKay unwillkürlich einen Schritt zurück trat, so sehr schenkte er ihren Worten Glauben.

“Schon gut, Leute, beruhigt euch wieder! Das sind Dinge, die wir auch später besprechen können”, sprach John, um die Situation zu entschärfen. “Ich will zu meinen Orden”, forderte Elektra unnachgiebig. “Ich werde dich hinbringen, aber nur für einen kurzen Moment. Danach legst du dich bitte hin, um dich von deinem Na-Thil zu erholen, verstanden?” “In Ordnung”, willigte Elektra ein. “Doch niemand begleitet uns. Nur du darfst mitgehen, John.” “Das ist eine unmögliche Forderung”, protestierte McKay.

“Es ist mein Tor, mein zu Hause, mein Orden und ich entscheide, wer diese Räume betreten darf”, flog Elektra McKay an. John konnte sie nur knapp davon abhalten, sich auf den Astrophysiker zu stürzen. Er wußte, selbst in ihrem schwachen Zustand war sie McKay bei weitem überlegen. “Du wirst den Orden nicht betreten”, betonte Elektra noch einmal und betrachtete Rodney mit beinahe tödlichen Blicken. Sie glaubte keine einzige Sekunde, das McKay Gutes mit dem Tor im Sinn hatte.

“Elektra und ich gehen alleine. Wenn dies ihr Wunsch ist, sollten wir ihn respektieren”, beschwichtigte John die Anwesenden und führte die schwache Kriegerin zum Tor der Kamaguri. “Das kann ich nicht einfach so stehen lassen. Ich versuche seit mehr als einer Woche, dieses Tor zu öffnen. Er hatte nur Spott dafür übrig. Und jetzt darf er hinein und ich nicht? Das ist mehr als nur unfair”, beschwerte sich Rodney lautstark. “Lassen Sie ihr diesen Wunsch, Rodney. Sie hat ihr Volk verloren. Die Welt, die sie kannte, existiert nicht mehr. Doch ihre Feinde sind nach wie vor aktiv.” “Ja, dank Sheppard”, bemerkte McKay spitz, der einmal mehr darauf hinwies, das ihre ganzen Schwierigkeiten mit den Wraith die Schuld des Majors war.

“Die Räume dieses Ordens ist das Einzige, das Elektra geblieben ist”, führte Elizabeth weiter aus, wobei sie seinen bissigen Kommentar schlichtweg ignorierte. “Aber ich habe daran gearbeitet.” “Und genau das hat sie gestört. Lassen Sie ihr Zeit, Rodney. Dann wird sie auch Ihnen eines Tages einen Besuch in diesen Räumen gestatten.” “Und unser lieber Major darf das natürlich jetzt. Bei seinem Schlafzimmerblick kann ja auch keine Frau nein sagen”, sprach Rodney zynisch. Es war deutlich zu erkennen, das er bis in die Tiefe seiner Seele über diese Entscheidung beleidigt war. Und so schnell würde er nicht vergessen, das sie Sheppard diesen bedeutenden Vortritt ließ.

Während sich alle anderen im Hintergrund hielten, wobei Rodney dies nur auf Doktor Weirs Wunsch hin tat, bewegte sich Elektra an Sheppards Seite langsam auf das Tor zu. Ein Zittern lief über ihren Körper und breitete sich sogar in ihrem Innersten aus. Vor ihren Augen tat sich nach so vielen Jahren der Stille endlich das Bild jenen Tores auf, wo sie seit ihrer Kindheit ihr Leben verbracht hatte. Ihre Gefühle brachen regelrecht aus ihr heraus. Solange waren sie verschlossen gewesen und nun drängten sie an die Oberfläche.

“Ich bin zu Hause”, sprach Elektra leise und ließ Johns Arm los, auf den sie sich stützte. Vorsichtig tastete sie sich vor. Zärtlich legte sie ihre Hand auf das kühle Gestein und lehnte sich dagegen. “Sag mir den Code”, flüsterte sie, als sie die Augen schloß und sich ganz auf den alten Geist der Kamaguris konzentrierte. Und als Elektra zu den Tastaturen ging und mehrere Zeichen eingab, ging Sheppard ein Licht auf, wie der Sicherheitsmechanismus dieses Tores aussah. Er bestand aus mehreren Teilen, so das es gar nicht möglich war, außerhalb der Kamaguri dieses Tor öffnen zu können.

Der Geist des Ordens verriet den ausgewählten Mitgliedern vor jedem Betreten einen individuellen Code, der nur erfolgreich angewandt werden konnte, wenn man das richtige Gen eines Kamaguri besaß. Dieser Code wurde jedesmal durch Zufall ausgesucht und wurde nur ein einziges Mal benutzt. Niemals tauchte zwei Mal dieselbe Zahlenkombination auf. Elektra legte ihre Handfläche auf eine Vertiefung in der Tür. Ihre Fingerabdrücke einer Kriegerin des geheimen Ordens wurden augenblicklich erkannt und mit einem lauten Geräusch schwang das Tor zu zwei Richtungen auseinander.

“Darf ich hinein?” erkundigte sich Sheppard respektvoll, der Elektras Vertrauen zu ihm nicht aufs Spiel setzen wollte, indem ihn seine Neugier überfiel. Schweigend streckte sie ihre Hand nach ihm aus. Die stumme Einwilligung auf seine Frage nahm er mit einem Nicken an. Elektra legte ihre Finger auf seinen Arm. Zu sehr steckte die Angst in ihr, sich ausgerechnet auf dem heiligen Boden der Kamaguri vor Schwäche wieder zu finden. Sie wollte hier nicht ihren nicht so geringen Halt verlieren. Deshalb mußte sie sich auf Sheppard stützen. Es war momentan ihre einzige Wahl, um Stärke zu demonstrieren, so weit ihr dies möglich war.

McKay sah die Offenbarung des Tores als einzigen Weg, einen kurzen Blick hinein zu riskieren, alle Warnungen in den Wind schlagend. Doch die Kamaguri duldeten keine Unbefugten in der Nähe ihrer Hallen. Das Tor schloß sich hinter Elektra und John, noch ehe McKay aus der Ferne hinein sehen konnte. Das, was Sheppard sehen durfte, war für andere Augen nicht bestimmt. Er hatte die Erlaubnis einer Kamaguri sich in den Räumen aufzuhalten und zu sehen, was der Orden für ein Leben gepflegt hatte. Außerdem war er der Mann gewesen, der an ihre Rückkehr und das Na-Thil geglaubt hatte. Sein unermüdlicher Einsatz für Elektra wurde nun mit einem weiteren auflösenden Geheimnis von Atlantis belohnt. John Sheppard hatte die mächtigste Kriegerin der Kamaguri gerettet und nach Hause gebracht.

~ 7. ~

“Das ist überwältigend”, sprach John beeindruckt, als er sich das zu Hause der Kamaguri näher ansah. Die große Halle diente einst als Trainingsplatz und jenen Ort, wo wichtige Entscheidungen getroffen worden waren. Ein Weg, der sich links von Sheppard erhob, führte in die Versorgungskammer der Kamaguri. Die eigenartigen Höhlen, die McKay auf den Plänen gesehen hatten, waren mit einem schlangenartigen Tunnel miteinander verbunden und führte über ihren Köpfen hinweg durch den gesamten Raum.

“Hast du hier gelebt?” erkundigte er sich neugierig. “Ja. Als Kind trat ich in die Dienste der Kamaguri. Sie haben mein Talent gelobt und mich zur Kriegerin ausgebildet. Es war mein Schicksal, das sie auf mich aufmerksam werden ließ.” “Dein Schicksal?” “Die Sterne sagten bei meiner Geburt voraus, das ich dazu auserwählt sei, die Rasse der Wraith ein für alle Mal zu bezwingen und die Antiker vor ihren Angriff zu beschützen. Mein Schicksal ließ mich jedoch in dem Augenblick in Stich, als ich dessen Unterstützung dringend benötigte”, erzählte sie mit trauriger Stimme.

“Sie sind tot, nicht wahr? Sie wurden alle von den Wraith getötet - meine Familie, mein Orden und mein Volk. Es gibt keine Antiker mehr”, sprach sie leise und drehte sich zu Sheppard um. Verzweiflung spiegelte sich in ihren wunderschönen Augen wider. Zu gerne würde er ihr sagen, das es nicht so war, um die Tränen zu vertreiben, die ihr Gesicht schmückten. Doch er konnte sie nicht belügen. Sie war die letzte Überlebende der Antiker und hatte ein Recht auf die Wahrheit, egal, wie grausam diese auch für sie war. So oder so würde der Schmerz um den quälenden Verlust sie zutiefst treffen.

“Der Krieg gegen die Wraith kam nach Atlantis. Viele flüchteten auf die Erde und sind später zu heiligen Wesen aufgestiegen. Doch die Meisten deines Volkes fanden den Tod. Wir wissen bis heute nicht, was genau in jener Nacht geschah”, gestand er aufrichtig. Schweigend nahm sie diese Nachricht in sich auf. John konnte beobachten, wie die Qual sie mit all ihrer Kraft erwischte und mitriß. Heiße Tränen bannten sich einen Weg über ihre Wangen. In diesen Augenblick war sie nicht länger die Kriegerin, deren Geschichte als Mythos schon seit jeher die Menschheit fesselte. Sie war nur noch eine verletzliche Frau, der alles weggenommen worden war, was sie im Leben besessen hatte.

“Wir sind gescheitert. Ich habe versagt. Die Kamaguris haben ihren Schwur verraten. Ich habe sie alle sterben lassen”, brach es aus Elektra heraus, als sie sich von John entfernte und noch einige Schritte weiter stolperte, bevor sie weinend zu Boden sank. “Dein Orden hat nichts verraten, wofür er stand. Aber er war - trotz aller Fähigkeiten - vielleicht nicht in der Lage, gegen die Übermacht der Wraith erfolgreich zu bestehen. Es war nicht deine Schuld, Elektra. Ich bin mir sicher, du hast getan, was in deiner Macht stand. Ich habe die Wraith auch erlebt und kann aus eigener Erfahrung sagen, das sie äußerst hartnäckige und widerliche Gegner sind”, versuchte er sie zu trösten. Ihre Hoffnungslosigkeit tat ihm weh. Von ihrem alten Leben war ihr nichts geblieben. Nicht einmal Atlantis war mehr die Stadt, in der sie aufgewachsen war.

“Es war mein Schicksal, mein Volk vor ihnen zu retten. Ich sollte die Wraith vernichten.” “Was ist geschehen?” “Ich weiß es nicht, aber ich weiß, der Tod meines Volkes liegt auf meinen Schultern. Die Kamaguri existieren nicht mehr. Mein Orden ist tot. Alles ist verschwunden. Und dennoch hält mich mein Schicksal hier. Es will, das ich mein Leben fortführe, um beenden zu können, was ich einst begonnen habe. Ich kann einfach nicht meinen Frieden finden.” “Du wirst deinen Frieden finden, dafür werde ich sorgen. Ich helfe dir, dein Schicksal zu erfüllen”, versprach Sheppard, als er neben ihr in die Knie ging und sie sanft an sich zog.

Instinktiv klammerte sich Elektra an ihn und ließ zu, das er beschützend seine Arme um sie legte. Sein liebevoller Trost war genau das, was sie im Augenblick so dringend brauchte, um Kraft für das Leben zu schöpfen, das nun wieder ein Teil von ihr war. Der eiserne Griff der Einsamkeit verlangte nach ihrem Herzen. Sie war die Letzte ihres Volkes. Die Antiker und die Kamaguri lebten nicht mehr. Beide waren von den Wraith gnadenlos ausgelöscht worden. Die Heimat, die ihr so vertraut gewesen war, war längst in der kalten Finsternis unter gegangen.

“Ich habe alles verloren”, flüsterte Elektra nieder geschlagen. Zärtlich hob John ihr Kinn an und gestattete ihr nicht, den Blick von ihm abzuwenden. “Deine Situation erscheint dir im Moment unerträglich. Doch du hast mich gebeten, dir ins Leben zurück zu helfen. Du leidest noch unter den Nachwirkungen des Na-Thil. Es wird besser, das Einzige, was du dafür brauchst, ist ein wenig Zeit. Zehntausend Jahre lag dein Körper auf Eis und deine Seele war gefangen zwischen den Welten. Das alles ist noch sehr verwirrend für dich. Du mußt dich von deiner schweren Reise aus dem Tod erholen”, sprach John, während er ihr die Tränen aus dem Gesicht fort wischte.

“Es waren zehntausend Jahre, die mein Körper im Tod verbracht hat?” hakte sie energisch nach. “Ja, deshalb ist es ein Wunder, das er so gut erhalten blieb und das deine Seele so wenig Schaden davon getragen hat”, bejahte John mit einem kurzen Nicken. “Ich will die Wraith zerstören. Ein qualvoller Tod soll über sie herein brechen.” “Bei deinem Vorhaben werden wir dich unterstützen. Aber jetzt gehörst du dringend in ein Bett. Du bist viel zu schwach, um in diesen Zustand gegen einen Wraith anzutreten”, erklärte er ernst und half ihr auf die Beine. Aber erneut sackte die starke Kriegerin in sich zusammen. Die ganze Aufregung wurde ihr zuviel und wirkte sich äußerst negativ auf ihren Gesundheitszustand aus.

Für seinen ausgeprägten Beschützerinstinkt, den er für Elektra von der ersten Sekunde an entwickelt hatte, war ihr Leid die schlimmste Folter. Eine grausamere Qual gab es für John nicht. Ohne lange zu überlegen hob er sie auf seine Arme und wandte sich dem Ausgang zu. Vertrauensvoll schloß Elektra die Augen und legte ihren Kopf an seine Schulter. Ein leiser Seufzer entrang sich ihrer Kehle, der ihre innere Anspannung nur zu deutlich ausdrückte. Elektra hatte einen anstrengenden und sehr steinigen Weg vor sich, um ihre alte Stärke wiederzufinden und zu der Kriegerin zu werden, die als Legende in die Geschichte eingegangen war.

Das zweiflügige Tor öffnete sich wie von Geisterhand, als John direkt davor stand. Weder Doktor Weir oder Doktor McKay hatten ihren Standort vor dem Tor verlassen. Sie wollten sofort wissen, was innerhalb dieser geheimen Räume geschehen war. Besorgnis befiel Weirs Gesicht, als sie die Kriegerin schwach in den Armen des Majors vorfand. “Was ist passiert? Wie sieht es da drinnen aus?” sprudelte Rodney augenblicklich vor Neugier los. Er hielt es einfach nicht aus, mußte erfahren, was sich hinter den Toren abgespielt hatte.

“Nicht jetzt, McKay! Es gibt wichtigeres als die Rätsel dieses Tores”, blockte Sheppard ab, als er über einen der verschiedenen Korridore verschwand. Und erneut stand Rodney verzweifelt vor dem verschlossenen Gestein. “Ich werde hier noch verrückt! Zuerst öffnete diese seltsame Kriegerin dieses Tor ohne irgendeine Anstrengung. Dann fliegt sie mich an und verbietet mir jeglichen Zugang und alle Arbeiten an diesen kostbaren Mauern. Und zu guter Letzt darf Sheppard sich das Innere ansehen, aber ich erhalte eine Todesdrohung”, stieß er frustriert aus.

“Sie könnte ein bißchen kooperativer sein. Immerhin haben wir ihr das Leben zurück gegeben.” “Um ehrlich zu sein, waren Sie nicht daran beteiligt, Rodney. Sie haben nicht an dem Erfolg des Na-Thils geglaubt. Sheppard war von Anfang an Elektras Kontakt. Sie hat ihn ausgesucht, ihr zu helfen. Also hat sie von der ersten Sekunde an daran geglaubt, das er ihr Vertrauen verdient. Außerdem muß sie sich von ihrer Erweckung erholen. Danach können Sie noch immer gemeinsam die Geheimnisse des Tores der Kamaguri ergründen. Und solange halten Sie sich bitte davon fern”, erklärte Elizabeth sachlich.

“Das kann nicht ihr Ernst sein! Ich muß einfach alles darüber erfahren. Es liegt in meiner Pflicht.” “Sie haben Elektra doch gehört. Ich will wirklich nicht, das Sie Schwierigkeiten mit der Kriegerin bekommen. Und die werden Sie zweifellos haben, wenn Sie weiterhin an den Tor arbeiten. Wir wissen nun, das es sich nur von bestimmten Personen öffnen läßt. Es ist offensichtlich, das Sie nicht dazu zählen. Also lassen Sie es bleiben, richten Ihre Aufmerksamkeit auf andere Projekte und warten die Genesung von Elektra ab. Alles andere klärt sich mit der Zeit”, wies Weir den Wissenschaftler an. Der entschlossene Ausdruck in ihren Augen ließ keinen Widerspruch zu. Rodney hatte keine andere Wahl als sich zu beugen und den Willen der Leiterin von Atlantis zu akzeptieren, auch wenn es ihn in keinster Weise freute.

Die Apokalypse brach um sie herum aus. Die Antiker flohen in alle Richtungen, wo auch immer sie Schutz fanden. Der obere Teil der Türme hatte sich in eine breite Plattform verwandelt, die der hohe Rat von Atlantis nur in absoluten Fällen betätigte. Diesmal war es mehr als nötig, den die Wraith griffen die legendäre Stadt an. Der Orden der Kamaguri, die Beschützer der Antiker, hatten sich dort oben versammelt und erwarteten bereits die Ankunft ihrer schlimmsten Feinde.

Der Kampf war hart und die Wraith kannten genauso wenig Gnade wie die Kamaguris, die gelernt hatten, ihren Gegner niemals zu schonen. Doch gegen die Übermacht, die immer mehr nach Atlantis drang, konnten sie auf Dauer nicht bestehen. Ihr Triumph über diese abscheuliche Rasse rückte immer weiter in die Ferne. Er war nicht mehr zu greifen, so dass dem Lehrmeister der Kamaguris nur der Ruf zum Rückzug blieb. Sie hatten verloren. Nun galt es nur noch, ihre Stadt vor der Zerstörung zu retten, egal auf welche Weise. Ihr Volk durfte durch diese Niederlage nicht untergehen.

Elektra starrte auf ihre Hände, sah nur noch das Blut, das an ihren Fingern hinunter rann. Entsetzt blickte sie auf ihren Gegner, der sie verwundet hatte. Aus ihrem Zorn, der in ihr erwachte, schöpfte sie neue Kraft. Sie schlug den Wraith ohne irgendwelche Waffen in den Tod. Und als sie sich umblickte, wurde ihr bewußt, das Atlantis verloren war. Der Sieg dieser Schlacht war aussichtslos. Die meisten Krieger der Kamaguris lagen tot am Boden. Sie vernahm die Stimme ihres Meisters, der die wenigen Überlebenden aufforderte, sich in das Innere der Stadt zurück zu ziehen.

“Mein Schicksal, wieso verläßt du mich ausgerechnet jetzt?” flüsterte Elektra kopfschüttelnd. “Elektra”, rief ihr Lehrmeister über die Plattform. Eine Warnung schwang deutlich in seiner Stimme mit. Langsam wandte sie sich ihm zu, sah alles nur noch wie in Trance. In der nächsten Sekunde wurde sie bereits durch eine unglaubliche Kraft zu Boden geworfen. Mit halb geschlossenen Augen blickte sie zu dem Wraith hoch, der mit einem langen Stab vor ihr stand, und zum entscheidenden Schlag ausholte. Die Waffe hatte sie direkt in den Bauch getroffen. “Elektra”, hallte Valenkos Stimme verzweifelt zu ihr hinüber ...

“Nein!” Mit einem entsetzten Schrei fuhr Elektra aus ihrem Schlaf hoch. Sofort spürte sie eine warme Hand an ihrer Haut. “Schon gut, es ist alles in Ordnung. Du hattest nur einen Alptraum”, sprach Sheppard besänftigend auf sie ein. “Das war kein Alptraum, sondern meine Realität”, murmelte Elektra, während ihre Augen im Schlafquartier herum wanderten. An diesen Räumen hatte sich nichts verändert. Das Einzige, das ihr fremd vorkam, waren die technischen Geräte, die die neuen Bewohner von Atlantis aus ihrer Welt mitgenommen hatten.

“Was hast du geträumt?” hakte John nach, als er neben ihr auf dem Bett Platz nahm. “Es war eine Szene der letzten Schlacht zwischen meinem Volk und den Wraith. Wir standen auf der oberen Plattform, um die Wraith aufzuhalten, doch die Kamaguris hatten keine Chance. Valenko, mein Lehrmeister und Anführer des Ordens, hat den Rückzug befohlen. Dabei wurde ich schwer verletzt”, erzählte Elektra mit zitternder Stimme. “Wir gingen davon aus, dass deine Wunden aus diesen Krieg stammen. Beckett ist zuversichtlich, das sie dir bald keine Schwierigkeiten mehr bereiten werden”, erklärte Sheppard lächelnd.

“Erzähle mir von deiner Welt, John”, bat sie ihn unvermittelt, um im Augenblick nicht länger über das tragische Schicksal ihres Volkes nachdenken zu müssen. “Viele Antiker flohen zu uns auf die Erde, als die Wraith ihren entscheidenden Angriff gegen euch in die Tat umsetzten. Wir haben vieles, was du wahrscheinlich nicht einmal kennst.” “Zum Beispiel? “American Football, Bier, Autos, Züge und Discos. Die Liste würde unendlich werden, wenn ich alles aufzählen müßte.” “Was ist American Football?” hakte Elektra verwirrt nach. “Football ist der Volkssport Amerikas. Diese Spiele vermisse ich von allen Dingen am Meisten. Da gab es richtige Klassiker”, seufzte John schwer, der die vielen Aufzeichnungen, die die Expedition nach Atlantis begleitet hatten, schon in- und auswendig kannte.

“Ich werde dir die Regeln näher erklären, sobald du wieder gesund bist. Und deine Genesung braucht Zeit.” “Dessen bin ich mir bewußt. Das Na-Thil zieht auch einige Nebenwirkungen mit sich.” “Keine Sorge, ich passe auf dich auf.” “Das weiß ich, John Sheppard. Du hast dein Versprechen, mir zu helfen, bis jetzt gehalten.” “Du bist von den Toten zurück gekehrt und ich tue mein Bestes, um dir dein neues Leben zu erleichtern. Ich kann mir nur schwer vorstellen, wie schwach du dich im Augenblick fühlen mußt.” “Früher habe ich mehrmals den Erfolg des Na-Thils bei anderen beobachtet. Jedoch hätte ich nie gedacht, dass ich auch eines Tages darauf zurück greifen muß, da mein Schicksal mich nicht gehen läßt”, bemerkte Elektra mit ernster Miene.

Sorgenvoll nahm John ihre Hand in seine und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln, das ihr bessere Zeiten versprach. “Dein Lehrmeister wäre sicher sehr stolz auf dich, das du erneut bereit bist, dich deinem Schicksal zu stellen. Nicht jeder hätte diesen Mut.” “Das hat nichts mit Tapferkeit zu tun, sondern einfach nur mit dem besonderen Training, mit dem ich unterrichtet wurde.” “Du irrst dich, wenn du glaubst, keinerlei Mut zu besitzen. Ich habe viel über den Mythos deiner Existenz gelesen.” “Ich bin ein Mythos?” stieß sie verblüfft aus. John bejahte dies mit einem kurzen Nicken.

“Allerdings. Auf der Erde wurden ganze Bücher über dich geschrieben. Viele Wissenschaftler haben sich mit der Legende von Elektra Shiva, der unbezwingbaren und mächtigen Kriegerin, beschäftigt. Dein Mythos strahlt eine Faszination aus, der sich kaum ein Mensch entziehen kann. McKay vielleicht, aber der ist auch nicht gerade ein typischer Mensch”, führte John aus. “Ich bin nicht so legendär wie du annimmst und bei weitem nicht so rein.” “Vielleicht siehst du dich selbst auch einfach nur falsch. Elektra, du bist etwas besonderes und stehst weit über allen anderen Menschen. Und das sage ich nicht nur, weil du so unglaublich schön bist”, offenbarte John ihr ohne jegliches Zögern.

Dieses Geständnis mußte er einfach vor ihr preisgeben. Seit er das erste Mal ihr zartes Gesicht erblickt hatte, trug er diesen Gedanken mit sich herum. Es lag ihm auf der Zunge, endlich auszusprechen, was sein Innerstes berührte. “Ich bin nicht einzigartig, John”, erwiderte sie zögernd. “Doch, in meinen Augen bist du das. Und ich kann es gar nicht abwarten, die Geheimnisse zu erfahren, die du in dir trägst.” “Mit der Zeit werden sich alle Rätsel aufklären”, sprach Elektra mysteriös, als sie sich in die Kissen zurück legte und erneut in einen alptraumhaften und äußerst unruhigen Schlaf fiel.

Sheppard strich ihr zärtlich eine lange Haarsträhne zurück. Die Last, die nun ihre Seele beschäftigte, war ihr deutlich anzusehen. Sie wußte so vieles aus ihrer Vergangenheit nicht mehr. Und auch die Verletzungen, die man ihr einst zugefügt hatte, würden sie noch über einen längeren Zeitraum beeinträchtigen. Die körperliche Schwäche, die das Na-Thil nach sich zog, würde dauern, bis sie vollständig verschwunden war. Im Augenblick erschien sie nicht im Licht der starken Kriegerin, als der die Menschen Elektra immer verehrt hatten.

~ 8. ~

“Rodney, wieso arbeiten Sie noch immer an dem Tor?” murmelte eine schläfrige Stimme hinter dem Wissenschaftler, der sich weigerte, einfach auf diese Art und Weise aufzugeben. McKay wandte sich nicht einmal um, kannte er die Stimme des Majors doch inzwischen viel zu gut. Er warf einen kurzen Blick auf seine Armbanduhr und stellte fest, das es halb drei Uhr morgens war. “Wieso weichen Sie von der Seite Ihres Schützlings, Major? Ich hätte gedacht, das Sie nichts von dieser so wunderschönen Frau weg bekommt”, erwiderte Rodney noch immer zutiefst gekränkt über die Entscheidung Elektras, ihm das Innere des Tores zu verweigern.

“Teyla ist bei ihr. Ich will nicht, das Elektra alleine ist, wenn sie aufwacht. Sie schläft sehr unruhig, wacht immer wieder für ein paar Minuten auf, weil sie Alpträume plagen. Ich habe die letzten Stunden im Halbschlaf auf einen sehr unbequemen Stuhl verbracht. Jetzt kann ich nicht mehr schlafen und mein Körper braucht ein wenig Bewegung. Sie haben aber meine Frage noch immer nicht beantwortet. Elektra will Sie nicht in der Nähe des Tores haben. Wieso können Sie Ihren Wunsch nicht einfach akzeptieren?” hakte John unnachgiebig nach.

“Weil ich tagelang daran gearbeitet habe und es nicht fair ist, das Sie zu sehen bekommen, was ich unbedingt sehen will. Ich werde diesen Code heraus finden - auf den einen oder anderen Weg.” “Das können Sie nicht, McKay. Elektras besondere DNA fehlt Ihnen dafür. Außerdem glaube ich nicht, dass Weir mit Ihrem Vorhaben einverstanden ist, wenn sie erfährt, was Sie hier veranstalten.” “Und wer sollte es ihr sagen?” “Ich, wenn Sie nicht sofort ihre Finger von den Konsolen wegnehmen”, gab Sheppard brutal ehrlich zu.

“Das würden Sie nicht tun”, protestierte McKay energisch. “Und ob ich das tun würde. Elektra liegt sehr viel daran und ich werde nichts unternehmen, was gegen ihren Willen verstößt. Ich mache Ihnen allerdings einen Vorschlag, McKay.” “Der wäre?” “Ich werde mit Elektra darüber reden, sobald es ihr etwas besser geht. Und ich glaube, ich kann sie überzeugen, das sie Ihnen die Geheimnisse des Tores erklärt. Wenn Sie sich dazu noch etwas benehmen, McKay, könnte es sogar sein, das Sie einen Blick hinein werfen dürfen.” “Was wollen Sie dafür, Major?” erwiderte McKay skeptisch.

“Sie hören augenblicklich mit Ihrer Arbeit an dem Tor auf und halten sich solange davon fern, bis Sie Elektras Erlaubnis erhalten. Das ist die einzige Bedingung, McKay. Entweder Sie willigen darauf ein oder Sie lassen es bleiben. Dann werde ich jedoch eine kleine Unterhaltung mit Doktor Weir führen”, erklärte John knapp. Nachdenklich betrachtete Rodney seinen Gegenüber. Dieser Vorschlag klang äußerst verlockend, doch es bedeutete auch, das er sich wohl auf eine längere Wartezeit einstellen mußte. Becketts medizinischen Ausführungen zufolge konnte es Wochen dauern, bis sich der gesundheitliche Zustand der Antikerin stabilisiert hatte.

Er zweifelte auch nicht daran, dass Sheppard sofort zu Elizabeth gehen würde, um Rodneys kleines und geheimes Vorhaben aufzudecken. Ein schwerer Seufzer entrang sich der Kehle des genialen Wissenschaftlers. Forsch lag Johns Blick auf McKay, um ihn endlich zu einer Antwort zu bewegen. “Ja, schon gut, ich bin damit einverstanden. Aber vergessen Sie es bloß nicht, Major”, stieß Rodney genervt aus. “Keine Sorge, das werde ich nicht. Kümmern Sie sich um all die anderen Projekte, die Sie noch zu erledigen haben. Davon dürften Sie sicher noch Tausende im Hinterkopf haben. Sobald Elektra einigermaßen auf den Beinen ist, werde ich das Thema ansprechen. Aber solange werden Sie es ruhen lassen, McKay”, sprach John energisch und sein durchdringender Blick lag mit einem solchen Ernst auf Rodney, das dieser nur mit einem Nicken zustimmen konnte, sich an die Abmachung zu halten.

“Major?” ertönte auf einmal Teylas Stimme über das Funkgerät. “Ja, Teyla?” meldete er sich sofort. “Elektra ist aufgewacht und fragt nach Ihnen.” “Ich bin schon unterwegs”, versprach Sheppard und wandte sich zum gehen um. “Rodney, lassen Sie ja Ihre Hände von den Konsolen”, fügte er streng hinzu. “Ich habe die Warnung bereits beim ersten Mal verstanden, Major”, giftete der Wissenschaftler zurück. Er packte seine Unterlagen zusammen und marschierte mit hoch erhobenen Hauptes zu seinem üblichen Arbeitsplatz. Geduld war eine Tugend, die er nicht gerade im Überfluß besaß. Deshalb konnte er nur hoffen, dass er seine Neugier solange unter Kontrolle hatte, bis die Kamaguri-Kämpferin ihm Zugang zu dem rätselhaften Tor gewährte.

“Zu welchem Volk zählst du, Teyla?” erkundigte sich Elektra neugierig. “Ich bin Athosianerin”, erwiderte sie lächelnd, während sie bei der Kriegerin saß und auf das Eintreffen des Majors wartete. “Die Athosianer waren seit jeher ein sehr stolzer und auch mutiges Volk. Deine Heimat wurde von den Wraith zerstört, nehme ich an”, bemerkte die Antikerin scharfsinnig. Ein dunkler Schatten huschte kurz über Teylas Gesicht. Die Geschehnisse von jenen Tag, als sie dem Team von Major Sheppard zum ersten Mal begegnet war, waren nach wie vor allgegenwärtig. Nur ein kleiner Prozentsatz hatte diesen abscheulichen Angriff überlebt. Genau wegen dieser Erfahrung war ihr klar, wie schlecht sich Elektra im Augenblick fühlte. Sie wußte, wie es war, wenn das eigene Volk starb und man hilflos daneben stand, ohne etwas unternehmen zu können, um das Unglück zu verhindern.

“Ich konnte nicht alle retten”, seufzte Teyla schwer. “Sie haben hier eine neue Heimat gefunden. Meine Stadt wird dir stets ein zu Hause sein, Teyla.” “Du bist erstaunlich”, bemerkte die Athosianerin und musterte Elektra mit einem bewundernden Blick. “Weshalb? Weil mein Schicksal mich auf den Tag warten ließ, um mich wieder zum Leben zu erwecken?” “Nicht nur deswegen. Du mußt dich so vielen Nachrichten stellen, die alles andere als angenehm sind. Du mußt versuchen deine Erinnerungen zurück zu erhalten. Und obwohl du zur Zeit schwach und angreifbar bist, versuchst du mich aufzubauen. Dazu wäre ich nicht in der Lage”, führte Teyla ruhig aus.

“Man lehrte mich, mein eigenes Leid niemals über das anderer zu stellen. Das Wohlbefinden der Menschen und die Verteidigung gegen die Feinde ist das wichtigste Ziel einer Kamaguri. Niemals würden wir unser Leben dem eines anderen vorziehen. Wir beschützen die Menschen um uns herum. Wir geben niemals auf und wir sind bereit, unser Leben zu opfern, um unsere Feinde zu stoppen. Das, was du durchgemacht hast, Teyla, ist in den Augen der Kamaguris eine Not, die wir lindern müssen. Der Geist der Kamaguris kann nicht sterben, nicht einmal durch den Tod all seiner Krieger”, erklärte Elektra und das leise Seufzen, das diesen ehrenvollen Worten folgte, war ein Zeichen dafür, wie schwer sie der Verlust ihres geliebten Volkes und der Welt, die sie gekannt hatte, in ihrem Inneren belastete.

In diesen Moment ertönte ein leises Summen und Major Sheppard betrat das Quartier. Sein sanftes Lächeln traf Elektra bereits automatisch, denn das legte sich wie von selbst auf seine Lippen, sobald sie in seinem Blickfeld auftauchte. “Danke, Teyla”, bemerkte er, während seine Aufmerksamkeit ausschließlich auf Elektra gerichtet war. Sie verstand den stummen Wink des Majors und erhob sich mit einer geschmeidigen Bewegung. “Wir sehen uns später, Elektra”, sprach sie zum Abschied und verließ den Schlafraum. Ein Blick in seine Augen genügte, um Johns Wunsch darin zu lesen, mit seinem bezaubernden Schützling alleine sein zu wollen.

“Wie fühlst du dich?” erkundigte sich John besorgt und nahm auf der Bettkante Platz. “Noch ziemlich erledigt. Ich würde mich gerne auf Atlantis umsehen.” “Denkst du nicht, dass du noch viel zu schwach dafür bist? Das Na-Thil ist kaum vierundzwanzig Stunden her.” “John, deine Sorge um mich ist wirklich liebevoll. Ich glaube auch nicht, dass ich mich hier bewegen kann, ohne das du nicht an meiner Seite bist.” “Wie Recht du damit doch hast”, grinste er breit. “Ich kann nicht die ganze Zeit herumliegen. Atlantis ist meine Stadt. Ich will sie wieder kennenlernen, wieder sehen und mich erinnern. Ich habe ein dunkles Loch in meinen Kopf, John, und das will ich ändern”, sprach Elektra und ein Hauch Verzweiflung schwang in ihrer Stimme mit.

John konnte ihrem Flehen einfach nicht widerstehen. Er wußte, das die Chance, ihre Erinnerungen hervor zu holen, größer war, wenn sie Atlantis neu erkundete. Und er wollte ihr dabei helfen, soweit das in seinem Bereich der Möglichkeiten lag. “Okay, einverstanden. Aber wir werden das über mehrere Tage ausdehnen, da diese Stadt riesig ist, als das du alles an einem einzigen Tag siehst. Und später bringe ich dich zu Doktor Beckett. Du mußt regelmäßig von ihm untersucht werden. Er muß deine Verletzungen im Auge behalten.” “John, ich weiß genau, wie groß Atlantis ist. Das ist meine Stadt. Ich lebte schon vor zehntausend Jahren hier”, tadelte sie ihn sanft.

“Entschuldige, ich wollte dich nicht bevormunden. Du kennst dich hier besser aus als wir alle zusammen. Und du kannst uns mehr über diese Stadt erzählen, als wir jemals an Wissen recherchieren können. Doktor Weir ist nicht die Einzige, die sich auf diese Gespräche freut.” “Doch zuerst muß ich selbst so vieles in Erfahrung bringen - über mich, über mein Volk und unser tragisches Ende”, sprach sie bitter. Zärtlich berührte John Elektra an der Wange. “Ich wünschte, ich könnte dir diesen Schmerz nehmen und ihn für dich fühlen. Sie werden nie daran gedacht haben, dass du sie in Stich läßt. Ich bin mir sicher, in den Augen der Antiker hast du deine Aufgabe erfüllt.” “Es ist nicht so einfach, John, denn sie sind gegangen”, erwiderte Elektra seufzend.

“Komm, laß uns Atlantis ansehen”, schlug er vor, um das Thema zu wechseln. Sie sollte sich nicht zuviel dieser Qual hingeben. Das würde den Verlauf ihrer Heilung nur verlangsamen. John wollte ein glückliches Lächeln auf ihre Lippen zaubern. Dies war das Wichtigste aller Ziele, die er zur Zeit hatte. Elektra war für ihn zum bedeutsamsten Mittelpunkt seines Aufenthaltes auf Atlantis geworden. Innerhalb weniger Stunden hatte sie bereits die Tiefen seiner Seele erreicht und sein gesamtes Leben umgestellt. Sogar mit seinem Tod würde er versuchen, ihr das zu geben, wonach sie sich sehnte. Und an ihrer Seite würde er die Wraith bekämpfen. Er würde ihr beistehen, diese finstere Rasse in ihre eigene Vernichtung zu befördern.

“Und die Frauen deiner Welt tragen ständig solch legere Kleidung?” sprach Elektra neugierig. Elizabeth hatte der Antikerin ein paar Stücke ihrer eigenen Kleider geliehen, da sie nicht in ihrem Kampfoutfit herum laufen konnte. Und niemand wußte, ob Elektras früherer Besitz noch in den Räumen des Ordens existierte. “Ja, allerdings. Gefallen Sie dir nicht?” “Sie sind bequem, auch für eine Schlacht geeignet. Jedoch ziehe ich die traditionelle Kleidung der Kamaguris vor.” “Das ist verständlich, jedoch ist es keine gute Idee, wenn du nur das trägst.” “Wieso? Hast du etwas daran auszusetzen?” hakte sie skeptisch nach.

“Nur den einen Grund, das du darin viel zu attraktiv aussiehst, als das es ein vernünftiger Mann ertragen kann”, gestand John offen. “Wirfst du gern mit Komplimenten um dich, John?” “Eigentlich nicht. In Bezug auf deine Person fällt mir das jedoch sehr leicht. Du siehst in allem gut aus.” “Sind alle Männer aus deiner Welt so charmant wie du?” “Ich bin ein besonderes Exemplar. Kennst du das nicht?” “Weißt du, John, die Mitglieder der Kamaguris genossen hohes Ansehen unter den Antikern. Der Rat hat uns schon immer hervor gehoben. Es gab im Umgang mit den Kamaguris strikte Regeln. Es war den Menschen verboten, jeglichen Kontakt zu uns aufzunehmen, wenn sie nicht dem Rat angehörten. Der Bevölkerung war es nicht gestattet, unsere Konzentration zu stören.” “Aber sie haben euch aus der Entfernung bewundert, oder?” erkundigte sich John fasziniert.

“Ja. Das Auswahlkriterium für den Orden war sehr streng. Nicht viele wurden ins Training aufgenommen. Wir lebten auf Atlantis unser eigenes Leben, das anders war, als das unseres Volkes, das es zu beschützen galt. Beziehungen waren nur innerhalb der Kamaguris erlaubt.” “Hattest du einen Mann?” fragte John und betrachtete sie einen langen Moment. “Es gab jemanden, doch er starb sehr früh und ich habe mich immer nur mit meiner Ausbildung beschäftigt. Ich war nicht umsonst die beste Kriegerin der Kamaguris. Valenko hat besonders viel Wert auf mein Training gelegt. Er hat mich härter gefordert als alle anderen im Orden”, erwiderte Elektra mit ruhiger Stimme. Das Aufflackern in ihren Augen, das ihre Verzweiflung widerspiegelte, entging John nicht. Unwillkürlich griff er nach ihrer Hand und umschlang ihre Finger mit den seinen. Mit einem Lächeln gewährte Elektra ihm diese vertrauensvolle Berührung.

“Er hat dir sehr viel bedeutet”, stellte John fest. “Valenko war mehr als bloß mein Lehrmeister. Er war wie ein zweiter Vater für mich. Die Wraith haben meine Eltern getötet, als ich noch ein kleines Kind war. Schon kurz nach meiner Geburt lernte ich Valenko kennen, der bei meinen Eltern saß, und sie über mein Schicksal aufgeklärt hat. Sie waren sehr stolz, das ich in das Training der Kamaguris gestellt werden würde. Die Aufnahme haben sie nie erlebt. Ich kam früher als eigentlich erwartet in den Orden. Der Tod meiner Eltern hat Valenko dazu veranlaßt, mich zu sich zu nehmen. Er hat sich wie ein richtiger Vater um mich gekümmert. In seinen Augen war ich immer seine Tochter”, erzählte sie. Ein trauriger Schatten legte sich über ihren Blick, während sie jedes Detail ihrer Stadt in sich aufnahm.

Ruckartig blieb Elektra stehen und wandte sich nach rechts. Ein kurzes Lächeln zierte ihr Gesicht. “Sollen wir da lang gehen?” sprach John gelassen, obwohl er wußte, das diese Frage überflüssig war. Die Tür fuhr bereits zur Seite und nahm die beiden Personen auf, da es sich bei dem kleinen Raum um einen Aufzug der hochentwickelten Technologie der Antiker handelte. “Und wohin jetzt?” “Lass dich überraschen, John”, sprach Elektra geheimnisvoll und betätigte ein Feld auf dem installierten Bordcomputer, der alle Punkte der Stadt auf einer Karte aufzeichnete.

Ohne es richtig wahrzunehmen setzte sich der Aufzug in Bewegung. Irritiert zog John eine Augenbraue hoch, als er feststellte, das es nach unten ging. Eigentlich hatte er erwartet, das Elektra in die oberen Etagen gelangen wollte. “Was machen wir im Keller?” stieß er aus. “Wir haben keinen Keller auf Atlantis, John. Es sind nur unterirdisch angelegte Korridore und Räume.” “Und was machen wir dort?” “Ich lasse mich einfach von meinen Instinkt leiten, denn das ist das Einzige, worauf ich im Moment vertrauen kann.” “Gut. Ich wollte nur wissen, warum wir nach unten fahren”, erwiderte er gedehnt.

“Warst du schon mal unten?” “Ja, jedoch nicht so tief. Da dieser Lift sich noch immer bewegt, kann ich mit guten Gewissen sagen, das keiner von uns diese entlegenen Orte von Atlantis bereits erkundet hat. Wenn du mir das früher gesagt hättest, hätte ich meine Ausrüstung mitgenommen.” “Deine Waffen sind hier nicht nötig.” “Diese Stadt hat zehntausend Jahre geschlafen, Elektra. Es könnte sich etwas hierher verirrt haben. Ich gerate nicht gerne in eine mögliche Gefahr, ohne die richtige Verteidigung bei mir zu haben”, räumte der Soldat ehrlich ein.

“Diese Sorge ist unbegründet, da sich dort unten nichts befindet, was uns bedroht.” “Was genau will dein Instinkt eigentlich sehen?” “Ich erinnere mich nur schwach. Aber vor der letzten Schlacht gegen die Wraith war ich hier unten.” “Was hast du gemacht?” “Das weiß ich nicht”, murmelte sie nachdenklich. Der Aufzug blieb stehen und öffnete seine Tür, um seine Passagiere wohlbehalten an ihrem Ziel abzuliefern. “In welche Richtung sollen wir uns bewegen?” sprach John, wobei er auf den runden Bogen blickte, in dessen Mitte er stand. Fünf verschiedene Wege führten in alle möglichen Richtungen. Und die langen Korridore waren so gut wie überhaupt nicht beleuchtet. Rodney sparte Energie, wo es auch nur ging. Alles hier unten war in absolute Dunkelheit getaucht.

~ 9. ~

“Du fühlst dich etwas unwohl”, stellte Elektra sachlich fest. “Das kann ich nicht abstreiten. Es ist ziemlich dunkel hier. Außerdem erweckst du bei mir nicht gerade den Eindruck, dass du eine weitere Wanderung durch diese Gänge gut überstehst. Ich sollte dich zu Beckett bringen und wir sehen uns hier ein anderes Mal um”, führte John aus. “Es geht mir zwar nicht besonders gut, doch ich muß das jetzt machen. Es kann einfach nicht warten”, sprach sie und verbarg dabei nicht einmal die Schmerzen, die sich durch ihre Verletzungen zog. Augenblicklich war John bei ihr und ließ zu, das sie sich auf ihn stützte.

“Wir müssen den dritten Gang von links nehmen”, stöhnte sie qualvoll. “Ich werde dich nicht in dieser Dunkelheit herumführen. Wir verschwinden wieder nach oben. Ich besorge eine Taschenlampe und später, wenn du dich ausgeruht hast, unternehmen wir diesen Trip. Elektra, ich will wirklich nicht über dich entscheiden, aber in diesen Zustand kann ich dich nicht auf den Beinen lassen.” “Du kannst auch gar nicht über mich bestimmen. Mir ist das sehr wichtig, John. Ich fühle, das ich hier eine Antwort auf eine meiner vielen Fragen finde”, erwiderte sie energisch.

“In Ordnung”, seufzte John schwer. “Aber sobald wir das hier erledigt haben, suchen wir Beckett auf.” Elektra hörte schon nicht mehr auf seine Worte, sondern bewegte sich langsam vorwärts. John hatte sie nach ein paar Schritten eingeholt und blieb an ihrer Seite, während sie allein den Weg auswählte, den sie hinter sich ließen. Vor Elektras inneren Auge liefen kurze Sequenzen einer Zeit ab, an der in diesen Räumen reger Betrieb geherrscht hatte. Sie sah ihr Volk, das sein Leben lebte und sich auf den Angriff der Wraith vorbereitete. Und dennoch war nicht allen die Flucht auf die Erde gelungen.

“Diese Tür”, sprach Elektra nachdenklich und deutete auf den Durchgang, der sich rechts von Sheppard auftat. “Ich bin damals, es war ein paar Stunden vor dem Angriff, hier durch gekommen.” “Ich würde dich gerne hineinführen, damit du siehst, was du damals in diesen Raum gemacht hast, aber wir haben hier unten keine Energie. McKay hat sie wohl abgestellt, um sie an einer anderen Stelle benutzen zu können”, führte John aus. Elektra kommentierte seine Aussage nur mit einem knappen Lächeln und trat einen Schritt vor.

“Was hast du vor?” erkundigte sich John skeptisch. Elektra legte ihre Handfläche auf die Vertiefung neben der Tür. Die Entschlossenheit ihres Blickes verriet, das sie sich absolut sicher war, ihr Vorhaben würde funktionieren. Als Kamaguri konnte sie einfach nicht scheitern. In der nächsten Sekunde wurde die Energiezufuhr aktiviert und das System des tief gelegenen Korridors fuhr hoch. Die Dunkelheit wich dem künstlichen Licht und die Tür lud Elektra und John ein, den Raum zu betreten.

“Das wird McKay nicht gefallen”, murmelte John. “Es geht ihm keine Energie verloren. Hier unten wird die Energie allein durch den Rat und den Kamaguris geleitet. Das bedeutet, sobald wir nach oben verschwinden, schaltet sich das System automatisch ab.” “Und wenn wir erneut herunter kommen?” “Nachdem es von einer Kamaguri wieder aktiviert wurde, wird es beim nächsten Besucher, der die Korridore betritt, eingeschaltet.” “Das ist fasziniert. Wurde das nur auf dieser Etage installiert?” “Es wurde nur auf auserwählten Stockwerken eingebaut. Mein Volk hat hier geheime Experimente durch geführt, zu denen nicht jeder Zugang hatte. Außerdem lagert in diesen Raum die Datenbank der Kamaguri”, sprach Elektra, als sie vor einer breiten Konsole, die die Mitte des Raumes ausfüllte, stehen blieb.

Elektra betätigte ein paar Schalter und wartete darauf, was ihre Stadt ihr offenbarte. John kam es so vor, als würde sie genau spüren, wonach sie suchen mußte. Und er ließ sie tun, was sie unternehmen mußte, um ein kleines Geheimnis ihrer Vergangenheit aufklären zu können. “Ich weiß es wieder”, erhob sie auf einmal das Wort. “Was?” “Ich habe eine Botschaft aufgenommen. Ich wollte etwas hinterlassen, für die Möglichkeit, das Valenko überlebt. Irgend etwas wollte ich dieser Stadt vererben im Falle meines Todes”, sprach Elektra mit zitternder Stimme.

“Kannst du deine Nachricht aufrufen?” erkundigte sich John neugierig, der nur zu gerne Zeuge von ihren letzten Worten werden wollte. Und er zweifelte nicht daran, das Elektra seinen Beistand haben wollte. Sie würde nicht von ihm erwarten, dass er in einem solch wichtigen Moment für sie den Raum verließ. “Ich habe zwar viele Erinnerungen an mein persönliches Leben verloren, doch alle Codes und Zugänge der Antiker befinden sich noch immer in meinen Kopf.” “Das würde Doktor Zelenka sofort mit einer Studie erforschen wollen”, spottete John amüsiert, der sich vorstellen konnte, wie McKays tschechisches Ebenbild auf diese Tatsache reagieren würde.

Elektra tippte antikische Zeichen in die Tastatur ein. Die Datenbank begann zu arbeiten und suchte fieberhaft nach der Botschaft, die Elektra sehen wollte. Nach wenigen Sekunden erschien über der Konsole ein großflächiges Bild. Die Technologie der Antiker war von besonderer Art. Bei ihnen war kein Bildschirm nötig, um ihre Datenverzeichnisse und gespeicherten Informationen abrufen zu können. Das Bild zeigte Elektra, die bereits in ihre Uniform gekleidet war. Ihr Blick war nicht sehr zuversichtlich und voller Ernst überschattet. Ihr war durchaus bewußt gewesen, das sie kaum eine Chance hatten, den Sieg gegen die Übermacht der Wraith zu erringen.

“In drei Stunden werden die Wraith über Atlantis herfallen. Im Grunde weiß ich selbst nicht, warum ich diese Aufzeichnung vornehme. Wahrscheinlich wird niemand diese Nachricht jemals zu Gesicht bekommen. Aber vielleicht gibt es doch Überlebende und die sollen wissen, das wir alles versuchen werden, um die Wraith aufzuhalten. Das hier ist meine letzte Möglichkeit mir alles von der Seele zu reden und dir, Valenko, das zu sagen, wozu ich im Leben nicht bereit war.”

“Ich bin Elektra Shiva, eine Kriegerin der Kamaguri, und ich stehe in der ersten Reihe in der Schlacht gegen unsere Feinde. Mein ganzes Leben lang hat man mich auf diesen einen Augenblick vorbereitet, mich im Training gefordert, und meinen Verstand geschärft. Mein Schicksal brachte mich zu den Kamaguri. Die Sterne sagten voraus, ich sei in der Lage, die Rasse der Wraith für immer zu vernichten und nicht nur Atlantis, sondern auch alle anderen Welten in unserer Galaxie von ihrer grausamen Herrschaft zu befreien. Ich habe immer an die Worte geglaubt, die man mir mitgeteilt hat. Doch jetzt, im Angesicht unserer schlimmsten Herausforderung, beginne ich an mir selbst zu zweifeln”, erzählte Elektra und offenbarte mit diesem Geständnis der Nachwelt ihre intimsten und auch geheimsten Gedanken.

“Valenko, du hast mich gelehrt, niemals Selbstzweifel zu besitzen und stets auf mein Schicksal zu vertrauen. So viele Wraith haben wir besiegt und unsere Heimat beschützt. Unter deiner Führung wuchs ich zu einer außergewöhnlichen Kriegerin heran. Ich weiß, das du vorhattest, mir das Oberhaupt des Ordens zu übertragen, wenn dein Schicksal dich in Frieden gehen läßt. Dein Vertrauen in mich machte es mir möglich, so stark zu werden, wie ich es heute bin. Diese Aufgabe wäre für mich eine Ehre gewesen, doch wir beide wissen, das es dazu wohl nie kommen wird.”

“Schon als Kind brachte man mir bei, die Wraith zu fürchten. Sie haben meine Eltern getötet. Voller Hass trat ich in das sehr frühe Training der Kamaguris. Dort wies man mich an, niemals zu hassen, nicht einmal unsere Feinde. Sie lehrten mich, über diesen negativen Gefühl zu stehen und mich auf meine Pflicht zu konzentrieren. Verachtung verspüre ich nach wie vor auf die Wraith, doch inzwischen lasse ich mich davon nicht mehr leiten. Es ist meine Verantwortung, meinen Volk und meiner geliebten Stadt gegenüber, bis zum letzten Blutstropfen zu kämpfen und zu erledigen, wozu ich erzogen wurde”, seufzte die Kriegerin schwer und hielt für einen langen Moment inne.

“Aufgeben liegt einer Kamaguri nicht im Blut. Es ist nicht das, was Valenko uns lehrte. Wir werden kämpfen - bis zu unserem Tod. Doch ich schwöre, die Wraith werden Atlantis niemals erobern. Sie werden nicht an unsere Technologie heran kommen und zerstören, was wir aufgebaut haben. Bevor es dazu kommt, werde ich Atlantis im Meer versinken, um sie vor der Wut der Wraith zu retten. Viele von uns werden auf die Erde fliehen, so wie es der Rat beschlossen hat. Und vielleicht kehren eines Tages Menschen nach Atlantis zurück. Vergeßt nicht, das es die Kamaguris gab und das sie alles unternahmen, um euer Leben zu schützen.”

“Valenko, zum Schluß richte ich meine Worte an dich. Du warst wie ein Vater für mich und meine Eltern wären sehr stolz darauf zu sehen, was für einen guten und ehrenvollen Menschen du aus mir gemacht hast. Ohne dich wäre ich nie an den Punkt angelangt, an dem ich heute stehe. Und für alles, was du für mich getan hast, bin ich dir unendlich dankbar. Du hast mich an deinem großen Wissen über die Kampfkunst, die Wraith und das Leben teilhaben lassen. Unsere Beziehung war nicht nur eine zwischen Lehrmeister und Schülerin. Für dich war ich immer eine Tochter. Ich habe es nie fertig gebracht, es dir zu sagen, doch ich liebe dich, wie eine Tochter ihren Vater lieben kann. Gemeinsam werden wir unsere Stadt verteidigen und wenn das Schicksal es verlangt, werden wir auch gemeinsam sterben”, sprach Elektra und die Tränen, die in ihren Augen hochstiegen, konnte sie nun nicht mehr verbergen. Sie ließ den Fluß freien Lauf, um ihre wahren Gefühle ein einziges Mal Ausdruck zu verleihen.

“Ich habe diese Stadt immer über alles geliebt. Atlantis als Heimat zu haben, war stets etwas besonderes. Und ich werde mein Atlantis bis zum bitteren Ende beschützen. Doch sie wird nicht in die Hände unserer Feinde fallen. Lieber zerstöre ich Atlantis und gehe mit ihr unter, als den Feinden die Trophäe geradewegs zuzuspielen. Die Kamaguris werden ihren Sieg erhalten, egal ob im Leben oder im Tod. Doch wir werden uns nicht ergeben. Unsere Götter mögen uns beistehen und uns in der dunkelsten Stunde unserer Not den richtigen Weg offenbaren. Der Geist der Kamaguris wird auf ewig leben”, erklärte Elektra und mit diesen Abschied beendete sie ihre ganz persönliche Aufzeichnung. Vielleicht würde dies niemand mehr sehen, aber nun konnte sie sich mit einem reinen Gewissen in die Schlacht gegen die Wraith stürzen. Ihr Schicksal würde entscheiden, wie diese Nacht für Atlantis, dessen Volk und die Kamaguris ausgehen würde.

“Ich war bereit, Atlantis zu vernichten, damit die Wraith die Stadt nicht übernehmen können”, flüsterte Elektra entsetzt. Sie starrte auf die Konsole vor sich, konnte kaum realisieren, welche Botschaft sie vor zehntausend Jahren aufgenommen hatte. “Ich habe gewußt, das ich diese Nacht nicht überlebe.” “Du bist nur auf Nummer sicher gegangen”, bemerkte John vorsichtig, der zutiefst beeindruckt von Elektras Geständnis war. Diese starke Kriegerin, die er in dieser Aufnahme gesehen hatte, war wirklich bereit gewesen, alles zu tun, um die Wraith aufzuhalten. Und eine Ahnung wuchs in ihm. Bis jetzt war nicht geklärt worden, wer die Verantwortung dafür trug, das die Stadt im Meer versunken war. Doch wenn er Elektras Botschaft ansah und die Entschlossenheit, mit der sie in den Kampf gegangen war, hatte er die Antwort direkt vor Augen.

“Hast du Atlantis im Meer versenkt?” fragte er geradeheraus. “Ich weiß es nicht. Aber ich denke, dass ich durchaus dazu fähig war. Um jeden Preis wollte ich verhindern, das die Wraith das Kommando auf Atlantis übernehmen. Niemals sollten sie unsere Technologie erforschen. Ich habe diese Stadt immer geliebt.” “Das tust du nach wie vor. Genau das kann man nämlich in deinen Augen lesen. Elektra, ich würde diese Botschaft gerne Doktor Weir zeigen. Kannst du sie auf den Hauptrechner übertragen? Vorausgesetzt, es dir Recht, das jemand außer mir diese persönliche Aufzeichnung zu Gesicht bekommt”, schlug er ihr sanft vor.

“Auch McKay wird das interessieren. Und wir hätten einen ungefähren zeitlichen Anhaltspunkt, was das Einschläfern der Stadt betrifft. Durch diese Nachricht könnten wir herausfinden, wann genau und durch wen Atlantis im Meer versunken ist.” “Wenn du hinter einem Thema stehst, bist du mit deiner Argumentation sehr überzeugend”, bemerkte sie lächelnd. “Ist das ein ja?” “Ich werde die Aufzeichnung auf den Hauptrechner schicken, damit deine Leute darauf Zugriff haben. John, glaubst du, ich habe wirklich getan, was ich angekündigt habe?” sprach sie ernst, während sie durchführte, worum der Soldat sie gebeten hatte.

“Ich glaube, du hast keinen anderen Ausweg gesehen, um Atlantis vor den Wraith zu schützen. Du liebst diese Stadt so sehr, das du sogar bereit warst, für sie in den Tod zu gehen. Und dir ist gelungen, was du erreichen wolltest. Du hast Atlantis vor den Wraith bewahrt. Die Stadt war in einen hervorragenden Zustand als wir hier ankamen. Elektra, deine Tat mag zwar ein wenig radikal gewesen sein, doch du hast eingehalten, was du versprochen hast.” “Wenn ich Atlantis versunken habe, wie bin ich in den Sarg gekommen?” “Das weiß ich auch nicht. Es paßt irgendwie nicht zusammen, doch vielleicht hat dir Valenko dabei geholfen.” “Du denkst, er hat mich in den Sarg gelegt.” “Möglich. Das erfahren wir nur, wenn du dich erinnerst”, sprach John aufmunternd und legte ihr beruhigend eine Hand auf den Rücken.

Elektra entspannte sich augenblicklich. Seine harmlosen Berührungen waren nicht so unschuldig, wie es den Anschein hatte. Sie genoß es viel zu sehr, seine Hände auf ihrer Haut zu spüren. Und sie wußte auch, dass er es tat, weil er sie einfach berühren mußte. Er konnte nicht anders, fühlte sich viel zu stark zu ihr hingezogen. Und diese Sehnsucht teilte sie mit Sheppard. “Es ist alles so verwirrend. Ich bin gestorben, habe davor wahrscheinlich noch meine Stadt im Meer versunken und irgend jemand hat mich in einen Sarg aus Eis gelegt, nur um mich darin ins Wasser zu werfen. Das alles ergibt einfach keinen Sinn”, seufzte sie schwer und lehnte sich leicht gegen John.

Instinktiv legte er einen Arm um ihre Taille und zog sie ein Stück näher an sich heran. Unwillkürlich, als würde eine unsichtbare Hand sie leiten, schmiegte sich Elektra an seinen Körper. Nur Valenko war es möglich gewesen, dieses Gefühl von Sicherheit in ihr auszulösen. Bei ihm hatte sie es auf eine väterliche Art gespürt. Bei Sheppard jedoch war es eine ganz andere Art und Weise, die ihr diese äußerst intensive Emotion vermittelte. Noch nie zuvor in ihrem Leben als Kamaguri hatte sie sich so geborgen und beschützt gefühlt. Es war wohl die Ironie ihres besonderen Schicksals, das sie mit dem Major von der Erde zusammen geführt hatte.

Elektra wandte sich in seinen Armen um, um ihm in die Augen sehen zu können. Es waren diese einzigartigen Augen, die sie so sehr an diesen Mann faszinierten. Zärtlich streichelte John über ihre blonden Locken. Ihr Haar fühlte sich unendlich seidig an. Und er konnte gar nicht genug davon bekommen, sie berühren zu dürfen. Wie von selbst legte sich eine angespannte Atmosphäre zwischen die Beiden. Der Raum knisterte regelrecht vor Erotik. Elektras Sinnlichkeit brachte John beinahe um den Verstand und er konnte sein Verlangen nicht länger zügeln.

Doch bevor er ihre Lippen mit den seinen verschloß, holte ihn ein Funkspruch in das Hier und Jetzt zurück. “Major, bitte melden Sie sich”, sprach Doktor Weir über das Funkgerät. “Verdammt”, fluchte John, da diese Störung im absolut unpassendsten Augenblick kam. Anscheinend gönnte ihm irgend jemand nicht, das er mit dieser atemberaubenden Frau einen Kuss genoß. “Hier Sheppard. Was ist los?” meldete er sich mit einem Seufzen. “Wo sind Sie, Major?” “Im unteren Bereich der Stadt. Elektra wollte sich ein wenig umsehen.” “Im Hauptrechner ist soeben eine neue Datei aufgetaucht. Sind Sie dafür verantwortlich?” erkundigte sich Elizabeth.

“Es ist eine Botschaft, die Elektra vor zehntausend Jahren aufgenommen hat. Sie sollten sich das ansehen. Es enthält ein paar nützliche Details auf die Geschehnisse von damals.” “Ich verstehe! Ich danke Elektra dafür, das sie uns daran teilhaben läßt. Wann erwarten wir Sie zurück?” “Ich bringe sie zuvor noch auf die Krankenstation zu Beckett. Seine Untersuchung ist fällig. Danach komme ich in den Konferenzraum”, versprach John. “In Ordnung. Wir werden auf Sie warten”, beendete Doktor Weir die Funkverbindung.

“Diese Störung war nicht beabsichtigt”, räusperte sich John, als er Elektra aus dem Raum führte. “Für dein Vorhaben wirst du noch Gelegenheit genug haben”, versicherte die Kriegerin ihm. Ihr Lächeln sagte ihm deutlich, das sie ihn nicht abwehren würde, wenn er es das nächste Mal probierte. Allein seinem Beistand war es zu verdanken, das ihre Genesung schneller voranschreiten würde. In Johns Nähe vergaß sie ihre Angst, diese Angst, die ihr regelrecht die Luft abschnürte und die sie vor einer erneuten Begegnung mit dem Wraith verspürte. Er gab ihr den Mut, sich ihrem Schicksal zu stellen. Und John Sheppard versprach ihr eine Zukunft, von der sie nie zu träumen gewagt hatte.

~ 10. ~

“Das ist wirklich sehr dramatisch”, bemerkte McKay, nachdem Elektras Botschaft abgespielt worden war. “Seien Sie nicht so zynisch”, wies Sheppard den Wissenschaftler scharf zurecht. “McKay, ist Ihnen bewußt, das Sie den guten Zustand der Stadt womöglich Elektra verdanken?” “Oh ja, der gute Zustand, bis auf die magere Energie, von der wir noch einiges benötigen könnten, darunter ein ZPM, um den Schutzschild wieder aufzubauen. Und dieses Schutzschild ist äußerst wichtig für uns, wenn wir gegen die Wraith überleben wollen”, spottete Rodney mit einem verächtlichen Blick.

“Sie hat die Stadt gerettet, McKay. Auf ihre Art hat sie alles unternommen, um Atlantis zu schützen. Wenigstens das könnten Sie anerkennen”, stieß Sheppard wütend aus, dem es allmählich zu weit ging, das McKay sich nicht näher mit Elektras Schicksal beschäftigen wollte. Er hatte nur seinen typischen Sarkasmus für ihre Situation übrig und das würde er nicht länger akzeptieren. “Auch Ihre geschätzte Kriegerin, Major, hat ihre Fehler. Der Unterschied zwischen uns beiden ist nur, das ich diese Fehler sehe und Sie nicht”, gab McKay herausfordernd zurück.

“Major, Rodney, beruhigt euch! So kommen wir nicht weiter”, mischte sich Doktor Weir in die Unterhaltung ein. “In Elektras Gedächtnis befindet sich vielleicht der Hinweis auf ein ZPM.” “Wir könnten Sie fragen, wenn Sie sich doch bloß erinnern könnte”, bemerkte Rodney spitz. Alleine dafür erhielt er einen tödlichen Blick von Sheppard, der in Bezug auf Elektras Person nicht besonders viel Geduld mit Doktor McKay und dessen Eigenarten besaß. Es war ihm anzusehen, dass er seinem Gegenüber am liebsten auf seine persönliche und militärische Art und Weise Vernunft beibringen wollte.

“Natürlich müssen wir Elektras Genesung abwarten. Doch sie könnte uns unter Umständen bei der Suche nach einem ZPM behilflich sein.” “Es sei denn, die Wraith besuchen uns vorher.” “Rodney, es ist genug! Solche Kommentare bringen uns im Augenblick nicht weiter”, fiel sie ihm energisch ins Wort, um ihm ein deutliches Zeichen zu setzen, das er seine Grenzen überschritt. Schwach hob der Angesprochene die Arme, um zu signalisieren, das er verstanden hatte. Er besaß großen Respekt vor Elizabeths Entscheidungen und würde diese niemals in Frage stellen.

“Gut! Gehen wir davon aus, Elektra sah keine andere Möglichkeit, Atlantis und dessen Technologie vor den Wraith zu retten und sie hat die Stadt im Meer verschwinden lassen. Was ist mit dem ZPM passiert, das den Schutzschild aufrecht erhielt? Irgendwohin muß es schließlich gekommen sein. So ein Gerät löst sich nicht einfach in Luft auf. Und auch Elektra muß irgend jemand in den Sarg gelegt haben. Wer hat ihr geholfen?” “Valenko”, sprach Sheppard ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken.

“Valenko?” hakte Ford mißtrauisch nach. “Er war Elektras Lehrmeister und der Anführer des Ordens. Er hat sie aufgezogen. Und von dem, was ich inzwischen über ihn weiß, und Elektra in ihrer Abschiedsnachricht über ihn gesprochen hat, gehe ich davon aus, das er bereit war, alles zu tun, um sie zu beschützen. Valenko wollte sicher stellen, das Elektra die Chance erhält, ihr Schicksal doch noch zu erfüllen. Er wußte genau, wenn ihr das nicht gelingt, wird sie niemals ihren Frieden finden und auf ewig an dem Ort gefangen sein, wo sie einst gefallen ist”, führte John näher aus.

“Das ist sehr wahrscheinlich, Doktor Weir. Ich habe mich in den letzten Stunden an die Datenbank der Antiker gesetzt und daraus ein paar Informationen über die Kamaguris erfahren”, erhob Teyla das Wort. “Die Kamaguris besitzen einen ganz besonderen DNA-Schlüssel. Sie sind an ihr Schicksal gebunden und egal, was auch geschieht, sollten sie dies nicht erfüllen, ist es ihnen nicht erlaubt, ihre Totenruhe zu finden. Ihre Seele kann erst dann gehen, wenn sie ihre Bestimmung in die Tat umgesetzt haben. Bei Elektra ist das noch ein ganz besonderer Fall. Sie trägt die Bürde der Vernichtung der Wraith. Das ist kein leichtes Vorhaben.” “Das wissen wir auch schon”, murmelte McKay kopfschüttelnd.

“Es gibt da noch etwas, was ich nicht genau einzuordnen weiß.” “Das wäre?” hakte Sheppard gedehnt nach. “Die Aufzeichnungen geben wider, das eine Kamaguri in der Lage ist, Atlantis mit Energie zu versorgen, ohne das dafür ein ZPM nötig ist.” “Wie bitte? Sie soll ein menschliches ZPM sein?” stieß Rodney verblüfft aus. “So etwas in der Art”, erwiderte Teyla mit einem Schulterzucken. “Sie kann über mehrere Tage die Energie der Stadt auf Hochtouren laufen lassen und sogar den Schutzschild halten. Jedoch kostet sie das viel Kraft und einige Kamaguris haben sich nie ganz von diesen gefährlichen Vorgang erholt. Für ein paar ist es sogar tödlich ausgegangen.” “Das kann durchaus möglich sein”, sprach John nachdenklich und alle Anwesenden richteten automatisch ihren Blick auf den Major.

“Worauf wollen Sie hinaus?” erkundigte sich Elizabeth. “Elektra war mit mir im unteren Bereich der Stadt. So tief unten sind wir noch nicht gekommen. Dort gab es keine Energie, aber sie hat sie ohne irgendwelche Geräte in Gang gesetzt. Das war erstaunlich! Es hat nicht einmal die Energiereserven an einen anderen Standpunkt der Stadt geschadet.” “Oh ja, das ist eine tolle Idee! Wenn die Wraith kommen, um uns zu töten, verwende ich einfach Elektra als ZPM”, bemerkte Rodney zynisch. “Gibt es dafür eine vernünftige Erklärung, weshalb eine Kriegerin der Kamaguri die Energie der Stadt halten kann?” warf Elizabeth sachlich ein, wobei sie den Kommentar des Wissenschaftlers geflissentlich ignorierte.

“Nein, bis jetzt nicht. Die Aufzeichnungen gehen nicht näher darauf ein. Ich glaube, der DNA-Schlüssel der Kamaguris ist ein gut gehütetes Geheimnis der Antiker.” “Teyla, versuchen Sie über die Datenbank, ob Sie nicht doch eine Beschreibung oder etwas ähnliches darüber finden. Ich will, dass Beckett sie genauestens untersucht. Vielleicht gibt es ja eine medizinische Erklärung dafür. Durch die Nachricht, die Elektra hinterlassen hat, können wir davon ausgehen, das sie es war, die Atlantis ins Meer versenkt hat. Rodney, können Sie einen Zeitplan von damals aufstellen?” “Natürlich kann ich das”, sprach er beleidigt, da eine solche Frage seine Intelligenz nicht ernst nahm.

“Dann tun Sie es bitte und versuchen Sie zu erfahren, wie ihr das gelungen ist. Dieses Rätsel konnten wir noch immer nicht lösen”, bat Doktor Weir mit einem sanften Lächeln. Nickend stimmte er dieser - in seinen Augen - lächerlichen Aufgabe zu. “Wie geht es ihr, Major?” “Sie hat noch mit ihrer Gesundheit zu kämpfen. Bei Beckett ist sie in guten Händen.” “Und bei Ihnen auch. Elektra vertraut Ihnen sehr.” “Das ist bei seinem Hundeblick auch kein Wunder”, murmelte Rodney spottend. “Was soll das denn heißen, McKay?” stieß Sheppard verwundert aus.

“Ach kommen Sie, Major, als würden Sie das nicht wissen? Ich helfe dir, Elektra. Ich stehe dir bei, Elektra”, äffte Rodney den Soldaten nach. “Bei Ihrer so liebenswürdigen Art, die Sie neuerdings an den Tag legen, kann einem schlecht werden. Die Frau frißt Ihnen deshalb aus der Hand, weil Sie Ihren hübschen Augen nicht widerstehen kann.” “Ich wußte gar nicht, McKay, das Sie meine Augen so hübsch finden”, spottete John vergnügt und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Ford und Teyla lachten ebenfalls auf und selbst Elizabeth war nicht in der Lage, bei diesem Kommentar ernst zu bleiben.

“Das ist nicht witzig! Haben Sie im übrigen schon mit ihr gesprochen?” “Sie ist für dieses Gespräch noch nicht bereit. Haben Sie Geduld, McKay. Ich sage Ihnen schon rechtzeitig Bescheid, wenn Elektra sich entschieden hat.” “Schon gut, ich habe verstanden. Da meine Anwesenheit nicht länger von Nöten ist, mache ich mich an die Arbeit. Immerhin erwartet man schnelle Ergebnisse von mir und die liefere ich stets pünktlich ab”, sprach Rodney arrogant und verließ den Konferenzraum. “Sie haben ihn aus der Fassung gebracht, Major”, lachte Ford kopfschüttelnd. “Sieg für Sheppard! Bin gespannt, was er sich für die nächste Runde einfallen läßt”, erwiderte John stolz und erhob sich, um nach Elektra zu schauen, die sich noch immer bei Beckett aufhielt.

“Halten Sie mich auf den Laufenden, Major”, rief Elizabeth ihm nach. Allein sein bejahendes Nicken zeigte ihr, das er ihre letzten Worte verstanden hatte. John machte sich auf den direkten Weg zu Elektra, um Becketts Untersuchungsergebnisse in Erfahrung zu bringen. “Lieutenant Ford, helfen Sie Teyla bitte bei Ihren Nachforschungen”, sprach Doktor Weir knapp. “Das werde ich, Ma’am”, willigte er ein und die beiden Mitglieder von Sheppards Team machten sich umgehend an die Arbeit. Elizabeth ging davon aus, das Rodney - wenn er sich erst einmal richtig in sein neues Projekt gestürzt hatte - schon bald Details des letzten Tages auf Atlantis heraus finden würde. Seine intensive Suche würde wohl einen kleinen Teil dieses Geheimnisses aufklären.

“Ihr Blutdruck ist völlig in Ordnung. Nach der Totenerweckung wundert mich das ein wenig. Ich hatte eigentlich einen schwächeren Puls erwartet”, sprach Beckett zuversichtlich und griff nach dem Krankenprotokoll, das er über Elektra angelegt hatte. “Das ist nicht ungewöhnlich, Doktor, sondern im Sinne der Antiker vollkommen normal.” “Trotzdem möchte ich gerne die Nebenwirkungen mit Ihnen durchgehen, Elektra. Haben Sie Kopfschmerzen?” “Manchmal habe ich das Gefühl, als würde mein Schädel explodieren.” “Der Major hat mir nichts davon gesagt”, bemerkte der Arzt besorgt.

“John weiß es auch nicht. Eine Kamaguri zeigt ungern ihre Schwäche und tut alles, um genau das zu verhindern. Ich will nicht, dass er sich noch mehr Sorgen um mich macht, als es ihm ohnehin schon anzusehen ist”, erklärte sie mit ernster Miene. “Er fühlt sich sehr mit Ihnen verbunden. Er würde nie etwas tun, was Ihnen Schaden zufügt.” “Dessen bin ich mir bewußt”, erwiderte die Kamaguri sanft und das Funkeln ihrer Augen offenbarte ihrem Gegenüber die tiefe Zuneigung, die sie schon für Major Sheppard empfand. In keinster Weise überraschte Beckett dies. Wenn man die Beiden beobachtete, erwartete ein Außenstehender genau die Gefühle, die so offensichtlich zwischen ihnen entstanden.

Beckett räusperte sich kurz und ging zu Elektras Gesundheitszustand zurück, da ihn ihre Gefühle für Sheppard nicht betrafen, und sie auch nicht näher darauf eingehen wollte. “Die Verletzungen, die Sie damals erlitten haben, verheilen sehr gut. Jedoch wird es noch einige Zeit dauern, bis Sie sie nicht mehr spüren. Leiden Sie unter Gleichgewichtsstörungen?” “Nein, nur unter Schwächeanfälle, die mich einholen, wenn ich zulange auf den Beinen bin.” “Das ist normal. Ihr Körper schlief zehntausend Jahre. Ihre Muskulatur muß sich erst wieder aufbauen und auch Ihr Kreislauf benötigt etwas Zeit, um zu seiner Normalität zurück zu finden”, führte Beckett sachlich aus.

“Verspüren Sie vermehrte Müdigkeit?” “Jede einzelne Minute, die verstreicht. Obwohl ich solange weg war, könnte ich den ganzen Tag über schlafen”, bemerkte Elektra lächelnd. “Auch Ihr Schlafrhythmus wird sich stabilisieren. Sie müssen sich einfach nur darum kümmern, Ihren gewohnten Alltag wieder in den Griff zu bekommen. Die körperlichen Beschwerden werden sich ungefähr zwei Monate halten, bis sie endgültig verschwinden. Mehr Sorgen macht mir Ihr Gedächtnisverlust.” “Es ist ein sehr steiniger Weg zurück zu meinen Erinnerungen. Ich habe das früher schon bei einigen Na-Thils erlebt”, erklärte Elektra und wies mit einem Kopfschütteln das Schmerzmittel ab, das Beckett ihr zur Linderung ihrer körperlichen Qual verabreichen wollte.

“Wie lange brauchten diese Menschen, um sich zu erholen?” hakte er neugierig nach. “Die kürzeste Zeit betrug sechs Monate. Die längste Genesung dauerte fast vier Jahre an. Menschen sind Individualisten, Doktor Beckett, und jeder reagiert anders auf das Na-Thil. Es kommt auf die Persönlichkeit eines Einzelnen an, wie sich das Na-Thil auf den Betroffenen auswirkt.” “Wie lange haben die Antiker gebraucht, um diesen Vorgang zu entwickeln?” “Es hat Jahre gedauert, bis wir einen ersten Erfolg erzielt haben.” “Die Wissenschaftler, die daran beteiligt waren, müssen sehr stolz auf ihre Leistung gewesen sein”, warf Beckett nachdenklich ein.

“Das waren wir alle, denn das Na-Thil hat auch den Prozeß der Wraith rückgängig gemacht. Wir konnten damit nicht nur Tote zum Leben erwecken, sondern den Opfern der Wraith auch ihr eigentliches Aussehen zurück geben. Das Na-Thil hat es möglich gemacht, den Alterungsvorgang ungeschehen zu machen.” “Wußten die Wraith davon?” “Es war ihnen bekannt und natürlich haben sie alles versucht, hinter das Geheimnis des Na-Thils zu gelangen. Es war ihnen ein Dorn im Auge, das wir rückgängig machen konnten, was sie bei den Menschen anrichteten”, seufzte Elektra schwer.

“Darüber würde ich gerne mehr erfahren, vorausgesetzt, Sie wollen Ihr Wissen mit mir teilen”, stieß Beckett mit glänzenden Augen aus. “Ich werde auf Ihre Bitte zurück kommen, Doktor.” “Aber nicht jetzt! Du solltest dich ein wenig hinlegen, um dir Ruhe zu gönnen”, ertönte eine männliche Stimme, die Elektra bereits so gut kannte, das es gar nicht nötig war, sich umzudrehen. Als sie sich jedoch der Tür zuwandte, lehnte dort lässig Major Sheppard. “Geht es ihr gut?” richtete er seine Frage an den Arzt, ohne Elektra dabei aus den Augen zu lassen.

“Den Umständen entsprechend - ja. Sie ist in einem erstaunlich guten Zustand, bedenkt man, was sie hinter sich hat und das wir sie zum Leben erweckt haben”, erwiderte dieser professionell. “Muß ich mir Sorgen um ihre Rehabilitation machen?” “Keineswegs, John. Ich komme wieder auf die Beine. Eine Kamaguri gibt niemals auf, nicht einmal vor ihrem eigenen Ich.” “Ein sehr starker Charakterzug, der von deiner Tapferkeit erzählt. Doch ich finde es nicht gut, wenn du dich nur stark gibst. Du darfst auch einmal Schwäche zeigen. Das ist nur menschlich, Elektra”, tadelte John sie mit einem sanften Lächeln.

“Ein antrainiertes Verhalten ist nur sehr schwer abzulegen, John.” “Das weiß ich aus eigener Erfahrung.” “Wenn ich mich kurz einmischen dürfte, so sehe ich kein Problem bei der weiteren Genesung der Verletzungen. Jedoch ist es sehr wichtig, das Elektra in ihren alten Alltag zurück findet”, mischte sich Beckett kurz ein. “Ich bin mir sicher, das mir der Major dabei helfen wird.” “Und ob ich das tue”, pflichtete John seinem Schützling bei. Elektra rutschte von der Untersuchungsliege und durchquerte den Raum. “Wir sehen uns später, Beckett”, murmelte John und begleitete die Kriegerin bis zu ihrem Quartier, um zu gewährleisten, das sie nicht wieder unter einem Schwächeanfall zusammenbrach.

~ 11. ~

[Eine Woche später]

“Elektra?” sprach John und betrat den Schlaftraum, in dem er die Kriegerin nach dem Na-Thil einquartiert hatte. “Was ist?” ertönte ihre Stimme vom hinteren Bereich. In der nächsten Sekunde erschien sie auch schon. Sheppards Anwesenheit entlockte ihr ein knappes Lächeln, obwohl ihr eigentlich gar nicht danach zumute war. Sie hatte die letzte Nacht sehr unruhig erlebt. Die Träume, die sie heimsuchten, ließen sie nicht schlafen. Ihre Gesundheit verbesserte sich während eines jeden neuen Tages, der auf Atlantis anbrach. Die Verletzungen verheilten nach Aussage von Beckett sehr gut und auch ihre Schwächeanfälle waren weniger geworden. Hartnäckig hielten sich jedoch die Kopfschmerzen. Das Einzige, das ihre Seele wirklich belastete, war der Gedächtnisverlust. Ihre vollständigen Erinnerungen kehrten nur sehr langsam zurück.

“Kann ich kurz mit dir über etwas sprechen?” “Natürlich, John. Worum geht es?” hakte Elektra neugierig nach und machte es sich auf dem Bett bequem. “Das Thema wird dir wahrscheinlich nicht gefallen. Es geht um McKay”, brachte John die Sache sofort auf den Punkt. Augenblicklich wanderte eine gewisse Anspannung durch Elektras Gesicht. Ihr freundlicher Blick verschwand und wich der Härte einer Kamaguri-Kriegerin. Es war ihr deutlich anzusehen, dass sie nach wie vor kein Fan von Doktor Rodney McKay war. Und sie war auch nicht sehr scharf darauf, über den Wissenschaftler zu sprechen.

“Wieso kommst du jetzt damit an?” “Weil er mich nervt. Er rennt mir seit Tagen hinterher, ob ich schon mit dir gesprochen habe, und erinnert mich jede einzelne Minute an die Abmachung, die wir getroffen haben. Ich habe McKay versprochen, mit dir zu reden, wenn du dich besser fühlst. Und er vertritt die Ansicht, das dies nun eingetroffen ist. Seine Ungeduld plagt ihn.” “Was will er von mir?” “Ich denke, das weißt du auch, ohne das ich es dir mitteile”, bemerkte John mit ernster Miene. Allein sein tiefer Blick genügte, um Elektra die Wahrheit zu offenbaren, woran McKay noch immer dachte.

“Nein, das werde ich auf gar keinen Fall gestatten”, stieß Elektra aus und erhob sich mit einer heftigen Bewegung. “Darüber wird nicht einmal diskutiert, John. Er ist nicht würdig dafür.” “Elektra, McKay ist kein böser Mensch. Er hat ein falsches Verhalten an den Tag gelegt, das dir gezeigt hat, er würde nicht die Ehre besitzen, die du von einem Menschen erwartest, um ihm vertrauen zu können. McKay ist ein wenig seltsam, dass streite ich nicht ab, und seine Arroganz macht es sehr schwer, ihn zu mögen. Aber wenn du ihm eine Chance gibst, verspreche ich dir, dass er dich nicht enttäuschen wird. Ich bürge für ihn”, sprach John energisch.

“Das reicht nicht aus”, blockte sie ab. “Elektra”, seufzte Sheppard schwer und umfaßte ihren Arm, damit sie aufhörte unruhig herum zu laufen und ihm in die Augen sah. “Bei McKay durchzublicken ist nicht leicht. Er verliert sich viel zu oft in seiner eigenen Welt und er kann nicht besonders gut mit Menschen umgehen. Doch er will dem Erbe deines Ordens nichts böses. McKay versucht nur auf seine Art die Geheimnisse dieser Stadt zu lösen. Und glaube mir, wenn Menschenleben in Gefahr sind, ist er einer der Ersten, der sich für ihr Wohl opfern würde.” “Und das soll ich wirklich glauben?” bemerkte die Kriegerin zweifelnd.

“Wenn du nicht auf ihn vertraust, dann vertraue mir. Ich würde niemals jemanden in die Nähe des Tores lassen, bei dem ich mir nicht sicher wäre, das er deine Geschichte respektiert. McKay zeigt es zwar nicht, doch er ist durchaus von den Kamaguris und dir beeindruckt. Gib ihm deine Erlaubnis”, bat John eindringlich. “Ich würde dir diesen Wunsch gerne erfüllen, aber ich kann nicht.” “Warum nicht? Was macht es dir so unmöglich, ihm ein wenig entgegen zu kommen?” “Ich kann ihm nicht vertrauen. Als Tote bat ich dich um Hilfe. Ich erlebte seine Reaktion auf meine Bitte. Er hat sich auf das Erbe der Kamaguris gestürzt, ohne sich Gedanken um unser Schicksal zu machen. Er hat es nicht respektiert.” “McKay hat seinen Fehler eingesehen”, erwiderte John ruhig, um damit auch Elektras aufgeregtes Gemüt etwas zu besänftigen.

“Wir konnten nicht damit rechnen, das wir sozusagen eine Überlebende finden. Für einen Wissenschaftler wie McKay ist es völlig normal, das er die Rätsel einer versunkenen und sehr alten Stadt aufklären wird. Niemand von uns, nicht einmal ich, ist davon ausgegangen, das wir dabei auf eine Bewohnerin stoßen. Wenn er das gewußt hätte, hätte er dich zuvor natürlich einbezogen”, teilte John ihr mit, obwohl er sich da gar nicht so sicher war. McKay konnte unter Umständen äußerst egoistische Züge an den Tag legen, vor allem, wenn dies in Verbindung mit seiner Arbeit und einem sensationellen neuen Fund stand.

“Du bist kein besonders guter Lügner, John.” “Ich belüge dich nicht”, widersprach er. “Doch, dass hast du gerade getan. Ich kann es in deinen Augen lesen. Du bist ein ehrlicher Mensch und so etwas gehört nicht zu deinem Charakter. Es widerstrebt dir, mir eine Lüge zu erzählen. Deshalb gelingt dir das auch nicht. Ich weiß, das du hier nur versuchst, es sowohl McKay, wie auch mir Recht zu machen. Aber das ist nicht deine Angelegenheit. Er mag dein Freund sein, und das respektiere ich, doch dieses Tor liegt allein in meinen Händen und ich alleine entscheide darüber. Und für McKay bleibt meine Antwort nein”, erklärte sie entschlossen und das Funkeln in ihren Augen verriet, das damit die Unterhaltung beendet war. Sie war nicht länger gewillt, darüber zu sprechen, denn ihr Beschluß war gefallen.

“Ich reite sicher nicht mehr darauf herum, doch ich will, dass du mir eine Frage ganz ehrlich beantwortest. Wieso vertraust du ihm nicht?” seufzte John schwer. “Er sieht diese Stadt als wissenschaftlichen Erfolg, als etwas, was ihn an das Ziel seines Genies bringt. Doch ich liebe diese Stadt. Atlantis ist meine Heimat. Denkst du, es gefällt mir, das Menschen von einem fremden Planeten das Kommando übernommen haben? John, ich habe eure Anwesenheit akzeptiert und bitte, nimm‘ das nicht persönlich, aber ihr gehört hier nicht her. Es ist nicht euer zu Hause, sondern meines. Atlantis darf nur unter der Führung der Antiker sein”, führte Elektra aus. Ein dunkler Schatten befiel ihren Blick. Erst jetzt wurde John bewußt, wie sehr sie darunter litt, das Atlantis nicht mehr dem Befehl ihres Volkes folgte.

“Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Wir sind Fremde in deiner Stadt. Als letzte Überlebende und als Kamaguri solltest du das Kommando besitzen. Es fällt dir nicht leicht, uns hier zu dulden und unsere Entscheidungen geschehen zu lassen”, stieß John kopfschüttelnd aus. “Ich weiß, das ich ohne eure Hilfe niemals ins Leben zurück gekehrt wäre. Und ich danke euch dafür. Wenn deine Welt euch nicht her geschickt hätte, hätte ich dich niemals kennen gelernt. Aber das verändert nichts an der Tatsache, das ich plötzlich als Gast in meiner eigenen Stadt behandelt werde.” “Elektra, wir sind die Besucher, aber du bist die letzte Anwohnerin von Atlantis. Wir wissen, das du mit dieser Stadt auf eine Art und Weise verbunden bist, die uns zeigt, das wir uns nur als Gäste betrachten dürfen”, erwiderte Sheppard und streichelte sanft über den Pulsschlag ihres rechten Handgelenks.

“Und warum fühle ich mich hier dann so fremd? Ich habe das Gefühl, als wäre ich nicht mehr willkommen.” “Auf Atlantis wirst du stets willkommen sein. Es ist deine Stadt. Du bist hier aufgewachsen und gestorben. Elektra, zehntausend Jahre liegen zwischen deinem Tod und deiner Erweckung. Diese Stadt ist nicht mehr das, was sie einst war. Die Zeit ist nicht mehr dieselbe. Du bist in einer Zeit zum Leben erwacht, die du nicht kennst. Dein Atlantis existiert nicht mehr. Es starb vor zehntausend Jahren mit euch im Krieg gegen die Wraith. Du hast sie zwar gerettet, doch der Geist von damals ist untergegangen.” “Ich will meine Welt zurück, John”, sprach Elektra verzweifelt. Ihr Schmerz ließ sich nicht unterdrücken. Elektra fügte sich der Qual ihres Herzens und gab sich ihren Tränen hin.

John legte instinktiv seine Arme um sie, umschlang sie so fest er konnte, als könnte sie das von ihrem Leid befreien. Zärtlich streichelte er über ihr Haar und ließ sie einfach nur weinen. Es dauerte seine Zeit bis der Schock des Na-Thils abklang und sich der Betroffene des vollen Ausmaßes des neuen Lebens bewußt wurde. Elektra fing an zu realisieren, das alles, woran sie einst geglaubt hatte, nicht mehr da war. Ihre Welt, ihr Volk und ihre Ideale hatten im Nebel der Vergangenheit den Tod gefunden. Das Einzige, was von früher übrig geblieben war, waren die Mauern von Atlantis und eine Kriegerin, die alleine dem Erbe ihres Ordens ins Gesicht blickte.

“Ich schaffe das nicht ohne Valenko. Er trieb mich immer an, wenn ich meinen Mut verlor. Alles, was mir etwas bedeutete, ist tot. Und meine Feinde lassen die Welten noch immer bluten. Ich habe Angst, John, ich habe so fürchterlich Angst vor dem, was mein Schicksal verlangt. Schon einmal habe ich versagt. Ich konnte weder mein Volk, meinen Orden, noch mich selbst retten. Einst dachte ich, stark genug für diesen Kampf zu sein, doch das bin ich nicht. Ich war nicht würdig eine Kamaguri zu sein”, brachen alle Selbstzweifel Elektras heraus.

“Das ist nicht wahr”, widersprach John, wurde jedoch von ihr unterbrochen, da sie ihm ins Wort fiel. “John, ich habe die Wraith nicht vernichtet, als ich die Gelegenheit dazu hatte. Ich habe mich entschlossen, statt dessen meine Stadt zu retten. Ich habe eine Fehlentscheidung getroffen. Den Tod der Wraith hätte ich herbeiführen sollen. Anstelle dessen habe ich Atlantis vor jeglichen Schaden bewahrt. Beides konnte ich nicht tun. Ich entschied mich für einen Weg, den ich nie hätte gehen sollen. Ich habe alles verraten, was Valenko mich lehrte. Er muß entsetzlich enttäuscht von mir gewesen sein.” Elektras Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. Je länger sie ihre Zeit auf Atlantis verbrachte, desto tiefer badete sie in einem Strudel von negativen Gefühlen, mit denen sie sich nicht belasten durfte. Und in ihren Augen konnte John erkennen, das sie Hass und Verachtung gegen sich selbst richtete.

“Hör auf!” wies er sie scharf zurecht und blickte ihr streng in die Augen. “Du hast nichts getan, wofür du dich schuldig fühlen mußt. Elektra, wir sind alle nur Menschen, auch du, und Menschen machen nun einmal Fehler. Das liegt in unserer Natur. Atlantis wäre nicht mehr hier, wenn du nicht gewesen wärst. Du gabst dein Leben für dein Volk. Und niemand, nicht einmal Valenko, hätte dir dein Handeln vorwerfen können. Auch eine Kamaguri kann Angst verspüren. Das macht aus dir noch lange keine Versagerin.” “Du verstehst es nicht, John.” “Dann weihe mich in deine Gedanken ein”, bat er seufzend, da sich Sheppard wirklich nicht erklären konnte, weshalb sie plötzlich so schlecht von sich dachte.

“Ich hatte vor zwei Tagen eine Erinnerung. Ich habe es geträumt”, räumte Elektra ein. “Was hast du geträumt?” “Bis jetzt ging ich davon aus, das ich damals alles unternommen habe, um mein Volk zu retten. Doch nun muß ich einsehen, das ich davon gelaufen bin. Ich habe es nicht zuende gebracht, obwohl ich die Möglichkeit dazu hatte. Ich stand vor einer schwierigen Entscheidung. Entweder die Wraith vernichten oder Atlantis retten! Beides konnte mir nicht gelingen.” “Erzähl mir von deinem Traum. Nur so kann ich verstehen, was du im Moment empfindest. Ich will dir helfen, Elektra. Das kann jedoch nur, wenn du es zuläßt”, sprach er ruhig auf sie ein. Die Kriegerin betrachtete den Soldaten mit einen langen Blick und erhob schließlich ihre Stimme ...

Die Liebe eines Vaters - und Valenko sah sich als Elektras Vater - hatte schon viele Eltern zu den unglaublichsten Taten angetrieben. Schneller als jeglicher Wind stürmte der Lehrmeister der Kamaguris durch die Überzahl der Wraith, ohne dabei auch nur verletzt zu werden. Er sah nur noch seine Ziehtochter zu Boden gehen, schwer verwundet, und den Feind, der mit seiner Waffe triumphierend über ihr stand. Die beste Kriegerin, die der Orden jemals ausgebildet hatte, durfte nicht auf diese Art sterben. Ihr Tod würde zu früh geschehen. Elektra hatte noch etwas wichtiges zu erledigen, das allein in ihren Händen lag. Niemand konnte ihr dieses Handeln abnehmen.

“Nur ein Mensch”, sprach der Wraith siegessicher und warf achtlos die Waffe zu Boden. Er beugte sich zu der Kamaguri hinab, um von ihrer besonderen Lebensenergie zu kosten. Ein quälendes Stöhnen drang über Elektras Kehle. Unter unsagbaren Schmerzen schlug sie die Augen auf und sah den Himmel von Atlantis über sich. An einen friedlichen Tag konnte man seine Schönheit genießen, doch nun war er überfüllt mit den Schiffen der Wraith. Sie waren dabei, in die Stadt vorzudringen und das Kommando zu übernehmen.

Heftig wehrte sie die Hand des Wraith mit einen Schlag ab, doch sie verfehlte die gewünschte Wirkung. Schwäche rieselte durch ihren Körper, die es ihr unmöglich machte, sich noch länger zu verteidigen. Ein breites Grinsen war auf dem Gesicht ihres Feindes zu erkennen. “Deine außergewöhnliche Energie, Kamaguri, wird mich besonders lange am Leben erhalten”, schmeichelte der Wraith und griff regelrecht nach ihrem Herzen. Bevor seine Hand jedoch ihre Haut berührte, fiel er schlaff neben Elektra zu Boden und blieb einfach tot liegen.

Elektra starrte auf Valenko, der mit der Waffe des Wraith auf den Feind geschossen hatte. In der Hand eines Kamaguri wurde dieses Instrument zu einem tödlichen Werkzeug für jene, die die Waffe erbaut hatten. “Komm schon, Elektra, wir müssen nach unten! Die Wraith haben gewonnen. Sie nehmen die Stadt ein. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit. Der Rat ist bereits durch das Tor gegangen”, sprach Valenko und half der Kriegerin hastig auf die Beine. Sie legte einen Arm um seinen Nacken, um überhaupt aufrecht stehen zu können, und floh an seiner Seite von der Plattform in das Innere der Stadt.

Im Kontrollraum angekommen verschwanden die letzten Überlebenden der Kamaguris durch das Sternentor auf die Erde. Valenko und Elektra waren die Einzigen, die zurück blieben. Auch Valenko würde hindurch gehen, sobald gewährleistet war, das sich Elektra ihrem Schicksal stellte. Er legte ihr eine besondere Waffe auf den Tisch. Es war die geheimnisvolle Sense der Kamaguris, von der man sich viel erzählte. Elektra hatte sie noch mit eigenen Augen gesehen, sondern nur von ihr und ihrer großen Macht gehört. Die Waffe hatte eine lange, zweischneidige Klinge und einen silbergoldenen Schaft.

“Es ist soweit. Der Zeitpunkt der Erfüllung ist gekommen”, sprach Valenko ernst. “Kannst du noch stehen?” “Natürlich. So leicht bringt mich kein Wraith unter die Erde.” “Elektra, wir werden uns vielleicht nie wiedersehen, denn ein solches Schicksal erfordert oft das Leben des Auserwählten. Du sollst wissen, ich liebe dich wie eine Tochter. Und ich war immer stolz auf das, was du erreicht hast. Gemeinsam sind wir gegen die Wraith angetreten, aber dieser Kampf gehört nur dir. Ich kann dich nicht bis zum Schluß begleiten. Du kennst die Worte unseres Protokolls”, führte er aus und schenkte ihr ein letztes väterliches Lächeln.

Elektra erhob sich von ihrem Stuhl und griff nach der Waffe. Als ihre Finger um den Griff glitten, wurde sie in ein helles Licht getaucht. Die Sense der Kamaguri akzeptierte sie als seine Trägerin. In diesen Augenblick erschütterte etwas die gesamte Stadt. Atlantis hielt dem Angriff der Wraith nicht mehr stand. Elektra blickte Valenko in die Augen, während der Boden unter ihr wackelte. Sie sollte nun ihr Schicksal beenden, wo sie schon dachte, es wäre verloren. Aber sie wußte genau, welches Opfer sie dafür bringen mußte. Atlantis würde es nicht überleben. Die Stadt wäre dem Tode geweiht. Und wenn sie versagte, würde sie in den Besitz der ihr so verhaßten Wraith gelangen.

“Ich kann da nicht raus gehen, Valenko. Ich kann Atlantis nicht aufgeben. Die Stadt wird fallen, wenn ich das tue”, sprach sie und legte die Waffe auf den Tisch zurück. Fassungslosigkeit zog sich über Valenkos Gesicht, der nicht glauben konnte, das sie tatsächlich ihr Schicksal verweigerte. “Das steht nicht zur Diskussion. Der Moment ist gekommen, an dem wir die Wraith schlagen können, obwohl es so aussieht, als würden wir verlieren. Elektra, du kannst es jetzt für immer beenden. Der lang ersehnte Frieden würde endlich in unsere Galaxie kommen”, sprach er eindringlich auf sie ein.

“Und was ist mit Atlantis? Sie werden die Stadt zerstören, wenn ich ihnen jetzt die Stirn biete.” “Wir finden eine neue Heimat auf der Erde. Wenn Atlantis untergehen soll, dann stellen wir uns dem nicht in den Weg.” Kopfschüttelnd betrachtete Elektra ihren Lehrmeister. Sie konnte sich nicht mit diesen Beschluß abfinden. Atlantis war ihr ganzes Herzblut. Diese Stadt aufzugeben, erschien ihr unmöglich. “Ich bin bereit, alles zu opfern, aber nicht Atlantis. Diesen Preis kann ich nicht zahlen, Valenko”, erklärte sie ihm energisch.

“Du widersetzt dich? Noch nie hat ein Kamaguri das gewagt. Niemand widersetzt sich dem Befehl seines Lehrmeisters und dem des hohen Rates. Wenn du dein Schicksal verrätst, weißt du, welche Strafe dich erwartet. Unser Gesetz sieht den Tod für diesen Ungehorsam vor.” “Der Tod sitzt uns sowieso schon im Nacken. Ich muß Atlantis retten, Valenko. Ich kann diese Stadt nicht sterben lassen.” “Du mußt dich von Atlantis verabschieden. Elektra, du kannst nichts tun, um es zu verhindern.” “Doch ich kann etwas unternehmen. Ich werde das tun, was uns möglich ist, wir aber noch nie in Erwägung gezogen haben. Ich werde die allerletzte Verteidigung der Stadt aktivieren. Das wird die Wraith vertreiben.” Ihre Stimme klang völlig ruhig und obwohl heftige Schmerzen sich ihres Körpers bemächtigten, war Elektra in der Lage in einen der Räume für die Energieversorgung zu gehen und die drei ZPM’s neu zu programmieren, so dass die Stadt seine Energie auch ohne die so wichtigen Geräte aufrecht erhielt. Dies war nur für ein paar Minuten möglich, da sich die Stützpfeiler der Kamaguri ansonsten überluden, aber mehr Zeit benötigte Elektra auch nicht.

Valenko blieb ihr dicht auf den Fersen und versuchte alles, um sie von ihren Vorhaben abzuhalten. Wenn sie dies durchführte, rettete sie zwar Atlantis, doch verurteilte sie sich selbst zum Tode, weil sie die Möglichkeit ausgeschlagen hatte, ihr Schicksal zu erfüllen. Elektra ließ sich von ihm nicht beeinflussen oder in irgendeiner Art aufhalten. Sie war fest entschlossen Atlantis nicht aufzugeben. Sogar ihren Tod nahm sie dafür in Kauf. Der Hauptrechner nahm die neue Programmierung sofort auf. Elektra entfernte ein ZPM nach dem anderen und trug sie in einen weiteren Raum.

“Elektra, hör sofort auf mit dem, was du da tust”, befahl Valenko lautstark. “Wenn es dir mißfällt, dann gehe einfach. Du wolltest sowieso durch das Tor gehen. Das Stargate ist noch offen. Dies ist deine letzte Möglichkeit, um zu verschwinden, Valenko. Aber stoppen kannst du mich nicht”, sprach sie über die Schulter. In der Mitte des Raumes stand der Energiestuhl der Antiker. In einem Dreieck positionierte sie die ZPM’s um ihn herum und nahm selbst auf den Stuhl Platz. Sie legte ihre Hände auf die Armlehnen und wartete darauf, das die Rückenlehne zurück fuhr.

Valenko wollte sie mit Gewalt daraus entfernen, doch in dem Moment baute sich ein Schutzschild um sie auf, das ihm jeglichen Zugang verwehrte. Er konnte nun nur als Zeuge hilflos daneben stehen und hoffen, das Elektra ihr Vorhaben nicht überlebte. Ansonsten würde er gezwungen sein, das Gesetz der Antiker und das strenge Protokoll des Ordens in die Tat umzusetzen. Sie hatte soeben ihr Schicksal mißachtet und ein solches Vergehen verziehen die Kamaguris und die Antiker niemals, nicht einmal ihrer besten Kriegerin.

Elektra ignorierte ihre Schmerzen und konzentrierte sich völlig auf den Energiestrahl, der die drei ZPM’s miteinander verband, und mit seiner ganzen Kraft den Stuhl traf. Der blaue Strahl fuhr durch ihren Körper und riß die Kriegerin mit. Mit Lichtgeschwindigkeit schoß er in die Decke und durch den Turm. Er traf sein Ziel mit absoluter Perfektion, denn das anführende Hive-Schiff der Wraith explodierte in tausend Einzelteile. Geschockt starrten die Wraith auf diesen überraschenden Angriff. Damit hatte niemand von ihnen mehr gerechnet. Es hatte doch so ausgesehen, als wären die Antiker besiegt. Statt dessen zerstörten sie eines ihrer Schiffe.

Der Energiestrahl verschwand im All und die Wraith - unsicher durch den Angriff - kehrten augenblicklich auf ihre Schiffe zurück. Elektra nutzte diese Chance, um ein letztes Mal den Schutzschild zu aktivieren, den die Wraith zu Beginn dieser Schlacht lahm gelegt hatten. Sie stöhnte schwer auf und kam nur unter größter Anstrengung auf die Beine. “Warum hast du das bloß getan?” seufzte Valenko kopfschüttelnd. “Hör hin! Die Wraith verschwinden! Sie kommandieren ihre Schiffe ab”, erwiderte sie und ein stolzes Lächeln glitt über ihr Gesicht.

“Sie werden wieder kommen und das weißt du. Es ist noch nicht vorbei. Du hattest die Chance, es zu beenden. Statt dessen versucht du die Stadt zu retten.” “Ich weiß, was ich zum Schluß noch tun muß. Denkst du, ich bin mir nicht im Klaren darüber, das sie in wenigen Stunden wieder hier sind? Doch dann wird diese Stadt verschwunden sein. Sie werden Atlantis nie mehr finden.” “Du hast gegen all unsere Gesetzte verstoßen. Eigenmächtig hast du eine Entscheidung für Atlantis getroffen. Das liegt nicht in deinen Pflichten”, wies Valenko sie an und blieb einen Schritt hinter ihr, als Elektra langsam in den Kontrollraum zurück ging.

Aufgrund der vielen Energie, die nötig war, um den Wraith diesen Schlag zu verpassen, hatte sich das Stargate geschlossen. Nun gab es keinen anderen Weg für die beiden Kamaguris, um Atlantis zu verlassen. Valenko beobachtete Elektra dabei, wie sie alle Instrumente abschaltete und im Hauptrechner den letzten Befehl eingab. Sie begann mit dem Vorgang die Stadt im Meer versinken zu lassen. Niemand konnte das jetzt mehr rückgängig machen. Elektra hatte ihre eigene Entscheidung gefällt, was das Beste für Atlantis und für sie war. Sie hatte ihr Schicksal in keinster Weise dabei beachtet. Nun war ihre Seele verdammt, solange auf Atlantis zu warten, bis sie die erneute Chance erhielt, die Wraith zu vernichten. Zuvor würde der Fluch ihrer Bestimmung sie nicht freigeben.

“Es tut mir leid, Elektra”, sprach Valenko leise. “Was tut dir leid?” erwiderte sie und drehte sich zu ihm um. Valenko holte mit der Sense der Kamaguris aus und verpaßte ihr einen tödlichen Schlag, der sie mitten durch das Herz traf. Entsetzt schrie sie vor Schmerzen auf und griff nach seinem Arm. Mit betroffener Miene stand Valenko vor ihr und ließ sie zu Boden sinken. Innerhalb von Sekunden erlitt sie einen immensen Blutverlust. Alles um Elektra herum verschwamm hinter einem dichten Nebel, der immer dunkler wurde. Wie durch einen Schleier sah sie Valenkos Gestalt.

“Ich kann dich nicht am Leben lassen. So sehr ich dich liebe, Elektra, unsere Gesetzte erlauben es nicht”, stieß er kopfschüttelnd aus. Langsam kniete sich Valenko neben seiner Schülerin nieder. “Wie lange deine Seele warten muß, kann ich nicht sagen. Für dich hoffe ich, dass du eine zweite Chance erhältst, ansonsten bist du für immer verflucht. Wer auch immer dich eines Tages findet, um dir zu helfen, wird einen langen Weg mit dir gehen müssen. Verzeih mir, meine Tochter, aber du hast mir keine Wahl gelassen”, seufzte er schwer und strich ihr durch das Haar.

Valenko sah Elektra beim sterben zu. Ihre Atmung verlangsamte sich und das Licht ihres Lebens verschwand in der Dunkelheit des Todes. Eine Kälte, wie sie sich noch nie zuvor gespürt hatte, befiel ihren Körper. Und dann fühlte Elektra, wie sich Atlantis nach unten bewegte. “Ich habe sie gerettet”, flüsterte sie, obwohl ihre Stimme schon nicht mehr als ein Hauchen war. Und als Atlantis im Meer verschwand, starb die beste Kriegerin der Kamaguri für ihr Verbrechen, ihre Stadt erfolgreich verteidigt zu haben.

Der Lehrmeister der Kamaguri trug Elektras toten Körper in einen abgelegenen Raum, der sich auf eine der unteren Etagen befand. Dort legte er sie in einen gläsernen Sarg, der ihre sterbliche Hülle bis zum Tag ihrer Erweckung in ihren jetzigen Aussehen erhalten würde. Durch eine schmale Kammer entließ er den Sarg in den tiefen Ozean. Für einen langen Moment sah er dem Sarg dabei zu, wie dieser mit Elektra verschwand. Valenko deckte alle Geräte der Antiker mit weißen Laken ab, tat die Sense an ihren Aufbewahrungsort zurück und wartete geduldig auf seinen Tod ...

~ 12. ~

“Es war Valenko. Er hat mir den Todesstoß verpaßt. Ich war zwar verwundet, doch ich hätte mich wieder erholt, wenn ich nicht mein Schicksal in der Stunde verleugnet hätte, in dem ich es hätte erfüllen sollen”, sprach Elektra leise. Sie war nicht in der Lage, John anzusehen. Zu sehr schämte sie sich für das, was sie nicht getan hatte. “Dein Lehrmeister hat dich getötet? Wie konnte er dir das antun? Ich dachte, er hat dich wie eine Tochter geliebt”, stieß der Major wütend aus, der nicht glauben konnte, was er soeben erfuhr. Was für ein gefühlloser Mann mußte Valenko gewesen sein, wenn er nicht einmal vor seiner eigenen Ziehtochter Halt gemacht hatte?

“Sei nicht zornig auf ihn. Das hat er nicht verdient. Ich kann ihn verstehen. An seiner Stelle hätte ich dasselbe getan. Ich habe gegen alle Gesetze der Antiker und des Ordens verstoßen. Ich mußte bestraft werden. Es war Valenkos Aufgabe umgehend über mich zu richten.” “Wie kannst du ihn noch verteidigen? Er hat dich kaltblütig umgebracht.” “John, hör mir zu! Valenko ist nicht das, wozu du ihn jetzt verurteilst. Er hat getan, was getan werden mußte. Ich habe unseren Orden verraten, als ich mich weigerte, mein Schicksal zu erfüllen. Ich entschloß mich, meine Stadt zu retten und die Wraith gehen zu lassen. Das durfte er nicht einfach so akzeptieren. Du kennst unsere Regeln nicht. Die Gesetze der Kamaguris dulden keine Fehler und keine eigenmächtigen Entscheidungen, die das Schicksal mit Füßen treten”, sprach Elektra sachlich, die nun wieder die Kontrolle über sich zurück gewonnen hatte.

“Es ist nicht akzeptabel, Elektra. Er hat dir das Leben genommen. Dazu hatte er kein Recht, denn du hast ihm vertraut. Du hast Atlantis vor den Wraith beschützt. Und dafür darfst du keine Schuld empfinden, hast du mich verstanden? Du hast dir nichts vorzuwerfen.” “Ich hätte niemals gedacht, das ich eines Tages meinen Orden verrate.” “Wieso hast du mir das nicht schon früher erzählt? Wolltest du alleine damit klar kommen?” “Ja. Ich wollte es geheim halten, aber die Erinnerung läßt mich nicht mehr los. Ich dachte, ich komme alleine damit zurecht. Aber ich habe mich getäuscht”, gestand Elektra ehrlich.

Unwillkürlich schmiegte sie sich an John, genoß den wunderbaren Duft seiner Männlichkeit, die er ausstrahlte. “Würdest du Valenko noch immer dein Vertrauen schenken, wenn er hier wäre?” hakte er nach. “Bedingungslos. Er hat nichts falsches getan. Ich war Diejenige, die das Verbrechen begann. Ich weiß, das du nicht verstehst, warum ich sein Handeln verteidige, aber das, John, ist ein Teil der Kamaguris. Es sind unsere Gesetze und in Gegensatz zu mir hat Valenko sich daran gehalten.” “Er hat deine Loyalität nicht verdient”, murmelte Sheppard und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. Ein sehnsüchtiger Seufzer entrang sich ihrer Kehle, während sie sich in seine Umarmung fallen ließ.

“Mein Vertrauen gehört nun jemand anderen. Ich vertraue dir auf eine Art und Weise, wie es noch nicht einmal bei Valenko der Fall war, John. Unsere Regeln magst du nicht verstehen, doch ich weiß, mich verstehst du”, sprach sie sanft, als sie den Kopf hob, um ihm in die Augen zu sehen. “Eigentlich ist das Ganze völlig verrückt!” “Was denn?” “Ich genieße hier einen romantischen Augenblick mit einer Frau, die zehntausend Jahre tot war. Und dazu kommt noch, das ich mich nicht einmal auf der Erde befinde.” “Ist das schlimm?” “Ich möchte an keinen Ort mehr sein, wo du nicht auch bist”, offenbarte John ihr mit einem Lächeln, das ihr erzählte, wie intensiv seine Gefühle für sie waren.

Diesmal würde ihn nichts dabei stören können, ihr endlich zu zeigen, wie sehr er sie liebte. Zärtlich umfaßte er ihr Gesicht mit seinen Händen und verschloß ihre Lippen mit den seinen. Es war das atemberaubendste Erlaubnis, an dem er jemals teilgenommen hatte. All die Gefühle, die sich seit ihrem Na-Thil aufgestaut hatten, explodierten in einer einzigen Handlung. John kostete ausgiebig von ihren wundervollen Lippen, bei denen er sich jede freie Sekunde gefragt hatte, wie sie sich wohl anfühlen mochten. Ihr Geschmack übertraf bei weitem seine Vorstellungen.

Elektra fühlte sich weich und sinnlich an. Sie war die Frau, nach der er insgeheim immer gesucht hatte - eine Kriegerin, stark und bereit, bis zum letzten zu kämpfen, aber auch sanft und verletzlich. Ihre Seele war sensibel und ertrug kaum die Qual, die sie erlitten hatte. Doch John wußte, ihr Leid konnte durch ihn gelindert werden. Und sobald Elektra keine gesundheitlichen Beschwerden mehr plagten, würde sie sich in die wilde Amazone verwandeln, die ihre Stadt im Meer verschwinden ließ, um sie vor ihren Feinden zu bewahren. Mit all ihrem Feuer würde sie sich auf die Wraith stürzen. Ihr Gedanke an Rache würde sie stets vorantreiben.

Ich muß achtgeben, das sie sich nicht übernimmt, dachte er in einem Anflug von Sorge und zog sie noch näher an sich heran. Seine Leidenschaft, die er nach dieser einzigartigen Frau verspürte, ließ seinen Verstand beinahe wahnsinnig werden. Er begehrte sie zutiefst und wollte dieses Verlangen um jeden Preis stillen. Sein Herz und seine Seele sehnten sich danach, Elektra zu verführen und sich die ganze Nacht über mit ihr zu beschäftigen. Deshalb gelang es ihm nur schwer, sich von ihr zu lösen. Nur widerwillig gab John ihre Lippen wieder frei.

“Bezahle ich auf diese Weise deine Hilfe ab?” flüsterte Elektra und strich zärtlich über seine Brust. “Das ist eine besondere Form meiner Hilfestellung, ein Bonus, wie nur du ihn erfährst.” “Ich wußte genau, das du der Richtige dafür bist. Und jetzt kann ich das tun, was mir damals nicht möglich war.” “Das wäre?” “Ich kann endlich dein Haar berühren. In jener Nacht, als ich um deine Unterstützung bat, hegte ich diesen Wunsch, aber er blieb mir versagt. Ich hatte nicht genügend Kraft, mich auf diese intensive Art auf deine Ebene zu bringen, um meiner Sehnsucht nachzugeben”, erklärte Elektra näher und ließ ihre Finger durch sein dichtes Haar gleiten. Es fühlte sich genau so seidig weich an, wie sie es sich erhofft hatte.

“Hast du noch solche geheimen Wünsche, die ich dir erfüllen soll?” “Im Augenblick genügt mir, was ich von dir bekomme.” “Elektra, ich werde dir alles geben, was ich besitze.” “Dein Herz reicht mir vollkommen, Major John Sheppard”, sprach sie lächelnd. Elektra mochte den Klang seines Namens. Er schenkte ihr die Sicherheit, die sie in den Momenten ihrer Selbstzweifel dringend benötigte. “Davon erhältst du genug, darauf hast du mein Wort. Das ist jetzt zwar ein absolut unpassender Augenblick, aber könnten wir kurz auf McKay zurück kommen”, warf er gedehnt ein. Elektras warmes Lächeln verschwand innerhalb von Sekunden.

“Du kannst dieses Thema einfach nicht vergessen, oder?” “Es fällt mir schwer, da er mir irgendwie leid tut. Er hat sich soviel Mühe gegeben, dieses Tor zu öffnen, und nun verweigerst du ihm jeglichen Zugang. Elektra, das ist nicht sehr fair. Willst du wirklich bei deiner Entscheidung bleiben?” “Allerdings. Jedoch werde ich über deine Argumente nachdenken. Gib mir etwas Zeit, um Doktor McKay so zu sehen, wie du es tust. Letztendlich liegt es an ihm, unter Beweis zu stellen, das er vertrauenswürdig ist.” “Heißt das, du gibst ihm eine Chance, wenn er sich von seiner guten Seite zeigt?” “So ungefähr. Das bedeutet aber noch lange nicht, das ich ihn einen Blick in die Räume der Kamaguris werfen lasse, klar?” “Ich habe verstanden”, erwiderte John und beugte sich erneut hinab, um sie zu küssen.

“Major Sheppard?” meldete sich von draußen die altbekannte Stimme von Lieutenant Aiden Ford. Ein schwerer Seufzer entrang sich seiner Kehle. “Hier hat man nicht einmal für fünf Minuten seine Ruhe, wenn man etwas besonderes plant”, stieß er genervt aus. “Du bist kommandierender Offizier, John. Deine Pflichten ruhen niemals.” “Geht es dir jetzt wieder gut? Muß ich mir keine weiteren Sorgen machen, das du einen Nervenzusammenbruch erleidest?” hakte Sheppard ernst nach. “Ja, es ist alles in Ordnung. Dieser Ausbruch mußte wohl sein”, sprach Elektra zuversichtlich und hauchte ihm noch einen Kuss auf die Lippen, bevor er sich der Tür zuwandte und nach draußen trat.

“Was ist los, Ford?” “Major, Elektra und Sie sollen bitte im Konferenzraum erscheinen. Es geht um den Bericht von Doktor McKay. Er ist mit seiner Analyse fertig.” “Wir sind schon unterwegs”, erklärte John und warf einen Blick über die Schulter. Diese Ausführungen über die Geschehnisse von einst waren nun nicht mehr nötig. Bis auf das Detail, wie Valenko den Tod gefunden hatte, hatte sich Elektra an ihr eigenes Sterben erinnert. Nun waren die Fragen geklärt, wie sie die Stadt im Meer verschwinden ließ. Elektra erwiderte seinen Blick voller Ernst. Sie wußte, das sich diese Erinnerung nun erneut wiederholen würde. Sie entkam dem eisernen Griff ihrer Vergangenheit einfach nicht.

“Normalerweise kann ich meine kostbare Zeit mit etwas anderem verbringen, als mit einem solchen Bericht, aber ...”, begann McKay, wurde jedoch von Sheppard unterbrochen. “Das ist nicht mehr nötig. Elektra hat sich an ihren Tod erinnert. Ich weiß inzwischen, was damals passiert ist.” “Dann war ja meine ganze Arbeit umsonst”, stieß McKay beleidigt aus. “Nicht unbedingt. Die Anderen wollen sicher auch erfahren, was an Elektras letzten Tag vor zehntausend Jahren geschehen ist. Jedoch will ich es ihr ersparen, das sie es noch einmal erzählen muß”, führte John aus.

“Das ist durchaus verständlich. Aber halten wir fest, das es Elektra war, die die Stadt im Meer versenkt hat”, mischte sich Doktor Weir in das Gespräch ein. “Ja, sie hat sich dazu entschieden, die Stadt zu retten, anstatt ihrem Schicksal zu folgen und die Wraith zu vernichten. Und bevor Sie jetzt aufschreien, Rodney, auch Sie sind nicht unfehlbar. Ohne diese Entscheidung hätten wir kein Atlantis mehr. Wir hätten niemals an dem Geschenk dieser sagenhaften Stadt teilnehmen können.” “Richtig! Dafür bin ich Ihnen sehr wohl zu Dank verpflichtet, Elektra”, bemerkte McKay trocken. Allein dieses Zugeständnis kam ihm schwer über die Lippen. Er sah durchaus ein, dass es ohne Elektras tapfere Handlung keine gut erhaltene Stadt gegeben hätte.

“Was mich mehr interessiert, McKay, haben Sie etwas über Valenkos Tod heraus gefunden?” hakte John nach, bevor der Wissenschaftler seinen Dank bereute und seine Worte augenblicklich zurücknahm. “Ja, ich habe tatsächlich eine Information ausgegraben. Nachdem er Elektra in den eisigen Sarg gelegt hat, hat er darauf gewartet, das die Wraith ihre Suche nach der Stadt aufgeben. Die sind wohl nicht auf die Idee gekommen im Meer danach zu suchen.” “Es liegt daran, das Atlantis nicht mehr auf ihrem Radar aufgetaucht ist. Ein sinnloses Unterfangen, danach zu suchen, wenn das eigene Ortungssystem nicht einmal eine kleine Energiewelle anzeigt”, warf Elektra knapp ein.

“Eine Strategie, die erstaunlich gut funktioniert hat”, gab er zurück. “McKay”, rief John gedehnt, um seinen Gegenüber darauf aufmerksam zu machen, das er noch immer eine Frage zu beantworten hatte, da er schon wieder vom eigentlichen Thema abgeschweift war, was bei einem Rodney McKay keine Seltenheit darstellte. “Valenkos Verhalten ist mir äußerst unbegreiflich.” “Mir auch”, murmelte Sheppard und warf Elektra dabei einen vielsagenden Blick zu, der ihr erzählte, wie diese Anspielung gemeint war. “Er verließ die sinkende Stadt.” “Was?” “Der Lehrmeister der Kamaguris hat Atlantis verlassen, als sie im Meer verschwand und flüchtete auf das Festland.” “Was ist dort mit ihm geschehen?” erkundigte sich Elizabeth sachlich.

“Er hat sich umgebracht”, führte Rodney aus. Entsetzen breitete sich in Elektras Gesicht aus. Valenko hatte tatsächlich Selbstmord begangen, nachdem er sie getötet hatte? “Er hat über sich selbst gerichtet?” stieß sie leise aus. “So kann man es auch nennen. Jedenfalls ist das alles, was ich über sein Ableben in Erfahrung bringen konnte.” “Es tut mir leid, Elektra”, sprach Doktor Weir aufrichtig. “Es ist okay. Im Grunde habe ich genau das erwartet, nachdem, was er getan hat. Entschuldigt mich bitte”, gab Elektra zurück. Sie erhob sich und verließ den Konferenzraum.

“Was hat das zu bedeuten?” fragte Teyla verwirrt. “Valenko hat sie getötet”, sprach McKay, bevor John dazu kam, dieses Geständnis zu machen. “Er hat seine eigene Schülerin getötet?” “Ja, Ford, und trotzdem hält sie loyal zu ihm. Sie rechtfertigt seine Tat sogar noch.” “Wann hat sie Ihnen davon erzählt, Major?” “Vor dieser Besprechung. Eigentlich wollte ich mit ihr über McKay und die Möglichkeit sprechen, das er sich das Kamaguri-Tor ansehen darf.” “Und?” hakte der Wissenschaftler mißmutig nach. “Ihre vorläufige Entscheidung bleibt bestehen, jedoch läßt sie Ihnen die Option offen, sich von Ihrer guten Seite zu zeigen, um sie umzustimmen”, erklärte John, wobei er schon fast aus der Tür war, um Elektra zu folgen.

“Ist das alles?” “Im Augenblick kann ich nicht mehr für Sie tun, McKay.” Und mit diesen Worten hatte der Major den Konferenzraum auch schon verlassen. “Er hat sich in einen Frauenheld verwandelt”, bemerkte Rodney zynisch. “Nein, er ist verliebt. Das ist etwas anderes”, warf Teyla lächelnd ein. “Wann ist das denn passiert? Irgendwie bekomme ich überhaupt nichts mehr mit. Und wieso sagt mir das niemand?” “Weil es Sie nichts angeht, Rodney. Sie sind ja bloß an Ihrem Tor interessiert”, zog Elizabeth ihn auf.

“Natürlich bin ich das, doch hätte mich etwas mit meinen abfälligen Gerede zurück gehalten, wenn mir das jemand mitgeteilt hätte. Es wundert mich aber auch nicht. Major Sheppard hat ja von Anfang an einen sehr intensiven Beschützerinstinkt für die Frau entwickelt. Da war das vorhersehbar.” “Für eine Kamaguri gibt es wohl nichts schrecklicheres, als von ihrem eigenen Lehrmeister getötet zu werden. Wie kann Elektra nur all das verkraften?” sprach Teyla und schüttelte dabei leicht den Kopf. “John kümmert sich schon um sie. Diese Frau ist stark und ich will sie nicht als Feind haben, wenn sie erst einmal zu ihrem alten Leben zurück gefunden hat. Haben Sie erfahren, was mit dem ZPM von Atlantis passiert ist?” “Keine Ahnung. Das ist spurlos verschwunden. Hoffen wir, das Elektra den Wraith wirklich Einhalt gebieten kann. Ansonsten haben wir nach wie vor ein nicht zu lösendes Problem”, bemerkte Rodney und ging zu seinem Arbeitsplatz zurück. Seine Projekte erledigten sich schließlich nicht von selbst.

Mit einem leisen Geräusch öffnete sich die Tür. Elektra mußte nicht einmal den Kopf heben, um zu wissen, wer ihr Quartier soeben betreten hatte. Obwohl sie es erwartet hatte, machte ihr Valenkos Selbstmord doch mehr zu schaffen. Er war ihretwegen in den Tod gegangen. Weil sie ihr Schicksal verweigert hatte, hatte er sich vor Scham getötet, da er in den Augen der Kamaguris als ihr Lehrmeister versagt hatte. Sie lag auf ihrem Bett und gab sich der tiefen Trauer in ihrem Herzen hin. “Ich würde jetzt gerne etwas sagen, um dich zu trösten, aber in Bezug auf Valenko kann ich das nicht. Er hat dich getötet, ohne mit der Wimper zu zucken. Und das kann ich ihm nicht verzeihen.” “Ist dir klar, das wir uns nie begegnet wären, wenn ich nicht gestorben wäre?” sprach sie kaum hörbar und drehte sich leicht auf die Seite.

“Dessen bin ich mir bewußt, Elektra. Trotzdem hätte er das niemals tun dürfen. Auch wenn du es nicht hören willst, so hat Valenko dich verraten.” “Du hast Recht. Das will ich nicht hören.” Sanft berührte John sie an der Wange. “Soll ich heute Nacht bei dir bleiben?” “Ich kann heute nicht alleine sein”, erwiderte sie bloß. Es war das Einverständnis, auf das Sheppard nur gewartet hatte. Er zog seine Schuhe aus und ließ sie auf den Boden fallen. Danach legte er sich zu Elektra ins Bett. Kaum das er dies getan hatte, schmiegte sie sich haltsuchend in seine Arme.

Zart streichelte John über ihren Rücken. Seine Geste sollte sie ein klein wenig beruhigen von den schlimmen Dingen, die sie in den letzten Stunden über sich und Valenko erfahren hatte. Die Wahrheit war nicht leicht zu verarbeiten und sie mußte sich jenen Entscheidungen stellen, die ihr das Leben gekostet hatten. Und auch, wenn sie vorgab Valenkos Tat zu verstehen, so traf es sie dennoch tief in ihrer Seele. Sie war durch die Hand des Mannes gestorben, dem sie ihr ganzes Vertrauen geschenkt hatte. Er hatte sie in Stich gelassen und in einem Moment über sie geurteilt, als er eigentlich stolz auf sie hätte sein sollen. Mit ihrem Mut hatte sie Atlantis gerettet. Valenko hatte dies aber zutiefst verachtet und hatte dafür seine beste Kriegerin bestraft.

“John?” murmelte Elektra schläfrig. “Ja?” “Ich liebe dich.” “Ich weiß.” “Wie kannst du das nur vor meinen Worten gewußt haben?” “Weil ich deinen Blick bemerkt habe, mit dem du mich nach dem Na-Thil angesehen hast. In diesen Moment wußte ich, das du zu mir gehörst.” “Ich habe das Gefühl, schon immer zu dir gehört zu haben. Mein Tod hatte also letztendlich auch etwas Gutes.” “Sag mir, Elektra, wie ist es zu sterben?” “Du brauchst dich davor nicht fürchten. Ich werde dich beschützen, John, solange es mir möglich ist”, sprach sie leise. In der nächsten Minute war Elektra an seiner Schulter eingeschlafen. Lächelnd sah Sheppard auf sie hinab und küßte sie zärtlich. Diese Nacht würde ruhig für Elektra vergehen. Er würde sie vor ihren Alpträumen beschützen.

~ 13. ~

Ein sanftes Streicheln an seinem Gesicht holte Major Sheppard aus seinem tiefen Schlaf. Die Erschöpfung, die sich seines Körpers bemächtigte, war das Resultat der vergangenen Nächte, in denen er ruhelos über Elektra gewacht hatte. Ein zufriedenes Seufzen entlockte sich seiner Kehle. Die weibliche Hand, die ihn berührte, glitt langsam über seine Brust. Nur zu bereitwillig genoß er die weichen Lippen, die seinen Hals liebkosten. “Solltest du nicht schlafen?” murmelte John, ohne Elektra dabei anzusehen.

“Stört dich etwa, was ich tue, John?” erwiderte sie, wobei sie ihr Vorhaben jedoch nicht unterbrach. “In keinster Weise. Wie lange bist du schon wach?” “Ein paar Minuten.” “Die Art, wie du mich weckst, gefällt mir. Das könnte meinetwegen gerne zur Regel werden.” “Eine andere Antwort habe ich von dir auch nicht erwartet”, lachte Elektra leise. John stimmte in ihr Lachen ein und umschlang sie mit seinen Armen. “Fühlst du dich gut? Keinerlei gesundheitliche Beschwerden?” hakte er nach. “Im Augenblick könnte ich mich nicht besser fühlen. Du brauchst dir keine Sorgen machen. Ich habe meine Genesung durchaus im Griff”, erwiderte Elektra zuversichtlich und ließ ihre Finger durch sein Haar gleiten.

“Das ist genau das, was ich hören wollte”, flüsterte John mit einem charmanten Lächeln und preßte leidenschaftlich seine Lippen auf die ihren. Einer innigen Umarmung folgend sanken sie in die Kissen zurück. Sehnsüchtig gab sich Elektra seinen verführerischen Küssen hin. Zärtlich strich er mit seiner Zunge über ihre Unterlippe. Geschickt lockte John sie damit, ihren Mund zu öffnen, um den Kuss zu vertiefen. Endlich erfüllte sich sein sehnlichster Wunsch. Er spürte ihren Körper an seinem und wußte, er durfte nun jedes noch so kleine Detail ihrer Weiblichkeit erkunden. Elektra würde ihm alles bieten, was sie zu geben hatte. Und er würde es mit Freuden annehmen.

Elektra rollte sich zur Seite, so dass sie über John zu liegen kam. Leicht richtete sie sich auf, wobei sie auf seinen Oberschenkeln saß. “So habe ich mir das eigentlich nicht vorgestellt. Ich wollte dich verwöhnen”, stöhnte John auf. “Dazu wirst du noch genügend Gelegenheiten erhalten, das kann ich dir versprechen. Hast du von mir noch immer nicht gelernt, das die Kamaguris in allen Bereichen die Stärkeren sein müssen?” “Ich ahnte nicht, das dies auch für das Bett gilt.” “Dann weißt du es jetzt”, neckte Elektra ihren Liebhaber und beugte sich zu ihm hinab, um erneut von der wunderbaren Frucht zu kosten, die sein Mund darstellte.

Ihre Hände wanderten langsam unter sein Shirt. Als sie an der Stelle über seinem Herzen hielt, stellte sie fest, wie heftig dieses schlug. Seine starke Reaktion auf sie, offenbarte Elektra, wie leidenschaftlich John sie wirklich begehrte. Die Kriegerin machte sich daran zu schaffen, den Soldaten das Shirt auszuziehen. Bereitwillig hob John die Arme und ließ sich von dem Kleidungsstück befreien, das achtlos am Boden landete. Wenn Elektra ihn unbedingt mit Zärtlichkeiten verwöhnen wollte, würde er sie nicht daran hindern.

John legte den Kopf in den Nacken und schloß genießerisch die Augen, während er ihre Lippen sanft auf seiner Brust spürte. Immer wieder kehrte Elektra zu seinem Mund zurück, um ihn mit einem feurigen Kuss zu verschließen. Die Art und Weise, wie sie ihn küßte, raubte John beinahe den Verstand. Er hatte sein Begehren nach ihr kaum unter Kontrolle. Nur unter größter Anstrengung gelang es ihm, sich zu zügeln, und Elektra tun zu lassen, wonach ihr der Sinn stand.

Kühn glitten ihre Finger tiefer, bis sie bei seinem Hosenbund angekommen war. Leicht richtete sich John auf und begegnete ihren funkelnden Augen. In der nächsten Sekunde öffnete sie bereits seinen Gürtel. “Ich bin mir nicht sicher, ob du das wirklich tun solltest”, warnte er Elektra eindringlich. “Warum nicht?” “Weil ich mich kaum noch zurück halten kann.” “Ich mag ehrliche Männer, vor allem, wenn sie zu Wachs in meinen Händen werden”, zog sie ihn lächelnd auf. “Für den Rest deines Lebens werde ich der einzige Mann sein, bei dem du dieses Vergnügen erleben wirst”, erklärte John, als er sich erneut in ihre Führung begab und Elektra ihn von der Hose und den Socken befreite.

“Mir gefällt sehr, was ich sehe”, sprach sie herausfordernd, als er nur mit seiner Boxershorts bekleidet vor ihr lag. “Und du hast definitiv viel zuviel an. Daran müssen wir dringend etwas ändern”, erwiderte John ungeduldig und rollte sich mit einer schnellen Bewegung herum, womit er Elektra unter seinem Körper begrub. Spielerisch räkelte sie sich, um ihm seine Selbstbeherrschung ein wenig schwerer zu machen. “Das ist nicht fair, Elektra”, seufzte John frustriert. “Ich weiß. Damit mußt du dich abfinden, wenn du dich mit einer Kamaguri einläßt”, lachte sie vergnügt.

Ihre reizvolle Bewegung sorgte jedoch nur dafür, das Johns Leidenschaft in einen wilden Kuss regelrecht explodierte. In diesen Augenblick wußte Elektra, das sie das Spiel verloren hatte. John wollte um jeden Preis den Sieg davontragen. Deshalb beschloß sie, sich einfach von seiner Oberhand führen zu lassen. Hilflos seufzte Elektra auf, als John begann, verführerisch mit ihrer Zunge zu spielen. Gleichzeitig glitten seine Hände über ihren schlanken Körper.

Langsam entfernte er ein Kleidungsstück nach dem anderen, während Elektra über seine starken Schultern streichelte, da John tiefer glitt und ihre Brüste mit seinen Lippen liebkoste. Er genoß die wilde Reaktion seiner besonderen Freundin, die sich begehrlich unter ihm wand. Elektras sehnsüchtiges Stöhnen hallte an den Wänden des Schlafzimmers wider, als John ihren empfindlichsten Punkt streichelte. Hemmungslos verlangte sie nach seinen sinnlichen Lippen, da sie einfach nicht genug von ihm bekommen konnte.

Elektra hatte das Gefühl, in Flammen zu stehen. Ihr Körper brannte lichterloh und nur John vermochte dieses Feuer mit dem seinen zu löschen. Sie konnte es gar nicht mehr abwarten, von ihm ausgefüllt zu werden. Noch nie war sie einem so tollen Kerl wie John Sheppard begegnet. Ihr Schicksal hatte ihr den Soldaten als rettenden Engel geschickt. Ihm allein hatte sie ihr neues Leben zu verdanken, denn es war John gewesen, der es ihr geschenkt hatte. Und sobald er in ihrer Nähe war, fiel jeglicher Ballast von ihrem schuldvollen Herzen. Bei ihm fühlte sich Elektra frei.

Und nun lag sie engumschlungen mit dem Mann ihrer Träume im Bett und ließ sich von seinen Intimitäten bis zum dunkelsten Winkel ihrer Seele verwöhnen. Elektra spürte seine harte Männlichkeit an ihren Schenkeln. Das Einzige, das ihrer Vereinigung noch im Weg lag, war der Stoff seiner Boxershorts. Entschlossen griff sie nach dem Bund, um ihm zu signalisieren, das sie es einfach nicht länger ertrug, von ihm getrennt zu sein. Für einen kurzen Moment richtete sich John auf, um sich seiner Shorts zu entledigen. Genau so sehr wie Elektra wünschte er sich, das es niemals enden würde, das diese Nacht ewig anhielt, damit sie sich ineinander verlieren konnten.

Elektra schlang ihre Beine um Johns Hüften, als er mit einem Stoß in sie eindrang. Sie legte die Arme um seinen Nacken und ergab sich den bunten Farben, die sie regelrecht schwindelig werden ließen. Sie kam seinem wilden Rhythmus entgegen und seufzte schwer auf, da sie ihn tief in sich spürte. Mit John erlebte sie das atemberaubendste Geschenk, das auf dieser Welt möglich war. Durch ihn verschwand all ihr Kummer und all ihre Sorgen der Vergangenheit. John Sheppard offenbarte der Kamaguri die süßesten Stunden ihres Daseins und machte aus der Kriegerin eine leidenschaftliche Frau, die sich ihrer Erotik bewußt war und ihn daran teilhaben ließ.

Am frühen Morgen, als Atlantis in die ersten Sonnenstrahlen eintauchte, begann bereits der Alltag der Stadt. Durch die Geräusche, die leise durch die Tür drangen und verkündeten, das schon einige Mitglieder der Expedition ihre Arbeit aufnahmen, wachte Elektra auf. Ihre Hand glitt automatisch zu dem Mann, der schlafend neben ihr lag. Ein warmes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, während sie sanft über Johns nackte Schulter streichelte. Der Soldat seufzte nur zufrieden auf und drehte sich zur Seite.

Elektra hauchte ihm einen zärtlichen Kuss auf die Lippen und stieg aus dem Bett. Lautlos zog sie sich an und verließ das Quartier. Sie ließ John schlafen. Die Erschöpfung, die ihn befiel, war ihm deutlich anzusehen. Sie war nicht nur aus der Nacht entstanden, die sie miteinander verbracht hatten, sondern auch aus den Vorangegangenen, in denen er neben ihr gesessen und über sie gewacht hatte. Er mußte dringend seine Kräfte neu aufladen und sich von der Anstrengung der letzten Tage erholen. Die Situation war auch für Major Sheppard nicht ganz einfach. Um so mehr bewunderte sie ihn dafür, das er sie so bedingungslos unterstützte.

“Guten Morgen, Elektra”, sprach Lieutenant Ford hinter ihr, als sie sich auf den Weg zu ihrem Erbe der Kamaguris begab. “Guten Morgen, Aiden!” “Wo ist Major Sheppard?” “Er schläft noch. Und ich würde Sie bitten, ihn solange schlafen zu lassen, wie es möglich ist”, erklärte sie mit leuchtenden Augen, die deutlich verrieten, welch intimes Ereignis zwischen ihnen vorgefallen war. “Ich verstehe”, sprach er gedehnt und konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis sich die Beiden ihren Gefühlen hingaben.

“Sind Sie auf den Weg zu Doktor Beckett?” “Nein, ich muß etwas dringendes erledigen, was sich nicht länger aufschieben läßt. Sagen Sie Doktor Beckett, das ich im Verlauf des Tages bei ihm vorbeischaue.” “Das werde ich”, versprach Ford und verschwand über den Korridor, von dem Elektra gekommen war. Sie erinnerte sich, wo genau die Sense der Kamaguris aufbewahrt wurde. Und ihr Instinkt trieb sie an, sich der Waffe zu stellen, mit der sie einst getötet worden war. Außerdem mußte Elektra sehen, ob sie noch vollkommen intakt war, um sie für die endgültige Vernichtung der Wraith benutzen zu können.

McKay beobachtete Elektra dabei, wie sie das Tor zur Kammer ihres Ordens öffnete. Er stand ungefähr zwei Meter von ihr entfernt und ein tiefer Seufzer entrang sich seiner Kehle. Auch diesmal würde er sie nicht begleiten dürfen. Dabei brachte es ihn fast um den Verstand, die geheimen Räume der Kamaguris nicht erforschen zu können. Er befand sich im Augenblick in einer Situation, wo er sogar bereit war, einen Pakt mit dem Teufel einzugehen, um zu sehen, was Major Sheppard hatte erblicken dürfen. Doch ihm wurde es nach wie vor verwehrt. Elektra gestattete seine Anwesenheit hinter diesem Tor einfach nicht.

Als das Tor zu zwei Richtungen auseinander schwang, blieb Elektra einen langen Moment ruhig davor stehen, ohne hinein zu gehen. Sie spürte Doktor McKays sehnsüchtigen Blick in ihrem Rücken. John hatte ihr geschworen, das sie dem Wissenschaftler ihr Vertrauen schenken konnte. Ihr Liebhaber war energisch dafür eingetreten, das Rodney McKay keine bösartige Handlung mit dem Erbe des Ordens vorhatte. Elektra vertraute John zutiefst. Wie konnte sie da an seinen aufrichtigen Worten zweifeln? Sollte er nicht Grund genug für sie sein, McKay nicht länger feindselig zu begegnen? Statt dessen sollte sie ihm die Hand reichen und ihm offenbaren, was sie vor seinen Augen verbarg. Von der ersten Sekunde an hatte sie erkannt, das John eine gute Menschenkenntnis besaß, und diese Ehrlichkeit sollte genügen, um sich auf sein Urteil zu verlassen. Er würde niemals etwas tun, um sie zu enttäuschen

“Doktor McKay?” erhob Elektra schließlich die Stimme. “Ja?” “Kommen Sie mit”, sprach sie bloß, als sie durch das Tor trat, ohne sich zu ihm umzudrehen. Fassungslosigkeit breitete sich in seinem Gesicht aus, da er mit diesen Angebot in keinster Weise gerechnet hatte. Ihre Worte waren die größte Überraschung, die er seit langem erlebt hatte. Er durfte die Räume, die sie vor ihm geheim gehalten hatte, erkunden, um in Erfahrung zu bringen, wie die Kamaguris gelebt hatten. Was sie plötzlich zu diesen Entschluß bewegte, konnte er beim besten Willen nicht sagen, aber Rodney wußte genau, das er dies Major Sheppard zu verdanken hatte. Ohne Johns gutem Zureden hätte Elektra ihre Meinung wohl nicht geändert und er würde ewig vor dem Tor darauf warten, das er einen Blick hinein werfen durfte.

~ 14. ~

“Diese Räume sind unglaublich”, entkam es Rodney fasziniert, der sofort begann, sich Notizen über das zu machen, was seine Augen erblickten. Links von ihm führte ein Weg in den Versorgungsraum der Kamaguris und an seiner rechten Seite erschien eine geschwungene, breite Treppe, die auf der oberen Etage des Ordens endete. “Was für einen Zweck hatten diese Räume?” hakte er neugierig nach, während Elektras Blick auf der weitflächigen Halle ruhte. “Das waren unsere Schlafquartiere. Jeder Kamaguri hatte dort oben einen eigenen kleinen Wohnbereich. Die Quartiere von Valenko, unserem Anführer, und die der anderen Lehrmeister befanden sich hier unten”, erklärte Elektra und deutete auf einen langen Korridor, der dem Eingang gegenüber lag.

“Andere Lehrmeister? Ich dachte, Valenko war der Einzige”, bemerkte McKay verblüfft. “In den glorreichsten Zeiten des Ordens standen an die achtzig Krieger in den Diensten der Kamaguri. Ein einziger Lehrmeister hätte nicht alle trainieren und fordern können. Valenko war Derjenige, der voraus ging, und wir folgten ihm ohne ein Zögern.” “Wohin führt dieser Weg?” erkundigte sich Rodney, als er unterhalb der Quartiere einen Rundbogen entdeckte, dessen Tür verschlossen war. “Das war unsere erste Waffenkammer, wo sich alles befand, was für die alltägliche Verteidigung nötig war.” “Gibt es noch eine zweite solche Kammer?” Elektra hob den Kopf und bejahte diese Frage mit einem leichten Nicken.

“Unsere Hauptkammer für die Waffen befindet sich im selben Korridor, wo auch die Lehrmeister sich regelmäßig in ihre verdiente Ruhe begeben hatten. Rechts und links sind die Wohnbereiche gewesen, am Ende des Ganges erhob sich die Waffenkammer. Dort haben wir alles gelagert, was wir in der Kleineren nicht untergebracht haben. Einerseits, weil wir keinen Platz mehr hatten und andererseits, weil wir diese Waffen nur für die entscheidende Schlacht gegen die Wraith benötigten”, führte die Kriegerin sachlich aus.

McKay folgte ihren funkelnden Augen, mit denen sie sich auf das Symbol konzentrierte, das in den Boden eingelassen war und die Mitte der Halle ausfüllte. “Was hat es zu bedeuten?” “Dahinter verbirgt sich der Schlüssel zu meinen Schicksal. Das Zeichen an sich symbolisiert die Stärke, den Mut und den Stolz der Kamaguris. Alles in einem vereint erwacht daraus der perfekte Krieger, der bereit ist, sein Leben zu opfern, um seine Pflicht zu erfüllen. Mir ist das nicht gelungen. Ich habe den Eid meines Ordens verraten, weil ich unbedingt meine Stadt retten wollte, anstatt meinem auserwählten Schicksal nachzukommen”, seufzte sie schwer.

“Atlantis wäre nicht mehr da ohne Ihr Eingreifen, Elektra”, sprach Rodney knapp, der das Bedürfnis hatte, der Kriegerin klar zu machen, welche heldenhafte Tat sie vollbracht hatte. “Aber um welchen Preis?” erwiderte sie leise, wobei ein schwerer Klang in ihrer Stimme auftauchte. Elektra ging langsam auf das Symbol zu. McKay hielt sich im Hintergrund, da er die Ahnung verspürte, das Elektra diesen wichtigen Augenblick für sich alleine brauchte, um ihrer gequälten Seele Frieden zu schenken.

Mit starrer Miene blieb sie direkt vor dem Zeichen stehen und betrachtete es eingehend. Für mehrere Minuten war Elektra nicht in der Lage sich zu bewegen. Hinter diesem Symbol wartete die Sense ihres Ordens auf sie, jene Waffe, die sie einst tödlich an ihrem Körper gespürt hatte. Seit sie sich an Valenkos Tat zurück erinnerte, fühlte sie wieder die scharfe Klinge, die sich in ihr Fleisch gebohrt hatte. Dieses seltsame Gefühl wurde Elektra einfach nicht mehr los. Sie blieb die Geisel ihrer eigenen Vergangenheit, da eine Flucht in keinster Weise möglich war.

Elektra kniete sich nieder und drehte die vier Kreise, die sich auf dem Symbol befanden, jeweils in eine entgegengesetzte Richtung, um den Öffnungsmechanismus der Aufbewahrungsstätte für die Sense zu aktivieren. Neugierig kam McKay näher, da dies eine Technologie der Antiker war, die er noch nicht kennen gelernt hatte. Eigentlich wollte er etwas sagen, entschied sich dann jedoch dagegen, da er erkannte, das die Kriegerin der Kamaguris das Schweigen vorzog. Und in der Stille ihrer Nachdenklichkeit wollte Rodney nicht als Störfaktor gelten und dadurch unter Umständen Elektras Erlaubnis verlieren, sich in den heiligen Räumen ihres Ordens aufhalten zu dürfen.

Langsam erhob sich das Symbol und darunter kam eine Glaswand zum Vorschein, die unterhalb des runden Zeichens befestigt war. In den kleinen Raum, der durch die runde Glasfläche entstand, war die schönste altertümliche Waffe aufbewahrt, die McKay jemals gesehen hatte. Das war also die berühmte Sense der Kamaguris, von der er in den Aufzeichnungen der Antiker bereits gelesen hatte. Hierbei handelte es sich tatsächlich um die scharfe Klinge, aus der der Orden ein so großes Geheimnis gemacht hatte. Nun bekam er sie überraschend zu Gesicht. Ihm war durchaus klar, an was für eine Ehre er gerade teilnahm.

Mit einem leisen Geräusch blieb der Behälter stehen. Automatisch öffnete sich eine längliche kleine Tür, die die einzige Möglichkeit darstellte, nach der Waffe zu greifen. Vorsichtig berührte Elektra die scharfe Klinge, an der noch immer Blut klebte. Es war ihr Blut, das die Waffe zierte. Valenko hatte es also nicht entfernt, bevor er die Stadt verlassen hatte. “Ist das etwa ...?” stieß Rodney verblüfft aus. “Ja, es ist mein Blut”, fiel Elektra ihm ins Wort. Sie konnte nicht mehr richtig atmen, als die Bedeutung dieser Aussage in ihr Bewußtsein drang. Vor sich sah sie jene Waffe, mit der man zum entscheidenden Schlag gegen sie ausgeholt hatte. Und es war kein Wraith gewesen, der ihr den Tod beschert hatte, sondern ihr geliebter Lehrmeister, dem sie blind vertraut hatte.

“Haben Sie Elektra gesehen, Teyla?” sprach John, als er im Kontrollraum erschien. Als er aufgewacht war, hatte er enttäuscht festgestellt, das er sich alleine im Bett befand. Elektra war nicht da gewesen. Augenblicklich hatte Sorge um sie ihn befallen und deshalb war er nun auf der Suche nach der Frau, die ihm so unendlich viel bedeutete. “Sie hält sich seit einer halben Stunde in den Räumen der Kamaguris auf - und Doktor McKay ist bei ihr”, verkündete Teyla mit einem vielsagenden Lächeln. Ein leiser Seufzer entrang sich Johns Kehle. In den Augen seines einzig weiblichen Teammitglieds konnte er lesen, das sie von der neuen Verbundenheit zwischen Elektra und ihm erfahren hatte.

Irgendwie kam es ihm so vor, als würde bereits ganz Atlantis wissen, das er mit der Kriegerin geschlafen hatte. War ihm sein Glück etwa so deutlich anzusehen? Sprachen seine Augen unbewußt von dem wunderbaren Ereignis, das er mit Elektra geteilt hatte? “McKay ist bei ihr?” stieß John verblüfft aus. “Ja. Was auch immer Sie ihr erzählt haben, Major, es hat anscheinend gewirkt. Sie hat ihn gebeten mit ihm zu kommen. Und diese Chance läßt sich ein Doktor McKay natürlich nicht entgehen.” “Elektra verläßt sich auf mein Urteil. Ich habe für McKay gebürgt. Deshalb kann ich nur hoffen, das er auch wirklich ein gutes Benehmen an den Tag legt. Teyla, mich interessiert momentan viel mehr die Frage, woher Sie es wissen?” “Woher weiß ich was?” hakte sie nach, obwohl sie eine Ahnung besaß, worauf der Soldat anspielte.

“Wer hat Ihnen von Elektra und mir erzählt? Es ist doch offensichtlich, das irgend jemand Sie über uns informiert hat.” “Lieutenant Ford hat etwas in diese Richtung angedeutet. Außerdem sieht man Ihnen einfach an, das Sie unbeschreiblich glücklich sind. Und das kann nur an Elektra liegen. Ich freue mich sehr für Sie, Major. Elektra ist eine tolle Frau.” “Das wußte ich von Anfang an. Ihr Schicksal hat sie zu mir geschickt und dafür werde ich immer dankbar sein. Sie ist das Beste, was mir hier auf Atlantis passieren konnte”, schwärmte John mit einem verträumten Blick.

“Es war deutlich zu erkennen, das sie zusammen gehören. Aber noch sind viele Fragen ihrer Vergangenheit nicht geklärt.” “Ich bin zuversichtlich, das sich das ändern wird. Elektra wird all ihre Erinnerungen wiederfinden. Und ich werde ihr dabei helfen.” “Daran zweifle ich nicht, Major”, erwiderte Teyla und ihr wissender Blick folgte ihm, als er den Kontrollraum über die breite Treppe verließ und sich auf den Weg zum Tor der Kamaguris begab, um das Erscheinen von Doktor McKay und Elektra abzuwarten, die sich noch immer dahinter aufhielten.

Vorsichtig trat Rodney einen Schritt zurück, als die Kriegerin die Sense ihres Ordens schwang. Selbst für einen Blinden war zu erkennen, wie professionell sie damit umzugehen wußte. Ihr Training mußte genauso außergewöhnlich sein wie Elektra selbst. Plötzlich war es für ihn nicht mehr so unverständlich, warum Major Sheppard Feuer und Flamme für diese einzigartige Frau war. Langsam verlor Rodney sein arrogantes Verhalten ihr gegenüber, den er sah, was für ein aufrichtiger und auch besonderer Mensch die letzte lebende Antikerin war. Er konnte tatsächlich viel von ihr lernen. Vielleicht gelang es ihm mit Elektras Mithilfe, alle noch bestehenden Rätsel der Stadt zu entschlüsseln.

“Die Geschichte der Kamaguris erzählt, das diese Sense älter ist als Atlantis. Sie wurde geschmiedet, als der Orden entstand. Niemand weiß, wann und wie das geschah. Und auch der Schmied dieser Waffe ist unbekannt. Jedoch soll sie von einer geheimnisvollen und sehr starken Macht gesegnet sein. Mit dieser Klinge wird es der auserwählten Kriegerin gelingen, die Rasse der Wraith zu vernichten und die Welten vor ihrem Übel zu schützen. Valenko hat mir dies seit meiner frühesten Kindheit immer wieder vorgetragen. Ob es stimmt, weiß ich nicht, denn im Augenblick meiner Erfüllung habe ich eine andere Entscheidung getroffen”, führte sie mit ruhiger Stimme aus.

“Glauben Sie daran?” hakte Rodney nach. “Wenn ich das nicht tun würde, wie sollte sonst meine Möglichkeit aussehen, die Wraith zu schlagen?” gab sie seufzend zurück. “Mein Schicksal scheint sehr ironisch zu sein. Ich soll meine Feinde mit jener Waffe beseitigen, mit der ich getötet wurde. Zehntausend Jahre lag ich in einem gläsernen Sarg und meine Seele fragte sich, wie ich dorthin gekommen bin. Ich wünschte, ich hätte es nie erfahren. Ich habe nicht nur mich zum Tode verurteilt, sondern auch Valenko. Vor den Augen des Ordens hätte er niemals mit der Gewißheit leben können, das seine wichtigste Schülerin ihr Schicksal verweigerte.” “Sie haben Atlantis gerettet, Elektra. In Ihrer Situation hätte nicht jeder so tapfer gehandelt wie Sie es taten”, erwiderte McKay ernst.

“Jetzt hören Sie sich genau wie John an. Ich habe die Rettung von Atlantis nie bereut, auch wenn ich diesen Eindruck erwecke. Mein Gewissen fällt momentan sehr schwer auf mich ein, da ich nie Valenkos Tod gewollt habe. Ich muß mit den Konsequenzen meiner Entscheidungen leben. Man brachte mir bei, der Wahrheit stets ins Gesicht zu blicken und mich niemals umzuschauen. Wer zurück blickt, Doktor McKay, hat seine Vergangenheit nicht akzeptiert und ist nicht frei für die Zukunft.” “Ich kann nichts über Valenko sagen, da ich ihn nicht kannte. Doch mit einem hat Major Sheppard Recht. Er ist es nicht wert, das Sie weiterhin loyal zu ihm stehen. Er hat Sie verraten, Elektra.” “Dessen bin ich mir bewußt”, sprach die Kriegerin mit einem leichten Kopfschütteln.

“Warum stehen Sie dann weiterhin zu ihm?” hakte Rodney irritiert nach, während Elektra die Sense der Kamaguris an ihren Aufbewahrungsort zurück tat. Die Glaswand schloß sich sofort und verschwand wieder im Boden, so das nur noch das Symbol des Ordens zu sehen war. Sie hob den Kopf und erwiderte den eindringlichen Blick des Wissenschaftlers. “Er war wie ein Vater für mich. Alles, was ich weiß, hat er mich gelehrt. Durch seine Ausbildung wurde ich zu dem Menschen, der ich heute bin. Ich weiß nicht, was aus mir geworden wäre, wenn Valenko sich einst nicht meiner angenommen hätte.” “Er hat Sie hintergangen”, warf McKay knapp ein.

“Natürlich hat mich sein Unwille, mich nicht verstehen zu wollen, enttäuscht. Damals hielt ich es nicht für möglich, das ausgerechnet er mein Leben beendet. Mein Handeln zwang ihn dazu. Ich ließ ihm keine andere Wahl.” “Es herrschte Krieg und er hatte nichts besseres zu tun, als über seine beste Soldatin zu richten?” “Selbst im schlimmsten Kriegszustand müssen die Gesetze der Kamaguris gewahrt werden. Wir dürfen sie nicht einfach vergessen, nur weil dies bequem wäre.” “Nach wie vor wollen Sie daran festhalten und Valenko weiterhin verteidigen?” “Es tat mir weh, als ich herausfand, das er mich getötet hat. Doch ich werde ihm stets treu ergeben sein”, erwiderte Elektra entschlossen.

“Major Sheppard wird das nicht gefallen”, murmelte McKay. “John kann mir dabei nicht helfen, egal wie sehr er es auch will. Die Sache mit Valenko muß ich mit mir alleine ausmachen. Er war mein Lehrmeister. Und ich muß die Tatsache verkraften, das er sich gegen mich gestellt hat.” “Ihre Erinnerungen quälen Sie, nicht wahr?” “Es ist nicht gerade leicht mit der Gewißheit klarkommen zu müssen, das man die letzte Überlebende seines Ordens ist. Die Kamaguris wurden ausgelöscht. Es liegt nur noch an mir, mein Erbe gegen die Wraith in die Schlacht zu führen.” “Sie werden nicht alleine auf die Wraith treffen. Wir werden Sie auf diesen Weg begleiten”, sprach Rodney mit einem kurzen Lächeln. In der Stunde, die er mit Elektra verbracht hatte, hatte sich seine Meinung schlagartig verändert. Auch er begann, die Kriegerin zu verstehen und deshalb sah er nun mit offenen Augen, warum Sheppard diese Frau so sehr in sein Herz geschlossen hatte.

“Und dennoch kann nur ich mein Schicksal erfüllen. Sie können mir beistehen, doch das Ende dieses langen Weges muß ich alleine gehen.” “Major Sheppard wird das niemals zulassen.” “Ich weiß, aber ich werde nicht gestatten, das die Wraith jene Menschen töten, die seit meinen Na-Thil zu meiner neuen Familie geworden sind. Ich bin eine Kamaguri und es ist meine Pflicht, das Volk von Atlantis zu beschützen. Und da ihr hierher gekommen seit und nun hier lebt, seit ihr die neuen Bewohner meiner Stadt”, erklärte sie stolz und ging auf das Tor zu. Es war als deutliches Zeichen aufzufassen, das sie den Wohnbereich ihres Ordens verlassen wollte. Hastig folgte McKay ihr, wobei er jedoch einen langen Blick über die Schulter warf. Er verspürte die Hoffnung, das dies nicht sein einziger und letzter Besuch in diesen Räumen war.

John blickte auf, als sich das Tor der Kamaguris öffnete und sowohl Elektra, wie auch McKay erschienen. “Ich danke Ihnen für dieses Zugeständnis”, sprach Rodney beeindruckt von dem, was er gesehen hatte. “Sie brauchen sich keine Sorgen machen, Doktor McKay. Ich sehe keinen Grund, Ihnen eine nähere Untersuchung meines Erbes zu verbieten. Sie müssen mir nur Bescheid sagen, denn das Tor läßt sich bekanntlich nur von einer echten Kriegerin des Ordens bewegen.” “Ich komme mit Sicherheit darauf zurück”, versicherte er begeistert und verschwand zu seinem Arbeitsplatz, um die Informationen, die er sich notiert hatte, umgehend zu analysieren.

“Was war das denn?” hakte John lächelnd nach. “Ich habe nur beschlossen, deinen Worten zu folgen. Du hast dich so energisch für McKay eingesetzt, das ich die Ansicht vertreten habe, das irgend etwas wahres an dem, was du sagtest, dran sein muß.” “Aber ich bürge nach wie vor für ihn. Und wenn er sich daneben benimmt, wird es auf mich zurück fallen, da ich die Verantwortung für sein Verhalten trage”, stellte John trocken fest. “Genau so wird es ablaufen. Ich vertraue dir, John, doch es ist mein Erbe, das Einzige, was von den Kamaguris übrig geblieben ist. Das läßt mich einfach sehr vorsichtig werden, verstehst du?” sprach Elektra und schmiegte sich in seine Arme.

Zärtlich streichelte John über ihr Haar. Er mochte ihre Nähe an seinen Körper. John konnte sich ein Leben ohne Elektra gar nicht mehr vorstellen und er wußte auch nicht mehr, wie es früher ohne sie gewesen war. “Natürlich habe ich Verständnis dafür. Aber ich sehe auch, das McKay dich nun mit anderen Augen betrachtet. Er glaubt jetzt an dich.” “Es genügt, wenn du das tust. Hast du gut geschlafen?” wechselte Elektra das Thema und erwiderte das breite Grinsen, das über seine Lippen glitt.

“Ich war nur etwas enttäuscht, als ich alleine aufwachte. Das war nicht sehr nett von dir.” “Ich wollte dich nicht wecken, da du in den vergangenen Tagen viel zu wenig Schlaf erhalten hast. Du hast dich kaum geschont, John.” “Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Sind die noch immer berechtigt?” “Nein, gesundheitlich bin ich auf den Weg der Besserung. Mir fehlen zwar noch einige Erinnerungen, aber ich weiß, das sie zu mir zurück finden werden, wenn die Zeit dafür reif ist.” “Und wie vertreiben wir uns die Zeit des Wartens?” “Ich hätte da schon eine Idee”, sprach sie vielsagend und küßte ihn sanft.

“Davon hätte ich gerne mehr”, bemerkte John angetan und verschloß voller Leidenschaft ihre Lippen. “Das läßt sich sicher einrichten”, willigte Elektra ein, die das Leid ihres ersten Lebens vergaß, sobald sie bei John war. Er war der Mann, der ihr die Stärke vermittelte, die sie so dringend für ihre Zukunft benötigte. Der Kampf gegen die Wraith würde ihr alles abverlangen. Es würde nicht leicht werden, die Erfüllung ihres Schicksal herbeizuführen. Ihre Feinde würden ihr alles entgegensetzen, was sie zu bieten hatten. Doch Elektra war fest entschlossen, bis zu ihrem letzten Blutstropfen zu kämpfen, um endlich die Ruhe ihrer Seele zu gewährleisten.

~ 15. ~

Elektras Blick glitt an den Bäumen entlang, die sich hoch über ihren Kopf in all ihrer Pracht erhoben. Die Sonne verschwand langsam und ließ die Dunkelheit über den Wald herein brechen. Aufmerksam beobachtete sie den Horizont, wo ein Nachtjäger der Wraith nach dem anderen erschien. Die kleinen Langstreckenschiffe ihrer Feinde machten diesen Planeten seit Tagen unsicher und löschten gezielt die Bevölkerung aus. Es ging ihnen nicht um die Ernährung, die sie benötigten, sondern darum, die Kamaguris aus ihrer Reserve zu locken.

Sie wollten die Kamaguris vernichten und grausame Rache an ihnen üben, da diese es gewagt hatten, eines der Hive-Schiffe der Wraith abgeschossen zu haben. Und die Wraith wußten, ein Kamaguri würde niemals tatenlos bei der brutalen Ermordung eines ganzes Volkes zusehen. Die Krieger des Antiker-Ordens würden alles unternehmen, um dieses Verbrechen zu verhindern. Sie fühlten sich nicht nur für das Wohl der auf Atlantis lebenden Menschen verantwortlich, sondern kamen herbei geeilt, wenn ein Volk einer anderen Welt um ihre Hilfe baten.

Ein leises Geräusch hinter Elektra ließ sie aufsehen. Mit einem entschuldigenden Lächeln hob Neese, einer der jüngeren Krieger, die Schultern. Elektra tadelte ihn mit einem strengen Blick, wobei sie das Schweigen aufrecht erhielt, das die Gruppe der Kamaguris beherrschte. Der Planet war von den Wraith überrannt worden. Bis jetzt hatte sie noch keinen einzigen Menschen gesehen und Elektra bezweifelte, das irgend jemand den überraschenden Angriff überlebt hatte. Nun ging es nur noch darum, die Wraith zurück zu treiben und dafür sorgen, das sie für das, was sie angerichtet hatten, bitter bezahlten.

“Tötet sie alle! Keine dieser Kreaturen darf mit dem Leben davonkommen”, befahl sie entschlossen, als sie sich erhob und ihre Deckung aufgab. Sie verließ den Wald und stürmte auf den ersten Wraith zu, der sie erblickte und sich ihr in den Weg stellte. Die Wraith scheuten keine Konfrontation mit den Kamaguris, vor allem dann nicht, wenn sie es genau darauf anlegten, ihnen zu begegnen. Sie hatten eindeutige Befehle bekommen. Die Anführerin sollte den Kampf überleben, um sie auf eines der Schiffe zu bringen, damit die Wraith von ihr mehr über die Kamaguris erfuhren. Der Rest dieser menschlichen Krieger sollte den Tod finden.

Ruckartig fuhr Elektra aus dem Schlaf hoch. Heftig atmend blickte sie sich um, beruhigte sich aber erst, als sie Johns warme Hand spürte, die sich auf ihre Schulter legte. “Hattest du einen Alptraum?” erkundigte er sich müde. Sheppard verzichtete darauf, das Licht einzuschalten, da das Mondlicht genügte, das durch die Fenster flutete. “Ich war mit den Kamaguris auf einen Planeten, von dem uns einige Tage zuvor ein Hilferuf erreichte. Wir sind dorthin geflogen, um mögliche Überlebende zu beschützen. Das Volk war tot. Die Wraith haben niemanden am Leben gelassen”, erzählte sie kopfschüttelnd und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

“Wir sind gegen sie in den Kampf gezogen.” “Was ist passiert?” hakte John nach, während er von hinten seine Arme um Elektra legte. “Sie haben alle Kamaguris getötet. Ich konnte nur knapp entkommen. Die Wraith hatten jedoch nicht vor, mich zu erledigen. Sie wollten mich entführen.” “Warum?” “Weil sie sich wohl erhofften, durch mich ein paar Geheimnisse meines Ordens zu lösen. Ich hätte ihnen dabei helfen sollen, die Kamaguris auszuspionieren.” “Der Feind ist unberechenbar. Das ist eine Grundsatzregel im Krieg”, erwiderte John und zog sie näher an sich heran.

“John, ich muß zu diesem Planeten zurück”, erklärte sie entschlossen und drehte sich in seinen Armen zu ihm um. “Denkst du, dort Antworten zu finden?” “Ich habe es im Gefühl, das dort etwas auf mich wartet. Mein Instinkt treibt mich dorthin, jedoch kann ich nicht sagen, warum das so ist. Und in keinster Weise kann ich voraussagen, was mich dort erwartet. Ich sollte alleine fliegen.” “Das wirst du bleiben lassen”, blockte er ihren Vorschlag mit einem entschiedenen Kopfschütteln ab.

“Du bist noch nicht in der Lage einen Jumper alleine zu bedienen. Deine Gesundheit hat sich noch nicht vollständig erholt. Du könntest einen Schwächeanfall erleiden. Das wäre eine gute Gelegenheit für die Wraith ihr damaliges Werk zu beenden. Wir sollten noch nicht preisgeben, das eine Kamaguri überlebt hat. Dieses Geheimnis sollten wir noch eine Weile für uns behalten. Die Wraith werden früh genug von deiner Existenz erfahren und dann werden sie Jagd auf dich machen.” “Davor kannst du mich nicht beschützen, John. Meine Feinde werden alles unternehmen, um mich zu vernichten - egal auf welchen Weg dies geschieht”, erwiderte Elektra sachlich und streichelte zärtlich über seinen Arm.

“Trotzdem werde ich alles tun, was in meiner Macht steht, um dir Schutz zu gewährleisten. Wir werden gemeinsam auf diesen Planeten fliegen und uns dort umsehen. Ich fühle mich einfach wohler, wenn ich bei einem solchen Besuch bei dir bin. Schließlich kann niemand sagen, auf was du treffen wirst, wenn du diesen Ausflug unternimmst.” “Ich möchte dich aber gerne aus der Gefahrenzone haben, John.” “Ich bin bereits ein Risiko eingegangen, als ich mich entschloß, nach Atlantis zu kommen. Elektra, ich weiß, du bist eine heldenhafte Kriegerin. Doch ich bin Soldat und ich habe gelernt, mich zu verteidigen. Du brauchst mich nicht beschützen”, sprach er eindringlich auf sie ein.

“Du willst mich also wirklich begleiten?” hakte Elektra nach. “Das wirst du mir nicht ausreden können. Wir werden das morgen mit Doktor Weir besprechen. Laß uns noch die letzten Stunden dieser Nacht schlafen”, führte John aus, als er Elektra mit sich zog. “Es könnten sich Wraith auf diesen Planeten befinden”, murmelte sie an seiner Schulter. “Darüber werden wir uns noch früh genug Gedanken machen müssen. Jetzt ist der falsche Zeitpunkt dafür, Elektra. Versuche noch etwas zu schlafen. Bevor wir abfliegen, wirst du dich von Beckett untersuchen lassen.” “Weshalb? Ich fühle mich gut.” “Ich will die Gewißheit haben, das es dir auch gut geht. Ohne Becketts Einverständnis wirst du den Jumper nicht betreten”, erklärte Sheppard entschlossen, während es ihm nicht gelang, die Finger von ihr zu lassen. Er mußte sie einfach berühren. “Ich habe verstanden”, erwiderte sie erschöpft. In der nächsten Minute war die Kriegerin auch schon eingeschlafen. John streichelte noch ein paar Mal zärtlich ihren Rücken, bevor die Müdigkeit auch seinen Körper heimsuchte und er sich dem Drang, die Augen zu schließen, ergab.

“Gehen Sie von Feindberührung aus?” hakte Elizabeth gegen Mittag nach, als das Team um Major Sheppard im Konferenzraum saß und die Situation besprach. Beckett war ebenfalls anwesend, der Elektra eine stabile Gesundheit diagnostiziert hatte und ihr für den Flug auf den Planeten somit grünes Licht gab. Es erleichterte John, das sie sich von ihrem Tod und dem Na-Thil so außergewöhnlich gut erholte und die Nebenwirkungen langsam abklangen. Sie verspürte kaum noch eines der Symptome, mit denen sich ein Betroffener der Totenerweckung eigentlich über einen längeren Zeitraum herumschlug.

“Als ich das letzte Mal dort war, haben die Wraith den Planeten übernommen. Das ist zwar schon zehntausend Jahre her, doch ich bezweifle, das sich an diesem Zustand etwas verändert hat”, führte Elektra aus. Nachdenklich blickte Doktor Weir in die Runde. Ihr war durchaus bewußt, das die Kamaguri auch alleine los fliegen würde, um sich auf den Planeten aus ihrem Traum näher umzuschauen. Und es widerstrebte Elizabeth, sie vollkommen alleine gehen zu lassen. Es konnte nicht schaden, wenn Sheppards Team zu ihrem Schutz mitkam. Außerdem konnte Rodney vielleicht einige nützliche Informationen über diesen unbekannten Planten in Erfahrung bringen.

“In Ordnung. Sehen Sie sich dort um, aber seien Sie bitte vorsichtig! Niemand weiß, was dort auf Sie wartet. Ich hoffe, Sie finden Ihre Antworten, Elektra, nach denen Sie auf diesen Planeten suchen”, willigte Elizabeth in das Vorhaben ein. “Diese Hoffnung verspüre ich auch”, erwiderte die Kriegerin und ein leises Seufzen entrang sich ihrer Kehle. Mit einer geschmeidigen Bewegung war sie auf den Beinen und verließ den Konferenzraum, um sich auf den Ausflug vorzubereiten. Sie benötigte von ihrem Orden ein paar Waffen, die sie früher stets bei sich getragen hatte, um immer für den Notfall bereit zu sein. Ohne ihre alten Klingen würde Elektra Atlantis nicht verlassen, um auf Entdeckungstour zu gehen.

[Ein paar Stunden später]

“Merkt euch, wo wir parken”, sprach John spöttisch und ließ den Jumper hinter einer Schutzwand verschwinden. Eigentlich ging er auf einem fremden Planeten voraus, doch diesmal war eine echte Kamaguri dabei, die darauf bestand, die Gruppe anzuführen. Elektra trug dieselbe Kleidung, in der John sie vor ein paar Wochen in ihrem gläsernen Sarg vorgefunden hatte. An einem Gürtel waren zwei langen Klingen befestigt, die den Sais von der Erde verblüffend ähnlich waren.

“Bist du sicher, das du keine Schußwaffe haben willst?” hakte John hinter Elektra nach, als sie sich mit ernste Miene umblickte, um sich an irgend etwas zu erinnern, was diesen Planeten betraf. “Danke, John, aber ich verlasse mich auf das, aus dem meine Ausbildung bestanden hatte. Ich vertraue auf meine Waffen, so wie ich an ihnen trainiert wurde. Ich stelle die Kunst eurer Waffen nicht in Frage, John, aber eine Kamaguri verläßt sich nun einmal auf andere Werte”, erklärte sie knapp, ohne in irgendeiner Art und Weise beleidigt zu klingen, das der Soldat nicht so recht an die Wirkung ihrer Sais glauben konnte.

“Die Wraith sind verdammt schwer zu töten. Wie kann dir das mit einem Schwert gelingen?” “Ich werde es dir zeigen, wenn wir auf einen Wraith treffen.” “Oder auf ein Dutzend”, bemerkte Ford und deutete auf eine Gruppe, die im Tal des Waldes stand. Ruckartig griff John nach Elektra und zog sie zu Boden. Augenblicklich ging jeder in Deckung, um von den Feinden nicht gesehen zu werden. “Wieso sind die auf einen verlassenen Planeten?” sprach McKay skeptisch. “Ich weiß es nicht. Aber ich bin auch nicht besonders scharf darauf, mich auf diese Überzahl einzulassen und den Kürzeren zu ziehen. Wir kehren zum Jumper zurück und kommen später wieder”, erwiderte John mit gedämpfter Stimme.

Elektra hörte ihm nicht länger zu. Ihre Augen fixierten die Wraith, die nur einige Meter von ihr entfernt waren. Nach so langer Zeit begegnete sie ihren schlimmsten Feinden wieder. Der Hass, von dem sie geglaubt hatte, ihn durch die Ausbildung des Ordens bezwungen zu haben, flammte in einer heftigen Explosion erneut auf. In ihrer Seele brodelte es vor tiefer Verachtung, die sie für diese Kreaturen empfand. Die Wraith hatten ihr alles gestohlen. Sie hatten ihr alles weg genommen, was ihr etwas bedeutet hatte. Und diese abscheulichen Wesen waren für den Tod von ganzen menschlichen Völkern verantwortlich, darunter auch Jene, die Elektra über alles geliebt hatte.

Fest umklammerte Elektra den Griff eines ihrer Sais, so entschlossen, das ihre Fingerknöchel sich weiß verfärbten. Ihre Atmung wurde heftiger und die Abscheu, die in ihrer Seele wohnte, ließ sich von ihr nicht mehr kontrollieren. In einem einzigen Blick flackerte all das auf, was sie für die Wraith fühlte. Und nichts davon konnte positiv ausgelegt werden. Ihre Umwelt verschwamm um Elektra. Sie hatte nur noch Augen für die Wraith, die sie um jeden Preis tot vor sich liegen sehen wollte. John wollte ihr Leben noch eine Zeitlang vor den Wraith geheim halten, aber sie sah keinen Grund mehr dazu. Sollten ihre Feinde doch erfahren, das eine Kamaguri die letzte Schlacht vor zehntausend Jahren überlebt hatte. Dann wußten sie auch, das es noch lange nicht vorbei war. Eine Kriegerin der Antiker sinnte auf grausame Blutrache, um die Wraith für ihre Verbrechen zu bestrafen.

“Elektra?” sprach John seine Freundin an, da sie nicht auf seinen Befehl zum Rückzug reagierte. Bestimmend legte er ihr eine Hand auf den Arm. Langsam wandte sie ihm ihr Gesicht zu. Ihr verschleierter Blick verriet ihm, das sie seinen Vorschlag nicht teilte. Sie hatte ihm nicht einmal richtig zugehört. Und der Hass, den er in ihren Augen las, erschreckte ihn zutiefst. Sie wurde von ihrer Verachtung für die Wraith geblendet und nahm nichts anderes mehr wahr. Die Kamaguri wollte kämpfen, jetzt, auf diesen Planeten und den Wraith offenbaren, das für sie der Krieg von vorne begann.

“Nicht heute, Elektra, und nicht auf diesen Planeten”, erklärte John. “Ich werde kämpfen. Ich muß es tun”, erwiderte sie und erhob sich hastig. Bevor sie jedoch loslaufen konnte, hatte John sie am Arm gepackt und zog sie in den Schatten des Waldes zurück. “Wir müssen von hier verschwinden, Liebling. Du bist noch nicht bereit, erneut gegen die Wraith anzutreten. Zwar hat Beckett die Fortschritte deiner Gesundheit bestätigt, aber du bist noch nicht fit genug für eine solche Auseinandersetzung. Deine Chance wird noch kommen, doch solange mußt du dich gedulden. Zuerst mußt du völlig gesund werden, Elektra, dann kannst du dich um die Wraith kümmern. Die Zeit ist dafür noch nicht reif”, sprach John auf sie ein, während das Team zum Jumper zurück eilte.

“Du bestimmst einfach über mich. Und das gefällt mir nicht. Ich kann selbst entscheiden, was gut für mich ist.” “Im Augenblick ist dir das aber nicht möglich. Ich tue das nicht, weil es mir Spaß macht, gegen deinen Willen zu handeln. Ich tue das, weil ich dich liebe, Elektra, und ich nicht dabei zusehen werde, wie die Wraith dich auseinandernehmen. Um gegen diese Kerle anzutreten, mußt du vollkommen gesund sein. Du benötigst noch ein paar Wochen, um genau das zu erreichen. Ihre Vernichtung läuft dir nicht davon. Du hast zehntausend Jahre darauf gewartet. Was machen da schon ein paar weitere Monate aus?” “Es ist mein Kampf, John, meiner ganz alleine”, bemerkte sie ärgerlich.

“Da irrst du dich. In dem Moment, als du mich um Hilfe gebeten hast, wurde dein Kampf auch zu meinen. Ich werde dich nicht etwas tun lassen, was deinen sicheren Tod bedeutet”, sprach er entschlossen und nahm hinter der Steuerung des Jumpers Platz. “Denken Sie, Major, die haben uns gesehen?” hakte Teyla nach. “Ich hoffe nicht, denn ansonsten werden Sie uns verfolgen. Und ich habe keine Lust darauf, ein paar Wraith am Heck kleben zu haben, die wir womöglich noch bis Atlantis mitnehmen müssen”, stöhnte John genervt und setzte den Jumper in Bewegung, um den Planeten zu verlassen.

Elektra blickte nachdenklich aus dem Fenster und sah hinunter, als sie den Planeten hinter sich ließen und im Weltraum verschwanden. Obwohl sie diese Chance gerne genutzt hätte, lag John mit seinen Worten im Recht. Ihre Zeit würde noch kommen, um Gerechtigkeit für das Schicksal ihres Volkes zu erhalten. Und sie mußte sich einfach gedulden, um ihre Gesundheit zu stärken und bis in die Haarspitze bereit für diese entscheidende Begegnung mit den Wraith zu sein. Sie hatte ihren Hass auf ihre Feinde nicht besiegt. Oder wirkte Valenkos Training nun nicht mehr? Hatte sie wirklich die Ausgeglichenheit vergessen, mit der sie ihre Feinde betrachten sollte?

“Alles in Ordnung, Elektra?” fragte John besorgt, das sie kein einziges Wort mehr gesprochen hatte, seit sie den Jumper bestiegen hatten. “Ja, es geht schon. Irgendwie werde ich auch über diese unglückliche Episode hinwegkommen”, flüsterte sie und hob dabei schwach die Schultern. McKay wollte ein Statement über die Situation abgeben, doch das verneinende Kopfschütteln des Majors reichte aus, damit er es sich anders überlegte. Elektra war nicht in der Stimmung, um sich irgendwelche Meinungen über das soeben Geschehene anzuhören. Sie brauchte nun etwas Ruhe und Zeit für sich, um darüber nachzudenken, das sie angeschlagen in den Kampf gegen die Wraith hatte ziehen wollen.

Ich werde mein Schicksal erfüllen und beenden, was ich gegen unsere Feinde begonnen habe, Valenko, dachte Elektra und strafte ihre Schultern, um nicht so niedergeschlagen zu wirken, wie sie sich in diesen Minuten fühlte. Sie war sich durchaus bewußt, wenn die Wraith von ihren neuen Leben erfuhren, würde der Krieg von einst wieder aufgenommen werden. Weder die Wraith, noch sie würden jemals Ruhe finden, bevor die gegnerische Seite nicht endgültig Tod am Boden lag. Es war erst dann vorbei, wenn einer von ihnen nicht mehr fähig war, auf den eigenen Beinen zu stehen. Bis zum bitteren Ende, Valenko, sprach die Kamaguri im Stillen. Sie war bereit, sogar noch einmal zu sterben, wenn ihr Schicksal es verlangte, um Atlantis und ihr Schicksal zu retten.

Kopfschüttelnd starrte der Wraith zu dem Hügel hoch, wo er ein verdächtiges Geräusch vernommen hatte. In der Ferne hatte er eine Uniform gesehen, die ihm nur zu bekannt war. Er glaubte, etwas gesehen zu haben, was einfach nicht hier sein konnte. Es konnte nicht in dieser Zeit existieren, da alles, was diesen Orden der Antiker betraf, vor zehntausend Jahren von ihnen vollständig ausgelöscht worden war. Und die neuen Bewohner von Atlantis konnten nicht hier sein, da niemand von dem geheimen Labor wußte, das seine Rasse auf diesen Planeten eingerichtet hatte.

Der Gedanke, das er vielleicht doch eine Kamaguri gesehen hatte, ließ den Wraith nicht mehr los. Aufmerksam beobachtete er den Hügel, aber kein Lebenszeichen drang zu ihm herüber. Anscheinend hatte ihn irgendeine Windbrise abgelenkt und ihm etwas vorgespielt, was nicht da war. Es war ausgeschlossen, das er tatsächlich eine solche Kriegerin gesehen hatte. Seine eigenen Augen hatten ihm wohl nur einen Streich gespielt. Dieser Orden, der für den Schutz der Antiker zuständig gewesen war, war zerstört worden. Nichts von diesen menschlichen Übel lebte mehr in ihrer Galaxie. Die Kamaguris waren tot und eine Rückkehr dieser Krieger war in keinster Weise möglich. Einst hatten die Wraith sie alle vernichtet. Und nicht einmal der Geist der Kamaguris würde den Mut besitzen, sie aufzusuchen, um die erwünschte Rache in die Tat umzusetzen ...

~ To be Continued ~


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