Notes: Sequel zu The Feeling Is Gone. Während "The Feeling Is Gone" noch weitgehend in die Serie passt, bzw. ich versucht habe bloß eine Lücke zu füllen, geht diese Story hier in eine völlig andere Richtung. Sie baut auf "The Feeling Is Gone" auf, allerdings ist es nicht notwendig diese Story zu kennen. Nach CaH/Rev 6:8 entwickelte das hier sich um AU.
Für die Story selber ist Tegan verantwortlich zu machen – sie ist diejenige, die mich immer weiter und weiter getrieben hat. Dabei mag sie eigentlich gar keinen Slash... selber Schuld. <eg>
Eigentlich sollte das hier nie veröffentlicht werden – doch Tegan und Salandra (An dieser Stelle auch ein großes "Danke" an Sala für's Betalesen in Rekordzeit) haben keine Ruhe gegeben... und irgendwann gebe ich meistens doch nach...

 !!! NC-17, Slash, Torture !!! 

ETA 01/05: Nach den Standards, nach denen ich mittleweile gehe, ist das hier jetzt grad mal ein R-Rating, und der Slash ist mehr Pre-Slash denn sonst was. Trotzdem habe ich mich dazu entschlossen, das originale NC-17-Rating beizubehalten, nachdem ich weiß, dass ich in der Hinsicht extrem unempfindlich bin und ich meinen eigenen Ratings nicht mehr wirklich vertraue. <g>


Leave No Deed Undone
© 2001 by Shendara

Gott, wie konnte ich es nur so weit kommen lassen? Ich habe ihn nicht nur verletzt, ihn temporär getötet, nein ich habe etwas viel schlimmeres gemacht. Ich habe ihn seelisch verletzt, nicht nur physisch. Ich habe das Vertrauen, das er mir entgegenbrachte, ausgenutzt. Er wollte mir helfen – ich habe ihn getötet. Nicht für immer, nein, was ich aber für immer getötet habe ist unsere Freundschaft.

Freundschaft... dieses Gefühl, das uns beide verband, uns half durch viele Schwierigkeiten zu kommen. Ich habe es geschafft, seine Vergangenheit zu akzeptieren, er hat es geschafft, mit meinen Moralvorstellungen klarzukommen. Verdammt, ich konnte sogar die Reiter akzeptieren. Obwohl... das wird wohl auch hauptsächlich an den Nachwirkungen von Kronos' Quickening gelegen haben. Die Nachwirkungen, denen ich es auch zu verdanken habe, dass Methos jetzt für immer aus meinem Leben verschwunden ist.

Wie waren seine letzten Worte? 'Es ist vorbei, Highlander. Vergiss' es am besten so schnell du kannst.' Seine Worte, nachdem er mir helfen wollte, es auch getan hat. Dank ihm bin ich die Überreste von Kronos in meiner Seele wieder los, bin wieder vollkommen ich selbst. Aber für welchen Preis? Ich habe ihn verloren, er ist für immer verschwunden. Jetzt weiß ich, wie er sich gefühlt haben muss, als ich unsere Freundschaft damals beendete. Damals, als Kronos wieder aufgetaucht war.

Es war damals noch nicht ganz aus, es bestand noch ein Hoffnungsschimmer. Ich ging zu ihm, versuchte mit ihm zu reden. Ich bekam sogar einige überraschende Details aus seinem Leben heraus. Doch dann trieb ich es zu weit und er ist verschwunden... als er wieder in meinem Leben auftauchte, war ich nicht mehr ich selbst und er wollte mir helfen. Okay, ich gebe zu – eigentlich bin ich in sein Leben getreten und er wollte nur noch weg. Verständlicherweise. Aber Fakt ist, dass er mir im Endeffekt doch geholfen hat. Irgendwie...  Ähnlich wie damals bei meinem Dark Quickening. Bloß, dass es diesmal etwas anderes war. ICH war jemand anders, nicht mehr Duncan MacLeod vom Clan der MacLeod...


Seufzend lehnte sich Duncan zurück und ließ seine Gedanken treiben. Methos... immer wieder geisterten die Erinnerungen an seine Freundschaft mit dem ältesten Unsterblichen durch sein Bewusstsein. Immer wieder sah er ihn vor sich:

Ihr erstes Treffen... Methos – beziehungsweise 'Adam Pierson', für den Mac ihn damals ja noch hielt – auf dem Boden in seiner Wohnung sitzend, den Walkman neben sich, ebenfalls einen Sixpack Bier. Methos' Begrüßung.... 'Mi casa eh su casa'... das Bier, das er dem Highlander zuwarf. Das Entsetzen als er erkannte, wer sein Gegenüber war – die Überraschung, die Faszination und Neugier. Und der Schock, als er feststellen musste, dass der legendäre älteste aller Unsterblichen auch nur ein ganz normaler Typ war. Vielleicht ein wenig zynischer, mit einer wesentlich dunkleren Vergangenheit, aber trotzdem... alles in allem ein relativ normaler Unsterblicher.

Die Sache mir Kristin... Methos nahm ihr den Kopf, nachdem MacLeod sie besiegt, aber trotzdem am Leben gelassen hatte. Seine Aussage, dass er lange vor dem Zeitalter der Ritterlichkeit geboren worden war... Nein, bist du nicht, Methos. Wenn es wirklich wichtig ist, kannst du es sehr wohl...

Alexa... ein Sterbliche, deren sowieso schon zu kurzes Leben durch eine Krankheit noch weiter verkürzt wurde. Die Erinnerung daran, wie schüchtern Methos ihr begegnet war, wie viel Zeit und Geduld er in den Aufbau einer Beziehung gesteckt hatte...

... das Dark Quickening... Duncan wurde vom Bösen übernommen, musste untätig mit ansehen wie das Böse in seinem Körper unglaubliche Dinge anstellte. Methos hatte ihm geholfen, obwohl Duncan ihm mit dem Tod gedroht hatte, hatte der alte Mann nicht aufgegeben und  Mac zuletzt wieder seinen Seelenfrieden geschenkt.

Methos kehrte zurück zu Alexa, nur um wenige Wochen später einen letzten, verzweifelten Versuch, ihr Leben zu retten, zu starten. Doch der Methusalem Stein ging verloren, Alexa starb in Methos' Armen.

Warren Cochrane... die Sache mit Joe, den Beobachtern und Galati. Fast ein Jahr hatten sie sich daraufhin nicht gesehen, plötzlich lag der alte Mann in seinem Bett und faselte von einem Doppelgänger. Einem Doppelgänger der kurz darauf seinen Kopf verlor. Ingrid... Methos hatte sich als sein Anwalt ausgegeben und ihn aus dem Gefängnis geholt...

Dann... die Sache mit Kronos und den Reitern. Die schockierenden Enthüllungen über seine Vergangenheit als Death, seine heimliche Hilfe für Mac... alles endete mit dem Tod von dreien der vier Reiter der Apokalypse. Das Doppelquickening, das alles veränderte, sie beide von einander entfernte, gleichzeitig aber auch dafür sorgte, dass sie nicht mehr von einander loskamen. Für ewig verbunden, ein Band, das nur der Tod zerschneiden konnte.

Tränen rannen über MacLeods Wangen und er tat nichts, um sie aufzuhalten. Warum auch? Es war doch egal... alles war egal.

"Es tut mir leid, ich hätte es verhindern müssen. Irgendwie..."

... Methos' tote Gestalt zu seinen Füßen. Blutig, das Gesicht zu einer Grimasse des Schmerzes verzerrt. Ein grauenvoller Tod, durch seine, Duncans Hand. Ein Tod, ausgedacht und ausgeführt jedoch von Kronos, der Pest. Ja, Kronos hatte die Bezeichnung Pest wirklich verdient, durch ihn, sein Quickening, seinen Einfluss auf Duncan, war die fragile, immer sehr instabile Freundschaft zwischen ihm und Methos endgültig zerbrochen. Methos hatte dem Highlander noch ein letztes mal geholfen, dann war er verschwunden.

Duncan konnte es ihm nicht verübeln, im Gegenteil: Er verstand Methos vielleicht sogar besser als dieser sich selbst. Kronos' Erinnerungen verfolgen ihn noch immer, ließen ihn oft mitten in der Nacht schreiend erwachen. Es war nicht nur Methos, von dem er träumte, nein, es waren oft völlig andere Episoden aus dem Leben der Pest, die ihn nervlich fertig machten. Er hatte Melvin Koren schon früher für ein Monster ohne Gnade und Skrupel gehalten, doch erst jetzt – mit seinem Quickening und, dank dem Doppelquickening, auch einem Teil von Methos' – erfuhr er nach und nach was Kronos wirklich alles getan hatte.

Am Anfang waren es noch relativ harmlose Träume gewesen, immer gewalttätig, immer schockierend. Doch Duncan konnte damit leben, sie am Tag verdrängen. Doch nach und nach übernahmen sie die Kontrolle über ihn, ergriff Kronos von ihm Besitz. Bis es eines Tages soweit war, dass Kronos ihn vollkommen unter Kontrolle hatte...


[6 Monate zuvor, Seacouver]

"Methos? Bitte, komm zu dir..." Duncans Stimme brach, er konnte fast nicht mehr sprechen. Wütend auf sich selbst starrte er auf den reglosen Körper, der in seinen Armen lag, und betete darum, dass Methos sich bald erholen würde. Er konnte noch immer kaum glauben, was er – nein, Kronos - , erinnerte er sich selbst, ihm angetan hatte.

Methos' Wunden heilten nur langsam ab, seine Gesundheit war – trotz Unsterblichkeit – in letzter Zeit ziemlich angeschlagen gewesen. Nicht körperlich, das war ja nicht möglich. Aber seelisch... Methos ging es seit der ganzen Reiter- Sache, dem Doppelquickening und dessen Konsequenzen schlecht. Dementsprechend lange dauerte die Heilung jetzt. Noch immer fassungslos, versuchte Duncan hinter das gesamte Ausmaß der Verletzungen zu kommen.

Gebrochene Knochen, der rechte Arm eindeutig, sicherlich auch einige Rippen – nach den Tritten, die er Methos verpasst hatte, kein Wunder. Vermutlich noch etliche andere Brüche, die sich so einfach jedoch nicht feststellen ließen. Innere Blutungen, dessen war Mac sich sicher.

Noch immer hoben sich die, noch kaum verheilten, Schnitte deutlich von Methos' blasser Haut ab. Der älteste Unsterbliche war sowieso nur noch ein Schatten seiner Selbst, Duncan konnte jeden Knochen einzeln sehen, blutige Striemen bedeckten seine Arme und den Oberkörper.

Am meisten entsetzte Mac jedoch die Verletzung am Hals. Hatte er das wirklich getan? Hatte er seinem Freund wirklich das Messer an die Kehle gesetzt und die Klinge langsam in die Haut schneiden lassen? Ein Blick auf Methos und er hatte seine Antwort. Ja, er hatte es getan. Es war eine tiefe Verletzung, der Schnitt war fast so tief wie damals bei Kalas... Hoffentlich bleiben keine Narben...

Ein keuchendes, gequältes Einatmen lenkte Macs Aufmerksamkeit wieder auf Methos. Der alte Unsterbliche erwachte endlich wieder. Trotzdem heilten seine Verletzungen nicht, stellte Duncan entsetzt fest. Erst jetzt fiel ihm auf, dass Methos' Wunden nicht langsam sondern GAR NICHT heilten. Verdammt, was war los? War der alte Mann wirklich so am Ende, dass nicht einmal mehr seine Regenerationsfähigkeit funktionierte? Wenigstens war er wieder am Leben, mehr oder weniger.

Vorsichtig, darauf bedacht, Methos nicht noch weiter zu verletzen, tastete MacLeod nach der Halsschlagader. Seine suchenden Finger fanden einen Puls, schwach, unregelmäßig und noch schwächer werdend. Oh Gott, er stirbt noch einmal! Kaum wieder zum Leben erwacht, starb Methos noch einmal in Macs Armen. Noch immer keine Veränderung seines Zustandes, die Verletzungen heilten noch immer nicht.

Sie mussten beide von hier fort, entschied Duncan. So vorsichtig wie es nur irgendwie ging, hob er den toten Körper hoch und brachte ihn zum Thunderbird. Irgendwie schaffte er es sogar, die reglose Gestalt in den Wagen zu bringen, ohne Methos zu verletzen. Methos brauchte jetzt viel Ruhe, irgendwie hatte Mac das Gefühl, dass es – für unsterbliche Maßstäbe – ziemlich lange dauern würde, bis Methos sich wieder erholt hatte. Und wenn einmal die Wunden verheilt waren... dann gab es immer noch das Problem namens Kronos und Quickening. Er wollte im Moment noch nicht daran denken, wie Methos wohl reagieren würde, wenn er in MacLeods Wohnung wieder zu sich kam. Entsetzen, Ablehnung, Todesangst... alles war möglich.

Egal, das waren alles nur Spekulationen und dafür hatte er jetzt keine Zeit. Er musste Methos in Sicherheit bringen. Ja, Sicherheit – bei mir? Man sieht ja, wie sicher er bei mir ist. Dagegen wäre ja sogar eine öffentliche Straße in einer Slumgegend sicher. MacLeod verfluchte sich für seine Naivität. Wie hatte er nur so blind sein können und die Gefahr erst sehen können, als es zu spät war?

Wie hatte er zulassen können, dass Kronos' Quickening derart die Kontrolle über ihn übernahm? Und vor allem... – die Frage, die ihn am meisten quälte – warum hatte er nicht, irgendwie, egal wie, verhindert, dass Kronos beziehungsweise er, Duncan, Methos derart verletzte? Mac warf noch einen Blick auf seinen toten Freund. Erst jetzt wurde ihm wirklich bewusst, wie schlimm er Methos  zugerichtet hatte.

"Es tut mir leid...", brachte er flüsternd hervor. Keine Reaktion. Wie auch?

Kurz bevor sie das Dojo erreichten, kam Methos wieder zu sich. Diesmal erlangte er endlich das Bewusstsein wieder. Im ersten Moment war Mac darüber froh, im nächsten bekam er es mit der Angst zu tun. Hier, im Auto, hatte er keine Möglichkeit, Methos zu beruhigen oder ihm zu beweisen, dass er keine Angst mehr haben musste.

Er fuhr an den Straßenrand, blieb stehen und zog den Schlüssel ab. Er würde den alten Mann nicht noch einmal unterschätzen. Besorgt und auch ein wenig ängstlich beobachtete er Methos. Sah zu, wie sich der Atemrhythmus des Unsterblichen stabilisierte, er langsam die Augen öffnete.

Desorientierung; Duncan konnte sie regelrecht in Methos' Augen lesen. Langsam fokusierte sich sein Blick auf Duncan, er schien einige Sekunden zu brauchen, um ihn zu erkennen.

"Duncan", murmelte er leise. Dann, als ob die Erinnerung urplötzlich wiederkam, zuckte er zusammen und wich so weit es ihm nur möglich war zurück. "Bitte... Frieden..."

"Psss, Methos. Ganz ruhig. Es ist vorbei, Kronos ist weg", versuchte Duncan ihn zu beruhigen. Mac versuchte den Impuls, Methos zu berühren, im Trost zu spenden, zu ignorieren, blieb stattdessen regungslos sitzen.

"Kronos ist tot", flüsterte Methos leise.

"Ja", erwiderte Mac schlicht.

"Und trotzdem kann er mir noch immer weh tun."

Oh, Methos. "Jetzt nicht mehr, er ist weg."

"Aber du bist noch immer da, also kann er mich weiter verletzten. Immer und immer wieder."

Verdammt! Methos war gefangen. Gefangen in einem Delirium aus Schmerzen und Angst. Seine Verletzungen begannen langsam zu heilen, noch immer konnte MacLeod jede einzelne Wunde erkennen. Trockenes Blut bedeckte einen Gutteil seiner Haut, die Kleidung war zerrissen. Methos hatte sich zusammengekauert, als ob er ein möglichst kleines Ziel bieten wollte. Und die Augen... der Ausdruck in den Augen des ältesten Unsterblichen jagte MacLeod einen Schauer über den Rücken. Noch nie hatte er solche Panik in Methos' Blick gesehen... verdammt, er hatte noch bei NIEMANDEN solche Angst gesehen. Und ich bin daran Schuld, vor MIR hat er solche Angst...

"Gnade... bitte, nicht mehr..." Methos' Stimme erstarb, als er erneut das Bewusstsein verlor.

Gnade, er hat um Gnade gebettelt. Methos hatte nicht einmal in Duncans schlimmsten Alpträumen nach Kronos' Quickening um Gnade gebeten. Nicht einmal in der Zeit vor den Reitern, seinem ersten Leben hatte er das getan. Immer hatte er alles hingenommen, hatte sich danach aber für das erlittene Leid gerächt.

Nachdem er noch einen letzten Blick auf den Bewusstlosen geworfen hatte, startete MacLeod den Wagen neu. Wenige Minuten später brachte er Methos ins Dojo. Die Handlung weckte Erinnerungen... das letzte Mal war es das Boot in Paris gewesen... bloß, dass es Methos damals noch wesentlich besser gegangen war.

Duncan brachte ihn in seinem Bett in einer halb sitzenden, halb liegenden Position unter und wartete. Was sollte er auch sonst tun? Einige, qualvoll langsam vergehende, Minuten passierte gar nichts, dann kam Methos wieder zu sich.

"Wo...?"

"Bei mir zuhause, im Dojo", beantwortete Duncan die nur halb gestellte Frage.

"Warum? Was ist passiert?" Methos konnte seine Augen nicht offen halten, blieb aber dennoch bei Bewusstsein. "Warum habe ich solche Schmerzen?"

"Kannst du dich nicht mehr erinnern?" Konnte das wirklich möglich sein? War der Schock so groß, dass Methos die Erinnerungen verdrängte?

"Erinnern? An was?"

"Ist nicht so wichtig", sagte Duncan sanft. Jetzt war nicht der Zeitpunkt, um Methos die Wahrheit zu sagen. Erst musste er sich erholen, vielleicht konnte er sich dann von selbst wieder erinnern. Nein, ich werde nicht den Fehler, den ich bei Warren gemacht habe, wiederholen.

"Ich kann mich nicht bewegen... habe Probleme beim Atmen." Methos' keuchte und rang sichtlich nach Luft. "Mac... bitte... hilf mir, tu was. Ich kriege fast keine Luft." Sein Kopf fiel auf die Brust, seine ganze Gestalt sank noch weiter in sich zusammen.

Die gebrochenen Rippen. Sie haben die Lunge verletzt. "Ganz ruhig, Methos. Du hast dir einige schwere Verletzungen eingehandelt." – Und ich habe sie dir verpasst. – "Versuch' dich zu beruhigen, ganz ruhig." MacLeod half Methos, sich hinzulegen, dadurch zumindest einen Teil des Drucks vom verletzten Brustkorb zu nehmen. "Bleib' jetzt ganz ruhig liegen, es braucht Zeit, bis die Knochen heilen."

Methos gab keine Antwort, sondern nickte nur schwach. Seine Augen schlossen sich wieder, sein Atemrhythmus verlangsamte sich wieder. Dennoch blieb er bei Bewusstsein, zumindest fast.

Während Methos darum kämpfte, das Bewusstsein nicht zu verlieren, holte Duncan Wasser und Decken. Als erstes holte er Methos aus den zerrissenen, Blut durchtränkten Klamotten, dann begann er langsam und vorsichtig die halb verheilten Verletzungen zu reinigen. Immer wieder zuckte Methos zusammen oder schrie leise auf – deutliche Hinweise darauf, dass er sowohl bei Bewusstsein war, als auch darauf, dass die  Schmerzen, trotz der langsam einsetzenden Heilung, nicht besser wurden.

"Es tut mir leid, dass ich dir weh tun muss. Aber es geht nicht anders. Das Blut muss weg." – Alleine schon deswegen, damit ich sehen kann, ob sich dein Zustand bessert.

"Wie ist es passiert? Wer hat mich so verletzt? Und warum heilen meine Verletzungen nicht?", fragte Methos nach einiger Zeit. Mac hatte mittlerweile die Verletzungen versorgt und ihn zugedeckt, darauf bedacht, ihm dabei nicht noch mehr Schmerzen zu bereiten. Nun saß er neben Methos, dessen Oberkörper gegen den seinen gelehnt. Dadurch bekam der Unsterbliche besser Luft und etwas Körperwärme. Duncan hielt Methos nahe an sich gezogen, versuchte ihn zu beschützen, ihm zu helfen, sich zu erholen.

Was kann ich sagen? Wenn ich ihm jetzt die Wahrheit sage, dann weiß ich nicht, wie er reagiert. Er kann in seinem momentanen Zustand nicht vor mir fliehen... Nein!, entschied Duncan. Ich werde es ihm jetzt noch nicht sagen. Später, wenn er sich erholt hat, dann kann ich es ihm sagen. Er ist jetzt nicht in der Verfassung, um die Wahrheit zu ertragen. – "Ich weiß es nicht", antwortete er. "Du hast es irgendwie hierher geschafft, du bist unten im Trainingsraum gestorben und ich habe dich dann hochgebracht."

"Damit wäre das 'wie' geklärt, aber nicht das warum... das Warum, warum meine Wunden nicht heilen."

"Ich glaube, das hängt mit deinem physischen und psychischen Zustand zusammen, den du VOR der...", er suchte nach dem richtigen Wort- "... Folter hattest, zusammen."

"Was ist mit mir? Was ist mit mir passiert?"

Ein Verdacht kam langsam in Macs Bewusstsein. Hatte Methos mehr als nur die Folter durch ihn vergessen? "Methos... was ist das letzte, woran du dich erinnerst?"

"Wir waren gemeinsam bei der Show... ich habe nicht gewusst, wer den Twist erfunden hat und bin rausgeflogen.... danach..." Methos öffnete die Augen und sah MacLeod ratlos an. "Dunkelheit, Blackout. Keine Ahnung, was passiert ist."

"Du hast über eineinhalb Jahre vergessen? Kronos, die Reiter – Bordeaux?" Noch bevor sich Duncan darüber klar war, was er sagte, waren die Worte schon ausgesprochen.

"Kronos? Was weißt du von Kronos?" Methos klang alarmiert und versuchte sich aufzusetzen um Mac besser ansehen zu können.

"Ganz ruhig. Bleib liegen, du darfst dich jetzt nicht bewegen." Duncan hielt ihn sanft, aber bestimmt fest. "Ich weiß von den Reitern", sagte er schließlich leise.

"Was weißt du von ihnen?"

"Alles. Oder zumindest fast alles." MacLeod bemerkte den verwirrten und entsetzten Ausdruck in Methos' Gesicht. "Ich weiß Bescheid... ich weiß von Cassandra, ich weiß von dir – dem Tod, hoch zu Ross."

"Wann?" Das Wort kam leise, fast lautlos über Methos' Lippen. "Und was ist passiert?"

Was soll ich ihm sagen? Ich kann ihm doch nicht die ganze Geschichte erzählen, das würde er im Moment nicht verkraften. Er braucht jetzt Ruhe und Schutz, er muss schlafen... ich kann ihm jetzt nicht die ganze Reiter- Sache erzählen. Noch während Mac überlegte, was er Methos sagen sollte, spürte er plötzlich wie der ältere Unsterbliche sich entspannte und sein Atem gleichmäßiger wurde. Er ist  eingeschlafen. Das beste, das ihm jetzt passieren konnte.

Vorsichtig stand er auf und machte es dem Schlafenden so bequem wie nur irgend möglich. Duncan überprüfte noch einmal Methos' Zustand, stellte zufrieden fest, dass zumindest die Schnittwunden schon fast vollständig verheilt waren. Vielleicht – mit etwas Glück, waren sie bis Methos wieder aufwachte ganz verschwunden. Bloß die Verletzung am Hals machte Mac noch etwas Sorgen, die verheilte nämlich nicht gerade schnell. Nein, sie schien fast gar nicht zu heilen. Unwillkürlich kamen wieder Erinnerungen an Kalas...

Unbewusst strich er über die sich langsam schließende Wunde an Methos' Hals. Das Blut war weg, noch immer war das offene Fleisch zu sehen. Bitte keine Narben...

Mac kniete neben ihm auf dem Bett, eine Hand lag auf Methos' Brust, mit der anderen strich er dem älteren Unsterblichen die Haare aus der Stirn. Er fühlte die Knochen unter seiner Hand, sah, dass Methos viel zu dünn war. Der alte Mann war von Natur aus schon dünn, hatte absolut kein Gewicht zu verlieren. Der Gewichtsverlust der letzten Zeit war sicher auch mit Schuld an seiner miserablen Verfassung.

"Du erinnerst dich wirklich an nichts mehr?", fragte er den Schlafenden. "Hast keine Ahnung, was in Bordeaux passiert ist? Oder danach? Vielleicht solltest du darüber froh sein, vielleicht sollte ICH darüber froh sein... irgendwie denke ich sogar, dass es besser ist, wenn zumindest einer von uns vergessen kann, nie wieder daran denken muss." Duncan holte tief Luft, sammelte Kraft für seine nächsten Worte. "Vielleicht ist das unsere Chance auf einen Neubeginn. Ich schwöre bei Gott, dass ich dir niemals etwas über die Geschehnisse mit Kronos erzähle, dass du – wenn es nach mir geht – nie mehr daran erinnert wirst. Ich habe einmal gesehen, wie es dich fertig macht, ich kann es kein zweites Mal mit ansehen." Wenn du dann überhaupt noch mit mir reden würdest. "Und am allermeisten hoffe ich, dass du nie wieder daran erinnert wirst, was ich dir angetan habe."

Bitte, Methos, komm wieder zu dir, werde wieder gesund. Ich kann nicht mit ansehen, wie du leidest. Duncan zog sich langsam zurück und überließ Methos sich selbst. Er konnte nichts mehr tun – außer warten.

Und genau das erwies sich mehr als schwierig. Die Stunden vergingen nur langsam und Methos schlief immer noch. Einerseits war Mac darüber froh, auf der anderen wünschte er sich nichts sehnlichster, als dass Methos endlich wieder aufwachte. Er hatte zwar keine Ahnung was und wie viel er über die Ereignisse in Bordeaux erzählen konnte, ohne den älteren Unsterblichen zu sehr zu schocken. Trotzdem wollte er es hinter sich bringen. Vielleicht... wenn er Methos zwar die Wahrheit erzählte, einige  unangenehme Details, wie Silas’ Tod und das Doppelquickening, aber wegließ.... entweder würde sich Methos eines Tages von selbst daran erinnern können, (was Duncan nicht hoffte), oder aber er würde in seinem Leben ein Blackout von knapp eineinhalb Jahren haben. Bei einer Lebensspanne, die schon 5000 Jahre andauerte und durchaus noch ein paar tausend weitere umfassen konnte, war diese Zeit doch wirklich unerheblich.

Methos’ leise Stimme riss ihn aus seinen Grübeleien. "Du schuldest mir noch eine Antwort, Mac."

Duncan zuckte leicht zusammen, er hatte nicht mit einer derart direkten Frage gerechnet. Geschweigedenn damit, dass sich Methos an das vorherige Gespräch erinnerte. Verdammt, kenne ich ihn noch immer nicht gut genug? Langsam müsste ich ihn doch besser einschätzen können, oder? "Was willst du wissen?"

Methos wollte sich aufsetzen, was aber die gebrochenen Rippen noch nicht zuließen. Mit einem leisen Stöhnen legte er sich wieder hin. "Alles. Wenn du schon was über die Reiter weißt, will ich wissen was und wie viel."

Duncan ging neben Methos in die Knie, schloss die Augen und begann zu erzählen, was er für vertretbar hielt. "Es ist knapp 18 Monate her. Wir waren bei der Show, du bist rausgeflogen, hast dich darüber bei mir aufgeregt." Duncan lächelte. "Du meintest, dass du Caesars Lieblingsgericht kennst, weißt, dass Helena von Troja doch nicht so schön war wie alle glauben... deine übliche Angeberei halt. Wir wurden unterbrochen, als ein Unsterblicher auftauchte. Ich wollte wissen wer es ist – du hast mal wieder das Wegrennen vorgezogen." Er verzog das Gesicht. "Rückblickend gesehen hätte ich das auch tun sollen..."

"... hast du aber nicht. Ich kann es mir vorstellen: Während ich einen anderen Weg genommen habe, bist du mal wieder geradewegs in die Schwierigkeiten gelaufen."

"Ja, so könnte man es nennen... der Unsterbliche... er war ein alter Bekannter, sagen wir mal so. Sagt dir der Name Melvin Koren was?"

"Melvin Koren? Ja, schon. Aber..."

Duncan legte Methos einen Finger auf die Lippen. "Sei still. Ich weiß, dass er Kronos hieß. Nur damals wusste ich es noch nicht. Erst Cassandra hat es mir gesagt."

"Cassandra?", wiederholte Methos geschockt. "Du meinst doch wohl nicht DIE Cassandra..." Er holte tief Luft, bereute das aber sofort. "Verdammte Rippen! Warum heilen sie nicht?", stieß er heiser hervor.

"Methos... vielleicht sollten wir nachher weitermachen. Du solltest dich erst etwas erholen, deine Verletzungen ausheilen lassen."

"Vielleicht hast du Recht", stimmte Methos – zu Duncans vollkommener Überraschung – zu. "Ich kann mir sowieso vorstellen, was Cassandra dir erzählt hat. Was für ein böser, fieser Typ ich doch war, dass ich alle – inklusive ihr – umgebracht habe..."

"Hör' auf." Mac schüttelte entschieden den Kopf. Nein, jetzt konnte er sich das nicht anhören. "Ich kenne die Geschichte, von ihrem und von deinem Standpunkt aus. Ich kann damit leben." Ach, ja? Kann ich das wirklich? "Und du – du brauchst jetzt Ruhe und keine Erinnerungen an deine Reitertage." Wie schlecht muss es ihm wirklich gehen, wenn er mir einfach so zustimmt, nichts weiteres mehr wissen will? Er schauderte leicht. Wie schlecht geht es dir wirklich? Wie schwer habe ich dich wirklich verletzt? "Wie fühlst du dich?"

Methos zog eine Grimasse. "Wie jemand mit gebrochenen Rippen dem jemand die Eingeweide durcheinander gebracht hat." Er atmete vorsichtig ein. "Und jemand der sich nicht bewegen kann."

"Du kannst dich nicht bewegen?" Verdammt, wo ist er denn noch verletzt?

"Nein, meine Rippen lassen das nicht zu. Die halten mich sehr an der kurzen Leine, sobald ich auch nur daran DENKE mich zu rühren, schreien sie Protest", erwiderte Methos schlicht. "Auch wenn ich nicht weiß warum, eigentlich müssten sie schon längst wieder geheilt sein." Er fing MacLeods Blick ein, ließ ihn nicht mehr los. "Ich will nichts mehr über die Reiter wissen – vorläufig. Aber ich habe verdammt noch mal das Recht zu erfahren, wer mich so zugerichtet hat und warum es kaum besser wird." Er sah den inneren Kampf, den Mac ausfocht. "Bitte... sag es mir." Seine Stimme wurde noch leiser, eindringlicher. "Ich habe ein Recht darauf, immerhin geht es hier um mich." Er stockte kurz. "Um meine Gesundheit."

Ich kann es ihm nicht sagen! Er würde in Panik geraten, versuchen von mir davonzulaufen. Und solange er verletzt ist, kann er nicht kämpfen. Es gibt da draußen viel zu viele Unsterbliche, die ihn töten würden. "Du willst momentan nichts mehr über die Reiter wissen, einverstanden. Ich denke sowieso, dass es besser ist, wenn wir damit warten. Also die Kurzfassung: Die ganze Reiter-Sache war nicht gerade leicht für dich, immerhin sind die Drei jetzt tot..."

"Sie sind tot? Alle?" Methos klang geschockt. "Ich hätte nie gedacht, dass das jemand schafft. Selbst dir hätte ich nicht alle drei zugetraut."

"Ich habe aber 'nur' Kronos und Caspian besiegt." Ich muss es ihm sagen, zumindest einen Teil. "Silas wurde von dir enthauptet."

"Ich? Silas getötet?" Methos schien kurz vor einem hysterischem Lachanfall zu stehen. "Nie im Leben! Silas war der einzige, für den ich noch immer so etwas wie Zuneigung empfinde. Er ist ein netter Kerl, bloß eben ein wenig zu brutal verlangt."

"War", verbesserte Mac leise. "Er war ein zu groß geratenes Kind. Du hast es getan, glaub' mir." Und da ich zur selben Zeit Kronos getötet habe und wir das Quickening geteilt haben... hast du es noch nicht bemerkt? Die Verbindung ist ja noch da, spürst du meine Gegenwart nicht, so wie ich deine?

"Und dann? Ich kann mir nicht vorstellen, dass du diesen Punkt meiner Vergangenheit einfach so akzeptiert hast und wieder zur Tagesordnung übergegangen bist." Methos verzog missmutig das Gesicht. "Das ist nicht deine Art zu vergeben, geschweigedenn zu akzeptieren."

Im ersten Moment wusste Duncan nicht, wie er darauf reagieren sollte. Die selben Worte hatte Methos damals benutzt – an jenem Tag, an dem er Mac von seiner Beziehung zu Kronos erzählte. "Doch, ich kann", meinte er nach einigen Sekunden. Er war zwar selbst nicht wirklich davon überzeugt, aber im Moment ging es hauptsächlich darum, das Vertrauen zwischen Methos und ihm wieder herzustellen und natürlich, dass sich der alte Mann von seinen Verletzungen erholte. "Lass' mich mal sehen wie weit der Heilungsprozess ist."

"Du bist kein Arzt, ich kann das selbst besser beurteilen!", wehrte Methos ab.

"Ach ja, und wo ist dein medizinischer Stand? Mittelalter?"

"Nein, ich war im vorigen Jahrhundert auch als Arzt tätig."

"Gut, von mir aus", gab Mac schließlich nach. "Und was sagt der Arzt? Wie ist der Zustand des Patienten?"

Mit einem leisen Stöhnen setzte Methos sich auf und zwang sich dazu, langsam aufzustehen. Duncan sah ihm an, wie er versuchte seine Schmerzen nicht zu zeigen. Qualvoll langsam stand er auf und hielt sich krampfhaft am Kopfende des Bettes fest.

"Dem Patienten geht es den Umständen entsprechend", brachte der ältere Unsterbliche mühsam heraus. Er rang noch immer sichtlich um Atem, trachtete jedoch danach, es vor MacLeod zu verbergen. "Und er wird sich wieder ganz erholen", setzte er mit einem leichten Grinsen hinzu.

Ja, aber wann? Er müsste sich mittlerweile schon dreimal völlig erholt haben, aber ich sehe deutlich, dass die Lunge noch immer verletzt ist. Und wie es in seinem Inneren aussieht will ich gar nicht wissen. – "Bitte... leg' dich wieder hin. Du bist bei weitem noch nicht gesund." Aber warum nicht? Es tut weh, ihn so zu sehen, lange halte ich es nicht mehr durch. Es muss was passieren – bald!

"Mir geht es ausgezeichnet", protestierte Methos wenig überzeugend. "Verdammt, ich bin unsterblich, also werde ich mit ein paar gebrochenen Rippen und inneren Verletzungen auch noch fertig!" Trotzig, als ob er Mac etwas beweisen wollte, ließ er die Rückwand des Bettes los und versuchte ein paar Schritte zu gehen.

Duncan war gerade schnell genug um ihn aufzufangen, als die Beine unter Methos weg knickten. "Ja, ich sehe wie gut es dir geht. Du legst dich wieder hin – keine Widerrede!"

"Ich verstehe es einfach nicht", murmelte Methos nachdem ihm Duncan geholfen hatte sich wieder hinzulegen. "Was ist mit mir passiert, dass ich mich nicht erhole?" Er hielt inne, versuchte sich krampfhaft an etwas zu erinnern. "Du sagtest, dass meine schlechte Verfassung mit meinem Zustand vor diesen.... diesen..." Er suchte verzweifelt nach Worten. "Bevor mich irgendwer so zugerichtet hat, zusammenhängt." Er zwang sich dazu, die Augen offen zu halten. "Was ist damals passiert? Wie war meine Verfassung?"

Duncan hätte sich am liebsten abgewandt, wäre davon gegangen... aber er konnte nicht. Methos hielt ihn am Arm fest. Es war zwar kein fester Griff, im Gegenteil, es war nur eine leichte Berührung, aber es reichte, dass Mac sich nicht traute die Hand zurückzuziehen. Nicht jetzt. "Nach den Reitern", begann er langsam. "Unsere Freundschaft... sie war so gut wie am Ende, ich war zu wütend um zu zuhören und du? Du hast dich zurückgezogen, keinerlei Anstalten gemacht, irgend etwas zu unternehmen. Eines Tages – nach einem Gespräch mit Joe – entschloss ich mich, zu dir zu gehen um zu reden. Ich wollte wissen wie und warum... warum du gelogen  hast, dich bei Kronos' Auftauchen wieder auf seine Seite geschlagen hast. Warum du ihm geholfen hast, die vier Reiter der Apokalypse wieder zusammenzuführen..."

Methos' keuchte bei dieser Enthüllung überrascht auf, sagte jedoch nichts. Ihm war klar, dass Duncan sonst vermutlich mit seiner Erzählung aufhören würde. Es war offensichtlich, dass es dem Highlander unendlich schwer fiel, über diesen Zwischenfall zu reden.

"... du hast mich nach einem kurzen Gespräch rausgeworfen. Du hast abgeblockt, gemeint, dass du mich nicht brauchst, dass du dein Leben auch sehr gut ohne mich leben kannst." Duncan verschwieg, dass ihm diese Aussage beinahe das Herz gebrochen hatte. So sehr seine Freundschaft mit dem ältesten Unsterblichen auch schwankte, so gern sie sich auch stritten, einander fertig machten – er wollte auf keinen Fall, dass sie endete.

Methos bemerkte, wie Duncans Stimme leiser wurde, bei den letzten Worten fast brach. "Duncan..." Er zog seine Hand zurück und zwang sich dazu, sich aufzusetzen. Duncan saß neben ihm, die beiden Männer sahen sich direkt an. "Du hast mich wütend gemacht", stellte Methos fest. "Das ist, was du am besten kannst." Er verstummte, überlegte wie er es am besten ausdrücken sollte. "Ich kann mich zwar nicht daran erinnern... – aber egal was ich gesagt habe, ich bin mir sicher, dass ich es nicht so gemeint habe. Ich war verletzt – wenn das, was du mir über Kronos und die Reiter erzählt hast, wahr ist, dann ist das kein Wunder. Aber nie, wirklich nie möchte ich unsere Freundschaft aufgeben. Ist dir das klar?" Er schloss die Augen, bekämpfte den Schmerz in seinem Brustkorb und im Bauch. Er spürte, dass er noch lange nicht gesund war, fühlte gebrochene Knochen und, dass in seinem Inneren bei weitem nicht alles in Ordnung war. Er spürte, wie langsam aber sicher wieder die Bewusstlosigkeit von ihm Besitz ergriff – die Anstrengungen der letzten Minuten waren zuviel gewesen, sein geschundener Körper verlangte Tribut. "Egal was in Bordeaux passiert ist... egal was für einen Eindruck ich nachher erweckt habe... du bedeutest mir zuviel, als dass ich unsere Freundschaft aufgeben möchte." Schwarze Flecken schränkten sein Blickfeld ein, der Geschmack von Blut im Mund ließ ihn wissen, dass er nicht mehr viel Zeit hatte. Er wollte noch weiter sprechen, Duncan sein Verhalten erklären... doch er brachte kein Wort mehr über die Lippen.

Duncan beobachtete besorgt, wie Methos um jedes Wort kämpfte, schließlich schon fast lautlos sprach. Er rückte näher, umfasste die Schultern des anderen Unsterblichen. "Methos? Bitte, bleib wach. Du darfst nicht wieder das Bewusstsein verlieren." Er schüttelte Methos, versuchte ihn wach zu halten. "Bleib' bei mir..."

"Keine Chance, Highlander. Schmerzen... im Bauch. Blut, überall ist Blut..." Methos' Kopf fiel gegen Duncans Schulter als er abermals das Bewusstsein verlor.

"Methos?" Sachte schüttelte Mac den reglosen Körper, versuchte Methos wieder zu Bewusstsein zu bringen. Diese ständigen Anfälle, kombiniert mit seinen inneren Verletzungen die partout nicht heilen wollten, machten Duncan immer mehr Angst. Egal wie mies Methos' körperliche Verfassung war, wie geschwächt sein gesamtes System war, mittlerweile hätten die Wunden wirklich schon längst verheilt sein müssen. Aber nein, stattdessen schien sich sein Zustand eher noch zu verschlechtern. Was hatte Methos vorhin gesagt? Schmerzen im Bauch, überall Blut? Mac wusste nicht viel über Medizin, aber Methos' vage Beschreibungen jagten ihm eine Höllenangst ein. Das waren alles Anzeichen auf wirklich schwerwiegende innere Blutungen, die dringend behandelt gehörten. Aber wie und wo? Er konnte Methos unmöglich in ein Krankenhaus bringen, dort würden sie Fragen stellen, und vermutlich sogar hinter seine wahre Natur kommen. Und was sollte er sagen, wenn er danach gefragt wurde, wie sich Methos so verletzt hatte?

Methos' Haut war kalt, sein Atem ging nur schwach. Blutverlust, dachte Duncan abwesend. Er hat zu viel Blut verloren, deswegen schafft sein Körper es auch nicht, die Blutungen zu stoppen. Es geht ihm zu schlecht, um zu heilen. Er unterdrückte ein bitteres Lachen. Welche Ironie – ein Unsterblicher hat zu viel Blut verloren um sich wieder erholen zu können. Er hat viel zu wenig Blut, aber es reicht um die inneren Verletzungen immer bedrohlicher zu machen. Aber was kann ich tun? Verdammt, er gehört in ein Krankenhaus! Er braucht medizinische Hilfe, alleine schafft sein Körper es nicht mehr, sich zu erholen. Aber wem kann ich vertrauen?

Während er in Gedanken sämtliche Möglichkeiten durchging – und auch gleich wieder verwarf – rückte er unbewusst näher an Methos heran, versuchte dem anderen Unsterblichen einen Teil seiner Kraft zu geben. Natürlich war ein solches Verhalten sinnlos und Methos bemerkte es nicht einmal, aber es half ihm, Duncan. Methos' Nähe, die Kälte die von ihm ausging, erinnerte ihn daran, dass Eile geboten war. Er musste etwas unternehmen, das Schicksal allein wusste, wie es ansonsten mit dem ältesten Unsterblichen weitergehen würde. Duncan glaubte mittlerweile eine Erklärung für den – nach Unsterblichen-Maßstäben – fast nicht fortschreitenden Heilungsverlauf gefunden zu haben. Er war sich bewusst, dass ein Sterblicher vermutlich schon längst den inneren Blutungen erlegen wäre, als Unsterblichen war es Methos unmöglich daran  dauerhaft zu sterben, das war Mac natürlich klar. Aber dass es nicht besser wurde, im Gegenteil die Schmerzen immer schlimmer zu werden schienen... Methos brauchte Hilfe, ärztliche Hilfe. Jemanden, der über die Unsterblichen Bescheid wusste, aber trotzdem auch über medizinisches Know-how verfügte...

Anne! Sie war die Rettung – die einzige Möglichkeit um Methos zu helfen. Sie war Ärztin, sie arbeitete hier in Seacouver, sie wusste über die Unsterblichen Bescheid – und, vor allem, sie konnte schweigen und würde keine unangenehmen Fragen stellen. Hoffte er zumindest.

So sanft wie nur irgend möglich löste er sich von Methos, versuchte ihn in eine möglichst angenehme Position zu bringen. "Ich komme gleich wieder", flüsterte er, obwohl er wusste, dass Methos weder seine An- noch seine Abwesenheit bemerkte.

Hastig suchte er nach Annes Nummer, fand sie schließlich auch. "Anne? Hier ist... Duncan. – Ich... ich bräuchte deine Hilfe...." Er redete weiter, versuchte ihr die Dringlichkeit seines Anliegens klarzumachen, ohne dabei ins Detail zu gehen. Zum Schluss erklärte die Ärztin sich bereit, im Dojo vorbeizusehen um Mac einen Gefallen zu tun. Er hatte es mit voller Absicht vermieden, etwas von einem medizinischen Notfall zu sagen, Anne jedoch gebeten, ihre Ausrüstung mitzubringen.

Nach der Beendigung des Telefonates ging Duncan wieder zurück zu Methos. Dessen Zustand hatte sich nicht geändert. Weder zum besseren noch zum schlechteren. Er stand neben dem Bett und blickte hilflos auf seinen Freund hinab – bis er unten den Fahrstuhl hörte. Endlich!

"Anne! Gut, dass du endlich da bist!" Erleichtert öffnete Duncan die Tür und ließ die Ärztin eintreten.

"Also gut, Duncan. Was soll das?" Anne stand noch halb im Lift, sie hatte keine Möglichkeit Methos' regungslosen Körper auf dem Bett zu sehen, da Duncan ihr im Sichtfeld stand. "Du rufst mich mitten in der Nacht her, holst mich von Mary weg, faselst bloß was von einem Gefallen und dass ich meine Ausrüstung mitbringen soll. Wozu?" Sie verschränkte die Arme vor der Brust und beobachtete Mac abwartend. Was sie sah, erschreckte sie zutiefst. Duncan wirkte verunsichert, blass, übernächtigt. "Was ist mit dir?", fragte sie sanft. "Brauchst du meine Hilfe? Du siehst schrecklich aus." Wenn sie nicht über seine Unsterblichkeit Bescheid gewusst hätte, hätte sie MacLeod für krank gehalten.

"Nein... nicht ich", antwortete er leise. Er klang erschöpft und wie am Ende seiner Kräfte und Nerven. "Es geht um... um einen Freund. Er ist schwer verletzt und braucht dringend Hilfe."

"Dann bring ihn in ein Krankenhaus!" Konnte Mac wirklich so dumm sein?

"Das geht nicht... er ist einer von uns."

Im ersten Moment verstand Anne nicht. Wenn jemand verletzt war, musste er ins Krankenhaus, so einfach war das. '... einer von uns...' "Ein Unsterblicher?" Sie brachte das Wort fast nicht über die Lippen. Seit Jahren hatte sie versucht die Existenz dieser besonderen Art von Menschen zu verdrängen, nicht an sie und ihr "Spiel" mit den Schwertern und Quickenings zu denken.

Duncan nickte leicht. "Komm mit." Er nahm sie bei der Hand und führte sie langsam zum Bett. "Er ist ein Unsterblicher, allerdings litt er in letzter Zeit unter extremen seelischen Stress. Das führte dazu, dass er körperlich abgebaut, sprich abgenommen hat. Und dann..."- Verdammt, wie soll ich das bloß ausdrücken?! Wie soll ich es ihr erklären, was mit ihm passiert ist? – "Ich weiß nicht, wie es passiert ist." Er beschloss bei der selben Story zu bleiben, die er auch schon Methos erzählt hatte. "Irgend jemand hat ihn regelrecht gefoltert, ihm schwerste Verletzungen zugefügt. Ich weiß nicht wer und warum." - Ja, erzähl' ihr doch gleich, dass der Papst evangelisch ist! – "Er hat es irgendwie hierher geschafft und ist tot unten im Trainingsraum zusammengebrochen." Duncan suchte nach Worten, jetzt wo er es jemanden anderen erzählen musste tat es noch mehr weh. Das Wissen, dass ER es gewesen war, dass er Methos in diesen erbärmlichen Zustand gebracht hatte. "Er hatte mehrere Schnittwunden, gebrochene Knochen, sowie eine Verletzung am Hals", zählte er auf. "Die sind mittlerweile verheilt, aber es gibt da noch etwas, das mir Sorgen macht."

"Und das wäre?" Anne blieb – völlig im Gegensatz zu ihrer sonstigen Hilfsbereitschaft – etwa einen Meter von Methos entfernt stehen und beobachtete wie Duncan wieder neben dem Bett in die Knie ging und dem ruhig da liegenden Mann das Haar aus der Stirn strich. Das hier war mehr als nur Freundschaft, das erkannte sie auf den ersten Blick. Aber wie viel mehr?

"Innere Verletzungen", erwiderte Duncan leise. "Gebrochene Rippen, die die Lunge verletzt haben, sowie schwere innere Blutungen die einfach nicht verheilen. Er hatte Blut im Mund, als er das letzte Mal das Bewusstsein verlor. Und er klagte über Schmerzen im Bauch."

"Und wofür brauchst du dann noch mich?" Die spitze Bemerkung war heraus, noch bevor Anne sie richtig registrierte. Als sie den verletzten Ausdruck in Duncans Augen bemerkte, beeilte sie sich, sich zu entschuldigen. "Tut mir leid. Ich... ich bin bloß noch immer von deinen Anruf überrascht", versuchte sie sich zu erklären.

Mac nickte verstehend. "Es tut mir leid, ich weiß, dass du eigentlich nie wieder etwas mit uns zu tun haben wolltest... aber ich brauche deine Hilfe. Adam braucht deine Hilfe." Das lautlose "Bitte" lag unausgesprochen aber trotzdem deutlich in der Luft.

Anne seufzte leise und trat näher, ging neben Duncan ebenfalls in die Knie. "Adam, ist das sein Name?"

"Ja, Adam Pierson."

"Und er ist einer von euch – ein Unsterblicher."

Eine stumme Bestätigung. "Bitte... versuch' ihm zu helfen."

Sie nickte und schlug die Decke zurück. "Wie lange ist er jetzt schon bewusstlos?"

"Etwa eine halbe Stunde. Und auch davor hat er immer wieder das Bewusstsein verloren."

Die nächsten Minuten vergingen schweigend, während Anne Methos untersuchte und Duncan sich an das andere Ende des Raumes zurückgezogen hatte um nicht zu stören.

Nach einigen Minuten stand Anne wieder auf und kam langsam zu Mac. "Ich bin fertig", sagte sie leise.

"Und? Wie geht es ihm?" Die Angst in Duncans Stimme war nicht zu überhören. Anne wunderte sich abermals, welche Beziehung Duncan zu Adam hatte. Diese Besorgnis ging weit über das Normale hinaus, selbst nach MacLeods Maßstäben.

"Nicht gut." Sie schüttelte den Kopf. "Wäre er ein normaler Mensch, würde ich sagen, dass er im Sterben liegt. Er hat eine Menge Blut verloren – mehr als die Hälfte! Das allein würde bei einem Menschen schon ausreichen um ihn zu töten. Sogar zweimal. Außerdem – wie du schon richtig vermutet hast – hat er einige schwere innere Verletzungen und Blutungen. Seine Lunge wurde von zwei gebrochenen Rippen perforiert – daher seine Atemprobleme, selbst während er bewusstlos ist." Sie hielt kurz inne, bemerkte den Horror in Macs Augen. "Des weiteren sind etliche inneren Organe – darunter Nieren und Leber – geschädigt." Sie wandte den Blick ab. "Es tut mir leid, ich kann nicht wirklich was für ihn tun. Einem Menschen würde ich schmerzstillende Mittel geben und warten bis es vorbei ist... bei einem Unsterblichen, dessen Selbstheilung nicht funktioniert... es tut mir leid, ich kann nichts tun. Wir können nur warten, und hoffen, dass er sich von selbst wieder erholt. Ansonsten..." Sie sprach nicht weiter, sie beide wussten, was das bedeutete.

"Kannst du nichts tun um wenigstens seine Schmerzen zu lindern?", fragte Mac tonlos. Mittlerweile stand er kurz vor einem Nervenzusammenbruch – dass Methos' Körper derart reagieren würde hatte er sich in seinen schlimmsten Alpträumen nicht vorstellen können.

"Ich könnte ihn höchstens an eine Infusion mit einem Schmerzmittel hängen – das würde die Schmerzen, solange er bei Bewusstsein ist, unterdrücken. Aber mehr... nein, tut mir leid. Selbst wenn wir ihn in ein Krankenhaus bringen würden -" Sie hob die Hand als Mac protestieren wollte "- ich weiß, dass das keine Option ist. Selbst wenn", begann sie noch einmal. "Ich könnte dort nichts für ihn tun. Seine Verletzungen sind zu schwer. So ähnlich wie bei einem Unfallpatienten der vor einigen Jahren einmal in die Notaufnahme eingeliefert wurde und dort seinen schweren Kopfverletzungen erlag. Seltsamerweise verschwand die Leiche – wir wollen den Mann mal Duncan MacLeod nennen – spurlos."

Duncan nickte, er hatte verstanden. "Also kannst du nur seine Schmerzen erträglicher machen, ihm aber nicht wirklich helfen", fasste er zusammen.

Anne nickte bestätigend. "Es tut mir leid, Duncan, aber in solch einem Fall stößt selbst unsere modere Medizin an ihre Grenzen."

"Dann tu es."

"Was?"

"Hilf' ihm so gut es geht, sorge dafür, dass er keine Schmerzen mehr hat." Mac drehte sich um und starrte aus dem Fenster. "Tu was du kannst um ihm zu helfen. Notfalls..." Er stockte kurz. "Du weißt, was ich meine. Sein Körper ist zu schwach dafür, aber vielleicht würde es helfen."

"Nein! Nie im Leben!" Anne war entsetzt. Wie konnte Duncan nur so etwas von ihr verlangen? "Ich kann seine Schmerzen lindern, aber ich werde ihm nicht beim Sterben helfen." Sie holte tief Luft. "Das kannst du machen – du bist das gewohnter als ich."

Sie hatte mit einer verärgerten Reaktion von Seiten Macs gerechnet, mit einem lauten Protest, dass das die Regeln des Spiels seien, dass es nun mal notwendig war – aber nicht mit dem eisigen Schweigen.

Nach einigen Sekunden fing Duncan sich wieder und nickte leicht. "Schmerzmittel, in Ordnung. Tu was du kannst und dann lass uns bitte allein." Er starrte noch immer stur aus dem Fenster, seine Gedanken meilenweit entfernt. Ich hoffe, sie kann ihm wenigstens ein bisschen helfen, ihm zumindest die Schmerzen nehmen. Ich fühle, dass es noch länger dauern wird, bis Methos sich wieder erholt hat. Und wenn er erst einmal wieder gesund ist... ich muss ihm irgendwie die Geschichte mit den Reitern erklären, er wird wissen wollen wer ihm das angetan hat – aber ich kann es ihm nicht sagen. Kann ihm nicht sagen, dass ich es war, dass Kronos derart die Kontrolle über mich übernommen hat und in meiner Gestalt ihm all das angetan hat.

"Und was dann?" Annes Stimme war leise und sanft. Sie kam langsam näher und zwang Duncan dazu, ihr in die Augen zu sehen. "Was willst du dann tun? Ihm den Kopf nehmen, ihm so helfen?" Unbewusst hatte ihre Stimme einen schärferen Klang angenommen, sie konnte und wollte diesen Teil des Spieles nicht akzeptieren. Andere töten, ihnen den Kopf abschlagen... nicht einmal gute Freunde waren ausgenommen, der Kampf Mann gegen Mann, jeder gegen jeden – bis zum bitteren Ende, der Zusammenkunft.

"Nie im Leben!"

Anne sah überrascht auf. Sie wusste selbst nicht, mit was für einer Reaktion sie gerechnet hatte, aber sicher nicht mit einer derart entsetzten Ablehnung. Duncan klang gleichzeitig wütend über den Vorschlag und unendlich hilflos.

"Das könnte ich nie. Verstehst du? Niemals könnte ich ihn töten..." Er brach den Blickkontakt ab und ging wieder zu Adam. "Du sagtest, du kannst seine Schmerzen lindern solange er bei Bewusstsein ist – was hast du damit gemeint?"

Sie seufzte und folgte Mac und blieb neben ihm stehen, versuchte nicht auf den bewusstlosen Mann sehen zu müssen. "Ich kenne mich bei euch Unsterblichen nicht sonderlich gut aus", sagte sie nach einer Weile. "Aber ich denke, dass er bald wieder zu sich kommen wird. Entweder wird es ihm dann besser gehen, sein Körper sich regeneriert haben, oder aber er dämmert weiter in diesem Zustand vor sich hin. Halb lebend, halb tot." Mac zuckte ob dieser direkten Formulierung zusammen. "Es tut mir leid, aber das sind die Tatsachen. Er hängt irgendwo zwischen Leben und Tod. Ich glaube, dass dein Verdacht richtig ist und er zu geschwächt ist, um zu heilen. Aber irgend etwas – Gott allein weiß, was – verhindert auch, dass er sterben kann. Wenn – falls – er wieder zu Bewusstsein kommt, kann ich dir ein Medikament dalassen, das ihm helfen wird, den Schmerz fast vollständig verschwinden lässt. Aber wenn seine Heilung nicht bald einsetzt – sehr bald – wird er wieder das Bewusstsein verlieren. Er ist zu schwach um bei Bewusstsein zu bleiben. Viel zu schwach", setzte sie düster hinzu.

"Und es wird immer so weitergehen?" Duncan klang resigniert, schien weder aus noch ein zu wissen. "Er kommt zu sich, er verliert das Bewusstsein... verdammt, irgendwann muss sich sein Zustand doch ändern!" Bei jedem Wort wurde er lauter, die letzten schrie er schon fast. "Das kann ich nicht akzeptieren! Er muss gesund werden, er muss sich erholen..." - Ich hasste Kronos von dem Moment an, in dem er als Koren in mein Leben trat, ich hasste ihn noch mehr als seine Verbindung zu Methos bekannt wurde, das Wissen, dass ich ihn jetzt in mir habe, machte mich fast krank. Aber dass ich / er / wir beide Methos in diesen Zustand gebracht haben – dafür könnte ich ihm noch einmal den Kopf abschlagen. Und mir gleich dazu. Fakt ist, dass Methos wegen MIR so leidet, ich bin genauso schuldig wie Kronos, vielleicht, nein sicher sogar, noch mehr. Ich hätte ihn bekämpfen müssen, hätte es ihm nicht gestatten dürfen, Macht über mich zu bekommen. ICH bin für Methos' Leiden verantwortlich...

"Ich weiß es wirklich nicht. Wenn ich könnte würde ich mehr helfen, aber ich kann nicht, verstehst du das? Ein Sterblicher wäre schon lange tot, als Unsterblicher hat Adam noch eine Chance sich zu erholen – aber es kann dauern. Wenn ich mir seinen Gesamtzustand so ansehe... – selbst ohne diese Verletzungen gehörte er in ärztlichen Gewahrsam. Es geht deinem Freund schlecht, Duncan, sehr sogar. Ich weiß nicht, was er in den letzten Wochen und Monaten durchgemacht hat aber es hat ihn über seine Grenzen hinaus belastet. Sein Körper verlangt nun Tribut und kann einfach nicht mehr. Auch ihr Unsterblichen habt Grenzen die ihr nicht überschreiten dürft. Ich könnt zwar nicht sterben, aber eure Körper reagieren anders. Und Adam zahlt jetzt den Preis für die letzten Wochen."

Den Preis für die letzten Wochen... Die Worte hallten in MacLeods Geist wieder. Er wusste nicht, was mit Methos in den letzen Wochen geschehen war, er wusste nur, was er ihm in den letzten drei Tagen angetan hatte. Aber wenn er so zurückdachte... selbst durch den Nebel, den Kronos' Quickening in seinen Erinnerungen ausgelöst hatte, konnte er sich daran erinnern, dass Methos schon extrem schlecht ausgesehen hatte, bevor er ihm / ihnen in die Hände fiel.

"Wie ist deine Entscheidung?"

Mac holte tief Luft, ging in Gedanken noch einmal alle Möglichkeiten durch. Schließlich fällte er seine Entscheidung. "Wie ich gesagt habe: Gib' ihm was gegen die Schmerzen und lass' uns dann bitte allein."

"Und was dann?" Anne klang sowohl neugierig als  auch besorgt.

"Ich weiß es nicht", gestand Duncan. "Ich weiß nur, dass ich ihn unter keinen Umständen töten kann. Ich werde bei ihm bleiben, und hoffen, dass er sich erholt. Das ist alles was ich tun kann."

Anne nickte und holte etwas aus ihrer Tasche. "Wie weit kennst du dich mit medizinischer Notversorgung aus?", fragte sie.

Erst war Mac überrascht, dann verstand er. "Im zweiten Weltkrieg habe ich als Sanitäter gearbeitet – ich bin vielleicht nicht up to date aber es wird und muss reichen."

"Gut." Anne drückte ihm ein kleines Päckchen in die Hand. "Ich muss es dir wohl nicht erklären. Es wird die Schmerzen unterdrücken, aber sonst wird es nichts bewirken, alles klar?" Sie packte ihre Sachen wieder ein und machte sich zum Gehen bereit. "Da du mich offenbar nicht länger brauchst..." Sie lächelte kurz. "Mary wartet auf mich, meine Mutter passt kurzfristig auf sie auf."

"Schon gut – und... Danke für deine Hilfe. Ich weiß, dass du nie wieder mit Unsterblichen zu tun haben wolltest."

Die Ärztin schüttelte leicht den Kopf. "Es ist nicht so, dass ich nichts mit euch – oder dir – zu tun haben will. Ich kann nur nicht in deiner Welt leben, all das Töten, die Schwerter... das ist nicht meine Welt und ich kann darin nicht leben. Bitte... versteh' das doch. Ich bin Ärztin, ich habe mich verpflichtet Leben zu retten, nicht hilflos dabei zuzusehen wie es zerstört wird."

"Ich verstehe dich nur zu gut – mir geht es ja selbst nicht viel anders. Aber das IST meine Welt, ich wurde in sie hinein geboren – nein, eher ermordet – und ich muss in ihr leben. Es ist unser Schicksal zu kämpfen."

Anne nickte und gab keine Antwort. Sie drehte sich um und wollte gerade die Tür hinter sich schließen, als sie sich noch einmal umdrehte. "Du weißt, wie du Adam behandeln musst?"

"Ja, keine Angst, das kriege ich noch hin."

"Aber bitte denk' daran: Nicht mehr als eine Dosis in zwölf Stunden. Alles andere ist zu gefährlich, selbst für ihn."

Duncan lächelte leicht ob ihrer Besorgnis. "Ich weiß, danke. Leb' wohl."

"Auf Wiedersehen, Mac." Sie lächelte zurück und schloss leise die Tür hinter sich.

Duncan starrte noch einige Sekunden auf die geschlossene Tür, dann riss er sich los und kehrte wieder zu Methos zurück. Der Zustand des ältesten Unsterblichen hatte sich nicht nennenswert geändert, doch Mac fiel auf, dass sein Atem etwas unruhiger ging. Er schien langsam wieder zu sich zu kommen.

"Methos?"

Langsam öffneten sich Methos' Augen, er brauchte mehrere Versuche um sie offen zu halten. Er stöhnte leise, bis sich jedoch gleich darauf auf die Lippen.

Mac zwang sich dazu, genau hinzusehen, jede Bewegung des alten Mannes genau zu verfolgen. "Wo hast du Schmerzen?", fragte er leise.

Methos versuchte zu sprechen, gab es jedoch relativ schnell wieder auf und schüttelte nur den Kopf. Nach einigen Minuten atmete er tief ein, ein grauenvolles Geräusch. "Die Lunge... ich kann fast nicht atmen", brachte er mühsam hervor. "Es ist... viel schlechter als das letzte Mal..." Jedes Wort war ein Kampf.

"Ich denke, dass du dich bei deinem misslungenen Aufsteh- Versuch nur noch weiter verletzt hast." Duncan hielt kurz inne. Er musste seine Fragen so formulieren, dass Methos möglichst kurz darauf antworten konnte. "Und dein Bauch? Tut es dort auch weh?"

Methos nickte leicht, zuckte jedoch nach dieser sachten Bewegung schmerzerfüllt zusammen. "Ja, als ob da drinnen alles durcheinander ist, nichts mehr auf seinem Platz."

Laut Anne ist das eine adäquate Beschreibung deines Zustandes, schoss es Mac durch den Kopf. "Warte, ich gebe dir was gegen die Schmerzen." Er stand auf und holte die Medikamente, die er von Anne erhalten hatte. "Das wird dir helfen, zumindest gegen die Schmerzen." Vorsichtig injizierte er Methos das Mittel.

Nach einigen Minuten schien das Medikament den gewünschten Erfolg zu erzielen – Methos schien nicht mehr bei jedem Atemzug tausend Tode zu sterben.

"Was ist das? – Es hilft wirklich", fragte Methos. Er konnte nun besser sprechen, aber Mac vergaß auch nicht Annes Warnung, dass es nur die Schmerzen unterdrückte, die Verletzungen jedoch nicht heilen konnte. Methos ging es noch immer genauso schlecht wie vorher, bloß waren die Schmerzen weg.

"Morphium", antwortete Duncan kurz.

Methos schaute überrascht drein. "Wo hast du denn das her?"

"Anne war hier und hat dich untersucht... ich habe sie gebeten zu kommen. Ich mache mir Sorgen, weil sich dein Zustand nicht bessert."

"Anne..." Methos schien kurz nachdenken zu müssen. "Die Ärztin, mit der du einmal eine Beziehung hattest, nicht wahr?" Er schloss kurz die Augen, unterdrückte die Schmerzen die noch immer durch seinen Körper tobten. Es war besser, erträglicher, ja – aber er war bei weitem nicht schmerzfrei. Aber wenigstens konnte er dank des Morphiums halbwegs klar denken. "Und was sagt sie? Wie geht es mir?" Er bemerkte wie sich Duncans Züge verdüsterten, sich fast so etwas wie Panik in seinen Blick schlich. "Sag' es – ich habe doch ein Recht zu wissen, wie es mir geht, oder?"

Er beobachtete interessiert wie Mac den Blick abwandte und mehr zum Boden als zu ihm sprach. "Du hast mehrere gebrochene Rippen, zwei davon haben die Lunge verletzt. Deswegen hast du solche Atemprobleme. Die anderen Brüche haben weitere innere Blutungen ausgelöst, die deinen Zustand nur noch weiter verschlechtern. Du hast auch noch andere, innere Verletzungen – Anne sagte, dass unter anderem auch Leber und Nieren verletzt sind." Mac holte tief Luft. "Des weiteren sagte sie, dass du verdammt viel Blut verloren hast – soviel, dass ein Sterblicher allein schon am Blutmangel gestorben wäre."

"Und warum sterbe ich dann nicht?" Eine sachliche Frage, ohne jede Emotion gestellt.

"Ich... wir wissen es nicht. Aber ich habe eine Theorie..."

"Die da wäre?"

"Dass dein Körper zu schwach ist um zu sterben."

Methos unterdrückte das nervöse Lachen, das sich als Reaktion auf diese Aussage anbot. "Wie soll ich denn das jetzt verstehen?", erkundigte er sich.

Mac gestikulierte hilflos. "Du hast schwerste Verletzungen – Wunden, an denen ein Sterblicher schon mehrfach gestorben wäre. Ein Unsterblicher wäre normal schon längst tot und wieder geheilt – aber deine Verletzungen... sie heilen weder noch stirbst du. Wie hat Anne es formuliert? 'Er hängt zwischen Leben und Tod – sein Körper ist zu schwach um zu sterben.'"

"Aber mein Zustand bleibt nicht unverändert", stellte Methos leise fest. Er schloss die Augen, es gab nichts zu sehen, das er noch nicht kannte. Er versuchte sich so ruhig wie nur irgend möglich zu halten, keine unnötige Bewegung zu machen. Wenn er bloß das Atmen abstellen könnte... aber Reflexe ließen sich nun mal nicht unterdrücken. Auch ohne Duncans Gesicht zu sehen, wusste er, dass der Schotte überrascht drein schaute. "Ich bin nicht dumm, Mac. Ich habe selbst oft und lange genug als Arzt gearbeitet um meinen Zustand ein wenig einschätzen zu können." Er holte tief Luft – und verfluchte sich eine Sekunde später selbst dafür es getan zu haben. Der brennende Schmerz, der durch seinen Brustkorb zuckte, erinnerte ihn wieder mit aller Macht an seine Verletzungen. "Es wird immer schlechter, ich spüre regelrecht wie ich immer schwächer werde." Sein Kopf rutschte ein wenig zur Seite, er sprach halblaut, mit geschlossenen Lidern. Mac kam es fast so vor, als ob er mit sich selbst redete. "Ich habe vielleicht keine offenen Verletzungen mehr, aber ich spüre, wie ich innerlich verblute." Ein schwaches Grinsen huschte für einen Sekundenbruchteil über sein Gesicht. "Aber ich werde nicht sterben, nein. Der Tod kann nicht sterben, der Tod überlebt alles. Und ich bin der Tod."

"Nein, bist du nicht", widersprach Duncan entschieden.

"Und wer bin ich dann?"

"Methos, nicht mehr und nicht weniger."

"Schön, dass es wenigstens einer glaubt." Methos drehte sich langsam um, und sah Duncan an. Es war deutlich zu sehen, dass er nicht mehr richtig mitbekam, was um ihn herum geschah. "Death hätte sich das nicht gefallen lassen", murmelte er schließlich.

"Was nicht gefallen lassen? Methos, bleib wach! Was hätte sich Death nicht gefallen lassen?" Macs Stimme nahm einen bittenden Tonfall an, er wollte nicht noch einmal mit ansehen müssen, wie Methos in die Bewusstlosigkeit glitt. "Sprich mit mir, was ist mit Death?"

Der ältere Unsterbliche zwang sich dazu, die Augen halb zu öffnen. "Das, was du und Kronos mit mir gemacht haben. Er hätte sich befreien können", brachte er mit gebrochener Stimme heraus. Methos schloss die Augen und verlor kurz darauf wieder das Bewusstsein.

"Methos..." Duncan konnte seine Gefühle und Gedanken nicht in Worten ausdrücken, was sowieso sinnlos gewesen wäre. Er erinnert sich also. Toll, einfach toll. Er weiß, dass ich ihm das alles angetan habe, mit Kronos' 'Hilfe', wenn man das so bezeichnen kann. Verdammt, warum jetzt? Warum konnte das nicht warten, bis er sich erholt hat? Hilflos ließ er sich zu Boden fallen, mit dem Rücken lehnte er am Bett, fühlte Methos' Nähe hinter sich. Wie soll ich mich verhalten, wenn er wieder erwacht? Ich kann nicht einfach normal weitermachen. Ich muss vorsichtig sein. Jetzt war er noch erschöpft und außerdem halb bewusstlos. Ich glaube nicht, dass er sich vorher auch schon erinnert hat, ansonsten wäre er mir nicht so begegnet, hätte sich nicht von mir helfen lassen. Verflucht, was sollte er tun? Resigniert erhob er sich und wanderte ziellos in der Wohnung herum. Seine Verbindung zu Methos war nie ganz abgebrochen, auch nicht während der Zeit, in der Kronos ihn kontrollierte. Noch immer spürte er die schwache aber dennoch deutliche Präsenz des ältesten Unsterblichen sobald er sich darauf konzentrierte. Sie war schwächer denn je zuvor seit dem Doppelquickening, aber dennoch vorhanden. Und so lange er überhaupt noch etwas spürte, wusste er wenigstens, dass Methos noch nicht endgültig verloren war.

Duncan ließ sich in sein Bett fallen, schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Verbindung, auf Methos' Quickening. Es wurde wieder stärker, Mac konnte regelrecht fühlen wie es langsam aber sicher wieder die alte Macht erreichte. Sein Körper erholt sich, bald wird er wieder gesund sein. Aber was dann? Auch wenn keine äußerlichen Narben zurückbleiben, was ist mit denen der Seele? Ich habe nur eine leichte Ahnung davon, was er in seinem Leben schon alles mitgemacht hat, zu klein ist der Teil von ihm den ich in mir habe. Aber egal wie... was Kronos und ich ihm angetan haben... es hat sicher Spuren hinterlassen. Wie wird er mir begegnen? Wie soll ich mich verhalten? Er wird noch eine Weile brauchen, um soweit zu sein, dass er von mir fliehen kann. Aber ich will nicht, dass er das tut. Entsetzt vor sich selbst unterbrach Duncan seine Gedankengänge. Nein, nein, nein! Denk' jetzt nicht daran, du hast andere Probleme! Erst musste er abwarten wie sich Methos verhielt, an wie viel er sich wirklich erinnerte. DANN konnte er entscheiden, wie er sich weiter verhalten sollte, die geeignete Taktik zu finden um den alten Mann bei sich behalten zu können...


"Mac?"

Eine sanfte Stimme riss ihn abrupt aus seinen Gedanken. Habe ich geschlafen? Langsam öffnete er die Augen, und konzentrierte sich wieder auf die Realität. Es kostete ihn einige Sekunden, bevor ihm bewusst wurde, wer und wo er war. "Methos?", brachte er überrascht hervor. Fast ein wenig geschockt musterte er die schlanke Gestalt des ältesten Unsterblichen vor ihm. Methos stand vor ihm und beobachtete ihn abschätzend.

"Ist alles in Ordnung mit dir?" Der alte Unsterbliche klang ein wenig besorgt, hauptsächlich aber neugierig.

Das läuft verkehrt herum, eigentlich müsste ich diese Frage ihm stellen... "Ja, sicher doch", antwortete er abwesend. "Und wie geht es dir?" Erst jetzt bemerkte er wirklich, dass Methos ganz normal vor ihm stand und keinerlei Anzeichen von Schmerzen mehr zeigte. Wie lange war ich weg?

"Gut. Besser als noch vor einigen Stunden." Methos klang völlig normal, so als sei nichts passiert.

Aber du weißt doch, welch guter Schauspieler er ist. Duncans Unterbewusstsein quälte ihn weiter. Er würde es doch nie zugeben, wenn es ihm jetzt noch schlecht geht. Aber er sieht besser aus... Aber trotzdem konnte er nicht verstehen, warum Methos sich so normal verhielt und keinerlei Andeutungen in Bezug auf Kronos machte. "Einige Stunden?", wiederholte er überrascht. Himmel, war ich wirklich so lange weg?

Methos zuckte kurz die Schultern. "Ich weiß nicht, wie lange ich das letzte Mal weg war... jedenfalls ist es jetzt zwei Uhr nachmittags." Er stand auf und streckte sich leicht. "Und mir ist es ehrlich gesagt auch egal."

Mac beobachtete fassungslos Methos' Bewegungen – völlig normal und ohne Anzeichen von Schmerzen. "Keine Schmerzen mehr?", vergewisserte er sich.

"Wenn ich welche hätte, würde ich mich wohl kaum so bewegen, oder?" Methos grinste leicht und trat ein paar Schritte zurück. Der alte Unsterbliche bewegte sich mit einer Eleganz, die ihres gleichen suchte. Mac wusste nicht, zum wievielten Mal er diese Feststellung traf. Fakt war, dass er selten jemanden gekannt hatte, der sich mit derartiger Sicherheit und tödlicher Präzision bewegte.

Duncan beobachtete wie Methos langsam durch das Loft wanderte und offenbar nach Worten suchte. "Wenn du mir was zu sagen hast – dann tu es."

Kaum hatte er die Worte ausgesprochen blieb Methos abrupt stehen. Etwa fünf Meter von Mac entfernt stehend, war klar, dass er mit seinen Gedanken meilenweit weg war. Einige Sekunden lang sagte er gar nichts, schließlich schloss er resigniert die Augen und senkte den Kopf. "Glaube ja nicht, dass ich mich nicht mehr erinnern kann." Mehr sagte er nicht und es war auch nicht notwendig. Methos hob den Kopf wieder und begegnete Duncans Blick. Kein Hass, keine Verurteilung, kein Schmerz – nichts war in Methos' Blick zu erkennen. Im Gegenteil zu MacLeod, der bei diesen Worten unwillkürlich die Luft anhielt. Er zwang sich dazu, normal weiter zu atmen und versuchte seine Gedanken zu ordnen.

"An was?" Mac merkte selbst, wie tonlos seine Stimme klang.

Methos lächelte humorlos. "An alles."

Scheiße, das hat mir noch gefehlt. "Und was jetzt?", fragte Duncan nach. Ich werde aus ihm einfach nicht schlau... laut Eigenaussage kann er sich an alles erinnern – jetzt wäre nur noch interessant, was "alles" bei ihm bedeutet  - aber er reagiert absolut nicht so, wie ich es von ihm erwartet hätte. Er hatte erwartet, dass Methos entsetzt floh, ihn verurteilte... was auch immer. Wenn er ehrlich war, hatte er sich keine klaren Vorstellungen gemacht. "Und was jetzt?"

Es kam wieder Bewegung in den regungslosen Körper des alten Unsterblichen. "Life goes on  nicht war?" Langsam, noch immer Duncans Blick ausweichend, entfernte er sich vom noch immer völlig überraschten – und auch geschockten – Highlander und blieb in der Nähe der Couch stehen. "Was willst du von mir hören, MacLeod? Dass ich jetzt Angst vor dir habe, dich jetzt verurteile – dass ich es genossen habe?" Seine Stimme wurde lauter und ein fast schriller Klang schlich sich hinein. "Vergiss' es."

Mac wusste einfach nicht, wie er reagieren sollte. Was wollte Methos hören? Oder, besser, was nicht? "Es tut mir leid", murmelte er schließlich leise.

"Es tut dir leid?", echote Methos höhnisch. "Das gibt mir jetzt aber viel, wirklich. Es lässt mich all das vergessen und wir machen weiter wie bisher, okay?" Er hielt kurz inne. "Aber was haben wir denn bisher gemacht? Ah ja... wir sind uns aus dem Weg gegangen, weil wir beide entschieden haben, dass das das Beste für uns beide ist, nicht wahr?" Er pausierte noch einmal, sprach schließlich mit wesentlich ruhigerer, gefassterer Stimme weiter. "Es war wirklich nicht das erste Mal, dass ich so zugerichtet wurde. Um ehrlich zu sein... Kronos und ein paar andere Typen in meinem Leben haben oft schon wesentlich bessere und langanhaltendere Arbeit geleistet."

"Nein, bitte... ich will das nicht hören." Tu' mir das nicht an, ich bitte dich. Tu DIR das SELBST nicht an...

"Warum nicht? Es ist doch einfach nur die Wahrheit, die wolltest du doch immer, oder? Hier hast du sie: Das, was Kronos – oder du, je nach Sichtweise – in den letzten Tagen mit mir angestellt haben, war noch gar nichts. Wirklich. Ich schätze es war dein Einfluss, der verhinderte, dass Kronos wirklich unangenehm wurde." Methos' Haltung war völlig normal, es schien, als ob er über etwas völlig normales sprach.

Vielleicht ist es auch so, flüsterte diese eine Stimme, die Duncans Gewissen darstellte. Er ist uralt, er hat in seinem Leben sicher eine Menge wirklich übler Sachen überstanden... vielleicht war diese Episode hier wirklich nichts im Vergleich zu früheren Vorfällen. Aber trotzdem... ich habe gesehen wie er gelitten hat, seine Verletzlichkeit, die er sonst immer so gut versteckt...

"Das hier war noch gar nichts, verstehst du?" Methos' Stimme verlor ihren eiskalten Klang, Wut und Trauer klangen nun mit, die beim nächsten Satz allerdings schlagartig wieder verschwanden. "Du hast wohl einfach nicht das Zeug dazu, anderen wirklich Schmerzen zuzufügen. Um mir weh zu tun, musst du schon mehr tun." Komm schon, sag' es endlich. Wirf' mich aus deinem Leben damit ich gehen kann ohne mir Vorwürfe machen zu müssen. Habe ich dich noch nicht genug provoziert, Highlander? Was muss ich noch tun, damit du deine Nerven verlierst? Soll ich sagen, was Kronos früher gemacht hat? Das würde wohl den gewünschten Effekt erzielen... Nein! Methos unterbrach den Gedanken bevor er zu Ende gedacht werden konnte. Nein, er konnte Mac diese Dinge nicht erzählen. Der jüngere Unsterbliche würde es nicht verstehen... Himmel, vielleicht würde er sogar damit darauf reagieren, dass er Methos noch eher zum bleiben bewegen wollte. Und außerdem kannst du es nicht aussprechen, alter Mann. Gib' es doch zu, zumindest vor dir selbst. Du kannst nicht darüber sprechen, du verdrängst doch auch jeden Gedanken daran, nicht wahr? Dir wird schlecht und du bekommst Angst... könntest vor jedem, der weniger als einen Meter von dir entfernt ist, umbringen oder vor ihm flüchten... das ist ja auch der Grund, warum du MacLeod damals gesagt hast, dass er dich nicht anrühren soll, ist es nicht so? Weil du zuviel Angst vor einer Berührung hast...

"Noch gar nichts?" Auch MacLeods Stimme nahm einen kalten, unpersönlichen Klang an. "Bei aller Liebe... das glaube ich dir nicht." Denk nicht darüber nach, reagiere einfach. Denk ja nicht darüber nach, was diese Aussage bedeuten könnte... "Du kannst mir viel erzählen, und ich kann das Meiste nicht überprüfen, aber das kann ich nicht glauben." Er zwang sich dazu, ruhig zu bleiben und sich nicht in Fahrt zu reden. "Ich habe dich gesehen, verstehst du? Ich habe dich währenddessen gesehen und ich habe dich nachher gesehen. Verdammt, ich habe gesehen wie du auf mich reagiert hast als du wieder zu dir gekommen bist!" Jedem Vorsatz zum trotz wurde seine Stimme lauter. "Ich habe die Angst, die Aufgabe gesehen. Ich habe dich BETTELN gehört! Du hast darum gefleht, dass ich aufhöre, oh ja. Und jetzt sag' noch einmal, dass das gar nichts war!"

"Es war gar nichts", kam die eiskalte Entgegnung. Methos entfernte sich weiter von MacLeod, darauf bedacht, dem jüngeren Unsterblichen nicht den Rücken zu zuwenden.

Hat er etwa Angst, dass ich ihn töten würde? Er müsste doch wissen, dass ich das nie könnte. Mac wurde die Ironie seiner Worte bewusst. Er HAT gewusst, dass ich es nie könnte. Aber nach dem, was ich ihm angetan habe... er hat keinen Grund mehr, mir zu vertrauen.

"Es ist vorbei, Highlander. Vergiss' es am besten so schnell du kannst." Die Worte kamen schnell, abgehackt, als ob sie ihm unendlich viel Überwindung kosteten. Ohne weitere Erklärungen wandte er sich um und ging.

"Methos... warte!" Keine Reaktion. Der andere Unsterbliche blieb nur noch einmal stehen um sein Schwert, das Mac neben die Garderobe gelehnt hatte, aufzuheben. Dann war er weg – ohne noch einen Blick zurück zu werfen.

Leb' wohl, Mac. Wiedersehen werden wir uns kaum mehr... und wenn doch... Nein, ich will nicht wissen, was das für Umstände wären. Ich muss gehen, nicht wegen dem, was du mir angetan hast – damit könnte ich leben, verdammt, das tue ich ja schon! Ich habe schon weitaus unangenehmere Dinge akzeptiert und bin durch sie nur noch stärker geworden. Und einsamer. Aber ich weiß, dass, wenn ich bleiben würde, du damit nicht fertig werden würdest. Ich weiß, dass ich es nicht mehr schaffen würde, die Distanz, die trotz aller Freundschaft noch immer zwischen uns herrscht, aufrecht zu erhalten. Und eines Tages würde ich eine unbedachte Bemerkung machen... dir etwas sagen, das du weder verstehen noch akzeptieren kannst. Ich muss gehen damit wir beide weitermachen können. Wenn ich bleibe... einer von uns beiden würde daran zerbrechen. Entweder du oder ich. Oder wir beide. Methos schüttelte leicht den Kopf, als er feststellte, dass er unbewusst eine Zeile von Shakespeare zitiert hatte. "Du oder ich, oder wir beide. Du oder ich, oder wir beide..."  Ich muss einfach gehen...

"Bitte bleib'. Geh' nicht fort, lass' mich nicht allein zurück." Duncan flüsterte die Worte nur, wusste genau, dass Methos sie nicht mehr hörte. Lass' mich nicht alleine. Ich will dich nicht verlieren...


[Gegenwart, Seacouver]

Oh Gott... er musste aufhören, daran zu denken. Über ein halbes Jahr war seit diesem Vorfall vergangen, und noch immer musste er Tag für Tag, Stunde für Stunde daran denken. Warum, in Gottes Namen? Es war aus und vorbei – im Gegensatz zu ihm hatte es Methos sogar ausgesprochen.

Mac verurteilte den älteren Mann nicht für seine Entscheidung, nein, er verstand sehr wohl. Nach all dem, was zwischen ihnen beiden passiert war, war es ein Wunder, dass ihre Freundschaft überhaupt so lange überlebt hatte.

Versuch' zu vergessen, denk' nicht mehr daran, du tust dir damit nur selbst weh.

Duncan schüttelte resigniert den Kopf. Es tat weh, er glaubte bald nicht mehr weitermachen zu können. Nein, falsch – er wusste, dass er nicht mehr weitermachen konnte. Nicht nach dem, was passiert war. Wäre es etwas anderes, wenn Methos sich jetzt auch noch nicht erinnern könnte? Hättest du die Situation ausgenutzt und ihn in seinem geschwächten Zustand dazu gebracht, die Freundschaft aufrecht zu erhalten? Sei ehrlich, MacLeod, du hättest es getan. Der alte Mann ist dir zu wichtig um ihn zu verlieren. Für Methos würdest du ja sogar deinen hochgelobten, gern zitierten Ehrenkodex über Bord werfen. Nur, um ihn wieder in deinem Leben zu haben.

Der schwache Schimmer einer anderen, unsterblichen Präsenz ließ MacLeod aus seinen Gedanken schrecken. Wer, zur Hölle, ist das jetzt? Nicht Methos, ich würde wissen, wenn er käme. Nicht, dass ich es erwarte... oder auch nur erhoffe, dass er wieder kommt...

Das Gefühl wurde stärker, der Unsterbliche kam näher.

"Duncan MacLeod?" Eine dunkle, unangenehme Stimme. Der andere Unsterbliche schien direkt vor seinem Hausboot zu stehen.

Wer ist es und was will er?, fragte er sich, während er langsam nach seinem Schwert griff. "Ja, und wer sind Sie?" Das Schwert in der Hand, allerdings nicht in Angriffshaltung, trat er ins Freie, überrascht, dass bereits die Dämmerung eingesetzt hatte. Es ist abends? So spät schon? Mit einem Mal wurde ihm bewusst, dass er nicht einmal wusste, welcher Tag heute war. Schwach, Mac, wirklich schwach. Ein eiskalter Schauer lief ihm über den Rücken, als ihm klar wurde, dass er sich in den letzten Tagen (oder Wochen?) sich um nichts mehr wirklich gekümmert hatte, er alles hatte schleifen lassen.

"Es tut nichts zur Sache, wer ich bin", kam die kühle Antwort. "Ich will deinen Kopf und ich kriege ihn auch." Die Stimme passt zum Sprecher, stellte Mac fast ein wenig belustigt fest. Ein Riese von Mann, er musste an die zwei Meter groß sein, mit kräftigen Körperbau.

Wollen sie den nicht alle? Meinen Kopf? Als er im Geiste bereits mit dem Ausarbeiten der Verteidigung begann, deutete der Herausforderer mit dem Kopf in Richtung einer Seitengasse.

"Dorthin." Das Wort war ein Befehl, nichts weiter. Duncan nickte nur schweigend. Ihm war alles recht, er hatte seine Entscheidung gefällt. Ich kann es nicht noch länger hinauszögern. Warum sollte ich weitermachen? There's no reason to survive...

Duncan hatte aufgegeben. Es interessierte ihn nicht einmal, wer der fremde Unsterbliche war, woher er ihn kannte und warum er seinen Kopf wollte. Alles war irrelevant. Irgendwo, am Rande seines Bewusstseins, erkannte Mac, dass das hier nur die logische Konsequenz seines Verhaltens der letzten Wochen war. Er hatte sich um nichts mehr gekümmert, ihm war alles egal. Der Tod, und zwar der endgültige, war nur die logische Fortführung dieses Kurses der Selbstzerstörung. Joe hatte mehrfach versucht, ihn aus seinen Depressionen zu reißen, ihm neuen Lebensmut zu verschaffen. Vergeblich. Innerlich war er schon so gut wie tot, nun würde sein Körper dem Geist bald folgen.

Der Fremde verschwendete keine Zeit und begann sofort mit einigen harten Schlägen. MacLeod hätte sie – wenn er in der Verfassung und dem Geisteszustand gewesen wäre – ohne weiteres abfangen können, der Mann war gut, aber nicht gut genug um Duncan MacLeod vom Clan der MacLeod zu besiegen. Aber er kämpfte nicht gegen Duncan MacLeod, er kämpfte gegen einen Mann, der sich selbst schon längst aufgegeben hatte, sich um nichts mehr kümmerte. Am wenigsten um sein Leben.

Es dauerte nur wenige Minuten, und Mac stand keuchend und entwaffnet nur wenige Schritte vor seinem – wohl letzten – Gegner entfernt. Die Augen weit geöffnet - Ich werde meinem Tod ins Gesicht sehen, ihm zeigen, dass es MEINE Entscheidung war zu sterben. ­– erwartete er den finalen Schlag, das letzte Aufblitzen der gegnerischen Klinge, nur Sekundenbruchteile bevor... ja, was eigentlich? Duncan hatte keine Ahnung. Egal wie oft er schon gestorben war, auch er wusste nicht, wie es war, für immer zu sterben. Ich glaube weder an den Himmel noch an die Hölle. Wenn ja, dann müsste ich mich jetzt auf meine Fahrt zu Hölle vorbereiten...

Die Klinge kam näher, näherte sich Zentimeter für Zentimeter dem Hals des Highlanders. Keine Gefühlsregung, bloß Traurigkeit spiegelte sich in seinen Augen wieder. Nicht Trauer weil sein Leben endete, sondern Trauer darüber, was passieren musste um ihn so weit zu bringen. Alles, was ich je geliebt habe, wurde durch meine Schuld zerstört – nur wegen mir werden keine weiteren Menschen mehr sterben, oder leiden, nein. Nicht wegen mir... oder durch mich.

Er spürte den kalten Hauch, wusste, dass es jetzt gleich vorbei war. Endlich. Methos, es tut mir so unendlich leid, ich wollte es nicht. Ich würde alles tun, um es rückgängig zu machen, dir zu helfen.

"NEIN!"

Der lauter Ruf ließ den anderen Unsterblichen überrascht zusammenzucken, sein Schwertarm bewegte sich unbewusst ein wenig tiefer und traf MacLeod nicht am Hals sondern in die Brust, tötete den Schotten quasi sofort. Duncan selbst bekam von all dem nichts mehr mit, sein letzter Gedanke galt der Stimme, die er glaubte gehört zu haben. Methos... warum bist du gekommen? Dann... Schwärze, Finsternis, Tod.

"Töte ihn und dein Kopf fällt, noch ehe der Seine den Boden berührt."

Craccus wandte sich um, überrascht und verärgert ob der plötzlichen Unterbrechung des Kampfes. "Kennst du die Regeln nicht?", schrie er in Richtung des ungebeten Zaungastes. "Nur einer gegen einen, du darfst in einen fairen Kampf nicht eingreifen."

"Das war kein Kampf, das war eine Hinrichtung."

Diese Stimme... eiskalt, emotionslos – aber gleichzeitig auch voller Wut und Frustration.. Aber so sehr Craccus sich auch bemühte, er konnte den Sprecher nicht ausfindig machen, er hielt sich in den Schatten versteckt.

Nach einigen Sekunden, in denen der hünenhafte Unsterbliche sich nicht bewegte, sondern nach seinem – potentiellen – Gegner suchte, sah er eine große, schlanke Gestalt aus der Dunkelheit treten.

Groß, aber noch immer klein im Vergleich zu ihm, schlank – fast zu schlank, um nicht zu sagen mager. Nichts desto trotz war der Mann vor ihm ein Ausbund an Agilität und Kraft. Nicht so wie der, zwar muskulös und kräftig gebaute, Highlander. Wo MacLeod trotzdem schwach und hilflos ausgesehen  hatte, war dieser Fremde hier wesentlich stärker. Und älter. Craccus spürte die unendliche Macht, die von dem Neuankömmling ausging, ahnte, dass dieser Tausende von Jahren alt sein musste. Das ist der große Nachteil der alten von uns, dachte er grimmig. Ihr Quickening ist so stark, dass man sie sofort von den jüngeren unterscheiden kann. "Wer bist du?"

"Dein Tod, wenn du MacLeod nicht am Leben lässt." Der Neuankömmling machte eine kurze Pause, sprach schließlich leise und eindringlich weiter. "Nein, falsch. Ich bin der Tod schlechthin, unter diesem Namen bin ich am bekanntesten." Er lächelte leicht, wirkte dabei alles nur nicht gefährlich. "Ich an deiner Stelle würde verschwinden."

"Nicht in diesem Leben."

Methos seufzte lautlos. Er wollte nicht kämpfen, obwohl er wusste, dass der andere keine Chance gegen ihn hatte. Warum tue ich mir das an? Sein Blick wanderte suchend über den Boden, fand den reglosen Körper des Highlanders. Deswegen tust du es. Um ihn zu retten, ihn am Leben zu erhalten. Mit einer knappen Bewegung ließ er seinen Mantel zu Boden fallen und zog währenddessen mit einer Bewegung sein Schwert aus dem selben. "Ich bin bereit."

"Bereit für den Tod?"

"Bereit für dein Quickening." Das hoffe ich zumindest. Methos hasste die Energie, die am Ende jedes siegreichen Kampfes auf ihn überging. Die Erinnerungen, die Schmerzen... als ob er allein nach Tausenden Jahren noch nicht genug Erinnerungen hätte! Nein, er musste auch noch mit denen, derer die er getötet hatte klarkommen. Und nach fünftausend Jahren waren das viele. Dieser Widerwille gegen das Quickening war es auch gewesen, der den ältesten Unsterblichen dazu gebracht hatte, sich für über zweihundert Jahre aus dem Spiel zurückzuziehen und den Kampf zu meiden. Aber seit MacLeod in seinem Leben aufgetaucht war, hatte ihn das Spiel eingeholt, er war wieder drinnen. Unwiederbringlich. Einerseits hasste er Mac dafür, andererseits war er ihm dankbar. Und genau das war auch der Grund, warum er jetzt hier war. Und, um Joe einen Gefallen zu tun.


[Wenige Stunden zuvor]

"Bitte."

Ein schlichtes Wort, aber es reichte um Methos hellhörig werden zu lassen. "Warum? Er kommt auch ohne mich klar." Besser als ich ohne ihn.

"Das glaubst du wohl selbst nicht", erwiderte Joe leise. "Er kommt nicht damit klar, nicht mit dem, was nach Bordeaux geschehen ist und noch weniger damit, was er dir angetan hat."

Ein scharfes Einatmen ließ den Beobachter aufsehen. Methos war blass geworden, seine Hände spielten nervös mit einer Zündholzschachtel. "Was weißt du schon davon?" Die Stimme des uralten Unsterblichen war kaum mehr als ein Flüstern. Seinen Blick stur auf einen Punkt irgendwo hinter Joe konzentriert versuchte er seine Gefühle und Reaktionen unter Kontrolle zu bringen. Auch wenn er Mac versichert hatte, dass es schon weitaus schlimmeres in seinem Leben gegeben hatte – was auch den Tatsachen entsprach – waren die Erinnerungen an seine letzte Gefangenschaft, die Qualen und den Sadismus, den MacLeod an den Tag gelegt hatte, noch zu frisch um ihn wirklich nicht mehr berühren zu können.

"Nicht viel, Mac hat mir nur das Notwendigste erzählt." Joe erkannte, dass er vorsichtig sein musste, dass  DAS Thema für Methos mehr als schwierig war. Er braucht nicht zu wissen, dass ich dabei war...

"Gut." Der Unsterbliche klang mehr als nur erleichtert. Wenn außer MacLeod und mir noch jemand Bescheid wüsste... nein, ich will nicht einmal daran denken. "Warum sollte ich mit ihm reden? Wenn du auch nur annähernd weißt, was damals geschehen ist, solltest du verstehen, dass es keinerlei Grund für mich gibt, mich noch einmal in seine Nähe zu begeben." Methos schob die Zündholzschachtel mit einer bestimmten Bewegung weg und verschränke anschließend trotzig die Arme vor der Brust. "In Lebensgefahr begeben kann ich mich alleine auch, dafür brauche ich keinen Schotten mit Persönlichkeitsspaltung, nein danke."

Das wird schwer... "Methos... jetzt hör' mir mal bitte zu."

"Nein, Joe, jetzt hörst einmal du mir zu. Ich erkläre dir jetzt mal meinen Standpunkt, einverstanden? Und dann kannst du mir deinen, beziehungsweise MacLeods darlegen, okay?" Joe nickte bestätigend, was sollte er auch sonst tun? Abwartend beobachtete er den ältesten Unsterblichen, der im Moment allerdings mehr als unsicher mit seinen Händen spielte und seinen Blick durchs ganze Lokal schweifen ließ, immer darauf bedacht, dem Beobachter nicht in die Augen sehen zu müssen. "Mein Standpunkt..." Methos verstummte wieder, schien nach Worten zu suchen. "... Dank Mac hat mich Kronos gefunden, bin ich fast gestorben und wurde dazu gezwungen, Silas zu töten. Dank ihm habe ich eine nette, kleine Folterung hinter mir – eine Erfahrung, die ich eigentlich nie wieder machen wollte." Methos wurde ruhiger, seine Augen suchten Joes. "Es war bei weitem nicht die schlimmste Erfahrung meines Lebens, glaub' mir. Mac war noch regelrecht harmlos. Ein paar gebrochene Rippen, ein paar innere Verletzungen... früher waren die Leute kreativer wenn es um Schmerzen ging." Er seufzte leise. "Kronos hatte bei seinen Sklaven auch bessere Ideen, glaub' mir." Ein kurzes Aufblitzen von purem Sadismus in Methos' Augen ließ Joe kurz erschauern. Wieder einmal wurde ihm mit aller Deutlichkeit klargemacht, was für eine Vergangenheit der vor ihm sitzende Mann hatte. "Einige davon hatte er sogar von mir... also wenn ich an Macs Stelle gewesen wäre, ich hätte mir bessere Aktionen einfallen lassen. Das, was Kronos, Duncan, wer auch immer mit mir veranstaltet hat... das war nichts, verstehst du? Aber es reicht trotzdem, dass ich keinerlei Interesse mehr daran habe, mich mit ihm abzugeben, verstehst du? Es geht mir nicht darum, was er mit mir angestellt hat – meine Güte, das ist mir doch egal! Ich habe nicht solange überlebt, weil ich über solche Sachen nicht hinwegkommen kann." - Zumindest wenn man mir genügend Zeit gibt, kann ich verdrängen und vergessen. – "Es geht mir um Mac." Mit einer plötzlichen Bewegung erhob er sich und griff nach seinem Mantel. "Ich habe schon zuviel geredet, ich sollte wohl besser verschwinden."

Was hat denn das jetzt wieder zu bedeuten? Joe wurde aus Methos' letzter Bemerkung nicht schlau, hatte im Moment aber auch keine Zeit genauer darüber nachzudenken. "Warte!"

Zu Joes Überraschung blieb der Unsterbliche tatsächlich stehen, wandte sich aber nicht um. "Ja?" Das Wort kam leise, fast unhörbar. "Was willst du? Soll ich zu Mac gehen und ihm noch eine Chance geben? Gott weiß, dass er schon genug Chancen bekommen hat... außerdem: Er will sicher nichts mehr mit mir zu tun haben. Und ich nichts mit ihm." - Wenn du es dir lang genug einredest, glaubst du es vielleicht sogar irgendwann einmal.

Der Beobachter wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Es waren weniger die Worte, die ihn völlig aus dem Konzept brachten, sondern die Art und der Tonfall in denen Methos sie ausgesprochen hatte. "Er will sterben."

"Wer?"

"MacLeod."

"Warum? Und wie..." Methos verstummte, als ihm die Sinnlosigkeit seiner letzten Frage klar wurde. "Er will die nächste Herausforderung verlieren", stellte er fest.

Ein leichtes Nicken von Joe war die einzige Antwort. "Warum? Das fragst du auch noch?" Er konnte sich nicht helfen, seine Stimme nahm einen fassungslosen Klang an. "Du verdammter..." Er hielt sich im letzten Moment zurück.

"WAS?!", fauchte Methos zurück. "Sag' schon! Was bin ich? Ein Lügner, ein Verräter? Oder was? Es reicht mir, warum kapiert das keiner? Alle wollen was aus mir machen, was ich nicht bin! Ich bin nun mal ein Einzelgänger, der es hasst, wenn sich irgendjemand zu sehr in sein Leben einmischt!" Methos atmete tief durch, sprach aber dennoch mit gehobenerer Stimme weiter. "So wie es MacLeod und du andauernd versuchen. Ich will nicht so sehr in euer Leben involviert sein, könnt ihr das nicht sehen? Ich will meine Ruhe haben... und nicht an das Spiel und diese ganze verdammte Unsterblichkeits-Sache erinnert werden. Ich will doch nur auch meine Ruhe haben..." Den letzten Satz konnte Joe kaum mehr hören, Methos hatte ihn nur noch gehaucht.

Gott, langsam frage ich mich, wer hier Selbstmord gefährdeter ist, Mac oder Methos, schoss es Joe durch den Kopf. Methos hatte es schon einmal versucht, das wusste er. Warum also nicht noch einmal? Einen Kampf verlieren, ihn provozieren – wo war der Unterschied?

"Ich hätte, nachdem Mac damals nicht wollte, mir selber den Kopf abschlagen sollen."

Die Worte, mit absoluter Sicherheit gesprochen, rissen Joe aus seinen Gedanken. "Wie bitte?", fragte er entsetzt.

Fassungslos starrte er den Mann vor sich an, der sich keinen Millimeter bewegt hatte. Das Gesicht noch immer Richtung Tür, den Rücken zu Joe gewandt, war die einzig sichtbare Bewegung ein leichtes Zittern, das durch Methos' ganzen Körper lief. Joe ging langsam zu ihm, zwang den Unsterblichen dazu, ihm ins Gesicht zu sehen.

Wut und Trauer. Joe musste zweimal hinsehen, erst dann war er sich sicher, dass in Methos' Augen wirklich Tränen standen. "Es geht, glaub mir", sagte er heißer. Methos versuchte seine Stimme normal klingen zu lassen, was ihm aber gründlich misslang. "Einmal war ich schon so weit, dass ich es getan habe..."

"Warum?"

"Warum ich es getan habe oder warum ich noch lebe?" Ein leichtes, humorloses Lächeln stahl sich über sein Gesicht.

"Beides", erwiderte Joe sanft. Mit sachten Bewegungen dirigierte er Methos zum nächsten Tisch, brachte den ältesten Unsterblichen dazu, sich hinzusetzen. "Und jetzt erzähl' mir genau, was du eben gemeint hast."

"Bist du dir sicher, dass du es wirklich wissen willst? Es ist keine nette Geschichte..."

"Ja, ich bin mir sicher." Ganz ruhig, Dawson. Mit Drängen erreichst du jetzt gar nichts. Mac muss warten, erst muss ich Methos aus seiner Depression holen.

"Nein." Methos schüttelte abwehrend den Kopf. "Ich werde es dir bestimmt nicht erzählen, sicher nicht. Alles geht dich auch wieder nichts an." Er schüttelte sich kurz, schien dabei innerhalb von Sekunden seine gesamte Persönlichkeit auszuwechseln. "Was ist mit Mac?" Er klang wie immer, keine Spur mehr von dem kaputten, fünftausendjährigen Unsterblichen der er noch vor wenigen Sekunden gewesen war. Nicht jetzt, alter Mann. Um deine Probleme kannst du dich später kümmern. Wenn du allein bist. Nicht jetzt, wo du von Joe beobachtet wirst und MacLeod sich umbringen will. Deine Depression kannst du nachher auch noch ausleben.

Erst wollte Joe wieder zum Thema zurückkehren, dann erkannte er, dass das zwecklos war und folgte Methos' Beispiel das Thema zu wechseln. Wenn er nicht will wird er auch nicht reden. "MacLeod... er hat aufgegeben."

"Wie meinst du das? Ist er auf Selbstmordtour?"

"Nein. Aber er... er kümmert sich um nichts mehr. Er blockt alles ab, lässt nichts und niemanden mehr an sich heran. Ich habe es versucht, Amanda auch... er nimmt nichts wirklich war." Joe gestikulierte hilflos. Wie sollte er Methos den Zustand des Highlanders begreiflich machen? Er wusste einfach nicht, wie er es in Worte fassen sollte.

"Und was ist mit Richie? Mac hat ihm immer vertraut, warum nicht diesmal? Der Junge ist mit Sicherheit eine bessere Wahl, als ich es bin."

Gequält schloss Joe die Augen und zählte lautlos bis zehn, ehe er sie wieder öffnete. "Das ist leider unmöglich. Weißt du es noch nicht? Richie ist sozusagen nicht erreichbar." Der Beobachter klang ehrlich überrascht.

"Was weiß ich noch nicht?",  kam die Gegenfrage. "Wie du vielleicht weißt, habe ich keinerlei Kontakt mehr zu den Beobachtern. Um ehrlich zu sein..." Er zuckte die Schultern. "Ich habe mich in letzter Zeit nicht wirklich darum gekümmert. Es war mir wichtiger, mit mir selber klarzukommen." - Mich selbst und mein Leben zu ertragen, war in den letzten Wochen ein Full-Time-Job.

"Richie ist auf große Entdeckungstour gegangen, wollte sich über sich selbst, seine Unsterblichkeit und einige andere Dinge klar werden. Jedenfalls ist er irgendwo, aber keiner weiß wo. Auch nicht die Beobachter", setzte Joe deprimiert hinzu.

Nein, nicht auch noch das! Verdammt, was denn noch? Was, bei allen Höllen, muss noch passieren? Warum stirbt oder verschwindet alles und jeder in meiner näheren Umgebung? Wenn Richie wie vom Erdboden verschluckt ist, vielleicht sogar tot; Mac sich noch immer Vorwürfe macht, was vor einem halben Jahr passiert ist... dann kann ich verstehen, dass er sich aufgegeben hat. Er war schon immer der Typ, der sich zu sehr um andere kümmert, alles persönlich nimmt. Freunde sind für ihn das Allerwichtigste im Leben, das ist auch sein größtes Handicap. – Und seine beste Eigenart. Methos stöhnte leise auf. "Ich beginne zu verstehen..."

"Methos? Ist alles in Ordnung?" Joe klang alarmiert, Methos klang nach dieser Enthüllung alles andere als gut. Besorgt beobachtete Joe wie Methos langsam wieder aufstand, blasser als zuvor und die Bewegungen eindeutig unkoordinierter.

"Mir geht es gut", antwortete er wenig überzeugend. "Ich gehe wohl besser zu ihm – bevor er noch seinen Kopf verliert."

Joe nickte bestätigend. "Versuch' ihn wieder ins Leben zurückzuholen – mach' ihm klar, dass er zu wichtig ist, um zu sterben."

"Ich weiß, dass er das ist." Methos lächelte leicht und diesmal war es ehrlich gemeint. "Er ist für MICH zu wichtig, um zu sterben. Wenn er stirbt... dann ist auch meine letzte Daseinsberechtigung gestorben." Ohne ein weiteres Wort verschwand der älteste Unsterbliche.

Zurück blieb ein fassungsloser Beobachter, der hoffte, dass Methos Erfolg hatte. Innerlich schauderte er, wenn er an Methos' letzte Worte dachte. Es war offensichtlich, wie sehr beide unter dem Geschehenen litten. MacLeod darunter, was er Methos angetan hatte und dass dieser nun verschwunden war; Methos an der Trennung von MacLeod. Sie haben beide aufgegeben, stellte er entsetzt fest. Ich kann nur hoffen, dass sie sich gegenseitig einen Grund zum weiterleben geben. Ansonsten... sie werden beide daran zugrunde gehen, und beide sterben. Mac wird den nächsten Kampf in seinem Zustand nie überleben; und Methos... ja, Methos – eine Geschichte für sich. Er hat angedeutet, dass er sich schon einmal töten wollte, sich fast selbst enthauptet hat. Nur einmal angenommen, dass diese Geschichte stimmt... er könnte es wieder tun. Und wenn er sich wirklich selbst tötet – dann ist auch sein Quickening verloren, all seine Macht, sein Wissen, fünftausend Jahren werden vergehen als hätte es ihn nie gegeben. Joe erschauderte beim bloßen Gedanken daran. Seine beiden besten Freunde liefen Gefahr innerhalb der nächsten Tage zu sterben und er konnte absolut nichts dagegen unternehmen, so sehr er es auch wollte. Die beiden konnten sich nur noch gegenseitig helfen. Bitte, Methos, zeig' MacLeod wie wichtig er für seine Freunde ist; Mac, ich hoffe nur, dass, wenn du siehst in welcher Verfassung Methos ist, dich aufraffst und versuchst ihm zu helfen. Ihr könnt euch nur gegenseitig das Leben retten.


[Gegenwart]

"Gib' endlich auf – du kannst nicht gewinnen." Craccus grinste hinterhältig und startete einen neuen Angriff. "Du machst es uns beiden nur unnötig schwer. Erst hole ich mir deinen Kopf, dann MacLeods. Zwei zum Preis von einem."

"Ich weiß  nicht, wie du auf diese Rechnung kommst – ich weiß nur, dass sie nicht aufgehen wird", gab Methos zurück. Er wicht Craccus' Schlag aus, ließ sich zu Boden fallen, rollte sich ab und kam wenige Meter weiter rechts mit einem eleganten Satz wieder auf die Beine. "Ich alleine zähle doch wohl schon für mindestens drei normale Unsterbliche." Methos konnte der Versuchung nicht widerstehen, er musste seinen Gegner reizen, in stückchenweise mit der Wahrheit füttern.

"Wer bist du?" Sein Gegner klang abfällig, fast gelangweilt.

"I was Death", kam die eiskalte Antwort. "Oder; um es auch dir begreiflich zu machen, ich bin dein schlimmster Alptraum und gleichzeitig der Mensch, den du sicher am allerliebsten auf dieser Welt töten würdest."

"Sorry, ich muss dein Ego zurechtstutzen. Ich will MacLeod, sonst niemanden."

"Ach? Und deswegen bist du ein Jäger, der allem und jedem den Kopf nimmt? Craccus, Craccus..." Methos lächelte verschwörerisch. "Deine Akte sagt mir da aber etwas ganz anderes."

Wütend und zu überrascht um mit Worten zu antworten, schlug Craccus noch fester zu, im festen Glauben, seinen Gegner mittlerweile in die Defensive gedrängt zu haben. Er hatte keine Ahnung, dass Methos in Wirklichkeit die Kontrolle über den Kampf hatte, ihn genau in die Richtung dirigierte, die für ihn von Vorteil war.


Ein unbeschreiblicher Schmerz in der Brust war das erste, was Duncan spürte. Das Aufeinanderschlagen zweier Schwerter das erste Geräusch, das er hörte. Die Herausforderung... ich müsste tot sein, ich habe mich ergeben. Noch einmal glaubte er Methos' Stimme zu hören, die laut 'Nein' schrie. Er lächelte bei dem Gedanken. Es war eine schöne Vorstellung, dass Methos genau in dem Moment auftauchte, in dem er ihn am meisten gebraucht hätte. Ich bin tot, stellte er leidenschaftslos fest. Doch die lauten Kampfgeräusche belehrten ihn schnell eines besseren. Er war eindeutig noch am Leben, und irgendjemand kämpfte direkt vor seiner Nase. Er zwang sich dazu, die Augen zu öffnen. Sein Blick schweifte ziellos herum, erst nach einigen Sekunden klärte sich sein Blickfeld. Ratlos begutachtete er seinen eigenen Körper, bemerkte die tiefe Wunde in der Brust die gerade fertig verheilte. Also doch ein endgültiger Tod, dachte er fast ein wenig enttäuscht.

"Warum beschützt du ihn? Weißt du nicht, wer er ist?"

Duncan schloss müde die Augen, als die Stimme seines früheren Herausforderers an seine Ohren drang. Er wusste noch immer nicht, wer es war und er wollte es ehrlich gesagt auch gar nicht wissen. Es war egal.

"Ich weiß, wer er ist. Und das ist auch der Grund, warum ich nicht zulassen kann, dass du ihn tötest."

Nein! Bei allen... das kann nicht wahr sein! Mac kämpfte sich mit aller Kraft auf die Beine. Er kann es nicht sein...

... Methos stand nur wenige Meter von ihm entfernt da, das Schwert hoch erhoben, bereit dem vor ihm Knieenden Craccus den Kopf zu nehmen. "Ich kann nicht zulassen, dass du – oder jemand anders – MacLeods Kopf nimmt", stellte der alte Mann gerade fest. Seine Stimme klang sanft und erklärend, als ob er einem kleinen Kind etwas begreiflich zu machen versuchte.

"Warum nicht?"

"Weil ich ihn noch brauche um mir den meinen zu nehmen." Tödliche Ernsthaftigkeit erklang in der Stimme des uralten Unsterblichen, seine Entscheidung war gefallen. So bald er Mac aus seinen Schuldgefühlen geholfen hatte, es dem Highlander wieder so gut ging, dass er aus freien Stücken überleben würde, würde er, Methos, dafür sorgen, dass Duncan ihm den Kopf nahm. Egal wie – ob freiwillig oder unfreiwillig – MacLeod würde sein Quickening bekommen. Und meine Kraft wird ihm endgültig helfen zu überleben.

"Methos... nein...", flüstere Duncan. Nie im Leben, nichts in der Welt würde mich dazu bringen – und wenn ich die halbe verdammte Welt dafür töten muss; du wirst nicht durch meine Hand sterben! "Nie im Leben!"

Craccus sah sich überrascht um und sah den Highlander, der sich gerade um Gleichgewicht rang und langsam auf die beiden zukam.

Methos hingegen war nicht wirklich überrascht, dank ihrer Verbindung hatte er gespürt, dass Duncan wieder erwacht war. 

"Bitte... tu' es nicht", bat Mac.

"Was soll ich nicht tun?" Methos wandte seinen Blick nicht von seinem besiegten Gegner ab, sein Schwert ruhte mittlerweile an der Kehle des anderen Mannes.

"Töte ihn nicht."

"Du willst, dass ich diese miese Stück Unsterblichkeit am Leben lassen? MacLeod, du müsstest mich besser kennen. Das ist nicht mein Stil."

"Methos... bitte." Craccus atmete hörbar ein, als er den Namen des Mannes hörte, der sich selbst als 'Tod' vorgestellt hatte. "Tu dir das selbst nicht an", fuhr Duncan fort. "Lass' mich das erledigen. Aber bitte nimm du ihm nicht seinen Kopf."

"Warum sollte er nicht?" Craccus hatte seine Stimme wieder gefunden, klang verächtlich wie eh und je. "Es wäre mir eine Ehre, von Methos höchstpersönlich getötet zu werden."

Methos schüttelte verneinend den Kopf. "Ich muss, es geht nicht anders." Ein trauriges Lächeln, das Duncan im Innersten berührte. "Du scheinst mir heute nicht in der Stimmung zu sein, einen Kopf zu nehmen. Und wenn er heute nicht stirbt müssen sicher noch viele andere Unsterbliche sterben. Ein Headhunter mehr oder weniger, was macht das schon?" Ich lasse ihn sicher nicht am Leben, nicht nachdem er dich gefordert und besiegt hat. Mit dieser Tat hat er sein Leben verwirkt. Methos war sich dessen bewusst, wie sinnlos seine Argumente waren. Um ehrlich zu sein... es war eine rein gefühlsmäßige Entscheidung. Dieser Abschaum hier hatte den Mann, für den er alles – inklusive seinem Leben – geben würde fast getötet. Er durfte nicht weiterleben, um keinen Preis.

"Bitte... er ist es nicht wert. Erinnere dich an das letzte Mal, Methos." - Die Alpträume, die dich schreiend erwachen ließen, die Erinnerungen die deine eigenen überlagerten, sich mit ihnen vermischten... bis du nicht mehr wusstest wo du endest und der andere beginnt.

"Woher...?"

Mac kam näher, drückte Methos' Schwertarm sanft aber bestimmt hinunter. "Ich habe es gespürt", erklärte er leise. "Oh ja, ich habe alles genau mitbekommen. Ich weiß, wie sehr du unter jedem Quickening leidest, wie sehr du es hasst. Deswegen frage ich dich: Warum willst du das auf dich nehmen? Warum willst du dich mit dem Quickening eines Typen wie ihm da-", er deutete abfällig auf Craccus, "-kaputt machen?"

"Weil er dich fast getötet hätte", sagte Methos genauso leise. "Weil er der verdammte Idiot ist, der es gewagt hat dich zu fordern." Seine Stimme wurde lauter und fester. "Und ich kann nicht zulassen, dass du stirbst", stellte er klar. Mit einer überraschenden Bewegung stieß er MacLeod zurück, riss sein Schwert in die Höhe und trennte Craccus' Kopf von den Schultern.

"Warum nicht?" Duncans Stimme bewegte sich zwischen Ärger, Schock und Überraschung.

"Weil du zu wichtig bist, um zu sterben", kam die kryptische Antwort. "Weil du noch gebraucht wirst..." Weiter kam Methos nicht mehr, das Quickening brach mit voller Wucht auf ihn nieder, brachte ihn zum Schreien. Die Energieübertragung dauerte nicht lange, aber sie war stark. Craccus war über zweitausend Jahre alt gewesen und hatte während seiner Karriere als Jäger etliche Köpfe genommen, darunter auch einige wirklich mächtige.

"Methos?" Vorsichtig näherte Duncan sich der reglosen Gestalt die vor ihm am Boden saß, den Blick starr nach vorne gerichtete. Der Schotte schauderte kurz, als er bemerkte, dass Methos regelrecht durch ihn hindurch sah, ihn nicht zu erkennen schien. "Alles in Ordnung?"

Methos schüttelte sich und stand langsam wieder auf, wehrte Duncans Hilfe ab. "Mir geht es ausgezeichnet." Die Lüge war so offensichtlich, dass Mac gelacht hätte, wäre die Situation nicht so ernst gewesen.

"Du hättest zwei Minuten später kommen sollen", murmelte Duncan leise, den Blick der kopflosen Leiche zuwendend.

"Dann würdest du jetzt hier liegen und ich müsste meine Pläne über den Haufen werfen", gab Methos zurück.

"Welche Pläne? Die, wie ich dich töte?" Der scharfe Tonfall täuschte nicht über das Entsetzen hinweg, das er bei der bloßen Vorstellung empfand.

"Du hast mich schon einmal getötet."

Duncan wusste im ersten Moment nicht, ob er nach dieser Feststellung lachen oder weinen sollte. Schließlich entschied er sich für ein leichtes Kopfschütteln. Langsam streckte er eine Hand aus, bot Methos an ihm zu helfen. "Aber ich würde dir nie den Kopf nehmen", stellte er klar. "Außerdem... du hast mich auch schon einmal getötet, schon vergessen?"

"Aber nur, um dein Leben zu retten!", protestierte Methos halbherzig und stand, mit Macs Hilfe, auf. Er lehnte sich schwer gegen den Highlander und kämpfte gegen die Nachwirkungen des Quickenings an. Es ist weniger schlimm als die letzten Male, stellte er überrascht fast.

Mac lächelte leicht und half dem älteren Unsterblichen zum Boot. Vergessen waren seine – noch vor wenigen Minuten aktuellen – Selbstmordgedanken, im Moment genoss er einfach nur die Nähe von Methos und die kleinen Neckereien, die schon immer zu ihrer Freundschaft gehört hatten. Freundschaft? Welche Freundschaft?, fragte sich ein Teil von ihm. Von was redest du? Es gibt nichts mehr zwischen euch, schon vergessen? Es ist aus und vorbei. – Nein!, konterte er in Gedanken, versuchte diese unliebsamen Überlegungen aus seinem Kopf zu verbannen. Er ist zu mir gekommen, er hat mir das Leben gerettet – würde er das tun, wenn er nichts mehr für mich übrig hätte? Wohl kaum. Es muss einen Grund geben, dass er jetzt wiedergekommen ist, mit aller Macht versucht hat mich am Leben zu erhalten. Und diesen Grund werde ich herausfinden, das schwöre ich. Ich will wissen, warum er, trotz allem was passiert ist, zurück gekommen ist, als ich ihn am meisten brauchte.

"Warum wolltest du dich umbringen?", fragte Methos unvermittelt. Sie waren nur noch wenige Meter vom Boot entfernt und er hatte sich mittlerweile soweit erholt, dass er ohne Duncans Hilfe gehen konnte.

"Ich... ich weiß nicht", gestand Duncan nach einigen Sekunden. Es war die Wahrheit. Warum? Eine gute Frage – aber ich habe keine Antwort darauf. "Ich glaube, es kam einfach alles zusammen, es wurde zuviel."

Ein trauriges Lächeln huschte über Methos' Gesicht als er stehen blieb und Mac dazu zwang, ebenfalls inne zu halten. Er packte den Highlander bei den Schultern und zwang Duncan so, ihn direkt anzusehen. Trauer und Wut glänzten in Methos' Augen, hielten Mac gefangen. "Ich kenne das Gefühl. Verdammt, ich habe diese Phase selbst oft genug durchgemacht", begann der älteste Unsterbliche leise. "Aber der Tod ist keine Lösung, glaub' mir. Ich weiß es." Fast ein wenig verlegen ließ er seine Hände wieder sinken und trat einige Schritte zurück. "Wie machen wir jetzt weiter?" Die Frage kam genauso überraschend wie alles andere, das Methos seit seiner Einmischung in den Kampf gesagt und / oder getan hatte.

Wir... gibt es noch ein 'wir'? Ich hoffe es, ich bete darum. "Als erstes würde ich vorschlagen, dass du zu mir mitkommst und dich erst einmal erholst", antworte MacLeod nach einigen, schweigsamen Sekunden. "Du siehst verheerend aus, und wenn du glaubst, dass ich dich in diesem Zustand alleine lasse, dann irrst du dich gewaltig. Und dann..." Er suchte nach Worten. Wie viel konnte er sagen, ohne Methos in die Flucht zu treiben? "Wir werden sehen. Wir haben Zeit. Als erstes ist es wichtig, dass es dir wieder besser geht."

"Mir geht es ausgezeichnet!"

Lachend schüttelte Mac den Kopf. "Immer die gleichen Ansagen. Methos, du solltest dir wirklich einmal was neues einfallen lassen." Das Lachen verklang, seine Sorge um den ältesten Unsterblichen wurde wieder stärker, schob seine eigenen Probleme in den Hintergrund. Vor allem... das eine Problem war ja jetzt gelöst. Methos war wieder hier und schien ihm nicht den Kopf abschlagen zu wollen. "Lassen wir das Thema", gab er nach. "Komm mit." Er deutete einladend zum Boot.

Methos nickte, sagte jedoch kein Wort. Und wie soll es jetzt weitergehen? Im Laufe der Zeit hatte er wirklich angefangen, sein Unterbewusstsein zu hassen. Ich bin wieder hier, dort, wo ich seit einem halben Jahr wieder hin wollte, antwortete er stumm. Wie Mac schon sagte – wir haben Zeit. Erst müssen wir uns wieder näher kommen, dann können wir damit beginnen, unsere Probleme aus der Welt zu schaffen. - Und neue zu schaffen, kam die prompte Antwort.

"Ich denke nicht, dass das jetzt klug wäre -", begann Methos, wurde jedoch von MacLeod sofort zum Schweigen gebracht.

"Nichts da! Du kommst mit, ob freiwillig oder unfreiwillig ist mir egal." Macs Stimme klang bestimmend, doch Methos bemerkte den flehenden Ausdruck seiner Augen. Der Highlander wollte jetzt nicht nur nicht alleine sein, nein, er wollte auch mit ihm, Methos, zusammensein.

"Na gut – wenn du mich schon so nett bittest..." Der zynische Kommentar kam ohne jede weiter Überlegung über seine Lippen. Eine Sekunde später hätte er sich am liebsten selbst geohrfeigt, doch als er die Belustigung Macs bemerkte, entspannte er sich wieder. Vielleicht gibt es doch noch einen Weg...

"Wie fühlst du dich?"

"Gut – zumindest besser als normalerweise nach einem Quickening", lenkte Methos ein.

"Wirklich?", vergewisserte sich Duncan. "Keine unangenehmen Nebenwirkungen?"

Er klang besorgt und aus irgendeinem verrückten, ihm selber nicht ganz klaren Grund, freute das Methos. Es zeigte, dass sich der Highlander doch noch einiges aus ihm zu machen schien. Oder sind das bloß Wunschgedanken? "Nein, wirklich", versicherte er. "Ich bin nur müde, das ist alles."

"Vielleicht solltest du dich hinlegen." Das Angebot war heraus, bevor Mac den eigentlichen Gedanken zu Ende gedacht hatte. "Ich meine..." Oh Mann, wie soll ich da wieder rauskommen?

"Wenn deine Couch noch nicht belegt ist..." Methos bemerkte die Verlegenheit des jüngeren Unsterblichen und versuchte ihm da raus zu helfen. Es brachte ihnen beiden nichts, wenn sie die Worte des jeweils anderen auf die Waagschale legten. Und ich versuche, mich mit meinen Kommentaren etwas zurückzuhalten, nahm er sich vor.

"Nein, nein, natürlich nicht. Niemand, außer dir, findet es dort gemütlich."

"Ich bin halt nicht solchen Luxus gewohnt – zu meiner Zeit hätte sich ein König über ein solches Bett gefreut." Methos versuchte ein Grinsen zu unterdrücken und ernst zu bleiben – ohne Erfolg.

"Dein Jahrgang ist ja auch... wie soll ich sagen? Veraltet." Duncan grinste ebenfalls. Die ganze Konversation kam ungezwungen und fast wie von alleine bewegte sich ihr Umgangston wieder in altvertrauten Bahnen.

Während Methos noch weiter ausführte, welche Betten es zu seiner "Jugendzeit" und in den darauffolgenden Jahrtausenden, gegeben hatte, suchte Mac Bettzeug zusammen und präsentierte dem ältesten Unsterblichen schließlich sein neue Schlafstätte.

"Ich hoffe, es ist für deine Ansprüche nicht allzu bequem." Er konnte sich den Seitenhieb nicht verkneifen.

"Nein, ich denke, ich werde damit klar kommen", gab Methos würdevoll zurück. "Aber... eines fehlt noch."

"Und das wäre...?"

"Ein Bier."

"Methos!"

"Was?! Als Gast habe ich doch das Recht auf ein Bier, oder?" Der alte Mann versuchte es mit einem Appell an Macs Gastgeberehre – und hatte Erfolg damit.

Mit dem Bier in der Hand ließ Methos sich auf der Couch nieder, lehnte sich so weit zurück, dass er schon fast in dem Möbelstück verschwand und konzentrierte seine ganze Aufmerksamkeit auf MacLeod. "Wir kommen nicht ewig um das Thema herum", sagte er unvermittelt.

"Ich weiß." Macs gute Laune war mit einem Mal wie weggeblasen, er wusste genau, was der andere Mann meinte. "Aber nicht heute... bitte. Ich glaube, für heute haben wir beide schon genug hinter uns." Ich hätte mich fast umbringen lassen und dann tauchst auch noch du auf und nimmst gleich einen Kopf. Ja, ich denke wirklich, dass wir beide für heute schon genug durchgemacht haben. "Wir haben Zeit."

"Aber nicht mehr all zu viel."

"Wie bitte?" Duncan verstand nicht.

"Vergiss' es, ist nicht so wichtig." Methos schien nicht weiter darüber diskutieren zu wollen und Duncan akzeptierte das. Er hatte schon vor langer Zeit festgestellt, dass Methos nur redete wenn er wollte. Andernfalls... vorher würde einem Gott höchstpersönlich Rede und Antwort stehen. "Morgen ist gut", murmelte Methos unvermittelt. "Für heute ist es wirklich schon genug."

Mac nickte wortlos und begann damit, sich selbst auch zum Schlafen fertig zu machen. Als er aus dem Bad kam, war Methos bereits eingeschlafen. Quer über der Couch – ein altvertrautes Bild, das Mac für einige, kostbare Herzschläge lang das Geschehene vergessen ließ. Vorsichtig, darauf bedacht ihn nicht aufzuwecken, deckte er Methos zu und ging schließlich selbst zu Bett. Erst jetzt, als er das erste Mal seit Monaten nicht alleine war, stellte er fest, wie gut es sich anfühlte zu wissen, dass da noch jemand war. Und wenn es nur eine fünftausend Jahre alte Nervensäge mit einem Hang zum Biertrinken war. Ich habe es vermisst... Mit diesem Gedanken im Kopf schlief er ein.


Er erwachte, als er ein undeutliches Geräusch hörte. Im ersten Moment verwirrt, brauchte Duncan einige Sekunden lang, bis er sich erinnerte. Der Kampf. Methos' Eingreifen. Er ist hier, bei mir. "Methos?"

Keine Antwort.

Vorsichtig stand er auf und näherte sich der Couch, auf der Methos schlief. Der Unsterbliche hatte sich regelrecht zusammengerollt, das Gesicht tief in die Kissen vergraben. Vereinzelte, erstickte Geräusche waren alles, was er von sich gab.

"Ich weiß, dass du wach bist."

"Geh' weg, lass mich in Frieden." Die Worte waren von dem Methos, den Duncan kannte und manchmal verwünschte; der Tonfall jedoch... verletzt, ertappt, Mac konnte es nicht genau feststellen.

"Sicher nicht", erwiderte er sanft. "Was ist los?"

"Nichts. Ich habe nicht gut geschlafen", entgegnete Methos müde. Er war müde, ja. Er hatte nicht lange geschlafen, das tat er schon länger nicht mehr. Zwei, drei Stunden pro Nacht waren gut; fünf bloßes Wunschdenken. Er merkte, dass er den Schotten nicht täuschen konnte – nicht mehr. Duncan kannte ihn mittlerweile  zu gut.

"Das Quickening? Ist es das, was dir so zu schaffen macht?"

Wenn du wüsstest, MacLeod, wenn du wüsstest... "Nein, das nicht." Er zwang sich dazu, den Kopf zu heben und Duncan ins Gesicht zu sehen. Er wusste, spätestens wenn MacLeod die geröteten Augen und die Ringe unter seinen Augen sah, würde er um die Wahrheit nicht mehr herumkommen. Aber er war viel zu müde um jetzt noch Versteckspielchen zu spielen. Er hatte sich zulange versteckt, hatte zulange gelogen. Vielleicht ist es Zeit für die Wahrheit...

Die Worte blieben Mac fast im Hals stecken, als er Methos' Gesicht sah. Nur undeutlich vom Licht, das durch die kleinen Fenster ins Innere fiel, erhellt konnte er nicht wirklich viel erkennen. Und das gespenstische, fahle Licht ließ Methos wie etwas erscheinen, das nicht von dieser Welt war. "Was ist los mit dir?" Er bemühte sich um einen neutralen Tonfall, hörte jedoch selbst wie verängstigt und verzweifelt er klang.

"Wenn ich jetzt 'Nichts' sage, glaubst du mir bestimmt nicht, oder?" Methos drehte sich langsam nach, blieb schließlich ausgestreckt auf dem Rücken liegen. Die Augen geschlossen, wirkte er derart hilflos und verletzlich, dass sich Duncan ernsthaft fragte, wie dieser Mann die  vergangenen fünf Millennia überlebt hatte.

Noch ehe er wusste, was er tat, streckte eine Hand aus und wischte damit sanft die Tränen von Methos' Wangen. "Was immer es auch ist – es ist vorbei", murmelte er leise.

Methos genoss die leichte Berührung, hatte jedoch gleichzeitig auch Angst davor. Jene Hände, die ihn jetzt so sanft berührten, versuchten ihm zu helfen – die selben Hände hatte ihn vor wenigen Monaten verletzt, seine schlimmsten Alpträume, die er seit Jahrtausenden als vergangen betrachtet hatte, wiederholt, den ganzen Schmerz der Vergangenheit wieder ans Licht gezerrt. "Lass das", murmelte er leise und wenig überzeugend.

"Warum sollte ich?", entgegnete Duncan ebenso leise. Sanft fuhren seine Fingerspitzen die Konturen von Methos' Gesicht nach, berührten sacht die Wangen und die Stirn.

"Weil es nicht richtig ist." Methos öffnete seine Augen wieder, konzentrierte sich vollkommen auf MacLeod. "Es ist nicht so, dass ich es nicht will", begann er. "Aber... aber..." Er kniete mittlerweile vor Duncan, den Kopf ließ er nach unten hängen und seine Augen schlossen sich wieder. Ob vor Scham oder Furcht konnte Mac nicht sagen. "Deine Berührungen... ich mag sie wirklich.." Seine Stimme brach und er konnte nicht mehr weitersprechen.

"Pss, alles klar." Duncan rückte etwas näher, packte den älteren Unsterblichen bei den Schultern und hielt ihn einfach nur fest. "Es ist wegen dem, was vor einem halben Jahr passiert ist, nicht wahr?"

Irgendetwas in Methos zerbrach, er gab sich dem Moment hin und ließ sich einfach fallen, in der Hoffnung, dass der Highlander ihn auffing. Er wurde nicht enttäuscht. Angst, Freude und noch einige andere Gefühle; alles gleichzeitig. Er spürte, wie Duncan ihn festhielt, ihn umarmte. Lass' mich jetzt nicht los, bat er in Gedanken.

Dass Methos keine Antwort gab, bestätigte nur Duncans Verdacht. Er schob die Schuld und den Schmerz, den er bei der Erinnerung an jene schicksalshaften Tage empfand, beiseite und konzentrierte sich vollkommen auf den Mann, der in seinem Armen lag. Methos hatte seine Arme leicht um Macs Taille geschlungen, eine sanfte, fast nicht wahrnehmbare Berührung, die Duncan jedoch zeigte, dass Methos ihm vertraute. Er zog den Unsterblichen etwas näher zu sich, spürte schließlich wie der alte Mann seinen Kopf auf seine Schulter legte.

Keiner der beiden sprach auch nur ein Wort, eng umschlungen saßen sie auf der Couch, in gewisser Weise trösteten sie sich gegenseitig. Beiden wurde erst jetzt wirklich bewusst, wie sehr sie den jeweils anderen vermisst hatten. Doch trotz der ungewohnten Nähe stand noch immer eine letzte Barriere zwischen ihnen.

"Mac? Ich möchte etwas wissen." Methos hatte sich nicht bewegt, er murmelte die Worte in Duncans Schulter.

"Was denn?"

"Warum?" Eine kurze Pause. "Warum hat Kronos mir das angetan?", fragte er nach einer Weile. Er hatte bewusst 'Kronos' und nicht 'Du' gesagt, wollte dem Highlander damit beweisen, dass er so wohl unterscheiden konnte, sehr wohl wusste, dass er nicht er gewesen war.

Duncan unterdrückte den Impuls nach Luft zu schnappen, dachte stattdessen genau über die Frage nach. Und noch während er über sein damaliges Verhalten nachdachte, kamen automatisch die Erinnerungen wieder. Drei Tage, dachte er. Drei Tage die gereicht haben, um unser beider Leben vollkommen aus der Fassung zu bringen, alles zu ändern. Drei Tage in denen ich Dinge getan habe, die ich mir vorher nicht einmal in meinen Träumen hätte ausmalen können. Drei Tage in denen ich erfahren habe, zu was Kronos fähig war...


[Sechs Monate zuvor, Seacouver]

Ich muss von hier weg, diese Stadt birgt zu viele Erinnerungen. Methos verstaute gerade die letzten wichtigen Dinge in seinem Landrover, die weniger wichtigen hatte er bereits in einem seiner Depots untergebracht, als er plötzlich die Gegenwart eines anderen Unsterblichen spürte. Wer ist denn das schon wieder?, dachte er genervt. Im nächsten Moment wurde die Präsenz klarer, Methos erkannte MacLeods Quickening. Die Vorteile des Doppelquickenings...

"MacLeod...", begann er, wurde jedoch von einer bekannten Stimme unterbrochen.

"Sei gegrüßt – Bruder."

Methos erstarrte, konnte sich keinen Millimeter mehr bewegen. MacLeods Stimme, kein Zweifel. Aber der Tonfall, die WORTWAHL... "Kronos", stellte er ruhig fest und drehte sich betont langsam um. "Diesmal kein Dolch?", fragte er spöttisch und musterte den Highlander, der in völlig ungewohnter Kleidung vor ihm stand. "Diese Klamotten passen dir nicht mehr wirklich."

"Ich weiß", entgegnete der schwarz gekleidete Mann vor ihm. "Aber was soll ich tun? Deswegen werde ich jetzt nicht in Jeans und Sweatshirt steigen." Er grinste überheblich. "Du wirst dich daran gewöhnen."

"Ach, tue ich das?" Methos wandte sich wieder ab und schloss mit aller Seelenruhe den Kofferraum seines Wagens. "Du hast noch exakt -", er sah kurz auf die Uhr, "- eine halbe Minute dafür. Dann bin ich nämlich weg. Mein neues Domizil wartet."

"Das bezweifle ich doch wohl stark."

"Und warum?" Methos klang mittlerweile regelrecht gelangweilt. Ruhig bleiben, nichts überstürzen. Das ist nicht mehr Mac, das ist Kronos. Verdammt, ich wusste, dass er das Quickening von Kronos nicht so einfach wegstecken würde. Dazu war dieser verfluchte Bastard einfach zu mächtig. Jetzt kommt es nur noch darauf an, sich irgendwie aus der Affäre zu ziehen und zu verschwinden. Um nichts in der Welt, nicht einmal um MacLeods Willen, werde ich noch einmal auch nur eine Stunde mit diesem Wahnsinnigen verbringen. Er hatte Angst, bloß gab er das nicht einmal vor sich selbst zu. Kronos' Quickening hatte die Kontrolle über Macs Körper – was bedeutete, dass Kronos sozusagen von den Toten wieder auferstanden war. Der Typ ist einfach nicht umzubringen. Und höchstwahrscheinlich erinnerte er sich an alles, was damals in Bordeaux passiert war. Also auch an meinen Verrat und dass ich Silas getötet habe. Toll, super Aktion, Mac, wirklich. Er wusste, dass der Highlander eigentlich unschuldig war. Er hatte Kronos sicherlich nicht freiwillig den Vortritt überlassen. Aber es war geschehen und Kronos war jetzt offensichtlich hier, um sich zu rächen. Aber trotzdem... er konnte nicht anders und gab MacLeod einen Teil der Schuld. Verdammter Schotte mit seinen Weltrettungsambitionen! Er hätte damals verschwinden sollen, als ich es ihm empfohlen habe. Ich sollte wirklich zusehen, dass ich von hier verschwinde...

"Weil wir jetzt einige Zeit miteinander verbringen werden", antwortete Kronos mit sanfter Stimme. "Wir sollten uns über deinen Verrat deinen Brüdern gegenüber unterhalten. Und darüber, dass dir offenbar irgend so ein schottischer Bastard wichtiger ist, als wir – als ich", fügte er noch hinzu. Der letzte Satz klang geradezu verletzt, und Methos wusste spätestens jetzt endgültig, dass er, wenn er hier nicht schleunigst rauskam, einige sehr unangenehme Stunden vor sich hatte.

Ganz ruhig, Methos, ganz ruhig. Er will dich nur provozieren. Aber nicht mit mir. "Mac ist kein Bastard", stellte er schroff fest. "Er ist ein Freund, und zwar einer der Sorte, der ich wirklich vertrauen kann." Konnte. "Im Gegensatz zu dir, Kronos", er spuckte den Namen regelrecht aus. "Verschwinde und lass' mich in Ruhe."

"Falsche Antwort, Methos." Macs Stimme, mit einem subtilen Unterton, der eindeutig Kronos zuzuschreiben war, klang mittlerweile eiskalt und gefährlich. "Komm mit", verlangte er.

"Siehst du, genau das meinte ich, als ich sagte, dass du deine kindischen Aggressionen noch immer nicht unter Kontrolle hast. Wirklich... Nach so vielen Tausend Jahren solltest du dich mittlerweile wirklich besser beherrschen können."

"Halt die Klappe und komm mit. Oder willst du, dass ich wieder nachhelfe?" Mit einer eleganten Bewegung zog er einen Dolch und zwar genau den, mit dem er Methos schon am Beginn dieses ganzen Alptraumes getötet hatte. "Ich habe nichts dagegen. Aber du willst vielleicht nicht noch einmal dein Herz verlieren." Der letzte Satz diente nur dazu, Methos klarzumachen, dass er – Kronos – wirklich ALLES wusste. Er weiß alles, erkannte Methos und ein Schauer lief ihm über den Rücken. Er hat MacLeods und Kronos' Erinnerungen – dazu noch die von Caspian, unbewusst durch dessen Quickening, das Mac sich geholt hat. Das heißt in Fakt, dass ich Kronos und Caspian gegen mich habe. Dazu noch MacLeods kämpferisches Geschick, das auch nicht zu unterschätzen ist. Und ich? Ich habe Silas, ja. Chancengleichheit? Was bedeutet das?

"Frage: Warum soll ich mitkommen? Hast du bestimmte Pläne? Wenn ja... ich bin nicht interessiert." Mit einer schnellen Bewegung öffnete er die Vordertür seines Wagens und wollte einsteigen. "Ich muss sehen, dass ich meinen Flieger noch erreiche."

"Vergiss' den Flug, wir – ich habe besseres zu tun."

"Und was? Sagst du es mir endlich oder darf ich raten?" Methos klang mittlerweile mehr als sarkastisch, was auch zu einem guten Teil an seiner Angst lag. Er wollte weg, weg aus Seacouver, weg von den Erinnerungen... aber am allermeisten wollte er von dieser Reinkarnation von Kronos weg, die ihm Körper seines besten Freundes steckte. Zum wiederholten Male verfluchte er Mac dafür, dass er die Reiter aufgehalten hatte, überhaupt in seinem Leben aufgetaucht war.

"Ich sagte doch schon, dass wir reden müssen." Kronos hatte mittlerweile sein letztes Bisschen Geduld verloren. Er hatte Methos schon immer mehr Geduld als irgend jemand anderen in der Welt entgegengebracht, aber durch seinen Verrat hatte der alte Mann diesen Vorteil verspielt. "Entweder kommst du jetzt freiwillig oder ich muss dich töten."

"Dann töte mich – freiwillig kriegst du mich nicht", erwiderte Methos kühl. Er ahnte, dass er damit sein -  zumindest vorläufiges – Todesurteil unterschrieben hatte. Aber um nichts in der Welt würde er freiwillig mitgehen. Nie im Leben!

"Wenn du meinst, Bruder...", hörte er noch Macs Stimme, Sekunden bevor er starb. "Schließe deine Augen", sagte Kronos leise. Mehr aus Reflex gehorchte Methos. Er spürte einen kühlen Luftzug, dann etwas kaltes, hartes an seiner Schläfe... dann nichts mehr.


"Verdammt noch mal! Was zur Hölle...?"

"Das Fluchen hast du also noch nicht verlernt – sehr gut."

Kronos' Stimme vertrieb den Nebel aus Methos' Bewusstsein und langsam erinnerte er sich wieder an ihr letztes Zusammentreffen. Verdammt, womit habe ich das nur verdient?! Welche Gottheiten habe ich beleidigt, dass ich derart gestraft werde? Nicht einmal mit Kopfabschlagen kann man ihn töten! "Was..." Er rang nach Atem, versuchte wieder etwas Licht ins Dunkel seiner Erinnerungen zu bringen. "Was hast du mit mir gemacht?"

"Ich habe dich getötet." Kronos' Stimme und Macs Gesicht drückten die pure Selbstgefälligkeit aus.

"Das habe ich auch erkannt", knurrte Methos ungehalten. Mittlerweile hatte er keine Angst mehr, mittlerweile war er nur noch wütend. Wütend auf alles und jeden auf diesem Planeten. "Aber wie?"

"Ich habe dich erschossen", lautete die unpersönliche Antwort.

Dabei habe ich gar nichts gespürt...

"Und falls du dich fragst, warum die das nicht gespürt hast...", fuhr Kronos fort.

Kann der Typ Gedanken lesen, oder was?!

"... Es war ein Kopfschuss. Du warst tot, noch bevor du ihn gehört hast."

Das erklärt einiges, auch meine Kopfschmerzen.

"Ich bedaure, dass ich nicht für mehr Zeit hatte. Eigentlich war das ein viel zu sanfter Tod für dich."

Die Aussage, ohne jedes Gefühl, außer vielleicht dem des Hasses, hervorgebracht, ließ Methos das Blut in den Adern gefrieren. Langsam begann er zu ahnen, was ihm nun bevor stand... Er versuchte sich in der neuen Umgebung zurecht zu finden, stellte teils überrascht, teils verärgert fest, dass Kronos ihn an die Wand gekettet hatte. Seine Arme waren geradezu brutal weit gestreckt, und seine Knöchel waren ebenfalls angekettet. Entsetzt schloss er die Augen, versuchte die Erinnerungen, die automatisch kamen zu unterdrücken. Nicht jetzt. Ich darf mich jetzt nicht in der Vergangenheit verlieren, ich muss versuchen hier raus zu kommen. Er war so damit beschäftigt, seine Gefühle und Gedanken unter Kontrolle zu bringen, dass er Kronos' Worte erst nach einigen Sekunden bewusst wahrnahm.

"Nun wird der Lehrer mal seine Unterrichtsmethoden selbst erfahren."

Oh nein, alles nur das nicht! Ich hätte mich vor dreitausend Jahren wohl doch mehr zusammenreißen sollen, ihm besser doch nicht so viel zeigen. Galgenhumor hatte ihm schon oft geholfen, seine geistige Gesundheit zu erhalten, und diese Methode würde hoffentlich aus diesmal funktionieren. "Ach ja?", erwiderte er zynisch. "Und was gibt dir das?"

"Befriedigung."

"Geh' ins Bordell – da kriegst du sie ohne dich dabei schmutzig zu machen."

Die einzige Reaktion Kronos' bestand aus einem Lachen. "Es freut mich, dass du deinen Humor nicht auch noch verloren hast", meinte er. "Aber die dummen Sprüche werden dir auch noch vergehen, dessen kannst du dir sicher sein."

Er sollte recht behalten.


[Drei Stunden später]

"Na? Schon genug, oder soll ich noch weitermachen?"

Keine Reaktion.

"Wenn ich mit dir rede, erwarte ich auch, dass du mir Antwort gibst!" Kronos holte aus und verpasste Methos noch eine Ohrfeige.

"Und was willst du hören?", gab dieser aggressiv zurück. "Dass es mir leid tut? Dass ich nichts lieber täte als wieder mit dir zu reiten? Vergiss' es – es ist Vergangenheit, kapierst du das nicht? Die Welt hat sich geändert, ich habe mich geändert – bloß du bist noch immer der gleiche, sture Hurensohn, der du schon immer warst. Entweder du bringst mich jetzt um oder du machst mit deinen Spielchen weiter – egal wie, ich bin nicht mehr dein Schüler und ich bin auch nicht mehr dein Bruder. Ich habe mein eigenes Leben und du bist mir darin nicht einmal mehr einen Alptraum wert!" Davon habe ich schon ein paar andere, die mir vollkommen reichen.

"Rede nie wieder so mit mir! Verstanden?" Kronos packte seinen Gefangenen am Shirt und zog ihn ein wenig näher zu sich. "Ich bin noch immer dein Meister, verstanden? Du tust, was ich dir sage. Oder ich werde wirklich ungemütlich."

"Bist du nicht. Ich lebe mein eigenes Leben, nach meinen Regeln, so wie ich es will. Die Zeiten, in denen ich mich nach anderen richtete, sind längst vorbei."

"Schade, ich dachte, dass du noch zur Vernunft kommen würdest." Kronos sprach leise und seine Stimme klang, als ob er einem Kind etwas erklärte. "Du hast mir immer viel bedeutet, weißt du das, Methos?" Methos gab keine Antwort, bereitete sich stattdessen innerlich auf das Unvermeidliche vor. "Ich hatte nicht viele Schüler in meinem Leben. Die meisten überlebten nicht einmal annähernd so lange wie du." Er lächelte stolz. "Ich hätte ehrlich gesagt auch nicht damit gerechnet, dass du einmal so alt werden würdest. Ich dachte immer, dass du, sobald du auf dich alleine gestellt bist, relativ schnell deinen Kopf verlieren würdest. Ich bin froh, dass ich mich geirrt habe." Grob stieß er Methos zurück. Er zuckte mit keiner Wimper, als das Geräusch von auf Ziegeln prallenden Knochen laut widerhallte. Zufrieden beobachtete er wie der andere Unsterbliche keuchend in die Knie ging, bloß die Fesseln, mit denen er an die Wand gekettet war, hielten ihn halbwegs auf den Beinen. Der Aufprall hatte Methos die Luft aus den Lungen gepresst, und ihm sicherlich auch einige blaue Flecken beschert. Wenn nicht gar schlimmeres. Blutergüsse oder Prellungen, die innerhalb weniger Sekunden wieder verschwanden, unsterblichen Selbstheilungskräften sei dank. Einerseits freute es Kronos, dass sein Opfer sich so schnell erholte – dadurch hatte er viel mehr Spielraum, musste weitaus weniger Rücksicht nehmen – anderseits ärgerte es ihn maßlos, dass Methos, egal was er ihm antat, alles überstand, er ihm keinen dauerhaften Schaden zufügen konnte. Er trat einige Schritte zurück, ließ Methos Zeit, wieder zu Atem zu kommen und seinen vorherigen Worte zu verstehen. Unschlüssig wanderte er in dem verlassenen Lagerhaus, das er schon vor Tagen seinen Bedürfnissen angepasst hatte, herum, blieb schließlich vor einem Spiegel stehen, der sicher schon seit Jahren vergessen hier stand.

Kronos blieb stehen und betrachtete sich, beziehungsweise den Körper MacLeods. Nach wenigen Sekunden, in denen er voller Hass sein Spiegelbild beobachtete hatte, wandte er angewidert den Kopf ab und kehrte langsam zu Methos zurück.

"Ich hasse diesen Körper!", schrie er unvermittelt und bemerkte zufrieden die Reaktion seines Gefangenen. Methos zuckte zusammen, schien es langsam aber sicher wirklich mit der Angst zu tun zu bekommen. Mit zwei, drei schnellen Schritten war Kronos bei ihm, packte sein Kinn und zwang Methos dazu, ihm ins Gesicht zu sehen. "Siehst du das?", sagte er heiser. "Das Gesicht deines Freundes und die Seele deines Bruders. Ich bin gefangen, gefangen in diesem Körper..." Er spuckte verächtlich aus. "Warum?", verlangte er zu wissen. "Warum hast du mir das angetan? Nein!" Seine Hand ließ Methos' Kinn los, legte sich um die Kehle des Unsterblichen und drückte langsam zu. "Ich will nicht wieder deine Ausflüchte, dass du dich geändert hast, hören. Ich will die Wahrheit. Warum hast du mich und die anderen verraten? Warum war dir MacLeod wichtiger, als wir?" Unbewusst drückte er immer fester zu, nahm Methos jede Möglichkeit zu atmen. Kurz bevor er das Bewusstsein verlor, ließ er abrupt los und Methos schnappte panisch nach Luft. "Das war keine rhetorische Frage", stellte er klar.

Was soll ich ihm sagen? Er will eine Antwort – und ich muss ihm eine geben, ansonsten kann ich meinem Leben gleich adieu sagen. Aber die Wahrheit ist keine nennenswerte Option. Verdammt, die Wahrheit... die gestehe ich mir ja nicht einmal selber ein, dann soll ich sie auch noch aussprechen? Nein, ich kann nicht...

"Ich will heute noch eine Antwort!"

Etwas kaltes, scharfes glitt langsam über Methos Hals, entsetzt erkannte er den Dolch, mit dem Kronos schon zu Zeiten der Reiter einiges angestellt hatte. Es war kein gewöhnlicher Dolch, nein. Er war extrem lang, konnte es fast schon mit einem Schwert aufnehmen. Eine Sonderanfertigung. Vorsichtig glitt die Klinge tiefer, passierte sein Herz, die Lunge, glitt weiter zum Bauch, schließlich zum Unterleib. "Erinnerst du dich an Tanira?", fragte Kronos, in Erinnerungen schwelgend.

Methos erschauderte und bestätigte mit einem stummen Nicken.

"Gut. Denn das werde ich mit dir machen, wenn du mir nicht sofort eine Antwort gibst! Und wage es ja nicht zu lügen! Du weißt, dass ich deine Lügen sehr wohl als solche erkenne. Also, noch einmal, falls du es vergessen haben solltest: Warum war dir MacLeod wichtiger als deine Brüder?"

"Ich... er..." Methos' Mund war trocken, jedes Wort war eine einzige Überwindung. Die Wahrheit... er konnte sie nicht sagen, das bedeutete, dass er sie selber akzeptieren musste. Und das konnte er nicht.

Der Dolch arbeitete sich langsam wieder nach oben, verharrte schließlich dich über seinem Herz. "Falsche Antwort", flüsterte Kronos und stieß mit aller Macht zu.

Ein lauter, gequälter Schrei entkam Methos' Kehle als das scharfe Metall in seinen Körper eindrang, nur wenige Zentimeter über seinem Herzen. Kronos hatte den Eintrittswinkel genau gewählt, es war eine schwere, extrem schmerzhafte Verletzung, die ihn jedoch nicht töten würde. Das Herz konnte unbeeinträchtigt weiter schlagen, pumpte weiterhin Blut durch seinen Körper. Ein Sterblicher würde verbluten, doch dank seiner Selbstheilungskräfte schloss sich das Fleisch um den Dolch, bis der Fremdkörper keine Gefahr mehr darstellte, ihm lediglich schier unerträgliche Schmerzen bescherte. Entsetzt erkannte er, dass Kronos derart heftig zugestoßen hatte, dass die Klinge sich hinter ihm in die Wand gebohrt hatte, ihm dadurch jede Bewegungsmöglichkeit genommen hatte.

"Noch immer keine Antwort?" Wie durch einen Nebel drang Kronos' Stimme an seine Ohren, er brauchte eine Weile um den Sinn in ihnen zu erkennen. "Wir können auch weitermachen, weißt du? Ich habe nichts dagegen, ganz im Gegenteil." Methos konnte Kronos' Grinsen sehen, obwohl er die Augen geschlossen hielt. Er wollte den Kopf heben, seinem Peiniger ins Gesicht sehen, ihm zeigen, dass er nicht nachgeben würde. Doch tief in seinem Inneren wusste er, dass er sich nur selbst belog. Er würde nicht mehr lange durchhalten, bald würde er alles tun, was Kronos wollte, bloß um keine weiteren Schmerzen mehr zu riskieren

Der Dolch in seiner Brust schmerzte höllisch, ließ ihn fast nicht mehr atmen. Verzweifelt klammerte er sich an die Reste seines Bewusstseins, versuchte bei klarem Verstand zu bleiben. Er musste wach bleiben, einen Plan entwickeln... er durfte nicht... Sein Kopf sank nach unten, er ignorierte den Schmerz den überstrapazierte Arm- und Nackenmuskeln durch seinen ganzen Körper jagten. Sich dem Schmerz ergeben... sich in die Dunkelheit fallen lassen. Vergessen, kein Schmerz... Warum ich?

"Nein!" Der laute Ruf, zusammen mit einem brutalen Schlag in den Magen, rissen Methos wieder zurück ins Leben. Mühsam öffnete er seine Augen, hob den Kopf und begegnete dem siegessicheren Grinsen Kronos'. "Du bleibst schön hier bei mir." Duncans Stimme klang so ungewohnt, nie hätte Methos geglaubt, dass sie eine solche Brutalität und Sadismus ausdrücken konnte. "Wir sind noch nicht fertig. Du sagtest, du erinnerst dich an Tanira? Dann müsstest du auch wissen, dass das nur der Anfang war." Ein brutales Lachen folgte den Worten und ließ Methos abermals erschauern.

Was habe ich an mir, das andere Menschen dazu treibt, mich zu verletzen?, fragte er sich selbst, nicht zum ersten Mal. Er verstand es nicht, aber Tatsache war, dass es in seiner Vergangenheit immer wieder passiert war, dass andere Männer – viele unsterblich, aber auch einige Sterbliche – in ihm das perfekte Opfer fanden.

"Ich gebe dir noch ein wenig Zeit um darüber nachzudenken", fuhr Kronos leidenschaftslos fort. "Sagen wir mal... ein paar Stunden. In dieser Zeit solltest du darüber nachdenken, was dir bevorsteht, wenn du nicht schleunigst anfängst, nach meinen Regeln zu spielen. Du weißt, was dann passieren wird, immerhin warst du oft genug dabei." Er grinste. "Den Dolch lasse ich dir – als Erinnerung, dass ich wiederkommen werde. Ich habe einiges zu tun, aber du hast ja jetzt eine Beschäftigung." Er kam näher an Methos heran, fuhr mit der rechten Hand sanft durchs Haar seines Gefangenen, packte schließlich eine Handvoll davon und zog Methos' Gesicht brutal näher zu sich. "Vergiss' niemals wer dein Meister ist", murmelte er heiser und stieß Methos dann zurück, hörte zufrieden das Knacken der Knochen. Methos verlor auf der Stelle das Bewusstsein, starb jedoch nicht. Kronos wusste genau, was er dem anderen Unsterblichen zumuten konnte, ohne ihn zu töten. Er warf einen letzten, zufriedenen Blick auf den Bewusstlosen und ging davon.


"Bei allen Göttern..." Methos stöhnte leise auf, als er wieder zu sich kam. Im ersten Moment wusste er nicht, wo er war, doch die Erinnerung kam innerhalb kürzester Zeit wieder. Seine Arme, noch immer fest angekettet, schmerzten mittlerweile nicht nur aufgrund der unnatürlichen Haltung sondern auch wegen des Blutstaus. Sein Rücken protestierte gegen die Streckung seines Körpers, seine Brust schien in Flammen zu stehen. Ein kurzer, vorsichtiger Blick ließ ihn erkennen, dass der Dolch noch immer dicht über seinem Herzen steckte, ihn noch weiter schwächte, jedoch nicht tötete. Sein Blickfeld war kleiner als gewöhnlich  und verschwommen. Gehirnerschütterung, stellte er teilnahmslos fest. Sein Kopf schien jeden Moment zu explodieren, instinktiv wusste er, dass die Gehirnerschütterung im Moment noch das kleinste seiner Probleme war. Bei der Wucht, mit der Kronos ihn gegen die Wand geschleudert hatte, waren Blutungen oder gar Brüche sehr wahrscheinlich. Ihm war schlecht und jeder Knochen tat ihm einzeln weh. Seine Handgelenke waren mittlerweile aufgescheuert, erstes Blut ran ungehindert über seine Arme.

"Ah, du bist endlich wieder unter uns!"

Auch das noch – Kronos war schon wieder zurück. Oder wie lange war er bewusstlos gewesen? Wenn er sich seinen körperlichen Zustand ins Gedächtnis rief... es war gut möglich, dass er stundenlang ohne Bewusstsein gewesen war. "Wie... wie lange war ich weg?", fragte er heiser.

"Du hast mich gar nichts zu fragen, bloß zu antworten!" Kronos näherte sich wieder, Wut funkelte ihn seinen Augen. Er trat Methos hart ins Knie, spürte wie der Knochen brach. Methos schrie auf und sank noch mehr zusammen, belastete dadurch seine Arme nur noch mehr, die Wunde in der Brust wurde dadurch aufgerissen und begann wieder zu bluten. "Aber ausnahmsweise werde ich dir antworten", sagte Kronos gnädig. "Du..." Er sah kurz auf die Uhr und rechnete nach. "Warst gut einen Tag lang weg. Ehrlich... ich hätte gedacht, dass du dich schneller erholst. Du müsstest so etwas ja schließlich und endlich gewohnt sein."

"Ich hatte... hatte in den letzten paar Jahrhunderten meinen Frieden." Methos schaffte es tatsächlich, seiner Stimme einen sarkastischen Klang zu verleihen. "Du ahnst gar nicht, Kronos, wie schnell man sich daran gewöhnt, nicht regelmäßig gefoltert zu werden." Er zwang sich dazu, mit normaler Lautstärke zu sprechen, obwohl bei jedem Wort unbeschreibliche Schmerzen durch seinen gesamten Körper zuckten. Er unterdrückte sein Stöhnen und zwang sich dazu, Kronos anzusehen. Er konnte sich noch gut an früher erinnern – jene Zeiten, in denen er regelmäßig gequält wurde, er nichts anderes mehr kannte. Aber jetzt, in dieser Zeit, nach den Leben, die er in den vergangenen Jahrtausenden geführt hatte... er konnte nicht mehr, wusste genau, dass er nicht mehr lange durchhalten würde. Das erste Mal in seinem Leben verfluchte er seine Unsterblichkeit wirklich mit aller Macht, wünschte sich nichts sehnlichster als endlich sterben zu dürfen. Sterben ohne zu erwachen. Nicht jetzt, wo er von seinem ehemaligen Bruder gefoltert wurde, der jedoch aussah wie der Mann, der ihm mehr bedeutete als sonst etwas auf der Welt. Duncan... er würde sein Leben für ihn geben, und noch mehr. Alles.

"Tja, dann hoffe ich, dass du dich recht schnell wieder eingewöhnen kannst." Kronos klang regelrecht lebhaft, als ob er die Zeit seines Lebens hätte. In gewisser Weise ist es ja auch so, dachte Methos düster. Er kann foltern, er kann morden – das ist das, was er schon immer am liebsten tat.

"Das bezweifle ich...", begann er, wurde jedoch von Kronos harsch unterbrochen.

"Sei still!", befahl der andere Unsterbliche schroff. "Sei still und denk nach. Ich habe noch immer keine Antwort auf meine Frage. Und du kannst dir sicher sein, dass ich noch eine bekomme. Auf die eine oder andere Weise. Obwohl... ich bezweifle, ob du die 'andere' Weise kennen lernen möchtest", setzte er zynisch hinzu.

Methos gab auf. "Was willst du wissen?"

"Du weißt es nicht mehr? Na gut... in Anbetracht dessen, wie es deinem Kopf gehen muss, bin ich geneigt, noch einmal Nachsicht zu üben." Kronos gab sich großzügig und erntete dafür einen tödlichen Blick von Methos. "Ich will wissen..." Er legte eine kurze Pause ein, beugte sich nach vorne. Sein Gesicht Millimeter von dem Methos' entfernt, flüsterte er: "... warum du MacLeod mir und unseren Brüdern vorgezogen hast."

Methos zuckte ob der Worte zusammen, immerhin kamen sie aus Macs Mund, mit SEINER Stimme – auch wenn eindeutig der "Kronos-Tonfall" zu erkennen war.

"Sag' es mir – ich will es wissen!" Kronos stand mittlerweile kurz davor, wirklich wütend zu werden und Methos wusste, dass er dann nur noch brutaler wurde. "Warum hast du uns verraten, mich an MacLeod ausgeliefert und selbst Silas getötet? Verdammt, Silas war dein Bruder, Methos! Und du hast ihn getötet! Und ich will jetzt wissen warum!"

Noch einmal krachte Methos' Kopf gegen die Wand, doch diesmal blieb er bei Bewusstsein. "MacLeod...", begann er leise, gewann damit Kronos' volle Aufmerksamkeit. "... er... ist mein Freund..."

"Und weiter?" Der frühere Anführer der Reiter gab sich unbeeindruckt. "Das allein ist es nicht, dazu kenne ich dich zu gut. Was ist also der Grund? Bist du ihm etwas schuldig? Oder er dir?"

"Ich liebe ihn." Die Worte waren heraus, noch bevor Methos selbst sich ihrer bewusst war. Es war eine rein gefühlsmäßige Aussage, sie hatte absolut nichts mit rationalen Entscheidungen oder logischen Überlegungen zu tun. Es war einfach eine Tatsache. DIE Tatsache, die er sich bis zu eben diesen Moment selbst nicht eingestehen wollte.

"Du tust WAS?!" Kronos' Stimme drückte nicht nur Überraschung sondern auch Entsetzen aus. "Liebe? Du weißt doch gar nicht, was das ist", schrie er unkontrolliert.

"Das denkst du", erwiderte Methos schwach. Er fühlte sich elend, war halb bewusstlos. Aber tief in seinem Inneren wusste er, dass es die Wahrheit war, er bisher bloß immer zu feige gewesen war um sie sich einzugestehen. "Ich weiß, was Liebe ist", fuhr er fort. "Ich habe lange genug ohne die Reiter gelebt, ich hatte auch wirklich glückliche Zeiten in meinem Leben – kaum zu glauben, nicht?", setzte er ironisch hinzu.

"Methos..." Kronos klang verletzt und verraten, gleichzeitig aber auch unendlich wütend. "Ich habe mit so etwas gerechnet. Nach dem, was ich in MacLeods Erinnerungen gesehen habe – deine Rolle bei seinem Dark Quickening. Ich hätte es mir denken sollen", gab der Reiter zu. "Aber nichts desto trotz -" Seine Stimme wurde wieder härter, verriet keine Gefühle mehr. "- kann ich deinen Verrat nicht dulden. Erst recht nicht unter diesen neuen Erkenntnissen. Du müsstest es doch wissen – es gibt nichts, außer den Reitern. Nichts und niemand ist sonst von wert, das hättest du doch wissen müssen. In dem Moment, in dem du dich deinen Gefühlen ergeben hast, hast du dich selbst – Death – und deine Brüder verraten. Und dieser Verrat wird nicht ungesühnt bleiben, BRUDER."

Mit diesen Worten machte Kronos ihm klar, dass er ihn noch immer als seinen Bruder sah, die Tatsache, dass er und die anderen beiden eigentlich schon längst tot waren, ignorierend.

Langsam, vorsichtig, beinahe zärtlich zog Kronos den Dolch aus Methos' Schulter, lächelte leicht als das leise Stöhnen seines Gefangenen hörte. Er wartete einige Minuten, erst als die Wunde an der Schulter zu heilen begann, bewegte er sich wieder. "Schließe deine Augen, Methos", sagte er leise. "Du sollst es nicht sehen – nur spüren."

Langsam gehorchte Methos, er wusste, dass alles andere sinnlos war. Kronos hatte einen Plan und würde diesen auch umsetzen – bis ins Letzte Detail. Widerstand ist zwecklos, flüsterte eine Stimme in seinem Kopf. Vorsichtig schloss er seine Augen, versuchte sich und seinen Körper zu entspannen. Er wusste, was auch immer ihm jetzt bevorstand, es würde das schlimmste bisher werden. Er konnte nur versuchen, es so würdevoll wie nur irgend möglich zu ertragen. Der brennende Schmerz in seiner Brust und Schulter flaute allmählich ab, zurück blieb nur ein dumpfes Pochen, das er relativ einfach ignorieren konnte. Seine Arme und Beine spürte er mittlerweile überhaupt nicht mehr – endlich. Er hatte sich schon gefragt, wann die schlechte Durchblutung ihre Wirkung zeigen würde.

Ein seltsames Geräusch riss Methos' Aufmerksamkeit wieder in die Realität zurück, erst nach einigen Augenblicken wurde ihm klar, dass Kronos mit einer schnellen Bewegung sein Shirt in der Mitte bis zur Brust aufgeschnitten hatte. Die Angst kam wieder, schien in zu verschlingen, ihm die Luft zum Atmen zu nehmen. Er spürte die eiskalte Luft auf seiner ungeschützten Brust, dem Bauch, dem Unterleib. Er fühlte Kronos' Hand die langsam und geradezu vorsichtig über seinen Unterbauch fuhr, dabei eine Gänsehaut auslöste, die sich über seinen gesamten Körper ausbreitete.

"Was hast du vor?", fragte er leise, danach trachtend seine Stimme nicht allzu sehr zittern zu lassen.

"Psss... nicht sprechen", hörte er Macs sanfte Stimme. Ja, es war MacLeods Stimme, hundertprozentig. "Ganz ruhig."

Ein eiskalter Luftzug über seinem Oberkörper als Kronos näher kam. Sekunden später spürte er etwas spitzes, kaltes auf seinem Bauch, knapp unter dem Nabel. In diesem Moment wurde ihm klar, was nun passieren würde. Ein harsches Einatmen verriet ihn. "Du weißt, was nun kommt, nicht?" Die Stimme klang noch immer sanft und freundlich. "Wehre dich nicht – es tut auch so schon genug weh."

Methos nickte schwach, er wusste es selbst, auch ohne von Kronos darauf hingewiesen zu werden. Im nächsten Moment stöhnte er leise auf als die Spitze des Dolches geradezu unglaublich langsam in ihn eindrang, Millimeter für Millimeter durch seine Bauchdecke drang. Er spürte jeden Zentimeter des Weges den die Klinge quer durch seinen Körper zurücklegte, spürte wie Organe und Blutgefäße durchstoßen wurden. Oh ja, er fühlte jede noch so kleine Bewegung der Waffe in seinem Körper, konnte sein Stöhnen nicht länger zurückhalten, das sich langsam aber sicher zu lauten Schreien steigerte. Schließlich spürte er die Klinge an seiner Wirbelsäule, wie sie haarscharf an einem Wirbel vorbei kratzte, dadurch nur noch mehr Schmerzen durch seinen geschwächten Körper jagte.

Das Letzte, das er wahrnahm bevor der das Bewusstsein verlor, war, wie der Dolch gegenüber der Eintrittswunde erneut die Haut durchstieß. Dann machte er den Fehler, sein Gewicht ein wenig zu verlagern – dadurch schnitt die Waffe glatt durch seine Wirbelsäule. Methos schrie laut auf – solchen Schmerz hatte er in seinem gesamten Leben noch nicht empfunden – bewegte sich unbewusst noch weiter, verletzte sich noch mehr. Er hieß die Bewusstlosigkeit, auf die sicher der Tod folgen würde, willkommen, hoffte, dass er nicht mehr erwachen würde. Hoffte, dass Kronos endlich Erbarmen zeigte und ihm den Kopf nahm.


Schmerzen. Pein. Agonie. Das erste, was er hörte als er zu sich kam, waren Schreie. Die Stimme... sie kam  ihm vage bekannt vor. Methos, erkannte er nach einigen Sekunden entsetzt. Er versuchte sich zu erinnern. Was auch immer Methos dazu brachte, solche Schreie auszustoßen... es musste unvorstellbar grausam sein. Er konnte seine Augen nicht öffnen, hörte nur auf einmal seine Stimme - Meine Stimme?!.

Sie hörte sich gefühllos an. "Na, hast du genug?"

Ein leises, kaum noch hörbares Stöhnen war die einzige Antwort.

"Keine Kraft mehr zu sprechen, Methos?" Die Stimme wurde spöttischer, geradezu gehässig. "Keine Sorge – ich werde dich bald erlösen."

Ein Räuspern, Methos schien mit aller Macht versuchen zu sprechen. "Wirst..."  Ein Hustenanfall folgte den Worten, ließ Duncan erschauern. Der Husten klang so unnatürlich... Blut in der Lunge, erkannte der Teil von ihm, der einmal Sanitäter gewesen war. "Wirst du mich töten? Endgültig?" Hoffnung erklang in Methos' Stimme, der alte Unsterbliche schien seinen Tod geradezu zu begrüßen.

Was ist passiert? Was war geschehen, dass Methos um seinen Tod bat, warum klang er so schwach und schwerst verletzt?

Zu seiner großen Überraschung hörte er seine eigenen Stimme antworten: "Ja, Bruder, ich werde dich töten. Jetzt." Bruder? Was zu Hölle ist hier los?


Zufrieden schloss Methos die Augen. Es würde aufhören. Bald. Endlich... Er hatte keine Angst mehr, fühlte nur noch Freude und Erleichterung. Und vielleicht... Er gestattete sich einen schwachen Hoffnungsschimmer. Vielleicht ist mein Quickening stark genug um Kronos' zu verdrängen, vielleicht kann ich Mac helfen. Vielleicht sorgt meine Macht dafür, dass er wieder zu sich selbst findet. Ein leichtes Lächeln stahl sich bei diesem Gedanken auf sein Gesicht. Ja, diese Aussicht machte seinen Tod noch erträglicher.

"Was grinst du so?", fuhr Kronos ihn entnervt an. "Freust du dich schon so auf deinen Tod?

Methos gab keine Antwort – dazu wäre er auch gar nicht in der Lage gewesen. Er fühlte keinen Schmerz mehr, sein Gehirn hatte diesen Teil seiner Wahrnehmung ausgeschaltet, als die Schmerzen unerträglich wurden.

"Dann werde ich wohl dafür sorgen müssen, dass dein Tod nicht allzu schnell und schmerzlos wird..."

Selbst diese Aussicht konnte Methos nicht mehr erschrecken, er hatte jetzt etwas an dem er sich festklammern konnte. Sein Quickening würde MacLeod helfen, dessen war er sich sicher. Seine Macht war stärker als die von Kronos – würde jedoch nicht die Kontrolle über den Highlander übernehmen. Er wusste nicht warum, aber instinktiv wusste er, dass es so war.

Ein kleiner Teil seiner Selbst spürte die Klinge, die langsam in seinen Hals schnitt, langsam aber sicher Arterien und Venen durchtrennte. Er spürte, wie das Blut seinen Körper verließ, er noch schwächer wurde, als er ohnehin schon war. Er spürte keinen Schmerz, keinen Kummer. Es war, als ob er nur ein unbeteiligter Zuschauer war, der zusah wie der Mann vor ihm – der in Wirklichkeit er selbst war – langsam verblutete. Er wusste, er würde tot – verblutet – sein, noch bevor sein Kopf endgültig vom Körper getrennt war, und irgendwie enttäuschte ihn das. Er hätte gerne sein eigenes Quickening gesehen, hätte gerne gewusst ob es wirklich so stark war, wie alle glaubten. Er war froh, dass ausgerechnet Duncan MacLeod seine Macht bekam – der Mensch, der es am meisten verdient hatte. Oder am wenigsten, je nach Sichtweise.

Seine Gedanken kehrten zurück in die Vergangenheit – nicht weit, nur wenige Jahre. Die Tage, kurz nach Alexas Begräbnis... er war am Boden zerstört, wusste nicht wie es weitergehen sollte. In jenen Tagen war Duncan immer bei ihm, verhinderte, dass er eine Dummheit beging. Mac hatte mit ihm geredet, ihn abgelenkt, alles getan damit er seinen Kummer vergessen und weitermachen konnte. Das waren auch jene Tage gewesen, in denen er das erste mal erkannt hatte, dass er für den Highlander mehr als nur Freundschaft empfand. Doch er hatte diese Gefühle verdrängt, ihnen nicht gestattet bis in sein Bewusstsein vorzudringen. Aber sie waren immer da, auch dann noch, als Kronos wieder in seinem Leben auftauchte. Und sie waren auch jetzt noch da – genau wie er es Kronos gesagt hatte. Und sich selbst. Mit diesem Gedanken – dass selbst er, der Tod, zu so etwas wie Liebe fähig war, ließ er los, ergab sich der Dunkelheit. Für immer, wie er dachte.


Endlich schaffte Duncan es seine Augen zu öffnen, endlich hatte er wieder Gewalt über seinen Körper.

Das erste, das er sah war Methos' toter Körper, der in völlig unnatürlicher Haltung an die Wand eines ihm unbekannten Lagerhauses gekettet war. In seinen Händen hielt er einen Dolch, der bereits tief in Methos' Hals eingedrungen war, jeder weitere Millimeter mochte der letzte sein. Entsetzt entfernte er hastig, aber dennoch vorsichtig, die Waffe und schleuderte sie davon. Dann öffnete er die Fesseln – es waren uralte Ketten, noch ohne Schlösser, bloß von einem dünnen Metallstift zusammengehalten, aber dennoch äußerst effektiv. Methos' Körper fiel zu Boden, Mac schaffte es gerade noch ihn aufzufangen. Vorsichtig ließ er ihn zu Boden sinken, bettete den Kopf des Toten in seinen Schoß. Entsetzt und verwirrt untersuchte er die Verletzungen des Unsterblichen, erschauderte dabei mehrmals. Langsam wurde seine Erinnerungen wieder klarer, konnte er sich an alles erinnern. An die Folter – was Kronos, nein ER mit Methos angestellt hatte...

Tränen brannten in seinen Augen, doch er unterdrückte sie. Ich habe jetzt keine Zeit für das. Oh Gott, wie kann ein Mensch nur einem anderen so etwas antun? Wie konnte ICH jemanden – nein nicht jemanden, sondern Methos – das antun?

Er konnte seine Tränen nicht länger unterdrücken, langsam bahnten sie sich ihren Weg über seine Wangen, fielen ungehindert zu Boden. Seine Arme waren noch immer fest um den Oberkörper des ältesten Unsterblichen geschlungen, er versuchte ihn ins Leben zurück zu bringen. Es war noch nicht zu spät – es hatte noch kein Quickening gegeben. Das heißt, dass er wieder zu sich kommen wird, er wird wieder gesund. Duncan klammerte sich an diesem einen Gedanken fest, weigerte sich an etwas anderes zu denken.

"Methos? Bitte, komm zu dir..." Duncans Stimme brach, er konnte fast nicht mehr sprechen. Wütend auf sich selbst starrte er auf den reglosen Körper, der in seinen Armen lag, und betete darum, dass Methos sich bald erholen würde. Er konnte noch immer kaum glauben, was er – nein, Kronos - , erinnerte er sich selbst, ihm angetan hatte.


[Gegenwart]

"Nein, nicht mehr. Es ist vorbei."

Methos' sanfte Stimme drang zu ihm durch, durchbrach den Bann der Erinnerungen die ihn übermannt hatten. Duncan blinzelte, erst jetzt merkte er, dass er geweint hatte. Als sich sein Sichtfeld klärte, er wieder etwas sehen konnte, erkannte er, dass in Methos' Augen ebenfalls Tränen standen, der alte Mann jedoch versuchte sie zurück zu halten. "Es ist vorbei, ja. Aber um welchen Preis?"

"Keinen. Der Preis wurde schon bezahlt. Von uns beiden." Methos stellte absolute Sicherheit zur Schau, ließ nicht erkennen, welche Aufruhr in seinem Inneren tobte. Langsam streckte er seinen rechten Arm aus, wischte mit dem Daumen vorsichtig eine Träne aus Duncans Gesicht. "Wir haben beide für meine Vergangenheit bezahlt", murmelte der Unsterbliche. "Es ist Zeit, dass sie zu dem wird, was sie auch ist – Vergangenheit."

Er bemerkte, wie Duncans Blick sich auf sein rechtes Handgelenk fixierte, sah die Neugier in den braunen Augen des Highlanders. Hastig zog der seinen Arm zurück, verschränkte die Arme vor der Brust.

"Was ist das?", fragte Mac leise.

"Was meinst du?"

"Dein Handgelenk – was ist damit?"

"Gar nichts." Methos schüttelte abwehrend den Kopf. Frag' nicht, es geht dich nichts an, teilte er Duncan lautlos mit.

Mac rückte näher, griff sanft aber bestimmt nach Methos' Hand und schob den Ärmel des Shirts ein wenig nach oben. Der ältere Unsterbliche wehrte sich nicht, er wusste, dass es ohnehin sinnlos gewesen wäre. MacLeod hatte Blut geleckt und nichts und niemand würde ihn nun mehr von der Fährte abbringen. Erst recht nicht die halbherzigen Ausreden eines todmüden fünftausendjährigen.

"Methos, was bedeutete das?"

"Nichts... es ist nichts." Müde hob er den Kopf und fing Duncans Blick ein. Doch der Highlander brach den Blickkontakt nach wenigen Sekunden ab, seine Aufmerksamkeit wandte sich wieder dem Verband an Methos' rechtem Handgelenk zu. Methos schloss die Augen und lehnte sich ein wenig weiter zurück. Er spürte wie Duncan langsam Schicht für Schicht des dünnen Stoffes entfernte, darauf bedacht ihm nicht weh zu tun. Ein leichtes Lächeln huschte über sein Gesicht. Mac war so vorsichtig... als ob er unter festeren Berührungen zerbrechen würde. Obwohl... es ist ja auch so, oder? Zumindest in letzter Zeit...

Ein brennender Schmerz zuckte durch seinen Arm als Mac die letzte Schicht des Verbandes entfernte. Methos' Augen öffnete sich wieder, begegneten dem neugierigen Blick Duncans. "Was bedeutet das?", fragte der Highlander noch einmal. Entsetzt starrte er auf die tiefe, blutende Wunde am Handgelenk seines Freundes. Sein Blick suchte den von Methos, bat stumm um Antworten. Um die Wahrheit.

"Wie ist das passiert? Und warum heilt es nicht?" Vorsichtig hielt er Methos' Arm fest, untersuchte die Verletzung genauer. Ein langer, tiefer Schnitt, gerade als ob mit Absicht... "Sag', dass du es nicht selbst getan hast", bat er leise.

"Du hast verlangt, dass ich dich nicht mehr belüge", erwiderte Methos, nur halb im Scherz. Er wandte seinen Kopf ab, er wollte das Entsetzen in Macs Augen nicht sehen. "Und warum es nicht heilt... ich weiß es nicht", gab er nach einigen Sekunden zu.

"Wie lange schon?" Duncan stand auf und ging in Richtung Bad, bedeutete Methos mit einer knappen Geste ja ruhig sitzen zu bleiben. "Wie lange hast du das schon?"

"Knapp eine Woche." Die Worte kamen nur widerwillig über seine Lippen.

"Eine Woche?", wiederholte MacLeod perplex. "Und es blutete noch immer?"

"Tja, was soll ich sagen? Es scheint, als ob meine Selbstheilungskräfte nachgelassen hätten", erwiderte Methos schnippisch, suchte damit Zuflucht im altbekannten Sarkasmus.

Er schloss seine Augen wieder, genoss das Gefühl jetzt in Sicherheit zu sein, und das Wissen, dass dasselbe für MacLeod galt. Der Highlander schien keinerlei Bedürfnis mehr zu haben, sich umzubringen. Vielleicht ist die Verletzung doch nicht so schlecht, dachte er in einem Anflug von Galgenhumor. Es war klar, dass – sobald er dahinter kommt – er sich völlig auf mich konzentriert und versucht mir zu helfen. Berechenbares Kind.

Als Duncan wieder zurückkehrte, war Methos bereits eingeschlafen. Die Erschöpfung, der Schlafmangel verlangender Wochen und Monate, sowie das Quickening vor wenigen Stunden forderten ihren Tribut. Duncan lächelte leicht als er den entspannten Ausdruck im Gesicht des anderen Unsterblichen sah, freute sich ihn wieder in seiner Nähe zu haben. Doch das Lächeln und die Freude verblassten schnell, als er den ausgestreckten Arm des Schlafenden sah. Die Wunde hatte nicht aufgehört zu bluten, war aber auch nicht schlimmer geworden. Wenn er das wirklich seit einer Woche hat... dann ist es kein Wunder, dass er so fertig ist. Der Blutverlust macht sich selbst bei einem Unsterblichen bemerkbar.

Leise setzte er sich neben Methos und hob das verletzte Handgelenk vorsichtig ein wenig in die Höhe. Prüfend ließ er seinen Blick über den Inhalt des Erste-Hilfe Kastens, den er aus dem Bad geholt hatte, gleiten. Der Inhalt war noch so gut wie neu – er stammte noch aus Tessas Zeiten. Als Bildhauerin hatte sie sich hin und wieder verletzt, genauso wie Richie, als er noch sterblich war. Mac unterdrückte die Erinnerungen an die beiden und konzentrierte sich wieder auf die Gegenwart. Es nutzte ihm nicht, an Menschen zu denken die tot waren – oder von denen er nicht wußte, wo sie waren. Flüchtig dachte er an Richie; fragte sie – wie so oft – wo er wohl steckte. Vermutlich irgendwo wo es schön sonnig ist und ein Motoradrennen stattfindet.; im Moment waren die Lebenden wichtiger. Im Moment war Methos wichtiger.

Vorsichtig trug er Jod auf die Wunde auf und verband sie anschließend sorgfältig. Bereits nach wenigen Minuten erkannte er, dass es nichts nutzte, durch den weißen Stoff schimmerte es bereits rot durch. "Was hast du nur an dir, dass du Ärger und unliebsame Überraschungen geradezu anziehen zu scheinst?", fragte er Methos leise.

"Dasselbe könnte ich dich fragen", kam die ebenso leise Antwort. Mit einem leisen Stöhnen setzte Methos sich wieder auf, hielt die Augen jedoch geschlossen.

"Seit wann bist du wieder wach?" Mac hatte nicht gemerkt, dass der andere wieder zu sich gekommen war.

"Seit dem Moment, an dem du mit dem brennenden Zeug mein Handgelenk in Flammen gesetzt hast."

"Das war Jod." Duncan konnte sich ein leichtes Lächeln nicht verkneifen.

"Egal was es war – es brennt." Methos gab sich unbeeindruckt. Lange starrte er auf den frischen Verband. "Es wird nicht besser, nicht?"

"Nein." Duncan zögerte, wusste nicht was er noch weiter sagen konnte. Oder sollte.

"Ist schon gut. Ich kann damit leben." Methos lächelte gezwungen. "Im Gegensatz zu einem Sterblichen bin ich noch nicht daran gestorben."

Duncan ging mit keinem Wort auf Methos' Bemerkung ein. "Du solltest dich ausruhen. Du brauchst Schlaf und viel Ruhe." Er unterbrach Methos, noch bevor dieser zu sprechen begonnen hatte. "Du siehst verheerend aus, Methos. Als hätte dich jemand durch die Mangel genommen."

Erst wollte Methos weiter protestieren, ergab sich dann jedoch Macs Beschützerinstinkt. Was soll's? Er würde MacLeod lassen, wenn es ihn freute. "Schlaf ist gut", murmelte er. "Ich bin todmüde..."

"Nein, nicht hier", entschied Duncan. "Die Couch ist das letzte, was du jetzt brauchst. Viel zu ungemütlich."

"Und wo soll ich dann hin? Auf den Fußboden oder in die Badewanne?", gab Methos zurück. Die Augen fielen ihm zu und er schlief schon halb.

"Nein, du kriegst mein Bett und ich nehme die Couch." Macs Stimme ließ keinen Widerspruch zu, und Methos war zu müde um es überhaupt zu versuchen. Er begnügte sich mit einem schwachen Nicken. "Na komm, du Oldtimer." Duncan half dem halb Schlafenden in die Höhe und brachte ihn ins Bett. Methos ging mehr aus Reflex denn freier Willensentscheidung mit – eine Tatsache die Duncan besorgt zur Kenntnis nahm.

Methos ließ sich schwer ins Bett fallen, vergrub sein Gesicht in den Polstern und schien auf der Stelle einzuschlafen. Vorsichtig deckte Duncan ihn zu und wollte gerade zurück gehen um das Chaos bei der Couch zu beseitigen – an Schlaf brauchte er diese Nacht nicht mehr zu denken – als er von Methos aufgehalten wurde. "Bitte... bleib da."

Duncan seufzte lautlos und entschied, dass die Unordnung warten konnte, Methos jedoch nicht. Er wandte sich wieder dem Mann in seinem Bett zu. "Gut, ich bleibe hier."

"Nein... komm hierher. Zu mir." Die Bitte kam zögernd, fast als ob Methos Angst hätte, dass Duncan ihn auslachte oder zurückwies.

Mac lächelte leicht. Als ob ich das tun würde. Oder könnte. Er umrundete das Bett, legte sich schließlich neben den alten Mann. Verdammt, es ist ein Doppelbett, wir haben wirklich beide Platz genug, versuchte er diese Handlung vor sich selbst zu rechtfertigen.


Er erwachte von einem leisen Geräusch. Müde schlug Duncan die Augen auf, brauchte einige Sekunden um sich zurecht zu finden. Ich bin daheim, Methos ist bei mir... Die Augen fielen ihm wieder zu, er entspannte sich zum ersten Mal seit Monaten wirklich. Er war nicht mehr allein, Methos war wieder zurück... Entsetzt schnappte er nach Luft und setzte sich auf.

Wunschdenken, versuchte er sich einzureden, doch dann wurde er sich der schlanken Gestalt zu seiner Rechten bewusst. Langsam, fast als ob er Angst vor der Wahrheit hätte, wandte er sich um und zog vorsichtig die Decke ein wenig zur Seite.

"Lass mich schlafen", brummte die vertraute Stimme des ältesten Unsterblichen ungehalten. Mit einer schnellen Bewegung hatte sich Methos die Decke wieder über den Kopf gezogen und schlief ungerührt weiter.

Erst wollte Mac eine Antwort im Stil von 'Du hast schon genug geschlafen, steh' endlich auf', geben, doch dann erinnerte er sich an Methos' Verfassung in der letzten Nacht und entschied, dass er den alten Mann schlafen lassen würde solange er wollte.

Kaum bist du wieder in meinem Leben, mache ich mir auch schon wieder Sorgen um dich, dachte er während er den schlafenden Unsterblichen beobachtete. Unsterblich... ist er das überhaupt noch wirklich? Ich kann ihn spüren... sein Quickening, die Verbindung zwischen uns... und gestern nach dem Kampf – ein Quickening wie jedes andere auch. Aber was ist mit seiner Hand? Und – vor allem – was hat ihn dazu getrieben, sich selbst zu verletzen? Er hat es so quasi zugegeben, dass er es selbst war... aber WARUM? Dieser eine Gedanken blieb in Duncans Bewusstsein, ließ ihn nicht wieder los. Was hatte Methos dazu getrieben sich selbst zu töten? Eine andere Erklärung gab es nicht für eine solche Verletzung an einer solchen Stelle.

Ohne es sich dessen bewusst zu sein hatte er sich neben Methos gekniet und betrachtete den alten Unsterblichen. Unwillkürlich streckte er eine Hand aus und strich ihm einige lästige Strähnen aus der Stirn. Methos hatte sich zusammengerollt, als ob er möglichst wenig Angriffsfläche bieten wollte. Uralte Überlebensinstinkte, älter als ich es mir auch nur vorstellen kann.

Den linken Arm unter dem Polster, den Kopf fast versteckt zwischen der Decke sah er aus wie ein normaler Mann im mittleren Alter. Kein Schimmer mehr von der Resignation, dem Kummer den er in der Nacht gezeigt hatte.

Was hast du schon alles erlebt? Was waren das für Andeutungen, die Kronos gemacht hat? Kann es wirklich sein, dass du solche Folterungen – oder gar Schlimmeres – schon mehrmals über dich ergehen lassen musstest? Und wenn ja – wie hast du es geschafft deinen Verstand zu behalten, nicht zu zerbrechen oder selbst ein solches Monster zu werden? Zumindest nicht für immer, setzte er hinzu, als ihm Methos' Vergangenheit als Reiter des Todes wieder einfiel. Wie hatte der Unsterbliche es geschafft, diesem tödlichen Kreislauf zu entkommen und wieder ein normales Leben zu führen? Wie hatte er es geschafft, vom mordenden, vergewaltigenden Schrecken der Welt zu einem unauffälligen, manchmal fast ängstlich wirkenden Beobachter zu werden?

"Methos?"

"Hmm... was ist?"

"Zeig' mir mal deine Hand, ich will wissen ob es besser ist", bat Mac leise.

"Es ist seit einer Woche gleich, warum sollte es sich geändert haben?", fragte Methos schläfrig zurück.

"Bitte."

Das kleine Wort, leise und kaum hörbar, ließ etwas in Methos zerbrechen. Langsam öffnete er die Augen und wandte sein Gesicht dem Schotten zu, der neben ihm auf dem Bett saß. Auf dem Bett? Wie komme ich hierher? Eine Sekunde später krachten die Erinnerungen an die letzte Nacht mit aller Macht in sein Gedächtnis zurück, ließen ihn für einen Moment sprachlos zurück. Er riss sich zusammen, als er den gequälten und besorgten Ausdruck auf Macs Gesicht sah. Die Angst, die deutlich zu erkennen war. Er stütze sich auf, darauf bedacht das rechte, schmerzende Handgelenk nicht zu sehr zu belasten und brachte sich Duncan gegenüber in seine sitzende Position. Langsam streckte er den rechten Arm aus, gab damit sein Einverständnis, dass Mac es sich ansah.

Vorsichtig griff der jüngere Unsterbliche nach dem dünnen Gelenk, fragte sich abermals wie ein Mann, der so zerbrechlich wirkte, so viel in seinem Leben überstanden hatte. Fünftausend Jahre... Er konnte es sich nicht einmal annähernd vorstellen, so lange zu leben.

Jegliche Hoffnung erlosch, als er sah, dass der Verband durchgeblutet war. Er ließ sich seine Gefühle nicht anmerken, als er aufstand und neues Verbandszeug holte. "Irgendwann muss es aufhören", meinte er.

"Aber wann? Wenn ich tot bin?" Die Worte schnitten wie ein Messer in Duncans Seele, veranlassten ihn dazu sich abrupt umzudrehen und Methos' Blick einzufangen. "Das werde ich nicht zulassen." Tödliche Zuversicht erklang in seiner Stimme. "Solange du hier bist, werde ich alles in meiner Macht stehende tun, um dich am Leben zu erhalten."

"Dann sollte ich wohl so bald wie möglich von hier verschwinden." Methos brach den Blickkontakt ab, starrte stattdessen auf die Wunde. Den Verband hatte er mittlerweile entfernt, er sah mit geradezu apathischem Desinteresse zu, wie immer mehr Blut aus der Wunde quoll. "Oder dafür sorgen, dass du mir den Kopf nimmst", fuhr er teilnahmslos fort.

Duncan zuckte zusammen, als er die Worte hörte. "Keine Macht der Welt würde mich dazu bringen, das zu tun."

"Wie wahr – du hast es ja nicht einmal unter dem Einfluss des Dark Quickenings geschafft." Methos war mit seinen Gedanken noch immer meilenweit entfernt, die Worte kamen mehr aus seinem Unterbewusstsein.

"Nein, und das sollte dir zeigen, wie viel du mir bedeutest", erwiderte Duncan sanft. "Ich habe deine Antwort gehört als Kronos dich fragte, warum du mich den Reitern vorgezogen hast." Mein letzter Trumpf, ich hoffe er bringt was.

Methos' Kopf schnellte in die Höhe, pures Entsetzen spiegelte sich in seinen Augen wieder. Aber nur für einen Sekundenbruchteil, dann hatte der uralte Unsterbliche seine Gefühle wieder unter Kontrolle, tief verschlossen. "Das ändert gar nichts", fauchte er.

"Das ändert alles", widersprach Mac vehement. "Und es ist ein Grund mehr für mich, dir zu helfen."

"Wenn du mir helfen willst...", begann Methos und bemerkte traurig die Hoffnung, die in Macs Augen aufleuchtete. "... dann tötest du mich hier und jetzt. Endgültig." Er stand auf und näherte sich dem Highlander, ging an ihm vorbei, bis er schließlich vor ihrer beiden Schwertern stand. Mit der linken Hand griff er nach seinem eigenen Schwert und ging wieder zu Duncan. Er holte tief Luft, bot dem jüngeren Mann schließlich das Schwert an. "Tu es", verlangte er.

Duncan nahm das angebotene Schwert an sich... nur um es Sekunden später wütend zu Boden zu schleudern. "Was bildest du dir eigentlich ein?", explodierte er. "Wie kannst du von mir nur so etwas verlangen?"

"Wie kannst du von mir verlangen, so weiter zu leben?", lautete Methos' Antwort. Er hob sein Handgelenk hoch, sprach erst weiter als sich Duncans Blick auf die Verletzung konzentriert hatte. "Ich habe nicht nur meine unsterbliche Selbstheilungskräfte verloren", fuhr er fort. "Ich habe SÄMTLICHE Heilungskräfte verloren. Sieh' es dir an, MacLeod. Es blutet seit über einer Woche, wird einfach nicht besser. Ich weiß nicht warum es nicht heilt, aber Tatsache ist, dass es nicht besser wird. Ich habe es nur meiner Unsterblichkeit zu verdanken, dass ich noch nicht verblutet bin." Er hielt kurz inne, suchte nach weiteren Worten. "Abgesehen davon – glaubst du, dass es angenehm ist, Nacht für Nacht höchstens zwei Stunden Schlaf zu bekommen? Das ist die Zeit, die ich normalerweise habe bevor mich Alpträume hochschrecken lassen, mich nicht mehr einschlafen lassen." Er warf MacLeod einen eiskalten Blick zu. "Und ja, verdammt noch einmal; du bist für sie verantwortlich! Das was du mit mir gemacht hast, hat meine Vergangenheit zu meiner Gegenwart werden lassen. Und ich wäre ein verfluchter Idiot, wenn ich zulassen würde, dass sie auch noch zu meiner Zukunft wird."

"Gib'  nicht immer den Anderen die Schuld!", schrie MacLeod wütend zurück. "Immer sind nur die Anderen schuld, nie bist du es. Für deine Zeit als Reiter ist die Welt verantwortlich, die ja damals so anders gewesen sein soll. Für deinen jetzigen Zustand soll ich verantwortlich sein?! Ich gebe zu, ja, dass ich sicher zu einem guten Teil dafür verantwortlich bin, aber du bist ebenso schuld." Er wurde wieder ruhiger, die nächsten Worte kamen mit tödlicher Ernsthaftigkeit. "Man könnte fast meinen, dass du mich wütend machen willst – damit ich dir in einem Anfall von Zorn den Kopf nehme. Aber das wird nicht funktionieren, Methos. Ich werde es nicht tun. Um keinen Preis der Welt."

"Selbst wenn du mich dadurch endgültig verdammst?" Methos ließ sich resigniert zu Boden sinken, den Rücken gegen die Wand gelehnt und die Knie zur Brust gezogen. "Was muss ich tun, um dich zu überzeugen, dass es für mich keinen Grund mehr zum Weitermachen gibt?"

"Ist Liebe kein Grund?" Mac hatte sich wieder beruhigt und ging neben Methos in die Hocke, nur Zentimeter von dem anderen Unsterblichen entfernt.

"Was bringt einem die Liebe, wenn sie nicht erwidert wird?" Methos vergrub seinen Kopf zwischen den Armen, versuchte die Welt regelrecht auszusperren. "Warum existiert dieses Gefühl – das sowieso mehr Schmerz als Freude bringt? Warum muss ich bloß immer wieder auf sie hereinfallen?" Eine kurze Pause, Mac wusste nicht wie er darauf reagieren sollte. Doch Methos fuhr leise fort: "Entweder verliebe ich mich in Leute die sterben – die Götter wissen, ich habe mich oft genug dafür verflucht, dass ich mich ausgerechnet in Alexa verliebt habe, eine Frau die noch weniger Zeit hatte als ein normaler Sterblicher. Und dann..." Seine Stimme brach, jedes weitere Wort schien ihm unendlich viel Kraft zu kosten. "Eine hoffnungslose Liebe, von der ersten Sekunde an. Ich wusste es damals und ich weiß es jetzt – aber gegen meine Gefühle bin sogar ich machtlos." Er lächelte traurig. "Der Tod ist nicht für die Liebe geboren worden, das ist wohl der Grund."

Seinen Ärger hinunterschluckend rückte Duncan noch etwas näher. Vorsichtig griff er nach Methos' Handgelenk und versorgte schweigend die Wunde. Der ältere Unsterbliche reagierte nicht auf die sachten Berührungen, schien irgendwo zwischen Kummer, Schmerz und Erinnerungen gefangen zu sein. "Was ist, wenn diese Gefühle aber nicht unerwidert sind?", brach er nach einigen Minuten das Schweigen. Es fiel ihm unglaublich schwer, diese Worte auszusprechen, doch Mac hatte erkannt, dass er es nicht länger hinauszögern konnte. Nicht, wenn er Methos weiterhin um sich haben wollte. Wenn ich will, dass er weiter lebt.

Methos' einzige Reaktion war ein leichtes Zittern, das durch seinen ganzen Körper ging. "Sage jetzt nichts, was du später bereuen könntest, MacLeod", murmelte er nach einer Weile. Bitte, hör' auf solche Dinge zu sagen – siehst du nicht, dass du es mir dadurch nur noch schwerer machst? Ich weiß, was du für mich empfindest; Freundschaft, eine tiefe, ja. Aber Liebe? Wirkliche Liebe, so wie du sie einer Frau – Tessa – entgegenbringen kannst... nein, das ist es nicht, was du fühlst wenn du meinen Namen hörst, an mich denkst. So gerne ich es auch hätte.

"Ich bereue, dass ich es nicht schon früher gesagt habe", erwiderte Duncan, ebenso leise. Oh ja, das tue ich wirklich. Wer weiß, wie viel Schmerz und Leid ich uns beiden damit erspart hätte. Wenn ich damals auf deine Worte reagiert hätte... Seine Finger fuhren über den Arm des anderen Unsterblichen, er zuckte kurz zusammen als er bemerkte wie kalt Methos' Haut war. Die Kälte des Todes, schoss es ihm plötzlich durch den Kopf. Von diesem Gedanken aufgeschreckt, versuchte er Methos' Gesicht zu sehen, sich zu vergewissern, dass alles in Ordnung war. Vergebens. Der uralte Unsterbliche hatte sich zu sehr zusammen gekauert, verwehrte Mac jede Chance etwas anderes als ein kleines Bündel Mensch zu sehen. "Methos?"

Keine Antwort, keine Reaktion.

"Methos?" Er schüttelte die reglose Gestalt, versuchte hinter den Grund von Methos' Schweigen zu kommen. Sekunden später traf ihn die Erkenntnis mit aller Macht. "Nein..."

Seine Hand suchte sich vorsichtig einen Weg durch die ineinander verschlungenen Arme des anderen Mannes, suchte schließlich fieberhaft nach der Halsschlagader. Nichts. Kein Puls, keine Atmung. Er hat zuviel Blut verloren... nicht einmal seine Unsterblichkeit konnte es mehr ausgleichen.

Mit langsamen, vorsichtigen Bewegungen befreite er Methos aus seiner unangenehmen Lage, lehnte den Oberkörper des Unsterblichen gegen die Wand. Sein Blick fixierte sich auf das Gesicht des Toten, er konnte kaum glauben wie schnell es passiert war. In einer Minute war er noch bei ihm, in der nächsten... "Warum tust du mir das immer wieder an?", fragte er leise. "Weißt du nicht, wie weh es tut, dich so zu sehen? So hilflos, schutzlos..." Er schloss die Augen, unwillkürlich kam die Erinnerung an den Moment, unmittelbar nach dem Doppelquickening zurück...


"Ich will, dass er lebt!" Die Worte ergaben für ihn selbst keinen Sinn. Warum wollte er, dass Methos lebte, warum sollte Cassandra ihm nicht den Kopf nehmen?

Wütend und ohne ein weiteres Wort ließ Cassandra Silas' Axt sinken und verschwand in der Dunkelheit, zurück blieb Methos. Erschöpft, gebrochen – aber am Leben. Und aus irgendeinem verrückten, ihm selbst nicht klaren Grund, war das alles, was für MacLeod zählte. Er wollte zu dem ältesten Unsterblichen gehen, wollte wissen ob alles in Ordnung war. Nein, wisperte eine Stimme in seinem Kopf. Geh' nicht, schau', dass du von hier weg kommst, lass ihn alleine. Wenn du jetzt dort hinunter gehst – du würdest das Falsche machen.


"Ja, ich hätte schon damals die Zeichen erkannt", murmelte Duncan. "Ich hätte mir schon damals die Wahrheit eingestanden." Er blinzelte die Tränen weg, konzentrierte sich wieder auf Methos. Mac lehnte sich direkt neben ihn an die Wand, beobachtete Methos, hoffte, dass er bald wieder zu sich kam. Wie oft muss er noch sterben?, fragte er sich. Was muss er noch alles durchmachen, bevor er endlich seinen Frieden findet? Den Frieden im Leben, nicht den im Tode.

Unbewusst fuhren seine Finger über Methos' Arm, weiter über die Schulter, bis sie schließlich sein Gesicht erreichten. Langsam und vorsichtig fuhr er die Konturen des Gesichtes nach, er wusste nicht, zum wievielten Mal er die Eleganz des alten Mannes bewunderte. Seine Schönheit. Seine Finger glitten tiefer, spürten den schwachen Puls, der gerade wieder einsetzte. Der Tod hatte nicht lange gedauert, aber allein die Tatsache, dass Methos überhaupt gestorben war, einfach so, ohne jegliche Vorwarnung war schlimm genug.

Als Methos wieder zu sich kam, spürte er als erstes das Gewicht, das auf seinem Brustkorb lastete. Entsetzt holte er tief Luft und öffnete seine Augen, vorbereitete auf so gut wie alles – nur nicht auf den Anblick, der sich ihm zeigte:

Duncan hatte seinen Kopf gegen Methos' Brust gelehnt, die Augen geschlossen, seine Arme leicht um die Taille des anderen Mannes geschlungen. Überrascht starrte Methos auf das ungewohnte  und unerwartete Bild, das sich ihm bot. "Warum...?"

"Psss. Nicht sprechen." Duncan setzte sich auf und legte sanft einen Finger auf Methos' Mund, bedeutete dem anderen Mann still zu bleiben. "Bleib' einfach nur ganz ruhig und entspanne dich." Er stand auf, vorsichtig, darauf achtend, dass er Methos nicht verletzte. "Komm", meinte er schließlich und streckte einen Arm aus um dem Älteren hoch zu helfen. "Der Boden ist noch schlimmer als die Couch." Er grinste leicht bei der Aussage.

Methos griff nach Macs Hand, akzeptierte damit das Angebot der Hilfe von Seiten des jüngeren Unsterblichen. Er fühlte sich schwach und hilflos, war froh darüber, dass Mac hier war. Bei ihm war er sicher, musste nicht um sein Leben, seinen Kopf fürchten. Er schloss die Augen, ließ sich von MacLeod führen, vertraute dem Highlander vollkommen.

"Leg' dich hin und ruh' dich aus. Versuch' dich zu erholen." Die Stimme des Highlanders schien aus weiter Ferne zu kommen, versprach aber dennoch Sicherheit. Stumm folgte er der Aufforderung und legte sich hin. Bereits im Halbschlaf spürte er noch wie Mac ihn zudeckte. Aber er wusste nicht mehr, ob der Kuss auf seiner Stirn noch real, oder doch schon ein Wunschtraum war.

"Methos?"

"Was ist – kannst du mich nicht in Ruhe lassen?" Leise stöhnend versuchte Methos die Nachwirkungen seines Traumes abzuschütteln, oder, besser – den Traum dorthin zu verbannen, wo er auch hingehörte. Ins Unterbewusstsein, in die eine kleine Abteilung namens "Wünsche, die sich nie erfüllen werden". Er erschauderte kurz als er sich an die Intensität des letzten Traumes erinnerte, und an das, was kurz davor geschehen war. Macs sanfte Berührungen... der Kuss – oder war das auch alles nur ein Traum gewesen? Methos seufzte leise, als er erkannte, dass er es nicht wusste. Sein Körper fühlte sich schwer und gleichzeitig schwach an, er wusste nicht mit hundertprozentiger Sicherheit, ob er überhaupt in der Lage war aufzustehen.

"Bleib ganz ruhig, versuch' wieder einzuschlafen", drang die sanfte Stimme Duncans zu ihm durch. Er wollte sich aufsetzen, wurde jedoch von Mac daran gehindert. Sanft drückte der jüngere Unsterbliche ihn zurück in die Kissen. Er fühlte sanfte Berührungen, spürte die Besorgnis des Highlanders regelrecht. Und wieder bin ich bei Dr. MacLeod gelandet, dachte er sarkastisch. Was war nur in letzter Zeit los mit ihm? Er hatte zweihundert Jahre lang auf sich aufpassen können, warum verletzte er sich in letzter Zeit sooft, warum brauchte er immer öfter MacLeods Schutz und Hilfe?

"Was...?"

"Ich habe gesagt, dass du ruhig bleiben sollst", unterbrach ihn Mac und Methos entschied, dass es besser war der Anweisung zu folgen. Er hielt seine Augen geschlossen, auch aus dem Grund, weil er nicht wusste ob er überhaupt in der Lage war sie offen zu halten. Er spürte wie MacLeod irgendetwas mit seinem Handgelenk machte, es schmerzte wieder mehr.

"Verdammt, Mac, was machst du da?", keuchte er. Er quälte sich in eine sitzende Position – nur um fest zu stellen, dass MacLeod nicht einmal in seiner Nähe war. Der Schotte war am anderen Ende des Lofts, schien nach irgend etwas zu suchen.

"Ich? Ausnahmsweise mache ich einmal gar nichts", gab Mac, leicht lächelnd, zurück. Typisch Methos. Als erstes bin ich schuld. Im nächsten Moment bereute er den Gedanken. Methos hatte nicht gerade gut geklungen, als er die Worte gesagt hatte. "Was ist? Hast du irgend etwas?"

"Nein, nichts. Wirklich nicht." Methos nickte heftig, als er den Unglauben im Blick des Schotten bemerkte. Ich gebe sicher nicht zu, dass ich einfach so, ohne äußere Einwirkung, Schmerzen habe. Schon gar nicht vor ihm. Oh nein, eher beiße ich mir die Zunge ab. Methos schob trotzig das Kinn vor und begegnete dem neugierigen Blick MacLeods mit einem herausforderndem. Na, was ist? Hat es dir die Sprache verschlagen? Sehr gut. "Ich glaube, ich werde dann mal wieder verschwinden." Er stand auf und näherte sich der Garderobe, bereit seinen Mantel und sein Schwert wieder an sich zu nehmen.

Bitte WAS?! Hat er jetzt vollkommen den Verstand verloren? Er will gehen? In seinem Zustand? Nicht in diesem Leben! "Das kann ich nicht zulassen", erwiderte Mac. Er bemühte sich darum, ruhig und ausgeglichen zu klingen; er schaffte es beinahe. Unwillkürlich begannen seine Hände zu zittern und er griff nach dem nächstbesten Gegenstand um sie ruhig zu halten, Methos seine innere Aufruhr nicht sehen zu lassen.

Methos verzog amüsiert den Mund als er bemerkte, wie Mac sich geradezu krampfhaft an der Sessellehne festklammerte. "Ich würde vorschlagen, dass du den armen Sessel in Ruhe lässt", meinte er neutral. "Er kann nichts dafür, dass du dich aufregst. Und ich werde gehen – ich brauche dafür nicht deine Erlaubnis. Du bist nicht mein Vormund." Atmen, Methos, atmen. Er versuchte ruhig zu bleiben, verfluchte die innere Schwäche die ihn seit einigen Tagen immer tiefer nach unten zog. Gut, dass Craccus kein wirklich gute Kämpfer war. Nicht nach meinen Maßstäben.

Erst erntete er für seine Aussage einen ungläubigen Blick, dann schien MacLeod endlich wieder aus seiner Lethargie zu erwachen. "Du kannst nicht gehen." So, er hatte es ausgesprochen. Nun war es an Methos zu reagieren – und zwar hoffentlich so, wie Mac es sich wünschte.

"Warum nicht?", fragte Methos, übertrieben unschuldig, zurück. "Soweit ich weiß, ist nur mein Handgelenk verletzt, meine Beine funktionieren noch ausgezeichnet." Er neigte spöttisch den Kopf. "Deine Sorge ehrt dich, Highlander. Aber glaub mir... ich kann wirklich auf mich selbst aufpassen. Ich werde schon nichts falsches tun, versprochen."

Mac wusste nicht was er sagen sollte, oder wie er reagieren sollte. Vor zwei Stunden noch war Methos schwach und hilflos in seinen Armen gelegen, letzte Nacht bat der alte Mann noch darum, nicht allein gelassen zu werden... und jetzt? Jetzt war er wieder der Zyniker der schon seit Ewigkeiten war, ließ wieder nichts und niemanden an sich heran. Vermutlich nicht einmal seine eigenen Gefühle. "Ja, dein Handgelenk. Das ist der Punkt. Kannst oder willst du es nicht sehen?"

"Was? Ich bin derjenige von uns beiden, der damit klar kommen muss."

"Du musst es aber nicht allein tun."

Methos hatte die nächsten, verletzenden Worte, auf den Lippen, besann sich jedoch in letzter Sekunde eines besseren. "Warum bemühst du dich so um mich, Mac? Kannst du nicht sehen, dass ich deine Hilfe nicht brauche?"

"Was ich sehe..." Macs Stimme klang unendlich sanft, veranlasste den älteren Unsterblichen dazu, den Kopf in Duncans Richtung zu drehen. "... ist ein Freund. Einer meiner besten Freunde. Ich sehe, dass er Schmerzen hat und es bricht mir fast das Herz ihn so zu sehen. Ich sehe einen Mann, von dem ich glaubte, dass ich ihn kenne, auf einmal in einem völlig neuen Licht." Er hielt kurz inne und suchte nach weiteren Worte. "Ich weiß mittlerweile, dass ich dich niemals wirklich kennen werde, Methos. Dazu bist du einfach zu alt, hast schon zu viel erlebt in deinem Leben. Aber das was ich über dich weiß... so wie ich dich kenne..."

"Ja, was?" Methos kam näher, erwartete neugierig die Antwort.

Duncan hob den Kopf, sein fast trotziger Blick begegnete dem aus grünen Augen. Augen die es schafften Gefühle zu verbergen. Eine seltene Gabe. Eine, die sicher schon viele Leute halb in den Wahnsinn getrieben hatte. "Du bist mein Freund. Egal was du über mich denkst – das ist es, was ich über dich denke. Du bedeutest mir viel... und ich würde mich für den Rest meines Lebens dafür verdammen, wenn ich dich jetzt gehen ließe." Er schloss seine Augen, wollte nicht, dass Methos die Tränen sah. "Ich verdamme mich schon genug für das, was damals passiert ist."

Fassungslos, um nicht zu sagen geschockt, hörte Methos zu, sah schließlich das verräterische Glitzern in Macs Augen, kurz bevor dieser den Kopf senkte. Tränen. Tränen wegen mir. Für mich. Er schluckte schwer. Ich hätte nie gedacht, dass ich ihm so viel bedeute. Vielleicht... vielleicht war es ja doch keine Lüge, als er sagte, dass meine Gefühle nicht unerwidert sind. Aber wie kann ich sicher sein? Ich kann einfach nicht. Aber ich kann jetzt auch nicht fortgehen. Um seinetwillen nicht. Ich kann fortgehen und ein neues Leben starten, ja. Mac scheint nicht mehr in Selbstmordstimmung zu sein – jetzt, wo ich da bin. Aber was dann? Ich kann neu anfangen; aber ob er es auch kann? Mittlerweile bezweifle ich das. Nicht ohne Hilfe. Nicht ohne MEINE Hilfe. "Versteh' doch bitte...", begann er, wusste dann jedoch nicht weiter. Ironie des Schicksals – fünftausend Jahre und ich weiß nicht, was ich sagen soll. Verdammt!

"Was? Was soll ich verstehen?" Mac sah auf, begegnete Methos' Blick. Der ältere Unsterbliche schien nicht weiter zu wissen, sah regelrecht hilflos drein. Schließlich löste er sich von der Wand, an die er sich gelehnt hatte, und nahm auf dem Sofa Platz. Mit einer knappen Geste bedeute er Mac, es ihm gleich zu tun.

"Nichts. Es ist nichts."

"Wenn man dir glauben könnte wäre es immer nichts", gab Duncan zurück. Er rückte etwas näher und beobachte Methos genau. "Aber es ist nicht nichts, es ist etwas. Und ich will wissen was. Warum willst du unbedingt von hier weg? Hier bist du doch sicher, hier kannst du dich erholen." Seine Stimme wurde leiser, eindringlicher. "Wir finden einen Weg, vertrau' mir. Gemeinsam. Du bist unsterblich – es ist absolut anormal, dass diese Verletzung nicht heilt." Er holte tief Luft. Schließlich stellte er die alles entscheidende Frage: "Vertraust du mir, Methos?"

Der Angesprochene blinzelte überrascht ob dieser Frage. Was soll denn das nun wieder bedeuten? "Ja", murmelte er nach einigen Sekunden. "Ja, das tue ich."

Duncan schloss kurz die Augen, unterdrückte die Freude, die er bei diesen Worten empfand. "Vertraust du mir so sehr, dass du mir erzählst, warum du dich töten wolltest?" Er hielt den Atem an. Je nachdem wie Methos jetzt reagierte... Entweder habe ich ihn für immer aus meinem Leben getrieben, oder er vertraut mir wirklich und erzählt es mir. Und dann... dann kann ich ihm vielleicht wirklich helfen.

"Warum willst du das wissen?", fragte Methos leise.

"Warum? Das musst du auch noch fragen?" Duncan war fassungslos. Hatte er es noch immer nicht verstanden? "Also gut." Er holte tief Luft. "Du willst wissen warum – ich werde dir sagen warum." Er kam näher und umfasste Methos' Handgelenk, darauf bedacht ihm ja nicht weh zu tun. "Kannst du dir vorstellen, was ich empfunden habe, als ich das gesehen habe? Du, ein Unsterblicher, der... der offensichtlich Selbstmord begangen hat. Nur vorübergehend, aber trotzdem. Bloß ist der Schuss nach hinten los gegangen und die Verletzung heilt nicht mehr. Ich will wissen warum, Methos. Bitte. Was hat dich, mit all deiner Erfahrung, deinem Überlebenswillen, dazu gebracht, dir selbst so etwas anzutun? Warum wolltest du sterben?" Er zwang sich dazu die Worte auszusprechen, so schmerzhaft es auch war. "Sag' es mir, bitte. Nach all dem... habe ich nicht ein Recht darauf es zu erfahren? Ich mache mir Sorgen um dich, wirklich. Ich weiß nicht was ich sagen, denken oder fühlen soll wenn ich dich so sehe. So...verletzlich, hilflos -" Er ließ die Hand des anderen los, blieb aber noch immer dicht neben dem anderen Unsterblichen. "-so hoffnungslos", vollendete er den Satz.

Duncan... nein, bitte. "Ich weiß nicht, ob ich es dir sagen kann." Methos wandte den Blick ab. "Aber ich versuche es dir zu erklären. Stell' dir vor, du bist so alt wie ich. Hast Dinge erlebt, die sich niemand auch nur annähernd vorstellen kann. Na ja, Kronos vielleicht noch, der ja noch älter war, aber der ist ja tot. Hin und wieder wird einfach alles zu viel... glaub ja nicht, dass es das erste Mal war, dass ich mich selbst getötet habe." Er ignorierte Duncans entsetzten Blick und fuhr fort: "Es ist schon lange her, dass ich das letzte Mal zu dieser, der letzten Möglichkeit gegriffen habe. Eine Möglichkeit zumindest kurzfristig meinen Frieden zu finden, mein Leben nicht mehr ertragen zu müssen. Und ich konnte nicht mehr, es ging einfach nicht mehr..."


[Eine Woche zuvor]

Ich kann nicht mehr, es ist zuviel. Zum Teufel mit ihnen allen! Tränen standen in Methos' Augen und er versuchte nicht einmal, sie zu unterdrücken. Nein, hier, zuhause, ganz alleine, sah er keine Notwendigkeit darin, seine Gefühle zu verbergen. Auch nicht vor sich selbst. Er musst es stoppen, irgendwie.

Warum immer ich, verdammt noch mal?! Warum muss ich immer in die Fänge solcher Wahnsinniger fallen? Und warum – kann mir das endlich mal jemand sagen – müssen die Personen, die ich liebe, auch gleichzeitig immer diejenigen sein, die mich am meisten verletzen? Egal ob körperlich oder seelisch... Kronos. Ich liebte ihn, ja. Nicht nur wie einen Bruder – dazu waren wir uns auch eindeutig zu nahe. Es war eine gute Zeit mit ihm – solange er nicht wütend wurde, solange ich keinen Fehler beging. Aber wenn, dann... Die Gedanken an die Vergangenheit verschwanden, wurden von jüngeren, wesentlich aktuelleren Ereignissen abgelöst. Ein halbes Jahr, Gods! Ist es wirklich schon wieder so lange her? Sechs Monate... und ich habe noch immer Alpträume, kann noch immer nicht schlafen. Und warum nicht? Es war doch nur Folter, ich habe doch wirklich schon schlimmeres durchgemacht! Erinnerst du dich noch an Rom, Methos? Damals... das war schlimm. Die Römer wussten, wie man einen Menschen zerbricht, oh ja. Kronos, MacLeod – wer war es eigentlich? Kronos, ja. Aber auch ein Teil von MacLeod... – sie hatten bei weitem nicht die Finesse der alten Römer oder meines Stammes. Sie waren geradezu plump und unbeholfen. Wenn ich daran zurückdenke, was meine Leute vor über fünftausend Jahren schon zusammengebracht haben... Warum denke ich von ihnen noch immer als meine Leute? Ich war doch nur Sklave, weiß doch gar nicht woher ich wirklich komme. Aber egal... der springende Punkt ist, dass das, was dieses Jahr geschehen ist, nichts war. Gar nichts.

Er drehte den Dolch in seiner Hand, bewunderte die Schönheit und Eleganz der Waffe – er wusste nicht zum wievielten Mal. Warum es mir so weh tut? Ganz einfach; weil es zumindest MacLeods KÖRPER war, der mir das angetan hat. Er sah aus wie der Mann, der mir am meisten bedeutet. Unbewusst hatte er damit angefangen sich zu verletzen, kleine Schnitte an den Armen und dem nackten Oberkörper – die jedoch sofort wieder verheilten. Manchmal ist Unsterblichkeit mehr als nur ein Fluch. Warum kann nichts zurückbleiben, nicht einmal eine kleine Narbe? Aber nein – egal was ich mir antue; man wird nie etwas sehen. Ein perfekter Körper, ohne jeden Makel...

Plötzliche Wut erfasste ihn, brachte ihn dazu, sich den Dolch immer wieder, immer tiefer in den Körper zu stoßen... Aber nichts. Immer wieder kam er zu sich, immer wieder war seine Haut unverletzt, keine Narbe, nichts erinnerte an die tiefen Verletzungen. Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr...

Mit einem kräftigten Stoß trieb er die scharfe Klinge in seinen rechten Unterarm, direkt durch die Vene. Zufrieden beobachtete er, wie dickes, rotes Blut aus der Wunde quoll. Er sah es gerne... es faszinierte ihn geradezu. Er ignorierte den Schmerz nicht, nein, er genoss ihn. Er zeigte ihm, dass er noch am Leben war, keine leblose Hülle dir nur noch aus Erinnerungen bestand. Aber noch mehr freute ihn das, was nach den Schmerzen kam – nämlich nichts. Der Tod, das große Nichts, das er um jeden Preis erreichen wollte. Solange wie nur irgend möglich. Bevor ihn seine Unsterblichkeit wieder zurück ins Leben riss. Kleine Blitze zuckten über die Wunde. Nein, nicht diesmal! Noch bevor sein Quickening die Arbeit erledigt hatte, sein Körper wieder unversehrt war, zog er den Dolch mit einer einzigen langsamen, schmerzvollen Bewegung von seinem rechten Handgelenk direkt die Vene hinauf, bis fast zum Ellbogen. Sein Körper versuchte den Schnitt zu heilen, doch Methos verhinderte dies, in dem er immer wieder und immer wieder den Schnitt nachfuhr, ihn dadurch offen hielt. Ich will doch nur meinen Frieden haben... Er spürte, wie er langsam das Bewusstsein verlor, der Blutverlust einfach zu hoch wurde. Ein letztes Mal versuchte er die Wunde offen zu halten, er wollte möglichst lange tot bleiben. Wenn möglich für immer – auch wenn er wusste, dass das bloßes Wunschdenken war.

Sein letzter bewusster Gedanken galt einem bestimmten Schotten, und dessen abweisende Reaktion auf seine Vergangenheit. Warum gerate ich immer an die falschen Leute...?

Sein lebloser Körper fiel zu Boden, Blut bedeckte seinen Körper, sein Bett, den Boden. Niemand bemerkte es. Niemand merkte, was er getan hatte. Das war der Fluch der Einsamkeit. Selbst wenn er starb, war niemand da, der ihn vermisste, ihn betrauerte. Nie.


[Gegenwart]

"... Als ich wieder zu mir kam, waren die meisten Verletzungen verheilt. Bis auf das hier." Methos deutete auf sein Handgelenk. "Der Schnitt ist nur teilweise verheilt. Ursprünglich war die Verletzung fast doppelt so groß. Ich weiß nicht, warum sie nur teilweise verheilt ist – ich weiß nur, dass es weh tut. Sehr sogar." Als Mac nicht reagierte, sah er fragend auf. Egal mit was er gerechnet hatte – er war nicht auf den Ausdruck puren Entsetzens in Duncans Gesicht gefasst. "Duncan? Was ist?", fragte er zögernd.

Der Angesprochene schüttelte sich kurz, als ob er sich erst aus seinen Vorstellungen befreien müsste. Wegen mir... er hat es wegen mir getan. Nicht nur, aber hauptsächlich. Ich war der letzte Auslöser, der das Fass zum überlaufen gebracht hat. Verdammt, wie konnte ich nur so blind sein?! Ich habe doch in den letzten Stunden gesehen wie viel ich ihm bedeute, warum überrascht mich diese Enthüllung also so? "Ich habe das nicht erwartet", gestand er nach einiger Zeit. Nein, das hatte er wirklich nicht. Nie im Leben. Idiot! Du hättest es dir zumindest denken können – nach seinem Verhalten, seinen Reaktionen der vergangenen Nacht...

"Was?" Methos klang leicht amüsiert. "Dass ich mich umgebracht habe? Oder der Grund, warum ich es getan habe?" Die Belustigung verschwand und wich wieder einem ausdruckslosen Gesicht, das keinerlei Gefühle widerspiegelte. "Es wurde einfach zu viel. All das, was in den letzten Jahren passiert ist... dann noch Kronos. Schließlich die Nachwirkungen des Quickenings bei dir... als ich damals verschwand -" Er schluckte und sprach langsam weiter. "-letzte Woche wurde es zu viel. Ich war so allein. Ich war das schon oft ja, aber in den letzen Jahren – bevor dieser ganze Alptraum begann – du warst immer da, wenn ich dich brauchte. Nach Alexa... du hast keine Ahnung, wie viel es mir bedeutet, dass du in dieser Zeit für mich da warst. Ich weiß nicht, was ich sonst gemacht hätte. Sicher nichts vernünftiges." Er lächelte traurig. "Ganz sicher etwas dummes. Deine bloße Anwesenheit in meinem Leben hat mir schon ein Gefühl der Sicherheit vermittelt. Das Gefühl von Freundschaft. Ich hatte noch nicht oft Freunde, für die ich mich so einfach in Gefahr begeben konnte wie für dich." Er holte tief Luft und konzentrierte sich auf Duncan, der noch immer sprachlos dasaß und ihm gespannt zuhörte. Der Schotte schien nicht zu merken, dass er immer wieder auf Methos' Handgelenk blickte, als hätte er Angst, dass der ältere Unsterbliche noch einmal verblutete. Mac... machst du dir wirklich so viele Sorgen um mich? Warum? Was habe ich getan, dass ich das verdiene? "Damals, in Frankreich bei deinem Dark Quickening... als ich dich fand, kurz bevor du Sean getötet hast..." Duncan hielt unbewusst den Atmen an, als er den Namen des Psychoanalytikers hörte. "Ich kam dorthin, in der festen Erwartung, dass ich den nächsten Tag nicht überleben würde. Ehrlich... ich habe damit gerechnet, dass dein böses Ich der Versuchung nie wiederstehen könnte. Der Versuchung, den ältesten Unsterblichen zu enthaupten, all seine Macht zu bekommen. Aber du hast es nicht getan – und ich weiß bis heute nicht warum." Er verstummte, hatte alles gesagt, was es zu sagen gab. Nun war es an MacLeod, darauf zu reagieren.

 "Ich habe dir schon gesagt, warum." Duncan sprach leise, seine Stimme klang unendlich sanft. "Weil du mir wichtig bist. So wichtig, dass ich dich um nichts in der Welt töten könnte. Nicht wegen deiner Vergangenheit – egal wie düster und blutig die auch sein mag. Es ist mir egal." Methos wollte etwas erwidern, wurde jedoch von Duncan daran gehindert. "Ich verurteile dich nicht dafür, und ich werde sie nicht akzeptieren. Sie ist da und ich muss damit leben. WIR müssen damit leben. Es ist mir egal, wirklich. Alles was ich will ist, dass du bei mir bleibst und nicht mehr davon läufst." Er nahm Methos' Hand, strich sanft über den Verband. "Bleib' hier. Bitte. In deiner jetzigen Verfassung lasse ich dich sowieso nicht gehen. Und wenn ich dich mit Gewalt festhalten muss. Aber später – wenn du dich erholt hast – es ist natürlich deine Entscheidung. Aber wenn du es irgendwie mit deinem Leben vereinbaren kannst... renn nicht wieder davon."

"Ich will doch nicht davonlaufen", widersprach Methos nach einer Weile.

"Und warum wolltest du dann gehen?"

"Weil ich dachte... dachte, dass es dir lieber wäre."

"Seit wann nimmst du so viel Rücksicht auf mich? Darf ich dich daran erinnern, dass du mich immerhin schon einmal von meinem eigenen Hausboot geworfen hast?"

"Das war etwas anderes!"

"Inwiefern?"

"Damals war alles noch anders... du wusstest noch nichts über mich, nicht wirklich."

"Nein, zugeben. Aber das, was ich jetzt weiß, ändert nichts."

Nichts, genau das ist es ja. Wir machen weiter wie bisher, nicht? Wir vergessen, was passiert ist und leben unser Leben weiter. Okay, von mir aus. "Es ändert also gar nichts? Gut, dann lass mich jetzt gehen. So wie früher." Ich muss von hier weg – je schneller, desto besser.

"So... so war das nicht gemeint." Duncan hielt Methos' Hand noch immer fest, zwar nur leicht, aber es reichte, dass Methos nicht aufstand. "Es ist nicht alles wie früher."

"Siehst du – ich habe es gewusst." Methos wandte den Kopf ab, war in Gedanken schon halb auf der Straße. "Es geht doch nicht alles so weiter, wie bisher. Nicht nach dem, was passiert ist. Es kann gar nicht ohne Auswirkungen bleiben."

"Bist du bereit, diesen 'Auswirkungen', wie du es nennst, auch ins Gesicht zu sehen? Bist du bereit für das, was uns beide erwartet, wenn du bleibst?" Duncans Stimme klang rau, er hoffte, betete, dass Methos die richtige Entscheidung traf und blieb.

"Was wären das für Auswirkungen?" Methos richtete seinen Blick wieder auf Mac, kühle Entschlossenheit spiegelte sich in seinen Augen wieder. Entweder bekam er jetzt die Antwort, die er schon so lange hören wollte – oder er würde verschwinden. Und nicht noch einmal auftauchen, selbst wenn Mac seinen Kopf verlor.

"Du hast gesagt, dass du mich liebst." Da, ich habe es gesagt! Ich hätte nie gedacht, dass ich es aussprechen könnte... es fällt mir ja schon schwer, bloß daran zu denken. Mac hielt kurz inne, sammelte Kraft für seine nächsten Worte. "Stimmt das?"

Warum tue ich mir das selber nur an?, schoss es Methos durch den Kopf. Aber ich muss es ihm sagen. Nur dann weiß ich, wie es weitergeht. "Ja." Ein kleines Wort, wer hätte jemals gedacht, dass es so schwer auszusprechen sein konnte?

"Gut", lautete die schlichte Erwiderung Duncans. Er bemerkte Methos' verwirrten Blick und lächelte leicht. "Dann erklär' mir eins: Wenn zwei Menschen sich lieben – warum sollte der eine dann gehen? Kannst du mir einen Grund nennen, warum sie nicht zusammen bleiben sollten?"

"Wenn zwei..." Methos sah überrascht auf. "Hast du es wirklich ernst gemeint? Als du gesagt hast, dass meine Gefühle nicht unerwidert sind?"

"Natürlich. Ich würde in dieser Hinsicht nie lügen." Nicht mehr. Nicht mehr bei dir. "Wie lautet deine Antwort?"

Methos blieb ruhig sitzen, als Mac langsam näher kam. Wie sollte er reagieren, was sollte er sagen? Um ehrlich zu sein – Duncan hatte ihn eiskalt erwischt. Er hatte es sich gewünscht, er hatte davon geträumt, dass Mac seine Gefühle erwiderte – aber er hatte nie erwartet, dass es tatsächlich so kommen würde. Was denkst du noch nach? Er hat dir eben gesagt, dass er dich auch liebt – was machst du dir noch Gedanken? Genieße den Moment solange er dauert. Er wird nicht für ewig andauern.

"Beantworte mir noch eine Frage." Duncan saß mittlerweile dicht neben Methos, wahrte jedoch noch immer einen Respektsabstand, er wollte dem anderen Mann nicht zu nahe kommen. Nicht ohne Erlaubnis.

"Was willst du wissen?"

"Warum hast du solche Angst vor Berührungen?"

Verdammt! Er hätte wissen müssen, dass Mac es auffiel. "Das ist nichts gegen dich – das ist mein Privatproblem, okay?" Er versuchte zu lächeln. "Ich komme schon damit klar, vertrau mir."

Duncan nickte bloß. Was hatte er erwartet? Methos hatte ihm in den letzten Stunden schon mehr über sich erzählt, als jemals zuvor, er verstand die Gefühlswelt des ältesten Unsterblichen zum ersten Mal ein wenig. Er bildete sich nicht ein, dass er Methos jetzt wirklich kannte – er wusste, das würde er nie tun – aber er war endlich zum wahren Wesen des alten Mannes durchgedrungen, hatte es zum ersten Mal geschafft, alle Barrieren zu umgehen. Keine Lügen, keine Ausflüchte mehr. Nicht jetzt, nicht in dieser Hinsicht. "Mach die Augen zu", flüsterte er.

"Warum?", eine Gegenfrage, obwohl beide wussten, dass sie sinnlos war.

"Du sagtest, dass du mir vertraust. Wenn das dein Ernst war – dann schließe jetzt die Augen und vertraue darauf, dass ich dir nichts tue." Ich hätte es mir nie im Leben so schwer vorgestellt, ihn dazu zu bringen, mir wirklich zu vertrauen, sein Leben aus freien Stücken in meine Hände zu legen. Früher waren es immer Notsituationen – er war verletzt oder hatte andere Probleme. Das erste Mal ist es SEINE Entscheidung ob er sich unterordnet...

Einen Moment lang war Methos versucht, das Angebot abzuschlagen, stattdessen einfach zu verschwinden. Doch ein anderes Bedürfnis drängte sich vor, überschattete den Impuls zu fliehen. Der Wunsch zu bleiben, herauszufinden, was der Highlander vorhatte... Methos zwang sich dazu, ruhig zu bleiben. Er konzentrierte sich darauf, ruhig weiter zu atmen, seine Nervosität und die plötzlich aufkommende Angst zu unterdrücken. Es ist Mac, er wird mir nichts tun. Er hätte mir in den letzten Stunden schon so oft etwas antun können... ich kann ihm vertrauen. Bleib ganz ruhig, du bist in Sicherheit. Seine Gedanken wurden unterbrochen, als er spürte, dass Duncan näher kam, ihn sanft in die Arme nahm. Eine leichte Berührung – er könnte jederzeit fliehen. Der rationale Teil seines Gehirns bemerkte, dass Duncan bewusst langsam war, ihm alle Möglichkeiten gab aufzuhören wenn er wollte.

Nach einigen Sekunden erwiderte er die Umarmung – sie hatten es schon letzte Nacht gemacht, nachdem Mac aufgewacht war. Doch diesmal war es anders... war es damals mehr eine Geste des Trostes gewesen, hatte Duncan damals versucht ihn zu beruhigen, ihm die Angst zu nehmen; war es diesmal ein Ausdruck der Gefühle. Einige Minuten lang hielt Duncan ihn einfach nur fest, wartete ab, bis Methos sich wieder beruhigt hatte, das Zittern seines Körpers nachließ. Methos hatte seine Augen noch immer geschlossen, erwartete das Weitere.

Trotzdem zuckte er leicht zusammen, als Macs Lippen die seinen berührten. Ein erster, zaghafter Kuss – Methos wollte zurückweichen, davon laufen; irgendetwas tun um wieder die Kontrolle über die Lage zu übernehmen. Doch stattdessen gab er nach, erwiderte den Kuss. Nach den ersten Sekunden konnte sich fallen lassen, erwiderte die Umarmung stärker. Er spürte wie Duncans rechte Hand durch sein Haar fuhr, während seine linke auf Methos' Rücken lag, den anderen Mann näher zu sich zog. Methos wehrte sich nicht, überließ dem Schotten die Initiative. Er ließ sich einfach nur mitreißen und genoss den Moment, freute sich darüber, dass es endlich soweit gekommen war. Endlich hatte er jemanden gefunden der ihn verstand, ihn nicht drängen würde. Und – was noch wichtiger war – ihn nicht mehr verletzen würde. Nie mehr.

The End

April/Mai 2001